Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Alles was sich Trisha wünschte, war ein ruhiges, schönes Leben. Aber durch den Tod ihrer Eltern kam alles anders. Ihr Leben änderte sich drastisch. Sie ist auf der Flucht, sie lebt in ständiger Angst. Was passiert, wenn sie einen Jungen kennen lernt und sich auch noch in ihn verliebt? Was ist, wenn genau dieser Junge ein Krimineller ist? Hätte ihre Liebe überhaupt eine Chance? Und was passiert, wenn sie bei einem Banküberfall als Geisel genommen wird und sie eine Entscheidung fürs Leben treffen muss? Wird sie ihr Glück finden und endlich das Leben leben können, was sie immer wollte?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 553
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Alles was sich Trisha wünschte, war ein ruhiges, schönes Leben. Aber durch den Tod ihrer Eltern kam alles anders. Ihr Leben änderte sich drastisch. Sie ist auf der Flucht, sie lebt in ständiger Angst. Was passiert, wenn sie einen Jungen kennen lernt und sich auch noch in ihn verliebt? Was ist, wenn genau dieser Junge ein Krimineller ist? Hätte ihre Liebe überhaupt eine Chance? Und was passiert, wenn sie bei einem Banküberfall als Geisel genommen wird und sie eine Entscheidung fürs Leben treffen muss? Wird sie ihr Glück finden und endlich das Leben leben können, was sie immer wollte?
Ally Trust ist in Deutschland geboren und lebt dort in einem kleinen ruhigen Ort. Schon in der Kindheit hat sie sich Geschichten ausgedacht und begann in ihrer Jugend mit dem Schreiben. Seitdem schreibt sie leidenschaftlich gerne. 2011 veröffentlichte sie ihr erstes Buch. Vor ihren Büchern hat sie schon einige Kurzgeschichten geschrieben und veröffentlicht.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Trisha:
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Trisha“, sagte ich zu mir selbst und trank einen Schluck Orangensaft. Heute war mein zwanzigster Geburtstag. Ich würde ihn wieder alleine verbringen, wie in den letzten Jahren, denn hier in New York hatte ich niemanden. Keine Freunde oder jemanden, der sich für mich interessierte. In San Francisco hatte ich Freunde. Aber sie wollten nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich hatte, als ich nach New York kam, versucht den Kontakt zu ihnen aufzunehmen und wollte ihnen erklären, was passiert war, aber keiner von ihnen wollte mit mir reden. Entweder hatten sie mir das am Telefon selbst gesagt und aufgelegt, oder sie ließen sich von ihren Eltern verleumden. Na ja ich konnte sie irgendwie verstehen. Ich hatte sie im Stich gelassen und mich nicht mehr gemeldet, aber ich konnte doch gar nichts dafür.
Alles, was ich wollte, war doch nur ein ganz normales, ruhiges Leben führen. Warum gönnte mir das denn niemand? Bis ich sechzehn Jahre alt war, verlief mein Leben noch normal. Ich hatte eine schöne Kindheit und wohnte in San Francisco. Alles lief gut. Ich hatte gute Noten in der Schule, hatte Freunde, bis meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Es war schrecklich gewesen. Meine Eltern waren ausgegangen und ich hatte mir einen ruhigen Abend Zuhause gemacht. Ich saß auf der großen gemütlichen Couch im Wohnzimmer und schaute gerade meinen Lieblingsfilm, als es an der Tür klingelte. Verwundert, wer es sein konnte, denn ich erwartete keinen Besuch, stand ich von der Couch auf und ging den Flur entlang zur Haustür. Ich schaute kurz durch das Fenster neben der Tür und erschrak, als ich zwei Polizisten vor der Tür stehen sah. Was wollten Sie denn hier? War etwas passiert? War etwas mit meinen Eltern? Panik stieg in mir auf. Schnell öffnete ich die Tür.
„Guten Abend. Miss Sloan“, fragte einer der beiden Beamten.
„Ja“, erwiderte ich mit zitternder Stimme.
„Wir müssen Ihnen mitteilen, dass es einen Unfall gegeben hat. Ihre Eltern hatten einen Autounfall. So wie es aussieht und wie uns Zeugen berichtet haben, wurde der Wagen von Ihren Eltern von einem anderen Auto gerammt. Der Wagen ist von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geknallt. Es tut uns sehr leid.“
„Was? Was ist mit meinen Eltern? Geht es ihnen gut? Was ist mit ihnen“, fragte ich und meine Stimme wurde zum Ende hin immer lauter.
„Es tut uns sehr leid, aber Ihre Eltern haben den Unfall nicht überlebt. Sie sind beide noch am Unfallort verstorben.“
Ab dem Zeitpunkt veränderte sich mein Leben komplett und ich verlor alles. Meine Eltern, mein Leben, meine Freunde, meine Freiheit!
Hier in New York wohnte ich nun in einem kleinen Einzimmerapartment. An Möbeln hatte ich nur das Notwendigste, aber es reichte mir vollkommen. Zu viele Sachen wären sowieso nicht gut, wenn ich wieder flüchten müsste. Es würde zu viel Zeit und Platz in Anspruch nehmen, wenn ich schnell wegmüsste. Er verfolgte mich und spürte mich immer wieder auf. Zum Glück konnte ich bis jetzt immer rechtzeitig flüchten. Zur Polizei konnte ich nicht gehen. Er hatte gute Kontakte und niemand würde mir glauben. Mir blieb also nichts anderes übrig, als meinen Namen illegal ändern zu lassen. Ich fühlte mich nicht wohl dabei, denn eigentlich war ich ein ehrlicher Mensch, der nie irgendetwas Kriminelles tat, aber ich hatte keine andere Wahl, wenn ich nicht wollte, dass er mich wiederfand. Seine Kontakte saßen auch in den Ämtern und so hatte er immer wieder herausgefunden, wo ich wohnte. Nun hieß ich Trisha Anderson. Meinen Vornamen hatte ich behalten. Es war eine Erinnerung an meine Eltern. Ok, es war eher ein Spitzname. Mein richtiger Name war eigentlich Patricia Sloan. Meine Handynummer hatte ich ebenfalls geändert, denn ich hatte herausgefunden, dass er mich orten gelassen hatte. Ich versuchte es ihm so schwer wie möglich zu machen, mich aufzufinden. Diese Stadt war so groß, dass er mich erst einmal nicht finden würde. Ich fragte mich nur, wie lange das noch so weitergehen würde? Wann hätte ich endlich ein ruhiges Leben?
Ich nahm mir die Zeitung und schlug die Stellenanzeigen auf. Ich suchte schon seit längerer Zeit einen neuen Job, aber es war sehr schwierig, ohne Ausbildung oder Collegeabschluss etwas zu finden. Ich arbeitete in einem Unternehmen, indem ich Kundenaufträge bearbeitete. Ich hielt es dort nicht mehr aus. Jeden Tag wurde ich gedemütigt und gemobbt, obwohl ich den Arbeitskollegen nie etwas getan hatte. Doch kündigen konnte ich auch nicht. Ich brauchte das Geld, auch wenn es nicht viel war, zum Leben. Es reichte gerade so für die Miete und zum Leben. Aber da ich schon immer sehr sparsam gelebt hatte, machte es mir nichts aus, mich einschränken zu müssen. Seufzend legte ich die Zeitung zur Seite. Wieder war kein Jobangebot für mich dabei und das, obwohl ich mir für keinen Job zu schade war. Hauptsache, ich verdiente etwas Geld zum Leben. Aber die Ansprüche der Arbeitgeber waren recht hoch. Entweder musste man auch für die einfachsten Jobs studiert haben oder man benötigte irgendwelche Zusatzqualifikationen. Mit keinen von beiden konnte ich dienen. Ich aß mein Frühstück auf, räumte noch auf und machte mich dann auf dem Weg zur Arbeit.
„Guten Morgen Miss Anderson“, hörte ich eine Stimme hinter mir im Flur, als ich gerade meine Wohnungstür abschloss. Ich kannte diese Stimme und ich hasste sie.
„Guten Morgen Mr. Waston“, erwiderte ich und wandte mich schnell zum Gehen. Mr. Waston war mein Vermieter. Ein ziemlich aufdringlicher Typ. Er bedrängte mich des Öfteren und ich wusste, dass er auch ab und zu in meiner Wohnung war. Deshalb nahm ich auch alle meine für mich wichtigen Sachen immer mit. Es waren ja leider nicht viele und passten alle in eine Tasche. Zum Glück konnte ich, wenn alles klappen würde, noch diesen Monat hier ausziehen. Ich hatte mir eine andere Wohnung gesucht. Sie war wirklich schön und die Miete konnte ich mir auch leisten. Es gab nur ein Problem. Die Vermieterin wollte drei Monatsmieten als Kaution haben und das Geld hatte ich einfach nicht. Deswegen hatte ich heute Mittag in meiner Mittagspause auch einen Termin bei der Bank, um nach einem kleinen Kredit zu fragen.
