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Lexi lebt in New York und studiert an einer der renommiertesten Privatuniversitäten des Landes. Dort herrschen klare Regeln. Wer sie bricht, fliegt raus. Eine dieser Regeln ist, dass Beziehungen zwischen Dozenten und Studenten verboten sind. Lexi ist dabei genau diese Regel zu brechen, als sie den gutaussehenden und attraktiven Dozenten Ian kennenlernt und die beiden sich inei-nander verlieben. Sie wissen, sie tun etwas Verbotenes, doch ihr Verlangen zueinander ist stärker. Das Risiko ist groß erwischt zu werden. Gelingt es ihnen das Verbot zu trotzen und ihre Liebe geheim zu halten?
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Seitenzahl: 484
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Lexi lebt in New York und studiert an einer der renommiertesten Privatuniversitäten des Landes. Dort herrschen klare Regeln. Wer sie bricht, fliegt raus. Eine dieser Regeln ist, dass Beziehungen zwischen Dozenten und Studenten verboten sind. Lexi ist dabei genau diese Regel zu brechen, als sie den gutaussehenden und attraktiven Dozenten Ian kennenlernt und die beiden sich ineinander verlieben. Sie wissen, sie tun etwas Verbotenes, doch ihr Verlangen zueinander ist stärker. Das Risiko ist groß erwischt zu werden. Gelingt es ihnen das Verbot zu trotzen und ihre Liebe geheim zu halten?
Ally Trust ist in Deutschland geboren und lebt dort in einem kleinen ruhigen Ort. Schon in der Kindheit hat sie sich Geschichten ausgedacht und begann in ihrer Jugend mit dem Schreiben. Seitdem schreibt sie leidenschaftlich gerne. 2011 veröffentlichte sie ihr erstes Buch. Vor ihren Büchern hat sie schon einige Kurzgeschichten geschrieben und veröffentlicht.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Epilog
„Sehr geehrte Fluggäste, wir beginnen nun mit dem Landeanflug auf New York. Wir möchten Sie bitten die Sicherheitsgurte anzulegen. Bitte bringen Sie Ihren Sitz in eine aufrechte Sitzposition und klappen Sie den Tisch hoch“, erklang die freundliche Stimme der Stewardess aus den Lautsprechern im Flugzeug. Ich klappte mein Buch zu und packte es in meine Tasche, die im Fußraum stand. Ich setzte mich wieder aufrecht auf den Sitz und legte den Sicherheitsgurt an, so wie die Stewardess es gesagt hatte.
„Entschuldigen Sie Sir, Sie müssen Ihren Sicherheitsgurt anlegen“, hörte ich die Stewardess zu jemanden in der Sitzreihe hinter mir sagen.
„Oh natürlich. Entschuldigen Sie bitte. Das Buch war gerade sehr spannend“, antwortete ihr eine männliche samtene Stimme. Sie löste in mir einen wolligen Schauer aus. Nur zu gerne wollte ich wissen, wie dieser Mann aussah, dem diese Stimme gehörte. Doch da mein Sitznachbar, ein Mann im mittleren Alter, sich sehr breit machte und mit seiner Schulter mir die Sicht durch den Spalt der Sitze versperrte, blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis die Maschine gelandet war und wir ausstiegen. Es nervte mich schon den ganzen Flug über, dass ich so wenig Platz hatte, aber ich wollte es doch genauso haben. Meine Eltern wollten mir ein Ticket für die Business-Class kaufen, aber ich wollte viel lieber normal in der Economy-Class fliegen, denn ich brauchte diesen Luxus nicht. Es waren nur ungefähr zweieinhalb Stunden, die ich von Orlando bis New York flog. Diese kurze Zeit konnte ich auch mit einer Standardausstattung im Flugzeug überstehen. Abgesehen davon hätte ich dann auch nicht diese wundervolle männliche Stimme gehört, von der ich mich fragte, wie wohl der Besitzer dieser Stimme aussah. Ich seufzte leise, sah aus dem Fenster und schaute dem Flugzeug beim Landen zu. New York war seit vier Jahren meine neue Heimat. Ich studierte an der Privatuniversität Design and Arts Mediendesign und war für dieses Studium nach New York gezogen. Zur Zeit waren Semesterferien. Gut sie waren heute zu Ende, denn morgen begann das neue Semester. Meine Ferien hatte ich in Orlando bei meinen Eltern verbracht. Naja eher in meinem Elternhaus, denn meine Eltern waren die meiste Zeit nicht Zuhause gewesen. Ich kannte es nicht anders. Meine Eltern waren beruflich sehr eingespannt und hatten schon immer wenig Zeit für mich. Mein Vater besaß eine Baufirma in der meine Mutter, die Rechtsanwältin von Beruf war, in der Rechtsabteilung arbeitete. Da die Firma landesweit Aufträge bekam, waren meine Eltern oft auf Geschäftsreisen, um Bauaufträge zu besprechen und Verträge abzuschließen. Bis zu meinem Highschoolabschluss war ich sehr oft bei meinen Großeltern, die ebenfalls in Orlando gelebt hatten. Sie hatten sich, in den Zeiten, in denen meine Eltern auf Geschäftsreisen gewesen waren, um mich gekümmert. Nun waren meine Großeltern im Himmel. Beide waren sie letztes Jahr gestorben. Meine Großmutter hatte Darmkrebs gehabt und mein Großvater war nur ein halbes Jahr später, nachdem meine Großmutter von uns gegangen war, an einem Herzinfarkt gestorben. Ich vermisste sie sehr. Sie waren die besten Großeltern gewesen, die sich ein Kind wünschen konnte. Sie taten alles, damit es mir gut ging und um mich glücklich zu machen, denn ich war oft sehr traurig gewesen, dass meine Eltern kaum Zeit für mich hatten. Dafür war ich meinen Großeltern sehr dankbar. Ich wusste, dass meine Eltern so viel arbeiteten, um sich und für mich ein schönes und sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Ich fände es allerdings schöner, wenn sie nicht so viel arbeiten würden und dafür mehr Zeit für mich hätten. Lieber hätte ich weniger Geld zur Verfügung, dafür aber mehr gemeinsame Zeit mit meinen Eltern.
Das Flugzeug war gelandet und die Leute begannen eilig ihre Sachen aus den Gepäckablagen zu nehmen. Anschließend drängten sie aus dem Flugzeug. Ich blieb noch etwas sitzen, denn ich hatte keine Lust mich mit ins Gedränge zu stürzen. Ich schaute zu, wie die Leute aus dem Flugzeug eilten, als ob sie Angst hätten nicht herauszukommen. Dabei wurde gedrängt, geschubst und gemeckert, wenn es den Leuten nicht schnell genug ging. Nebenbei schaltete ich mein Handy wieder ein, welches ich während des Fluges ausgeschaltet hatte. Langsam leerte sich das Flugzeug. Ich löste den Sicherheitsgurt, nahm meine Tasche und stand auf. Zum Glück war der Mann, der neben mir gesessen hatte, bereits gegangen und so konnte ich die Sitzreihe verlassen. Ich öffnete die Klappe, der Gepäckablage und versuchte meinen Trolli dort herauszuholen.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte mich die samtene Männerstimme, die ich kurz vor der Landung bereits gehört hatte. Wieder löste diese Stimme in mir einen wolligen Schauer aus. Ich drehte mich neugierig zur Seite, denn ich wollte immer noch wissen, wem diese Stimme gehörte und es verschlug mir glatt die Sprache. Vor mir stand ein atemberaubend gutaussehender Mann und lächelte mich an. Er war ein Meter neunzig groß, hatte einen sportlichen Körper, dunkelbraune kurze Haare und grüne Augen. Sein Drei-Tage-Bart ließ ihn etwas verwegen wirken, was ihn aber nur um so anziehender machte. Ich schätzte ihn vom Alter her auf Mitte oder Ende zwanzig.
„Warten Sie. Ich hole Ihnen den Koffer aus dem Gepäckfach“, sagte er, nachdem ich nichts erwidert hatte. Mit einer Leichtigkeit holte er meinen Trolli aus dem Fach und stellte ihn neben mir auf den Boden.
„Danke“, brachte ich gerade so heraus.
„Das habe ich gerne gemacht“, erwiderte er und lächelte.
„Könnten Sie mal gehen? Hier wollen noch Leute aus dem Flugzeug aussteigen“, blaffte eine Frau hinter ihm.
„Oh natürlich. Entschuldigen Sie bitte“, entschuldigte er sich höflich. Ich fasste den Griff meines Trollis und machte mich auf den Weg Richtung Flugzeugtür. Währenddessen drehte ich mich kurz um und sah, dass dieser gutaussehende Mann mir lächelnd folgte. Ich lächelte zurück, drehte mich wieder nach vorne und erreichte die Flugzeugtür. Ich verließ das Flugzeug und ging durch das Gate hindurch in die Flughafenhalle.
