112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben - Jörg Nießen - E-Book

112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben E-Book

Jörg Nießen

4,6
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Feuerwehr zu lieben ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit - wer sonst riskiert rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr, sein Leben für andere? Und tatsächlich wird Brandschützern aller Art, egal ob freiwilliger Feuerwehrmann oder Berufsfeuerwehrmann, aus der Bevölkerung im Allgemeinen eine warmherzige Zuneigung entgegengebracht. Im eigenen Wohnzimmer begrüßt man die Damen und Herren mit dem C-Schlauch trotzdem nur ungern. Das alte Floriansprinzip 'Verschon mein Haus, zünd andre an!' ist verständlicherweise weit verbreitet. Warum die roten Autos mit den blauen Leuchten auf dem Dach dennoch überall gern gesehen sind, und warum auch die Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner für ihre Aufgabe Feuer und Flamme sind, beschreibt Jörg Nießen auf fachkundige und humorvolle Weise in seinem neuen Buch 112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben. Nachdem Rettungsassistent und Feuerwehrmann Jörg Nießen in seinen ersten beiden Büchern aus dem Alltag des Rettungsdienstes erzählt hat, widmet er sich in seinem neuesten Buch seiner anderen Berufung. In Anspielung auf die Notrufnummer findet er 112 lustige, originelle, charmante, aber vor allem überzeugende Gründe, die Feuerwehr zu lieben. Ob freiwillige Feuerwehr, Berufsfeuerwehr, Angehörige von Wehrleuten, Schaulustige oder vom Feuer direkt Betroffene - Jörg Nießen bezieht alle Blickwinkel mit ein und zeigt, warum die Feuerwehr unsere Liebe verdient hat. Aber auch der Mikrokosmos Feuerwehr wird intensiv durchleuchtet. So werden wahr gewordene Kindheitsträume genauso thematisiert wie der unerlaubte Bartwuchs von Feuerwehrmännern oder die Leidenschaft von Modellbauern. Auch der geneigte Laie kommt auf seine Kosten und kann ganz nebenbei so einiges lernen. Warum heißt das Martinshorn eigentlich 'Martinshorn', warum gibt es auf Feuerwachen Rutschstangen, und warum sind Rauchmelder wirklich sinnvoll?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 235

Bewertungen
4,6 (26 Bewertungen)
19
4
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jörg Nießen

112 GRÜNDE, DIE FEUERWEHR ZU LIEBEN

Eine Hommage an eine ganz besonders heiße Institution

VORWORT

HEISSE LIEBE

»112 Gründe, die Feuerwehr zu lieben« – Im Duden heißt es, etwas zu lieben sei – unter anderem – eine gefühlsbetonte Beziehung zu einer Sache, Idee oder Ähnlichem.

Obwohl mich das schöne Wortspiel mit der Notrufnummer im Titel sofort begeistert hat, habe ich mich beim Schreiben der ersten Geschichten schon gefragt, ob der Titel nicht doch eine Nummer zu groß ist – Liebe ist nun mal ein großes Wort, und auch das dazugehörige Verb klingt nicht viel kleiner.

Beim Schreiben durfte ich aber feststellen, dass ich tatsächlich in die Feuerwehr verliebt bin. Mit jedem Grund, den ich fand und den ich beschrieben habe, wurde die Beziehung zu meinem Beruf und meiner Berufung ein klein wenig intensiver. Wie viele Facetten und Blickwinkel hatte ich bisher nur oberflächlich betrachtet! Erst durch das Schreiben dieses Buches ist mir bewusst geworden, wie vielseitig, abwechslungsreich und erfüllend die Feuerwehr tatsächlich ist.

Die hier beschriebenen 112 Gründe sollen natürlich in erster Linie feurige Unterhaltung bieten, sie enthalten aber auch ein paar brandheiße Tipps, um den gefährlichen Alltag da draußen zu überleben. (Schließlich gibt es immer noch Millionen Haushalte in Deutschland, die nicht über einen einzigen lebensrettenden Rauchmelder verfügen!)

»Weil ein Kindheitstraum wahr werden kann« oder »weil man mit Blaulicht fahren darf«, sind sicherlich bekannte Gründe, die Feuerwehr zu lieben und für jedermann einleuchtend. Dennoch finden sich auch überraschende Gründe in diesem Buch wieder: Wer hätte demnach gedacht, dass Feuerwehrmänner auch die besseren Liebhaber sind und dass sich die Feuerwehr sogar um den Bartwuchs ihrer Männer kümmert?!

Natürlich sind alle Gründe subjektiv, denn es sind meine persönlichen 112 Gründe. Jeder andere Autor hätte andere Anlässe und Argumente gefunden, die mir vielleicht verborgen geblieben sind oder denen ich nicht zustimmen würde.

Mir ist selbstverständlich klar, dass jede Medaille zwei Seiten hat, und somit gibt es sicherlich auch viele Gründe, warum man die Feuerwehr nicht leiden kann. Doch dieses Kapitel habe ich absichtlich nicht in dieses Buch aufgenommen, denn mal ehrlich: Niemand interessiert sich für eine Geschichte mit dem Titel »Weil die Feuerwehr die Autobahn gesperrt hat und ich deshalb einen Termin verpasste«.

