99 Fragen an - Moritz von Uslar - E-Book

99 Fragen an E-Book

Moritz von Uslar

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Beschreibung

Jetzt mit einer Frage weniger: Moritz von Uslar setzt sein Hit-Interviewformat fort und stellt 99 Fragen. 100 Fragen an ... , das Erfolgsformat im SZ-Magazin, erschien 2004 als Buch und wurde zum hochgelobten Bestseller. Damit hätte man es bewenden lassen können. Aber nach seinem Wechsel zum Zeit-Magazin wurde der alte Hit einfach neu aufgelegt – und subtil weiterentwickelt. So strich von Uslar eine Frage und feilte an der Technik. Fortan galt: Genug der Hektik, wir nehmen uns die Zeit, lassen die Leute auch mal ausreden. Das Ergebnis: eine Intellektualisierung des Schnellfeuer-Formats, die auch bei der Auswahl der Interviewpartner durchschlug. Mehr Geist und Hochkultur, weniger Boulevard, also Hans-Magnus Enzensberger, Werner Herzog, David Hockney, Peer Steinbrück – und trotzdem auch Diane Kruger, Jeff Bridges, Anna Netrebko, Marc Jacobs, Harry Belafonte , Michael Stipe, Mark Wahlberg. Am Ende dann das legendäre Nicht-Gespräch mit Frank Castorf. Wie immer dabei: Geistesgegenwart, Schlagfertigkeit, Improvisationskunst – Fähigkeiten, über die Moritz von Uslar wie kein zweiter Interviewer verfügt. Ein großes Lesevergnügen mit hohem Erkenntniswert!

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Seitenzahl: 367

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Moritz von Uslar

99 Fragen an

Mehr braucht kein Mensch

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Moritz von Uslar

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Hinweis zu den TextenWidmungDer Star-InterviewerHans Magnus EnzensbergerEnrique IglesiasPhil CollinsChristine NeubauerJeff BridgesMichael StipeMarc JacobsKlaus WowereitAndreas BaumHelmut DietlAnna NetrebkoDiane KrugerHarry BelafonteDavid HockneyPeer SteinbrückMark WahlbergWerner HerzogFrank CastorfCyprien GaillardBarbara SchönebergerDanksagung
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Die in diesem Buch versammelten Texte erschienen zuerst im ZEITmagazin.

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Für Coco und Carl

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Der Star-Interviewer

Als Moritz von Uslar 2010 vom SZ-Magazin zum ZEITmagazin wechselte und wir uns zum Mittagessen trafen, stand die Frage natürlich sofort im Raum: Würde er, der Autor der legendären »100 Fragen«, die Interviewreihe bei uns im Magazin weiterführen? Geht so etwas überhaupt? Eigentlich nicht, sagten wir uns. Eigentlich. Andererseits: Wäre es nicht ein Jammer, für ihn – und für uns, seine Leserinnen und Leser?

Es ist nicht vielen Journalisten vergönnt, ein eigenes, unverwechselbares Format erfunden zu haben, das jeder sofort mit ihnen verbindet. Moritz von Uslar – das ist der Interviewer, der die Fragen stellt, die sich sonst keiner zu stellen traut, direkt, gleichermaßen unverschämt wie erhellend, auf Augenhöhe selbst mit internationalen Stars. Der keine Angst vor Oberflächlichkeit hat, weil er weiß, dass eben dort, auf der Oberfläche, Wahrheiten liegen. Der uns mit seinem inneren Monolog nicht nur an der Begegnung mit dem Prominenten teilhaben lässt, als wären wir selbst dabei, sondern auch von seiner eigenen Haltung zur Welt erzählt. Der aus dem journalistischen Handwerk des Fragenstellens längst eine eigene Kunstform entwickelt hat, die einen bei der Lektüre dazu bringt, unvermittelt loszulachen: Jeder Uslar-Leser hat das schon einmal erlebt, zu Hause, in der U-Bahn, im Zug, am Flughafen.

Aus den »100 Fragen« wurden also »99 Fragen«. Denn: »Mehr braucht kein Mensch«, wie es der Autor selbst formuliert hat. Seitdem erscheinen sie im ZEITmagazin, in diesem Buch sind sie versammelt.

Erfunden hat Moritz von Uslar das Format gemeinsam mit Christian Kämmerling, in den Neunzigerjahren Chefredakteur des SZ-Magazins. »Die Stars geben Journalisten immer weniger Zeit, um relevante Fragen zu stellen. Eine traurige Realität«, hat Kämmerling über die Entstehung einmal geschrieben. »Unsere Reaktion: Dann stellen wir den Stars doch möglichst viele irrelevante Fragen. Zum Beispiel 100 Fragen in 15 Minuten. Könnte lustig sein. Moritz von Uslar war der perfekte Mann für diese Aktion.«

Er ist es bis heute, und er hat das Format weiterentwickelt: Er befragt nicht mehr ausschließlich die Diane Krugers und Mark Wahlbergs dieser Welt, sondern auch die David Hockneys und Hans-Magnus Enzensbergers (»Lebensprinzip Seitenscheitel?«, »Sind Sie, wie viele Intellektuelle, Fan der Wirtschaftskrise?«, »Vermissen Sie die goldenen Zeiten, als es für einen Spiegel-Essay 20 000 Mark gab?«). Ganz gleich, ob Uslar einer Fernsehmoderatorin oder Deutschlands bekanntestem Intellektuellen gegenübersitzt – bei seinen Interviews knallt und funkelt es, es brennen wahre Geistes-Feuerwerke ab. Hochkultur und Hollywood, Kunst und Unterhaltung.

Das heißt natürlich nicht, dass mit der Hochkultur alles unkompliziert wäre. Regisseur Frank Castorf, der Mick Jagger des deutschen Theaters, sagte mit klassischer Rockstar-Attitüde einen lange vereinbarten Interviewtermin im Vorfeld der Bayreuther Festspiele kurzfristig ab. Da hatten wir nicht nur bereits die Fotos vorliegen, mit denen wir das Interview illustrieren wollten; Uslar, der für die profunde Vorbereitung seiner Interviews bekannt ist, hatte auch seine 99 Fragen längst formuliert. Und so erschienen sie ohne Castorfs Antworten, begleitet nur vom kursiv gedruckten, inneren Monolog des Interviewers. Dabei entstand ein ungewöhnliches Porträt eines ungewöhnlichen Künstlers. Als Uslar zwei Tage nach Erscheinen der ZEITmagazin-Ausgabe Castorf in Berlin zufällig über den Weg lief, meinte der Regisseur, er habe sich bei der Lektüre herrlich amüsiert.

Moritz von Uslar lässt jetzt, auch das ist eine Neuerung, seine Interviewpartner auch mal ausreden. Wahre Legenden wie Harry Belafonte (»Wie war es als erster Mensch auf dem Mond?«, »Mit 85 Jahren – sind Sie verwundert, dass es Sie immer noch gibt?«) und Werner Herzog (»Ist das für Sie wichtig, sich morgens extra nicht die Haare zu kämmen?«, »Selbst überrascht darüber, wie berühmt Sie mittlerweile in den USA sind?«) dürfen in fast schon epischer Breite ihr ganzes Leben erzählen. Der Interviewer hat damit aus einer neuen Realität wieder einmal das Beste gemacht. Denn wenn es schon in den Neunzigerjahren kompliziert war, internationale Stars länger als eine Viertelstunde zu interviewen, um etwas über sie zu erfahren, was man noch nicht weiß, ist es heute oft gar nicht mehr möglich.

