A Kingdom Darkens (Kampf um Mederia 1) - Sabine Schulter - E-Book
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Sabine Schulter

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Beschreibung

Den Menschen, der das eigene Leben am meisten prägt, nennen die Dämonen ›Schicksal‹. Jeder besitzt eines. Doch Gray, dem Kronprinzen der Dämonen, wird prophezeit, dass sein Schicksal nicht nur sein eigenes Leben verändern wird – sondern die ganze Welt …   Für die Bardin Lana gibt es nichts Schöneres, als die Bewohner von Ignis Fatuus mit ihrer Liebe zur Musik zu verzaubern. Doch als ihre Heimat von dunklen Mächten angegriffen wird, offenbart sich, dass die junge Frau über eine noch weitaus mächtigere und gefährlichere Gabe verfügt. Eine Kraft, die sie mitten hinein zieht in den Krieg der Menschen, Elben und Dämonen …  Textauszug:  »Bist du verletzt?«  »Nein, vielen Dank. Alles nur kleine Schrammen.«  Sie war stolz, dass ihre Stimme nur leicht zitterte, und musterte ihr Gegenüber kurz. Es sah beeindruckend aus, wie er in der dunklen Kampfkleidung der Dämonen vor ihr stand und sie betrachtete. Er besaß ein ausdrucksstarkes Gesicht mit einem für Dämonen ungewohnt ruhigen Zug, obwohl seine Augen vor Wut rot loderten. Das für sein Volk typische schwarze Haar war im Nacken zusammengebunden und um seinen bloßen Oberarm wanden sich mehrere verschiedenfarbige Bänder. Er konnte nur wenige Jahre älter sein als sie, aber er war deutlich stärker und fast einen Kopf größer.   Nun nickte er ihr ernst zu und sah sie noch einen Moment mit einem Blick an, den sie nicht einzuordnen wusste, bevor er die leeren Straßen mit den Augen absuchte.  »Das ist nicht unbedingt der richtige Ort, um zu verweilen.«  Wenn dein Schicksal der Prinz der Dämonen ist … Sabine Schulters Fantasyreihe zieht dich in eine Welt voller Elben, Irrlichter, Drachen und Dämonen. Ein absolutes Lesevergnügen für alle Fans von Fantasy-Liebesromanen mit Suchtfaktor!  //Dies ist der erste Band der magisch-romantischen High-Fantasy-Buchreihe »Kampf um Mederia« von Sabine Schulter. Alle Bände der Buchserie bei Impress: -- A Kingdom Darkens (Kampf um Mederia 1)  -- A Kingdom Resists (Kampf um Mederia 2)  -- A Kingdom Shines (Kampf um Mederia 3)  -- A Kingdom Fears (Kampf um Mederia 4)  -- A Kingdom Stolen (Kampf um Mederia 5)  -- A Kingdom Beyond (Kampf um Mederia 6)//

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Sabine Schulter

A Kingdom Darkens (Kampf um Mederia 1)

Den Menschen, der das eigene Leben am meisten prägt, nennen die Dämonen ›Schicksal‹. Jeder besitzt eines. Doch Gray, dem Kronprinzen der Dämonen, wird prophezeit, dass sein Schicksal nicht nur sein eigenes Leben verändern wird – sondern die ganze Welt …

Für die Bardin Lana gibt es nichts Schöneres, als die Bewohner von Ignis Fatuus mit ihrer Liebe zur Musik zu verzaubern. Doch als ihre Heimat von dunklen Mächten angegriffen wird, offenbart sich, dass die junge Frau über eine noch weitaus mächtigere und gefährlichere Gabe verfügt. Eine Kraft, die sie mitten hinein zieht in den Krieg der Menschen, Elben und Dämonen …

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Vita

Glossar

Danksagung

© privat

Sabine Schulter wurde 1987 in Erfurt geboren, lebt nun aber mit ihrem Mann in Bamberg. Trotz ihres abgeschlossenen Oecotrophologie-Studiums fokussierte sie sich auf das Schreiben von Fantasy-Büchern. Sie liebt das Spiel mit den Emotionen und möchte ihre Leser tief in ihre Bücher ziehen, die oft von dem Zusammenspiel der Protagonisten untereinander geprägt sind. Viel Spannung gehört in ihre Geschichten genauso wie ein Happy End und unvorhergesehene Wendungen.

Für Mederia – ein Land voller Wunder, Schönheit und Träume

Kapitel 1

An dem Tag, als der Prinz der Dämonen fünf Jahre alt wurde, brachten ihn seine Eltern, der König und die Königin, so früh in den Tempel der hellen Götter, dass das Gold der Sonne noch nicht am Mantel der Nacht kratzte. Der kleine Junge war todmüde und stolperte an der Hand seiner Mutter durch die Straßen seiner Heimat. Die stummen Wachen, die sie immer begleiteten, bemerkte er kaum.

»Mama, müssen wir dahin? Ich bin müde«, jammerte er und ließ seine dunklen Schwingen hängen, bis die ledernen Membranen leicht über das Pflaster strichen.

»Ja, Gray, wir müssen. Nur wenige Tage in deinem Leben werden wichtiger sein als dieser.« Seine Mutter blickte liebevoll auf ihn herab.

Interesse blitzte in seinen Augen auf. »Warum?«

Seine Mutter lächelte, zog ihn aber weiter die stillen Straßen entlang, durch die ihre Schritte besonders laut hallten. »Weil dir heute ein Blick auf dein Schicksal erlaubt wird.«

»Was ist ein Schicksal?« Er beschleunigte seine Schritte, um seine Eltern nicht zu verlieren.

Seine Mutter tippte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger an das Kinn und legte den Kopf in den Nacken. »Die Person, die dein Leben am meisten beeinflussen wird. Was heute passiert, ist einzigartig.«

»Und sehen das alle Kinder in meinem Alter?«

»Zumindest alle Dämonenkinder, ja. Aber nun sei still. Wir sind gleich da.«

Am Ende der Straße tauchte zwischen den hoch aufragenden Bäumen und Häusern der Haupttempel der Stadt auf. Es handelte sich um ein großes Gebäude in quadratischer Form, das keinerlei Fenster oder Zierrat besaß. Nur der Eingang war mit Fresken versehen, die an die Schlacht der ewigen Dunkelheit erinnerten – ein Mahnmal für die Zerstörungskraft der dunklen Götter. Dieses Bauwerk war untypisch für die Heimat der Dämonen und stach aus der Umgebung heraus wie ein bedrohlicher Klotz.

Gray schluckte schwer, doch da seine Eltern ohne Scheu auf den Tempel zugingen, zeigte er seine Angst nicht. Schließlich war er ein Prinz! Bei dem Gedanken drückte er sogleich den Rücken durch.