Von der ersten Zeile an war es mein Plan, einen schriftlichen Lobgesang auf die Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner in diesem Land zu verfassen. Die Institution Feuerwehr hat es verdient, dass man sie auch einmal bejubelt und hochleben lässt. Egal, ob Sie bislang Berührungsängste gegenüber der Blaulichtszene hatten oder seit Jahren ehrenamtlich Ihr Leben riskieren beziehungsweise beruflich Ölspuren bekämpfen – ob mein Plan funktioniert hat, können nur Sie als Leser beurteilen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Ein fröhliches Tatütata, Ihr Jörg Nießen

KAPITEL 1

BRENNENDE LEIDENSCHAFT

GRUND NR. 1

Weil ein Kindheitstraum wahr werden kann

Berichte meiner geliebten Mutter über meine frühen Kindheitsträume zeugen davon, dass der kleine Jörg abwechselnd entweder Landwirt oder Archäologe werden wollte. Auch wenn beides durchaus ehrbare Berufe sind – aus heutiger Sicht muss ich sagen: Gott sei Dank gehen nicht alle Wünsche und Träume in Erfüllung.

Zugegeben, die Feuerwehr hatte ich nie als Berufswunsch im Sinn. Zwar wurde ausgiebig mit Plastikfiguren und Fahrzeugen das Feuerwehrleben nachgespielt, aber auf die obligatorische Frage der Tanten und Omas »Na, was willst du denn später einmal werden?« wäre »Feuerwehrmann« vermutlich meine letzte Antwort gewesen.

Tatsache aber ist, dass viele meiner Kollegen seit frühesten Kindertagen Feuerwehrmann werden wollten und auch stetig darauf hingearbeitet haben.

Woher kommt eigentlich diese Faszination der Kinder für die Feuerwehr? Ist es der in uns tief verwurzelte Wunsch, das Feuer zu beherrschen? Ist es der infantil naive Wunsch, allen Menschen zu helfen? Begreifen schon Vierjährige, dass Blaulicht und Martinshorn im Straßenverkehr äußerst praktische Dinge sind? An ein paar hübschen Bilderbüchern und dem feuerspeienden Drachenjungen Grisu allein kann es ja wohl nicht liegen. Es will schließlich auch kein Kind gleich Wikinger werden, nur weil es mal Wickie im Fernsehen gesehen hat. Abschließend kann ich die Frage leider nicht beantworten, aber es scheint so, als ob mit der Feuerwehr ausschließlich Positives verknüpft wird.

Eine weitere, nicht unerhebliche Frage ist die folgende: Wann gilt der Kindheitstraum eigentlich als erfüllt? Muss ich Berufsfeuerwehrmann werden und mit dem Brandschutz meinen Lebensunterhalt verdienen? Oder reicht es, wenn ich nach einem Feuerwehrfest im angetrunkenen Zustand zahlendes Mitglied der örtlichen freiwilligen Löschgruppe geworden bin? Ob Kinderfeuerwehr, Jugendfeuerwehr, freiwillige Feuerwehr oder Berufsfeuerwehr, oder sogar alles in Personalunion, über die richtige Dosis muss wohl jeder Träumende am Ende selbst entscheiden.

Aber wie auch immer, Träume sind etwas Wunderbares. Sie beflügeln die Fantasie und geben Hoffnung und Ansporn. Besonders befriedigend ist es, wenn man realistische Träume hat. Es ist jedenfalls weitaus wahrscheinlicher, Feuerwehrmann oder Feuerwehrfrau zu werden, als Astronaut oder Bundeskanzlerin.

GRUND NR. 2

Weil man als Kind schon damit spielen kann

Das sind schöne Erinnerungen, die da in mir hochkommen, wenn ich an ein Weihnachtsfest in den frühen Achtzigerjahren denke, als die Welt noch in Ordnung war und für mich unterm Tannenbaum eine Feuerwehrdrehleiter im Maßstab 1:25 lag, mit der ich den restlichen Abend begeistert spielte.

Die Weihnachtsgeschichte war abgemeldet, es gab Wichtigeres zu tun. Die Drehleiter und die Spielfiguren mussten zusammengebaut, beklebt und ausgerüstet werden, bevor sie einsatzbereit waren. Aber dann konnte es losgehen, ein fiktiver Tannenbaumbrand wurde schnell gelöscht, und Vaters Gesichtsausdruck zeigte erste Zweifel, ob das Geschenk den Abend überhaupt überleben würde.

Das tat es, und als hätten sich alle Eltern abgesprochen, hatte fast jedes Nachbarskind, das ein Y-Chromosom abbekommen hatte, auch ein Feuerwehrspielzeugauto geschenkt bekommen. Auf ein Wachgebäude wurde verzichtet, doch das war auch nicht erforderlich, denn die Nachbarskinder hatten einen Löschzug kreiert, der quasi immer im Einsatz war.