Früher waren Superstars auf Interviews angewiesen, um sich ihrem Publikum zu präsentieren. Heute nutzen sie Facebook, Twitter und andere soziale Medien, um sich mitzuteilen. Madonna ist jetzt auf Instagram. David Bowie gab bei seinem Comeback kein einziges Interview – er hatte iTunes und YouTube als PR-Kanal. Und selbst die Kanzlerin, die das Internet als »Neuland« bezeichnete, hat ihr eigenes Videoblog, um sich regelmäßig direkt an die Öffentlichkeit zu wenden.

Moritz von Uslar hat aber auch auf ganz andere Weise auf diese Veränderung reagiert: Er stellt seine »99 Fragen« jetzt regelmäßig live auf der Bühne. Durch die Digitalisierung und Individualisierung unseres Alltags ist die Sehnsucht nach gemeinsamem Erleben gestiegen: Nie gab es mehr Popmusikkonzerte als heute. Und auch Moritz von Uslars Publikum kann nun live erleben, was passiert, wenn er etwa Daniel Kehlmann oder Peer Steinbrück (»Verstehen Sie, wenn die Leute ein bisschen Angst vor Ihnen haben?«) interviewt. Mit diesen Gesprächen ist er dann nicht mehr ausschließlich im ZEITmagazin, sondern auch auf YouTube zu erleben. Warum sollte es der Star-Interviewer anders machen als die Stars, die er interviewt? Und ganz nebenbei hat Uslar so mit einem Mythos aufgeräumt, den so mancher Kollege früher gern verbreitet hat: dass seine Fragen in Wirklichkeit gar nicht so frech gestellt würden und erst im Nachhinein, beim Aufschreiben des Gesprächs, verschärft würden. Nein, Moritz von Uslars Sound ist auch live unverwechselbar Moritz von Uslar: klug, lustig, furchtlos – und sehr gut gelaunt.

 

Christoph Amend, ZEITmagazin-Chefredakteur, im Frühjahr 2014

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Hans Magnus Enzensberger

Er hat – natürlich – erst einmal keine Lust. Am Telefon lässt er auf die Interviewanfrage den typischen Enzensberger-Singsang hören, rhetorische Abwehrvolten, Ausweich- und Ablenkungsmanöver, die in ihrem Charme, ihrer Absurdität und freundlichen Verspieltheit praktisch unerwiderbar sind (»Warum reden Sie nicht mit Ihrer Reinigungsfrau? Ihre Reinigungsfrau ist schlau, die weiß alles«). Dann sagt er: »Kommen Sie halt. Wenn’s langweilig wird, dann hören wir auf.«

Das ist doch eine schöne Verabredung. Wenn es einen gibt, mit dem man noch einmal alles, wirklich alles besprechen möchte – die Politik, die Krisen, den großen Bla im öffentlichen Raum –, dann ist es er: Enzensberger, Lyriker und Essayist, der Frische, Helle, Lichte. Wie kein Zweiter in der Geschichte der Bundesrepublik steht er für das Denken mit dem gesunden Menschenverstand. Im November letzten Jahres ist der große Helle achtzig geworden und hat zu der Gelegenheit noch einmal entschlossen nichts gesagt.

Seine Arbeitswohnung liegt in München-Schwabing, Fußnähe zum Englischen Garten, in einem spektakulär unschönen Haus (Postmoderne, Siebzigerjahre). Er steht gleich derart angenehm zögerlich, fast verloren in seiner Wohnung herum, als wäre es nicht sein Zuhause. Klassizistische Möbel. Bücherwände. Bücherstapel. Seine lange, elegante Erscheinung. Er breitet die Arme aus. Schließt sie wieder. Bittet an den Tisch. Er ist ja auch Interview-König. Die gesammelten Enzensberger-Gespräche sind als Suhrkamp-Taschenbuch (»Zu große Fragen«) erschienen. Also besser: nicht so große Fragen. Wir machen den schönen Trick, ihm so unendlich große und breite Fragen zu stellen, dass er darauf alles antworten kann.

Plauderstunde mit Hans Magnus Enzensberger. Nebenan in der Küche strömt das Leitungswasser aus dem Hahn, es soll an diesem Sommertag auf Trinktemperatur abkühlen. Strömendes Leitungswasser: brutal irritierend. Aschenbecher, Zigaretten, Wegwerffeuerzeug. Noch brennt keine Zigarette. Sein kreisrunder Kopf, die sprichwörtlich hellwachen Augen. Er freut sich jetzt schon. Über was, um Himmels willen, freut er sich? Grinsender Enzensberger: Wenn er grinst, kräuselt sich sein schlauer Mund. Zum Warmwerden ein paar Entweder-oder-Fragen. Entweder-oder: immer gut.

1 Bier oder Wein?

Bier macht mich müde.

2 Bach oder Beethoven?

Gerne eine Partita.

3 Blackberry oder iPhone?

Kein Handtelefon.

4 Das Wasser lieber mit oder ohne?

Nur aus dem Hahn. Das Münchner Leitungswasser ist ja ausgezeichnet. Flaschen schleppen, das gibt’s bei mir überhaupt nicht.

5 Lieber den salzigen oder den süßen Snack?

Das Wort Snack ist mir fremd. Aber wenn Sie eine Mousse haben, gerne.

Eine Mousse! Unverändert grinsendes Gesicht. Der Enzensberger-Singsang: Er singt Bayerisch mit fränkischen Untertönen (in Kaufbeuren geboren, in Nürnberg aufgewachsen). Das Wasser in der Küche strömt unaufhaltsam: ström, ström. Noch einmal: Der Enzensberger-Kopf ist die totale Freude. Das Kreisrunde (Kopf) passt gut zum Langen (Körper). Unter der Tischplatte faltet er die Beine zu sagenhaften Schlangenlinien. Es ist, als hielte sich seine Denkfreude nicht nur in seinem Kopf, sondern in seinem ganzen Körper auf.

6 Können Sie ausschließen, dass wir uns gerade auf einer Dachterrasse befinden?

Es gibt hier einen Balkon. Da können Sie draußen in der Sonne sitzen, wenn Sie wollen. Ich bin lieber im Schatten.

7 Können Sie jetzt sagen, wo sich der Kellerschlüssel befindet?

An einem Schlüsselbund. Vermutlich. Ich könnte das, wenn Sie darauf bestehen, natürlich nachprüfen.

8 Wo liegt noch mal Kaufbeuren?

Im Voralpenland, im bayerischen Allgäu. In einer Moränenlandschaft, an der Wertach.

9 Wo liegt noch mal New York?

Das wissen Sie nicht? Oder wollen Sie mich verblüffen mit der Mitteilung, dass New York etwa auf dem Breitengrad von Neapel liegt?

10 Wie lang brauchen Sie von Ihrer Münchner Wohnung nach Italien?

Zu Fuß ist es mir zu weit. Jedenfalls ist mein Italien nicht die Toskana.

Er steht auf, kehrt aus der Küche mit zwei blauen Gläsern zurück, mit Leitungswasser gefüllt. Der Wasserstrom ist gestoppt. Er nimmt eine Zigarette mit beiden Händen, rollt sie zwischen den Fingern hin und her, guckt. Er hat das Prinzip dieses Gesprächs natürlich sofort begriffen: Gesprächsvermeidung à la Enzensberger. Es muss nichts mehr gesagt werden. Denn: Es ist ja schon alles gesagt. In den ausgesparten, nicht den ausgesprochenen Gedanken hält sich der Geist auf. Beim Nichtssagen kommt es darauf an, immer den Hauch einer Möglichkeit zu lassen, dass gleich doch etwas Bedeutendes gesagt werden könnte – so entsteht Spannung. Wir müssen nun gemeinsam durch eine etwas langweilige Landschaft hindurch: die Politik.