„Miss Anderson, wo wollen Sie denn so schnell hin“, fragte Mr. Waston und packte mir mit seiner schmierigen Hand auf meinen Hintern.
„Lassen Sie mich in Ruhe“, erwiderte ich und schlug seine Hand weg.
„Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an. Sie wollen es doch auch.“
„Nein, ich will das nicht und ich möchte auch nicht mit Ihnen ins Bett. Also lassen Sie mich endlich in Ruhe“, schrie ich ihn an.
„Sie werden noch sehen, so schnell gebe ich nicht auf“, knurrte er und drehte sich um. Schnell machte ich, dass ich aus dem Haus kam. Ich wollte nicht länger dortbleiben. Dieser Typ war mir schon seit der ersten Begegnung unheimlich gewesen. Er war zwei Köpfe größer als ich, hatte ein breites Kreuz und einen Bierbauch. Anscheinend wusch er sich nicht oft, denn seine kinnlangen dunkelbraunen Haare waren fettig und er stank und das nicht nur nach Alkohol. Aber ich brauchte damals schnell eine Wohnung und das war die Einzige, in die ich sofort einziehen konnte.
Ethan:
„Wie soll denn der Coup ablaufen“, fragte Tyron in die Runde. Wir hatten einen Auftrag von unserem Auftraggeber Mr. Burton bekommen. Wir sollten aus der größten Bank von New York besonderen und wertvollen Schmuck stehlen, der dort aufbewahrt wurde. Das Geld, welches wir außerdem mitnehmen würden, konnten wir behalten. Wir hatten uns in meinem Hotelzimmer in New York getroffen, um unseren Plan zu besprechen. Unsere Gruppe bestand aus vier Personen. Mein Bruder Tyron und meine beiden besten Freunde Neil und John. Wir führten zusammen verschiedene Aufträge aus. Mal sollten wir Geld eintreiben oder Autos klauen. Es kam auch schon mal vor, dass wir jemanden umbringen sollten, wobei ich es sehr ungern tat. Ich mochte das Töten nicht. Es war zwar kein schönes Leben, was ich führte, aber ich bekam Geld dafür und es waren gut bezahlte Jobs.
Tyron und ich wurden von unseren Eltern einfach in ein Heim abgeschoben. Er war sieben und ich gerade mal fünf Jahre alt. Sie wollten uns einfach nicht mehr haben. Dort hatten wir dann Neil und John kennengelernt und waren seitdem mit ihnen befreundet. Als ich sechzehn Jahre alt war, hauten wir aus dem Heim ab und hielten uns mit kleinen Gaunereien über Wasser. Später lernten wir dann Mr. Burton kennen, der uns aufnahm, eine Wohnung verschaffte und uns die Aufträge gab. Normalerweise arbeiteten wir alleine und waren ein eingespieltes Team, aber neuerdings mussten wir Mr. Burtons neunzehnjährigen Neffen Angus und seine beiden Freunde Vincent und Marek mitnehmen. Burton wollte, dass die Drei von uns eingearbeitet wurden, damit er sie für einige Aufträge einsetzen konnte. Angus vertraute ich überhaupt nicht und leiden konnte ich ihn erst recht nicht. Aber der Boss wollte, dass wir ihn mitnahmen, also mussten wir es tun. Es blieb uns nichts anderes übrig.
„Also ich werde heute die Bank ausspionieren. Schauen, wo die Kameras sind und wie viele Mitarbeiter in der Bank arbeiten. Morgen Mittag werden wir dann die Bank überfallen. Fahren anschließend nach Allentown und tauschen dort das Auto. Von da aus werden wir nach Chicago fahren, wo wir uns mit Lynn und Ebby treffen“, erklärte ich ihnen.
„Muss das sein? Warum müssen denn die Weiber mitkommen“, fragte Angus genervt und fuhr sich mit der Hand durch seine dunkelbraunen kurzen Haare.
„Weil Neil und ich gerne unsere Freundinnen mitnehmen möchten, wenn wir schon in ein anderes Land flüchten müssen“, erwiderte Tyron gereizt. Er konnte Angus genauso wenig leiden, wie ich. Die Fahrt würde uns nach Mexiko führen, wo wir uns mit Burton treffen und ihm die Ware übergeben würden. Anschließend würden wir aus Amerika für einige Monate verschwinden, bis sich alles beruhigt hätte und die Polizei nicht mehr hinter uns her wäre. So sah der offizielle Plan aus. Der inoffizielle Plan war aber ein ganz anderer. Mein Bruder, John, Neil und ich wollten während dieses Coups abhauen und zwar ohne Angus und seine Freunde. Wir wollten nach Albuquerque zu Freunden von uns, die uns bei der Flucht helfen wollten. Sally und Lorenzo Caroso waren sehr gute Bekannte von uns, die wir nach einem unserer Aufträge kennengelernt hatten. Sie hatten uns damals für einige Zeit aufgenommen und uns geholfen. Sie waren fast wie Eltern für uns. Wir konnten immer zu ihnen kommen, wenn wir Probleme oder Sorgen hatten. Zu ihnen hielten wir viel Kontakt, wenn meist auch nur telefonisch, wenn wir mal wieder in einer anderen Stadt waren. Lorenzo selbst hatte eine kriminelle Ader. Das war nicht gerade verwunderlich, denn er stammte aus einer Mafiafamilie. Sein Bruder Massimiliano war der Boss einer italienischen Mafia und Lorenzo wickelte für ihn Geschäfte in den USA ab. Allerdings hatte er auch noch weitere Kunden, die er mit Waffen, Autos oder anderen Dingen versorgte. Diese ganzen Geschäfte versteckte er gut hinter seiner Architekturfirma, in der Sally als Innenarchitektin arbeitete. Er hatte uns schon oft angeboten, für ihn zu arbeiten, allerdings ließ uns Burton nicht einfach so gehen. Ausscheiden war so gut wie unmöglich, es sei denn man wäre tot. Der Plan von Tyron, Neil, John und mir war, dass wir während des Coups abhauen und uns anschließend für tot erklären ließen. Wir würden dann unter anderer Identität woanders neu anfangen. Wir vier wollten raus aus diesem kriminellen Leben. Wenn dieser Coup gelingen würde, hätten wir genug Geld, um ein neues, ruhiges Leben zu beginnen. Die anderen Drei sollten von unserem Plan nichts wissen, da wir ihnen nicht trauten. Vor allem Angus nicht. Da er der Neffe von Burton war, würde er ihm doch sicherlich alles erzählen. Er würde dann seine Leute losschicken, um uns zu finden und wer weiß, was er dann mit uns tat. Er war skrupellos.
Lorenzo verwaltete das Geld von Tyron, Neil, John und mir. Wir konnten nicht einfach ein Konto eröffnen. Irgendwann würde sich die Bank wundern, woher die hohen Geldbeträge kamen, die wir bei unseren Aufträgen verdienten. Zehntausend Dollar war da keine Seltenheit, je nach Auftrag. Sie würden wahrscheinlich die Polizei einschalten. Deshalb hatten wir es Lorenzo gegeben, damit wir es nicht immer mit uns herumtrugen. Er hatte es uns angeboten, es sicher zu verwahren. Na ja bei wem war es denn wohl sicherer als bei einem Mitglied von der Mafia? Wir vertrauten Lorenzo. Er war uns gegenüber immer ehrlich. Wir ihm gegenüber natürlich ebenso. Er hatte das Geld zudem gewinnbringend für uns angelegt. Wenn wir Geld brauchten, sagten wir ihm nur Bescheid und er schickte uns welches.
„Eben. Außerdem ist Lynn die Spezialistin in der Fälschung von Ausweisen und Dokumenten, die wir für die Flucht brauchen“, entgegnete ich. „Hier habe ich noch einen Plan, wo die ganze Fluchtroute aufgezeichnet ist.“ Ich breitete eine Landkarte auf den Tisch aus. Die Anderen schauten sie sich interessiert an.
„Das ist ja ein kompletter Umweg. Warum fahren wir nicht direkt nach Mexiko“, fragte Vincent.
„Weil die Polizei es sich bestimmt denken kann und uns vor der Grenze abfangen würde. Deshalb tricksen wir sie ein wenig aus“, erwiderte ich.
„Das hast du recht. Wir wollen ja auch kein Risiko eingehen“, sagte Neil.
„Wenn es sein muss“, stöhnte Angus.
„Ja es muss sein“, erwiderte Tyron knurrend. „Wenn es dir nicht passt, dann kannst du ja auch gehen.“
„Nein, ist schon gut“, gab Angus nach. Er wusste, er konnte nicht so einfach gehen, denn wenn er diesen Coup nicht mit uns durchziehen würde, so könnte er auch nicht für seinen Onkel arbeiten. Burton hatte ihm nur diese eine Chance gegeben. Wenn er versagen oder aufgeben würde, so könnte er seine Karriere, wie er es immer betonte, bei seinem Onkel vergessen. Burton brauchte Leute auf die er sich verlassen konnte.