„Wo müssen wir denn jetzt hin?“, fragte mich der gutaussehende Mann und tauchte an meiner linken Seite auf.
„Zu den Gepäckbändern geht es da vorne entlang“, erwiderte ich und deutete auf den Weg vor uns, der zu den Gepäckbändern führte. „Wenn Sie allerdings kein Gepäck haben, dann können Sie auch dort vorne zum Ausgang gehen.“ Mittlerweile kannte ich mich am Flughafen aus. In den letzten vier Jahren war ich oft nach Orlando geflogen, um meine Eltern zu besuchen oder um einfach nur meine Semesterferien Zuhause zu verbringen.
„Nein, nein, ich habe Gepäck dabei. Wohnen Sie hier in New York?“, fragte er.
„Ja das tue ich. Wohnen Sie auch hier in New York oder sind Sie nur zu Besuch in der Stadt?“
„Ich wohne in New Jersey. Eher gesagt bin ich erst vor zwei Wochen in die Stadt gezogen. Ich beginne morgen meinen neuen Job. Ich musste nur noch etwas in Florida erledigen. Wissen Sie, ich musste noch die Schlüssel meiner alten Wohnung beim Vermieter abgeben und noch einige bürokratische Dinge klären“, erzählte er.
„Oh, Sie haben in Florida gelebt? In welcher Stadt denn?“, fragte ich neugierig.
„In Orlando. Stammen Sie aus Florida?“, wollte er wissen. Mittlerweile waren wir an dem Gepäckband von unserem Flugzeug angekommen.
„Ja, meine Eltern wohnen in Orlando. Dort bin ich aufgewachsen. Ich wohne erst seit vier Jahren in New York.“
„Arbeiten Sie hier in der Stadt?“, fragte er und hielt, wie ich, Ausschau nach seinem Gepäck.
„Nein, ich studiere hier. Oh, da ist mein Koffer“, sagte ich und ging zum Gepäckband.
„Warten Sie. Ich mache das schon.“ Er schnappte sich meinen Koffer, nahm ihn vom Band und stellte ihn neben mir auf den Boden.
„Vielen Dank“, bedankte ich mich bei ihm.
„Das habe ich gerne gemacht. Na und da ist mein Koffer“, sagte er und nahm ihn ebenfalls vom Gepäckband. „Hätten Sie Lust mit mir noch einen Kaffee trinken zu gehen?“ Hatte er das jetzt wirklich gefragt? Er wollte mit mir einen Kaffee trinken gehen? Er war ein Adonis und ich wirkte neben ihm nur durchschnittlich. Meine beiden besten Freundinnen sagten zwar immer, ich könnte mit meinem Aussehen als Model arbeiten, doch ich teilte Ihre Ansicht nicht. Ich fand mich mit meiner schlanken Figur, den ein Meter fünfundsechzig, den blauen Augen und den hellbraunen kinnlangen Haaren ganz annehmbar, doch ich war der Meinung, dass meine Freundinnen noch hübscher waren und eher als Models arbeiten konnten, als ich.
„Ja, sehr gerne“, erwiderte ich lächelnd. Er lächelte mich ebenfalls an und seine grünen Augen leuchteten strahlend. Sie zogen mich regelrecht in einem Bann. Ein Klingeln riss mich wieder in die Realität zurück.
„Oh, das ist mein Handy“, sagte der gutaussehende Mann und holte sein Handy aus seiner Tasche heraus. „Entschuldigen Sie, da muss ich kurz herangehen.“
„Es ist schon in Ordnung“, versicherte ich ihm, als er mich entschuldigend ansah. Es war bestimmt seine Freundin, die ihn anrief. So ein gutaussehender Mann konnte kein Single sein. Er hatte sicherlich eine Freundin. Vielleicht war er sogar schon verheiratet und hatte Kinder.
„Hey Linus, was ist los“, fragte er, als er das Gespräch annahm. Linus? Das war ein Männername. Also war es nicht seine Freundin oder gar Ehefrau, die anrief. Oder war er etwa homosexuell und dieser Linus war sein Freund? Ich hatte nichts gegen Homosexuelle. Im Gegenteil. Jeder Mensch sollte selbst entscheiden, ob er beziehungsweise sie einen Mann oder eine Frau liebte und das sollte auch von der Menschheit respektiert werden. Es gab nicht normal oder anormal. Wo die Liebe halt hinfiel. Aber dieser Mann hier wäre echt der Frauenwelt verloren gegangen, wenn er homosexuell wäre. „Ich stehe am Gepäckband. Aber ihr hättet doch nicht extra herkommen müssen. Ich hätte mir auch ein Taxi nehmen können. Wo wartet ihr denn?“, fragte er und sah nicht gerade begeistert aus, dass er anscheinend abgeholt wurde. Das war es wohl mit Kaffeetrinken gehen. Höchstwahrscheinlich sah ich ihn nun nie wieder. „Ja ist gut. Ich komme dahin. Bis gleich“, sagt er und legte auf. „Das war mein Bruder“, wandte er sich wieder mir zu. Sein Bruder! Erleichterung durchströmte mich, dass es nicht sein Freund und auch nicht seine Freundin, wenn sie einen Männernamen hatte, am Handy gewesen war. Das hieß allerdings nicht, dass er Single war. Aber warum sollte er dann mit mir Kaffeetrinken gehen wollen, wenn er in einer festen Beziehung wäre?
„Er und seine Freundin sind extra zum Flughafen gekommen, um mich abzuholen. Eigentlich wollte ich mit dem Taxi nach Hause fahren. So wie es aussieht müssen wir das mit dem Kaffeetrinken verschieben“, sagte er und wirkte darüber nicht glücklich.
„Das macht doch nichts. Aber es ist wirklich sehr schade. Ich wäre gerne mit Ihnen einen Kaffee trinken gegangen“, tat ich es ab, war aber doch sehr enttäuscht darüber nicht noch etwas mehr Zeit mit diesem atemberaubenden Mann verbringen zu können.
„Wir holen das auf jeden Fall nach.“ Er holte einen Zettel und einen Stift aus der Tasche und schrieb etwas auf. „Hier ist meine Nummer. Rufen Sie mich an, wenn Sie Zeit haben, um mit mir einen Kaffee trinken oder etwas essen zu gehen. Ich würde mich sehr freuen Sie wiederzusehen“, sagte er und reichte mir den Zettel.
„Danke, das werde ich. Ich würde mich auch sehr freuen Sie wiederzusehen“, erwiderte ich und nahm den Zettel.
„Es tut mir wirklich sehr leid. Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit Ihnen verbracht. Können wir Sie vielleicht mitnehmen?“
„Nein, das brauchen Sie nicht. Ich fahre mit dem Taxi heim“, sagte ich, denn ich wollte nicht, dass sie meinetwegen einen Umweg fuhren. Vor allem wusste ich nicht, ob sein Bruder mich überhaupt mitnehmen würde.
„Sind Sie sicher?“, fragte er.
„Ja. Sie brauchen sich meinetwegen keine Umstände zu machen und einen Umweg fahren. Ich nehme mir ein Taxi“, versicherte ich ihm.
„Das wäre kein Umstand“, erwiderte er. Sein Handy klingelte wieder und er schaute genervt aus, als er dranging.
„Ich komme doch schon“, sagte er und verdrehte die Augen. Er legte auf und steckte sein Handy in die Tasche. „Ich muss leider los. Mein Bruder drängelt, weil er nachher das Footballspiel im Fernsehen schauen möchte“, erklärte er mir.
„Das ist schon in Ordnung. Dann sollten Sie Ihren Bruder nicht warten lassen, wenn er noch etwas vorhat.“
„Begleiten Sie mich noch bis zum Ausgang?“, fragte er.
„Das würde ich sehr gerne. Allerdings muss ich noch schnell zur Toilette. Sie können ruhig schon gehen. Ihr Bruder wartet schließlich auf Sie.“ In diesem Moment verfluchte ich meine Blase, dass sie ausgerechnet jetzt drücken musste und mich dadurch von diesem Mann trennte.
„Ungern. Aber Sie haben recht. Ich muss jetzt mal los. Ich hoffe, Sie melden sich und wir sehen uns wieder“, kam es von ihm und er sah mich erwartungsvoll an.
„Das werde ich“, versicherte ich ihm.
„Das würde mich wirklich freuen. Da fällt mir ein, ich weiß gar nicht Ihren Namen.“ Das stimmte. Wir hatten uns noch gar nicht vorgestellt.
„Ich heiße Lexi“, sagte ich.
„Lexi! Ein sehr schöner Name. Ich nehme an, dass es ein Spitzname ist“, mutmaßte er und hatte recht damit.
