111 Gründe, Biathlon zu lieben - Florian Kinast - E-Book

111 Gründe, Biathlon zu lieben E-Book

Florian Kinast

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Beschreibung

Biathlon, die Nummer 1 im Wintersport! In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich Biathlon vom kaum beachteten Randsport zur mit Abstand beliebtesten Sportart im Winter entwickelt. Die Live-Übertragungen der Rennen im Fernsehen fesseln ein Millionen-Publikum, die Weltcup-Veranstaltungen in Oberhof und Ruhpolding locken alljährlich Zehntausende Fans an die Rennstrecke. Doch was ist die Faszination an der Skijagd, der Kombination aus Skilanglauf und Schießen? Wie kam der Boom in den letzten Jahren zustande? Warum wurden Sportler wie Uschi Disl und Ricco Groß, Michael Greis oder Magdalena Neuner zu wahren Volkshelden? Florian Kinast, ein renommierter deutscher Wintersport-Journalist, erzählt in unterhaltsamen Anekdoten authentische Episoden aus der Welt des Biathlon, gewährt einen Einblick in den faszinierenden Sport und verrät bisher unbekannte Geheimnisse rund um die Top-Athleten der Szene. EINIGE GRÜNDEWeil die Russen bei 50 Millionen Dollar an 40 Metern sparten. Weil Biathlon die britisch-bayerische Freundschaft fördert. Weil ein selbstloser Startverzicht zum hollywoodreifen Sister Act wurde. Weil Erik Lessers Opa Willi doch noch bis 93 durchgehalten hat. Weil die Skijagd mittlerweile selbst eine brasilianische Pazifistin begeistert. Weil der Landi es klüger machte als Monty Pythons Marathonläufer. Weil Skispringen mit Armbrustschießen auch eine schöne Vorstellung wäre. Weil der Hirsch im Training leichter umfiel als die Scheiben im Rennen. Weil sich der Fernsehtraum des Mädchens mit der Zahnspange erfüllte. Weil Beckenbauer am Schießstand wie John Wayne geschossen hätte. Weil die Schützlinge des letzten Diktators fast zu Pfeil und Bogen gegriffen hätten. Weil die deutschen Sportler plötzlich als Belgier starteten. Weil Henkel trocken zum Abschluss in Champagnerlaune war. Weil der tschechische Silber-Schweiger doch noch etwas gefragt wurde. Weil Lena Neuner selbst als Wurstverkäuferin ein Quotenrenner geworden wäre.