„Ok, Marek, wie sieht es denn mit den Sachen aus? Hast du alles besorgt, was wir brauchen“, fragte ich ihn.
„Ja. Die Kleidung und die Sturmhauben sind da, genauso wie die Waffen und Taschen“, erwiderte er. Ich nickte anerkennend. Marek war mit seinen achtzehn Jahren der Jüngste von uns. Er war ein Meter fünfundsiebzig groß, hatte eine schlaksige Figur und aschblonde raspelkurze Haare. Er war sehr verbissen und wollte unbedingt zu Burtons Gang? Clique? Angestellte? wie man es auch immer nannte, dazugehören. Mit ihm konnten wir auf jeden Fall besser arbeiten als mit Angus. Marek war wesentlich motivierter und tat alles, was wir ihm auftrugen. Vincent hingegen war eher ein Mitläufer. Er war neunzehn Jahre alt, genauso groß wie Marek nur schmächtiger und hatte rötliche kurze Haare. Er tat alles, was Angus sagte, machte aber den Eindruck, als wenn er gar nicht kriminell werden aber auch seine Freunde nicht enttäuschen wollte. Wahrscheinlich wollte er nur bei Burton mitmachen, um seine Freunde nicht zu enttäuschen. Was ich vollkommen falsch fand. Jeder sollte seinen eigenen Willen haben und sein Leben leben. Und nicht, nur weil man dazugehören wollte, etwas tun, was man eigentlich gar nicht tun wollte.
„Sam kommt mit seinem Hubschrauber und wartet dann auf dem Dach der Bank auf uns. Er wird uns zu unserem Wagen bringen, der an einem abgelegenen Waldstück wartet. Außerdem wird Paul mit einem zweiten Hubschrauber über die Gegend fliegen und so die Polizei verwirren“, kam es von John. Sam und Paul waren Bekannte von uns, die uns ab und zu für ein kleines Handgeld einen Gefallen taten. Kennengelernt hatten wir sie bei einem unserer Coups. Wir brauchten damals einen Piloten und einen Hubschrauber. Zufällig hatten wir ein Gespräch zwischen den beiden, bei dem es um ihren letzten Hubschrauberflug gegangen war, in einer Bar mitbekommen und hatten sie einfach angesprochen, ob sie einen Job bräuchten und uns helfen wollten. Sie sagten direkt zu und halfen uns.
„Gut, dann wäre ja soweit alles geklärt. Eines gibt es aber noch. Wir werden morgen in der Bank weder eine Geisel nehmen, noch jemanden erschießen oder verletzten. Ist das klar“, fragte ich in die Runde. Alle nickten.
„Angus, hast du mich auch verstanden“, fragte ich ihn, da er zu Gewalt neigte.
„Ja ja, alles klar“, erwiderte dieser. „Sind wir hier fertig? Ich habe noch etwas zu erledigen.“
„Ja wir sind fertig“, antwortete ich ihm.
„Gut, dann können wir ja gehen. Marek, Vincent los kommt mit“, befahl Angus ihnen und sie verließen das Hotelzimmer.
„Denkt daran, wir treffen uns morgen um elf Uhr unten vor dem Hoteleingang“, erinnerte sie Tyron.
„Wir werden pünktlich da sein“, rief Angus und schloss die Hotelzimmertür.
„Endlich sind sie weg. Also wie sieht der eigentliche Plan aus“, fragte John und ließ sich auf einen der Sessel fallen.
„Also bis Tulsa werden wir die drei ertragen müssen. Dort werden wir eine Nacht in einem Motel verbringen und am nächsten Morgen ohne sie abhauen“, erklärte ich und wandte mich an Neil. „Hast du das Schlafmittel besorgt?“
„Ja, ich habe es vorhin abgeholt. Wir werden es ihnen in ihren Morgenkaffee kippen. Zur Vorsicht spritze ich davon noch etwas in die Muffins, die wir morgens zusammen mit dem Kaffee besorgen. Damit gehen wir auf Nummer sicher, denn sollten sie plötzlich keinen Kaffee wollen, wird unser Plan nicht aufgehen. Aber Muffins werden sie nicht verschmähen. So wie ich es mitbekommen habe, fahren sie voll darauf ab.“
„Das ist mir auch schon aufgefallen. Ok, sobald sie eingeschlafen sind, fesseln wir sie und sperren sie im Motelzimmer ein. Anschließend hauen wir ab und werden den Wagen wechseln, damit wir nicht gefunden werden“, sagte ich.
„Mir gefällt es immer noch nicht, dass wir die Mädchen mitnehmen. Ich möchte sie nicht in Gefahr bringen“, sagte Neil.
„Mir auch nicht, aber es ist für die beiden gefährlicher, wenn wir sie nicht mitnehmen. Alleine wenn wir flüchten, würde James mit Sicherheit sich erst die Mädchen schnappen, um ein Druckmittel gegen uns zu haben. Genauso wären sie in Gefahr, falls unser Plan schon vorher auffliegt“, entgegnete Tyron.
„Mein Bruder hat recht. Es ist sicherer für Ebby und Lynn, wenn sie bei uns sind. So können wir sie beschützen“, stimmte ich ihm zu.
„Ihr habt ja recht“, seufzte Neil. „Ich würde mich auch wohler fühlen und mir nicht so viele Gedanken machen, wenn ich wüsste, dass die beiden in Sicherheit sind.“
„Lorenzo weiß Bescheid“, fragte Tyron.
„Ja, mit ihm habe ich vorhin noch telefoniert. Wenn wir Hilfe benötigen sollen wir ihn anrufen.“
„Na dann kann doch nichts mehr schief gehen“, erwiderte mein Bruder.
„Das hoffe ich doch. Ich will endlich weg von James“, sagte ich.
Trisha:
Endlich war Mittagspause. Der Vormittag war wieder schlimm gewesen. Bereits am Morgen wurde mir ein ganzer Stapel Anträge von meinen Kollegen auf den Tisch geknallt, die ich alle bearbeiten sollte. Sie selbst hatten keine Lust dazu. Das hieß für mich wieder Überstunden machen und ich würde bis abends im Büro sitzen. Na ja wenigsten wurden die Überstunden bezahlt. So hätte ich etwas mehr Geld. Natürlich ließen mich meine Arbeitskollegen nicht in Ruhe. Sie lästerten laut über mich, sodass ich es mitbekam, mischten sich ständig in meine Arbeit ein und meinten, ich würde alles falsch machen. Einige Male waren sie bereits zum Chef gerannt und hatten behauptet, ich würde meine Arbeit nicht erledigen, am PC im Internet surfen und ständig am Tisch in der Teeküche sitzen und essen. Das war alles gelogen. Ich saß während der Arbeitszeit an meinen Arbeitsplatz und arbeitete. Ich wusste nicht, warum sie das behaupteten. Ich hatte ihnen nie etwas getan. Ich war froh, als ich endlich aus dem Büro draußen war. Nun musste ich mich beeilen, um zur Bank zu kommen. Ich hatte nur eine Stunde Pause und in der Zeit den Termin mit einer Beraterin. Zum Glück lag die Bank nur zwei Straßen weiter und ich konnte zu Fuß hingehen. Heute war ein schöner Septembertag. Die Sonne schien und es war angenehm warm. Ich betrat die Bank und ging zu einem Schalter, um mich anzumelden, da ich nicht wusste, wo ich hinmusste. Die Bankangestellte führte mich zu einen Bearbeitungsplatz an der eine Beraterin namens Brittany Smith saß.
„Guten Tag Miss Anderson. Ich bin Mrs. Smith. Bitte nehmen Sie doch platz“, sagte sie freundlich und deutete auf einen Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand. Ich tat, was sie sagte und setzte mich. „Was kann ich denn für Sie tun?“
„Ich wollte fragen, ob Sie mir einen kleinen Kredit genehmigen würden. Ich brauche ihn für eine neue Wohnung, bei der die Kaution etwas höher ist“, erklärte ich ihr.
„In welcher Höhe soll der Kredit denn sein“, fragte Mrs. Smith.
„Ich dachte da so an zweitausend Dollar. Dann hätte ich noch einen kleinen Puffer, falls ich noch etwas an Möbeln benötige.“
„Gut. Haben Sie denn den Einkommensnachweis und den Arbeitsvertrag dabei? Ohne die Dokumente kann ich nämlich keine Kreditanfrage starten.“ Ich reichte ihr die geforderten Unterlagen.