11 Wann ist noch mal die nächste Bundestagswahl?

Wenn die Koalition auseinanderknallt, gibt es vermutlich vorgezogene Neuwahlen.

12 Warum muss man Merkel einfach gernhaben?

Ihr Charme ist hartnäckig. Die Medien bilden sich ein, sie könnten die Kanzlerin wegschreiben. Aber das ist eine schwer besiegbare Person. Die Pfarrerstochter aus dem Osten? In der hat sich schon Helmut Kohl getäuscht.

13 Ihr Kurzkommentar zum zukünftigen Kanzler Sigmar Gabriel?

Den kenne ich gar nicht.

Übers ganze Gesicht strahlender Enzensberger! Klar, das macht Freude, den SPD-Vorsitzenden für einen Moment lang nicht zu kennen.

14 Was lesen Sie im Gesicht des Bundespräsidenten?

Gekonnte Unauffälligkeit.

15 Was sagt es über unseren Bundespräsidenten, dass sein Lieblingsbuch »Der kleine Prinz« ist?

Ach. So etwas kann doch jedem mal passieren.

16 Über welches Talent verfügt Ihr Gemüsehändler, über das Guido Westerwelle nicht verfügt?

Natürlich über enorme Kompetenz! Man muss da allerdings von Fall zu Fall unterscheiden. Es gibt ja auch unfähige Gemüsehändler. Unserer kennt sich aus. Am Elisabethmarkt gibt es außerdem einen guten Fischhändler und einen exzellenten Käsestand. Der Viktualienmarkt ist zu teuer.

17 Mit welchem Mitglied der Bundesregierung könnte man wohl am ehesten einen vergnügten Abend verbringen?

Können Sie sich alle Minister merken? Da wäre ich überfragt. Manchmal kriegt man solche Einladungen mit einem goldenen Wappen drauf: Essen mit dem Präsidenten von Ghana. Dann sitzt man mit dem zuständigen Siemens-Vertreter am Katzentisch. Den Flug bezahlt das Auswärtige Amt. Das ist gut für die Lufthansa, aber nicht für mich.

18 Einverstanden, dass die Grünen die anstrengendste Partei sind?

Die Grünen sind ein wenig langweilig, aber nicht so schlimm. Es ist doch ein Vorzug der deutschen Innenpolitik, dass sie so langweilig ist. Zum Beispiel ihr Reformeifer. Schul-, Renten- oder Gesundheitssysteme, die gehören ja zur Klasse der unlösbaren Probleme. Wenn in den Nachrichten von der Gesundheitsreform die Rede ist, schalte ich den Ton ab.

19 Koch, Mixa, Köhler, von Beust, welcher ist Ihr Lieblingsrücktritt?

Der Ole von Beust war doch ganz gut. Und dass Herr Köhler es satthatte, kann ich verstehen.

20 Im Vergleich zu, sagen wir, 1960: Ist die Politik insgesamt langweiliger geworden?

Noch langweiliger? Das glaube ich nicht.

21 Wie geht’s denn nun der deutschen Mittelklasse?

Letzten Endes landet man bei solchen Fragen bei einer Statistik. Und der glaubt doch sowieso niemand.

22 Wie lautet Ihr Widerspruch zu dem Trostlossatz »Alle Politiker sind korrupt«?

Die politische Klasse in Deutschland ist bescheiden. Ein Freiflug, ein Ausflug mit dem Dienstwagen, schon regt sich die Presse auf. In Frankreich, wo die Kuverts dicker sind, macht man sich lustig über diese Kleinigkeiten. Jeder Devisenhändler verdient doch mehr als die Bundeskanzlerin.

23 Wie lautet Ihr Widerspruch zu dem Satz »Der SPD fehlt das Personal«?

Vielleicht fehlt der SPD der Butler.

24 Sind Sie politikverdrossen?

Meine Vorliebe für die Politik hält sich in Grenzen.

25 Hängt Ihnen die Politikverdrossenheit auch so zum Halse raus?

Der Begriff der Politikverdrossenheit verdrießt mich.

26 ARD, »Bild«-Zeitung oder »FAZ«, welches Medium tut wohl am meisten für die Politikverdrossenheit?

Sie zu erzeugen gehört zum Businessplan aller Medien. Wir sind darin geübt, ihre Zumutungen zu ertragen, nicht nur, was die Politik betrifft. Der Sport ist schlimmer. Ganze Wochen, in denen sich die Fifa oder das IOC als Weltregierung aufspielt. Wenn Sie so wollen: Nach dieser Fußballweltmeisterschafts-Übung bin ich fußballverdrossen.

27 Stehen wir mit dem Rücken zur Wand?

Welcher Wand?

Er zieht die Augenbrauen hoch. Macht seinen Mund. Das hat ihm bis hierher, offensichtlich, mäßig Spaß gemacht. Er raucht noch immer nicht, wiegt die Zigarette in der rechten Hand. Des Enzensbergers belustigtes Gesicht ist natürlich auch eine Höflichkeitstaktik, und was ist Höflichkeit anderes als der wohlmeinende Versuch, zur Unzulänglichkeit seines Gegenübers eine Distanz einzunehmen, in der es erträglich wird miteinander. Jetzt muss vom Interviewer mehr kommen. Taktik für die nächsten zwanzig Fragen: Wir öffnen. Noch größere Fragen. Gesprächsthema »Die Zeit, in der wir leben«.

28 In einer weltweiten Umfrage wurde Deutschland gerade zum beliebtesten Land der Welt gewählt. Und nun, Herr Enzensberger?

Das klingt ja toll. Wer das wohl erfunden hat?

29 Wie war’s eigentlich in Westnorwegen?

Ich habe da einige Jahre gelebt. Ein Hauptwunsch von jemandem meiner Generation war natürlich: nichts wie raus hier! Ich habe mir gedacht: Es gibt im Norden mehr Platz als bei uns. Beliebige Mengen von Natur. Die Leute sind angenehme Hinterwäldler. Außerdem ist das Land nicht so weit weg wie Neuseeland.

30 Wie lautet Ihre Kritik an der Deutschen Bahn?

Das Deutsche-Bahn-Kritisieren – noch so ein Volkssport, an dem ich nicht teilnehme. Der Zug ist ja, im Gegensatz zum Flugzeug, immer noch ein relativ zivilisiertes Verkehrsmittel. Leibesvisitationen finden dort nicht statt. Man wird nicht angeschnallt, man kann aus dem Fenster schauen.

31 Hat man als älterer Herr jetzt eigentlich Angst in der Münchner S-Bahn?

Woher denn?

32 Was fühlen Sie, wenn einer neben Ihnen eine Deutschlandfahne schwenkt?

Bei all diesen Ereignissen und Pseudoereignissen ist der Lärm lästig.

33 Wird’s echt immer wärmer, oder bilden wir uns das ein?

Was sagt die Großmutter dazu? Sie erzählt von Wolkenbrüchen, Hagel, Überschwemmungen und Stürmen, von heißen Sommern und eisigen Wintern. Ich lehne es ab, mich übers Wetter zu ärgern.

34 Welcher bedeutende Satz über Europa muss unbedingt noch gesagt werden?

Europa ist eine Tatsache. Das genügt.

