111 Orte in der Bretagne, die man gesehen haben muss - Marcus X. Schmid - E-Book

111 Orte in der Bretagne, die man gesehen haben muss E-Book

Marcus X. Schmid

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Beschreibung

Die Bretagne sei sehr schön und obendrein nicht weit von Frankreich entfernt, ulkte Komiker Coluche. Recht hat er. Ein bisschen Frankreich, ein bisschen anders als Frankreich. Die Bretonen verteidigen ihre Eigenart, haben ihre eigene Sprache, ihre eigene Musik, ihre eigenen 999 Heiligen, die den letzten Druiden und einigen Drachen den Garaus machten. Die Bretagne gilt seit Asterix' Zeiten als eine widerständische Region, eine Region der Dickschädel und Querköpfe. 111 ungewöhnliche Orte erzählen uns 111 Episoden und Anekdoten aus der bretonischen Geschichte und Kultur – quer durch die Zeit, quer durchs Land.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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© Emons Verlag GmbHAlle Rechte vorbehalten© der Fotografien: Monika Steineberg, außer:Ort 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8: Michel Riethmann;Ort 1: Eva Ritzler© Covermotiv: shutterstock.com/Oleg7799Layout: Eva Kraskes, nach einem Konzeptvon Lübbeke | Naumann | ThobenKartografie: altancicek.design, www.altancicek.deKartenbasisinformationen aus Openstreetmap,© OpenStreetMap-Mitwirkende, ODbLE-Book-Erstellung: XXXErstausgabe 2019ISBN 978-3-98707-287-1Aktualisierte Neuauflage April 2024

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Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß § 44b UrhG (»Text und Data Mining«) zu gewinnen, ist untersagt.

Vorwort

Im Entree eines kleinen bretonischen Hotels las ich, dass die Bretagne sehr schön sei und zudem gar nicht so weit von Frankreich entfernt liege. Der wunderliche Satz stammt von Coluche, der damit den Nagel auf den Kopf traf. Natürlich liegt die Bretagne in Frankreich, doch ist sie anders als Frankreich. In Paris gelten die Bretonen als Querköpfe, aber die nehmen das so gelassen hin wie andere Vorurteile auch, zum Beispiel, dass es in der Bretagne dauernd regne. »Es regnet nur auf Idioten«, sagt der Bretone darauf – und verschwindet in der nächsten Bar.

Die Bretonen sind stolz auf ihre Eigenheiten, sie haben ihre eigene Sprache, ihre eigene Musik und ihre eigenen Heiligen – 999 sollen es sein –, die dem keltischen Druidenspuk ein Ende setzten und das Land so erfolgreich christianisierten, dass es heute als katholischer gilt als das katholische Frankreich. Die Bretagne kannte in ihrer Geschichte Bauernrevolten gegen Könige und Staatspräsidenten, heute revoltieren immer mehr Bauern gegen Pestizide und praktizieren biologischen Anbau.

Aus Granit wurden vor Jahrtausenden Menhire gehauen, später meißelten bretonische Steinmetze Calvaires mit Dutzenden von Figuren aus grauem Granit. Bunter ist die Welt in den Bildern von Gauguin, der seinen Schülern im Liebeswäldchen von Pont-Aven die Verwendung kräftiger Farbtöne empfahl. Farbig sind auch die »Niniches« genannten Schleckstängel aus Quiberon, und noch farbiger ist das aberwitzige Universum von Robert Coudray in Lizio. Farbig sollen auch die 111 Geschichten in diesem Buch sein, selbst da, wo ihr Gegenstand der graue Granit ist.

Mit jeder Reise zeigt mir die Bretagne neue Facetten, die mein Bild von dieser Region, die knapp hinter Frankreich liegt, verändern. Mein besonderer Dank gilt der Fotografin Monika Steineberg, die mich, ohne die Nerven zu verlieren, auf meinen Abwegen begleitet und meine Entdeckungen in ihren Bildern festgehalten hat.

111 Orte

1__ Das Cadoudal-Mausoleum | Auray»Vive le roi!« – und Kopf ab

2__ Der Große Leuchtturm | BangorOptimale Linse und optimale Aussicht

3__ Die Kapelle Saint-Mathieu | BannalecEin unschuldiges, in Verruf geratenes Ornament

4__ Das Postkartenmuseum | BaudLe Carton Voyageur – die reisende Postkarte

5__ La Cité du Livre | BécherelEin Ort für Bibliophile

6__ Die Kapelle Saint-Cado | BelzWie zum Teufel kommt die Katze ins Glasfenster?