„Wann können Sie mir denn Bescheid geben, ob der Kredit genehmigt wird oder nicht? Ich muss der Vermieterin nämlich noch Bescheid geben, ob ich die Wohnung dann nehme. Ich möchte aus meiner alten Wohnung so schnell wie möglich raus, da ich mit dem Vermieter nicht klarkomme und er mich belästigt.“
„Oh, na da kann ich natürlich verstehen, dass Sie dort so schnell wie möglich ausziehen wollen. Also ich reiche es gleich ein und ich müsste spätestens morgen Früh eine Entscheidung haben.“
„Gut, dann komme ich morgen Mittag vorbei“, sagte ich, verabschiedete mich und stand auf. Ich ging den Gang zwischen den Bearbeitungsplätzen entlang in Richtung Ausgang und verließ die Bank. Hoffentlich wurde dieser Kredit bewilligt. Ich wollte nicht noch länger in dieser Wohnung wohnen. Noch konnte ich Mr. Waston ausweichen und von mir fernhalten. Wer wusste allerdings wie lange. Auf der Treppe, die hinunter zur Straße führte, rutschte ich auf etwas aus. Ich machte mich auf dem Aufprall gefasst, aber er kam nicht. Stattdessen wurde ich von zwei starken Armen aufgefangen. Ich schaute verwundert auf und blickte in zwei smaragdgrüne Augen. Ich versank regelrecht in ihnen.
„Geht es dir gut? Hast du dir wehgetan“, fragte der Junge mit den wunderschönen Augen. Ich schaute ihn mir genauer an. Er war einen Kopf größer als ich, schlank und muskulös, hatte hellbraune Haare, die wild auf seinem Kopf lagen und natürlich diese smaragdgrünen Augen.
„Äh ... ja ... mir geht es gut“, stotterte ich. „Danke, dass du mir geholfen hast.“
„Kein Problem, so einem wunderschönen Mädchen, wie du es bist, musste ich einfach helfen“, erwiderte er lächelnd. Ich wurde rot im Gesicht. So ein Kompliment hatte ich noch nie bekommen, wobei ich mir nicht sicher war, ob er es ernst meinte. Bis jetzt hatte mich noch nie ein Junge schön gefunden, geschweige denn wunderschön. Ich wurde von ihnen immer nur fertiggemacht. Ich selbst fand mich auch nicht schön. Ich hatte braune, lange Haare, braune Augen, war ein Meter fünfundsechzig groß und zweiundfünfzig Kilo schwer.
„Wir kennen uns doch. Du hast mich gestern Abend auf der Straße fast über den Haufen gerannt und den Tag davor haben wir uns im Supermarkt gesehen beziehungsweise bist du mit dem Einkaufswagen in meinen gefahren. Du scheinst es ziemlich eilig zu haben. Ich bin Ethan und wie heißt du“, fragte er mich. Stimmt. Ich hatte mich schon gefragt, woher ich ihn kannte, aber jetzt fiel es mir wieder ein. Ich war nach der Arbeit noch eben zur Apotheke geeilt. Als ich schnell um die Straßenecke bog, hatte ich ihn fast umgerannt. Ich hatte mich entschuldigt und war sofort weitergelaufen, weil es kurz vor Ladenschluss gewesen war. Dabei hatte ich ihn zwar angesehen, aber war mit meinen Gedanken ganz woanders gewesen. Dadurch war mir gar nicht aufgefallen, wie gut er doch aussah. Ja, und den Tag davor war ich nach Feierabend noch schnell etwas einkaufen gewesen. Ich wollte schnell nach Hause und sauste mit meinen Einkaufswagen die Gänge entlang zur Kasse. Er kam mir in die Quere und ich rammte seinen Einkaufswagen mit meinen. Ich entschuldigte mich und eilte weiter zur Kasse.
„Oh stimmt. Entschuldige noch mal. Ich war beide Male etwas in Eile. Ich bin Trisha“, erwiderte ich.
„Es ist ja nichts passiert. Hm, aber dafür musst du mit mir heute Nachmittag einen Kaffee trinken gehen“, grinste er mich an.
„Tut mir leid, ich muss leider bis heute Abend arbeiten“, erwiderte ich. So ein Mist, da wollte doch schon so ein gut aussehender Junge mit mir einen Kaffee trinken gehen und ich konnte nicht.
„Wie wäre es denn mit heute Abend. Natürlich nur, wenn du möchtest. Eine Straße von hier entfernt ist ein Italiener. Dort könnten wir etwas Essen gehen“, schlug er vor.
„Das hört sich gut an.“
„Ok, wie wäre es, wenn wir uns um acht Uhr vor dem Restaurant Bellissima treffen“, fragte er lächelnd.
„Ja, das können wir machen. Hier ich gebe dir aber noch meine Handynummer, falls dir etwas dazwischenkommt, damit du mich erreichen kannst“, sagte ich, holte aus meiner Tasche einen Zettel und einen Stift und schrieb sie ihm auf. Eigentlich wollte ich ja niemanden Fremdes meine Nummer geben, aber bei Ethan hatte ich irgendwie ein gutes Gefühl. Ich hoffte nur, er rief mich wirklich an und versetzte mich nicht einfach, wie es einige Typen schon getan hatten, die sich mit mir treffen wollten. Zumindest hatten sie es vorgetäuscht, um mich hinterher einfach zu versetzen. Keine Ahnung, warum sie so etwas getan hatten.
„Danke, aber mir wird nichts dazwischenkommen“, erwiderte er, als ich ihm den Zettel reichte. „So, ich muss jetzt aber auch los. Wir sehen uns ja dann heute Abend. Ich freue mich darauf.“
„Ich mich auch.“ Ich ging die Treppen hinunter und beeilte mich zur Arbeit zu kommen. Meine Pause war schon um. Ich konnte es immer noch nicht glauben. So ein gut aussehender Mann wollte mich wiedersehen.
Ethan:
Ich wollte gerade in die Bank hineingehen, als mir das Mädchen auffiel, das gerade aus dem Gebäude kam und die Treppe herunterging. Plötzlich rutschte sie aus und drohte zu fallen. Ich reagierte sofort und fing sie auf. Verdutzt schaute sie mich an. Sie hatte wohl auf den Aufprall gewartet. Ich konnte sie auch erst nur ansehen. Sie war wunderschön. Ihre langen braunen Haare flossen über ihren Rücken hinab und sie hatte so schöne braune Augen. Aber etwas war seltsam. In den Augen sah ich keinen Glanz. Sie wirkten leer. Aber warum? Was war dem Mädchen nur passiert, dass sie keine Lebensfreude mehr besaß? Ich kannte sie vom Sehen her beziehungsweise hatte sie mich am Tag zuvor fast über den Haufen gerannt. Sie schien in Eile gewesen zu sein. Genauso wie vor zwei Tagen, als sie mit ihrem Einkaufswagen im Supermarkt in meinen gerammt war. Sie hatte sich beide Male entschuldigt und war direkt weitergelaufen. Am Tag zuvor war mir schon aufgefallen, wie schön sie ist. Mein Innerstes wollte sie einfach kennenlernen, obwohl ich wusste, dass ich ab morgen auf der Flucht sein würde. Vielleicht gab es doch einen Weg, sie wiederzusehen. Vielleicht konnte ich ja in ein paar Wochen wieder nach New York zurückkommen. Sie hieß Trisha. Was für ein schöner Name. Er passte zu ihr. Ich dachte auch noch an sie, als ich in der Bank war. Nur jetzt musste ich mich erst einmal auf meinen Auftrag konzentrieren. Es war gar nicht so leicht. Ich hatte ständig ihre schönen braunen Augen im Kopf. Ich ließ meinen Blick durch die Bank gleiten. Schaute genau, wo welche Kamera hing, wie viele Angestellte in der Bank waren und welche Durchgänge es gab. Um nicht aufzufallen, gab ich mich als ein Kunde aus, der ein Schließfach in dieser Bank mieten wollte. Dazu hatte ich mir einen Anzug angezogen, denn es sah vornehmer aus.
„Kommen Sie bitte hier entlang Mr. Goldman“, sagte ein Bankangestellter, der mich zu den Schließfächern führen würde. Eigentlich hieß ich ja mit Nachnamen Bolton, hatte hier aber einen falschen Namen angegeben, damit morgen nicht doch ein Verdacht auf mich fallen würde. Wir würden zwar Sturmhauben tragen, aber ich war trotzdem vorsichtig. Wir gingen durch einen Gang und anschließend einige Treppen hinunter ins Untergeschoss. Auch hier schaute ich mir alles genau an und hatte sogar eine kleine versteckte Kamera in mein Jackett versteckt, die alles aufnahm. Wir kamen zu den Schließfächern, wo wir einige aufgrund des besonderen Schmucks ausräumen sollten. Die Schließfachnummern hatten wir bereits, damit wir wussten, welche es waren. Mich interessierte aber noch eher, wo der Tresor war und den hatte ich gefunden. Er lag genau gegenüber von den Schließfächern.
„Ich versichere Ihnen, dass Ihre Wertsachen hier absolut sicher sind“, erklärte der Bankangestellte.
„Das will ich doch hoffen. Was passiert denn, wenn sie bei einem Überfall gestohlen werden“, fragte ich direkt.