35 Sind Sie – wie viele Intellektuelle – Fan der Wirtschaftskrise?

Ich habe mich mal mit einem deutschen Emigranten beschäftigt, der in London gelebt hat: dem Doktor Marx. Der hat das Betriebssystem des Kapitalismus beschrieben, nach Maßgabe der damaligen Umstände. Krisen gehören zum Betriebssystem, ohne sie könnte es nicht funktionieren. Wenn man eine Wirtschaft wie die unsere haben möchte, muss man das in Kauf nehmen. Im Übrigen gibt es ja auch Leute, die nicht nur beim Boom, sondern auch beim Crash verdienen. Das ist unangenehm, aber es ist nicht der Weltuntergang. Mit der Apokalypse kann ich nicht viel anfangen.

36 Welche vielleicht ganz unbedeutende Kleinigkeit haben Sie in den letzten zehn Jahren über Afghanistan gelernt?

Ich bin auch in diesem Fall der Ignorant. Ich war nie in Afghanistan. Aber: Eine flüchtige Kenntnis der Vorgeschichte dieser Weltgegend genügt, um zu sehen, wie die großen Imperien, die Briten, Russen, Perser – die Inder hatten Aspirationen –, dort gescheitert sind. Niemand ist dort ohne Blessuren herausgekommen. Ich glaube aber auch: Am schlimmsten ist Afghanistan für die Afghanen.

37 Kannten Sie Gerold Becker, den langjährigen Direktor der Odenwaldschule, persönlich?

Nein.

38 Ihr Eindruck von Boris Beckers derzeitiger Ehefrau Lilly Kerssenberg?

Von dieser Dame habe ich noch nie gehört.

39 Ist Claudia Kleinert vom Wetter die schönste Frau im Land?

Leider weiß ich auch in diesem Fall nicht, wer das ist. Es gibt eben unendlich große Flächen der Ahnungslosigkeit. Eine Frage, die viele Leute beschäftigt, heißt zum Beispiel: Wer ist der beste Friseur in München? Wieder andere Leute hören »Plasmaphysik«, und da ist Ebbe. Ich kann mir zum Beispiel die Namen von Schauspielern nur ganz schwer merken.

40 Bleiben wir noch ein bisschen bei den Ihnen Unbekannten – es macht ja trotzdem Spaß. Wie lautet Ihre Liebesbotschaft an Lena Meyer-Landrut, die in diesem Jahr den Eurovision Song Contest gewonnen hat?

Wieder Fehlanzeige. Aber das ist doch schön für Frau Landrut! Nachträglich meinen Glückwunsch.

Die Zigarette liegt nun wieder auf dem Tisch. Er raucht nicht. Spannung. Keine Ahnung, worauf er wartet. Was fehlt dem Raucher Enzensberger, der das Anzünden seiner Zigarette so beharrlich hinauszögert?

41 Was ist noch mal das Tolle an der eulerschen Zahl?

Jede Zahl hat mindestens eine Eigenschaft, die sie von anderen Zahlen unterscheidet. Das sagen wenigstens die Zahlentheoretiker. Nur sind diese besonderen meistens nicht besonders wichtig. Anders ist das bei Zahlen, die fundamental sind: Ohne die Zahl π kann kein Kreis beschrieben werden. Ohne die eulersche Zahl e können Sie Wachstumsprozesse nicht berechnen, und ohne die imaginäre Zahl i sind Sie arm dran, wenn Sie eine Turbine konstruieren wollen.

42 Welches Gebilde beschreibt der mathematische Fachbegriff der Enzensberger-Fläche?

Das ist eine charmante, aber ganz nebensächliche Geste vonseiten der Mathematischen Gesellschaft. Da gab’s mal einen, der hat eine Mannigfaltigkeit, eine geometrische Funktion, beschrieben. Wenn man die visualisiert, also räumlich umsetzt, entsteht ein sternförmiges Objekt. Für irgendwelche angeblichen Verdienste haben die dieses Ding nach mir benannt – anstelle eines Preises. Ich bin ja kein Mathematiker, ich finde das nur amüsant.

43 Traumjob Schriftsteller?

Ich bin mit meinem Beruf ganz zufrieden. Ich habe keinen Chef. Außerdem habe ich Glück gehabt. Ich bin nie eingesperrt, nie zensiert worden.

44 Buchverleger oder Zeitschriftenverleger, welchen Beruf empfehlen Sie?

Keinen der beiden. Die meisten Leute müssen, wenn sie so etwas machen, ins Büro gehen. Das konnte ich vermeiden. Ich arbeite ohne Apparat, ohne Sekretärin, ohne Nebenstellenanlage.

45 Was ist ein Essay?

Das weiß niemand so genau. Ich verstehe darunter einen diskursiven Text, bei dem ich am Anfang noch nicht weiß, was am Schluss dabei herausspringt. Es kommt, wie der Name schon sagt, auf den Versuch an.

46 Killerfrage: Wie geht ein Gedicht?

Wollen Sie mich quälen? Wenn ein Gedicht etwas taugt, dann ist es besser als alles, was darüber gesagt wird.

47 Wann ist eine gute Zeit zum Gedichtschreiben? Gegen 16.30 Uhr?

Ich schaue nicht auf die Uhr. Und nur nicht zu viel dichten! Die Überproduktion ist der schlimmste Fehler.

48 Wird Lesen eher einfacher oder anstrengender mit den Jahren?

Die Lektüre ist ein Laster wie das Rauchen, und es ist ebenso schwer, sich diese Droge abzugewöhnen.

49 Dieses Jahr schon ein gutes Buch gelesen?

Eines? Ein paar Dutzende. Alles durcheinander. Ich bin ein Allesfresser. Wenn Sie hier mal schauen.

Er beugt sich vor, greift das oben liegende Buch von einem der Stapel. Legt das Buch weg. Zieht ein weiter unten liegendes Buch hervor.

Das ist die MaxPlanckForschung, dort wartet Der äthiopische Prinz, hier ist ein Buch über Algebra, die Princesse de Clèves der Madame de La Fayette. Außerdem The Missionary Position. Mother Teresa in Theory and Practice von Christopher Hitchens, einem berüchtigten englischen Publizisten: eine totale Entlarvung. Mit dem wunderbaren Titel »Die Missionarsstellung«. Und hier, hier haben wir eine dänische Dichterin. Ein Durcheinander!

Er steht auf, um die Bücher besser aus den Bücherstapeln ziehen zu können.

50 Gibt es ein gutes Buch von Daniel Kehlmann?

Natürlich. Man zieht doch intelligente Schriftsteller vor. Können ist auch von Vorteil. Ich meine nicht nur seinen Bestseller. Er hat auch ein Buch über einen Astrophysiker und ein anderes über einen parasitären Kunstkritiker.

51 Gibt’s auch ein gutes Buch von Thomas Mann?

Ach, der Alte. Der war schon gut. Denken Sie an seine Hochstaplergeschichte, den Felix Krull. Die ist doch wunderbar.

Er setzt sich wieder. Und Gott sei Dank, jetzt raucht die Zigarette. Man hat gar nicht gesehen, dass er das Feuerzeug benutzt hat. Spöttisches Lächeln! Es ist das alles in Grund und Boden lächelnde Enzensberger-Gesicht. Das Gesicht sagt: Geben Sie sich keine Mühe, in mir drinnen ist es so oder so vergnügt, ganz gleich, wie sehr Sie sich mit Ihren Fragen anstrengen.

52 Die berühmte Rechnung: Wie viel Euro verdient Hans Magnus Enzensberger noch mal mit einem Gedicht?

Gottfried Benn hat ja immer behauptet, von seinen Einnahmen aus der Lyrik habe er die Kosten für seine Zündhölzer bestritten.