Drei bis vier mit ihren Feuerwehrfahrzeugen bewaffnete Jungs waren permanent damit beschäftigt, Häuser aus Holz und Pappe zu löschen, wobei ich zugeben muss, dass auch ein paar Puppenhäuser zweckentfremdet wurden, die anschließend für ihre eigentliche Nutzung nicht mehr zur Verfügung standen. Aber nicht nur Brandereignisse beschäftigten uns, auch die technische Hilfe stand schon auf dem Programm, und so wurden in Wäldern und Feldern aufwendige Rettungsaktionen vermisster und verschütteter Plastikfiguren durchgeführt, bis entweder der Einsatzerfolg oder die einsetzende Dunkelheit unser kreatives Spiel beendete.

Das damalige Spiel hat sich im Nachhinein übrigens als gute Schule erwiesen. Heutige Führungsstrukturen und Arbeitsabläufe wurden schon damals instinktiv umgesetzt. Als Heranwachsender konnte ich mit Freunden sogar einen Waldbrand verhindern, und auch der Vollbrand eines Gartenhauses wurde von uns mit einer Gartenschlauch-Riegelstellung heldenhaft in Schach gehalten. Auch wenn das Gartenhaus letztendlich aufgegeben werden musste – das direkt angrenzende Wohnhaus haben wir gerettet. Stellen Sie mir bitte keine Fragen, wie dieses Feuer eigentlich entstanden ist, ich müsste mich vielleicht, eventuell, unter Umständen, selbst belasten.

Wie gern würde ich noch einmal einen Nachmittag in meiner Kindheit verbringen, um gemeinsam mit Roland, Thomas S. und Thomas K. Feuerwehr zu spielen. Mein Gott, was waren wir für Brandmeister!

GRUND NR. 3

Weil Feuerwehrfahrzeuge Groß und Klein begeistern

Die Feuerwehr ist niemals unbeobachtet. Wenn irgendwo, aus welchem Grund auch immer, ein Feuerwehrfahrzeug parkt, dauert es nicht lange, bis sich jemand dafür interessiert. Vom neugierigen Passanten über den besorgten Nachbarn bis hin zu Vater und Sohn, die zufällig durch die Straßen spazieren.

Meist beginnt es mit einem Ziehen am Arm. Dann folgt ein ungeduldiges Rucken, das sich in kurzer Folge wiederholt, und anschließend hängt der kleine Kevin-Marvin-James dann unter Ausnutzung der Schwerkraft an der oberen Extremität seines Vaters. Dies tut er so lange, bis sein Papa endlich die Richtung wechselt und auf das große rote Auto mit den blauen Lampen zusteuert. Auf die Beschreibung der dazugehörigen Akustik wurde bewusst verzichtet, um die entspannte Ruhe beim Lesen nicht zu stören.

Kevin-Marvin-James ist gerade vier Jahre alt. Noch nie wurde sein Leben von der Feuerwehr gerettet, noch nie hat er eine Feuerwache von innen gesehen, aber dennoch übt dieses große rote Auto mit den blauen Lampen eine schier magische Faszination auf ihn aus. Leider geben die kleinen Hosenscheißer auf die Frage »Was ist an der Feuerwehr eigentlich so faszinierend?« keine adäquaten Antworten. Stattdessen wird nun ängstlich Papas Bein umklammert und schüchtern auf den Boden gestarrt. Zur Wiedergutmachung wird der kleine Mann dann noch kurz auf den Fahrersitz gesetzt, wo er mit vollgespeichelten Fingern am Lenkrad rumspielen darf. Nun gerät auch Papa langsam aus dem Häuschen. Die infantile Begeisterung über das gerade stattfindende Abenteuer und darüber, es später Mutti erzählen zu können, kennt keine Grenzen.

Ein Jahr später, gleiche Situation. Kevin-Marvin-James war mittlerweile mit der Kindergartengruppe auf der Feuerwache und ist seitdem ausgewiesener Feuerwehrfachmann. Von Angst oder Schüchternheit ist nichts mehr zu spüren. Ganz im Gegenteil: Wenn man nicht aufpassen würde, wäre der Kleine in kürzester Zeit in der Lage, die Einsatzbereitschaft eines Löschfahrzeugs empfindlich zu stören. Da wird durch den Mannschaftsraum getobt, da werden Gerätefächer geöffnet und ausgeräumt, eine Atemschutzmaske sitzt auch schon auf dem Gesicht, und kurz bevor der süße Fratz das Martinshorn ausprobiert, schreitet ein freundlicher Feuerwehrmann ein und versucht, die Aufmerksamkeit des potenziellen Nachwuchses lieber auf die Feuerlöschkreiselpumpe zu lenken.

Von der ist auch Papa vollkommen begeistert, denn seit mehreren Minuten hängt er gebannt an den Lippen eines anderen Kollegen, der mitteilungsfreudig technische Details verrät. Nur unterbrochen von gelegentlichen väterlichen Ahhs und Ohhs werden Löschwassertank, Pumpenaufbau und die Zusammenhänge zwischen Pumpendruck und Förderleistung ausführlich erläutert, bis der nahende Sonnenuntergang Vater und Sohn zur Heimkehr zwingt.