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Florian Kinast

111 GRÜNDE, BIATHLON ZU LIEBEN

Eine Liebeserklärung an den schönsten Sport der Welt

INHALT

•WEIL DIE RUSSEN BEI 50 MILLIARDEN DOLLAR AN 40 METERN SPARTEN 18

•WEIL EIN SELBSTLOSER STARTVERZICHT ZUM HOLLYWOODREIFEN SISTER ACT WURDE 21

•WEIL ERIK LESSERS OPA WILLI BIS 93 DURCHGEHALTEN HAT 25

•WEIL DER LANDI ES KLÜGER MACHTE ALS MONTY PYTHONS MARATHONLÄUFER 28

•WEIL DIE SKIJAGD MITTLERWEILE SELBST EINE BRASILIANISCHE PAZIFISTIN BEGEISTERT 31

•WEIL MANCHE IN SOTSCHI VON ALLEN GUTEN HIMBEERGEISTERN VERLASSEN WAREN 34

•WEIL NEBEN DEN DREI SCHWESTERN EINE WEITERE SCHWEIZERIN IN DER STAFFEL PLATZ FAND 38

•WEIL DER TSCHECHISCHE SILBER-SCHWEIGER DOCH NOCH ETWAS GEFRAGT WURDE 41

•WEIL BIATHLETEN NICHT NUR DIE SAU RAUSLASSEN KÖNNEN, SONDERN AUCH DIE LUFT 44

•WEIL SKISPRINGEN MIT ARMBRUSTSCHIESSEN AUCH EINE SCHÖNE VORSTELLUNG WÄRE 48

•WEIL DER BEATLES-FAN AUS DER DDR DEN SOHN SEINES BEWACHERS AUF DEN GIPFEL TRIEB 51

•WEIL DIE HEUTIGEN SCHEIBEN KEINE MANIPULATIONEN MIT KUGELSCHREIBERN ZULASSEN 55

•WEIL EIN GESPRÄCH IM FLUGZEUG ZUR GEBURTSSTUNDE DES OLYMPISCHEN BIATHLONS WURDE 59

•WEIL DIE FAUNA DES WALDES HEUTE VOR DEM PUTZSCHUSS SICHER IST 63

•WEIL DANK EINER VERSÖHNLICHEN SPECKJAUSN DER SPRINT HEUTE SPRINT HEISST 66

•WEIL DAS TAPFERE LUFTBALLONAUFBLASKOMMANDO ENDLICH DURCHSCHNAUFEN KONNTE 70

•WEIL SIE DEN TRABBI-MOTOR AUS DEM SCHIESSSTAND NOCH RECHTZEITIG AUSBAUTEN 74

•WEIL EINE HESSISCHE LEHRERIN ALS ERSTE DIE FRAUEN IM BIATHLON UNTERRICHTETE 76

•WEIL EIN REPORTER UND EIN WALKIE-TALKIE GRANDIOSE LIVE-REPORTAGEN LIEFERTEN 80

•WEIL SLIWOWITZ DANN DOCH NOCH INS OLYMPISCHE DORF GESCHMUGGELT WURDE 83

•WEIL SICH 1990 DREI ORTE ÜBER EINE WM FREUEN DURFTEN 86

•WEIL RODELNDE URLAUBER HEUTE WOHL KAUM NOCH EINE BIATHLON-WM GEFÄHRDEN WÜRDEN 89

•WEIL DIE OLYMPIA-GESCHICHTE ABENTEUERLICH BEGANN, HINTER EINER GULASCHKANONE UND IN EINER PROPELLERMASCHINE 92

•WEIL DER HIRSCH IM TRAINING LEICHTER UMFIEL ALS DIE SCHEIBEN IM RENNEN 96

•WEIL OHNE DEN PICHLER HANS RUHPOLDING NIE ZUM BIATHLON-MEKKA GEWORDEN WÄRE 99

•WEIL BEIM BIATHLON DER WALD MANCHMAL DIE SCHÖNSTEN GESCHICHTEN ERZÄHLT 102

•WEIL EIN TRINKFESTER PECHVOGEL DEN LUSTIGSTEN ABEND DER WM-GESCHICHTE VERANSTALTETE 106

•WEIL DIE FINNISCHEN VÖGEL DEM ALTEN AAPPO NOCH STUNDENLANG ERBITTERTEN WIDERSTAND LEISTETEN 110

•WEIL EIN URPLÖTZLICHER WUTAUSBRUCH DEN BIATHLON-SPORT REVOLUTIONIERTE 113

•WEIL BRUNO MORAVETZ FRITZ FISCHER ZU SEINER OLYMPIA-PREMIERE VERHALF 116

•WEIL DAS GRAMMOFON DES DINOSAURIERS NOCH ÄLTER WAR ALS ER SELBST 119

•WEIL DER ALTE RUSSE SICH DEM MEDAILLENBISS VERWEIGERTE 122

•WEIL EINE VERWECHSLUNG IN JUNGEN JAHREN SPÄTER ZU GROSSEN ERFOLGEN FÜHRTE 125

•WEIL HENKEL TROCKEN ZUM ABSCHLUSS IN CHAMPAGNERLAUNE WAR 129

•WEIL DER GOLDFISCH DOCH NOCH MEHR WERT WAR ALS DER GOLDENE LACHS 133

•WEIL MICHAEL GREIS VOR DEM LEBERKÄS DREI GOLDENE ANANASSCHEIBEN SERVIERT BEKAM 136

•WEIL DER GEBURTSTAG DES SCHWIEGERVATERS WICHTIGER WAR ALS DER WELTCUP IN RUHPOLDING 141

•WEIL DER NORWEGISCHE NOMADE AUS DEM WOHNMOBIL UNERSÄTTLICH IST 144

•WEIL DER KÖNIG DIE EINSAMKEIT NICHT MEHR ERTRUG UND EIN BABYSCHREI ZUM RÜCKTRITT FÜHRTE 149

•WEIL KATI WILHELM NACKTFOTOS EINFACH LANGWEILIG FAND 152

•WEIL NEUNERS WEG EINST ZU VIELEN MEDAILLEN FÜHRTE UND HEUTE ZU EINEM GIPFEL MIT RUNDUMBLICK 156

•WEIL SICH DIE STIMMUNG ERHELLTE, AM TAG, ALS DER FC BAYERN GEWANN 160

•WEIL IM HAUSE NEUNER NACH DEM GOLD-DEBÜT DER HAMSTER NOCH ZUM TIERARZT DURFTE 163

•WEIL DER BULLE VON TÖLZ EIN PFUNDSKERL VON EINEM GLÜCKSBRINGER WAR 167

•WEIL MAN SELBST MIT EINEM LEEREN GEWEHRMAGAZIN NOCH DRITTER WIRD UND DANACH WELTMEISTER 170

•WEIL EMMAS ELTERN FÜR EIN MÄRCHEN IM THÜRINGER WALD SORGTEN 173

•WEIL EIN NEUER EUROCENT UND ALTE DDR-METHODEN ZU GOLD VERHALFEN 177

•WEIL DAS VERRÜCKTESTE STAFFELRENNEN ALLER ZEITEN DOCH NOCH EIN GLÜCKLICHES ENDE FAND 181

•WEIL DIE SCHÜTZLINGE DES LETZTEN DIKTATORS FAST ZU PFEIL UND BOGEN GEGRIFFEN HÄTTEN 184

•WEIL DIE ITALIENER AUCH NICHT SCHLECHTER SCHOSSEN ALS BEI DER HINRICHTUNG VOM HOFER 186

•WEIL DIE BULGARISCHE BIATHLETIN AN DEN »BECHER MIT DEM FÄCHER« ERINNERTE 190

•WEIL DIE TRAURIGEN SCHWEDEN SICH SCHLIESSLICH BEI IKEA MIT KÖTTBULLAR TRÖSTEN KONNTEN 193

•WEIL DER GRÖNLÄNDISCHE EISBÄRSCHÜTZER MIT SEINER FRAU GERNE 160 KILOMETER LÄUFT 195

•WEIL DER FINNE MIT HUBSCHRAUBERN DEN WINTER WEGPUSTEN WOLLTE 199

•WEIL DER KÖNIG ZU LANGSAM WAR UND DER OLYMPIA-TRAUM TROTZDEM WEITERLEBT 202

•WEIL DIE MORMONEN EINEM NORWEGER MEHR ZUJUBELTEN ALS EINST DEN US-TRUPPEN 207

•WEIL NIEMAND DIE HYMNEN SO SCHÖN SANG WIE FRAU TÄNGMARKS 77 KINDER 210

•WEIL EINE TSCHECHIN BEIM SINGEN DEN TON FAST SO GUT TRAF WIE AM SCHIESSSTAND DIE SCHEIBEN 213

•WEIL ÜBERRASCHENDE TORTENPRÄSENTE DEN GEBURTSTAG IN DER FREMDE VERSÜSSEN 216

•WEIL BIATHLON DIE BRITISCH-BAYERISCHE FREUNDSCHAFT FÖRDERT 220

•WEIL EIN HIPPIE AUS DER BLOCKHÜTTE ZUM VORBILD FÜR DAS MÄDL AUS WALLGAU WURDE 223

•WEIL DER BAYERISCHE SCHANKKELLNER DIE ÖSTERREICHISCHE BIATHLON-PARTY RETTETE 228

•WEIL EIN FRANZOSE DIE DEUTSCHEN MÄNNER NICHT FÜR EVI SACHENBACHER-STEHLE HIELT 231

•WEIL VATER UND SOHN ÜBER VOGELWILDE KLAMOTTEN UND HASELNUSSZWEIGE SPRACHEN 235

•WEIL SICH DIE JUNIOREN DOCH SEHR SCHNELL MIT DEN FLINTENWEIBERN ANFREUNDETEN 239

•WEIL EINE SELBSTLOSE ARGENTINIERIN FÜR EINE KOLLABIERTE BIATHLETIN ZUR GEISTERLÄUFERIN WURDE 242

•WEIL DIE SIEGERIN DIE GOLDMEDAILLE HALBIEREN WOLLTE 245

•WEIL EINE OSTDEUTSCH-NORDITALIENISCHE FREUNDSCHAFT DEM BÄCKER EINEN SCHWEREN POKAL BRACHTE 247

•WEIL ERST EINE BINDUNG BRACH UND DANN EINE NEUE BINDUNG ENTSTAND 251

•WEIL SICH DER FERNSEHTRAUM DES MÄDCHENS MIT DER ZAHNSPANGE ERFÜLLTE 254

•WEIL BECKENBAUER DAVON TRÄUMTE, AM SCHIESSSTAND WIE JOHN WAYNE ZU SCHIESSEN 257

•WEIL DIE EINSCHUSSLÖCHER IM SCHRANK NACH DER GOLDMEDAILLE VERSCHMERZBAR WAREN 260

•WEIL ASIATISCHER GLEICHMUT ZU EINEM GROSSEN KARRIEREENDE FÜHRTE 263

•WEIL DIE STRAFRUNDE ABGESCHAFFT WIRD UND DIE BIATHLETEN AUF DER STRAFBANK SCHMOREN SOLLEN 266

•WEIL USCHI DISL IHREN GRÖSSTEN SIEG SCHON VOR DEM WM-TRIUMPH GEFEIERT HATTE 270

•WEIL FÜR MAMA USCHI DAS GOLDSTÜCK IM KINDERWAGEN LAG 273

•WEIL DIE VON GEBURT AN BLINDE VERENA BENTELE IMMER SCHON NACH VORNE SCHAUTE 275

•ZWEIL NACH SCHICKSALSSCHLÄGEN, VERLUSTEN UND VERLETZUNGEN EIN OLYMPIASIEG WARTETE 279

•WEIL EIN WERDENDER VATER MIT STARTNUMMER 16 IN DEN KREISSSAAL EILTE 283

•WEIL CARL-JOHAN DEN WETTLAUF GEGEN LISA VERLOR 285

•WEIL EINE ÜBERWUNDENE KRANKHEIT DIE GRÖSSTEN ÄNGSTE BESIEGTE 288

•WEIL SICH EINE VERSTORBENE FREUNDIN IM HIMMEL ÜBER EINE SILBERMEDAILLE MITFREUTE 290

•WEIL LENA NEUNER SELBST ALS WURSTVERKÄUFERIN EIN QUOTENRENNER GEWORDEN WÄRE 294

•WEIL DIE KANADISCHEN BÄREN SCHON UM MARTINA GLAGOWS TREFFERQUOTE WUSSTEN 298

•WEIL TEDDYBÄREN PRICKELNDE EINZELABTEILINTERVIEWS AUSLÖSEN KÖNNEN 301

•WEIL DIE THERAPIE MIT MOZART UND AC/DC ZUM OLYMPIASIEG VERHALF 304

•WEIL EINEM SPITZEN-BIATHLETEN DIE POLITISCHE ENTWICKLUNG IN DER ALTEN HEIMAT SORGE BEREITETE 308

•WEIL GESPRÄCHE ÜBER GESCHLACHTETE SÄUE, ERLEGTE REHE UND BLÖDE HUNDSKRÜPPEL DIE UNTERHALTSAMSTEN SIND 312

•WEIL DER ZIRNBERG IN RUHPOLDING MEHR LOCKTE ALS DER PUTIN IN MOSKAU 316

•WEIL WE IN BAVARIA ARE BUILT NEAR THE WATER 319

•WEIL BREZNSALZ EINE WARME WELTMEISTERSCHAFT RETTETE 322

•WEIL EIN KREUZFEUER FÜR GROSSES DRAMA SORGEN KANN 325

•WEIL ZWISCHEN BILLARDSPIELERN UND WEINBAUERN EINIGE GEHEIMNISSE STECKEN 329