„Ja. Eigentlich heiße ich Alexa, aber meine Familie und meine Freunde nennen mich Lexi“, erklärte ich ihm.
„Alexa ist auch ein sehr schöner Name. Es ist mir eine Ehre Sie bei Ihrem Spitznamen nennen zu dürfen“, grinste er.
„Und wie ist Ihr Name“, wollte ich neugierig wissen. Mit ihm war es irgendwie so einfach sich zu unterhalten. Er hatte etwas Beruhigendes, sicher fühlendes an sich. Es war schwer zu beschreiben, aber ich fand es gut.
„Oh, ja natürlich. Ich bin Ian“, stellt er sich vor.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Ian“, grinste ich und reichte ihm die Hand.
„Mich freut es auch Sie kennenzulernen“, grinste er ebenfalls, nahm meine Hand und schüttelte sie kurz. Allerdings ließ er sie anschließend nicht wieder los. Stattdessen schaute er mir tief in die Augen. Ich versank schon wieder in seinen wundervollen Augen und vergaß glatt, dass wir mit unseren Koffern am Gepäckband standen. Ich hörte immer mal wieder Leute um uns herum, die sich beschwerten, dass wir ihnen im Weg standen, aber das war mir vollkommen egal. Erst ein Klingeln eines Handys und Ians leises Fluchen holte mich wieder in die Realität zurück. Er ließ widerwillig meine Hand los und holte sein Handy aus der Tasche.
„Ich bin schon unterwegs“, sprach er ins Handy, nachdem er drangegangen war und legte kurz darauf wieder auf. „Ich muss jetzt wirklich los. Ich freue mich schon darauf Sie wiederzusehen“, sagte er lächelnd zu mir.
„Ich mich auch.“
„Kommen Sie gut heim. Bis bald.“ Ian nahm seinen Koffer und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Dabei drehte er sich immer wieder zu mir um und lächelte mich an. Ich lächelte jedes Mal zurück. Als er durch den Ausgang gegangen war, nahm ich ebenfalls meinen Koffer und ging zu den Toiletten. Jetzt wurde es auch wirklich Zeit. Meine Blase drückte wie verrückt. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Dieser atemberaubende Mann wollte mich wirklich wiedersehen.
„Alexa Edison, warum meldest du dich nicht, ob du gut angekommen bist?“, polterte meine Mutter los, nachdem ich den Anruf am Handy entgegengenommen hatte. Ich war gerade erst in meine Wohnung hineingegangen, als sie anrief.
„Ich wollte dich gleich anrufen. Ich bin jetzt gerade erst nach Hause gekommen.“
„Du solltest doch sofort anrufen, wenn du aus dem Flugzeug ausgestiegen bist. Warum hast du dich nicht gemeldet? Dein Vater und ich haben uns Sorgen gemacht“, wollte sie wissen.
„Ich habe es vergessen. Es tut mir leid“, entschuldigte ich mich bei ihr und meinte es auch ernst. Ich wusste, dass meine Eltern sich um mich Sorgen machten. Gerade weil ich in einer anderen Stadt, in einem anderen Bundesstaat lebte. Sie waren erst dagegen, dass ich so weit von Zuhause entfernt leben würde. Andererseits wollten sie für mich die beste Ausbildung und die wurde mir laut meinem Vater an der Privatuniversität Design and Arts geboten. Er hatte diese Universität von einem Geschäftspartner empfohlen bekommen, dessen Tochter dort studiert hatte. Als ich hörte, dass diese Uni sich in New York befand, stand für mich fest, dass ich dort studieren wollte. Ich wollte schon immer in New York leben. Diese Stadt hatte es mir einfach angetan, seitdem ich mit meinen Eltern einmal in den Schulferien dort gewesen war. Sie hatten einen Geschäftstermin gehabt, den sie mit einem Kurztrip in die Stadt verbunden hatten. Meine Mutter stimmte dem Umzug nur zu, wenn ich in eine sichere Wohngegend in der Stadt zog, die sie natürlich aussuchte. Meine Großeltern kamen meinen Eltern mit dem Wohnungskauf zuvor. Sie ließen es sich nicht nehmen, die erste Wohnung ihrer Enkelin zu bezahlen und so kauften Sie mir eine schöne Drei-Zimmer-Wohnung an der Westside am Hudson River, in der Gegend., die meine Mutter ausgesucht hatte. Mein Großvater kannte den Immobilienmakler, der die Wohnungen in diesem Haus verkaufte und handelte noch einen satten Rabatt auf den Kaufpreis heraus. Meine Mutter war mit dem Haus zufrieden. Das Grundstück, auf dem sich das Haus befand, war eingezäunt und hatte ein Eingangstor, welches nur durch einen Zahlencode, den jeder Bewohner hatte, geöffnet werden konnte. Die Türklingeln der Bewohner befanden sich ebenfalls am Eingangstor, das zudem mit einer Kamera überwacht wurde. In die Tiefgarage, die sich im Untergeschoss des Hauses befand, kam man ebenfalls nur mit dem Zahlencode, den man am Zufahrtstor des Grundstückes eingeben musste. Dieses Haus war also vollkommen vor Eindringlingen und Einbrechern sicher und meine Mutter brauchte sich keine Sorgen darüber machen, dass mir etwas passieren könnte.
„Wie war der Flug?“, wollte meine Mutter wissen.
„Gut soweit. Wir sind pünktlich abgeflogen und ohne Verspätung gelandet. Es gab auch keine Komplikationen“, berichtete ich ihr, ließ allerdings aus, dass ich Ian im Flugzeug kennengelernt hatte und dass ich wegen unserer Unterhaltung am Gepäckband ganz vergessen hatte sie anzurufen. Sie hätte mich nur über ihn ausgefragt, wie Mütter halt sein konnten und das wollte ich nicht. Abgesehen davon hatten wir uns doch auch nur unterhalten. Mehr war doch gar nicht gewesen. Wir waren schließlich kein Paar, also brauchte sie von ihm auch nichts zu wissen.
„Da bin ich aber beruhigt. Ach mein Schatz, es tut mir so leid, dass dein Vater und ich nicht so viel Zeit für dich hatten, als du hier Zuhause warst. Schließlich hast du deine Semesterferien Zuhause verbracht, aber wir waren nicht oft da.“
„Das war doch nicht so schlimm, Mum. Ich wusste doch, dass ihr arbeiten musstet. Abgesehen davon habe ich die Zeit mit euch genossen, auch wenn sie begrenzt war.“
„Bei deinem nächsten Besuch werden wir uns nur für dich Zeit nehmen“, versprach sie mir. Ich kannte diese Versprechen bereits. Meine Eltern versprachen mir immer, sie würden sich Zeit für mich nehmen und dann kam ihnen doch wieder die Arbeit dazwischen. Mir war es egal. Ich wusste schon, wie ich mir die Zeit Zuhause vertrieb. Sei es einfach nur auszuspannen oder etwas zu unternehmen.
„So mein Schatz, ich muss jetzt auflegen. Dein Vater und ich sind doch heute bei den Jeffersons zum Essen eingeladen und ich muss mich noch fertig machen.“
„Stimmt, davon hattest du etwas erzählt“, fiel mir ein. Die Jeffersons waren die Nachbarn meiner Eltern und eine nette Familie. Ihr Sohn Tim war zwei Jahre älter als ich und studierte Medizin. Er wollte in die Fußstapfen seines Vaters treten, der Professor der Chirurgie in Orlando im Krankenhaus war. Seine Mutter war Heilpraktikerin und besaß eine eigene Praxis.
„Wir telefonieren diese Woche noch einmal. Ich wünsche dir morgen einen schönen Semesterbeginn. Lerne fleißig“, sagte meine Mutter in einem liebevollen aber doch mahnenden Tonfall. Ich wusste, sie meinte es nur gut und sie wollte, dass ich eine gute Ausbildung bekam. Sie war keine dieser Mütter, der es egal war, was aus ihrem Kind wurde. Sie wollte, dass ich einen guten Studienabschluss machte und einen erfolgversprechenden Job ausübte, so wie sie es tat. Rachel Edison hatte damals als Klassenbeste ihres Studienjahrgangs ihr Studium abgeschlossen. Nach dem Studium hatte sie in einer der bekanntesten Rechtsanwaltskanzleien in Orlando angefangen zu arbeiten und gleich bei Ihrem ersten Rechtsfall meinen Vater Carl kennengelernt. Mein Vater besaß damals schon seine Baufirma, die er von meinem Großvater übernommen hatte und hatte Ärger mit einem Kunden, der nicht bezahlen wollte. Während des Verfahrens, welches meine Eltern gegen den Kunden gewannen, verliebten sie sich ineinander. Vor ein paar Jahren entschied sich meine Mutter bei meinem Vater in der Rechtsabteilung der Firma zu arbeiten. Sie wollte eigentlich etwas kürzertreten. Sie war nun vierundfünfzig Jahre alt, aber von kürzer treten war bei ihr nichts zu merken, denn neben ihrer Arbeit in der Firma nahm sie noch Aufträge anderer Mandanten an. Ich hatte ihr schon oft gesagt, dass sie nicht so viel arbeiten sollte, denn ihr Arbeitstag hatte mindestens zwölf Stunden. Meistens waren es sogar mehr. Aber sie wollte nicht auf mich hören. Genauso wie mein Vater. Er war nun sechzig Jahre alt und hatte vor drei Jahren bereits einen Herzinfarkt. Bei ihm redete man auch, wie mit einer Wand, nur mit einem Unterschied. Die Wand blieb wenigstens stehen, wenn man mit ihr redete. Mein Vater ließ mich oft bei den Diskussionen stehen und ging weg. Ich hatte Angst um meine Eltern und um ihre Gesundheit, denn ich wollte, dass sie noch lange lebten und nicht durch den ganzen Arbeitsstress so früh starben.