Leuchtende Kinderaugen sind etwas Wunderbares. Wenn man dann noch den Vater beim Strahlen erwischt, ist das Glück fast vollkommen. Und das nur aufgrund eines großen roten Autos mit blauen Lampen auf dem Dach.

GRUND NR. 4

Weil man sein Hobby zum Beruf machen kann

Was fange ich mit meiner Freizeit an? Das ist heute eine Frage, die sich bereits Kinder stellen. Im Rahmen der Talentförderung schickt Mutti das Kind zum Ballett, zum Fußball, zum Judo oder zum Klavierunterricht – schließlich muss man die Interessen der Kleinen noch ausloten. Mit etwas Glück landet der Nachwuchs dann unabhängig vom Geschlecht bei der Feuerwehr. Behalten Sie als Mutter und Vater den Moment, in dem diese Entscheidung getroffen wurde, in guter Erinnerung; vielleicht beobachten Sie gerade das Samenkorn, dessen Frucht Sie in circa 20 Jahren ernten können.

Lesen, Schwimmen, Radfahren – das sind Hobbys, die ich in Kindertagen gelangweilt unter die entsprechende Rubrik in nervige Poesiealben geschrieben habe. Wie viel Stolz hätte mich erfüllt, wenn ich stattdessen »Mitglied der Kinderfeuerwehr« hätte schreiben können! Aber leider gab es diese Feuerwehrgattung damals noch nicht.

Heutzutage könnte ein typischer Werdegang im Brandschutz ungefähr so aussehen: Kinderfeuerwehr, Jugendfeuerwehr und schließlich vollwertiges Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Oft wird aber auch noch mehr daraus. Nicht wenige Kollegen haben den Mittelpunkt ihrer Freizeit irgendwann aus den verschiedensten Gründen zum Beruf gemacht.

Jonas zum Beispiel. Er war es leid, von seinem Chef auch im fünften Jahr als gelernter Orgelbauer wieder nur mit einem Jahresvertrag abgespeist zu werden. Planungssicherheit für die Gründung einer Familie war so nicht zu erreichen. Der Wechsel in einen anderen Betrieb war schwierig, Orgelbauerbetriebe gibt es nun mal nicht wie Sand am Meer. Als eine nahe gelegene Berufsfeuerwehr Nachwuchs suchte, wusste Jonas, was zu tun war. Dank 15 Jahren freiwilliger Feuerwehr wusste er, worauf er sich einließ. Den Schritt hat er nie bereut. Oder Tobias. Ihm wurde nach seiner Ausbildung zum Dachdecker sogar eine unbefristete Stelle angeboten, aber die Arbeit machte ihm einfach keinen Spaß. Klar, das Leben ist kein Ponyhof, aber auf Dächern herumzuturnen und dabei von der Feuerwehr zu träumen kann sogar gefährlich werden. Tobias hatte seit seinem zwölften Lebensjahr jede freie Minute bei der Löschgruppe seines Stadtteils verbracht, er würde lieber für die Feuerwehr auf Dächern herumturnen. Geschadet hat ihm die Ausbildung zum Dachdecker trotzdem nicht, denn ohne ein erlerntes Handwerk hätte ihn die Berufsfeuerwehr gar nicht erst eingestellt.

Wenn sich im Leben die Möglichkeit ergibt, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, sollte man die Gelegenheit auch ergreifen. Es gibt nicht viele Hobbys, die die Möglichkeit bieten, die eigene Berufung zum Beruf zu machen. Wenn man damit auch noch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, dann ist die Saat aufgegangen, die mit dem Hobby gelegt wurde.

GRUND NR. 5

Weil die Feuerwehr eine Sucht sein kann

Dem Autor ist durchaus bewusst, dass dieser Grund, die Feuerwehr zu lieben, durchaus etwas polarisieren könnte.

Erstens ist der Begriff »Sucht« sehr negativ besetzt – man denkt sofort an Heroin, Drogentote und bekiffte Jugendliche auf S-Bahnhöfen –, und zweitens haben die meisten Menschen, wenn man es genau betrachtet, nur sehr ungern mit der Feuerwehr zu tun. Zwar hat unsere Gesellschaft eine hohe Meinung von der Feuerwehr, aber Sätze wie »Wir haben uns so lange nicht gesehen, da hab ich mal das Wohnzimmer angezündet« hört man doch eher selten, von Abhängigkeit also keine Spur.

Vielmehr sind mit der Überschrift die Mitglieder der Feuerwehr gemeint. Natürlich kann und darf man auch hier nicht alle über einen Kamm scheren, aber es gibt durchaus Kollegen, egal ob bei der freiwilligen oder der Berufsfeuerwehr, die den Brandschutz zu ihrem erklärten Lebensmittelpunkt gemacht haben und deren Gedanken um nichts anderes kreisen.

