Paulskirche – Pfaffenteich – Marktplatz – Schlachtermarkt – Dom – Schloss – Schleifmühle – Galerie Alte und Neue Meister – Schelfstadt – Schleswig-Holstein-Haus.
Schwerin zählt knapp 96 000 Einwohner. Wo andere Städte nun mit Superlativen glänzen würden, gibt sich Schwerin bescheidener und bezeichnet sich selbst als »kleinste Landeshauptstadt Deutschlands«. Was symphatisch wirkt und viel über die Stadtstruktur aussagt. Denn alle wichtigen Sehenswürdigkeiten liegen sehr nah beieinander und sind leicht zu Fuß erreichbar. In erster Linie sei hier das grandiose FSchlossaD4/5 genannt, das richtig fotogen an einem der sieben Seen liegt, die die Stadt umgeben. Aber auch der prächtige DomaC4 mitten im Ortskern beeindruckt. Durch die Fußgängerzonen kann man entspannt flanieren. Neben vielen kleinen lokalen Geschäften – und eben nicht nur den üblichen Handelsketten – locken dort auch einige ausgesprochen traditionsreiche Gastronomiebetriebe.
Blick vom Dom auf das Stadtzentrum von Schwerin
DerSchweriner SeeF/G1 ist mit 64 Quadratkilometern der drittgrößte Binnensee Deutschlands. Seine Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 21 Kilometer, die Ost-West-Richtung misst sechs Kilometer, seine tiefste Stelle liegt 52 Meter unter der Wasseroberfläche. Wassersport wird ganz groß geschrieben, selbst segeln kann man hier ziemlich gut dank der halbwegs konstanten Westwinde. Allerdings kann es schnell kabbelig werden, schon ab etwa drei Windstärken, so behaupten erfahrene Segler, bauen sich Wellen auf. Für Kanuten also eher nicht ideal.
Christusrelief am Seiteneingang der neogotischen Paulskirche
Schwerin schaut auf eine lange Geschichte zurück, etwa um 500n. Chr. siedelten slawische Stämme hier und errichteten eine erste Burg. 1160 eroberte ein christliches Heer unter Heinrich dem Löwen diese Slawenburg, im selben Jahr wurde die Ortschaft Schwerin gegründet. Alsbald wurden wichtige Gebäude errichtet: 1236 ein Franziskanerkloster, ab 1270 ein gotischer Dom (Backsteingotik), 1340 eine Stadtmauer. 1358 ging die Stadt an das Herzogtum Mecklenburg und nun musste eine passende Residenz her. Die ursprünglich einmal slawische Burg wurde in mehreren Schritten ausgebaut. Aber es gab auch Rückschläge für die Stadtentwicklung: Zwischen 1531 und 1697 zerstörten große Stadtbrände zahlreiche Gebäude. Dennoch schritt die Erweiterung voran, und parallel stiegen auch die Einwohnerzahlen. Im Jahr 1819 waren es knapp 10000, 1860 schon über 22500 und 1910 wurden 42500 Bewohner gezählt. Kleinere Ortschaften in der Umgebung wurden eingemeindet, die Stadt wuchs. Im Jahr 1918 dankte Friedrich Franz IV., der letzte Großherzog, ab. Während der Nazizeit wurde die Eingemeindung weiter betrieben. Bei Kriegsende besetzten die Amerikaner am 2. Mai 1945 Schwerin. Sie wurden kurze Zeit später erst von den Briten, dann von sowjetischen Truppen abgelöst. Im Jahr 1952 erhielt Schwerin in der DDR den Status einer Bezirkshauptstadt und nach der Wende wurde die Stadt 1990 Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern.
Der zentral gelegene Pfaffenteich mit dem Arsenal im Hintergrund
Ausgehend vom Bahnhofsvorplatz erreicht man über die Straße Am Packhof schnell die PaulskircheaC3. Die neugotische Kirche steht unweit vom Pfaffenteich. Erbaut wurde sie zwischen 1863 und 1869. Bemerkenswert sind drei schlanke Türmchen, die von einem großen Hauptturm aber deutlich überragt werden. Sie stehen für die Dreifaltigkeit Gottes als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Im Inneren fällt zunächst die hohe Decke auf, sowie der dreiteilige Altar, bebildert mit den wichtigsten Ereignissen des Kirchenjahres.