Zwischen zwei Säulen, die den Eingang säumten, führte ein schmales Portal in den Tempel. Ein Diener stand mit einer schwach leuchtenden Laterne dort und wartete auf die drei Dämonen. Er verbeugte sich tief, als der König und die Königin vor ihm stehen blieben, während sich die Wachen um sie herum verteilten.

»Der Hohepriester erwartet Euch bereits.« Ohne weitere Worte führte er sie hinein und das Herrscherpaar folgte, seinen Sohn voranschiebend. Gray blickte zurück, wo das wenige Licht der Straßen zusammen mit den Wächtern zurückzubleiben drohte. Schwer schluckte er, wandte sich dann aber mutig nach vorn. Viel erkannte er von dem Tempel jedoch nicht, da sich nur gelegentlich eine Lampe in einer der Ecken befand. Gray schmiegte sich näher an die Seite seiner Mutter, denn der Ort und die leisen Gesänge, die aus den Tiefen des Tempels zu ihnen schallten, ängstigten ihn.

Sie bogen nach links ab und gingen an hohen Säulen vorbei tiefer in das Gewölbe. Noch nie war Gray hier gewesen und hätte auch liebend gern darauf verzichtet. Aber er war ein Dämon und dazu ein Prinz! Er musste Mut beweisen, denn irgendwann würde er die Herrschaft über das Volk übernehmen. Sofort richtete er sich wieder gerade auf, rückte von seiner Mutter ab – wenn auch nur ein kleines Stück – und legte, seiner Meinung nach, eine gewichtige Miene auf. Liebevoll strich seine Mutter ihm über das schwarze Haar.

Da blieb der Gottesdiener vor einer kleinen, unscheinbaren Tür stehen. Sie bestand aus tiefbraunem Holz und schien das bisschen Licht aufzusaugen, das durch die Hallen strahlte.

»Geht bitte hinein«, flüsterte der Diener, neigte den Kopf und öffnete ihnen die Tür.

Gray presste fest die Lippen aufeinander, trat jedoch durch die Tür, ohne dass seine Mutter ihn vorantreiben musste. Lautlos schloss sie sich hinter ihnen.

Der kleine Raum enthielt nicht viel bis auf ein paar Kissen, die auf dem Boden lagen und einen großen, steinernen Altar umringten. Auf ihm befanden sich eine Schale mit Duftöl und ein silberner Kelch. Dutzende von Kerzen standen in Nischen und funkelten wie die Sterne am Himmel.

Eine Person trat aus den Schatten neben den Altar. Sie umhüllte ein langer Mantel, dessen Kapuze sie sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Gray erkannte nichts von ihr, nicht einmal, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Einzig die dunklen, ledrigen Schwingen wiesen darauf hin, dass es sich um einen Dämonen handelte.

Der König ging auf die vermummte Gestalt zu und redete leise auf sie ein, während die Königin Gray zu den Kissen führte und sich mit ihm setzte. Fasziniert blickte sich der Junge um und bemerkte dabei kaum, dass die fremde Person und sein Vater sich zu ihnen begaben, um sich ebenfalls niederzulassen.

»Du bist also heute fünf Jahre alt geworden und möchtest etwas über dein Schicksal erfahren?«, fragte die Gestalt mit einer überraschend tiefen Stimme.

Gray spielte nervös an der äußeren Spitze seiner rechten Schwinge, blickte kurz zu seiner Mutter auf, die ihm aufmunternd zunickte, und antwortete: »Meine Eltern meinen, dass ich das wissen müsse.«

»Und damit haben sie recht. Schon seit Jahrhunderten wird jedem Dämonenkind in deinem Alter das Glück zuteil, die Person zu sehen, die sein Leben am meisten beeinflussen wird. Weißt du denn schon, was ein Jahrhundert ist?«

Enttäuscht schüttelte Gray den Kopf. Da fragte dieser Mann, dem sogar seine Eltern viel Respekt entgegenbrachten, etwas und er wusste keine Antwort darauf. Seine ältere Schwester hätte mit Sicherheit irgendetwas erfunden, nur um klüger zu wirken, aber er mochte so etwas nicht.

Seltsamerweise lachte der Priester gutmütig und strich ihm über den Kopf. »Es ist nicht schlimm, dass du das noch nicht weißt. Das Wissen kommt mit der Zeit zu jedem von uns und du hast noch viele Jahre vor dir, in denen du solche Sachen lernen kannst. Ein Jahrhundert ist eine so große Zeitspanne, dass sogar deine Großeltern nicht wissen, wie es sich anfühlt. Also sei getröstet. Aber nun verstehst du, wie lang diese Tradition schon existiert.«

Freudig, dass er nicht als dumm angesehen wurde, nickte Gray. Daraufhin griff der Priester hinter sich und nahm den Kelch von dem Altar, wobei seine Krallen, die jeder Dämon sein Eigen nennen konnte, einen hellen Klang an dem Metall verursachten.

»Du musst nun dieses Wasser trinken. Danach wirst du einschlafen und wie in einem Traum viele Bilder sehen, die dir gemeinsame Momente mit deinem Schicksal zeigen. Hab keine Angst, es ist vollkommen ungefährlich.« Damit drückte er ihm den Kelch in die Hand.

Unsicher schaute er zu seinen Eltern auf, die ihm beruhigend zulächelten. Leise begann der Priester ein Gebet zu murmeln. Etwas unbehaglich hob Gray den Kelch und trank das Wasser in einem Zug. Es schmeckte ganz normal und er schmatzte einmal, um vielleicht doch noch einen Unterschied festzustellen. Doch da wurde ihm bereits schwindelig und die Augen wollten ihm zufallen. Mit einem Seufzen glitt er in einen tiefen Schlummer.

***

Gray schwebte durch Dunkelheit. Nichts lenkte seine Augen ab, aber er hatte keine Angst, sondern fühlte sich behaglich, wie in eine dicke Decke gehüllt. Wind kam auf und strich ihm liebevoll über Gesicht und Haar. Tief atmete er ein. Der Geruch vieler Blumen drang ihm in die Nase und ein goldenes Licht erschien vor ihm, leuchtete so hell auf, dass er die Augen zusammenkneifen musste. Schließen wollte er sie jedoch nicht, aus Angst, etwas zu verpassen.

Doch was er dann sah, übertraf all seine Erwartungen. Er hörte, roch und fühlte die Visionen, als würde er sich wirklich in dem Moment befinden. Die Bilder prasselten auf ihn ein und zogen so schnell vorbei, dass er kaum hinterherkam. Trotzdem brannten sie sich in seinen Kopf und er wusste, dass er sie nie mehr vergessen würde. Jedes Bild war anders, doch besaßen sie alle eine Gemeinsamkeit: Stets erkannte er eine Frau mit blondem Haar und grünen Augen.