Da wird keine Übung, kein Unterricht, und erst recht kein Kameradschaftsabend verpasst. Der Lieblingsfilm heißt Backdraft – Männer die durchs Feuer gehen. Die letzten beiden Wohnungsumzüge, wohlgemerkt im selben Ort, erfolgten nur, um näher am Gerätehaus zu wohnen, und der Urlaub wird damit verbracht, in Südeuropa Waldbrände zu löschen. Wenn es ganz schlimm kommt, werden selbst Ehefrau, Kinder und Kindeskinder dazu verdonnert, die einschlägigen Feuerwehrdienstvorschriften auswendig zu lernen.

Dieses suchtartige Verhalten, das vielleicht etwas schräg und verschroben anmutet, und von dem fast alle Kollegen sagen werden: »Ja … man kann auch alles übertreiben«, dieses Verhalten ist weiter verbreitet, als man denkt.

Wenn man sieht, dass erwachsene Männer vollkommen verzückt die Kindersendung Grisu anschauen, wenn man Zeuge wird, wie dieselben Männer an ihrem T-Shirt riechen, um noch einmal genussvoll den Brandrauch des letzten Feuers zu schnuppern, dann weiß man, dass die Feuerwehr mehr ist als bloßer Zeitvertreib oder reiner Gelderwerb.

Ich selbst betrachte mich nicht als Feuerwehrjunkie, aber spätestens nach drei Wochen Urlaub stelle auch ich erste Entzugserscheinungen fest. Es sind Äußerungen meiner Lebensgefährtin, die mich aufmerksam werden lassen. »Du bist unentspannt! Es wird Zeit, dass du wieder arbeiten gehst«, sagt sie dann, und sie hat recht.

Wenn ich darüber nachdenke, vermisse ich meine Kollegen; ich vermisse den Geruch der Wache; ich vermisse den Gong, der mich nachts aus dem Schlaf reißt; ich vermisse das Gefühl, nicht zu wissen, was in den nächsten zwei Stunden geschehen wird. Erzählen Sie das mal einem Arbeiter am Fließband oder einem Beschäftigten einer deutschen Großbank.

GRUND NR. 6

Weil die Feuerwehr ihre eigenen Helden hat

Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen werden gern als »Helden des Alltags« oder auch als »Helden von heute« bezeichnet. Dieses Kompliment ist schmeichelhaft – und trifft vielleicht sogar zu. Aber auch die Feuerwehr selbst kennt Menschen und Persönlichkeiten, zu denen sie aufschaut und die feuerwehrintern als »Helden« gelten.

Damit sind nicht die Hauptdarsteller gemeint, die in Spielfilmen wagemutig bis unrealistisch gegen das Feuer kämpfen, sondern eher Kollegen und Kameraden, die sich in besonderer Weise um die Feuerwehr verdient gemacht haben. Die allermeisten von ihnen sind und bleiben der Öffentlichkeit unbekannt. Das kann ein Einsatzleiter sein, der durch seine Entscheidungen eine Stadt vor einer größeren Katastrophe bewahrt hat. Das kann auch ein Gönner sein, durch dessen Zutun bessere Ausrüstung angeschafft werden konnte. Das können aber auch Truppmänner sein, die ihre Kameraden aus einer Gefahrensituation gerettet haben. Oder es sind Entscheidungsträger, die die Entwicklung der Feuerwehr ganz allgemein vorangetrieben haben.

Als Letzterer ist in Deutschland ganz bestimmt Ernst Achilles zu nennen, der als Chef der Frankfurter Feuerwehr sowohl als Brandschutzexperte und Sachverständiger als auch als Visionär in Feuerwehrkreisen von sich reden machte.

Der wohl weltweit bekannteste Feuerwehrmann beziehungsweise »Feuerwehrheld« ist wohl Paul Neal Adair, auch bekannt als »Red Adair«, der durch die zum Teil spektakuläre Brandbekämpfung von Gas- und Ölquellenbränden Berühmtheit erlangte.

Aber egal, ob es sich um eine Berühmtheit oder den unbekannten Florian Brand aus Feuerstadt handelt – die Feuerwehr muss nicht nach Helden suchen, die Feuerwehr bringt sie von ganz allein hervor.

GRUND NR. 7

Weil das Martinshorn in Feuerwehrohren manchmal wie Musik klingt

Den Begriff »Martinshorn« sollte ich kurz erläutern. »Martinshorn« ist eigentlich nur die umgangssprachliche Bezeichnung für den zwar korrekten, aber etwas hölzernen Begriff »Folgetonhorn«. Sie werden mir zustimmen, dass dieser Begriff etwas so Kraftvolles und Emotionales wie das Martinshorn nur unzureichend beschreibt.

Nebenbei, der Name »Martinshorn« rührt aus einer Zeit, als derartige Anlagen ausschließlich von einer Firma namens Martin produziert wurden, und hat sich bis heute als Begriff im Alltagsgebrauch gehalten. Heutzutage werden die Tonfolgen in verschiedenen Frequenzen für den Stadt- beziehungsweise Landbetrieb erzeugt. Hauptsächlich kommen dabei Kompressoranlagen mit Trompeten oder elektrische Lösungen mit Lautsprechern zum Einsatz.

