99 Tatsachen über Ihr Gedächtnis - Hans Förstl - E-Book

99 Tatsachen über Ihr Gedächtnis E-Book

Hans Förstl

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  • Herausgeber: TRIAS
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2008
Beschreibung

Die komplizierten Zusammenhänge von Erinnern und Vergessen werden hier spannend und verständlich beschrieben. Der Leser erfährt alles Wissenswerte über die neuesten Erkenntnisse der Neurobiologie und Psychologie und kann daraus direkten Nutzen ziehen. Ein Selbsttest zeigt, wie gut das eigene Gedächtnis funktioniert. Zudem gibt es zahlreiche Tipps, wie das Gedächtnis richtig trainiert werden kann und Antworten auf folgende Fragen: Helfen Medikamente gegen das Vergessen? Nutzt es am Ginkgo zu knabbern? Wie wirkt sich der Lebensstil aus oder wie beeinflussen Krankheiten das Erinnern? Die Antworten zeigen: Nicht jede Gedächtnisstörung ist gleich Alzheimer.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 154

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Die Autoren

Dr. Barbara Knab ist Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin mit neuropsychologischem Hintergrund. Als Wissenschaftsjournalistin ist sie spezialisiert auf alles rund um Gehirn und Gedächtnis. Außerdem hält sie viele Vorträge und Kurse über Gedächtnis und Lerntechniken. → www.barbara-knab.de

Professor Hans Förstl ist Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU München. Er hat an der Ludwig-Maximilians-Universität studiert und seine Ausbildung zum Neurologen und Psychiater in München, Mannheim und London absolviert. Zu dem Thema Gedächtnis und Demenzen hat er zahlreiche Bücher und wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht.

Dipl.-Psych. Dr. Barbara Knab

Prof. Dr. med. Hans Förstl

99 Tatsachen über Ihr Gedächtnis

Wie es funktioniert Was es leistet

Inhalt

Vorwort

Wie das Gedächtnis funktioniert

So entstehen Erinnerungen

Wie ist das Gedächtnis organisiert?

Man unterscheidet explizites und implizites Gedächtnis

Die drei Gedächtnisstufen: aufnehmen – speichern – abrufen

1. Was die Aufnahme von Information erleichtert

2. Was Ihnen beim Speichern hilft

3. Gespeichertes abrufen und wiedergeben

Wie Sie sich eine Gedächtnisspur legen

Das Gedächtnis testen

Kann man das Gedächtnis objektiv beurteilen?

An einem Gedächtnistest teilnehmen

Was einen Gedächtnistest auszeichnet

Mit Mnemotechnik lässt sich ein Test aushebeln

Hängen Gedächtnis und Intelligenz zusammen?

Im Alter verschieben sich die Gedächtnisschwerpunkte

Special: Test – Wie gut ist Ihr Gedächtnis?

Was spielt sich im Gehirn ab?

Drogen beeinflussen meist auch das Gedächtnis

Grundlegendes aus der Gehirnforschung

Das Gehirn in Aktion beobachten

Special: Welche Gehirnareale sind fürs Gedächtnis wichtig?

Ist ein größeres Gehirn leistungsfähiger?

Wann neue Nervenzellen entstehen

Special: Wie Nervenzellen Informationen austauschen

Linke und rechte Gehirnhälfte

Die drei Gedächtnisstufen kann man im Gehirn sehen

Botenstoffe transportieren Information

Helfende und hinderliche Substanzen

Lebenslanges Lernen – biologisch betrachtet

Was beeinträchtigt das Gedächtnis?

Wenn mit einem Schlag alles anders ist

Was passiert, wenn man auf den Kopf fällt

Was ist ein Schlaganfall?

Eine Kopfverletzung beeinträchtigt das Gedächtnis

Was lässt sich mit Gedächtnis-training reparieren?

Externe Gedächtnishilfen nutzen

Schützen Sie Ihren Kopf!