7__ Der Skulpturenpark | BignanBeton im Gewächshaus und mehr

8__ Die Ateliers des Capucins | BrestWo mit der großen Kelle angerührt wird

9__ Der Friedhof Saint-Martin | BrestNekropole der Notabilität

10__ Die Luftseilbahn | BrestDie Großstadt aus der Vogelperspektive

11__ Der Men Marz | Brignogan-PlagesDen christlichen Stempel aufgedrückt

12__ Die Austernwäscherinnen | CancaleEine Hommage an die harte Frauenarbeit

13__ Das Tal der Heiligen | CarnoëtWarum die schöne Eodez sich an den Kopf fasst

14__ Die Pfarrkirche | Châteauneuf-du-FaouFarbenfrohes von Nabi Sérusier

15__ Der Brunnen Saint-Mathieu | Cléden-Cap-SizunQuellheiligtum im Abseits

16__ L’Amiral | ConcarneauStammlokal zweier Kriminalkommissare

17__ Das Glockenrad | Confort-MeilarsMusikinstrument mit Gebrauchsanweisung

18__ Der Brunnen | CruguelWo Restauration nottut

19__ Die Hitchcock-Statue | DinardWeniger Bauch, aber mehr Gewicht

20__ L’Artisan du Temps | FougèresUhren mit Kanone und Uhren mit Wasser

21__ Das Trompe-l’Œil-Gemälde | FougèresWo das Auge sich in der Hauswand verliert

22__ Der Nantes-Brest-Kanal | GlomelVogelgezwitscher statt tuckernder Hausboote

23__ Die Freiheitsstatue | GourinFreiheit, die ich meine

24__ Das ehemalige Gefängnis | GuerlesquinAußen eigenartig, innen zappenduster

25__ L’Arpenteur | GuingampDer Regenmacher

26__ Die Chocolaterie Pasquiet | GuingampSüßes aus dem Familienunternehmen

27__ Die Schleusentreppe | Hédé-BazougesNapoleon baut für Hausbootkapitäne

28__ Das Chaos der Mühle … | Huelgoatund einer, der das Chaos nicht gesehen hat

29__ Das Schwert | IffendicEin lokaler Handwerker in der Rolle des Merlin

30__ Der Garten Delaselle | Île de BatzEin Versicherungsagent wird Botaniker

31__ Die Passerelle | Jugon-les-LacsTrockenen Fußes über den See gehen

32__ Das Haus der Fledermaus | KernasclédenHufeisennasen im Kirchengebälk

33__ Die Kosmetikfirma | La Gacilly»Im Dienste der Schönheit der Frau«

34__ Das Musée Manoli | La RichardaisDer Mann, der Granit zum Schmelzen brachte

35__ Das Sarah B. | La Roche-BernardEin gastronomischer Betrieb mit Pfiff

36__ Das Atelier-Museum | La Trinité-sur-MerIn Jules Vernes wunderlichem Reich

37__ Das Nationalgestüt | LamballeWo das bretonische Pferd sich vermehrt

38__ Die Rohan-Brücke | LanderneauLeben über dem Fluss

39__ Die Abtei Saint-Guénolé | LandévennecZu lange her, um wahr zu sein

40__ La Pelousière | LangouëtPioniere der Nachhaltigkeit

41__ Der Rundtempel | LanleffRätsel rund um die Rotunde

42__ Die Destillerie Warenghem | LannionBretonischer Whisky im Aufwind

43__ Der Judenaltar | Larmor-PlageGedränge unter dem Gekreuzigten

44__ Die Villen von Kernevel | Larmor-PlageDer Obernazi im Sardinenschloss

45__ Die alte Hängebrücke | Le BonoVon Baustelle zu Baustelle zum Erfolg

46__ Das Taufbecken | Le FaouAlttestamentarische Geographie

47__ Die Biscuiterie | Le HézoDie Neuinterpretation des bretonischen Biskuits

48__ Das Ex-Kindergefängnis | Le PalaisDie dunkle Seite der Belle-Île-en-Mer

49__ Die Siebenschläferkapelle | Le Vieux-MarchéWo Muslime und Christen gemeinsam wallfahren