»Akustische Warneinrichtung der Sondersignalanlage an Einsatzfahrzeugen« klingt umständlich, ist aber auch nur eine weitere viel zu nüchterne Umschreibung für die sich lautstark wiederholende Tonfolge a’–d’’.

Das erzeugte Geräusch lässt niemanden wirklich kalt. Passanten lassen ihre Fantasie spielen. Hat es einen Unfall gegeben oder brennt es beim Nachbarn? Brennt es bei mir? Habe ich den Herd ausgeschaltet? Hunde jaulen wie Wölfe in einer Vollmondnacht, Kinder schreien aufgeregt: »Tatütata«, Halbstarke rufen im Takt »Zu spät, zu spät«, Autofahrer werden aufmerksam, halten an, weichen aus oder würgen den Motor ab. Fußgänger halten sich erschrocken die Ohren zu. Mancher empfindet es als unnötigen Lärm und beginnt zu fluchen. »Muss Ihr Blaulicht so laut sein?«, erkundigt sich der ein oder andere vorwurfsvoll. Im Übrigen eine Frage, über die es sich nachzudenken lohnt.

Bei Einsatzkräften steigen durch das Martinshorn auf der Fahrt zur Einsatzstelle die Anspannung und der Adrenalinspiegel. Es kann aber umgekehrt auch beruhigen – Verstärkung ist unterwegs. Dann klingt es wie das Horn der berittenen Kavallerie, die den von wilden Indianern umzingelten Siedlern in ihrer Wagenburg zu Hilfe eilt.

Bei Feuerwehrangehörigen findet man bisweilen noch eine andere Reaktion auf Martinshörner. Stellen Sie sich kurz vor, wie der frisch gebackene Oberbrandmeister Matthias mit seiner angebeteten Brandmeisteranwärterin Beate verliebt Arm in Arm durch das Naherholungsgebiet am Stadtrand in Richtung Sonnenuntergang spaziert. In der Ferne hört man leise die Klänge eines Folgetonhorns. Ein Löschfahrzeug eilt zu einer brennenden Gartenlaube. Matthias drückt seine Beate zärtlich noch ein wenig fester an sich, schaut ihr tief in die Augen, hält einen Moment inne und flüstert dann mit sanfter sonorer Stimme: »Hör mal Schatz – sie spielen unser Lied …«

GRUND NR. 8

Weil Feuer auch eine faszinierende Seite hat

Ob nun durch den antiken Prometheus oder durch ein profanes frühzeitliches Gewitter mit anschließendem Waldbrand – wie das Feuer in die Welt kam, spielt eigentlich keine Rolle. Tatsache ist: Es brennt an allen Orten.

Aber was passiert eigentlich, wenn etwas verbrennt? Im Prinzip handelt es sich um die Reaktion zwischen einem brennbaren Stoff und Sauerstoff. Wissenschaftlich locker betrachtet, ist also auch das Rosten eines Stahlträgers eine Verbrennung, wenn auch eine sehr langsame. Interessanter wird es, wenn die Reaktion etwas schneller verläuft. Dann entwickelt sich unter Umständen so viel Energie, dass diese sogar als Flamme oder Glut sichtbar wird, und genau das ist der springende Punkt. Niemand von uns schaut einem Stahlträger beim Rosten zu, aber fast jeder starrt gebannt und fasziniert auf ein loderndes Lagerfeuer.

Auch wenn Feuer oft mit Zerstörung einhergeht und man es von daher meiden müsste wie der Teufel das Weihwasser, so hat der Mensch sich das Feuer im Laufe seiner Evolution doch zunutze gemacht. Feuer wärmt uns und unsere Wohnungen, es grillt unser Spanferkel, es hilft uns bei der Fortbewegung und beleuchtet unsere Welt. So weit der praktische Teil, aber auch emotionale Aspekte spielen eine große Rolle. Wer von Ihnen hat als Kind nicht mal heimlich gezündelt und sich dabei wie der Größte gefühlt? Für wen ist sanftes Kerzenlicht in der Dunkelheit nicht romantisch, ein prasselndes, flackerndes Kaminfeuer nicht gemütlich? Die Bedeutung des Feuers zeigt sich selbst in unserer Sprache. Für etwas »Feuer und Flamme sein«, für jemanden »die Hand ins Feuer legen«, jemandem »Feuer unterm Hintern machen«, oder »wie Feuer und Wasser sein«, die Zahl der flammenden Redewendungen ist riesig.

Auf den Menschen übte Feuer seit jeher eine fast magische Anziehungskraft aus. Das ist verständlich, schließlich hat es uns über Jahrtausende gewärmt und vor wilden Tieren geschützt, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass wir uns bis in die heutige Zeit gern ums Feuer versammeln. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob es sich um das Grillfeuer des Nachbarn handelt oder gerade sein gesamtes Einfamilienhaus lichterloh in Flammen steht. Hauptsache, es brennt.