53 Vermissen Sie die goldenen Zeiten, als es für einen »Spiegel«-Essay 20.000 Mark gab?

Gerüchteweise kann man hören, ich sei geschäftstüchtig. Hätte ich richtig Geld verdienen wollen, wäre ich Banker geworden. Ich sehe aber nicht ein, warum ein Dichter der Idiot der Familie sein sollte. Ich lasse mich ungern über den Tisch ziehen. Hundert Euro für einen Vortrag bei einer deutschen Universität, das weiß ich nicht zu schätzen. Entweder ich mache etwas umsonst, oder ich werde anständig bezahlt. Die schlechten Bezahlungen, die finde ich unpassend.

54 Nach fünfzig Jahren, noch immer zufrieden mit dem Suhrkamp Verlag?

Ich habe einen guten Lektor. Ich werde gedruckt. Kein anderer Verlag würde meine Bücher jahrzehntelang lieferbar halten. Was soll ich mehr verlangen? Eine solche Beziehung ist haltbarer als ein Flirt.

55 Können Sie zugeben, dass Sie 1971 irrten, als Sie sich verlagsintern gegen die Einführung der Suhrkamp-Taschenbücher aussprachen?

Einer der beliebten Irrtümer, die Journalisten voneinander abschreiben – wie die Legende, ich hätte irgendwann den Tod der Literatur verkündet. Völlig sinnlos, so etwas zu dementieren. Man muss die Leute einfach reden lassen.

56 Wann erscheint endlich der Briefwechsel Unseld – Enzensberger?

Darum kümmere ich mich nicht. Kürzlich ist ein Briefwechsel mit Uwe Johnson erschienen. Meinetwegen! Die Editoren haben das tadellos hinbekommen, Stellenkommentar, Register und so weiter. Ich vergesse ja solche Sachen, ich schmeiße alles weg, es ist mir gleich, ich führe kein Archiv. Dieser Briefwechsel existiert nur deshalb, weil der Uwe Johnson im Gegensatz zu mir ein Registrator seines eigenen Lebens war. Er hat nicht nur die Briefe aufbewahrt, die er bekommen hat, er hat auch Kopien derjenigen Briefe behalten, die er geschrieben hat.

Jetzt rauchen die Zigaretten, jetzt läuft’s. Nachbemerkung zum Enzensberger-Singsang: Er spricht eben keine fertigen, keine abgeschlossenen Sätze. Er spricht nicht druckreif. Stattdessen kann man dem Schriftsteller dabei zuhören, wie er sich in seinen Sätzen nach vorne tastet, mal hier, mal dort einen Weg versucht, stehen bleibt, strauchelt, sich umschaut, die schöne Aussicht genießt: die berühmte Verfertigung der Gedanken beim Sprechen. Manchmal wirkt es, als stelle der Sprach-Spaziergänger auch einfach mal einen Satz in die Luft, um sich dann amüsiert anzugucken, wie er dort halb fertig hängt. Die Gedanken sind halt keine fertigen, also muss sich das auch in der Sprache ausdrücken. Zur Enttäuschung des Interviewers wird der Schriftsteller die Schriftfassung des Gesprächs später bei der Autorisierung an einigen gut holprigen Stellen straffen, glätten, eindeutig machen. Auch wieder richtig: So wird man lesbar. Wir gucken nun in die Biografie Enzensbergers hinein: sein langes Leben, sein Wirken, der Einfluss, den so einer bis heute nimmt.

57 Können Sie noch einmal kurz beschreiben, worin genau Ihr Handgranaten-Trauma besteht?

Da gibt’s kein Trauma, das ist ganz einfach: Ich bin in den letzten Tagen des Krieges zum sogenannten Volkssturm eingezogen worden. Und ich konnte nicht werfen. Das hat sich schon beim Handball gezeigt, ganz zu schweigen von den Handgranaten.

58 Wie lange ist das gefühlt her, dass Sie die chinesische Kulturrevolution gelobt haben, eher 50 oder 250 Jahre?

Auch so eine Journalisten-Sage. Natürlich, ich habe damals das Kursbuch herausgegeben, und ich erinnere mich: Im Kursbuch gab es richtiggehende Lobredner der Kulturrevolution. Und es gab dort andere, die darüber hergefallen sind.

59 Jetzt schon Angst vor 2018, wenn 1968 seinen Fünfzigsten feiert?

Ich fürchte, das wird uns nicht erspart bleiben. Es gibt diese merkwürdige Versessenheit auf dieses Jahr. Immer dieses Veteranentum und dieser absurde RAF-Kult! Damit kann ich nichts anfangen. Aber in der Summe hat 1968 diesem Land wahrscheinlich eher gutgetan. Die Revolutionsrhetorik war natürlich Unsinn, eine revolutionäre Situation hat es nie gegeben. Aber das Ganze war ein überfälliger Modernisierungsschritt. Es gab damals in der deutschen Gesellschaft noch Reste des Obrigkeitsstaates, geradezu wilhelminische Erscheinungen wie den Kuppeleiparagrafen, den Tschako, lauter idiotische und überständige Dinge. Das musste halt mal endlich alles weg. Marxistisch gesprochen: Die Verkehrsformen entsprachen nicht mehr den Produktionsverhältnissen.

60 Muss man im Rückblick nicht klipp und klar sagen: »Klar, die Sechzigerjahre waren das tollste Jahrzehnt aller Zeiten«?

Muss man nicht. Sollte man lieber lassen.

61 Können Sie sich jetzt – etwa zwei Sätze lang – noch einmal über das Geschenk der deutschen Einheit freuen?

Schon wieder eine solche Fangfrage! Also gut, wenn es sein muss. Ich habe es einfach nicht so gerne, wenn ganze Völker eingesperrt werden. Deshalb war ich froh, dass es damit vorbei war, und zwar nicht nur in Deutschland. Dass auf die Euphorie die Enttäuschung folgte, war vorherzusehen. Die Leute haben sich etwas Wunderbares vorgestellt. Aber vierzig Jahre Diktatur bringen schwere Beschädigungen mit sich, und die kann man nicht einfach durch einen Regimewechsel heilen. Ich habe damals gesagt: mindestens dreißig Jahre, bis sich so etwas wie Normalität einstellen wird.

62 Lebensprinzip Seitenscheitel?

Was soll das heißen? Meinen Sie meine Frisur? Meine gute Laune?

63 Was gibt’s eigentlich dauernd zu grinsen?

Heiterkeit ist eine moralische Frage. Mürrische Leute, die andere mit ihren Problemen behelligen, die halte ich für rücksichtslos.

64 Haben Sie das erfunden, dass man auch als Intellektueller auf der sonnigen Seite des Lebens stehen darf?

Ich bin gern im Schatten, aber seine Depressionen sollte man für sich behalten. Das hat vielleicht auch eine objektive Seite: Es sind ja eigentlich keine griechischen Tragödien, die ich hier vorfinde, wenn ich aus dem Haus gehe. Im unangenehmsten Fall sind es Tragikomödien. Nicht nur der Literaturbetrieb und der Medienzirkus, aber auch größere Routinen wie Tarifverhandlungen und Koalitionskräche: Das sind ja unfreiwillig komische Erscheinungen.

65 Ihre letzte Straftat?

Als Student habe ich Bücher geklaut. Nie in Bibliotheken!

66 Wer hat den schönsten Essay auf Ihren Achtzigsten geschrieben?

Keine Ahnung. Vergessen.

67 Was soll eigentlich der grandiose Quatsch, dass Sie sich als ungebildeten Menschen bezeichnen?

Das müssen Sie wieder einmal in einer Zeitung gelesen haben. Ich verfüge über eine durchaus solide Halbbildung.