***

Gray stand mit einem Schwert in der Hand inmitten einer brennenden Stadt, hatte sich über ein Skelett gebeugt, an dem noch Fetzen von Dunkelheit leckten. Die Hitze war spürbar, Flammen prasselten. Er wandte sich um und blickte auf die junge Frau, die mit weit aufgerissenen Augen zu ihm aufsah. Ihr weißes Kleid war an manchen Stellen zerrissen, von Ruß geschwärzt oder blutbesudelt. Der Schmutz auf ihrem Gesicht war durch Tränen verwischt. Er reichte ihr eine Hand, die sie dankbar ergriff.

***

Es regnete. Jeden einzelnen Tropfen spürte er auf seinem Körper. Besorgt suchte er die weiße Stadt unter sich ab, während das herabfallende Wasser seine Schwingen schwer machte. Große Steinbrocken waren zwischen die Häuser geschleudert worden, lagen da wie verschütteter Zucker. Wie durch ein inneres Wissen geleitet fand er sein Schicksal in den verzweigten Straßen. Es saß mitten auf dem Pflaster und verbarg das Gesicht in den Händen.

Gray stand in einer kleinen Halle und hielt ihre Hände. Nur kurz sahen sie sich an, ehe sie die Augen schloss. Einige Momente vergingen, dann erstrahlte ihr Körper in goldenem Licht und an ihrem Rücken brachen leuchtende Schwingen hervor. Voller Überraschung riss sie die Lider auf.

***

Schnee und Kälte schlugen auf ihn ein. Sie marschierten den hohen Grat eines Berges entlang, doch trotz allem war ihm warm durch die Anstrengung. Sie mussten sich beeilen, denn sie wurden verfolgt. Jedoch waren sie nun nicht mehr allein, zwei weitere Personen begleiteten sie. Die eine, die sie anführte, blickte besorgt zurück. Sie drängte noch mehr zur Eile. In diesem Moment rutschte sein Schicksal aus und auf einen Abhang zu.

***

Gray landete vor einem riesigen Zelt. Ein markerschütterndes Brüllen ertönte und riesige Schatten senkten sich auf seine Umgebung. Weitere Dämonen kamen neben ihm an, aber er ignorierte sie. Sein Herz schlug schnell und seine Wut erfüllte ihn bitter. Als er die Zeltplane zur Seite schlug und sie erblickte, hätte er beinahe gequält aufgestöhnt.

***

Alles an ihm war feucht. Er, sein Schicksal und vier andere lagen in einem Sumpf hinter ein paar kärglichen Sträuchern verborgen. Vor ihnen saßen ein Dutzend ihrer Feinde. Er sah zu der blonden Frau an seiner Seite und sie zu ihm. Ein Nicken folgte und sie wurde in ein schwaches goldenes Licht getaucht, schien sich vor seinen Augen in etwas Katzenähnliches zu verwandeln und sprang mit unmenschlichem Geschick mitten in die Gruppe hinein. Ohne zu zögern, folgten die anderen ihr.

***

Die blonde Frau stand an einem See und sah ihm entgegen. Doch ihre gesamte Haut war mit goldenen Schuppen bedeckt und auf ihrem Rücken prangten goldene Flügel. Scharfe Krallen zierten ihre Finger und ihr Körper hatte wieder diese katzengleiche Gestalt angenommen. Er ging zu ihr und streckte die Hand nach ihr aus. In dem Moment, als seine Finger ihre Haut berührten, zerbarst ihr Erscheinungsbild in tausend Funken und vor ihm stand wieder die einfache Frau, die ihm aufmunternd zulächelte.

***

Die folgenden Bilder wirkten verschwommen. Gray merkte, dass die Vision zu zerfasern begann. Er flog über ein Weizenfeld, das kurz vor der Ernte stand. Die Sonne vor ihm würde bald untergehen, doch er hatte sein Ziel fast erreicht. Vor ihm tauchte ein Waldrand auf. Er kam immer näher, während das Bild weiter zerrann. Schließlich sah er eine Bewegung rechts von sich. Sofort wandte er sich seinem Schicksal zu, das auf einen Stock gestützt aus dem Schatten trat. Gehüllt in ein einfaches Leinenkleid, der halbe Körper verbunden, doch strahlte sein Schicksal über das ganze Gesicht.

***

Wie ein Ertrinkender japste Gray, fuhr hoch und blickte sich verwirrt um. Er war wieder in seinem kindlichen Körper und damit zurück im Tempel. Seine Mutter schloss ihn in die Arme und hielt ihn, als er zu weinen begann.

Nervös blickte sie zu dem Priester, doch der beruhigte sie. »Keine Sorge, er muss nur verkraften zurück in seinem jetzigen Körper zu sein. Er wird dieses Gefühl vergessen und sich nur noch an die Bilder erinnern können.« Er schwieg kurz und blickte nachdenklich auf den Jungen. »Doch seine Reaktion war erstaunlich intensiv. Ihm muss ein besonderes Schicksal bevorstehen.«

Langsam beruhigte sich Gray wieder, zog die Nase hoch und betrachtete seine Eltern und den Priester trotzig.

»Was hast du gesehen, Prinz Gray?«, fragte Letzterer.

Einen Moment suchte der Junge nach Worten, doch dann blickte er dem Priester fest in die Augen. »Ich habe eine Frau gesehen, die ihre Gestalt wandeln kann.«

***

Zweiundzwanzig Jahre später

In der tiefsten Stunde der Nacht wartete ein einzelner Reiter auf einem grasbewachsenen Hügel. Um ihn herum erstreckte sich der südliche Teil der Steppe von Takara mit hohem braunen Gras, Unmengen an Wildblumen und der unendlich wirkenden Weite.

Es war Neumond und daher der perfekte Zeitpunkt für sein Vorhaben. Sein Blick wanderte über die Steppe nach Norden, wo ein silberner Glanz den Horizont erhellte. Dort lagen die Klangblumenfelder und dahinter die Menschenstadt Tetra. Dann sah er zurück zu seinem heutigen Ziel. Eine große Bergkette lag im Osten und grenzte die Takara-Steppe von den Sümpfen ab. Nur wenige Lichter wiesen darauf hin, dass dort oben die stärksten Krieger Mederias ihre Heimat erbaut hatten. Die Marmorfeste war schon Tausende von Jahren alt und bisher nie eingenommen worden. Ein gehässiges Grinsen erschien auf dem Gesicht des Reiters. Bald würde sich alles ändern.