An dieser Stelle kommt so langsam die Feuerwehr ins Spiel. Auch wenn man nach dem bisher Gelesenen mit Pyromanen und ihrer Begeisterung für das Feuer fast schon Mitgefühl zeigen möchte, wird offenes Feuer völlig zu Recht nicht mehr immer und überall akzeptiert. Völlig egal, ob das Feuer nun von einem Brandstifter gelegt wurde oder ob es sich selbstständig aus einer mehr oder weniger geeigneten Feuerstelle befreit hat, es muss gelöscht werden. Die unkontrollierte Ausbreitung von Feuer ist einfach zu gefährlich. Fragen Sie mal die Bewohner des alten Rom, die vom 19. bis 26. Juli 64 nach Christus zu Hause waren.

Feuer ist leidenschaftlich, es hat Kraft, Dynamik und unbändige Energie, es ist aber auch rücksichtslos und unerbittlich, es zerstört und fasziniert zugleich. Immer und bei jeder Gelegenheit fordert es Respekt, und nur wer Respekt vor dem Feuer hat, wird es auch überleben. Ein Kollege sagte einmal: »Feuer – das ist eine schreckliche Schönheit.« Besser kann man es wohl kaum beschreiben.

KAPITEL 2

DAS 112-UNIVERSUM

GRUND NR. 9

Weil 24-Stunden-Dienst eine feine Sache ist

Was für viele Menschen grausam klingt, ist in Wahrheit ein Segen. Fragen Sie doch mal in Feuerwehrkreisen, wie viele Kollegen den 24-Stunden-Schichtdienst aufgeben wollen. Ich behaupte hier, ohne es beweisen zu können: Nicht mehr als fünf Prozent der Wehrleute würden sich für eine Abschaffung des genannten Schichtmodells aussprechen.

Warum das so ist? Ein weit verbreitetes Klischee besagt, dass alle Feuerwehrleute Nebenjobs haben, und diese mit besagtem 24-Stunden-Dienst gut zu organisieren sind; schließlich arbeitet man in einem solchen Modell nur an acht bis zehn Tagen im Monat. Seien Sie versichert: Das ist nicht der wahre Grund. Obwohl nebenberufliche Tätigkeiten selbstverständlich legitim sind – es sind andere Gründe, die die Arbeit im 24-Stunden-Rhythmus wirklich attraktiv machen.

Denken Sie mal über den tatsächlichen Freizeitwert nach. Freizeit ist nicht gleich Freizeit! Besuchen Sie doch mal samstagabends die Sauna oder das Spaßbad oder den Zoo am Sonntagnachmittag bei schönem Wetter – Menschen über Menschen! Wenn Sie halbwegs bei Verstand sind, dann wollen Sie da nicht hin! Sie wollen der Menschenmasse entfliehen. Sie wollen weg! Sie wollen während des kostenpflichtigen Schwitzens Ihr Handtuch nicht mit mindestens zwei Unbekannten teilen. Sie legen keinen Wert darauf, plärrende Gören in Begleitung ihrer alternativ angehauchten, antiautoritären Eltern im Nichtschwimmerbereich kennenzulernen. Mitnichten wollen Sie in der engen, lauten Menge stehen, die versucht, einen Blick auf den seltenen Sumatratigernachwuchs zu ergattern.

Ja, dann gehen Sie doch einfach montagabends in die Sauna oder dienstags nachmittags in den Zoo. Ach, Sie müssen dann arbeiten, wie alle anderen auch?! Dann kommen Sie doch zur Feuerwehr! Da ist Ihre Freizeit einfach besser verteilt.

Natürlich will ich kleine Nachteile nicht verhehlen. Es kann vorkommen, dass Sie mal an Silvester ran müssen oder am Heiligen Abend. Die Erwartungshaltung der Gesellschaft setzt voraus, dass auch an solchen Tagen der gewohnte Brandschutz zur Verfügung steht. Aber seien wir mal ehrlich: Wie viele von uns würden an Weihnachten nicht gern arbeiten. Erstens gibt es Feiertagszuschläge, und zweitens entkommt man der buckligen Verwandtschaft.

Ein weiterer großer Vorteil des 24-Stunden-Diensts ist das Verhältnis zu den Kollegen. Der Satz »Wer Kollegen hat, braucht keine Feinde« ist zwar auch in Feuerwehrkreisen zu hören, und mit Sicherheit ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber dennoch ist das Miteinander ein besonderes. Wer zusammen kocht, zusammen Sport treibt oder sogar im selben Zimmer schläft, der kennt sich. Wenn man dann noch gemeinsam durchs Feuer geht – dann sind die Menschen, die einen umgeben, schnell mehr als nur Kollegen. Eine Grundlage für dieses besondere Gemeinschaftsgefühl ist die lange Zeit, die man am Stück miteinander verbringt. Gepriesen sei der 24-Stunden-Dienst. Ohne ihn wäre die besondere Kameradschaft bei der Feuerwehr undenkbar, und ohne Kameradschaft wäre die Feuerwehr undenkbar. Ein hohes Gut, das es zu schützen gilt!