„Das werde ich. Euch beiden wünsche ich einen schönen Abend. Und Mum, achtet bitte auf eure Gesundheit und hört endlich auf so viel zu arbeiten“, erwiderte ich und versuchte sie damit dazu zu bringen endlich etwas kürzer zu treten.
„Du weißt, dass wir viel zu tun haben. Aber wir werden es versuchen etwas weniger zu arbeiten. Mach es gut mein Schatz und pass auf dich auf. Tschüss Lexi.“
„Ihr auch. Tschüss Mum“, sagte ich und legte auf. Seufzend legte ich mein Handy auf die Kommode im Flur und begann meine Koffer auszupacken. Ich war sechs Wochen weg gewesen und da hatte sich, trotzdem ich bei meinen Eltern die Waschmaschine benutzt hatte, einiges an Wäsche angesammelt. Ich lud die Waschmaschine voll und machte mich daran die Wohnung sauber zu machen. Mir gefiel meine Wohnung richtig gut. Wenn man in sie hineinging, kam man in einen Flur, von dem alle Räume abgingen. Auf der linken Seite kam man in ein großes Wohnzimmer, welches in eine offene Küche überging. Gegenüber der Wohnungstür befand sich das Schlafzimmer. Auf der rechten Seite neben der Wohnungstür gab es ein Zimmer, welches ein Haushaltsraum war. In ihm hatte ich meine Waschmaschine und den Trockner stehen, sowie meine Putzutensilien, Getränkekisten und Werkzeug gelagert. Genau daneben befand sich mein Büro gefolgt vom Badezimmer mit einer Dusche und einer Eckbadewanne. Zu der Wohnung gab es noch einen großen Balkon, der vom Wohnzimmer aus über Eck zum Schlafzimmer ging. Das Beste allerdings war die Aussicht vom Balkon. Ich hatte das Glück gehabt, dass ich die Wohnung im obersten Stockwerk dieses Hauses bekommen hatte. Von hier oben aus hatte ich eine atemberaubende Aussicht über den Hudson River und auf New Jersey. Oft saß ich auf dem Balkon und genoss einfach nur die Aussicht.
„Hallo Lexi. Na wie waren deine Ferien bei deinen Eltern?“, fragte Carla, als ich am frühen Abend vom Einkaufen nach Hause kam. Zum Glück hatte das Haus einen Aufzug, denn ich hätte die Tüten keine acht Stockwerke nach oben getragen. Carla Mitchell war meine Nachbarin und wohnte mit ihrem Freund Linus in der Wohnung nebenan. Sie war siebenundzwanzig Jahre alt, ein Meter siebzig groß, hatte rötliche lange Haare und hatte eine sportliche Figur. Sie arbeitete hier in New York in einem großen Unternehmen in der Marketingabteilung. Die beiden wohnten erst seit einem halben Jahr in diesem Haus. So wie mir Carla erzählte, hatte sie von Ihrer Großmutter eine große Geldsumme geerbt gehabt, womit sie sich die Wohnung gekauft hatte.
„Es war gut. Ich habe ausgespannt, mit meinen Eltern etwas Zeit verbracht und so einiges mit meinen beiden Freundinnen unternommen“, erzählte ich.
„Das hört sich doch nach richtig guten Ferien an.“
„Ja naja. Ich hätte mir halt gewünscht, dass meine Eltern etwas mehr Zeit für mich gehabt hätten. Aber sie mussten arbeiten“, sagte ich und wurde ein klein wenig traurig, als ich daran dachte, wie wenig Zeit ich in den sechs Wochen, wo ich bei ihnen war, mit ihnen verbracht hatte. Wirklich viel war es nicht gewesen. Ich wollte Carla nicht mit meinen Problemen belästigen und wechselte schnell das Thema. „Wie war es hier so? Was gibt es Neues hier in New York?“
„Ach eigentlich nicht viel. Ich habe übrigens deine Blumen gegossen, die du auf dem Balkon stehen hast.“
„Oh danke. Das hättest du aber nicht tun müssen. Ich habe meine Zimmerpflanzen extra mit rausgestellt damit sie Wasser abbekommen, wenn es regnet.“ Unsere Balkons lagen direkt nebeneinander und waren nur durch eine ein Meter hohe Mauer getrennt.
„Ach das hat mir nichts ausgemacht. Ich musste sowieso meine Blumen auf dem Balkon gießen und dann habe ich deine gleich mitgegossen. So oft hat es in den letzten Wochen übrigens nicht geregnet.“
„Trotzdem danke“, bedankte ich mich bei ihr.
„Wie war denn eigentlich dein Flug?“
„Soweit gut. Wir hatten keine Verspätung.“
„Du bist doch von Orlando aus geflogen, oder?“, fragte sie nun.
„Ja, wieso?“
„Linus Bruder ist heute auch von Orlando aus hierher geflogen. Vielleicht hast du ihn ja gesehen.“
„Das könnte sein. Allerdings war das Flugzeug voll besetzt und es fliegen ja öfter am Tag Flugzeuge diese Strecke.“ Ich hörte ein Handy klingeln.
„Oh das ist wahrscheinlich Linus. Da muss ich rangehen“, sagte sie und schaute mich entschuldigend an.
„Das ist in Ordnung. Ich muss jetzt auch mal langsam die Einkäufe in die Wohnung bringen.“
„Wir sehen uns. Ach und für morgen wünsche ich dir einen guten Start ins neue Semester.“
„Danke schön. Bis dann“, verabschiedete ich mich, holte meinen Wohnungstürschlüssel aus der Tasche und schloss die Wohnungstür auf. Hinter mir hörte ich eine Tür und als ich mich kurz umdrehte, sah ich, dass Carla bereits in ihre Wohnung gegangen war. Ich verstand mich mit ihr sehr gut und wir hatten schon oft, seitdem sie hier wohnte Kaffee zusammen getrunken oder Hausflurtalk geführt. Als sie mich fragte, ob ich Linus Bruder im Flugzeug gesehen hätte, musste ich an Ian denken. Es wäre schon ein Zufall, wenn ausgerechnet er der Bruder von Linus wäre. Ich fragte mich allerdings, ob ich ihn überhaupt wiedersehen würde. Klar, er hatte mir seine Handynummer gegeben, aber was, wenn er es sich anders überlegen und mich nicht wiedersehen wollen würde? Ich wusste auch nicht, ob ich mich überhaupt trauen würde ihn anzurufen. Was sollte ich auch am Telefon sagen? „Hallo, kennen Sie mich noch? Ich bin die Frau aus dem Flugzeug, die Sie so angeschmachtet hat?“ Oder „Sie wollen doch mit mir Kaffeetrinken gehen. Wie sieht es denn aus? Wann haben Sie Zeit?“ Nein so etwas konnte ich nicht sagen. Was würde er dann auch von mir denken? Wahrscheinlich würde er es sich anders überlegen und mich nicht mehr wiedersehen wollen. Ich seufzte leise, nahm die Tüten und ging in meine Wohnung.
Am Abend saß ich auf meinem Bett im Schneidersitz vor meinem Laptop. Ich wartete auf meine beiden besten Freundinnen, um mit ihnen über Videotelefonie zu sprechen. Ich kannte die beiden schon seit dem Kindergarten und seitdem waren wir befreundet.
„Hallo Lexi“, grüßte mich meine Freundin Yumi, die als erste in die Videotelefonie kam. Yumi Lee war wie ich zweiundzwanzig Jahre alt. Sie war ein Meter achtundfünfzig groß, hatte schwarze hüftlange Haare und braune Augen. Ihre Eltern waren vor Yumis Geburt von Tokio nach Orlando gezogen, wo ihr Vater in der IT-Branche tätig war. Ihre Mutter arbeitete in einem Unternehmen als Dolmetscherin. Yumi studierte in Kalifornien an einer Universität Biologie.