Schritte näherten sich von hinten und der Reiter wandte widerwillig den Blick von der Feste ab. Cyanea trat auf ihn zu. Die Banshee warf ihr langes Haar, das in einem zarten Blattgrün schimmerte, mit einer schwungvollen Kopfbewegung über die Schulter nach hinten. Der Wind zupfte an ihrem weißen Umhang, ließ ihn hinter ihr aufwallen und wie helle Schwingen wirken. Scheinbar desinteressiert blickte sie zu der Bergkette hinauf. Dann wandte sie sich dem Reiter zu und ließ sich vor ihm elegant auf ein Knie nieder.

»Die Truppen sind bereit, Meister Fueno. Sie warten nur noch auf Euer Zeichen«, sagte sie mit einer rauchigen Stimme und senkte ergeben den Kopf.

Fueno nickte. Sein Pferd schüttelte nervös die Mähne, als der Wind drehte und den Geruch der Schattenwesen zu ihnen trug. Hunderte dieser furchtbaren, von Fuenos Herrn geschaffenen Schemen standen in den unterschiedlichsten Formen und Gestalten unterhalb des Hügels, auf dem sich Fueno und Cyanea befanden. Nur ihre rot schimmernden Augen hoben sie von der Schwärze der Nacht ab. Dazu gesellten sich noch etwa einhundert in Magie geschulte Banshee in einem gehörigen Abstand zu den Schattenwesen und eintausend seiner besten schwarzen Krieger.

»Gut«, sagte Fueno. »Ihr kennt die Befehle. Es ist mir egal, wer lebt oder stirbt. Macht mit der Stadt, was ihr wollt, aber bringt mir um jeden Preis die Scherbe! Ich dulde kein Versagen.«

Cyanea verharrte noch einen Moment in ihrer demütigen Position, dann erhob sie sich und ging zu ihren Truppen. Kurz darauf begann die Armee ohne sichtbares Signal in Richtung Marmorfeste zu marschieren. Eine dunkle Wolke aus Schattenvögeln erhob sich aus dem Steppengras, jeder davon so groß wie der mächtigste Adler. Sie schraubten sich lautlos in den Himmel und folgten dann den Truppen unter ihnen.

Wieder erschien ein Grinsen auf Fuenos Gesicht. »Mal sehen, wie gut sich die berüchtigten Dämonen schlagen werden.« Er brach in ein lang anhaltendes Lachen aus, das sich steigerte, bis es fast hysterisch klang, und das noch weit über die Takara-Steppe hinweg zu hören war.

Kapitel 2

In dem mannshohen Spiegel, der an einer Wand des Zimmers stand, besah sich Lana die dunklen Augenringe, die sie nach der kurzen Nacht scheinbar höhnisch angrinsten. Sie war erst nach Mitternacht vollkommen erschöpft ins Bett gefallen. Jetzt graute noch nicht einmal der Morgen und sie befand sich schon wieder vollständig angezogen auf den Beinen. Das Frühlingsfest stand kurz bevor und die vielen Vorbereitungen nahmen sie so sehr in Anspruch, dass sie sich nicht einmal Zeit für ein Treffen mit ihrem Bruder genommen hatte. Erst gestern hatte er sich beschwert und verlangt das Treffen umgehend nachzuholen.

Daher wandte sie sich laut seufzend von dem Spiegel ab und verließ ihr Zimmer. Sacht schloss sie die Tür hinter sich und schlich den holzgetäfelten Flur entlang. Die Lampen waren heruntergedreht worden, sodass sie kaum Licht spendeten. Doch Lana brauchte nichts zu sehen, sie kannte den Weg. Leichtfüßig huschte sie zu der Treppe, die spiralförmig in das untere Stockwerk führte, dann blieb sie stehen, um zu lauschen. Doch nichts rührte sich. Also hatte niemand ihren frühen Aufbruch bemerkt, weshalb sie auf Zehenspitzen die Stufen hinabging.

Als sie den Fuß der Treppe erreichte, wich die Täfelung stabilem grauen Stein. Weiche Teppiche und Ölgemälde an den kalten Wänden verliehen dem Gang eine heimische Atmosphäre. Lana wandte sich nach rechts, um an dem Arbeitszimmer ihres Vaters und den Gästezimmern vorbei zu den Bedienstetenunterkünften zu gelangen. Während sie an der Küche vorbei in den Raum auf der anderen Seite des Flures huschte, drang leises Geklapper zu ihr heraus. Scheinbar wurde das Frühstück bereits vorbereitet.

Das Zimmer, in dem sie sich nun befand, war klein und enthielt nur ein paar Putzmittel sowie Eimer und anderes, was zur Reinigung eines Hauses benötigt wurde. Im Dunkeln griff Lana nach einer Stelle, an der – wie sie wusste – ein Schlüssel hing. Nach wenigen Momenten des Suchens stießen ihre Finger auf das kalte Metall. Mit dem Schlüssel in der Hand schlich sie die letzten paar Meter bis zur Hintertür und schloss sie leise auf.

Es wäre unklug, durch die Vordertür zu gehen, wo die Nachtwache sie bemerken und an ihre Mutter verpetzen würde, sobald sie um die erste Hausecke verschwunden wäre. Lana wusste, dass ihre Mutter von ihr als Tochter des Bürgermeisters von Ignis Fatuus und als stadteigene Bardin ein gewisses Maß an Verantwortungsbewusstsein verlangte, doch das hieß noch lange nicht, dass sie auf ein paar Stunden bei ihrem Bruder und dessen Frau verzichten musste. Ihre Mutter wäre allerdings anderer Meinung, weil sie noch viele Aufgaben zu erledigen hatte, und würde sie deswegen sofort zurückbringen lassen.

Es ist ja nicht so, dass ich alt genug für eigene Entscheidungen bin, dachte Lana sarkastisch.

Durch die kleine Hintertür gelangte sie in den Garten. Eine Mauer umschloss das Grundstück und nur ein einfaches Holztor führte hinaus. Wunderschöne Apfelbäume, die gerade erst die feinen Knospen zeigten, säumten den Weg.

Lana sog genussvoll die kalte Morgenluft ein und wickelte sich tiefer in ihren Mantel. Die ersten Vögel begannen schon zu singen und eines der Pferde im nahen Stall schnaubte laut. So leise wie möglich schloss sie die Tür hinter sich und lief rasch über knirschenden Kies. Als sie vor dem Tor stand, blickte sie zurück, aber hinter keinem der Fenster war Licht entzündet worden. Flink kletterte sie auf einen alten Kirschbaum direkt neben dem Tor und schwang sich auf die Mauer, um sich dann vorsichtig auf die dahinterliegende Straße fallen zu lassen.

Wieder lauschte sie, aber sie war unentdeckt geblieben.