Von der Kirche geht es über die Moritz-Wiggers-Straße hinunter zum PfaffenteichaB/aC4, der mitten im Zentrum von Schwerin liegt und eine Fläche von zwölf Hektar hat. Der See wurde schon in der Frühzeit der Stadt durch Aufschüttung eines Damms künstlich erschaffen. Das Domkapital besaß Ländereien am Ostufer und betrieb dort auch eine Mühle. So entwickelte sich im Volksmund im Laufe der Zeit der Name Pfaffenteich. Ein bemerkenswertes Gebäude am Ufer ist das ockerfarbene ehemalige ArsenalaC4, in dem heute das Innenministerium sitzt. Quer über den Pfaffenteich pendelt eine kleine Fähre, die nach dem Schweriner Schlossgeist »Petermännchen« genannt wird.
Im Schweriner Dom lohnt ein Blick nach oben
Vom See spazieren wir hinüber zur Mecklenburgstraße, einer von mehreren Fußgängerzonen, und über die Schmiedestraße weiter zum zentralen Marktplatz aC4. Dort stehen etliche historische Häuser, darunter verschiedene Giebelhäuser, sowie das markante Löwendenkmal. Auffallend ist ein von mehreren Säulen getragenes Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, in dem sich heute das »Classic Café Röntgen« befindet. Auch das Alte RathausaC4 fällt mit seiner 1835 entstandenen Fassade auf. Durch einen Torbogen erreicht man den benachbarten, kleineren und sehr ruhigen Schlachtermarkt aC4. Dieser ist ebenfalls von schmucken Häusern umgeben.
Wahrzeichen der Stadt Schwerin: der gotische Dom
Der berühmte Schweriner DomaC4, nur einen kurzen Weg vom Marktplatz entfernt, ist kaum zu übersehen. Gewaltig erhebt er sich mit seinem 117,5 Meter hohen Turm mitten im Stadtbild. Wer bereit ist, seine 220 Stufen hochzusteigen, wird mit einem hervorragenden Fernblick belohnt. Aber auch die Grundmaße sind beachtlich: 105 Meter Länge misst der Dom bei einer Innenhöhe von 29,5 Metern.
Ein erstes Gotteshaus wurde an dieser Stelle bereits 1171 geweiht, 1248 wurde dann ein romanischer Dom fertiggestellt. Der jetzige backsteingotische Dom entstand zwischen 1270 und 1422. Der Turm kam Ende des 19. Jahrhunderts hinzu. Besonders wertvoll sind die 1871 erbaute Ladegast-Orgel, das zentrale Triumphkreuz aus dem frühen 15. Jahrhundert und der Flügelaltar, ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert. Das älteste Ausstattungsstück ist die bronzene Tauffünte (Taufbecken) aus dem Jahr 1325. Links vom Eingang steht ein eindrucksvolles Modell des Doms.
Zurück geht es zum Markt und von dort durch die Schuster- zur Schlossstraße, die schließlich zu Schwerins berühmtestem Bauwerk führt. Das FSchweriner SchlossaD4/5 liegt sehr schön auf einer kleinen Insel mitten im Stadtbereich. Heute tagt hier der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, früher residierten die Herzöge von Mecklenburg in dem Bau. Historisch betrachtet steht das prächtige Schloss an der Stelle, an der um 973 erstmals eine slawische Burg errichtet wurde. Eben diese Burg ließ der slawische Fürst Niklot 1160 niederbrennen, nachdem Heinrich der Löwe sein Heer besiegt hatte. Die Burg wurde anschließend wieder aufgebaut, später mehrfach erweitert und war ab Ende des 14. Jahrhunderts Residenz der Herzöge von Mecklenburg. Dazu baute man sie mehrfach um. Zwischen 1560 und 1563 wurde die Schlosskirche errichtet. Vor allem aber wurde zwischen 1847 und 1857 renoviert. Es entstand das prächtige Schloss im Stil der Neorenaissance. Nachdem der letzte Herzogs im Jahr 1918 abgedankt hatte, wurde das Schloss unterschiedlich genutzt. So war es auch während der DDR-Zeit Sitz des Landtags, aber zugleich auch eine Pädagogische Schule. Nach der Wende folgten Renovierungen und seit 1990 hat der Landtag seinen Sitz im Schloss.