„Da brauchen Sie gar keine Angst haben. Unsere Bank wurde bis jetzt noch nie überfallen.“ Bis jetzt noch nicht, dass würde sich morgen aber ändern. Ich musste innerlich lächeln. „Außerdem haben wir sehr gute ausgebildete Sicherheitskräfte, die auf die Schließfächer aufpassen. Falls es doch passieren sollte, sind Ihre Wertsachen natürlich versichert“, fügte der Bankangestellte hinzu. Wir gingen wieder nach oben und er erstellte mir ein Angebot, was das Schließfach im Monat kosten sollte.
„Gut, ich werde mir Ihr Angebot noch einmal durch den Kopf gehen lassen und melde mich bei Ihnen die Tage noch einmal“, sagte ich, verabschiedete mich und ging aus der Bank. Mein nächster Weg führte mich zurück ins Hotel, wo Tyron, John, Neil und ich uns für die Tage einquartiert hatten. Natürlich auch hier unter falschen Namen. Angus, Vincent und Marek wohnten in einem anderen Hotel hier in der Stadt.
Trisha:
Ich kam fünf Minuten zu spät aus meiner Pause zurück und meine Arbeitskollegen hatten nichts Besseres zu tun, als mich bei unserem Chef zu verpfeifen.
„Miss Anderson, kommen Sie bitte in mein Büro“, sagte dieser, als ich mich gerade wieder auf meinen Platz setzen wollte. Ich konnte mir schon vorstellen, was jetzt kam und folgte ihm. „Sie sind zu spät aus ihrer Pause gekommen. Das kann ich nicht dulden“, sagte Mr. Newmann.
„Es tut mir leid. Es waren fünf Minuten und ich hatte einen Termin bei der Bank, der etwas länger gedauert hat“, versuchte ich ihm zu erklären.
„Das ist mir egal. Sie werden die Zeit heute nachholen.“
„Ich muss sowieso heute Überstunden machen, da mir die Kollegen ihre Arbeit auf den Tisch gelegt haben“, erwiderte ich.
„Das glaube ich Ihnen nicht. Hier arbeiten nur anständige Leute. Sie sollen aufhören, ständig ihre Kollegen für Sachen zu beschuldigen, die sie nicht gemacht haben“, herrschte er mich an.
„Tu ich auch gar nicht. Ich sage die Wahrheit. Nur Sie wollen mir nicht glauben“, verteidigte ich mich.
„Es reicht Miss Anderson. Es tut mir leid, aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Sie zwingen mich ja regelrecht dazu. Weil sie in meiner Firma nur Unruhe stiften, muss ich Sie leider fristlos kündigen. Packen Sie ihre Sachen und verlassen Sie bitte sofort das Büro.“ Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Er konnte mich doch nicht einfach so rauswerfen. Wo sollte ich denn so schnell einen neuen Job bekommen?
„Aber Mr. Newmann, ich habe doch nie etwas getan. Ich war fleißig und habe meine Arbeit immer sofort erledigt“, versuchte ich ihn umzustimmen.
„Da habe ich aber schon einige Male etwas anderes gehört. Deshalb hatten wir auch schon Gespräche. Es reicht mir mit Ihnen. Ich werde Ihnen die Kündigung in den nächsten Tagen zuschicken.“
„Natürlich haben sie etwas getan. Ich wurde hier doch nur gemobbt und Sie wollen das nicht einsehen“, schrie ich nun aufgebracht.
„Jetzt übertreiben Sie aber nicht. Mobbing gibt es in meiner Firma nicht und jetzt gehen Sie. Auf Wiedersehen Miss Anderson“, sagte Mr. Newmann und deutete mit seiner Hand auf die Tür. Ich verließ sein Büro und ging zu meinem Schreibtisch. Ich packte meine Sachen zusammen, wobei ich dabei von meinen Kollegen neugierig beobachtet wurde. Ich nahm meine Tasche und den Stapel an Anträgen und ging Richtung Tür.
„Ab jetzt, müsst ihr eure Arbeit alleine machen. Viel Spaß dabei“, zischte ich und knallte den Stapel Donna auf den Tisch. Sie war eine der treibenden Kräfte, die die anderen gegen mich aufgehetzt hatte. Nun starrte sie mich mit großen Augen überrascht über mein Tun an. Ich ging durch die Tür und verließ das Gebäude. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Was sollte ich denn jetzt nur tun? Woher sollte ich denn jetzt eine neue Arbeit bekommen? Ohne Arbeit würde ich doch auch nicht den Kredit bekommen und dadurch nicht die Kaution für die neue Wohnung. Vor allem aber, wovon sollte ich denn leben? Eigentlich machte sich ja ein Chef strafbar, wenn er Mobbing in der Firma nicht ernst nahm. Er musste dagegen vorgehen. Aber was könnte ich schon tun? Einen Anwalt einschalten konnte ich nicht. Ich hatte nicht das Geld dafür. Klar, wenn ich den Fall gewann, musste der Gegner den Anwalt und die Gerichtskosten bezahlen, aber was wäre, wenn ich verlor? Dann würde ich auf den Kosten sitzen und das konnte ich mir nicht leisten. Vor allem aber wollte ich sowieso nicht mehr in diese Firma zurück. Das Arbeitsklima wäre nach einer Klage doch noch unerträglicher. Ich beschloss erst einmal am Kiosk zwei weitere Zeitungen zu kaufen, in denen sich Stellenanzeigen befanden. Anschließend ging ich nach Hause, setzte mich auf meine Couch und ging die Stellenanzeigen durch. Warum lief eigentlich alles in meinen Leben so schief? Wieso konnte ich nicht auch einmal Glück haben? Ich hörte Schritte vor meiner Tür und hatte Angst, dass es mein Vermieter war. Ich schlich zur Tür, die ich, nachdem ich in die Wohnung gekommen war, schon abgeschlossen hatte und verriegelte sie leise mit den zwei Zusatzschlössern, die ich mir gekauft hatte, nachdem ich festgestellt hatte, dass er in meiner Wohnung gewesen war. Ich wollte nämlich nicht, dass er nachts auf einmal in meinem Schlafzimmer stand, wenn ich schlief. Ich hörte, wie jemand versuchte, die Tür aufzuschließen und derjenige fluchte, weil es nicht klappte. Tja schade, so leicht kommst du nicht mehr bei mir in die Wohnung, dachte ich und lachte leise. Anschließend ging ich zurück zur Couch und schaute mir weiter die Anzeigen an. Mir fiel eine ins Auge. Es war eine Stelle als Bedienung in einem Café. Ich war mir für fast gar nichts zu Schade. Na ja ok, ich würde keine Drogen verkaufen oder unter Zwang Leuten etwas andrehen, was sie gar nicht wollten. Auch wollte ich meinen Körper nicht verkaufen und als Prostituierte arbeiten. Ich verachtete die Frauen nicht, die diesen Job nachgingen. Es war einfach nur nichts für mich. Ich könnte nur mit einem Mann schlafen, den ich auch liebte. Ansonsten wäre mir die Arbeit egal. Ich nahm mein Handy und wählte die Nummer von dem Café. Nach dem zweiten Mal klingeln ging auch jemand dran.
„Café Bayton, mein Name ist Young. Guten Tag“, meldete sich eine freundliche Frauenstimme.
„Guten Tag, mein Name ist Trisha Anderson und ich rufe wegen Ihres Stellenangebotes als Bedienung in Ihrem Café an. Ich wollte nachfragen, ob die Stelle noch frei ist“, fragte ich.
„Ja, sie ist noch frei. Haben Sie denn Erfahrung als Bedienung“, fragte sie mich.
„Nein, leider nicht“, gab ich zu.
„Das macht nichts. So etwas lernt man schnell. Wie wäre es, wenn Sie morgen Vormittag um elf Uhr zu einem Vorstellungsgespräch vorbeikommen. Ach ja und bringen Sie bitte Ihre Unterlagen wie Bewerbung und Lebenslauf mit.“
„Das mache ich. Ich bin dann morgen um elf Uhr bei Ihnen“, erwiderte ich erfreut. Mrs. Young gab mir noch die Adresse und wir legten auf. Das wäre schön, wenn ich morgen die Stelle bekommen würde. Vielleicht wären dort die Arbeitskollegen netter. Ich setzte mich an den Küchentisch und begann gleich meine Bewerbung und den Lebenslauf an meinen alten Computer zu schreiben und die Unterlagen auszudrucken.
Ethan:
Als ich wieder im Hotelzimmer war, machte ich mich für den Abend fertig. Schließlich wollte ich für Trisha ja auch gut aussehen. Ich zog mir ein blaues Hemd und dazu eine schwarze Jeans an. Ich wollte gerade ins Badezimmer gehen, als Neil mir über den Weg lief.
„Hast du heute noch etwas vor, dass du dich so schick machst“, fragte er verwundert.
„Ja, ich gehe gleich mit einem Mädchen essen“, gestand ich ihm.