Wie Sie einem Schlaganfall vorbeugen können

Wie Gefühle unser Gedächtnis beeinflussen

Das Gedächtnis reagiert auf Stress

Depressive Menschen merken sich weniger

Manchmal wird Depression mit Demenz verwechselt

Depression und Gedächtnis heilen gemeinsam

Ein seelisches Trauma verändert auch das Gedächtnis

Die posttraumatische Belastungsstörung behandeln

Gedächtnistraining kommt erst ganz zum Schluss

Hilfreiche Entspannungs - techniken

Leichte Gedächtnisstörung und Demenz

Gibt es heute mehr demente Menschen?

In der Gedächtnissprechstunde

Lässt sich der Gedächtnisverlust aufhalten?

Wie sich die Alzheimer-Demenz zeigt

Demenzen heilen nicht – was tun?

Special: Sie leiden mit – Angehörige Demenzkranker

Kann man der Demenz vorbeugen?

Wie Medikamente gegen Demenz wirken

Wie Sie Ihr Gedächtnis stärken

Lebensart und Lebenslauf

Sich an das eigene Leben erinnern

Unser »inneres Tagebuch«

Gedächtnis stiftet Identität

Pflegen Sie Ihre persönlichen Erinnerungen

Wie Sie Ihr episodisches Gedächtnis reicher machen

Kann man Erinnerungen »überschreiben«?

Special: »Tricks« – Mnemotechniken gekonnt einsetzen

Erfolgreich altern

Plastizität – wir können in jedem Alter lernen

Heute haben Ältere mehr Aufgaben als früher

Lebenslang implizit lernen

Geistige Leistungen verändern sich

Wie Sie eine kleinere Gedächtnisspanne kompensieren

Gewöhnen Sie sich an externe Gedächtnishilfen

Wie also altert man erfolgreich?

Special: Selbständig leben im Alter

Die Gedächtnisleistung fördern

Wie Sie das Gedächtnis Ihrer Kinder schützen

Bauen Sie eine »kognitive Reserve« auf

Kümmern Sie sich um Ihre Gesundheit

Special: Kein Gedächtnis ohne Schlaf

Hegen Sie Ihre Interessen

Musizieren, Sprachen und Kontakte pflegen

Entwickeln Sie Ihre persönliche Gedächtnisstrategie

Souverän mit dem Computer umgehen

Ausblick

Hilfreiche Bücher, Adressen und Internetseiten

Stichwortverzeichnis

Test

Wie viel können Sie sich merken?

Lesen Sie sich die folgenden zwölf Wörter einmal langsam selbst vor. Wenn Sie damit fertig sind, legen Sie das Buch weg, nehmen einen Stift und schreiben so viele Wörter auf, wie Ihnen noch einfallen, gleich, in welcher Reihenfolge. – Drehen Sie danach das Blatt um. Achten Sie zunächst nicht darauf, wie viele Wörter Sie haben und vergleichen Sie noch nicht. Decken Sie stattdessen die erste Liste ab und lesen die zweite Liste auf die gleiche Weise. Dann legen Sie das Buch weg und schreiben auf, was Ihnen noch davon einfällt. Versuchen Sie erstmal, bewusst keine Tricks anzuwenden.

Hier die Liste 1:

Stall – Bett – Gitarre – Sandkasten – Ahorn – Wand – Kreuzung

– Buch – Kaufhaus – Kette – Blei – Minze.

Hier die Liste 2:

Bleistift – Teller – Auto – Tasse – Fahrrad – Füller – Filzstift – Weinglas – Motorroller – Gabel – Bus – Kugelschreiber.

Jetzt zählen Sie, wie viele Wörter Ihnen bei jeder Liste eingefallen sind und vergleichen das. Streichen Sie alle, die Sie vielleicht doppelt haben, aber auch alle, die gar nicht auf der Liste waren. Was übrig bleibt, zählt.