Weitläufigkeit prägt den Garten des Schweriner Schlosses
Bei einem Rundgang durch das SchlossmuseumaD4/5 kann man etliche prachtvolle Fest-, Gesellschafts- und Wohnräume bestaunen mit all ihren kostbaren Gemälden, Möbeln, Waffen, Skulpturen und Kunsthandwerk. Dabei dürfte der Thronsaal zu den bedeutendsten historischen Räumen zählen. Außerdem ist eine Ahnengalerie aller regierenden Herzöge vom 14. bis zum 18. Jahrhundert zu sehen.
Es lohnt sich auf jeden Fall, auch einmal um das Schloss herumzugehen und seine schmuckreiche Außenfassade zu bewundern sowie die eindrucksvollen Parkanlagen zu besuchen. Schon im 17. Jahrhundert versuchte man die Fläche des heutigen SchlossgartensaD/aE4trockenzulegen, was zunächst nicht so recht gelang. 1708 wurden Kanäle gezogen, die im Wesentlichen erhalten geblieben sind. Ab 1748 erhielt dann der französische Architekt Jean Laurent Legeay den Auftrag zur Umgestaltung des Gartens. Als beherrschendes Element und Symmetrieachse schuf er einen doppelarmigen Kreuzkanal. Es wurden Alleen angelegt, Baumgruppen gepflanzt und Sandsteinskulpturen aufgestellt, die antike Götter und Allegorien der Jahreszeiten darstellen. Eine geplante Kaskade wurde jedoch nicht realisiert, nur das Gelände dafür wurde schon vorbereitet und trägt noch heute diesen Namen. Mitte des 19. Jahrhunderts erweiterte der Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné den Garten im englischen Stil.
Imposant: die gusseiserne Fensterfassade der Orangerie von Schloss Schwerin
Heute bildet die gesamte Gartenanlage einen ruhigen Pol mitten in der Stadt, wobei die direkt am Schweriner See gelegene Orangerie mit ihrem netten Café besonders reizvoll ist. Den Schlossgarten erreicht man über eine gusseiserne Drehbrücke. An der Rückfront des Schlosses befindet sich die Schlosskirche, die 1563 als erste protestantische Kirche in Mecklenburg geweiht wurde. Hier finden jeden Sonntag reguläre Gottesdienste statt.
Die rekonstruierte SchleifmühleaF/aE5 liegt etwas außerhalb am Rand des Schlossgartens und ist über die Lennéstraße zu erreichen. Hier kann man sehen, wie im 18. Jahrhundert die Kraft des Wassers genutzt wurde, um Granit zu zerschneiden und zu polieren. Außerdem wird gezeigt, wie kleine Schmuckstücke produziert wurden. Ein Besuch der historischen Ausstellung im Obergeschoss rundet den Besuch ab.
Der Neubau der Galerie Alte und Neue Meister
Verlässt man den Schlossbereich wieder über die Brücke und spaziert rechts am Ufer des Sees entlang, passiert man die Galerie Alte und Neue MeisteraD4 (Staatliche Museen). Gegenüber vom Schloss beherbergt der Altbau im 1837 begonnenen und erst 40 Jahre später fertiggestellten Gebäude eine europaweit bekannte Sammlung zur holländischen und flämischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts mit Werken von Brueghel, Rembrandt, Rubens, einer Ernst-Barlach-Sammlung und einzigartig vielen Werke von Marcel Duchamp. Der durch eine gläserne Brücke angeschlossene Neubau von 2016 bietet zeitgenössischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts viel Raum.
Direkt neben dem Museum erhebt sich das zwischen 1883 und 1886 erbaute Mecklenburgische Staatstheater aC/aD5. Das der italienischen Renaissance nachempfundene Gebäude ist ein Fünf-Sparten-Haus mit Musiktheater, Schauspiel, Ballett, Orchester und Puppenspiel.