50__ Le Poète ferrailleur | LizioDer Griff nach den Sternen

51__ Die Kirche Saint-Sauveur | LocminéEine kühne Kirchenarchitektur

52__ Das Galway Inn | LorientEin irisches Lehrstück in Sachen Kneipenleben

53__ Die Kirche Saint-Gilles | MalestroitBestiarium an der Kirchenmauer

54__ Das Théâtre du Costume | MoncontourIm Kosmos einer begnadeten Couturière

55__ Die Ex-Tabakmanufaktur | MorlaixViele Räume und eine schöne Treppe

56__ Die Cidrerie | PaimpolApfelduft in vierter Generation

57__ Merlins Grab | PaimpontWo der Unsterbliche bis in alle Ewigkeit ruht

58__ Die Goldminenküste | PénestinDer ausgebliebene Goldrausch

59__ Port-Blanc | PenvénanWie ein Oratorium auf einen Felsblock kommt

60__ Die Cabanes de Quénécan | PerretÜber allen Wipfeln ist Ruh’

61__ Der Fischstand | Perros-GuirecWo Frauen verkaufen, was Männer fischen

62__ Die Thermen von Le Hogolo | Plestin-les-GrèvesRömische Wellness

63__ Die Papst-Statue | PloërmelEin laizistisches Lehrstück

64__ Monsieur Papier | PlogoffPapier vom Feinsten am Ende der Welt

65__ Die Gedenkmauer | PloubazlanecDie Verschollenen der Grande Pêche

66__ Die Seenotrettungsstelle | PloudalmézeauOrt einer Jahrhundertkatastrophe

67__ Der Wasserturm | PloudalmézeauCrêpes in luftiger Höhe

68__ Ankou | PloudiryMemento mori am Ossuarium

69__ Die Markthalle | PlouescatKommerzzentrum aus dem 16. Jahrhundert

70__ La Marmite Bretonne | PlougoumelenBiologisch, regional, saisonal und – digital

71__ Die Teufelsbrücke | PlouguerneauBegehbar – wenn sie da ist

72__ Die Shelburn-Stele | PlouhaEine erfolgreiche Geheimoperation

73__ La Pointe du Souc’h | PlouhinecLetzte Ruhe in bester Lage

74__ Das Ecomusée | PlouigneauDas etwas andere Heimatmuseum

75__ Die Bigoudenin | PlozévetZwischen Sardinenkopf und Bigoudenhaube

76__ Das Bronzemedaillon | Pont-AvenPoet, Polemiker und vor allem Bretone

77__ Die Kapelle von Trémalo | Pont-AvenDie Vorlage für Gauguins gelben Christus

78__ Die Kirche von Lambour | Pont-l’AbbéErst der Turm weg, dann das Dach

79__ Der Fischer und die Nixe | QuiberonDer Baulöwe als Bildhauer

80__ La Maison d’Armorine | QuiberonSüß und klebrig, schmeckt hervorragend

81__ Armor-Lux | Quimper»La Marinière« – klassisch, modisch, zeitlos

82__ Die Statue René Laënnec’s | QuimperEin schamhafter Arzt macht eine Erfindung

83__ Le Présidial | QuimperléDas letzte Relikt eines Ensembles

84__ Das Cap Mail | RennesWo Glas, Grün und Licht für Wohnqualität bürgen

85__ Der Jardin du Thabor | RennesEine Oase in der Hauptstadt

86__ Die Synagoge | RennesZentrum des jüdischen Lebens in der Bretagne

87__ Huîtrières du Château de Bélon | Riec-sur-BélonAusterndegustation in traumhafter Lage

88__ Das Naïa Museum | Rochefort-en TerreIm Reich des Imaginären

89__ Solid’ère – Solid’art | RohanPraktizierte Solidarität

90__ Der rote Doppeldecker | RoscoffEndstation Streetham High Road in Roscoff

91__ L’Anse de Sordan | Saint-AignanWo des Romantikers Herz höherschlägt

92__ Das Marais de Lasné | Saint-ArmelStelzenläufer, Säbelschnäbler und eine Salzbäuerin

93__ Die Russin | Saint-Briac-sur-MerBlaues Blut im bretonischen Badeörtchen

94__ Das Atelier du Bois Ludik | Saint-BrieucDas Atelier du Bois Ludik – Wo Arbeit Vergnügen macht

95__ Die Säule | Saint-Cast-le-GuildoWas hat Fürst Albert II. in Saint-Cast zu suchen?