Erleichtert atmete sie auf und folgte nun beschwingt dem Weg, der zum Haus ihres Bruders führte. Die dicht an dicht stehenden Steinhäuser mit den Reetdächern wirkten im beginnenden Morgen beschaulich und viel zu ruhig für den sonstigen Trubel, der durch die Stadt brandete. Um diese Uhrzeit traf Lana nur auf wenige Einwohner, die bereits unterwegs waren, und ging den vereinzelten Wachpatrouillen aus dem Weg. Zwar gab es keine Ausgangssperre, aber trotzdem wollte sie den Männern lieber nicht in die Arme laufen. Dadurch dass sie seit Jahren die einzige Bardin der Stadt war, kannte sie jeder und wenn die Soldaten sie bemerkten, würden bald alle wissen, wo sie sich aufhielt. Und dafür schätzte sie ihre wenige freie Zeit zu sehr.

Sie gelangte zum Handwerkerviertel und nach einiger Zeit zum Haus ihres Bruders. Es war kein großes Haus, das er und seine Frau Marie bezogen hatten, aber es besaß einen eigenen Charme und Marie hatte das Innere zu einem behaglichen Heim gemacht. Kräftig schlug Lana mit dem Türklopfer gegen das Holz, sodass es hallte.

David öffnete nach wenigen Sekunden und winkte seine Schwester nach einer kurzen, aber herzlichen Begrüßung hinein. Obwohl er Lana nur etwa eine Handbreit überragte, war er beeindruckend und stark. Dass sie beide Geschwister waren, merkte man äußerlich nur an ihrem sandblonden Haar. »Ich dachte schon, du würdest dich gar nicht mehr blicken und deinen armen alten Bruder einsam in seinem Haus verrotten lassen!«

Mit einem müden Lächeln trat Lana in die kleine Diele. »Lass das ja nicht deine Frau hören. Sonst zieht sie dir ihre Krallen über.«

Sofort stieg ihr der köstliche Duft von frisch gebackenem Brot in die Nase, der ihren Magen knurren ließ. Zwinkernd schloss ihr Bruder die Tür und ließ keinen Zweifel daran, dass sein Charme mit zunehmendem Alter wuchs. David war in jüngeren Jahren ein regelrechter Frauenheld gewesen und hatte sich mit seinem verwegenen Lächeln und dem athletischen Körper oft die Türen zu den Schlafzimmern zahlreicher Frauen geöffnet.

Bis er Marie getroffen hatte.

Als die Tür ins Schloss fiel, näherten sich Schritte aus einem der angrenzenden Räume. Marie trat in die Diele und strahlte über beide Ohren. Sie war eine schöne, hoch gewachsene Frau Ende zwanzig mit schwarzen Locken. Ihr offensichtlichstes Merkmal war der beachtliche Bauch, den sie vor sich hertrug. Ihr erstes Kind sollte in den nächsten Wochen das Licht der Welt erblicken und Lanas Eltern waren noch aufgeregter als David und Marie. Das Außergewöhnlichste an der jungen Frau waren jedoch ihre großen, ledrigen Flügel und die langen Krallen an den Fingern, die hier in der Gegend nicht sehr verbreitet waren. Denn Marie gehörte den Dämonen an.

Ihr Volk, das weit im Osten jenseits der großen Klippen in einer Stadt namens Marmorfeste lebte, besaß kein magisches Talent, dafür jedoch überragende Fähigkeiten in Strategie und Kampf. Marie hatte sich jedoch schon vor Jahren für ein Leben in Ignis Fatuus entschieden und lieber Lanas Bruder geheiratet, um mit ihm zusammen ein ruhiges Leben zu führen. Sie war eine Frohnatur überschäumenden Ausmaßes. Ein Charakterzug, der unter den Dämonen nicht gerade häufig vorkam.

»Lana! Es wurde Zeit, dass du zu Besuch kommst«, rief Marie erfreut und drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Ihre braunen Augen funkelten vor Freude. »Ich habe schon das Frühstück für uns vorbereitet.«

»Das klingt gut. Ich habe das letzte Mal gestern Mittag etwas gegessen«, meinte Lana und legte sich die Hand an den knurrenden Magen.

»Du isst eindeutig zu wenig. Du siehst schon ganz abgemagert aus«, bemerkte David kritisch, während sie der Dämonin in die Küche folgten.

»Wie charmant«, schnaubte Lana belustigt.

Der Raum, den sie betraten, wurde fast vollkommen von einem hölzernen Tisch eingenommen, der gut und gerne einem Dutzend Leuten Platz bieten konnte. Nur ein kleiner Herd und eine angrenzende Arbeitsfläche standen noch an einer der Wände. Ein langes Fenster darüber gab den Blick auf die rückwärtige Straße frei. Lana setzte sich an den Tisch, auf dem schon köstlich riechende Speisen standen, und entspannte sich in der vertrauten Umgebung.

Marie verschwand kurz hinter einer Tür, die in eine Vorratskammer führte, während David gegenüber von Lana Platz nahm und seine Schwester mit gefalteten Händen musterte. Er und Marie ähnelten sich sehr in ihrem Charakter. Nur wenig konnte den beiden die Laune verderben. Doch wie David nun die Augenbrauen zusammenzog, machte Lana nervös. Irgendetwas lag ihm auf der Seele.

Marie kam mit einem Krug voll kühlem Traubensaft zurück und ließ sich mit einem schweren Seufzen auf einen Stuhl fallen. »Ich habe das Gefühl, wenn das Kind nicht bald kommt, muss ich platzen.«

Lana riss den Blick von ihrem Bruder los. »Es müsste ja bald so weit sein, oder?«

»Dass ich platze? Das glaube ich auch.« Marie lachte schallend, als Lana mit den Augen rollte, und zwinkerte ihr zu. »Von mir aus könnte es ruhig schon kommen, aber gib ihm noch ein paar Wochen.«

Das unruhige Gefühl schwand so schnell von Lana, wie es aufgetaucht war. Sie aßen von den leckeren Sachen, die Marie aufgetischt hatte, und sprachen über belanglose Dinge, wie sie es immer taten, wenn Lana zu Besuch war. Marie wies immer wieder darauf hin, wie leid sie die Unbeweglichkeit sei und dass sie sich freue nach der Geburt wieder trainieren zu können.

»Dir ist aber schon bewusst, dass du dich dann auch um ein kleines Kind zu kümmern hast?«, fragte David mit einem liebevollen Blick.