•WEIL BIER UND BRATWURST ÜBER DIE OLYMPIA-TRAUER HINWEGTRÖSTETEN 334

•WEIL KINDER DIE BESTEN INTERVIEWS FÜHREN 338

•WEIL DER BÜCHSENMACHER SCHON VIELE BABYS PRODUZIERTE 341

•WEIL DIE DEUTSCHEN SPORTLER PLÖTZLICH ALS BELGIER STARTETEN 346

•WEIL DIE BIATHLETEN DEN UMSTRITTENEN OLYMPIASIEGER AM LEBEN LIESSEN 349

•WEIL BIATHLON BEI OLYMPIA FRÜHER NOCH EIN GROSSES FUSSBALLFEST WAR 351

•WEIL EINE JUNGE WELTMEISTERIN FÜR ZWEI REPORTER IHREN VATER SUCHTE 355

•WEIL BIATHLETEN AUFGERÄUMTER SIND ALS ANDERE SPORTLER 358

•WEIL DIE »RIATHLETEN« AUCH OHNE DEN »RUNDESINNENMINISTER« MEDAILLEN »HUBERTEN« 361

•WEIL AUF DEN HÖLLENTOUREN DER OLYMPIASIEG GANZ WEIT WEG WAR 365

•WEIL DEM ERFOLGREICHEN FUNKTIONÄR IMMER EINE WITZSEITE FREI GEHALTEN WURDE 368

•WEIL JOHANN MÜHLEGG NIE AUF DIE IDEE GEKOMMEN IST, BIATHLET ZU WERDEN 372

•WEIL MAN BEIM EXSCHWIEGERVATER IMMER NOCH IN BJØRNDALENS BETT SCHLAFEN KANN 376

•WEIL DDR-MEISTER ERICH KRIEGLER ALS KILLER DES KGB DIE WELT IN ATEM HIELT 380

•WEIL BIATHLON EISKUNSTLAUF-HÖCHSTNOTEN BEKOMMT 382

•WEIL SICH DIE KATI UND DER KENIANER IN DEN STRAFRUNDEN VERZÄHLTEN 386

•WEIL SIE JETZT NOCH DAS WICHTIGSTE IN KURZFORM ERFAHREN 390

•WEIL IN ZUKUNFT ALLES NOCH VIEL BESSER WIRD 401

Vorwort

STARTSCHUSS

Sagen Sie, kennen Sie eigentlich schon diese Geschichten? Die von 2006 zum Beispiel, als ein Glücks-Cent zu Olympiagold verhalf? Oder die von dem tschechischen Sportler, der nach seiner Silbermedaille in Tränen ausbrach und den Erfolg seiner toten Freundin im Himmel widmete? Die von den deutschen Urlaubern, die mit einer Klage in Österreich beinahe eine Weltmeisterschaft verhindert hätten? Oder gar die vom nationalen Meister der DDR, der ein Doppelleben führte und auch als Killer im Auftrag des KGB unterwegs war? Nein? Dann sind Sie hier genau richtig. Denn hier erfahren Sie alles, was Sie unbedingt wissen müssen über das Thema Biathlon.

Biathlon. Keine andere Wintersportart hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen solchen Aufschwung erlebt wie die Skijagd, der Zweikampf aus Langlauf und Schießen. Zehntausende Fans bei Weltcuprennen und Weltmeisterschaften an den Strecken, Millionen Zuschauer bei den Liveübertragungen daheim an den Bildschirmen, Rekordquoten ohne Ende. Die Spitzensportler der Szene als gefeierte Medienstars mit exorbitanten Popularitätswerten. Uschi Disl und Fritz Fischer. Kati Wilhelm, Ricco Groß. Lena Neuner, Michi Greis. Volkshelden. Wir sind Biathlon.

Eine Entwicklung, die anfangs noch undenkbar schien. 1924 als Militärpatrouillenlauf ein olympischer Demonstrationswettbewerb, hatte die Disziplin auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch lange ein miserables Image – als sinnlos sonderbares Herumgeballere schießwütiger Soldaten und unbelehrbarer Waffennarren. Biathlon war bäh.

Und es sollte noch lange dauern, bis Biathlon wirklich etabliert war. Die Aufnahme ins olympische Programm ab 1960, die Umstellung auf Kleinkalibergewehre 1978, die erste Weltmeisterschaft der einst als Flintenweiber verrufenen Biathlon-Frauen 1984, all das waren erste Schritte, die dazu führten, dass Biathlon zu einer der beliebtesten Sportarten überhaupt wurde. Den richtigen Durchbruch feierte Biathlon hierzulande dann aber vor allem zu Beginn der Neunzigerjahre durch die Erfolge der deutschen Sportler bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, aber auch durch die rasante technische Entwicklung, die Biathlon zu einer der spannendsten und attraktivsten Fernsehsportarten werden ließ.

Dieses Buch ist nun keinesfalls nur eine rein chronologische Abhandlung über den Biathlon-Sport. Genauso wenig werden Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, durch einen statistischen Wust aus Zahlen und Daten kämpfen müssen oder die medial schon oft beschriebenen und längst bekannten Biografien der berühmtesten Spitzensportler vorfinden.

Nein, in diesem Buch geht es mehr um die kleinen Geschichten. Die Begebenheiten aus dem Hintergrund. Kleine Details, unbekannte Episoden, auch von Sportlern, von denen Sie noch nie gehört haben. Anekdoten, die noch nie erzählt wurden und hier das erste Mal veröffentlicht werden. Momente und Augenblicke, mal heiter und lustig, mal traurig und nachdenklich. Oder einfach nur schrullig und unterhaltsam.

Mit Geschichte und Geschichten, unvergessenen und ganz besonderen Begegnungen und Augenblicken, die ich als Biathlon-Berichterstatter von allen vier Olympischen Winterspielen seit 2002 wie auch als Korrespondent bei zahlreichen Weltmeisterschaften und Weltcuprennen in den vergangenen Jahren erleben durfte. Bei langen, ausgiebigen und exklusiven Interviews und Hintergrundgesprächen mit den Sportlern oder bei kleinen Beobachtungen abseits des Geschehens.

Dazu gibt es ausführliche Erinnerungen von Pionieren und Visionären, alten Haudegen aus den Anfangsjahren des Biathlons. Und längst vergessene Ereignisse, die durch die Recherche in historischen Bänden und Büchern, Zeitungen und Zeitschriften hier nun wieder hervorgekramt wurden.

Ein Buch, das keineswegs unkritisch über alle Verfehlungen hinwegblickt, ein Buch, das auch das Thema Doping nicht totschweigen will.

Ein Buch für die eingefleischten Biathlon-Fans, die schon glauben, alles zu wissen, nun aber von vielen der 111 Kapitel überrascht werden dürften. Ein Buch für diejenigen, die eine gewisse Affinität zum Biathlon haben und nach der Lektüre möglicherweise endgültig zum Fan werden. Aber auch ein Buch für all jene, denen Biathlon schon immer völlig egal war und auch immer gleichgültig sein wird, die hier aber dennoch amüsante, interessante und abwechslungsreiche Kurzgeschichten vorfinden werden.

Zum Beispiel über einen Biathlon-Trainer, dem einmal eine eigene Englisch-Sendung gewidmet wurde. Oder darüber, wie ein Trabbi-Motor eine WM in Ruhpolding akut gefährdete. Oder über eine Fußballlegende, die beim Biathlon am liebsten wie John Wayne aus der Hüfte geschossen hätte …

Aber lesen Sie einfach selbst. Viel Vergnügen und gute Unterhaltung!

Florian Kinast

I

SOTSCHI 2014

1. GRUND

WEIL DIE RUSSEN BEI 50 MILLIARDEN DOLLAR AN 40 METERN SPARTEN

Die Russen hatten an alles gedacht, an wirklich alles. Zumindest fast. Sieben Jahre hatten sie nach der Vergabe durch das IOC 2007 Zeit, die Winterspiele in Sotschi vorzubereiten. Geschätzte 50 Milliarden Dollar kostete der Olympia-Spaß, von den hypermodernen, in die Landschaft hineinbetonierten Sportstätten über die vierspurige Autobahnschneise und die Eisenbahntrasse durch die Bergwelt des Kaukasus bis hin zu den Mutmaßungen um Gelder, die korruptionshalber in dubiosen Kanälen und finsteren Taschen versickerten. Putin und die Seinen ließen sich wahrlich nicht lumpen. Dumm nur, dass sie dabei Wesentliches übersehen hatten. Wie etwa die Länge der Biathlon-Strecke. Die war nämlich zu kurz.

Immerhin doch schon zwei Tage vor dem ersten Olympiarennen am 8. Februar rückten die acht Inspektoren des IOC mit dem Meterstab an. Das IOC hatte schließlich großes Vertrauen in den russischen Veranstalter, das merkte man spätestens an den huldvollen Lobpreisungen, mit denen der neue internationale Olympia-Boss Thomas Bach devot seinen Gastgeber Putin überhäufte. Der Russe wird’s schon richten, warum da also noch lange vorher eigene Kontrollen durchführen, wie etwa bei jedem Weltcup, wo die Strecken spätestens vier Tage vor Beginn der Veranstaltung überprüft werden müssen.