„Ich glaub es nicht. Mein Bruder hat ein Date. Das ich das noch erleben darf“, rief Tyron, der gerade aus dem Bad kam. Ich hatte noch nie eine feste Freundin gehabt und auch noch nie ein wirkliches Date. Es kam mal vor, dass ich einen One Night Stand hatte, wenn wir in einen Club gegangen waren, aber durch meinen Job wurde nie etwas Festeres daraus. Ich hatte aber auch nie die richtige Frau gefunden. Aber nun mit Trisha, na ja sie war wunderschön und etwas in meinen Inneren wollte sie unbedingt kennenlernen.
„Es ist kein richtiges Date. Wir gehen nur essen“, wehrte ich mich.
„Meinst du, es ist das Richtige, gerade jetzt, wo wir doch ab morgen auf der Flucht sind“, fragte Neil skeptisch. „Ich mein, was willst du ihr sagen, wenn du morgen einfach so verschwindest?“
„Ich weiß. Aber ich muss diese Frau einfach kennenlernen. Sie hat etwas Anziehendes an sich und ist dazu noch wunderschön“, schwärmte ich. „Ich werde ihr einfach erzählen, dass ich auf eine Geschäftsreise muss und vielleicht gibt es doch noch die Gelegenheit, dass wir uns wiedersehen können.“
„Ich finde es gut. Ich meine, ich habe Lynn auch nicht anders kennengelernt. Neil bei dir war es doch mit Ebby auch nicht anders“, sagte Tyron. Das stimmte, die Beiden hatten ihre Freundinnen auch in unmöglichen Situationen kennengelernt. Tyron lernte Lynn vor zwei Jahren vor einem Auftrag kennen, bei dem wir im Anschluss ebenfalls flüchten mussten. Allerdings hatte er sich nach drei Wochen mit ihr wieder getroffen und seitdem waren sie ein Paar. Neil hatte Ebby nur kurze Zeit später kennengelernt. Beide akzeptierten unsere Jobs und halfen uns sogar dabei. Lynn konnte sehr gut unsere Ausweise und Papiere fälschen. Die Materialien und auch die Computerausrüstung hatte sie von Lorenzo bekommen. Ebby hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sich um unser Äußeres zu kümmern, damit wir nicht so schnell erkannt wurden. Dieses Mal würde es aber nicht nötig sein, denn wir hatten sowieso Sturmhauben auf und konnten dadurch nicht erkannt werden. Ansonsten erledigten die Beiden kleine, nicht kriminelle Aufgaben für uns und sorgten für uns, damit wir nicht verhungerten und etwas Ordentliches zu essen bekamen. Sie waren der Meinung, wir würden uns zu viel von Fast Food ernähren.
„Da hast du recht und ich bin froh, dass Ebby mich trotz unseres Jobs liebt“, erwiderte Neil. „Vielleicht wird es bei dir ja genauso. Ich würde es mir für dich wünschen, dass du endlich auch deine zweite Hälfte findest“, wandte er sich mir zu.
„Wir werden sehen. So, ich muss mich jetzt aber fertig machen, sonst komme ich noch zu spät“, sagte ich und drängte mich an Tyron vorbei ins Bad.
Trisha:
Um halb sieben Uhr machte ich mich für das Essen fertig. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass so ein gutaussehender Mann mit mir wirklich essen gehen wollte. Als Erstes nahm ich eine ausgiebige Dusche. Das warme Wasser entspannte meine Muskeln. Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, zog ich mir meine Unterwäsche an und ging ins Schlafzimmer. Nun stand ich vor meinen Kleiderschrank und schaute, was ich anziehen könnte. Ich besaß nicht gerade viele Sachen, da ich es mir nicht wirklich leisten konnte, ständig shoppen zu gehen und mir neue Sachen zu kaufen. Ich nahm ein dunkelgraues Shirt und eine blaue Jeans aus dem Schrank und zog es an. Anschließend ging ich zurück ins Bad und föhnte meine Haare. Ich überlegte, was ich mit meinen Haaren machen sollte und ließ sie dann doch einfach offen über meine Schultern fallen. Ich nahm noch etwas Lidschatten und Kajal, einen Spritzer von meinem Lieblingsparfüm und schon war ich fertig. Ich schaute auf die Uhr. Es war nun halb acht. Ich beschloss mit meinen Wagen zu fahren, da ich spätabends nicht unbedingt alleine durch die New Yorker Straßen laufen wollte. Gerade weil ich nicht in der besten Gegend wohnte und mir diese nicht ganz geheuer war. Ok, wie auch, wenn man abends auf den Straßen Geschrei und auch schon mal einen Schuss gehört hatte. Polizeisirenen waren an der Tagesordnung und selbst tagsüber hielt man seine Tasche am besten ganz fest, bei so einigen Gestalten, die einem entgegenkamen. Ich mochte eigentlich keine Vorurteile und bildete mir gerne selbst eine Meinung, wenn man die Person kennenlernte, aber trotzdem durfte ich meine Vorsicht nicht walten lassen. Ich zog mir meine Jacke und Schuhe an, schnappte mir meine Tasche und ging aus der Wohnung. Wieder schaute ich mich um, ob mein Vermieter hier irgendwo im Haus lauerte. Er war nicht zu sehen. Trotzdem beeilte ich mich, mit schnellen Schritten aus dem Haus zu kommen. Ich hatte wirklich Angst vor ihm. Ich ging zu meinen Wagen, der an der Straße stand und stieg ein. Auf der Straße schaute ich mich einige Male um. Der Grund war nicht mein Vermieter. Auch nicht wegen der Wohngegend. Nein, es gab noch einen ganz anderen Grund. Ich startete den Wagen und fuhr los. Es dauerte nicht lange, bis ich bei dem Italiener ankam, den Ethan vorgeschlagen hatte. Ich suchte mir einen Parkplatz, stieg aus und ging zum Restaurant. Ich schaute kurz auf meine Uhr und bemerkte, dass ich zehn Minuten zu früh da war. Ich nahm meine Zigaretten aus der Tasche und zündete mir eine an. Ja, ich rauchte. Ich hatte damals damit angefangen, als mein Albtraum begann. Ich brauchte die Zigaretten einfach, um mich zu beruhigen. Durch den Stress mit den ständigen Umzügen, meines aufdringlichen Vermieters und auch des Mobbings an der Ex-Arbeitsstelle, konnte ich nicht einfach aufhören. Das war auch das Einzige, was ich mir wirklich gönnte. Allerdings war ich damit sehr sparsam und rauchte am Tag nicht sehr viele Zigaretten. Ich drückte gerade meine Zigarette auf dem Boden aus, als ich auch schon Ethan sah, der gerade zum Restaurant kam und ebenfalls eine Zigarette in der Hand hatte. Na ja wenigstens würde es ihn nicht stören, dass ich geraucht hatte.
„Hi. Wartest du schon lange“, fragte Ethan lächelnd, als er bei mir ankam.
„Nein, ich bin vor ein paar Minuten hier angekommen“, erwiderte ich ebenfalls lächelnd. Ich konnte es kaum glauben. Er war wirklich zum Restaurant gekommen. Eigentlich hatte ich ja damit gerechnet, dass er entweder vorher bereits absagen oder gar nicht erst am Restaurant erscheinen würde. Zumindest war es so erfahrungsgemäß bei vorherigen Verabredungen passiert. Gehofft hatte ich allerdings, dass er erscheinen würde und ich freute mich sehr ihn wiederzusehen. Ethan sah atemberaubend gut aus mit seinem blauen Hemd und der schwarzen Hose. Dazu trug er eine schwarze Lederjacke. Seine hellbraunen Haare lagen verwuschelt auf seinen Kopf.
„Wollen wir reingehen“, fragte er und ich nickte. Zusammen betraten wir das Restaurant, wobei Ethan mir die Tür aufhielt. Was für ein Gentleman.
„Guten Abend“, begrüßte uns ein Kellner. „Ein Tisch für Zwei“, fragte er nun.
„Ja genau“, bestätigte Ethan ihn.
„Folgen Sie mir bitte.“ Der Kellner brachte uns zu einem Tisch für zwei Personen, der in einer ruhigen Ecke stand. „Darf ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen“, fragte er, als wir uns gesetzt hatten.
„Wie wäre es mit einem Wein“, fragte mich Ethan.
„Ja, gerne“, erwiderte ich. Ethan bestellte zwei Gläser Wein, wobei ich den Namen gar nicht kannte. Er kannte sich anscheinend mit den verschiedenen Weinsorten aus. Der Kellner brachte den Wein und gab uns die Speisekarte. Ich schaute in die Karte. Mein erster Blick fiel auf die Preise. Ich überlegte, ob ich mir das überhaupt leisten konnte, denn ich konnte nicht verlangen, dass Ethan für mich bezahlte. Hatte ich überhaupt noch genug Geld dabei? Ich nahm meine Tasche auf meinen Schoß und schaute unauffällig in mein Portemonnaie. Erleichtert stellte ich fest, dass ich genug Geld dabeihatte.
„Was ist los“, fragte Ethan und schaute mich an. Mist, ich konnte ihm doch nicht die Wahrheit sagen, dass ich nachgeschaut hatte, ob ich genug Geld dabeihatte.