96__ Der Austernautomat | Saint-Jacut-de-la-MerLebende Tiere im Schließfach

97__ Der Calvaire von Tronoën | Saint-Jean-de-TrolimonWo sich Surfer segnen lassen

98__ Die Megalithen | Saint-JustIm Schnittpunkt frühgeschichtlicher Kulturen

99__ Das Ex-Grand-Hôtel | Saint-LunaireFinanzspritze aus Haiti

100__ Die Pointe du Décollé | Saint-LunaireUngefährliche und gefährliche Spaziergänge

101__ Das Grab Chateaubriands | Saint-MaloLetzte Ruhe in traumhafter Lage

102__ Der Schiffsfriedhof | Saint-MaloKunst gegen den Zahn der Zeit

103__ Die skulptierten Felsen | Saint-MaloWenn der Pfarrer zum Hammer greift

104__ Die Gezeitenmühle | Saint-Père-Marc-en-Poulet… und wem gehört das Wasser?

105__ Die Ferme de Kerguelen | Saint-Pol-de-LéonEin Blick ins Herz der Artischocke

106__ Die Saboterie de Léon | Saint-Pol-de-LéonVom Baumstamm zum Holzschuh

107__ Die Gedenktafel | SpézetHommage an die erste bretonische Partisanengruppe

108__ Das Coper Marine | TrédarzecNicht nur bei Sauwetter eine nützliche Adresse

109__ Die Statue Ernest Renans | TréguierDer Ketzer vor der Kathedrale

110__ Die Porte Saint-Vincent | VannesDer erhobene Zeigefinger

111__ Der Bahnhof | VitréAls Bahnhöfe noch mehr waren als Railway Stations

AURAY

1__ Das Cadoudal-Mausoleum

»Vive le roi!« – und Kopf ab

»Georges Cadoudal wird hier im Weiler Kerléano am 1. Januar 1771 in eine wohlhabende Bauernfamilie hineingeboren. Nachdem er sich anfänglich den revolutionären Ideen angeschlossen hat, wechselt er auf die Seite der Chouannerie. Er übernimmt die Führung der königlich-katholischen Armee der Bretagne. Nach dem Versuch eines Komplotts gegen Napoleon wird er verhaftet und 1804 in Paris guillotiniert.«

Die Informationstafel vor Ort fasst das bewegte Leben von Georges Cadoudal auf dreieinhalb Zeilen zusammen. Der unermüdliche Kämpfer für die Monarchie gab seinen Kopf nicht so leicht her. Er war an zahlreichen Schlachten und Scharmützeln beteiligt, die sich die königstreuen »Chouans« mit den Revolutionären lieferten. Als die monarchistische Sache praktisch schon verloren war, versuchte Napoleon, den Kämpfer, der allein durch seine stattliche Größe auffiel, als Brigadegeneral für seine Armee zu gewinnen. Doch Cadoudal schimpfte nur: »Seine Macht macht ihn besoffen … dieser kleine Mann, den ich zwischen meinen Armen hätte erdrücken können.« Er entzieht sich nach London. Dort organisiert er ein Komplott mit dem Ziel, Bonaparte zu beseitigen, und fährt nach Paris zurück. Die allgegenwärtigen Geheimagenten Fouchés decken die Verschwörung jedoch auf, Cadoudal landet unter der Guillotine. Er schreit noch drei Mal »Vive le roi!«, dann fällt sein Kopf.

1814 kaufte Joseph Cadoudal einem Pariser Chirurgen das mit Drähten zusammengehaltene Skelett seines Bruders ab, das offenbar als Anschauungsmaterial für Studenten diente. Es wanderte durch einige Kirchen und Kapellen, bis es im erst 1853 fertiggestellten Mausoleum unter einer schweren Platte bestattet wurde. Dass Georges Cadoudal tatsächlich hier liegt, bestätigte der Vizebürgermeister von Auray, der bei einer Renovierung des Mausoleums 1991 die Gelegenheit bekam, unter die Platte zu schauen: Er sah ein verdrahtetes Skelett.