So wurde es dann doch noch hektisch. Bei der Inspektion stellten die IOC-Kommissare fest, hoppala, der Rundkurs ist ja gar nicht so lang, wie er sein sollte. Statt der vorgeschriebenen 2,5 Kilometer war die Schleife nur 2.460 Meter lang. Beim 20-Kilometer-Einzelrennen der Männer hätten die Athleten also nur 19,68 Kilometer zurücklegen müssen. Wäre sicher auch eine Lösung gewesen, einfach die einzelnen Disziplinen den neuen Gegebenheiten anzupassen. Vom 7,38-Kilometer-Sprint über das anschließende 9,84-Kilometer-Verfolgungsrennen bei den Frauen bis zum Massenstart über 14,76 Kilometer bei den Männern gefolgt von der abschließenden 4x7,38-Kilometer-Staffel (gesamt: 29,52 km). So kam es dann aber doch nicht.

Auf die Schnelle schütteten die Veranstalter auf der eh schon anspruchsvoll hügeligen Strecke noch einen Schneehaufen auf, gewannen damit immerhin schon einmal fünf Meter. Blieben noch 35. Nach langem Grübeln kam den Kontrolleuren schließlich ein genialer Einfall. Es muss so gewesen sein wie bei Wickie und die starken Männer, wo der kleine Wickie in brenzligen Momenten immer an seiner Nase reibt, bevor Sterne über den Bildschirm flimmern und ihn doch noch die rettende Eingebung befällt, um aus der misslichen Lage herauszukommen.

Denn weil der Russe bei der Biathlon-Arena wie sonst auch bei allen Sportanlagen recht üppig und großzügig geplant hatte, war ja doch noch Platz im Stadion. Im Beisein der beiden deutschen für Weißrussland beziehungsweise Kanada tätigen Trainer Klaus Siebert und Matthias Ahrens wurde kurzerhand einfach die Startlinie nach hinten verschoben. Eben um 35 Meter. Ging ja dann auch. Hatte den Vorteil, dass die Biathleten mehr Anlauf hatten, für die 25-prozentige Steigung in der Linkskurve nach der Startgeraden.

Sie meinen, da wurde von vornherein am falschen Ende gespart? Ganz schön vermessen.

Später stellte man ja schließlich noch fest, dass der aufgeschüttete neue Hügel statt der eigentlichen fünf Meter doch sechs Meter mehr Strecke brachte. Da hatten sie dann doch mal wieder übertrieben, und zwar maßlos.

2. GRUND

WEIL EIN SELBSTLOSER STARTVERZICHT ZUM HOLLYWOODREIFEN SISTER ACT WURDE

Olympische Spiele bringen nicht nur Medaillen, Ruhm und Ehre, Olympische Spiele liefern auch die ganz großen Geschichten über Selbstlosigkeit, Gutmenschentum und Warmherzigkeit. Es ist die große Bühne für großes Theater, für Rührstücke voller großzügiger Generosität und nobler Nächstenliebe. Beispiele aus der Vergangenheit gibt es dafür einige.

1936 etwa, bei den Hitler-Spielen von Berlin, trug sich die berühmte Geschichte zwischen Jesse Owens, dem farbigen Amerikaner, und Luz Long, dem blonden Sachsen, zu. Owens hatte beim Weitsprung in der Qualifikation schon zwei ungültige Versuche, vor dem entscheidenden dritten Durchgang kam Luz Long auf ihn zu und erklärte ihm, wie er seinen Anlauf verbessern könne, um sicher den Balken zu treffen und trotzdem weit genug zu springen, damit er das Finale erreichen würde. Owens beherzigte den Ratschlag, er kam in den Endkampf und gewann bekanntermaßen Gold. Vor Luz Long.

Oder die Episode von Lawrence Lemieux, dem kanadischen Segler, der 1988 bei den Spielen von Seoul in der Finn-Klasse kurz vor Schluss Zweiter war, auf sicherem Silber-Kurs sogar noch mit der Aussicht auf Gold lag – und der dann alle Medaillenchancen voller Edelmut über Bord warf, weil er auf der Regattastrecke nebenan, wo gerade die 470er-Klasse unterwegs war, einem gekenterten Boot mit zwei Seglern aus Singapur zu Hilfe eilte.

Oder auch die Geschichte von Shawn Crawford, dem US-Sprinter, der 2008 in Peking nachträglich Silber über 200 Meter bekommen hatte, weil der eigentliche Zweitplatzierte Churandy Martina von den Niederländischen Antillen wegen Betretens der Bahnbegrenzung disqualifiziert worden war. Drei Wochen später, einen Tag vor dem Leichtathletik-Meeting in Zürich, bekam Martina auf seinem Hotelzimmer einen Anruf von der Rezeption, es sei ein Päckchen abgegeben worden. Darin eingepackt die Silbermedaille von Peking, mit einem handgeschriebenen Zettel: »Churandy, ich weiß, es kann den Augenblick nicht ersetzen, aber ich denke, dies hier gehört zu Recht dir. Shawn.«1 Herzzerreißend, solche Anekdoten. Zum Weinen schön. Schluchz.

In diese Reihe passt auch die Story der amerikanischen eineiigen Zwillingsschwestern Tracy und Lanny Barnes ganz gut. Die beiden verband schon immer sehr viel, sie nennen sich gegenseitig beste Freundinnen und erzählten einmal, dass sie sich als Teenager auf der Highschool in ihrer Heimatstadt Durango in Colorado einen Spaß daraus machten, sich die Jungs zu teilen: Unter der Woche war Tracy dran, am Wochenende Lanny, ohne dass die Burschen es merkten. Oder wie sie die Lehrer veralberten, die sie nur an der Kleidung unterscheiden konnten – und wie sie zwischen zwei Unterrichtsstunden zu beidseitigem Gaudium schnell auf der Toilette das Gewand tauschten.

Was beide aber seit jeher noch viel mehr verbindet, ist die Liebe zum Sport und die Leidenschaft zum Biathlon. Zum »Gunnin’ and Runnin’«, wie sie dazu sagen. 1999 begannen sie damit, natürlich gleichzeitig, 2006 starteten beide gemeinsam bei den Spielen von Turin für das US-Team, 2010 durfte nur Lanny nach Vancouver, Tracy wurde nicht nominiert. Danach kam eine üble Krankheit, und weil sie eben schon seit jeher alles miteinander machen müssen, befiel beide im Unterschenkel das sogenannte Kompartmentsyndrom, ein erhöhter Gewebedruck, der Blutgefäße abschnürt und die Muskeln schädigt. Beide unterzogen sich einer Operation, 2012 gaben sie ein Comeback und hofften auf einen gemeinsamen Start in Sotschi. Doch dann war im US-Team nur noch ein Startplatz frei – und um den kämpften Lanny und Tracy im Januar 2014 in einem internen Qualifikationsrennen. In Ridnaun, Südtirol.

Es war ein Rennen unter ungleichen Voraussetzungen, die Tage davor hatte Lanny krank im Bett gelegen. Wie sie später sagte, hatte sie 104 Grad Fieber. Sie meinte natürlich Fahrenheit. In Celsius waren das 40 Grad, auch eine stattliche Zahl und wahrlich hoch genug, um im Kampf um das Olympia-Ticket völlig chancenlos an den Start zu gehen. Tracy gewann das Rennen locker, sie war aber nicht glücklich darüber, und als sie am Nachmittag gemeinsam mit Lanny spazieren ging, sagte sie zu ihr: »Fahr du nach Sotschi, ich gebe dir meinen Platz.« Später, als diese Geschichte bekannt wurde, wurde es dann schon richtig kitschig, als die Tracy sagte: »Lanny würde alles für mich tun, ich weiß das. Deswegen tue ich nun alles für sie. Ich möchte, dass sie ihren Traum verwirklichen kann. Ich bin eine stolze Schwester.«2 Ein Sister Act der anderen Art, herrlich hollywoodreif. Lanny Barnes meinte noch, falls sie eine Medaille gewinnen sollte, würde sie die nicht selbst behalten, sondern ihrer Schwester geben, man hätte heulen können vor so viel Anstand und Edelmut.

So weit kam es dann aber doch nicht, im einzigen Rennen, das Tracys Schwesterherz bestritt, im Einzel über 15 Kilometer, landete Lanny auf Platz 64. Tracy hingegen wurde schön dekoriert und zwar mit dem Fair-Play-Preis der UNESCO und der dafür vorgesehenen und nach dem neuzeitlichen Olympia-Gründer benannten Pierre-de-Coubertin-Trophäe. Die behielt sie aber. Die gab sie nicht an die Schwester weiter.