„Hallo Yumi. Wie geht es dir?“, fragte ich und freute mich sie zu sehen.
„Mir geht es gut. Und dir? Alles klar bei dir?“
„Ja, soweit schon“, erwiderte ich.
„Hallo ihr beiden“, rief meine zweite beste Freundin Tiana, als sie ebenfalls in die Videotelefonie kam. Tiana Hanson war ebenfalls zweiundzwanzig Jahre alt. Sie war mit ihren ein Meter siebenundsechzig nur zwei Zentimeter größer als ich und war afroamerikanischer Abstammung. Sie hatte schwarze schulterlange gelockte Haare und braune Augen. Tiana studierte Architektur in Texas.
„Hey Tiana, bist du auch endlich da?“, fragte ich sie lachend, denn sie war die Unpünktlichkeit in Person.
„Musste das Flugzeug auf dich warten oder warst du pünktlich am Flughafen?“, fragte Yumi und lachte.
„Ha ha, sehr witzig. Ich war sogar überpünktlich am Flughafen, dafür haben meine Eltern gesorgt. Ich habe gerade noch mit Jonathan telefoniert, deswegen bin ich spät dran“, erklärte sie. Jonathan war Tianas Sommerliebe. Sie hatten sich in einem Club kennengelernt, in dem wir zusammen in Orlando an einem Abend gewesen waren und hatten sich während der Ferien des Öfteren getroffen.
„Und wie geht es jetzt mit euch beiden weiter“, wollte ich wissen, denn Jonathan lebte und arbeitete in Orlando.
„Wir wollen jetzt erst einmal eine Fernbeziehung führen. Er will mich am Wochenende besuchen kommen. Ach er ist ja so süß“, schwärmte Tiana.
„Da habe ich es leichter. Pedro studiert mit mir hier an derselben Uni. Ich habe mich so gefreut, als er mich letzte Woche bei meinen Eltern besucht hat“, kam es von Yumi. Pedro war Yumis fester Freund und die beiden waren bereits seit einem halben Jahr zusammen. Sie hatten sich an der Uni kennengelernt und ineinander verliebt.
„Jetzt müssen wir nur noch jemanden für Lexi finden“, sagte Tiana grinsend.
„Was ist denn mit diesem Florian aus dem Club, der dich angegraben hat? Wäre der nicht etwas für dich?“, fragte mich Yumi.
„Nein auf keinen Fall. Der hat mir die ganze Zeit die Ohren voll gejammert, da seine Ex-Freundin ihn verlassen hat. Außerdem war er absolut nicht mein Typ“, erwiderte ich und überlegte, ob ich ihnen von Ian erzählen sollte. Vielleicht könnten sie mir sagen, ob ich mich bei ihm melden sollte, denn ich wusste immer noch nicht, was ich tun sollte.
„Gibt es denn niemanden in New York, der dir gefällt? Dort laufen doch sicherlich auch gutaussehende Typen herum“, fragte Yumi.
„Naja, also ich habe heute jemanden im Flugzeug kennengelernt“, gestand ich ihnen.
„Was und das sagst du erst jetzt? Los erzähl schon. Wie sieht er aus? Wie heißt er? Wann seht ihr euch wieder?“, schossen die Fragen nur so aus Tianas Mund heraus.
„Also er saß im Flugzeug eine Sitzreihe hinter mir und hat mir geholfen meinen Koffer aus dem Gepäckfach zu holen. Er heißt Ian, ist etwa einen Kopf größer als ich, hat dunkelbraune kurze Haare und grüne Augen. Er hat einen durchtrainierten Körper und trägt einen Drei-Tage-Bart. Ach und er hat eine unglaublich samtene Stimme, die ihn so anziehend macht“, schwärmte ich.
„Also ein echter Traumtyp. Man Lexi, jetzt sag bitte, dass ihr euch wiedersehen werdet. So einen Typen darfst du nicht einfach ziehen lassen“, sagte Tiana.
„Ich weiß es nicht. Wir haben uns am Gepäckband noch etwas unterhalten und er wollte mit mir einen Kaffee trinken gehen. Allerdings wurde er von seinem Bruder abgeholt. Er hat mir aber seine Handynummer gegeben. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich ihn wirklich anrufen soll. Vielleicht hat er es sich ja anders überlegt und will gar nicht mehr mit mir ausgehen“, überlegte ich.
„Das glaube ich nicht. Er hätte dir sonst nicht seine Handynummer gegeben. Los ruf ihn an und verabrede dich mit ihm“, forderte Yumi mich auf.
„Jetzt?“, fragte ich ungläubig.
„Ja natürlich. Sonst wirst du es nie tun. Also los jetzt“, kam es von Tiana. Sie hatte recht. Höchstwahrscheinlich würde ich mich aus Angst vor einer Abfuhr doch nicht trauen ihn anzurufen. Ich wusste, dass die beiden nicht eher Ruhe geben würden, bis ich ihn anrief. Ich streckte mich zu meinem Nachttisch und holte mein Handy und den Zettel mit Ians Handynummer.
„Seid ihr euch wirklich sicher, dass ich ihn anrufen soll“, hakte ich noch einmal nach.
„Ja natürlich. Los nun mach schon“, sagte Tiana und Yumi nickte zustimmend. Ich atmete einmal tief durch und wählte Ians Nummer. Es klingelte einmal, zweimal, dreimal, … . Ich ließ es zehnmal klingeln und legte dann auf.
„Er geht nicht dran“, sagte ich und war irgendwie enttäuscht nicht mit ihm reden zu können.
„Dann schreib ihm eine SMS“, forderte Tiana mich auf.
„Was soll ich denn schreiben?“, fragte ich die beiden.
„Schreib ihm das, was du ihm auch am Telefon gesagt hättest, wenn er drangegangen wäre“, antwortete Yumi. Das war ganz und gar nicht hilfreich, denn genau wusste ich gar nicht, was ich sagen wollte. Ich öffnete mein Nachrichtenprogramm auf dem Handy und begann die Nachricht zu schreiben.
-Hallo Ian, hier ist Lexi. Ich habe Sie telefonisch nicht erreicht, weswegen ich Ihnen schreibe. Ich würde Sie sehr gerne wiedersehen und würde mich freuen, wenn Sie sich bei mir zurückmelden.- Ich drückte auf Senden und nun lag es nicht mehr an mir, ob wir uns wiedersehen würden.
„So ich habe ihm nun eine SMS geschrieben. Und was ist, wenn er sich nicht meldet“, wollte ich von den beiden wissen.
„Dann weißt du, dass er es nicht wert ist und du brauchst dann keinen Gedanken mehr an ihn zu verschwenden. Aber er wird sich schon melden, da bin ich mir sicher“, sagte Tiana.
„Und wieso bist du dir da so sicher?“, fragte ich skeptisch.
„Ich weiß, dass du eine verschrobene Selbsteinschätzung hast. Warum sollte er dich nicht wiedersehen wollen? Du siehst gut aus, bist intelligent, hast ein gutes Herz. Was will der Typ denn mehr?“, zählte Tiana auf. Es stimmte, ich sah mich selbst ganz anders, als andere Leute. Ich fand mich jetzt zwar nicht hässlich, aber auch nicht so schön, wie Tiana mich darstellte. Ich fand mich normal, war mit meiner Größe und meinem Gewicht von achtundfünfzig Kilo vollkommen zufrieden.
„Ich weiß es nicht. Wir werden sehen, ob er sich wirklich melden wird“, kam es von mir.
„Leute, seid mir nicht böse, aber ich muss ins Bett. Morgen heißt es für mich wieder früh aufstehen“, sagte Yumi und gähnte. Ich schaute auf die Uhr und erschrak, als ich sah, dass wir schon zweiundzwanzig Uhr hatten. Wie schnell doch die Zeit verging. Auch ich musste am nächsten Tag früh aufstehen und ich wollte für den ersten Tag im neuen Semester ausgeschlafen sein.
„Ich müsste auch so langsam mal ins Bett gehen“, stimmte ich ihr zu.
„Na gut, aber wir reden morgen Abend wieder, denn ich will wissen, was dein Flughafenflirt gesagt hat“, sagte Tiana.
„Ich auch“, rief Yumi und gähnte wieder.
„Wenn er sich meldet“, wandte ich ein.
„Er wird sich schon melden“, kam es zuversichtlich von Tiana.
„Morgen Abend dann um einundzwanzig Uhr?“, fragte Yumi.
„Ja, das ist gut“, antwortete Tiana und ich stimmte nickend zu.
„Okay, dann bis morgen“, verabschiedeten sich die beiden.