»Natürlich, aber zum Glück habe ich einen liebenden Mann, der mir die Arbeit durchaus mal abnehmen kann«, erwiderte Marie. »Außerdem bedeutet ein Kind noch lange nicht, dass ich den Schwertkampf aufgeben muss. Er ist ein zu großer Teil meines Lebens. Und wenn ich keine Angst hätte umzufallen und wie ein Käfer auf dem Rücken zu enden, würde ich auch jetzt nicht davon lassen.«

Obwohl Marie ihrem kriegerischen Volk weitestgehend den Rücken gekehrt hatte, übte sie weiterhin oft und lange mit dem Schwert, um sich fit zu halten. Meist mit Lana als Trainingspartnerin. Normalerweise war das Volk der Ignis, von dem David und Lana abstammten, nicht sehr kämpferisch. Nur die Stadtwache lernte den Umgang mit Waffen. Doch Lana war schon seit jungen Jahren so sehr davon fasziniert, dass sie ihrem Bruder ständig in den Ohren gelegen und ihn gebeten hatte, es ihr beizubringen. Zuerst hatte David sich geweigert, sich dann aber notgedrungen dafür entschieden, als Lana mit neun Jahren ein Schwert stibitzte und alleine damit herumfuchtelte. David hatte damals seufzend gemeint, dass sie es doch lieber richtig lernen solle, anstatt sich selbst zu enthaupten. Als Marie in Davids Leben getreten war, hatte Lana schon einiges an Können im Schwertkampf gesammelt. Im Training mit Marie baute sie dieses aus. Dämonen lernten den Schwertkampf bereits im Kleinkindalter und konnten auf viele Generationen an Erfahrung zurückgreifen. Marie hatte zudem einige Zeit als persönliche Wache des Herrscherpaares der Dämonen gedient, weshalb ihre Fertigkeiten beinahe Perfektion erreicht hatten. Lana stürzte sich mit Begeisterung auf Maries Wissen und Talent. Genauso wie auf die Künste der Barden. Diese beiden Leidenschaften erfüllten ihr gesamtes Leben.

Nach dem Essen stand die Dämonin auf, um das Geschirr wegzuräumen, stieß jedoch einen überraschten Ruf aus und hielt sich den Bauch. David sprang sofort vom Stuhl, während Lana die Luft erschrocken anhielt, aber Marie beruhigte ihn lachend. »Es tritt mich nur.«

Ein Lächeln stahl sich auf Lanas Gesicht und sie streckte eine Hand aus. »Darf ich es beruhigen?«

Marie nickte ihr zu und sie legte sanft die Hände auf ihren Bauch. »Du bist aber ein ungestümes Kind«, flüsterte sie, als sie die Bewegung spürte, und sang leise ein Schlaflied, das sie aus ihrer Kindheit kannte. Langsam wurde das Baby ruhiger und hörte schließlich auf zu treten.

Marie seufzte. »Du hast eine so schöne Stimme.« Dann klatschte sie voller Elan in die Hände. »Jetzt muss ich aber etwas tun.«

Mit einem Kopfschütteln sah Lana der Frau nach, die vor Energie überzulaufen schien. Daher zuckte sie zusammen, als David sie am Arm berührte. »Würdest du noch einen Moment bleiben? Ich muss etwas mit dir besprechen.«

Lana runzelte bei dem Ernst in seiner Stimme die Stirn und die Sorgen von vorhin kehrten mit Macht zurück. Schweigend folgte sie ihrem Bruder in das größte Zimmer des Hauses. Warme Teppiche lagen hier auf dem Holzboden oder hingen an den Wänden, um die Kälte draußen zu halten. Mit Fell bezogene Sessel standen in einem Halbkreis um einen großen Kamin, in dem ein Feuer loderte. Lana setzte sich in einen davon, während ihr Bruder weiteres Holz hineinlegte. Ohne sich ihr zuzuwenden, begann er zu reden. »Du weißt von der Situation im Südosten, oder?«

Lana nickte, obwohl ihr Bruder das nicht sehen konnte. »Ich habe es von Vater gehört.«

Ihr Vater war so etwas wie das Oberhaupt der Ignis, die in Mederia eher unter dem Namen Irrlichter bekannt waren. Das entsprach aber nicht der Wahrheit. Sie selbst waren keine Irrlichter, sondern nur die Träger der kleinen, mythischen Wesen, die durch eine Verbindung mit den Ignis ihr Überleben gesichert hatten.

David drehte sich endlich zu Lana um, doch der Ausdruck in seinen Augen ließ sie schlucken. »Vor zwei Wochen gab es wieder einen Überfall und dabei ist die Marmorfeste gefallen.«

David hielt nichts davon, schlechte Nachrichten abzuschwächen, aber obwohl Lana dies gewohnt war, schockte sie seine Offenbarung so sehr, dass sie keuchte. Das konnte einfach nicht sein! Die Dämonen waren eines der mächtigsten Völker Mederias. Ihre Stadt lag in einem geschützten Tal und war noch nie von Feinden eingenommen worden – selbst im Krieg der ewigen Dunkelheit nicht, der dreihundert Jahre zurücklag.

»Wie konnte das geschehen?«, fragte sie atemlos und gleich darauf: »Weiß Marie es schon?«

David nickte ernst. »Sie unterdrückt ihren Schmerz, um dem Kind nicht zu schaden, aber es hat sie schwer getroffen. Vater hat uns erst gestern davon erzählt. Ich glaube, sonst weiß es noch niemand in der Stadt. Es gab keine Vorzeichen, dass so etwas passieren würde. Von einem Tag auf den anderen wurden die Dämonen fast ausgerottet. Es heißt, nur einige Hundert haben sich nach Tetra retten können. Wer oder was genau sie angegriffen hat, ist noch unklar, jedoch vermuten einige, dass sich der Süden nun endgültig auflehnen und bald gegen Tetra ziehen wird, um in den Norden einzumarschieren. Wir wussten schon lange, dass sich unsere Feinde rüsten, haben aber gehofft, dass es nie zu einer Auseinandersetzung kommen würde. Nun ja, dem ist leider nicht so. Unserem Land droht Krieg.«

Er sah Lana mit verschränkten Armen an und wartete auf ihre Reaktion. Sie starrte jedoch nur ins Leere und konnte nicht fassen, was sie da hörte. Die Hauptstadt der Menschen war ein Bollwerk unbeschreiblichen Ausmaßes und im Süden durch eine natürliche Klippe geschützt, die nur über schmale Straßen erklommen werden konnte. Lana schien es unwahrscheinlich, dass ihre Feinde dort Erfolg haben würden, und sonst gab es keinen Weg. Außer …

»Sie könnten auch hierherkommen!«, rief Lana erschrocken aus und dachte an den schmalen Felsgang, der von Ignis Fatuus zu einer Bucht am Meer führte. Nur wenige wussten von ihm, was aber nicht hieß, dass seine Existenz verborgen geblieben war.