3. GRUND

WEIL ERIK LESSERS OPA WILLI BIS 93 DURCHGEHALTEN HAT

Zu behaupten, die Biathlon-Wettbewerbe bei den Winterspielen 2014 seien aus deutscher Sicht eher durchwachsen gewesen, wäre ein nicht hinnehmbarer Euphemismus. Die Wettbewerbe waren ein ziemliches Fiasko. Allen voran bei den Frauen. Diese zusammengewürfelte und hoffnungslos unterlegene Truppe bestand aus der Altmeisterin Andrea Henkel, die zwölf Jahre nach ihrem ersten Olympiagold schmerzhaft einsehen musste, dass es tatsächlich Sinn macht, die Karriere bald zu beenden, aus zwei jungen Nachwuchshoffnungen mit den Namen Franziska Preuß und Laura Dahlmeier, einer Franziska Hildebrand, die mit ihren 26 Jahren auch noch nicht wirklich den Durchbruch in die absolute Weltspitze geschafft hatte, und natürlich der Sachenbacher Evi. Die war erst durch ihr permanentes und auch bei Niederlagen unerschütterliches Dauerlächeln aufgefallen und später durch ihren positiven Dopingtest. Lief alles nicht so glücklich, im Lager der deutschen Skijägerinnen.

Bei den Männern sah es anfangs ähnlich miserabel aus, schließlich gab es noch halbwegs Schadensbegrenzung durch zwei zweite Plätze. Bei der Staffel am vorletzten Tag der Spiele und zuvor im Einzel über 20 Kilometer. So wurde in Sotschi ein Sportler mit zwei Silbermedaillen zum erfolgreichsten deutschen Biathleten, mit dem davor kaum einer gerechnet hatte: Erik Lesser, ein 25-jähriger Thüringer, der nicht nur seine guten Nerven unter Beweis stellte, sondern auch seinen trockenen Humor.

Am Tag, als er im Einzel seine Medaille gewann, gab es heftige Böen, einmal bliesen sie von links, ein anderes Mal von rechts, es war schwer, sich auf den Wind einzustellen, er war lästig. Wohltuend war dafür der frische Wind durch Erik Lesser. Ein unbekümmerter Typ, schlagfertig, unaufgeregt und ziemlich cool.

Als er eine Stunde nach dem Rennen zur Pressekonferenz der Medaillengewinner3 schritt, hatte er sein Handy am Ohr. Auf die Frage, wer am anderen Ende der Leitung gewesen sei, meinte er: »Meine Freundin. Bisher hatte ich ja keine Zeit, sie anzurufen, ich musste dauernd Interviews geben.« Man blieb beim Thema Umfeld und Familie, es ging nämlich schon bald um seine beiden Großväter. Erst einmal um Axel Lesser. Axel Lesser war Langläufer in der DDR, zwischen 1968 und 1976 nahm er dreimal an Olympischen Winterspielen teil. Einmal sagte Erik Lesser: »Mein Opa ist mein Held.«

An diesem Tag, nach dem größten Erfolg seiner Karriere, dachte Erik Lesser aber auch noch an seinen anderen Großvater. An Willi Pietzko, den Opa mütterlicherseits. Der war nämlich schon 93, er hatte aber schon vor vielen, vielen Jahren seinem Enkel, der damals noch ein Nachwuchsbiathlet war, geschworen, dass er auf jeden Fall so lange leben werde, bis er, der Erik, einmal bei Olympischen Spielen mitmachen werde. »Er hat durchgehalten bis jetzt«, sagte Erik Lesser, »deswegen möchte ich ihm und meinem anderen Opa nun diese Medaille hier widmen.«

Später sagte Erik Lesser dann noch ganz lustige Dinge. Ob er denn nicht überlegt habe, beim letzten Schießen die Waffe noch einmal abzusetzen und wegen der Anspannung ob der Medaillenchance sich lieber noch ein wenig Zeit zu lassen und tief durchzuschnaufen, wurde er gefragt. »Nö«, sagte Lesser, »ich hatte zwar wacklige Knie, aber ich dachte mir: Absetzen ist nur was für Mädchen. Ich wollte das einfach durchziehen, habe ich dann ja auch getan.« Bei der Staffel blieb er ähnlich lässig, mit Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp gewann er noch mal Silber.

Die danach verdientermaßen anstehende Feier zum erfolgreichen Abschluss der Biathlon-Wettbewerbe entfiel übrigens. Lesser bereitete sich mit Arnd Peiffer auf den Schlusstag der Spiele vor. Beide liefen da noch die 50 Kilometer. Langlauf. Sie konnten gar nicht genug bekommen.

2018 in Pyeongchang will Erik Lesser wieder dabei sein, dann holt er sich vielleicht sogar den Olympiasieg. In der Hoffnung, dass auch Opa Pietzko noch daheim vor dem Fernseher sitzt und auch die erste Goldmedaille des Enkelsohns miterlebt. Durchhalten, Willi!

4. GRUND

WEIL DER LANDI ES KLÜGER MACHTE ALS MONTY PYTHONS MARATHONLÄUFER

Von Monty Python gibt es einen sehr alten Sketch, er wurde zu einem der bekanntesten und legendärsten Stücke der englischen Komikertruppe überhaupt – Silly Olympics, auf Deutsch übersetzt: die Olympischen Spiele für Idioten. Darin zu sehen sind unter anderem der 100-Meter-Lauf der Orientierungslosen, das 200-Meter-Freistil-Schwimmen der Nichtschwimmer, das 1.500-Meter-Rennen der Gehörlosen, die nicht loslaufen, weil sie den Startschuss nicht hören können, oder der 3.000-Meter-Hindernislauf der Männer, die glauben, sie seien Hühner. Alles schön absurd, politisch manchmal wunderbar inkorrekt, macht aber nichts, gerade das kann ja auch ganz lustig sein.

Dazu gibt es auch noch eine weitere Disziplin, den Marathonlauf der Blasenschwachen. Unmittelbar nach Rennbeginn sprinten die Läufer dabei in die eigens aufgestellte Toilette, bevor es während des Laufs durch die Natur einen Führungswechsel nach dem anderen gibt, weil die Teilnehmer sich alle paar Meter in die Büsche schlagen.

Beim olympischen Staffelrennen der Männer in Sotschi war das nicht so, vielleicht hat Dominik Landertinger den Sketch ja auch einmal gesehen und die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Der Österreicher war nämlich schon vor dem Rennen austreten, und zwar sehr oft, wie er hinterher zugab. »Heute war ich dauernd am Klo, zweimal so oft wie sonst«, bekannte Landertinger, »ich war einfach so nervös.« Für den »Landi«, wie sie ihn in der Heimat nannten, war es jedenfalls eine große Genugtuung und ein großartiger Abschluss der Winterspiele von Sotschi, die Bronzemedaille mit dem Austria-Quartett. Nach vier ganz schweren Jahren.

Der Landi, der Flachland-Ösi, der in Oberösterreich aufwuchs und erst später mit seinen Eltern nach Tirol übersiedelte, galt immer als großes Talent. Er war gerade 20, da ernannte ihn der große Ole Einar Bjørndalen schon zu seinem legitimierten Nachfolger, als er bei der WM 2009 den Titel im Massenstart holte und sich in der gleichen Saison die kleine Kristallkugel für die Disziplinen-Wertung sicherte. 2010 galt er schon als großer Olympiafavorit, aber der Landi landete keinen großen Erfolg, außer Silber mit der Staffel. Krankheiten und Infekte warfen ihn in der Zeit danach immer wieder zurück, in der Heimat kübelten manche Medien schon Häme über ihm aus und ätzten: »Vom Weltmeister zur Randfigur.« Aber Landertinger kämpfte sich zurück, ein Leben außerhalb des Biathlons gab es kaum, selbst in der Liebe suchte er sich als Partnerin eine aus seinem Metier aus, die tschechische Biathletin Veronika Zvařičová. Auch das ein Volltreffer.

Kurz vor den Spielen von Sotschi kam der nächste gesundheitliche Rückschlag, eine Nasennebenhöhlenentzündung, doch Markus Gandler, der Sportdirektor des ÖSV, prophezeite schon drei Tage vor dem ersten Rennen bei einer Begegnung im Österreicher-Haus: »Der Landi macht eine, wirst schon sehen.«4 Er meinte eine Medaille. Machte er dann auch.