„Ich dachte, mein Handy hätte geklingelt“, log ich und hielt mein Handy hoch. „Ich muss mich wohl verhört haben.“ Ich hoffte, er nahm mir meine kleine Lüge ab. Ich konnte nämlich nicht gut lügen.
„Ach so. Weißt du schon, was du nimmst?“
„Ich glaube, ich werde die Salamipizza nehmen“, sagte ich. Die konnte ich mir auf jeden Fall leisten. „Und du?“ Ich stellte meine Tasche wieder auf den Boden.
„Ich nehme die Lasagne“, erwiderte er, legte die Karte zur Seite und winkte den Kellner zu uns. Wir gaben die Bestellung auf und der Kellner brachte uns die zwei Gläser Wein.
„Auf einen schönen Abend“, sagte Ethan und wir stießen an. Ich trank einen Schluck von dem Wein, der sehr gut schmeckte und stellte das Glas auf den Tisch. Ethan hatte den Richtigen ausgesucht.
„Erzähl mir etwas von dir“, forderte er mich auf.
„Was möchtest du denn wissen?“
„Hm, am liebsten alles. Aber fangen wir erst mal damit an, wie alt du bist.“
„Ich bin zwanzig und du?“ Ich wollte ihm nicht erzählen, dass ich heute Geburtstag hatte. Wie hätte das denn ausgesehen? Vielleicht hätte er sich noch dazu verpflichtet gefühlt mir zu gratulieren und das Essen zu bezahlen. Das wollte ich nicht. Mein Geburtstag war für mich schon seit vier Jahren nichts Besonderes mehr. Seit meine Eltern gestorben waren und für mich die Hölle begann.
„Eigentlich stell ich hier die Fragen, aber na gut. Ich bin fünfundzwanzig. Zufrieden“, fragte er grinsend.
„Ja, bin ich.“
„Ok, was hast du für Hobbys“, fragte er weiter.
„Ich lese und höre gerne Musik. Außerdem gehe ich auch gerne raus in die Natur, wobei hier in New York nicht gerade viel Natur ist.“
„Da hast du recht. Ich würde sagen, wir haben beide die gleichen Hobbys“, grinste er. Der Kellner kam mit unserem Essen, stellte die Teller auf den Tisch und wir begannen zu essen.
„Leben deine Eltern auch hier in New York“, fragte Ethan und ich verschluckte mich fast. Ich hätte eigentlich damit rechnen müssen, dass diese Frage kam.
„Nein, sie sind vor ein paar Jahren gestorben“, erwiderte ich leise.
„Oh, das tut mir leid“, sagte er reuevoll.
„Das muss es nicht. Es ist schon gut.“
„Lebst du jetzt bei Verwandten von dir?“
„Nein, ich lebe alleine. Wie sieht es bei dir aus? Hast du noch Geschwister“, fragte ich ihn schnell, um von mir abzulenken.
„Ja, einen älteren Bruder. Unsere Eltern haben uns damals in ein Heim abgeschoben. Sie wollten uns nicht mehr. Ich war damals gerade erst fünf“, erzählte er und ich sah den Schmerz in seinen Augen. Wie grausam konnten Eltern sein? Wie konnten sie nur ihre Kinder einfach in ein Heim abschieben? Wenn man sich für Kinder entschied und diese in die Welt setzte, so hatte man auch die Verantwortung für diese zu tragen und konnte sie nicht einfach abschieben, weil man keine Lust mehr auf sie hatte. Was mussten das nur für herzlose und grausame Menschen sein?
„Das ist ja schrecklich. Wie konnten sie nur so etwas tun“, fragte ich geschockt.
„Ich weiß es auch nicht. Aber ich möchte sie nie wiedersehen“, sagte er und biss die Zähne aufeinander. Er schien wütend auf seine Eltern zu sein. Aber wer wäre es nicht, wenn sie einen einfach in ein Heim abschieben würden. „Lass uns über etwas anderes sprechen“, schlug er vor und sein Gesicht hellte sich etwas auf. „Was für Musik hörst du gerne?“
„Ich mag klassische Musik gerne, höre aber auch gerne Sachen wie Pop und Rock.“
„Ich glaube, wir haben wieder einen Punkt für unsere Gemeinsamkeitenliste. Ich höre auch gerne Klassik. Es ist so entspannend.“
„Na wen haben wir denn da“, hörte ich plötzlich eine quietschige Stimme neben mir. Nein, bitte, das durfte jetzt nicht sein. Hatte ich noch nicht mal mehr außerhalb der Arbeit meine Ruhe? Ich drehte mich zur Seite und sah in das grinsende Gesicht von Emily Torn, einer Ex-Arbeitskollegin von mir. Sie war eine von denen, die mich am meisten gemobbt hatte.
„Lass mich einfach in Ruhe. Ihr habt es geschafft, mich aus der Firma zu kriegen und jetzt möchte ich nichts mehr mit euch zu tun haben“, sagte ich und wandte meinen Kopf ab. Ethan schaute mich interessiert an. Mir war es peinlich, dass sie mich ausgerechnet jetzt und vor ihm ansprechen musste.
„Ach Trisha, du musst es endlich einmal verstehen. Du bist nichts, du kannst nichts und du wirst es nie zu etwas bringen“, begann sie mich herunterzumachen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und hätte sie am liebsten geschlagen. Aber hier im Restaurant vor all den Leuten? Das ging nicht. „Außerdem kann ich nicht verstehen, was so ein gut aussehender Mann von so einem hässlichen Mädchen wie dir will.“ Sie wandte sich zu Ethan. „Hallo, ich bin Emily.“ Mir war das Ganze so peinlich und es war so entwürdigend, wie sie mich vor Ethan heruntermachte. Am liebsten wäre ich aufgestanden und aus dem Restaurant gerannt. Nur diese Genugtuung wollte ich Emily nicht geben. Das war genau das, was sie wollte. Ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, versuchte sie aber zu unterdrücken. Ich wollte nicht weinen. Nicht jetzt und nicht hier.
„Hallo“, erwiderte Ethan, würdigte ihr dabei aber keines Blickes. Sein Blick lag weiterhin auf mir und in ihm spiegelte sich Sorge. Sollte er sich wirklich um mich sorgen? Das hat, seitdem meine Eltern gestorben waren, niemand mehr getan gehabt.
„Wie wäre es, wenn wir den Laden hier verlassen und woanders hingehen“, fragte sie ihn zuckersüß.
„Nein, danke, ich habe kein Bedarf, meine Zeit mit einer Person zu verbringen, die ihre Mitmenschen nicht schätzt und sie stattdessen nieder macht. Das ist einfach nur ein armseliges Verhalten“, erwiderte er.
„Aber schau sie dir doch nur einmal an ...“, begann Emily, wurde aber von Ethan unterbrochen.
„Ja, ich schaue sie mir an. Ich schau sie sogar gerne an. Trisha ist eine wunderschöne, kluge, liebevolle junge Frau und mit ihr möchte ich gerne diesen Abend weiter verbringen.“ Er schaute mich schief lächelnd an und ich wurde rot im Gesicht, von seinem Kompliment.
„Aber ... .“
„Nichts aber. Verschwinde und lass uns in Ruhe, bevor ich dich von diesem Tisch entfernen lasse“, drohte ihr Ethan und hielt schon Ausschau nach dem Kellner. Murrend verschwand Emily, nicht ohne mir dabei noch einen bösen Blick zuzuwerfen.
„Danke für deine Hilfe, aber wenn du doch lieber etwas mit ihr unternehmen möchtest, kannst du es gerne tun“, sagte ich und eine Traurigkeit überkam mich.
„Nein, ich möchte viel lieber meinen Abend mit dir verbringen“, lächelte er, wurde dann aber ernst.
„Was hat sie dir angetan? So wie ich verstanden habe, ist sie eine Arbeitskollegin von dir.“
„Sie war eine Arbeitskollegin“, seufzte ich. Nun musste ich ihm wohl diese Geschichte erzählen. Ich atmete einmal tief durch und begann. „Also ich wurde auf meiner alten Arbeitsstelle von meinen Arbeitskollegen gemobbt.“ Ethan schaute mich geschockt an. „Schon am ersten Arbeitstag wurde ich von ihnen beschimpft, angemeckert oder es wurde auch einfach nur über mich laut gesprochen, sodass ich alles hören konnte. Ich weiß immer noch nicht, warum sie das taten. Ich habe ihnen nie etwas getan. Ich war immer nett und freundlich zu ihnen. Von Tag zu Tag wurde es eigentlich immer schlimmer. Bei jeder Gelegenheit wurde ich beim Chef verpetzt, die Kollegen legten mir einfach ihre Arbeit auf meinen Tisch, sodass ich Überstunden machen musste, um alles abzuarbeiten und sie wühlten in meinen Sachen herum. Deshalb nahm ich eigentlich immer meine Tasche mit, egal wo ich hinging. Mein Chef hat nie etwas dagegen getan. Er wollte gar nicht hören, dass ich gemobbt wurde. Es interessierte ihn einfach nicht“, sagte ich und eine Träne rann meine Wange entlang. Ich wollte nicht weinen, konnte die Träne aber nicht aufhalten.