68 Wer ist der klügste Deutsche unter fünfzig Jahren?

Der Klügste, Beste, Blödeste: Auf solche Hitlisten lasse ich mich gar nicht ein.

69 Seid ihr Intellektuellen heimlich eifersüchtig auf die Politiker, weil die wenigstens entscheiden dürfen, wo eine Autobahn hingebaut wird?

Ich bedaure diese Personen aufrichtig. Wenn Macht ausüben, dann schon eher als Vorstandsvorsitzender eines interessanten Unternehmens. Solche Leute haben mehr Freiheitsgrade bei ihren Entscheidungen als unsere Politiker.

70 Würden Sie die Einladung des Bundestagspräsidenten annehmen, im Bundestag eine Rede zur Lage der Nation zu halten?

Im Bundestag? Warum denn im Bundestag? Die armen Abgeordneten, die muss man schonen, die haben es schwer genug. Es sind ja meistens auch nur zwanzig anwesend. Und wenn ich da reden würde, dann kämen wahrscheinlich nur zehn, weil die anderen ihre Ausschusssitzung nicht verpassen dürfen.

Zwischenstand: Zwei Drittel der Fragen sind beantwortet. Er guckt unverändert freundlich, spöttisch, amüsiert, als wollte er fragen: War das schon alles? Wann geht es denn jetzt endlich mal los? Es kommt aber kaum noch etwas, verehrter Herr Enzensberger, wir kurven jetzt, zurückgelehnt und mit langem Arm am Lenkrad, durch die letzten Kurven dieses Gesprächs. Ist das nicht angenehm? Ist das nicht fantastisch?

71 Sind die Schwabinger Frauen die schönsten auf der Welt?

Ja, sicher!

72 Wie war der letzte »Tatort«?

Tatort ist Landeskunde, Ethnologie und, weil es ihn schon so lange gibt, Alltagsgeschichte der Republik.

73 Was machen die Wolken?

Es zieht gerade ein bisschen zu.

74 Einverstanden, dass der Blick auf die Wolken, also der vom Flugzeugfenster, komischerweise ein ganz langweiliger ist?

Absolut uninteressant.

75 Warum ist das Internet komischerweise kein Thema?

Am Anfang war’s doch ein Thema – in den Siebzigerjahren. Da wurde eine Art Idylle oder der Untergang der Kultur an die Wand gemalt. Die Leute wollen immer Gut und Böse.

76 Jetzt kommen die maximal philosophischen Fragen, philosophischer wird es heute nicht mehr: Warum drängeln Menschen beim Betreten eines Flugzeugs?

Das Betreten eines Flugzeugs gehört offensichtlich zu den schwierigsten Übungen, denen der moderne Mensch ausgesetzt ist. Es wird genestelt, gedrängelt, gestopft, ja manchmal auch um sich geschlagen. Die riesigen Dinge, die mit an Bord genommen werden: Ich weiß nicht, was es ist. In dieser Büchse ist der Mensch offensichtlich nicht gerne.

77 Warum macht es unbeschreiblich traurig, wenn man Geschäftsmänner mit riesigen Krawatten auf winzigen Telefonen herumdrücken sieht?

Es ist immer beklagenswert, wenn die Überzeugung von der eigenen Wichtigkeit überhandnimmt.

78 Warum schämt sich der Mensch völlig richtigerweise, wenn er einen Cappuccino mit Sojamilch bestellt?

Das habe ich noch nie gehört. Was ist denn das? Sojamilch? Wir entern wieder diese riesige Zone der Ignoranz.

Er sitzt nun zurückgelehnt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Er stellt diesem Gespräch, so sieht es aus, jetzt nur noch die eine Hälfte seines Gehirns zur Verfügung. Die andere Hirnhälfte denkt schon über etwas anderes nach – vielleicht darüber, wo er später mit seiner Frau essen geht. Der Interviewer guckt hin, guckt weg und denkt den einfachen, trotzdem richtigen Satz: Es ist ja denkend praktisch unmöglich, dumm auszusehen.

79 Was tun Sie da eigentlich immer mit Ihren Händen und Armen?

Im Fernsehen ist das ein Nachteil. Da sieht man wie ein Hampelmann aus, wenn man sich so bewegt wie ich. Vor der Kamera müssen Sie steinern sein. Unbewegte Miene. Das ist Autorität. Ich bin nicht fernsehgeeignet.

80 Hat das eine Bedeutung, dass Sie eben nicht am Berliner Savignyplatz oder Gendarmenmarkt, sondern am Englischen Garten in München leben?

Ich will meine Ruhe haben. München hat den Vorzug, dass es ein klein wenig langweilig ist.

81 Ihr Münchner Lieblingsitaliener?

Es gibt hier in der Nähe meiner Wohnung noch Reste von bayerischen Lokalen. Hier um die Ecke ist der Weinbauer. Das ist etwas Zuverlässiges. Einen hervorragenden Kaiserschmarrn gibt es da. Diese Wirtschaft ist nicht lästig wie die Lokale an der Leopoldstraße, wo so eine Art nightlife tobt.

82 Ist das Ihr Trick, dass Sie so fröhlich tun, und dann sind Sie’s wirklich?

Schon wieder! Wenn Sie so weitermachen, sabotieren Sie meine Laune.

83 Ist das Ihr rhetorischer Trick, dass Sie hinter Aussagen, die vollkommen überraschend, also alles andere als selbstverständlich sind, immer gerne ein »Ist doch klar« oder ein »Das weiß doch auch jeder« setzen?

Vieles liegt doch auf der Hand, man muss nur hinsehen. Außerdem soll man die andern nicht für dümmer halten, als sie sind. Das ist ja auch ein Problem der Schule: Pädagogen halten Kinder gewöhnlich für blöder, als sie sind. Anstatt ein Kind zu unterschätzen, sollte man so viel wie möglich aus ihm herauslocken. Möglicherweise erfährt man so allerhand, was einem neu ist.

84 Kann man mit Hans Magnus Enzensberger sagen, dass die Welt, so wie sie ist, eigentlich ganz okay ist?

Ihre Drohung, dass Sie philosophische Fragen stellen, nähert sich der Gefahrenzone. Herr Schopenhauer hat sein ganzes Leben damit verbracht. Die Welt als Wille und Vorstellung. Tolles Buch! Vierzehnhundert Seiten. Leider bin ich kein Philosoph.

Enzensberger guckt sein Bücherregal an. Er macht wieder den Vielraucher-Trick, dass er sich die Zigarette nicht gleich anzündet. Das war doch jetzt unheimlich nett, dass er sich, obwohl er erst nicht wollte, diesen Fragen gestellt hat. Er hat einfach das, was schon alle wissen, noch einmal erzählt – aber eben ein bisschen anders: die Welt, in der wir leben, mit Anmerkungen von Hans Magnus Enzensberger. Mehr geht nicht.

85 Wie geht’s dem Rücken?

Null Probleme.

86 Mit den Augen ist auch noch alles okay?

Ich hatte eine sehr interessante Operation. Der sogenannte Graue Star. Es ist eine leichte Eintrübung der Linse, die so allmählich voranschreitet, dass Sie es gar nicht merken. Der Eingriff ist Routinesache. Und ich sage Ihnen: Das ist phänomenal. Sie sehen die Welt wie neu. Fünfzigtausend Farben!

87 Wie geht das, eine Zigarette richtig zu genießen?

Ach, das Rauchen. Das ist doch auch so ein Ersatzthema.

88 Haben Sie einen Trick gefunden, wie man die vielen Bücher wieder loswird?

Ja, wegwerfen!