„Bis morgen“, erwiderte ich und beendete die Videotelefonie. Ich schaltete den Laptop aus und brachte ihn ins Büro. Anschließend machte ich mich für das Bett fertig und legte mich hin. Ich konnte noch nicht sofort einschlafen. Meine Gedanken schweiften ab zu Ian. Bis jetzt hatte er sich noch nicht gemeldet. Vielleicht hatte er keine Zeit oder hatte er etwa doch eine Freundin? Aber warum hatte er mir dann seine Handynummer gegeben? War es überhaupt seine richtige Handynummer? Wieso sollte er mir denn eine falsche Nummer geben? Er hätte mir doch gar keine geben brauchen. Aber warum meldete er sich denn nicht?
Ich musste bei der ganzen Grübelei eingeschlafen sein, denn ich wurde am nächsten Morgen durch meinen klingelnden Wecker wach. Ich schaltete ihn aus und stand auf. Hatte er sich gemeldet? Ich nahm mein Handy vom Nachttisch und schaute auf das Display. Nichts. Vielleicht hatte er meine Nachricht nicht bekommen. Ich schaute nach, aber die Nachricht wurde versandt. Naja egal. Er würde sich schon melden. Er hatte doch meine Handynummer von dem Anruf. Sie wurde schließlich angezeigt. Oder etwa nicht? Schnell schaute ich in den Anrufeinstellungen nach. Die Rufnummernübertragung war eingeschaltet. Es gab sicherlich einen Grund dafür, dass er sich noch nicht gemeldet hatte. Ich ging ins Bad, um mich zu waschen. Anschließend suchte ich mir in meinem Kleiderschrank etwas zum Anziehen heraus. Ich entschied mich für einen dunkelblauen knielangen Rock und ein weinrotes kurzärmliges Shirt. Dazu würde ich schwarze Ballerinas anziehen. Nachdem ich mich angezogen und mich im Bad geschminkt und frisiert hatte, ging ich in die Küche und machte mir Frühstück.
Um acht Uhr machte ich mich auf den Weg zur Universität. Ich hatte zwar erst um neun Uhr meinen ersten Kurs, aber ich wollte etwas früher da sein. Abgesehen davon war viel Verkehr in New York und ich musste zur Eastside. Ich fuhr mit meinem Wagen aus der Tiefgarage heraus und bog auf die Straße. Ich besaß einen dunkelroten Audi TT. Meine Eltern hatten ihn mir mit sechzehn zu meinem bestehenden Führerschein geschenkt gehabt. Ich liebte dieses Auto und ich würde es nicht mehr hergeben. Ich fuhr quer durch die Stadt, bis ich an der Universität, die am Rand von New York lag, ankam. Ich fuhr auf den Parkplatz und suchte mir eine freie Parklücke. Ich stellte mein Auto ab, nahm meine Tasche und stieg aus.
„Da bist du ja endlich. Warum hast du mir nie zurückgeschrieben? Ich habe dir mehrere SMS geschrieben“, rief Katelynn und kam auf mich zu.
„Ich habe keine SMS von dir bekommen“, erwiderte ich und schloss meinen Wagen ab.
„Wirklich nicht? Oh man, dann sponn mein Handy mal wieder. Ich brauche langsam mal ein Neues. Das ist jetzt schon oft vorgekommen, dass es keine Nachrichten mehr verschickt. Ab und an geht es auch einfach aus oder es hängt sich auf“, plapperte sie. Katelynn White studierte ebenfalls an der Universität of Design and Arts. Sie hatte ein Stipendium für das Mediendesignstudium bekommen. Wie sie das allerdings bekommen konnte, wusste niemand, denn eine gute Studentin war sie nicht gerade. Es wurde gemunkelt, dass ihr Vater eine Affäre mit der Direktorin gehabt hatte und sie deswegen das Stipendium bekommen hatte. Ob es der Wahrheit entsprach, wusste ich nicht. Mir war es aber auch egal. Katelynn behauptete zumindest, dass sie das Stipendium durch ihr Designtalent bekommen hatte. Ich bezweifelte es sehr, denn ich hatte ihre Arbeiten gesehen und die waren nicht gerade die Besten gewesen. Ich war nur froh, dass ich sie nicht in allen meinen Kursen ertragen musste. Die Kurse, die wir zusammen hatten, reichten mir schon. Gleich am ersten Tag, als wir an der Uni mit unserem Studium begonnen hatten, hatte sie sich mich als Freundin ausgesucht. Ob ich wollte oder nicht und ich wollte nicht, sie hing wie eine Klette an mir. Dabei nervte sie mich sehr mit ihrer Art und ihrem Gerede. Ich hatte sie innerlich zur nervigsten Person der Welt erklärt. Ständig wollte sie etwas mit mir unternehmen und kam auch oft einfach bei mir Zuhause vorbei, egal ob ich Zeit hatte oder nicht. Das interessierte sie gar nicht. Ich war kein gemeiner Mensch. Eher im Gegenteil. Ich war zu allen Menschen freundlich und half jedem, der mich um Hilfe bat. Ich ließ Katelynn nicht einfach vor der Tür stehen, wenn sie mich besuchen kam. Das konnte ich nicht, denn ich würde ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich es täte. Aber ich wollte mir meine Freunde selbst aussuchen. Dazu hatte ich doch auch ein Recht. Ich konnte es halt nicht leiden, wenn sich mir Menschen aufdrängten und mich vor anderen Leuten als ihre Freundin betitelten, ohne dass ich es wirklich sein wollte. Katelynn tat mir allerdings schon leid. Sie schien keine Freunde zu haben, was höchstwahrscheinlich an ihrer Art lag. Sie war so ein Typ von Mensch, die alles besser wusste, einem immer ins Wort fiel und vor allem ständig im Mittelpunkt stehen wollte. Das machte sie halt nicht gerade beliebt. Katelynn war dreiundzwanzig Jahre alt, hatte blonde gelockte Haare, die ihr bis zu den Schultern gingen, eine kurvige Figur und war etwa ein Meter siebzig groß.
„Wie waren denn deine Ferien?“, fragte sie und wir machten uns auf den Weg zum Universitätsgebäude.
„Sie waren … .“
„Also meine Ferien waren super“, unterbrach sie mich und redete wie ein Wasserfall. Ich schaltete ab und hoffte, dass es nicht den ganzen Tag so weiter gehen würde.
„Hallo Lexi, hey Katelynn“, grüßte uns Chloe, die mit uns zusammen studierte und kam zu uns. Mit Chloe war ich im Gegensatz zu Katelynn befreundet. Wir hatten uns gleich am ersten Tag unseres Studiums angefreundet und verstanden uns wirklich gut. Sie war ein Meter sechzig groß, hatte dunkelblonde Haare, trug einen frechen Kurzhaarschnitt und hatte eine zierliche Figur. Bei ihr hatte ich Angst sie zu zerbrechen, wenn ich sie umarmte.
„Oh hallo Chloe. Wie waren deine Ferien? Also meine waren super. Ich habe … .“ Und schon begann Katelynn wieder von vorne zu erzählen, was sie alles erlebt hatte und gab Chloe gar keine Chance zu antworten. Chloe allerdings zeigte ihr deutlich, dass sie es gar nicht interessierte, was Katelynn in ihren Ferien getan hatte und wandte sich mir zu.
„Wie geht es dir?“, fragte sie mich.
„Gut und dir? Hast du dich gut erholt?“, wollte ich von ihr wissen und im Gegensatz zu Katelynn interessierte es mich wirklich.
„Ja das habe ich. Jetzt kann das neue Semester starten. Nur noch ein Jahr. Kannst du das glauben?“
„Stimmt nur noch ein Jahr und wir sind mit dem Studium fertig“, erwiderte ich. Den Bachelor-Abschluss hatten wir bereits im Juni letzten Jahres gemacht und nächstes Jahr würden wir unseren Masterabschluss machen. Wie schnell die Zeit doch verging. Ich konnte mich noch genau an meinen ersten Tag an der Uni erinnern und nun waren schon vier Jahre seitdem vergangen.
„Hast du eigentlich schon auf dem Kursplan gesehen, dass wir im Animationskurs einen neuen Dozenten haben? Er heißt Davis mit Nachnamen“, fragte Chloe.
„Nein, das habe ich noch gar nicht gesehen. Aber ich glaube Mr. Mortimer ist in Rente gegangen, wenn ich es vor den Ferien richtig verstanden habe“, erwiderte ich, holte den Kursplan aus meiner Tasche und schaute ihn mir genauer an.
„Wir haben einen neuen Dozenten?“, fragte Katelynn neugierig und hörte endlich auf über ihre Ferien zu reden. „Na hoffentlich ist er gutaussehend und jünger, als Mr. Mortimer. Wie gut, dass ich am Samstag noch beim Friseur gewesen bin. Meine Haare sahen aus. So hätte ich mich ihm gar nicht zeigen können.“
„Schau mal Lexi, wir beide haben ihn auch als Dozent im Grafikdesign-Zusatzkurs“, machte mich Chloe darauf aufmerksam und deutete auf den Kursplan.