Etwas weiter entfernt liegt die Schelfstadt aB4/5. Von der Theaterstraße gelangt man auf die Straße Kleiner Moor, durch die man rechts durch die Puschkinstraße zur Schelfstadt gelangt. Gemeint ist eine ehemalige Landzunge, die zwischen mehreren Seen außerhalb von Schwerin lag, schon frühzeitig bewohnt war und 1705 sogar den Status einer eigenen Ortschaft zugesprochen bekam. Die Schelfstadt gehört heute selbstverständlich zu Schwerin, ihr Bild ist durch viele kleine Fachwerkhäuser und eine eigene Kirche, die St. Nikolaikirche oder Schelfkirche aB/aC4, geprägt. Die barocke Backsteinkirche wurde 1708 begonnen und im Todesjahr von Herzog Friedrich Wilhelm 1713 fertiggestellt. Die Schelfkirche zeigt abgesehen von ihrem eindrucksvollen Altar mit ebensolchem Altargemälde keine verschwenderische Pracht. Man könnte anderes erwarten, denn immerhin fanden 17 Angehörige der herzoglichen Familie Mecklenburg-Schwerin hier zwischen 1713 und 1813 ihre letzte Ruhestätte in einer Gruft unterhalb des Altars. Diese Gruft war durch mangelhafte Belüftung lange Zeit geschlossen und musste renoviert werden, jetzt aber ist sie wieder einsehbar.
Unweit der Schelfkirche steht an der Puschkinstraße 12 das Schleswig-Holstein-Haus aC4. In diesem historischen Gebäude wurde nach erfolgreichen Renovierungsarbeiten ein wichtiges Kulturforum mit wechselnden Ausstellungen, Lesungen und Konzerten etabliert.
Märchenschloss mit Hausgeist
Schloss Schwerin
Schwerin, Mecklenburg-Vorpommern
Die Hausherren des Schlosses Schwerin haben im Laufe seiner langen Geschichte häufig gewechselt. Einer jedoch blieb dem Anwesen von Beginn an treu: In den riesigen Kellergewölben haust bis heute das Petermännchen und wacht über das Schloss. Seit über 1000 Jahren lebt der kleine Kobold auf der Insel mitten im Stadtzentrum. Auf den Ruinen einer slawischen Festung erbaut, blickt das Gemäuer auf eine bewegte Geschichte zurück, z. B. den großen Brand im Jahr 1160, den Fürst Niklot eigenhändig entfachte, um sein Anwesen nicht Heinrich dem Löwen überlassen zu müssen. Selbst der berühmte Feldherr Wallenstein hat hier schon genächtigt und soll dabei unliebsame Bekanntschaft mit dem Petermännchen gemacht haben, das mit dem ungebetenen Gast so gar nicht einverstanden war und ihn durch nächtlichen Spuk nicht nur aus dem Schloss, sondern direkt ganz aus Schwerin vertrieb. Grafen und Großherzöge sah das Petermännchen kommen und gehen, sie alle veränderten die Schlossanlage nach ihren Vorstellungen. Mitte des 19. Jahrhunderts erhielt das Gebäude sein wahrhaft märchenhaftes Aussehen. Es wurde nach den Plänen des französischen Renaissanceschlosses Chambord umgebaut.
Heute hat u. a. der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern seinen Sitz im Schloss Schwerin und auf drei Etagen präsentiert das Staatliche Museum Schwerin seine Schätze.
In der Beletage des Schlossmuseums geben die großherzoglichen Wohn- und Gesellschaftsräume von Friedrich Franz II. und seiner ersten Gemahlin Auguste aus dem 19. Jahrhundert einen Einblick in das Leben des Adels. Die Festetage beherbergt die Arbeitsräume des Großherzogs und auch die Prunksäle wie den Thronsaal und die Ahnengalerie. In den ehemaligen Kinderzimmern ist eine Porzellansammlung bedeutender Manufakturen wie Meissen zu besichtigen.
Der Schlosspark ist in zwei Teile gegliedert: Direkt am Schloss liegt der Burggarten, eine nach dem Vorbild römischer Terrassengärten gestaltete Anlage. Über eine historische Drehbrücke mit gusseisernem Geländer gelangt man in den Schlossgarten. Das Kernstück ist die kreuzförmige Barockanlage, die später teilweise in einen englischen Landschaftsgarten umgestaltet wurde.
Einmal im Jahr kommt auch der Alte Garten auf dem Festland zu besonderen Ehren – während der Schweriner Schlossfestspiele.
Info: Schwerin liegt im Westen von Mecklenburg-Vorpommern. Info Staatliches Museum Schwerin: Schlossmuseum, Lennéstr. 1, 19053 Schwerin, Tel. (03 85) 525 29 20, www.museum-schwerin.de. Info Schlossfestspiele:www.mecklenburgisches-staatstheater.de.
Blick auf den Schweriner Marktplatz und Schloss Schwerin im Hintergrund