Mehr dazu lesen Sie auf → S. 26ff.

Liebe Leserinnen, lieber Leser

»Ich möchte mehr über das Gedächtnis wissen« – »Wie gut ist mein eigenes Gedächtnis objektiv?« – »Wie kann ich mir mehr merken, und das leichter?« – »Endlich habe ich Zeit, um Italienisch zu lernen; aber das Wörterlernen fällt mir schwerer als damals in der Schule. Ist das normal?« – »Ich mache eine schwierige Weiterbildung und muss mir viel einprägen. Gibt es da Tricks?« – »An meinem neuen Arbeitsplatz muss ich mir viel mehr merken als früher« – »Kann ich das Gedächtnis meiner Schüler oder Studierenden dadurch unterstützen, wie ich unterrichte?«

Wer einen Gedächtniskurs besucht, hat vor allem Fragen dieser Art im Kopf. Sie sind teils allgemein, teils persönlich. Alle zielen letztlich darauf ab, normale Leistungen zu verbessern – am liebsten spielerisch.

Völlig andere Fragen zum Gedächtnis stellt eine zweite große Gruppe von Menschen. Sie fragen grundsätzlich persönlich, doch deutlich ernster, und oft unter den vier Augen in einer Sprechstunde. Sie sorgen sich um ihre Angehörigen, weil deren Gedächtnis nachlässt. Manche fürchten auch, ihr eigenes Gedächtnis könnte erheblich schlechter geworden sein.

»99 Tatsachen über Ihr Gedächtnis« beantwortet Ihnen beide Sorten Fragen und noch eine ganze Reihe mehr. Hier finden Sie anschaulich, wie Ihr Gedächtnis arbeitet und welche Schlüsse Sie daraus klugerweise für seinen Gebrauch ziehen. Sie lernen verstehen, was Ihr Gehirn tut, wenn Sie etwas lernen. Sie lesen, was Sie persönlich tun können, um diese Leistung zu verbessern und zu genießen. Einiges davon können Sie gleich ausprobieren. Und Sie sehen, dass Ihr Gehirn zwar geistige Fähigkeiten wie das Gedächtnis produziert, doch dabei immer Teil des Organismus bleibt. Es ist sogar der empfindlichste. Lange vor jedem Gedächtnistrick hilft Ihrem Gedächtnis deshalb nichts so sehr wie etwas scheinbar völlig anderes: Ihre Gesundheit. Aus all dem haben wir in diesem Buch »99 Tatsachen über Ihr Gedächtnis« zusammengestellt, und zwar praktisch und leicht nachvollziehbar. Verstehen Sie dabei unter »Tatsachen« vor allem viererlei:

althergebrachtes Wissen, das heute gut erklärbar ist,

Befunde, über die sich die Wissenschaft momentan weitgehend einig ist,

besondere Begriffserklärungen und

Möglichkeiten, was Sie praktisch tun können.

Und die 99? Grundsätzlich ist die Zahl 99 ja eher ein Bild für »viele«. Es sind aber trotzdem wirklich 99 Tatsachen. Sie können sie ganz einfach finden: 72 Unterkapitel und 27 violett unterlegte Kästen im Text. Einige Tatsachen sind ganz einfach, manche haben mehrere Aspekte.

So können Sie dieses Buch auf vielfache Weise nutzen: schmökern, schmunzeln, sich weiterbilden oder üben. Dabei kommt Ihnen neben dem reinen Wissen auch die praktische Erfahrung beider Autoren zugute – aus der Sprechstunde für Menschen mit Gedächtnisproblemen, aus Gedächtniskursen für Gesunde und aus Vorträgen für Wissbegierige aller Art.