„Du hast recht und ich habe ihn noch im Fotodesign-Zusatzkurs.“ Ich hatte mir noch neben den Hauptkursen zum Studium diese beiden Kurse dazu genommen, denn ich interessierte mich nicht nur für Mediendesign, sondern auch für Grafik- und Fotodesign. Vielleicht lag es daran, dass die Fotografie zu meinen Hobbies zählte. Ich hatte fast überall meine Kamera dabei, um Motive, die ich sah, zu fotografieren. Genauso gerne zeichnete ich oder entwarf Grafiken am Computer. Für meine Eltern sollte ich schon oft Einladungen für Ihre Feiern gestalten. Auch das neue Firmenlogo für die Baufirma meines Vaters hatte ich entworfen und es gefiel nicht nur ihm, sondern auch den Kunden, so wie er mir es gesagt hatte.
„Du bist ja auch eine Streberin“, kam es von Katelynn.
„Ich lerne halt gerne dazu. Da kann es nicht schaden noch den einen oder anderen Kurs zum Studium hinzuzunehmen“, konterte ich.
„Da hast du vollkommen recht. Außerdem macht sich so etwas in Bewerbungen sehr gut“, pflichtete Chloe mir bei.
„Hallo zusammen. Na seid ihr auch gut erholt und bereit für unser letztes Jahr hier an der Uni?“, fragte Serena lächelnd und umarmte erst Chloe und anschließend mich. Katelynn ließ sie aus, denn sie konnte sie absolut nicht leiden. Serena war ebenfalls eine Freundin von mir, die Mediendesign studierte. Auch sie hatte ich am ersten Tag an dieser Universität kennengelernt und wir hatten uns angefreundet. Serena war ein Meter achtundsechzig groß, hatte dunkelbraune lange Haare und eine normale Figur. Also nicht zu dick und nicht zu dünn.
„Ja soweit schon. Wir haben gerade festgestellt, dass wir einen neuen Dozenten haben“, erwiderte ich.
„Das habe ich auch schon gesehen. Ich bin gespannt, wie er so ist.“
„Ich auch. Wir werden ihn nachher doch im Animationskurs sehen“, sagte ich.
„Kommt lasst uns langsam mal reingehen. Unser erster Kurs beginnt gleich“, kam es von Chloe.
„Ja, das sollten wir, denn schließlich wollen wir doch nicht gleich am ersten Tag unseres neuen Semesters zu spät kommen. Dann mal los. Lasst uns etwas lernen gehen“, rief Serena hochmotiviert und zusammen gingen wir zu unserem Kursraum.
Der erste Kurs, den wir an unserem ersten Unitag im neuen Semester hatten, war Mediengeschichte. Wir saßen eigentlich nur im Kursraum und hörten Mrs. Torres und ihrer Ausführung über das Verändern der Medien zu. Dieser Kurs gehörte nicht unbedingt zu meinen Lieblingskursen. Ich mochte die Praxis lieber als die Theorie. Trotzdem hörte ich aufmerksam zu und machte mir Notizen, denn auch dieser Kurs gehörte zum Studium und würde Teil der Prüfung sein.
„Ich bin ja schon so aufgeregt, wie dieser neue Dozent aussieht“, kam es von Katelynn, als wir den Kursraum wechselten.
„Mir ist es egal, wie er aussieht. Hauptsache ich lerne bei ihm noch etwas für mein Studium dazu“, erwiderte ich. Mein Handy vibrierte in der Tasche. Ich hatte in der Uni immer den Ton ausgeschaltet, damit das Handy im Unterricht nicht störte. Ich holte es aus meiner Tasche und schaute drauf. Eine Nachricht von Tiana. -Und? Hat sich dein Traumtyp schon gemeldet?-wollte sie wissen.
-Nein, bis jetzt noch nicht.– schrieb ich zurück.
„Mit wem schreibst du?“, wollte Katelynn neugierig wissen und versuchte auf mein Handy zu schauen. Doch ich steckte es schnell in die Tasche zurück, denn es ging sie nichts an, was ich mit Tiana schrieb.
„Mit einer meiner beiden besten Freundinnen“, antwortete ich.
„Aha. Und was schreibt ihr?“
„Nichts Besonderes“, erwiderte ich und meinte eigentlich „Das geht dich nichts an.“ Aber das sprach ich nicht aus.
„Wann lerne ich deine Freundinnen denn mal kennen?“, fragte sie nun.
„Warum solltest du sie kennenlernen?“, wollte ich verdutzt von ihr wissen.
„Warum denn nicht? Ich möchte halt auch mal andere Leute kennenlernen und so wie du von ihnen erzählst, scheinen sie richtig cool zu sein. Du hättest mich ja mit nach Florida nehmen können, dann hätten wir die Ferien zusammen verbringen können“, sagte sie. Auf gar keinen Fall. Ich war froh gewesen sie ein paar Wochen nicht sehen zu müssen. Und warum war sie plötzlich so scharf darauf meine Freundinnen kennenzulernen? Ich wollte es gar nicht. Ich war nicht besitzergreifend. Yumi und Tiana durfte gerne andere Leute kennenlernen und mit ihnen befreundet sein. Da hatte ich nichts gegen und mir stand es auch nicht zu. Sie durften schließlich sich selbst die Leute aussuchen, mit denen sie befreundet sein wollten. Aber ich wollte nicht, dass Katelynn zu meinem Freundeskreis gehörte und ich wusste, dass Tiana und Yumi es ebenso nicht wollten. Sie mochten solche Leute wie Katelynn, die sich immer in den Mittelpunkt drängten oder alles besser wussten, genauso wenig wie ich.
„Erstens habe ich meine Eltern in Florida besucht und zweitens hast du doch groß getönt, wie toll deine Ferien waren.“
„Das waren sie auch. Bestimmt besser als deine. Trotzdem kannst du mich ihnen doch mal vorstellen. Gib mir doch mal ihre Handynummern, dann kann ich ihnen schreiben.“ Nie im Leben. Die beiden würden mich lynchen, wenn ich deren Nummern einfach an andere Leute weitergeben würde. Ich wusste, dass sie so etwas nicht wollten und richtig sauer wurden, wenn es jemand ohne sie zu fragen tat. Bei mir war es nicht anders. Ich konnte es nicht leiden, wenn meine Handynummer einfach ohne zu fragen weitergegeben wurde. So etwas tat man nicht.
„Tut mir leid. Sie wollen nicht, dass ich Ihre Handynummern weitergebe“, sagte ich.
„Das sagst du doch jetzt nur, weil du mir die Nummern nicht geben möchtest. Du hast doch nur Angst, dass sie mich mehr mögen, als dich und ich dann ihre beste Freundin werde und du abgeschrieben bist“, kam es von ihr sauer.
„Wenn du meinst. Ich darf sie dir trotzdem nicht geben und das werde ich auch nicht.“
„Ich glaube, dass es deine Freundinnen gar nicht gibt. Du hast sie bestimmt nur erfunden“, sagte sie trotzig. Was sollte das denn jetzt? Diese Frau hatte doch nicht mehr alle Tassen im Schrank.
„Weißt du was? Lass mich einfach in Ruhe“, erwiderte ich und ging in den Kursraum, den wir mittlerweile erreicht hatten. Da ich nicht wollte, dass sie sich neben mich setzte, suchte ich mir einen Platz in einen der Reihen, die schon gut besetzt waren. Neben Serena, vorne in der dritten Reihe war, noch ein Platz frei. Zum Glück war es der Platz am Gang. So konnte Katelynn sich nicht neben mich setzen.
„Hey Lexi, was ist los?“, fragte Serena mich, als ich mich setzte.
„Ich bin etwas von Katelynn genervt.“
„Lass dich von ihr nicht ärgern. Tief durchatmen. Sie ist es nicht wert, dass du dich über sie aufregst“, kam es von ihr.
„Da hast du recht.“
„Guten Morgen, ich bin Ihr neuer Dozent Mr. Davis“, hörte ich plötzlich eine mir bekannte Stimme sagen. Ich drehte mich ruckartig nach vorne und traute meinen Augen nicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Das gab es doch nicht. Unser neuer Dozent war mein Flugzeugflirt Ian! Und nun stand er hier im Kursraum und wollte seinen Unterricht beginnen. Ich konnte es einfach nicht glauben. Ihm schien es genauso zu gehen, denn als er mich erblickte blieb sein Blick lange auf mir ruhen und ich konnte an seinem Gesicht sehen, dass er genauso überrascht war mich zu sehen, wie ich ihn.
„Mr. Davis, haben Sie eine Freundin?“, hörte ich Katelynn irgendwo hinter mir fragen.