GRUND NR. 10

Weil die Ausbildung eine wirklich spannende Zeit ist

Aller Anfang ist schwer, aber wie schrieb Hermann Hesse in seinem Gedicht Stufen so schön: »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt, und der uns hilft zu leben.«

Wenn ich an meine ersten Stunden bei der Berufsfeuerwehr zurückdenke, läuft es mir noch heute kalt den Rücken herunter. Am ersten Tag betrat unser zukünftiger Ausbilder den Raum, musterte uns, schwieg dann eine Weile und begrüßte uns schließlich mit den Worten: »Guten Tag, meine Herren. Machen Sie sich mit dem Gedanken vertraut, dass Sie ab heute einer paramilitärischen Einheit angehören!« Hatte ich richtig gehört? Paramilitärische Einheit? Ein Kloß machte sich in meinem Hals breit. War ich der Bundeswehr entronnen und hatte Zivildienst geleistet, um jetzt doch noch einem verkappten »Drill-Instructor« im Feuerwehrkostüm zum Opfer zu fallen? Ich hatte durchaus Sorge.

Ganz so schlimm kam es aber nicht. Der besagte Ausbilder verlebte seine letzten Feuerwehrtage und wurde vier Wochen später pensioniert. Aber in diesem ersten Monat meines Feuerwehrlebens habe ich mich des Öfteren gefragt, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte oder ob ich bei der Feuerwehr nicht doch fehl am Platz war.

Unser Lehrgang bestand damals ausschließlich aus Jungs. Alles Kerle mit Eiern, von denen die meisten – durch die freiwillige Feuerwehr – schon über eine gewisse Vorbildung verfügten. In den ersten Tagen verstand ich nicht das Geringste, wenn diese Jungs sich unterhielten. LF, ATr, oder FwDV – alles Fremdworte. Die erste Aufgabe bestand also darin, eine völlig neue Sprache zu lernen, die mit meiner Muttersprache nur wenig zu tun hatte.

Die Ausbildung nahm ihren Lauf. Neben ersten praktischen Übungen, die zum Ziel hatten, sich mit der feuerwehrtechnischen Ausrüstung möglichst nicht selbst zu verletzen, stand auch nicht erwartete Theorie auf dem Stundenplan. Chemie, Physik, Staatsbürgerkunde oder Ortskunde, um nur einige Fächer des Lernzielkatalogs aufzuzählen, mit denen ich nicht gerechnet hatte.

Vor der Ausbildung bei einer Berufsfeuerwehr bereits Mitglied in einer freiwilligen Feuerwehr gewesen zu sein, hat übrigens nicht nur Vorteile. Zwar verfügt man schon über eine Menge Fach- und Hintergrundwissen, aber die Latte liegt von Anfang an auch wesentlich höher. »Das wissen Sie also auch nicht!«, war der demoralisierende Lieblingssatz eines Ausbilders, wenn ein freiwilliger Kollege etwas nicht wusste. Als blutigem Anfänger wurde einem die Wissenslücke eher verziehen, da hieß es dann eher: »Woher sollen Sie es auch wissen! Aber denken Sie immer daran: Alles, was Sie wissen, das wissen Sie von mir!«

Im Nachhinein muss ich sagen: Damals wusste ich wahrscheinlich wirklich nicht viel mehr, als dass die Feuerwehr große rote Autos fährt, die blaue Lampen auf dem Dach haben. Vor allem wusste ich nicht wirklich, was mich in der Ausbildung noch alles erwarten würde.

Zum Beispiel das »Hofballett«. »Hofballett« war die schöne Umschreibung für das Einüben eines geordneten Löschangriffs: »Angriffstrupp, zur Brandbekämpfung, mit erstem C-Rohr, ins zweite Obergeschoss über die vierteilige Steckleiter vor!«, dröhnte es aus einem Ausbilder, und nach kurzer Wiederholung des Befehls startete die Choreografie von Angriffs-, Schlauch- und Wassertrupp. Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht glaubt: Feuerwehr hat viel mit Ballett gemeinsam. Zwar beherrschen die wenigsten Kollegen eine Arabesque, aber jeder kennt Konzentration, Disziplin und Übung. Okay, okay, die Feuerwehr trägt anderes Schuhwerk.

Arbeiten unter Chemikalienschutzanzügen, Leitersteigen, Umgang mit Kettensägen und anderem schweren Werkzeug, meine erste Wärmegewöhnung – wie heiß wird es eigentlich im Feuer … Mein erstes Feuer in einem sogenannten »Brandhaus«. Alles extrem spannende Dinge innerhalb der Ausbildung, die sehr viel Spaß gemacht haben und von denen ich vorher keine Ahnung hatte. Das Lernen in der Gruppe hat das Übrige dazugetan, es hat einen besonderen Teamgeist geschaffen. Jeder hat geholfen, war aber während der Ausbildung irgendwann auch auf die Hilfe der Gruppe angewiesen – eine wichtige Erfahrung, nicht nur für die Arbeit bei der Feuerwehr.