89 Mit einem Blick auf die Kunst an Ihren Wänden: richtige Beobachtung, dass Sie einen gewissen Widerwillen gegen das Abstrakte hegen?

Bilder, auf denen nichts drauf ist, interessieren mich nicht. Das ist natürlich ein sehr simples Kriterium. Auch Kinder können übrigens mit einem schwarzen Quadrat wenig anfangen.

90 Welche Form hat ein von Hans Magnus Enzensberger geschätztes Sitzmöbel?

Sie finden hier kein Möbelstück, das ein Designer entworfen hat. Ein Fahrrad, ein Wasserhahn, eine Gabel, ein Bett – an diesen Dingen gibt es nichts zu verbessern. Keine Mätzchen!

91 Was unterscheidet eine gute von einer sehr guten Strickkrawatte?

Ich vermeide Krawatten.

92 Woher kommt Ihre Vorliebe für das Kleingeblümte in Ihren Hemdenstoffen?

Die Hersteller von Hemden haben sich auf bürokompatible Streifen geeinigt. Diese Uniform ist nicht jedermanns Sache.

93 Sind Sie ein guter Tänzer?

Walzer, linksherum, rechtsherum.

94 Ihr Mittel gegen Müdigkeit?

Ich bin nicht müde.

95 Ihr Mittel gegen Selbstzufriedenheit?

Nackenschläge. Eine katastrophale Theaterpremiere, ein geplatztes Filmprojekt. Wenn etwas schiefgeht, das ist doch spannend. Ich schätze meine Niederlagen hoch.

96 Wie macht man einen guten Witz?

Mache ich ja nicht.

97 Immer eine wichtige Frage: Wo ist Ihre Frau?

Wir haben zwei Wohnungen, die Familien- und die Arbeitswohnung. Das finden wir angenehm.

98 Eine Ahnung, wie viel Grad es hier in Ihrem Arbeitszimmer hat?

Ja.

Er greift nach einem weißen Stück Plastik, das vor ihm auf dem Tisch liegt, schaut auf die LCD-Anzeige. Das Plastikstück trägt die Aufschrift »Mitsubishi Electric«. Es ist die Fernbedienung seiner Klimaanlage.

21 Grad.

99 Welcher Gedanke muss heute noch zu Ende gedacht werden?

Du lieber Himmel. Die meisten.

 

13. August 2010

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Enrique Iglesias

London, eine Suite des für seinen dezenten Luxus bekannten Hotels »The Langham«. Da sitzt sein Manager, ein Turnschuh-Typ, in die geblümten Polster hineingelegt, Computer auf den Knien, Handyknopf im Ohr, und tippt. 40 Minuten Interview mit dem Latin-Pop-Superstar Enrique Iglesias (in Spanien geboren, seit seinem achten Lebensjahr in Miami). Er ist der Star der kleinen Mädchen, schwulen Männer mit bürgerlichem Lebensstil, Hausfrauen, Sekretärinnen: in etwa so. Er gehört zu der Sorte total berühmter Superstars, von der kein Mensch ganz genau sagen kann, für was sie eigentlich berühmt ist.

Seine Musik ist ein Querschnitt aus allem, was ganz okay klingt und sich gut verkauft (Hip-Hop-Beats, Flamenco-Gitarren, sexuell leicht anzüglicher Schubidu-Gesang). Er ist der Sohn des Königs aller Schnulzensänger, Julio Iglesias, er führt eine Beziehung mit dem russischen Tennis-Pin-up Anna Kournikova, die schon erstaunlich lange hält (seit acht Jahren).

Die letzte Fußballeuropameisterschaft hat er mit dem Song »Can You Hear Me« eröffnet, gerade ist sein neues Studioalbum, sein fünftes, erschienen. Reicht doch. Es gibt mit ihm absolut nichts Sinnvolles zu besprechen außer den üblichen Frauenzeitschriften-Themen (Frauen, schöne Frauen, sexy Frauen, Körperpflege) – doch, halt: Mit Enrique muss man natürlich auch über seinen Vater Julio sprechen und sein Los, zu einem Leben als Sohn eines berühmten Vaters verdammt zu sein – da sollte der Interviewer ruhig ein wenig Psychologie reinbringen, das könnte lustig werden. Der Typ, der da gerade das Hotelzimmer betritt und nach einigermaßen nichts aussieht – Baseballkappe, Fleecejacke, Jeans, Dreitagebart –, ist er dann auch gleich: Enrique. Er hält eine Schüssel in der Hand, in der ein Hühnerfleisch-Sandwich auf einer Portion Pommes liegt, er setzt sich, kaut, die Schüssel in seinem Schoß: Entschuldigung, er sei heute vor lauter Interviews noch nicht zum Essen gekommen. Er guckt, kauend, mit seinen schönen Augen. Der Superstar Enrique Iglesias hat schlechte Haut und Ringe unter den Augen: angenehm. Der Manager hatte vor dem Interview durchgegeben, dass wenigstens die ersten Fragen von der Musik und vom neuen Album »Euphoria« handeln sollten.

1 Haben Sie in den letzten Monaten einen Gitarrenakkord dazugelernt?

Ich kann jetzt drei Akkorde auf der Gitarre spielen. Ich setze auf die klassischen spanischen Akkorde, ich setze auf Moll.

2 Kann Ihre Stimme etwas, was sie auf den letzten Alben noch nicht konnte?

Ich kann meine Stimme nun gleichmäßig über ganz unterschiedliche Rhythmen hinwegfließen lassen. Das ist mir auf früheren Alben noch nicht so gut gelungen.

Er spricht mit vollem Mund, entschuldigt sich erneut, dass er den Mund voll hat. Höflicher Superstar Enrique Iglesias.

3 Jemals einen Song in Ihrem Privatflugzeug geschrieben?

Das ist vorgekommen, ja.

4 Wahres Gerücht, dass Sie Ihre Songs gern im Jacuzzi, eingerahmt von flackerndem Kerzenlicht, schreiben?

Das ist ein vollkommener Blödsinn. Wer hat Ihnen diesen Quatsch erzählt?

5 Sind alle Enrique-Iglesias-Songs Sommersongs?

Mit der Idee, dass alle meine Songs Sommersongs sind, kann ich etwas anfangen, ja.

6 Einverstanden, dass ein Enrique-Iglesias-Song sich in Los Angeles vollkommen anders anhört als, sagen wir, in Berlin oder irgendeiner trostlosen Plattenbau-Metropole in China?

Aber das gilt doch für alle Songs, nicht nur für meine. Die Qualität eines Songs verändert sich mit den Umständen, unter denen du den Song hörst, der Frage, wo du bist, wie du die Nacht zuvor geschlafen hast, wie es in deinem Zimmer riecht, ob du einen Hund oder eine schöne Frau in deiner Nähe hast.

7 Ihre Definition von Latin Pop?

Das ist der Einfluss Südamerikas auf die moderne Popmusik. Keine Ahnung. Es ist warm, und Sie möchten tanzen.

8 Wenn Elvis der Großvater des Rock ist, wer ist dann der Großvater des Latin Pop?

Einer der ganz großen Latin-Musiker, aber sicherlich noch kein Großvater dieser Gattung, ist Juan Luis Guerra. Ich habe auf meinem neuen Album mit ihm zusammengearbeitet.

9 Wenn Sie sich für einen Song im Werk Ihres Vater entscheiden möchten, welcher wäre es?

Das wären eine Menge Songs.

Sie sollen sich jetzt bitte für einen entscheiden.

Dann nehme ich gleich seinen ersten Song, La Vida Sigue Igual. Er hat ihn selbst geschrieben. Und er ist in diesem Song noch ganz er selbst.