David nickte. »Ja, ich habe es gesehen.«

Lana stockte der Atem. Ihr Bruder hatte eine der seltensten Gaben unter den magiebegabten Ignis: Er war ein Traumweber. In seinen Träumen begegnete er ab und an Bildern aus der Zukunft, doch waren sie oft verwirrend und konnten aus mehreren Möglichkeiten bestehen.

So ein Talent entstand, wenn das magische Potenzial eines Ignis enorm war. Sowohl David als auch ihre jüngere Schwester Marietta waren meisterlich im Umgang mit Magie. Nur bei Lana hatte sich bisher nichts gezeigt, was bei den Ignis selten vorkam, Lana aber nicht sonderlich frustrierte. Dafür liebte sie ihr Leben zu sehr, auch ohne Magie. Aber wenn David sagte, dass etwas passierte, dann passierte es auch.

»Wann werden sie kommen?«, fragte sie leise. »Wir können uns doch noch in Sicherheit bringen, oder?«

Ihr Bruder zuckte mit den Schultern und seufzte. »Ich weiß es nicht. Ich konnte es nicht genau erkennen, vermute aber, dass uns noch Zeit bleibt. Allerdings habe ich noch etwas anderes gesehen. Etwas, das dich betrifft.«

Lana blinzelte überrascht. »Mich?«

Wieder nickte David. »Etwas passiert während des Frühlingsfestes mit dir. Etwas Wichtiges, das dich von hier forttreiben wird. Deshalb möchten Marie und ich dir etwas geben. Jetzt, weil ich nicht weiß, ob wir später noch die Zeit finden werden.«

Lana wurde ganz bang ums Herz, als David nach Marie rief. Sie wollte keine Veränderung. Sie lebte gerne hier in ihrer idyllischen Stadt. Sie wollte keinen Krieg und schon gar nicht von hier fort.

Ihr Bruder wandte sich ihr wieder zu. »Vater und der Stadtrat sind übereingekommen, dass die Bevölkerung evakuiert werden soll. Direkt am Tag nach dem Frühlingsfest.«

Also schon in zwei Tagen, dachte Lana flau. So schnell konnten die feindlichen Truppen nicht hierherkommen. Zumindest hoffte sie das.

Marie kam herein, dieses Mal ohne ihre ansteckende Fröhlichkeit. Sie hielt ein langes, schmales Päckchen in der Hand und überreichte es Lana. Diese nahm es nur widerwillig an, denn sie wusste, worum es sich handelte. Es war ein Zeichen des Abschlusses, wenn die Schwertmeisterin ihrer Schülerin eine Waffe schenkte. Seufzend legte Lana es sich auf die Knie, ohne jedoch den Stoff zu entfernen.

David trat näher und griff umsichtig nach ihren Händen. »Ich habe gesehen, dass eine große Macht in dir wohnt, Lana, selbst wenn sie noch nicht erwacht ist. Nutze sie gut, kleine Schwester. Zwar wissen wir noch nicht, was auf uns zukommt, aber sei nicht allzu besorgt. Vater und ich werden vorbereitet sein.«

Lana nickte und suchte in sich nach dem, was David angedeutet hatte. Doch sie fühlte sich wie immer, nur verwirrter und vielleicht ängstlicher.

»Du solltest jetzt nach Hause gehen, bevor deine Mutter auf die Barrikaden geht, weil du noch nicht bei der Arbeit bist«, sagte Marie und zwinkerte ihr zu.

Lana zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch nicht allzu überzeugend wirkte. »Du hast recht. Ich danke dir von Herzen für die Waffe und werde sie in Ehren halten. Darauf kannst du dich verlassen.«

Sie stand auf und umarmte ihren Bruder sowie Marie noch einmal innig. Nach diesem Gespräch hatte sie das Gefühl, dass sie die beiden nicht wiedersehen würde.

»Passt auf euch auf«, flüsterte sie, als sie das Haus verließ und sich bedrückt auf den Rückweg nach Hause machte.

Kapitel 3

Der Tag vor dem Frühlingsfest ging viel zu schnell vorbei. Die Aufregung und Vorfreude der Bewohner von Ignis Fatuus wuchsen mit jeder verstrichenen Stunde und kurz vor Sonnenuntergang durchdrang der Lärm der Leute die Straßen wie das Summen eines Bienenschwarmes. Nur wer besonders aufmerksam war, konnte die leise Anspannung hinter den freudigen Gesichtern ausmachen. Insgeheim hatten viele ihre wichtigsten Besitztümer zusammengepackt oder in geheimen Kellern verschlossen, was zu sperrig zum Mitnehmen war. Die Wachen sollten verstärkt werden, um den Leuten zu helfen ruhig aus der Stadt zu ziehen und eine aufkommende Panik im Keim zu ersticken. Die Nachricht von der Vernichtung der Dämonen hatte sich inzwischen wie ein Lauffeuer verbreitet und einige Bewohner spekulierten hitzig, wie ernst die Lage wirklich war und ob man nicht bereits jetzt die Stadt verlassen sollte.

Jedoch handelte es sich bei dem Frühlingsfest um das wichtigste Ereignis der naturliebenden Ignis und niemand von ihnen wollte es verpassen. Es war die Wiedergeburt eines Jahres, alle Sorgen wurden weggewaschen und ein Neubeginn ermöglicht. Für viele war dieses Ritual auch mit der Hoffnung verknüpft, dass der Krieg glimpflich für sie ausgehen würde und sie bald wieder zurück in ihr altes Leben konnten.

Am Abend vor dem großen Fest saß Lana am offenen Fenster ihres Zimmers und schaute in die Nacht hinaus, obwohl es kalt draußen war. Überall schenkten Laternen ein sanftes Licht und in vielen Häusern waren die Ignis noch wach. In einem Garten ganz in der Nähe spielte trotz der kühlen Temperaturen jemand auf einer Flöte ein altes Schlaflied. Lana sang leise die bekannten Worte dazu und fragte sich, wohin die nächsten Tage sie bringen würden. Wenn die Feinde Ignis Fatuus wirklich überwinden sollten, stände ihnen der gesamte Norden offen. Sie konnten sich die Minen im Westen erkämpfen, den Menschen im Osten in den Rücken fallen oder nach Norden zu den Elben vordringen. Sie mussten aufgehalten werden, bevor sie die offene Steppe erreichten.

Lana seufzte.