Adresse 4, Allée du Mausolée, 56400 Auray | Anfahrt knapp 20 Kilometer westlich von Vannes, Mausoleum im Süden des Orts, über die N 165, Ausfahrt 33 erreichbar | Tipp Acht Kilometer nördlich von Auray liegt die Basilika von Sainte-Anne-d’Auray – ein großer Wallfahrtsort.

BANGOR

2__ Der Große Leuchtturm

Optimale Linse und optimale Aussicht

Warum hat der Schatten keinen scharfen Umriss? Was passiert, wenn das Licht im Prisma gebrochen wird? Welche Natur hat das Licht überhaupt, wie setzt es sich fort, als gradliniger Strahl oder wellenförmig? Solche Fragen beschäftigten den Physiker und Ingenieur Augustin Fresnel (1788 – 1827). Er war ein Verfechter der sogenannten Wellentheorie, entwickelte sie weiter und machte auf ihrer Grundlage seine bahnbrechende Erfindung, die nach ihm benannte »Fresnel-Linse«. Ihr Prinzip ist die Aufteilung der Linse in mehrere Oberflächen, was ihr Gewicht verringert, ohne dass das Licht an Stärke einbüßt, eine Art gerippte Linse, wie sie heute für Frontscheinwerfer bei Automobilen verwendet wird.

Fresnel hatte seine Erfindung zum ersten Mal 1823 beim ältesten Leuchtturm Frankreichs, dem Leuchtturm von Cordouan an der Gironde-Mündung, praktisch angewandt. Als er 1826 mit dem Konzept des Leuchtturms von Goulphar auf Belle-Île betraut wurde, setzte er auch hier anstelle des bisher üblichen Parabolspiegels seine Linse ein. Um ihre regelmäßige Rotation zu gewährleisten, musste der Leuchtturmwärter mittels einer Handkurbel mehrmals in der Nacht ein gusseisernes Gegengewicht hochziehen, das im Zentrum der Wendeltreppe hing. Nach 20 Minuten mühsamer Kurbelei hing das Gewicht wieder oben.

Für den »Grand Phare«, wie der Leuchtturm von Goulphar auch genannt wird, wurde der anstrengende Job eines Leuchtturmwärters gleich doppelt besetzt. Während der eine der beiden Wärter kurbelte oder sich um das Leuchtfeuer kümmerte, durfte sich der andere im »lit-clos« ausruhen, einem Schrankbett in einer winzigen Kammer des Leuchtturms. Diese kann unterwegs besichtigen, wer sich nicht scheut, die 247 Stufen bis zur Plattform in 43 Metern Höhe hochzusteigen. Die Mühe des Aufstiegs wird mit einer Aussicht über die spektakulären Felsklippen der Côte Sauvage belohnt – atemberaubend.

Adresse Kervilahouen, 56360 Bangor | Anfahrt von Quiberon mit der Fähre nach Le Palais, für die 8 Kilometer bis zum Leuchtturm am besten am Hafen ein Fahrrad mieten | Öffnungszeiten Mitte Mai – Juni, Sept. Di – So 11.30 – 13 und 14 – 18 Uhr, Juli, Aug. täglich 11 – 13 und 14 – 18 Uhr, Okt. Mi, Fr, Sa 13 – 17 Uhr | Tipp Zwölf Kilometer entfernt liegt die Apothekergrotte, die spektakulärste Felsformation der Côte Sauvage.

BANNALEC

3__ Die Kapelle Saint-Mathieu

Ein unschuldiges, in Verruf geratenes Ornament

Das Triskel, eine Form von drei radialsymmetrisch angeordneten Spiralen, ist ein uraltes keltisches Symbol, das als glücksbringender Anhänger in jedem bretonischen Souvenirladen verkauft wird. Oft findet man das Triskel in Fenstern von Kirchen und Kapellen. Selten hingegen ist das Quadriskel, gleichsam das vierblättrige Kleeblatt unter den dreiblättrigen. Im 20. Jahrhundert ist es zudem in Verruf geraten. In der Bretagne wurde es von der Bretonischen Nationalen Partei verwendet, deren antifranzösische Gesinnung schnurstracks in die Kollaboration mit Nazideutschland mündete. Und schließlich wird das Hakenkreuz der Nazis oft als stilisierte Form des Quadriskels angesehen, was natürlich Unsinn ist. Das Hakenkreuz als Symbol ist in zahlreichen frühen Kulturen auf Kreta, in Indien und anderswo auf der Welt bekannt, also ein paar tausend Jahre älter als das »Tausendjährige Reich«. Den Nazis steht also nur das Verdienst zu, das Symbol in Misskredit gebracht zu haben.