Er hat, spätestens jetzt, verstanden, dass das hier ein bisschen komisch wird: anders als die anderen Gespräche, die er heute noch gibt. Es kostet ihn keine besondere Anstrengung. Aber es nervt ihn, es stört den Medienprofi, den Kontrollfreak, den international agierenden Pop-Unternehmer, dass er noch nicht abschätzen kann, worauf die Sache hier hinausläuft. Blick zum Manager auf dem Blumensofa: Der guckt in den Computer. Enrique hat beide Hände in der Pommes-Schüssel. Die Stirn des Popstars wirft Falten.

10 Welches Kompliment Ihres Vaters, Ihre Musik betreffend, werden Sie nie vergessen?

Ich habe mit meinem Vater nie über meine Musik gesprochen. Das mag schwer zu glauben sein, aber es ist mein Ernst. Ich habe überhaupt nur ein einziges Mal mit meinem Vater über Musik gesprochen. Das war am Morgen meines 18. Geburtstags.

11 Wann zuletzt mit Ihrem Vater an einer Bar gesessen und zwei, drei große Gläser Whisky zusammen ausgetrunken?

Machen Söhne das mit ihren Vätern? Bei uns ist das jedenfalls noch nie vorgekommen. Lassen Sie es mich so beantworten: Ich habe nie mit meinem Vater zusammengesessen und hatte auch nur einen Tropfen Alkohol in meinem Körper.

12 Ganz andere Frage: Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt gesehen?

Vor zwei Jahren. Beim Tod meines Großvaters.

13 War es für Sie eine wichtige Entscheidung, anders als Ihr Vater nicht spanisch, sondern englisch zu singen?

Auf meinem neuem Album befinden sich englisch- und spanischsprachige Songs. Das war eine bewusste Entscheidung – und ein ganz natürlicher Vorgang. Die Songs, die ich schreibe, stellen sich in einem frühen Stadium als englisch- oder spanischsprachige Songs heraus.

14 Richtig, dass Sie niemals im weißen Jackett auf die Bühne treten würden, weil Ihr Vater seine Weltkarriere barfuß und im weißen Jackett beschritten hat?

Nein. Das würde ich durchaus tun. Das habe ich auch schon getan.

15 Stimmt das irre Gerücht, dass Sie mittlerweile doppelt so viele Platten wie der Hitparaden-Millionär Julio Iglesias verkauft haben?

Ich weiß nicht, wie viele Platten mein Vater verkauft hat: Sind es mehr als Elvis? Mehr als die Beatles?

Pause. Orientierung. Die Fragen über den Vater hat er wie eine Eins genommen, locker, freundlich, äußerst konzentriert, aufmerksam und effizient, also ohne auch nur ein Gramm mehr Gefühl oder Information herauszulassen, als unbedingt nötig ist (auf Vater Julio werden wir, weil es zu schön ist, später noch zurückkommen). Der Fairness halber kündigt der Interviewer an, dass es nun in das Reich der grauenhaft seichten Fragen geht. Ihm ist das gleich. Er ist gerade fertig mit essen. Er beteuert, auch wenn das keineswegs stimmen muss, dass er sich absolut großartig fühlt.

16 Ihre Größe in Zentimeter?

190.

17 Ihre Schuhgröße?

11.

18 Der Name Ihres Eau de Cologne?

Azzaro.

19 Der Name Ihrer Nachtcreme?

Hängt davon ab, was im Hotel gerade so herumliegt.

20 Nass rasieren oder trocken rasieren?

Trocken.

21 Deodorant oder kein Deodorant?

Deodorant. Ich putze mir auch die Zähne, falls Sie das noch wissen wollen.

22 Wie lautet die Firma Ihrer Unterhosen?

Hugo Boss.

23 Welche Sportart bildet Ihrer Erfahrung nach den schönsten männlichen Körper?

Schwimmen. Gut für die Muskeln, gut für die Knochen.

24 Wie heißt der Beauty-Spezialist, dem Sie persönlich am meisten vertrauen?

Ich gehe zum Hautarzt. Ich gehe nicht zum Kosmetiker.

25 Waren Sie jemals eine ganze Woche lang in Ihrem Leben nicht dunkelbraun gebrannt im Gesicht?

O ja. Vor zwei Wochen war ich ein paar Tage auf einem Boot in Miami. Davor war ich blass wie ein New Yorker im Februar.

26 Stimmen Sie zu, dass Männer insgesamt – seitdem okay aussehende Kleidung so preiswert geworden ist und der Durchschnittsmann in Europa und Amerika vor dem Zubettgehen eine Gesichtscreme aufträgt – heute wesentlich besser aussehen als noch vor zehn Jahren?

Dem kann ich nicht zustimmen. Ich muss auch sagen: Diese Frage verstehe ich nicht. Was soll mit dem Aussehen von Männern passiert sein?

27 Ihre Baseball-Kappen-Firma?

Adidas.

28 Können Sie mir heute, mit dem Abstand von zehn Jahren, die Wollmützen erklären, die Sie in Ihren Popvideos in den Jahren 1999 und 2000 getragen haben?

Richtig, da habe ich Mützen getragen. Aber ich erinnere mich nicht genau, was das für Mützen waren. Mützen halt.

Er lächelt.

Vielleicht auch deshalb, weil er glaubt, sich in diesem Gespräch nun auszukennen: Da kommt, so seine Einschätzung, nun nicht mehr viel. Wir gehen – alter Trick der subtilen Gesprächsführung – von den seichten zu den ultraseichten Fragen über. Das Tempo wird angezogen: etwa 20 Schwachsinnsfragen pro Minute. Er sitzt vornübergebeugt, die Hände gefaltet, den Schirm seiner Baseballkappe über den Augen, dauerlächelnd. Das kann man auch genießen, mit einem Sexsymbol so explizit über Sex zu reden. Let’s go.

29 Die Namen Ihrer zwei besten Freunde?

Andres und Gonzo.

30 Wie müssen wir uns eine wirklich wilde Nacht mit Andres, Gonzo und Enrique vorstellen?

Wir gehen auf ein Boot. Wir trinken Wodka. Wir fahren nackt Wasserski bei Nacht. Der Typ, der das Boot lenkt, würde übrigens nie etwas trinken, das ist mir ganz wichtig, da kenne ich keinen Spaß.

31 Blond oder braun?

Keine Vorlieben.

32 Blau oder braun?

Keine Vorlieben.

33 Was wollen alle Frauen?

Sie wollen ihren Prince Charming.

34 Was wollen alle Groupies?

Sie wollen fünf Minuten deiner Zeit.

35 Bett oder Sofa?

Sofa.

36 Strand oder Swimmingpool?

Strand.

37 Segeljacht oder Privatjet?

Das Flugzeug.

38 Scarlett oder Penélope?

Beide sind sehr sexy. Auf ganz unterschiedliche Art.

39 Wer ist die schönste spanische Frau?

Die kennen Sie nicht.

40 Kennen Sie eine schöne deutsche Frau?

Natürlich. Eine Karen. Wunderschön. Aus Baden-Baden.

41 Ihr ewiges James-Bond-Girl?

Die aus For Your Eyes Only (In Tödlicher Mission).

42 Ihr Lieblings-Unterwäschemodell?

Da nehme ich die Holländerin – die, die alle gerade sexy finden. Ich habe den Namen gerade vergessen.

43 Einverstanden, dass Leonardo DiCaprio wirklich großes Talent im Brutal-sexy-Freundinnen-Finden hat?

Bar Refaeli, natürlich! Sie ist unglaublich.