Im Sprint über zehn Kilometer wurde er Zweiter, ganz knapp hinter dem norwegischen Altstar Ole Einar Bjørndalen. Um dann in der Staffel mit seinen Mitstreitern Simon Eder, Daniel Mesotitsch und Christoph Sumann Bronze zu holen. Sumann, der seine Karriere übrigens nach Olympia zum Ende der Saison beendete, erklärte ebenfalls, er sei fürchterlich aufgeregt gewesen. »Ich hab mir gedacht, das überlebe ich nicht, dass mein Herz das nicht mitmacht. Zum Glück hab ich’s überstanden.«

Der Landi freilich will noch weitermachen, 2018 in Pyeongchang ist er dann 29 und im besten Biathlon-Alter. »Dann greif ich wieder an um eine Medaille.« Das tun dann vielleicht auch die deutschen Biathleten, die Silber gewannen, und die deutschen Biathletinnen, die während der Spiele von Sotschi schwächelten. Es wäre gemein, zu behaupten, die Leistung der deutschen Skijägerinnen habe auch an Monty Python erinnert – an den Lauf der Orientierungslosen.

5. GRUND

WEIL DIE SKIJAGD MITTLERWEILE SELBST EINE BRASILIANISCHE PAZIFISTIN BEGEISTERT

Es gab Zeiten – zugegebenermaßen lange vor dem Beginn des großen Biathlon-Booms Ende der Neunzigerjahre –, da hatte die Sportart keinen guten Ruf. Mit der Waffe durch die Wälder ist doch eher was für unverbesserliche Militaristen, die da ihrer Schießwut freien Gewehrlauf lassen können. Dieses Image hat sich mit den Jahren geändert. Mittlerweile treten sogar überzeugte Pazifisten im Biathlon an. Wie die Brasilianerin Jaqueline Mourão bei den Winterspielen von Sotschi.

In ihrer Heimat war das Olympiafest im fernen Russland freilich kein großes Thema. Die Menschen sonnten sich im Februar – es war gerade Sommer in der südlichen Hemisphäre – an der Copacabana und sonst wo, beherrschendes Thema waren die Vorfreude auf und die Volksproteste gegen die bevorstehende Fußball-WM. Auch die Sportzeitung Lance, eine der bedeutendsten und größten Fachgazetten des Landes, thematisierte am 10. Februar auf den ersten 30 Seiten nur Fußball. Um auf Seite 31 dann doch schon auf Sotschi zu kommen. Mit der Überschrift: »Brasilien feiert einen 77. Platz!« Damit gemeint war eben Jaqueline Mourão, die beim Sprintrennen über 7,5 Kilometer auf Rang 77 kam und danach fröhlich lächelte und meinte: »Ich bin so froh, dass ich nicht gestürzt bin und es bis ins Ziel geschafft habe. Das war die Hauptsache.« War ja auch etwas Besonderes für sie, die 38-jährige Mutter eines dreijährigen Sohnes, bei ihrer fünften Olympiateilnahme, in der nun auch schon dritten Sportart.

2004 und 2008 war Jaqueline Mourão im Sommer mit dabei, in Athen und Peking, sie ging bei den Mountainbikern an den Start, auf dem Rad war sie schon immer richtig gut. In Brasilien war sie Landesmeisterin bei den Querfeldeinradlern, 2005 gewann sie als erste Brasilianerin überhaupt ein Weltcuprennen, bei den Panamerika-Spielen in Rio wurde sie unglückliche Vierte, das war 2007. Da hatte sie auch schon erste Erfahrungen im Wintersport gesammelt. 2004 war sie zu ihrem kanadischen Ehemann Guido Visser in dessen Heimat Quebec gezogen, und weil das Klima dort traditionell garstiger und ungemütlicher sein kann als zu Hause in Brasilien und sie daher oft in den langen verschneiten Wintermonaten nicht zum Radeln kam, begann sie mit dem Skilanglauf. Um 2006 und 2010 bei Olympia anzutreten.

Das mit dem Biathlon kam eher zufällig.

Beim Langlaufen in Quebec traf sie einmal den Biathleten und Trainer Jean Paquet und entdeckte die Liebe zu dem Zweikampf aus Langlauf und Schießen – als sie mitten in der Schwangerschaft steckte. Dabei hatte sie Waffen immer als etwas Beunruhigendes empfunden. »Bei uns in Brasilien gibt es eine sehr hohe Gewaltrate«, sagte sie während der Spiele von Sotschi. »Ich habe deswegen schon immer große Angst vor Waffen.« Als sie als junges Mädchen in ihrer Heimatstadt Belo Horizonte einmal im Bus saß, wurde sie überfallen, mit einer Pistole bedroht und ausgeraubt, daher auch die große Abneigung.

Beim Biathlon sei das aber von Anfang an ganz anders gewesen. Auf die Scheiben zu schießen, sagte sie, habe ihr großen Spaß gemacht. Deswegen nun also in Sotschi das Debüt als Biathletin.

Bei ihrem zweiten Start wurde es übrigens deutlich besser als zum Auftakt. Im Einzelrennen über 15 Kilometer kam sie auf Platz 76.

Gefragt nach ihrem großen Traum, sagte sie einmal: »Ich liebe es, die Natur und die Wildnis zu erkunden, es wäre wunderschön, einfach ein Flugzeug zu haben und immer und unentwegt dem Sonnenuntergang entgegenzuschweben.« Den Traum vom Fliegen könnte sich das Allround-Talent 2018 erfüllen. Vielleicht tritt sie dann ja im Skispringen an.

6. GRUND

WEIL MANCHE IN SOTSCHI VON ALLEN GUTEN HIMBEERGEISTERN VERLASSEN WAREN

Recht geistreich waren die Olympischen Winterspiele von Sotschi nun wirklich nicht. Angesichts der völlig absurden Verschandelungen der Umwelt in der kaukasischen Gebirgslandschaft und den inhumanen Bedingungen für die Arbeiter im Vorfeld der Spiele konnte man leicht den Eindruck gewinnen, der russische Gastgeber sei von allen guten Geistern verlassen, dafür schwebte politisch ein eher böser Geist über der Veranstaltung, nebenan in der Ukraine gab es schon Unruhen, der Konflikt mit Russland um die Krim sollte sich unmittelbar nach dem Ende der Spiele dramatisch zuspitzen. Der Heilige Geist hätte da zur Deeskalation ganz gutgetan, aber der kam nicht. Einen Geist gab es aber doch. Den Himbeergeist im Österreicher-Haus im Bergdorf Krasnaja Poljana. Der schmeckte sogar Wladimir Putin, dem Oberrussen. Putin schaute nämlich gleich am ersten Tag der Spiele in der Dependance von Team Austria vorbei, und als er es sich in der Zirbelstubn bei einer Brotzeit und zünftiger Volksmusik gemütlich machte, kredenzte man ihm einen guten Tiroler Tropfen, eben einen Himbeergeist.

Bei den Deutschen schneite Putin übrigens nicht herein. Dabei lag das Deutsche Haus nur ein paar Meter neben dem der Österreicher. Aber die Deutschen hatten ja auch nichts getan für die Spiele in Sotschi, Putin war noch immer angefressen, weil weder Bundespräsident noch Bundeskanzlerin zur Eröffnungsfeier gekommen waren. Aber was kümmern einen schon ein Gauck und eine Merkel, solange man einen Doppelmayr hat. Einen so zuverlässigen Sessellift- und Seilbahnbauer aus Vorarlberg, dessen Chefs zwar unumwunden zugegeben hatten, dass sie sich aus patriotischen Gründen natürlich Winterspiele 2014 in Salzburg gewünscht hätten, die gleichzeitig aber auch einräumten, dass das mit den Spielen in den noch unverbauten Bergen rund um Sotschi fürs Geschäft freilich wesentlich besser war. 40 Liftanlagen pflasterte Doppelmayr in die Gegend hinein, der größte Auftrag der Firmengeschichte.

So viel zu einem der Gründe für den Hausbesuch beim Land des Himbeergeists. Umso bemerkenswerter, dass es dann aber auch noch so etwas wie einen olympischen Geist gab – und zwar ausgerechnet zwischen Russen und Deutschen. Beim Biathlon nämlich.

Das deutsche Biathlon-Team war mit Unmengen an Material nach Russland gereist. Als man die Kisten und Container in Sotschi aber auspacken und zur Tat schreiten wollte, stellte man fest, dass die Präparierungsmaschine nicht funktionierte – das Gerät, um den Ski-Belag wettkampftauglich herzurichten.

Herrje, die Verzweiflung war groß. Was tun? 40 Paar nigelnagelneuer Ski für die Biathleten wie auch für die Langläufer und Nordischen Kombinierer waren zu bearbeiten. Ohne Präparation des Belags hätte man die auch genauso gut einige Kilometer weiter im Schwarzen Meer versenken können. Doch da wurde einem plötzlich ganz uneigennützig Hilfe angeboten. Vom Gastgeber. Zeigten die Russen nun doch tatsächlich ihr sprichwörtlich großes Herz?