Für die Rezeptionsgeschichte des Quadriskels im 20. Jahrhundert kann die Kapelle Saint-Mathieu natürlich nichts. Sie stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und zeigt das hübsche Ornament im kleinen Rundfenster der Ostfassade, das etwas Licht in die Sakristei bringt. Generell wird das Quadriskel, das optisch eine Bewegung vortäuscht, als kosmisches Symbol gedeutet: Das menschliche Leben kreist um ein unbewegliches Zentrum.

Eine weitere Besonderheit ist der 2016 restaurierte Calvaire vor der Kapelle. Ein sehr ausgemergelter Christus hängt am Kreuz, früher stand links und rechts je eine weitere Figur, davon zeugen noch die von zwei Engeln gestützten Sockel. Die Säule, die das Kreuz trägt, ist voller Beulen: eine eindeutige Reminiszenz an die große Pest, die im 14. Jahrhundert die bretonische Bevölkerung dezimierte. Die Kapelle selbst ist leider meist geschlossen, aber allein schon ihre idyllische Lage abseits aller menschlichen Siedlungen ist den Ausflug wert.

Adresse Cosqueriou Saint-Mathieu, 29380 Bannalec | Anfahrt circa 20 Kilometer östlich von Quimper, erst auf der D 765 bis Rosporden, dann noch circa 6 Kilometer auf der D 782 | Tipp Im nahen Rosporden ist der Aven zu einem kleinen See aufgestaut, ideal für einen Spaziergang ist die Ostseite.

BAUD

4__ Das Postkartenmuseum

Le Carton Voyageur – die reisende Postkarte

Am 1. Mai 1840 wurde der One Penny Black herausgegeben, der als erste Briefmarke der Welt gilt. Noch im selben Jahr machte der englische Satiriker Theodore Hook die Probe aufs Exempel. Auf eine kolorierte Karte – dargestellt waren zwölf Postbeamte vor einem riesigen Tintenfass – klebte er einen One Penny Black und adressierte diese an sich selbst. Der Postservice funktionierte, die Karte kam beim Absender an. Sie gilt als die älteste Postkarte der Welt.

Der moderne Zeitgenosse zückt sein Smartphone, schießt ein Foto und verschickt es mit einem Text versehen via Postkarten-App an den Adressaten, der am nächsten Morgen den Urlaubsgruß als Ansichtskarte im Briefkasten findet. Zwischen Theodore Hooks Experiment und dem sich abzeichnenden Niedergang der klassischen Postkarte mit Briefmarke liegt eine Sozialgeschichte der postalischen Kommunikation, die »Le Carton Voyageur«, wie sich das Postkartenmuseum von Baud nennt, unter diversen Aspekten dokumentiert. Für die Dauerausstellung »Bretagne recto-verso« wurden rund 500 Exemplare aus der hauseigenen Sammlung von über 120.000 Postkarten verwendet.

Der Weg führt von der illustrierten Karte, bei der auf der Vorderseite der Text einfach über das Bild geschrieben wurde, während die Rückseite gänzlich der Adresse vorbehalten war, bis zur industriell hergestellten Massenware für den Drehständer am Kiosk. Das goldene Zeitalter der Postkarte, meist Stadtansichten und Landschaftsbilder, liegt zwischen 1900 und 1920. Später kommt die private Fotografie auf, die illustrierte Presse, das Telefon – der technische Fortschritt verdrängt die Postkarte. Eine besondere Rolle kommt ihr im Krieg wieder zu. Auf vorgedruckten Standardkarten »Mir geht es gut« oder »Ich bin im Krankenhaus / verwundet / krank« mit der Vorschrift »Nichtzutreffendes streichen, nichts hinzufügen!« durften die Soldaten gerade noch ihre Unterschrift setzen.