München, Januar 2008

Barbara Knab

Hans Förstl

1. Grundlagen: Wie das Gedächtnis funktioniert

Manche wünschen sich die Gedächtnispille, andere eine Art Nürnberger Trichter. Beides ist biologisch unmöglich – und das können wir sogar im Gehirn beobachten. Ihr Gedächtnis tritt nämlich genau dann in Aktion, wenn Sie sich aktiv mit etwas auseinandersetzen. Nicht später, aber auch nicht früher. Hier können Sie Ihr eigenes Gedächtnis testen, und die einfachen Tricks lernen Sie auch.

So entstehen Erinnerungen

A li Baba in seinem Versteck wagt kaum zu atmen: die Räuber kommen. Da sagt der Räuberhäuptling »Sesam öffne dich« – und schon öffnet sich ein Tor zum Bergesinneren. Ali Baba merkt sich das Zauberwort und benutzt es selbst, nachdem die Räuber wieder weggeritten sind. Die Höhle birgt märchenhafte Schätze; einiges davon lädt er auf seine drei Esel und bringt es nach Hause. Später entwindet ihm sein reicher Bruder Casim das Geheimnis. Auch ihm öffnet sich der Berg, doch die Schätze blenden sein Gedächtnis so, dass ihm das Zauberwort entfällt. Er kommt nicht mehr nach draußen, und als die Räuber heimkehren, folgt, was im Märchen folgen muss. Ein zuverlässigeres Gedächtnis hätte sein Leben gerettet.

Ein echtes Zauberwort ist kurz und leicht zu merken. Heutige Zauberwörter sind Passwörter und PIN-Nummern; die Dinge laufen nur, wenn wir sie parat haben. Das können Sie sich leichter machen, genau wie vieles andere, was Gedächtnis erfordert. Das Programm dazu finden Sie in diesem Buch. Sie benötigen dafür nicht die Techniken der Gedächtnisprofis. Sie sollten lediglich bereit sein, Ihr Gedächtnis konsequent zu benutzen und es zu unterstützen, statt es wie Casim zu behindern. Das ist einfacher, wenn Sie wissen, wie es arbeitet.

Wie ist das Gedächtnis organisiert?

Stellen Sie sich vor, Sie wollen Herrn Krämer anrufen, in dessen Geschäft Sie kürzlich eine Lampe angezahlt haben. Sie haben seine Telefonnummer weder gespeichert noch im Kopf. Deshalb benutzen Sie die Visitenkarte, die er Ihnen mitgegeben hat.

Kurzzeitgedächtnis

Falls Sie kein Gedächtniskünstler sind, haben Sie zwei Möglichkeiten, um die Nummer korrekt in die Tastatur zu übertragen.

Die eine: Sie lesen die erste Ziffer und tippen sie ein; dann machen Sie es genauso mit der nächsten, bis zum Schluss.

Die andere: Sie lesen die ersten vier oder fünf Ziffern, wiederholen sie für sich und tippen sie dann alle aus dem Kopf ein. Und so weiter.

Zum Kurzzeitgedächtnis gehören das sensorische und das Arbeitsgedächtnis.

Bei der ersten Strategie haben Sie das sensorische Gedächtnis genutzt. Das ist eine Art Echo, für jeden der fünf Sinne eines. Bei der zweiten war das Arbeitsgedächtnis aktiv. Das bewahrt Zahlen, Bilder oder Fakten so lange, dass Sie erst einmal damit arbeiten können. Sobald Sie sie nicht mehr benutzen, haben Sie Herrn Krämers Nummernfolgen genauso wieder vergessen wie nach der Eins-zu-Eins-Strategie.

Sensorische s und Arbeitsgedächtnis sind nur kurz aktiv; deshalb fasst man sie zusammen und nennt sie Kurzzeitgedächtnis.

Jede Information wird zunächst nur vorübergehend im Kurzzeitgedächtnis gespeichert. Das kann ein reiner Sinneseindruck sein (sensorisch), wir können die Information aber auch benutzen und damit weiter arbeiten (Arbeitsgedächtnis). Manche dieser Informationen gehen anschließend ins Langzeitgedächtnis über. Nur auf sie können wir später zugreifen.