In einer spontanen Hilfsaktion stellten die Kollegen vom russischen Biathlon-Verband den so gefürchteten Konkurrenten aus Deutschland ihren eigenen Ski-Präparations-Apparat zur Verfügung. Die DSV-Verantwortlichen schienen zu Tränen gerührt. »Ich habe diese Solidarität in meiner Zeit als Funktionär noch nicht erlebt«, sagte etwa Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, der vor seiner Wahl zum nationalen Olympia-Boss jahrelang Präsident des Deutschen Skiverbandes gewesen war. »Man muss ja berücksichtigen, dass die Russen damit einem direkten Gegner in den Wettkämpfen geholfen haben. Sie haben uns letztlich wieder stark gemacht.«5

Sagte Hörmann. Noch vor dem ersten Wettkampf.

Dann kamen die ersten Rennen. Das deutsche Biathlon-Team erlebte ein Debakel nach dem anderen, bis Erik Lesser zwischendrin mal Silber gewann. Dann ging die Misere weiter, und als Beobachter vor Ort dachte man sich immer öfter, wie wohl die Russen die Präpariermaschine präpariert haben mögen, bevor sie diese den DSV-Technikern aushändigten, und wie sich Mütterchen Russland nun still und heimlich ins Fäustchen lachte, weil die Deutschen allen Ernstes geglaubt hatten, die Russen würden ihnen wirklich helfen wollen.

Erst am letzten Tag gab es noch eine weitere deutsche Biathlon-Medaille. Silber mit der Staffel. Hinter Russland. Wenigstens behauptete sich das deutsche Quartett noch gegen den dritten Mitstreiter um Gold. Die Österreicher waren nämlich lange gleichauf mit den beiden Führenden gelegen, dann brachen sie ein.

Vielleicht hatten sie zu viel Himbeergeist getrunken.

7. GRUND

WEIL NEBEN DEN DREI SCHWESTERN EINE WEITERE SCHWEIZERIN IN DER STAFFEL PLATZ FAND

Nein, sie waren nicht weiter aufgefallen. Am Ende belegten sie den neunten Platz, hinter Kanada, vor Polen und sogar noch vor den deutschen Frauen auf Rang elf. Der DSV-Staffel war das nachzusehen, an jenem denkwürdigen Tag bei den Olympischen Spielen von Sotschi. Der nur Stunden davor bekannt gewordene Dopingfall ihrer Teamkollegin Evi Sachenbacher-Stehle hatte Franziska Preuß, Andrea Henkel, Franziska Hildebrand und Laura Dahlmeier völlig aus dem Konzept gebracht.

Für Furore sorgte später noch die siegreiche Staffel der Ukraine, als die vier Läuferinnen die Journalisten auf der Pressekonferenz um eine Schweigeminute für die Opfer bei den Unruhen in ihrer Heimat baten.

An jenem aufregenden Tag also liefen die Schweizerinnen auf Rang neun eher unbemerkt ins Ziel. Wobei das fast schade war, denn die Staffel hatte für ein Novum gesorgt. Hätte man die vier Frauen in eine Reihe gestellt und gefragt, wer von ihnen nicht hierher passen würde, es wäre natürlich Irene Cadurisch gewesen, die Schlussläuferin. Die einzige, die nicht Gasparin hieß. Denn die anderen drei waren Schwestern. Selina. Elisa. Aita. Drei Schwestern in einer Staffel, das hatte es auch noch nie gegeben. Genauso wenig wie olympisches Edelmetall für einen Biathleten aus dem Land der Eidgenossen. Das hatte Selina Gasparin, die älteste der drei Schwestern, kurz zuvor im Einzelrennen über 15 Kilometer geschafft, bei dem sie Silber gewann. Es waren schon bemerkenswerte Spiele. Für die Schweiz. Für die Gasparins.

Als sie ihre Medaille hatte, vor der Staffel, erzählte Selina Gasparin ein wenig über sich und über das Ansehen des Biathlons in der Schweiz. Dass sie einst einen benachbarten Bauern fragen musste, ob sie auf seinem Acker eine Schießscheibe aufstellen dürfe, um trainieren zu können, weil Biathlon zwar in allen Nachbarländern – in Deutschland und Frankreich, Österreich und Italien – eine große Popularität genoss, man selbst aber eher eine sportliche Diaspora war. »Jetzt, wo ich mit einer Medaille nach Hause komme«, sagte Gasparin nach ihrem bis dahin größten Erfolg, »da möchte ich, dass jeder Schweizer weiß, was Biathlon ist. Nicht Laufen und Radfahren oder sowas.«6

Es war zudem ein Triumph, mit dem nicht einmal im eigenen Verband gerechnet wurde, denn Selina Gasparin hatte mit dem zweiten Platz nicht nur Silber gewonnen, sondern auch eine Wette gegen Christian Manzoni, den Pressesprecher des Schweizer Biathlonverbands. Ausgemacht war, dass Manzonis Bart fällt, wenn die eidgenössischen Biathletinnen eine Plakette gewinnen. »So sehr ich es auch gehofft habe, damit gerechnet habe ich nicht und deshalb zu Hause auch kein Rasierzeug eingepackt«, sagte Manzoni und kündigte den Gang ins Shoppingcenter des nahe gelegenen Ortes Krasnaja Poljana an.7

Nachdem der Bart gefallen war, trafen sich die drei Schwestern unmittelbar vor dem Staffelrennen zu einem gemeinsamen Interview. Selina, 29 Jahre, Elisa, 22, Aita, 20. Es sollte ein ganz unterhaltsames Gespräch werden. Sie erzählten, wie Selina erst Alpin-Skifahrerin war, dann aber mit sieben aufs Langlaufen umstieg – weil es leichter war, den Kinderwagen mit der kleinen Schwester Elisa über eine Loipe zu schieben als die Piste hinunter. Wie Elisa trotz des großen Altersunterschieds die Erste war, die an einem Biathlon-Wettkampf teilnahm, und erst dadurch auch ihre ältere Schwester für die Skijagd begeistert wurde. Wie die beiden ihrer jüngsten Schwester Aita zur Firmung eine schöne Überraschung machten – als sie ihr nämlich ein Gewehr schenkten. Und wie es sich schon in Kindertagen äußerte, dass Selina ganz oben in der Schwestern-Hierarchie angesiedelt war. »Wenn wir früher mit der Familie picknicken gegangen sind«, sagte Elisa, »hat es zum Nachtisch immer Schokolade für die Familie gegeben. Und die durfte nur Selina öffnen und verteilen. Wir durften die nicht berühren.«

Die alles entscheidende Frage freilich war, warum reichte es nicht zu einer reinen Gasparin-Staffel, oder ob es nicht doch irgendwo eine vierte Schwester gebe, die man zum Biathlon noch rekrutieren könnte? Dies verneinte Elisa Gasparin und schob die Verantwortung auf ihre Eltern: »Sie waren zu langsam und haben vor 20 Jahren nicht begriffen, dass wir eigentlich vier brauchen. Dann war es zu spät.«

Eine Biathletin wird sich darüber sicher nicht gegrämt haben.

Irene Cadurisch.

8. GRUND

WEIL DER TSCHECHISCHE SILBER-SCHWEIGER DOCH NOCH ETWAS GEFRAGT WURDE

Da saß er nun also. Ondřej Moravec. Tschechischer Biathlet. Er hatte gerade Silber gewonnen bei den Olympischen Spielen von Sotschi, im Verfolgungsrennen der Biathleten. Es war der größte Moment seiner Karriere. Jetzt also war die Pressekonferenz, im Medienraum des olympischen Biathlon-Stadions.

Die Pressekonferenzen in Sotschi liefen nie so ab, dass alle drei Medaillengewinner auf einmal vorne auf dem Podium Platz nahmen. Es kam, wer Zeit hatte. Wer fertig war mit den ersten Interviews, wer als Nächster zur Dopingprobe musste, wer gerade Luft hatte. Es herrschte also immer eine gewisse Unruhe, auch weil man als Reporter nie wusste, welcher Sportler, welcher Medaillengewinner nun denn an der Reihe war. Zwei Etagen höher, wo die Journalisten im Arbeitsraum ihre Artikel schrieben, gab es manchmal Durchsagen, dass die Pressekonferenz nun beginnen würde und wer nun gerade käme. Oft gab es diese Durchsagen aber auch nicht, weil die freiwilligen Helfer an der Info-Theke zwei Wochen lang gelangweilt herumlümmelten und lieber auf ihre Smartphones starrten, als sich um die Weitergabe von wichtigen Neuigkeiten zu kümmern. Das hatte zur Folge, dass man sicherheitshalber schon ganz bald nach dem Rennen im Press Conference Room Platz nahm, und um auch ja nichts zu versäumen, nahm man auch Sportler in Kauf, die einen gar nicht interessierten.