Adresse 3, Avenue Jean Moulin, 56150 Baud | Anfahrt an der D 768 zwischen Pontivy und Auray | Öffnungszeiten Di – So 14 – 18 Uhr, Jan. geschlossen | Tipp Im einstigen Schlosspark von Quinipily, zwei Kilometer südwestlich von Baud, steht eine geheimnisumwitterte Venus (März, April und Nov., Dez. 11 – 17 Uhr, Mai – Okt. 10 – 19 Uhr).

BÉCHEREL

5__ La Cité du Livre

Ein Ort für Bibliophile

Im westukrainischen Czernowitz, bis 1918 östlichste Bastion der Habsburgermonarchie und ein Zentrum der jüdischen Kultur, erinnert heute eine Gedenktafel daran, dass es dort einst mehr Buchhandlungen als Bäckereien gab. Darüber könnte man in Bécherel nur lachen: Das Städtchen mit weniger als 700 Einwohnern zählt 14 Buchhandlungen und nur eine einzige Bäckerei.

Die Bécherellais, wie sich die Bewohner des Städtchens nennen, haben die »Cité du Livre« nicht erfunden, aber ein lokaler Kulturverein spitzte die Ohren, als er erfuhr, was sich im belgischen Dörfchen Redu zutrug. Dort fand 1984 unter freiem Himmel ein viel beachteter Büchermarkt statt, aus dem heraus sich die Idee des »Bücherdorfs Redu« entwickelte. So könnte man doch auch Bécherel aus seinem Dornröschenschlaf holen, dachte der Verein und kopierte mehr oder weniger das belgische Modell. Er organisierte 1988 einen großen Büchermarkt. Es mangelte an Geld, es mangelte an Platz, nicht aber an Begeisterung, einige Einheimische stellten spontan ihr Erdgeschoss zur Verfügung. Der Erfolg war riesig, und 1989 war die »Cité du Livre« geboren. Bald richteten sich die ersten Buchhandlungen und Antiquariate ein, Buchbinder und Kalligrafen folgten, Buchhandlungen für Kinder und solche für Comic-Adepten. Jeweils am ersten Sonntag des Monats findet ein ganztägiger Büchermarkt statt, und zur jährlichen »Fête du Livre« strömen Buchhändler, Schriftsteller und Leser, kurzum Bibliophile aller Schattierungen, in Bécherel zusammen.

Der Spaziergang durch das Städtchen, das wegen seines harmonischen Ortsbilds als »Petite Cité de Caractère« ausgezeichnet wurde, ist kurz, für Bibliophile aber ein Genuss, zumal einige Buchhandlungen auch ein Café eingerichtet haben und Tische auf den Platz stellen. Ein Ort für alle, die gern in Büchern stöbern und lieber Papier rascheln hören, als mit dem Finger über das elektronische Lesegerät zu streichen.

Adresse 35190 Bécherel | Anfahrt von Rennes 25 Kilometer auf der D 137 Richtung Saint-Malo, in Tinténiac auf der D 20 noch 8 Kilometer in westlicher Richtung | Tipp Knapp neun Kilometer östlich von Bécherel liegt die wehrhafte Burg Montmuran (Juli / Aug. 14 – 19 Uhr, Sa geschlossen).

BELZ

6__ Die Kapelle Saint-Cado

Wie zum Teufel kommt die Katze ins Glasfenster?

Teufelsbrücken sind zahlreich in Europa, offenbar ist der Gehörnte ein gefragter Brückenbauer. Ein Grund dafür dürfte sein, dass er es schafft, in einer einzigen Nacht eine Brücke zu bauen, wo Menschen Wochen oder Monate brauchen. Zudem arbeitet der Teufel recht billig. In der Regel begnügt er sich damit, das erste Lebewesen, das seine Brücke überquert, für sein düsteres Reich einzufordern. Doch hat der schnelle Brückenbauer nichts gelernt, er fällt stets wieder auf denselben Trick herein. Im Gotthardmassiv jagten die Urner als erstes Lebewesen einen Ziegenbock über die Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht. Auch der Teufelssteg über den Tuxerbach in Finkenberg im Zillertal kostete die Einheimischen nur eine Ziege. In der Bretagne, wo Ziegen eher rar sind, tut’s auch eine Katze. So jedenfalls dachte der heilige Cado, der seine Insel mit dem Festland bei Belz verbinden wollte und mit dem Teufel das bekannte Geschäft abschloss. Als die Brücke fertiggestellt war, ließ Cado eine Katze als erste Fußgängerin hinüberlaufen. Satan hatte das Nachsehen – wieder keine menschliche Seele.