Langzeitgedächtnis

Da die Nummernfolge nur kurzzeitig interessant war, wurde sie gar nicht erst dorthin transportiert, wo Informationen längerfristig aufbewahrt werden: ins Langzeitgedächtnis. Nur was dort ankommt, ist später noch zugänglich. Ganz von selbst und ohne jede Mühe gelingt das vor allem einer Sorte Information: eigenen Erlebnissen. Das Langzeitgedächtnis bewahrt solche Erlebnisse automatisch, vom letzten Urlaub bis zum Streit in der Arbeit. Solange das Ereignis emotional neutral ist, bleiben die Erinnerungen relativ allgemein. Sie werden umso detaillierter, je mehr Sie sich darüber gefreut oder geärgert haben.

Amüm hseligstenist es, sich etwas zu merken, was einen nicht interessiert.

Ähnlich mühelos erinnern Sie sich an den Inhalt von Geschichten, Romanen oder Theaterstücken, zumindest in groben Zügen. Sogar eine Zeitungsmeldung oder eine Gebrauchsanleitung schafft es noch relativ leicht in Ihr Langzeitgedächtnis. Der Inhalt muss Ihnen nur wichtig sein und Sie müssen ihn verstanden haben. Immer wenn Sie daran denken, holen Sie ihn zurück ins Arbeitsgedächtnis. Danach speichert ihn das Langzeitgedächtnis neu, und zwar besser als beim letzten Mal.

Anders ist es bei einem Text, den Sie völlig uninteressant finden. Auch ihn können Sie nämlich nur behalten, wenn Sie ihn verstanden und sich damit beschäftigt haben. Das ist nicht vergnüglich und deshalb mühsam.

Kurz- und Langzeitgedächtnis arbeiten unterschiedlich

Dass Kurz- und Langzeitgedächtnis sich unterscheiden, weiß man seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Inzwischen kann man es auch mit den neuen Verfahren der Hirnforschung direkt sehen: das Gehirn ist an verschiedenen Stellen aktiv, je nachdem, ob jemand gerade das Kurzzeit- oder der Langzeitgedächtnis benutzt.

Man unterscheidet explizites und implizites Gedächtnis

Wenn wir uns etwas bewusst merken, heißt das fachsprachlich explizites oder deklaratives Gedächtnis.

Erlebnisse oder Geschichten, Wörter oder Zahlen, Bilder oder Gesichter – das ist der Stoff, den wir unserem Gedächtnis gezielt und bewusst zuführen. Die Handlung einer Geschichte können wir wiedergeben, wenn wir sie einmal gehört haben, Wörter oder Zahlen, wenn wir sie ein paarmal wiederholt haben. Gemeinsam ist dem, dass wir es uns bewusst merken. Dieses bewusste Gedächtnis ist das, was wir im Alltag meistens unter Gedächtnis verstehen; es heißt »deklarativ«, also benennend, oder »explizit«, also ausdrücklich.

Gedächtnis ist mehr. Sie können sicher auch schwimmen, kochen, tippen, mit der Hand schreiben oder ein Auto steuern. Das sind Fertigkeiten, und auch sie beherrscht niemand von Natur aus; wir haben sie praktisch geübt. Wie das geht, lässt sich viel schwerer beschreiben als Auswendiglernen. Tausende von Handwerksmeistern und Sportlehrern können ein Lied davon singen. Gedächtnis steckt trotzdem dahinter. Wir nennen es implizit, also gerade nicht ausdrücklich. Implizites Gedächtnis ist auch dafür verantwortlich, dass wir einen auffälligen Geruch nach kurzer Zeit nicht mehr wahrnehmen oder dass wir die sogenannte Hausmannskost mögen, Gefahren bewerten oder Entfernungen schätzen können.