So kam man in den Genuss, auch den nachhaltigen Auftritt von Ondřej Moravec miterleben zu dürfen. Der Raum war voll, nur war wegen Ondřej Moravec selbst gar keiner gekommen. Der Raum war voll wegen Martin Fourcade, dem Olympiasieger, dem extrovertierten Branchen-Primus, der aber noch auf sich warten ließ. Moravec saß also da, neben ihm zu seiner Rechten eine Art Moderator, der das Frage-Antwort-Spiel immer eröffnete. »Any questions to Ondřej?«8 Schweigen im Raum.

Vielleicht hätte Moravec ja gerne erzählt, über den großen Erfolg für sich und die kleine Biathlon-Nation Tschechien. Über seine Anfänge beim Wintersportklub SKP Jablonec, über seinen Lehrmeister und Trainer Vlastimil Vávra. Über das Gefühl, wie es war, der Weltspitze jahrelang hinterherzulaufen, schon in Turin 2006 bei Olympia dabei gewesen zu sein, wo er noch völlig unbeachtet auf den Plätzen 34 und 41 landete. Wie es ist, jetzt mit 29, kurz vor dem einsetzenden Herbst der Karriere, auf einmal so einen Erfolg zu haben. Hätte er alles sagen können. Auch darüber, dass er ja schon viermal Weltmeister war im Biathlon, hätte er reden können, allerdings im Sommerbiathlon. 2004 und 2005 auf Rollerskiern, bei den Titelkämpfen von Brezno-Osrblie und Muonio. Wäre auch ein nettes Detail gewesen, ob er sich eher als ein Schönwetter-Biathlet ansehen würde. Aber es fragte ihn ja keiner, weil es Moravec ging wie so vielen unauffälligen Spitzensportlern, die zwar erfolgreich sind, aber die einen nicht so ansprechen, weil man eine ganz andere Geschichte aufschreiben will wie hier eben über Martin Fourcade, diesen Typen, über den man sich streitet in der Szene, der gerne provoziert und deswegen polarisiert. Aber ein Ondřej Moravec, ein blasser Tscheche? Na ja.

Nach einiger Zeit des peinlichen Schweigens durchbrach der Moderator die beklemmende Stille und fragte: »Überrascht über Silber, Ondřej?« Moravec nickte und sagte: »Yes.« Der Moderator meldete sich erneut zu Wort und warf in die Runde: »Noch Fragen? Echt keine Fragen mehr?« Moravec wirkte, als wolle er schon gehen. Dann gab es aber doch noch eine Meldung, ein Raunen ging durch die Reporterschar. Man drehte sich um und blickte entgeistert auf den Kollegen, dem nun das Mikrofon gebracht wurde und der nun allen Ernstes eine Frage stellen wollte. Es war ein Reporter aus Frankreich, er fragte: »Was halten Sie von Martin Fourcade?«

Moravec sagte nicht viel, dass das ein verdienter Olympiasieger sei und so, dann stand er auf und ging. Nach einiger Zeit kam Fourcade, er plauderte munter drauflos, die Journalisten kamen mit dem Fragen nicht mehr hinterher, danach eilte man wieder hoch in den Arbeitsraum zum Schreiben. Auf der Treppe fragte ein Kollege noch: »Wer hat eigentlich Silber gewonnen?«

9. GRUND

WEIL BIATHLETEN NICHT NUR DIE SAU RAUSLASSEN KÖNNEN, SONDERN AUCH DIE LUFT

Bei skandinavischen Wintersportlern muss man manchmal aufpassen. Woran es liegt, dass gerade von ihnen einige gerne hemmungslos über die Stränge schlagen, ist schwer zu sagen. Man denkt zurück an Matti Nykänen, den genialen finnischen Skispringer der Achtzigerjahre, sechsmal Weltmeister, viermal Olympiasieger. So sehr er im Sport vor dem Absprung am Schanzentisch immer in der Spur bleiben musste, so sehr geriet sein Leben nach der Karriere völlig aus der Bahn, als er als Stripper jobbte und später im Knast saß, es ging um versuchten Totschlag, eine Messerstecherei im Vollrausch.

Janne Ahonen, Nykänens Landsmann, ließ es sogar während der aktiven Zeit schon gerne krachen. In seiner Autobiografie mit dem Titel Königsadler schrieb er vom Abend vor dem letzten Weltcupspringen 2005 auf der Flugschanze von Planica. Wie sein Teamkollege Risto Jussilaninen an der Tür klopfte, mit 24 Dosen Bier in der Hand, die sie dann auch tranken. Am nächsten Tag sprangen sie wieder, Ahonen flog auf unglaubliche 240 Meter, das wäre Weltrekord gewesen, wenn er den Sprung gestanden hätte. Aber er stürzte, Helfer und Sanitäter trugen ihn aus dem Zielraum und wollten ihn ins Krankenhaus bringen, aber Ahonen weigerte sich – aus Angst, die Ärzte würden Restalkohol in seinem Blut finden.

Lars Bystøl, ebenfalls ein Skispringer, aber ein norwegischer, sorgte einmal für Schlagzeilen, das war 2003, als er im Suff ins Hafenbecken von Oslo fiel. Und auch drei andere Norweger, Biathleten nämlich, legten eine ordentliche Eskapade hin, am Ende der Saison 2014, Anfang März beim Weltcup im slowenischen Pokljuka.

Möglich, dass Emil Hegle Svendsen immer noch etwas übermütig war von seinen Erfolgen in Sotschi, als er nur wenige Wochen davor zweimal Gold gewann, im Massenstart und in der Mixed-Staffel. Jedenfalls zog er dort in Pokljuka mit seinen beiden Mannschaftsfreunden, den Brüdern Tarjei und Johannes Bø, um die Häuser. Unter mächtig Alkoholeinfluss ließen sie dann die Luft aus den Reifen von Mannschaftsfahrzeugen der unterschiedlichsten Nationen. Das gab für das trinkfeste Trio eine Abmahnung vom norwegischen Verband und eine Geldbuße von rund 12.000 Euro.

Schon im Jahr davor hatte Svendsen mit anderen norwegischen Biathletinnen für einen Eklat gesorgt, als sie beim Weltcupfinale in Chanty-Mansijsk beim Massenstartrennen der Frauen am Streckenrand die Hosen runterließen. Möglicherweise war das angesichts des bereits feststehenden Gesamtweltcupsiegs ihrer Landsfrau Tora Berger die Gegenleistung für 2010. Damals hatte Svendsen die Gesamtwertung gewonnen, woraufhin zur Feier des Tages die norwegischen Biathletinnen ihre Oberkörper entblößten. Andere Länder, andere Sitten.

Für großen Wirbel sorgte dann im Frühjahr 2014 noch ein weiterer Wintersportler aus Norwegen, das war Petter Northug, der Doppel-Olympiasieger von 2010 im Langlauf. Im Vollrausch raste er mit seinem Audi A7 in Trondheim über eine Verkehrsinsel, mähte danach mehrere Schilder um und krachte schließlich in eine Leitplanke, anschließend beging er Fahrerflucht. Zu Fuß, mit dem Autowrack war eine Weiterfahrt nicht mehr möglich.

Es war naheliegend, dass man beim Lesen dieser Zeitungsberichte über Northug an die Pressekonferenz von Ole Einar Bjørndalen wenige Monate davor in Sotschi dachte, einem der norwegischen Wintersportler, die genau das andere Extrem sind, ruhig, in sich gekehrt, skandalfrei. Nach seinem Olympiasieg im Sprint ging es wieder einmal um seine sportliche Zukunft, wie lange er denn noch weiter aktiv bleiben wolle, und vor allem, was er nach seiner Karriere zu tun gedenke. Bjørndalen sprach von der WM in Oslo 2016, und dass er vielleicht nach der Sportlerlaufbahn mit seinem Freund Petter Northug zusammenarbeiten werde, dass sie vielleicht einen Betrieb aufbauen. Und was das sein werde? Darauf sagte Bjørndalen, es war wohlgemerkt noch einige Wochen vor Northugs Totalschaden: »Eine Autowerkstatt.«

II

ALTE ZEITEN

10. GRUND

WEIL SKISPRINGEN MIT ARMBRUSTSCHIESSEN AUCH EINE SCHÖNE VORSTELLUNG WÄRE