„Tut mir leid Miss … ", begann er seinen Satz.
„White“, sagte sie zuckersüß.
„Miss White. Mein Privatleben bleibt privat und es geht niemanden etwas an. Ich bin hier um Sie zu unterrichten und nicht um private Fragen zu beantworten“, setzte er seinen Satz im ernsten Tonfall fort und wandte sich dann dem Kurs wieder zu. Dabei blieb sein Blick einen kurzen Augenblick bei mir hängen. Normalerweise war ich nicht schadenfroh. Allerdings freute ich mich in diesem Moment sehr darüber, dass Katelynn eine Ansage gemacht wurde. Es konnte schließlich nicht sein, dass sie ihn, kurz nachdem er sich vorgestellt hatte, fragte, ob er eine Freundin hätte, denn es ging sie überhaupt nichts an.
„Ich würde vorschlagen, dass wir nun mit dem Unterricht beginnen. Als Erstes möchte ich jedoch, dass Sie für mich Namensschilder vor sich auf den Tisch stellen, damit ich Sie mit Ihrem Namen ansprechen kann“, sagte Ian oder sollte ich ihn besser Mr. Davis nennen? Zumindest wusste ich nun seinen Nachnamen. Das würde mir jetzt auch nicht mehr viel bringen, da aus uns sowieso nichts werden würde. An unserer Universität war es Angestellten und Studenten verboten eine Beziehung miteinander zu führen. Da Ian nun mein Dozent und ich seine Studentin war, galt diese Regel auch für uns, auch wenn wir uns vor seinem Jobbeginn bereits kennengelernt hatten. Aber das war ja klar. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn ich so einen gutaussehenden Mann kennengelernt hätte. Innerlich seufzend riss ich ein Blatt Papier aus meinen Collegeblock heraus, faltete es in der Mitte und schrieb meinen Namen darauf. Ich stellte mein Namensschild an die Vorderkante des Tisches und wartete, dass Ian nun den Unterricht beginnen würde. „Vielen Dank für die Namensschilder. Ich werde sicherlich bald Ihre Namen kennen, sodass wir die Schilder nicht mehr brauchen werden. Zu Beginn würde ich mir gerne erst einmal Ihre Arbeiten ansehen, um einen kleinen Einblick in Ihre Fähigkeiten zu bekommen.“ Ich holte meinen Laptop aus der Tasche, stellte ihn auf den Tisch und schaltete ihn ein. Ich öffnete den Dateiordner, in dem ich meine Arbeiten abgespeichert hatte und schaute mir einige in der Zeit an, in der Ian durch die Reihen ging und sich die Werke der anderen Studenten zeigen ließ.
„Das ist Ihnen sehr gut gelungen“, hörte ich direkt neben mir Ian sagen, als ich mir eine von mir entworfene Animation anschaute. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er neben mir stand.
„Danke“, erwiderte ich und schaute ihn an. Er lächelte und brachte mich dazu wieder in seinen wunderschönen Augen zu versinken.
„Sie haben wirklich Talent Miss … .“ Er schaute auf mein Namensschild. „Miss Edison. Zeigen Sie mir doch bitte noch weitere Arbeiten“, bat er mich lächelnd. Ich schloss die Animationsdatei und zeigte ihm einige andere Arbeiten, die er sich interessiert anschaute. „Ihre Arbeiten sind sehr gut. Da muss ich wirklich überlegen, was ich Ihnen noch beibringen kann. Aber da wird mir sicherlich noch etwas einfallen“, grinste er.
„Danke. Ich hoffe sehr, dass Sie mir noch etwas beibringen können. Ich lerne gerne noch etwas dazu“, erwiderte ich und grinste ebenfalls.
„Nun sollten Sie sich aber mal meine Arbeiten ansehen. Die sind besser, als die von Alexa“, hörte ich Katelynn hinter mir sagen und als ich mich kurz zu ihr umdrehte, bemerkte ich, dass sie in der Reihe hinter mir saß. Das war typisch Katelynn. Sie wollte sich mal wieder in den Mittelpunkt drängen.
„Gut Miss White, dann zeigen Sie mir mal Ihre Arbeiten“, erwiderte Ian und ging zu ihr. Dabei sah er leicht genervt aus. Kein Wunder, denn schließlich war Katelynn die nervigste Person der Welt.
„Sehr gerne. Schauen Sie sich doch mal diese Animation an, die ist sehr gut geworden.“
„Es tut mir leid, Miss White. Das sehe ich allerdings etwas anders. Schauen Sie mal hier. Die Bewegungen Ihrer Animationsfigur sind nicht flüssig“, sagte Ian leise, sodass nicht alle Studenten es mitbekamen. Das fand ich gut, denn wer wollte schon vor einem kompletten Kurs bloßgestellt werden?
„Ich bin da vollkommen anderer Meinung“, erwiderte sie empört. „Sie haben keine Ahnung.“
„Wenn ich keine Ahnung hätte, wäre ich nicht hier und Ihr Dozent. Aber Sie können mich bei Ihrer nächsten Arbeit gerne von Ihrem Können überzeugen.“ Was nahm sich Katelynn eigentlich heraus ihm zu sagen, dass er keine Ahnung hätte. Diese Frau hatte einfach keinen Respekt vor anderen Leuten. Ihr Problem war, dass sie nicht mit Kritik umgehen konnte. Sie hatte sich schon einige Male mit Ians Vorgänger angelegt, wenn dieser Ihre Arbeit kritisiert hatte. Ian ging weiter, um sich die anderen Arbeiten von den Studenten anzusehen und ich drehte mich wieder nach vorne. Ich schaute mir weiter meine Arbeiten an, um mich von dem Gedanken abzulenken, dass der attraktivste Mann auf der Welt in diesem Moment mit mir in einem Raum war.
„Ich habe eine kleine Hausaufgabe für Sie“, sagte Ian am Ende des Kurses, als er mit dem Sichten der Arbeiten fertig war und nun wieder vorne im Raum stand. „Überlegen Sie sich zu dem Thema Liebe eine kleine Geschichte. Es soll ein Kurzfilm werden, der nicht länger als zehn Minuten gehen soll. Dabei ist es egal, ob es sich um die Liebe zweier Menschen, zur Familie, Tierliebe oder die Liebe zu einer Sache ist. Lassen Sie sich etwas einfallen und Ihrer Fantasie freien Lauf. Sie werden dann in der nächsten Unterrichtsstunde mit der Arbeit beginnen.“
„Dürfen wir auch einen Film über Liebe zu Autos machen?“, fragte Michael, der total auf Autos abfuhr und seinen Wagen wirklich liebte.
„Ja natürlich. Wie gesagt, Sie können sich zu diesem Thema frei entfalten“, antwortete Ian. „So hiermit beende ich den Unterricht. Vielen Dank für die Einsicht in Ihre Arbeiten. Es war sehr interessant für mich zu sehen, wie kreativ Sie sind. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ Mit diesen Worten beendete er den Unterricht. Ich schaltete den Laptop aus und packte ihn in meine Tasche. Ich stand auf und ging den Gang nach vorne in Richtung der Tür. Dabei kam ich an Ian vorbei.
„Tschüss, Mr. Davis“, verabschiedete ich mich höflich.
„Auf Wiedersehen Miss Edison“, erwiderte er und es sah so aus, als ob er noch etwas sagen wollte, doch er tat es nicht. Er schien mit sich zu ringen, so als ob er genauso unsicher wäre, was er tun sollte, wie ich, denn ich wusste nun auch nicht, ob wir uns privat treffen sollten oder nicht. Aber es würde auch nichts bringen, denn eine Beziehung dürften wir nicht führen. Es war verboten. Ian würde es seinen Job kosten, wenn die Beziehung bekannt werden würde und ob ich den Abschluss machen durfte war fraglich. Zumindest ging das Gerücht an der Uni herum, dass die Studenten nicht mehr weiter studieren dürften. Ob es stimmte, wusste ich nicht.
„Kannst du mal weitergehen? Du hältst alles auf“, blaffte mich Katelynn hinter mir an und schubste mich Richtung Tür.
„Ist ja schon gut. Ich gehe doch schon“, motzte ich sie an und verließ den Raum.
„Der neue Dozent hat überhaupt keine Ahnung. Er behauptet doch glatt, meine Arbeiten wären nicht gut. Wie ist der bloß Dozent an dieser Uni geworden?“, meckerte sie auf dem Weg zur Mensa.
„Du solltest dir langsam mal Gedanken machen, ob es nicht sogar so ist. Er ist nun schon der zweite Dozent, der sagt, dass deine Arbeiten nicht die Besten sind“, kam es von Chloe, die neben mir aufgetaucht war.
„Ach die haben doch gar keine Ahnung. Aber gut sieht Mr. Davis aus“, sagte Katelynn.