Der heilige Cado stammt aus Wales, wo im 6. Jahrhundert die Christen von den heidnischen Angelsachsen vertrieben wurden. In die Bretagne geflohen, machte sich Cado daran, die Kelten zum rechten Glauben zu bekehren. Auf der Insel bei Belz gründete er eine Einsiedelei, an deren Stelle heute die Kapelle Saint-Cado steht. Man erreicht sie über die Teufelsbrücke und kommt dabei an einem der bekanntesten Fotomotive der Bretagne vorbei: einem kleinen Haus mit blauen Fensterläden, das fast so groß ist wie das Inselchen, auf dem es steht.

In der recht uneinheitlich ausgestatteten Kapelle prangt im Chor ein farbenfrohes Fenster aus dem Jahr 1960. Zu Füßen des heiligen Cado entdeckt man – fast wie in einem Vexierbild – eine grünblaue Katze, die über einen gelben Steg läuft, und daneben den Gehörnten.

Adresse Île Saint-Cado, 56550 Belz | Anfahrt auf halbem Weg zwischen Lorient und Carnac, Abzweig von der D 781 | Tipp Gleich bei der Brücke serviert das Restaurant Les Algues Marines hervorragende Fischgerichte (außerhalb der Saison So – Do abends geschlossen).

BIGNAN

7__ Der Skulpturenpark

Beton im Gewächshaus und mehr

Eine leicht hügelige Parkanlage aus dem 19. Jahrhundert zieht sich rund um das stattliche Château de Kerguéhennec, das die Brüder Högger, Bankiers aus der Schweiz und bedeutende Financiers am königlichen Hof in Paris, 1710 über dem Ufer der Claie bauen ließen. Die Domäne erfuhr über die Jahrhunderte viele Besitzerwechsel, bevor sie 1972 vom Departement Morbihan aufgekauft wurde. Die Regierung in Vannes kümmerte sich um die Restaurierung des Schlosses und gestaltete gleichzeitig das Gelände zu einem weitläufigen Skulpturenpark um.

Am besten besorgt man sich am oberen Eingang des Parks das Begleitheft mit einem Plan darin, der die rund 30 Skulpturen lokalisiert und kurz beschreibt. Das Schloss ist Ausgangspunkt zweier Rundgänge: Für den Parcours Nord veranschlagt das Begleitheft eineinhalb Stunden, für den Parcours Sud zwei Stunden, die beiden lassen sich problemlos kombinieren.

Viele der Skulpturen sind der Konzeptkunst zuzuordnen, da hilft manchmal eine Kurzbeschreibung des Begleithefts, hinter die Idee des Künstlers zu kommen. Andere Werke nehmen direkt Bezug auf ihren Standort. So hat zum Beispiel Jean-Pierre Raynaud im ehemaligen Gewächshaus 1.000 mit Beton gefüllte, rot angemalte Töpfe aufgestellt. Als Absolvent einer Gartenschule habe er gelernt, dass man Blumen nicht nur pflegen, sondern auch sterben lassen müsse. Mit seinen Betontöpfen wolle er weitere Opfer verhindern. Der Amerikaner Keith Sonnier wiederum stellte drei gewaltige Steinblöcke so zusammen, dass der Besucher sofort an einen Dolmen aus vorgeschichtlichen Zeiten denkt. Sonnier nennt sein Werk »Porte-vue« (»Sicht-Träger«), weil man exakt von dieser Stelle aus die Domäne am besten überblicken könne.

Wer mit zeitgenössischer Kunst nichts am Hut hat, begnügt sich damit, durch das schöne Gelände zu streifen – und bleibt dann doch plötzlich vor einer rätselhaften Skulptur stehen.

Adresse Domaine de Kerguéhennec, 56500 Bignan | Anfahrt von Vannes auf der D 767 nach Locminé, dort rechts in die D 1 abzweigen | Öffnungszeiten 8 – 21 Uhr | Tipp