Eigentlich gibt es viele Gedächtnisse; sie unterscheiden sich nach dem Inhalt. Einige sind eher bewusst – das ist explizit. Einige sind mehr automatisch – das ist implizit.

Noch etwas unterscheidet das implizite vom expliziten Gedächtnis: Schwimmen haben Sie nicht plötzlich gelernt und auch nicht an einem Nachmittag. Aber wenn Sie lange genug trainierten, beherrschten Sie es immer besser. Dann gehen Sie nicht einmal unter, wenn Sie jahrelang nicht geschwommen sind. Das ist typisch für Fertigkeiten. Explizites Wissen dagegen verblasst, wenn Sie es nicht benutzen. Manche Menschen verlernen sogar ihre Muttersprache, wenn sie jahrzehntelang anders sprechen; vom nie mehr angerührten expliziten Schulwissen leider ganz zu schweigen.

Die drei Gedächtnisstufen: aufnehmen – speichern – abrufen

Unser Gedächtnis ist kein Muskel und auch kein bestimmter Teil des Gehirns. Deshalb lässt sich weder seine Größe messen noch sein Gewicht. Wir können höchstens prüfen, was vor sich geht, und selbst das ist leichter gesagt als getan. Prüft man nämlich, was jemand »aus dem – expliziten – Gedächtnis« sagt oder aufschreibt, dann ist das nur der Endpunkt eines Vorgangs, den wir als Ganzen »Gedächtnis« nennen. Dieser Vorgang hat drei feste Stufen: Aufnahme, Speicherung und Abruf der Information.

Stufe 1: aufnehmen

Nehmen wir an, Sie müssen sich kundig machen, was es mit dem Klimawandel auf sich hat. Dann besorgen Sie sich Informationen zum Thema: Texte, Audiodateien und Filme. Damit befassen Sie sich so lange und so intensiv, bis Sie alles verstehen. Vielleicht notieren Sie die wichtigsten Argumente. Sie nehmen also Informationen auf, man kann auch sagen: Sie verschlüsseln sie. Dabei sind Sie umso erfolgreicher, je konzentrierter Sie gearbeitet haben. Sind Sie dagegen unkonzentriert oder verstehen Sie die Argumente nur halb, dann nehmen Sie nur Bruchstücke auf; die sind vielleicht sogar falsch.

Stufe 2: speichern

Das meiste, was Sie aufgenommen haben, geht in der Regel automatisch in Ihr Langzeitgedächtnis über. Es wird gespeichert. Falls es sich um Bruchstücke oder Falsches handelt, speichert Ihr Gedächtnis leider genau das.

Der Vorgang Gedächtnis muss drei feste Stufen einhalten.

Stufe 3: abrufen

In der dritten Etappe – Abruf oder Wiedergabe – wird nicht einfach überprüft, was sich im Speicher befindet. Das Abrufen ist vielmehr ein eigenständiger Teil des Gedächtnisvorgangs: So fällt den meisten Menschen in einer Prüfung weniger ein als am Abend zuvor. Im Weg stehen die Barrieren Aufregung oder Angst, und manchmal blockieren sie den Weg vollständig; das nennt man Blockade oder Blackout. Später wissen sie wieder alles. Ihr Wissen ist also nicht aus dem Speicher verschwunden; es ist nur zeitweilig nicht zugänglich.

Die Reihenfolge »aufnehmen – speichern – abrufen« ist nicht nur logisch, sondern biologisch. Das Gedächtnis muss diesen Weg einhalten. Deshalb können wir uns weder die Zukunft merken noch die Lehren aus dem Buch unter dem Kopfkissen.

Wissen vertiefen

Sobald Sie an eine Information denken, die in Ihrem Langzeitgedächtnis bereits gespeichert ist, gelangt sie erneut ins Arbeitsgedächtnis. Dort wird sie »gewälzt« und neu durchdacht. Das Ergebnis geht dann als neue Informationsvariante in Ihr Langzeitgedächtnis zurück.