„Hey, nicht weinen. Es ist alles gut. Jetzt brauchst du dort nicht mehr zu arbeiten und dich quälen lassen“, erwiderte Ethan und wischte mir mit seinen Daumen die Träne weg.
„Da hast du recht.“ Ich war froh darüber, dass er da war und mich tröstete. Ich hatte schon lange niemanden mehr, der mich mal tröstete, wenn es mir nicht gut ging.
„Wie lange warst du in der Firma?“
„Fast drei Monate“, erwiderte ich.
„Und so lange musstest du diese Qualen erleiden? Es muss echt schlimm für dich gewesen sein. Es tut mir wirklich leid. Du hast es nicht verdient so schlecht behandelt zu werden. Ich verstehe auch nicht, warum dein Chef nichts dagegen getan hat, schließlich ist Mobbing doch strafbar.“
„Er wollte es nicht sehen und auch nicht wahrhaben, dass so etwas in seiner Firma passiert. Ich bin allerdings froh, dass ich da endlich weg bin und nun suche ich einen neuen Job. Ich habe morgen ein Vorstellungsgespräch in einem Café. Vielleicht bekomme ich ja die Stelle“, erzählt ich ihm.
„Na, dann drücke ich dir mal ganz fest die Daumen, wobei ich mir sicher bin, dass du die Stelle bekommen wirst“, erwiderte Ethan.
„Danke, das ist so lieb von dir. Es tut mir leid, wenn ich den Abend mit dem negativen Teil meines Lebens kaputtgemacht habe.“
„Das hast du nicht. Zum Kennenlernen gehören nun mal auch die negativen Seiten des Lebens“, sagte er und lächelte sanft. Oh mein Gott, er war ein wahrer Engel. Unglaublich. Und er saß hier mit mir und wollte etwas über mein Leben wissen. Ich konnte es nicht glauben.
Wir unterhielten uns noch über alles Mögliche, aßen auf und bezahlten dann anschließend. Ich wollte gerade mein Portemonnaie aus der Tasche holen, als Ethan mich zurückhielt.
„Ich bezahle schon, denn schließlich habe ich dich eingeladen“, sagte er.
„Danke, aber das musst du doch nicht tun.“
„Doch das möchte ich aber.“
„Aber … ,“ protestierte ich.
„Keine Widerrede. Ich bezahle und gut ist“, erwiderte er und reichte dem Kellner das Geld.
Ethan:
Das Essen mit Trisha verlief eigentlich richtig gut. Bevor wir das Essen bestellten, bemerkte ich allerdings, dass Trisha nervös wurde und in ihrer Tasche kramte. Ich erkannte, dass sie in ihr Portemonnaie schaute. Hatte sie etwa Angst, dass ich sie für das Essen bezahlen ließ? So etwas würde ich nie tun. Es war selbstverständlich, dass ich für sie das Essen bezahlte. Als ich sie fragte, was los sei, erwiderte sie, dass sie dachte, ihr Handy hätte geklingelt. Auch wenn sie gelogen hatte, so wollte ich es dabei belassen. Ich wollte sie nicht in Verlegenheit bringen und ihr sagen, dass ich wusste, was sie wirklich getan hatte.
Wir unterhielten uns sehr gut, wobei es mir sehr leidtat, dass ihre Eltern gestorben waren. Das war wieder etwas, was wir gemeinsam hatten, wir mussten einen Teil unseres Lebens ohne Eltern auskommen. Wobei mein Teil größer war, als ihrer. Ich empfand für meine Eltern eigentlich nur noch Wut und Hass, dass sie uns einfach in ein Heim abgeschoben hatten. Dass sie uns nicht liebten. Bei Trisha schien allerdings auch etwas nicht zu stimmen. Sie lenkte schnell von sich ab mit Fragen über mein Leben. Das akzeptierte ich natürlich, auch wenn ich ziemlich neugierig war. Ihre Augen sprühten nur so vor Traurigkeit und Argwohn anderen Menschen gegenüber. Aber ich konnte sie zum Lachen bringen, auch wenn es nicht so ganz ihre Augen erreichte, war es das schönste Lachen, was ich jemals gesehen hatte. Und ich wollte es wieder sehen. Nicht nur das. Ich wollte ihr so gerne helfen, das Strahlen wieder in ihre Augen zu bekommen. Ihre Lebensfreude einfach wieder zu finden. Ansonsten stellten wir fest, dass wir sehr viele gemeinsame Interessen hatten.
Als diese Emily an unseren Tisch kam, Trisha beleidigte und dann auch noch mit mir etwas unternehmen wollte, war ich einfach nur geschockt. Dabei war diese Emily noch nicht einmal hübsch und betitelte Trisha als hässlich. Wie konnte sie nur? Trisha war wunderschön. Ich war ebenfalls geschockt, als Trisha mir erzählte, dass sie auf ihrer Arbeit gemobbt und anschließend von dem Chef gekündigt wurde. Sie tat mir so leid. Wie konnte man ihr so etwas nur antun? Sie war so ein liebevolles, freundliches Mädchen. Am liebsten würde ich mir diesen Chef mal vornehmen und ihm zeigen, dass er so Trisha nicht behandeln durfte. Aber das müsste ich wohl erst einmal verschieben, denn ich hatte morgen eine wichtige Aufgabe zu erledigen.
Trisha:
Nachdem wir das Restaurant verlassen hatten, begleitete Ethan mich noch bis zu meinen Wagen.
„Trisha, der Abend mit dir war sehr schön. Ich würde mich freuen, wenn wir uns wiedersehen“, sagte er.
„Ja, das würde mich auch freuen“, lächelte ich. Er wollte mich wirklich nach diesem Abend wiedersehen. Ich konnte es gar nicht fassen.
„Da bin ich aber froh. Allerdings muss ich ab morgen für zwei Wochen beruflich weg. Eine Geschäftsreise“, sagte er und schaute mich etwas traurig an.
„Oh“, brachte ich nur heraus. Ja, das war es nun. Ich würde dich gerne wiedersehen, bla bla bla, aber. Genauso etwas hatte ich schon gehört.
„Aber wenn du möchtest, können wir in der Zwischenzeit telefonieren oder Nachrichten schreiben“, schlug er vor und reichte mir einen Zettel mit seiner Handynummer. „Und wenn ich wieder da bin, können wir wieder etwas zusammen unternehmen.“
„Das hört sich gut an. Was machst du eigentlich beruflich“, fragte ich neugierig, denn er hatte es mir noch gar nicht erzählt.
„Ich arbeite im Finanzgewerbe. Nicht gerade die spannendste Arbeit“, erwiderte er.
„Davon musst du mir dann mal genauer erzählen.“
„Das werde ich.“ Wir kamen an meinen Wagen an und ich dachte ich sehe nicht richtig. An meinen Wagen waren alle vier Reifen zerstochen.
„Das kann doch nicht wahr sein“, rief ich und lief einmal komplett um meinen Wagen herum. Wirklich alle vier Reifen waren kaputt. Wie sollte ich das denn nun wieder bezahlen? Vor allem, wer tat so etwas? Mir fiel gerade nur eine Person ein. Emily. Ja, ihr würde ich es zutrauen. Aus Wut, weil Ethan nicht den Abend mit ihr verbringen wollte. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Es waren Tränen der Verzweiflung und der Wut. Aber ich wollte nicht vor Ethan weinen. Wie würde das denn aussehen? Er sollte mich nicht für eine Heulsuse halten. Deshalb unterdrückte ich die Tränen. Weinen konnte ich auch noch, wenn ich Zuhause war. Nur das würde jetzt noch etwas dauern, denn so wie es aussah, musste ich zu Fuß nach Hause laufen. Mit der U-Bahn wollte ich jetzt um diese Zeit nicht mehr fahren. Da lungerten so unheimliche Typen herum. Ethan betrachtete meine Reifen. Er schien zu überlegen.
„Soll ich dich nach Hause fahren. Ich glaube ja mal nicht, dass du vier Ersatzreifen im Auto hast“, mutmaßte er.
„Nein, habe ich leider nicht. Du brauchst mich aber nicht extra nach Hause bringen. Ich kann auch zu Fuß gehen“, sagte ich, denn ich wollte nicht, dass er sich die Mühe machte, um mich nach Hause zu bringen.
„Ich werde dich doch nicht um diese Uhrzeit alleine durch die Straßen gehen lassen. In dieser Stadt gibt es nicht nur gute Menschen.“ Ja, das wusste ich selber. Ich hatte es schon selbst erlebt. Nicht nur auf der Arbeit, sondern einer wohnte auch bei mir im Haus. Mein Vermieter, von dem ich so schnell wie möglich wegwollte.
„Na gut, aber nur, wenn es dir keine Umstände macht“, gab ich schließlich nach.