Wichtig

Wie oft und wie gut Sie etwas abrufen, beeinflusst,wie intensiv und nachhaltig es im Langzeitgedächt nis gespeichert wird.

Normalerweise vertieft sich Ihr Wissen, indem Sie es wieder hervorholen, neu aufnehmen und neu speichern. Es kann sich dadurch aber auch verändern. Nehmen wir an, Sie wollen wegen des Klimawandels keine persönlichen Konsequenzen ziehen. Deshalb holen Sie im zweiten Durchgang vor allem solche Argumente ins Arbeitsgedächtnis zurück, die Ihnen kein schlechtes Gefühl geben. Etwa, dass der Einzelne ohnehin nichts tun könne und dass außerdem das meiste, was sich da weltweit ereignet, auch ohne Menschen passiert wäre. Dann wälzt Ihr Arbeitsgedächtnis vor allem diese Argumente hin und her. Die Folge: Sie speichern genau diese Argumente besonders erfolgreich im Langzeitgedächtnis. Die übrigen verblassen, weil Sie nichts mehr damit gemacht haben. So haben Sie unbeabsichtigt Ihr ursprüngliches Wissen eingeengt.

1. Was die Aufnahme von Information erleichtert

Die Gedächtnisspanne der meisten Menschen liegt irgendwo zwischen fünf und neun Einheiten.

Wie viele Wörter, Zahlen, geometrische Figuren oder Bilder jemand kurzfristig und spontan behalten kann, nennt die Wissenschaft »Gedächtnisspanne «. Fünf solcher Informationsein heiten merken sich die meisten Menschen kurzfristig, viele auch mehr; mehr als neun schafft allerdings kaum jemand.

Diese »Spanne« gibt das Gehirn vor, Sie können sie nicht physikalisch erweitern. Psychologisch geht es schon. Dafür brauchen Sie einfache Tricks beim Einprägen, die dem Gedächtnis die Arbeit erleichtern. Der Weg: Sie unterlegen dem Inhalt zusätzlichen Sinn.

Das Material ordnen:

Man nennt das auch Clustern, zu Deutsch: Klumpen. Nehmen Sie die Telefonnummer 3485776912. Das kann sich fast niemand merken. Nun gruppieren Sie die Zahl zu fünf Zweierblöcken und lesen sie laut: 34, 85, 77, 69 und 12. Jetzt geht es wahrscheinlich. Der Grund: gedächtnistechnisch sind es nur noch fünf Zahlen.

Kategorien bilden:

Nehmen Sie eine Wörterliste: Pulli, Hund, Papier, Katze, Bluse, Hose, Tafel, post-it-Zettel, Fisch, Schaf, Schuh, Notizbuch. Diese Wörter lassen sich Kategorien zuteilen: Schreibzeug, Kleidung und Tiere. Wenn Sie die Wörter danach ordnen, fällt es Ihnen leichter, sie zu behalten. Ziemlich viel prägt sich sogar ganz von selbst ein, fachsprachlich »inzidentell«. Praktisch liegen die Kategorien natürlich nicht immer so deutlich auf der Hand. Trotzdem funktioniert es auch dann, wenn es komplizierter ist.

Eselsbrücke:

Jede Eselsbrücke ist eine kleine Geschichte. Wenn wir eine erfinden, nutzen wir aus, dass wir uns Geschichten beim ersten Hören spontan gut merken können. Machen Sie sich deshalb Eselsbrücken, wo es geht.

Assoziation:

Verknüpfen Sie Begriffe, die Sie sich merken müssen, zu einer Geschichte. Die können Sie umso besser behalten, je ungewöhnlicher sie ist. Das klappt mit Einkaufslisten genauso wie mit Gliederungspunkten für einen Vortrag.

WISSEN

Das »inzidentelle Gedächtnis« erleichtert den Alltag