Eigentlich dürfte sie sich darüber keine Gedanken machen. Es gab andere, die das taten, und sie hatte morgen einen langen Tag vor sich. Zwar hatte sie bisher noch nicht ihre Abschlussprüfung als Bardin ablegen können, aber Talien, ihr Lehrer, wollte das im Sommer nachholen, weshalb sie jetzt schon in Ignis Fatuus als vollwertige Bardin angesehen wurde. Als solche sollte sie den Frühling symbolisieren und musste den morgigen Tag bei einem heiligen Ritus im Tempel der hellen Götter verbringen. Bisher hatte Talien diese Rolle übernommen, doch im letzten Winter war er nicht von seiner Reise zurückgekehrt. Kurz brandete in Lana Sorge um ihn auf, denn er war vor gut einem Jahr in den Süden Mederias aufgebrochen, um die Unruhen im Auge zu behalten. Aber ihm würde schon nichts geschehen sein. Obwohl Talien ein sehr junger Barde und Lana seine allererste Schülerin war, galt er bereits als Legende. Sowohl im Norden als auch im Süden verehrten ihn die Völker und alle Könige nahmen ihn gern auf. Lana konnte sich daher nicht vorstellen, dass er in Schwierigkeiten steckte.

Am Abend des morgigen Tages würde also nun sie auf dem Versammlungsplatz in der Mitte der Stadt die Rückkehr der Sonne besingen, woraufhin ein bis in die Morgenstunden andauerndes Fest beginnen würde.

Lana war stolz, dass ihr Können bereits genügte, um solch eine Rolle einzunehmen. Aber sie spürte auch deutlich die Nervosität in sich.

Mit einem erneuten Seufzen schloss sie das Fenster und legte sich ins Bett. Sie sollte sich nicht so viele Gedanken über alles machen. Mit einem letzten beunruhigten Blick auf den Rucksack, in den sie das Wichtigste für eine längere Reise gepackt hatte, schlief sie ein.

***

In einem anderen Teil der Stadt wälzte sich Marie unruhig in ihrem Bett herum. Sie war von Sorgen geplagt und sobald sie einschlief, würden mit Sicherheit die Albträume zurückkehren, die sie seit der Nachricht über die Vernichtung ihres Volkes heimsuchten. Zudem hatte sie heute Morgen ein Gespräch zwischen ihrem Mann und seinem Vater mit angehört. Schiffe waren am Strand gesichtet worden und danach war keiner ihrer Späher zurückgekehrt.

Sie hatte auf einen vorzeitigen Aufbruch gepocht, doch David und dessen Vater hatten einen anderen Plan gefasst. Marie hoffte nur, dass er fruchten würde. Sie blickte zu David, der friedlich neben ihr schlief, und hoffte, dass sie es aus der Stadt hinaus- und in Sicherheit schaffen würden.

Sie schob sich ein wenig näher an ihren Mann heran und legte den Kopf an seine warme Brust, um endlich ein paar Stunden Schlaf zu finden.

***

Als die Sonne am nächsten Tag unterging und es langsam, aber stetig dunkler wurde, wartete Lana hinter dem schweren Portal des Tempels auf den Beginn des Festes. Sie war erschöpft von den vielen Ritualen, die sie heute hinter sich hatte bringen müssen, doch die Aufregung ließ sie weiterhin aufmerksam und mit klopfendem Herzen lauschen.

Die Stadt erinnerte sie im Moment an einen aufgescheuchten Ameisenhaufen. Es gab nicht viele Ereignisse in Ignis Fatuus, die alle Bewohner der Stadt aus den kleinen Steinhäusern trieben, doch das Frühlingsfest wollten sich die naturliebenden Ignis nicht nehmen lassen. Selbst diejenigen, die in entfernteren Gegenden lebten, waren angereist. Dazu kamen noch die zahlreichen Besucher aus ganz Mederia. Die eher kleine Stadt platzte aus allen Nähten. Die Händler machten schon seit Wochen das Geschäft ihres Lebens, die Gasthäuser waren voll und die Preise für freie Unterkünfte in den Himmel geschossen.

Lana lauschte dem Summen der vielen Wesen, spürte deren Vorfreude, auch wenn sie die Massen nicht sehen konnte, und genoss die Aufregung, die sie immer vor einem Auftritt befiel. Es war wie ein Rausch, von dem sie nicht genug bekommen konnte. Wenn sie singen durfte, fühlte sie sich erst richtig lebendig.

Die Menge wurde schlagartig still, als Trommeln in einem langsamen Takt zu schlagen begannen. Lana stand umsichtig auf, um ihr weißes Kleid nicht zu beschmutzen, und atmete tief durch. Einer der Priester, die in dunkelbraune Kutten gehüllt waren, trat zu ihr und verbeugte sich. Sprechen durften sie so kurz vor dem Neubeginn des Jahres nicht. Lana folgte ihm und das Portal des einzigen Tempels in Ignis Fatuus schwang auf. Davor warteten ihre Familie und der Rest der Prozession. Die vertraute Anwesenheit ihrer Eltern und ihrer Geschwister nahm Lana etwas von ihrer Aufregung und mit einem Lächeln trat sie zwischen sie, wo ihr Vater sie kurz an der Schulter berührte und dann voranschickte.

Es konnte beängstigend sein, wie sich die stumme Menge, nur begleitet von dem getrommelten Herzschlag, vor ihr teilte. Doch Lana sah die Freude in jedem einzelnen Gesicht, die Hoffnung und den Mut, den die Anwesenden fassten.

Die Abendluft war so früh im Jahr noch sehr frisch und die beiden Monde standen an einem stürmischen Himmel, wurden immer wieder von regenschweren Wolken verdeckt. Fröstelnd bemühte sich Lana dem Wind nicht zu viel Angriffsfläche zu bieten, doch das lange weiße Kleid, dessen Mieder ihr die Brust einschnürte, war dünn, wodurch ihr der Weg durch die Menge ungewohnt lang vorkam.

Unauffällig zupfte sie an ihrem Ausschnitt, damit sich die rote Glasscherbe, die in einen zierlichen silbernen Rahmen gefasst war und an einer Kette um ihren Hals hing, einen angenehmeren Platz zwischen ihren Brüsten suchte. Ihr Vater hatte sie ihr erst kürzlich zum Geburtstag geschenkt. Danach wanderten ihre Hände hoch zu ihrem kunstvoll aufgesteckten Haar, das mit einem Tuch und vielen bunten Blumen verziert war. Vorsichtig berührte ihr Vater sie am Arm, als sie ihre Unruhe an den Bändern an ihrem Handgelenk loswerden wollte. Er schenkte ihr ein Lächeln, das unter dem dichten blonden Bart nur zu erahnen war, doch Lana besänftigte diese gewohnte Geste und sie ließ die Arme locker fallen.

Inzwischen hatten sie den großen Platz in der Mitte der Stadt fast erreicht. Die Trommler ließen die letzten Schläge verklingen und eine unnatürliche Stille senkte sich über die Stadt. Magische Kugeln schwebten heran und wiesen mit ihrem kühlen Licht den Weg zur Bühne, die am jenseitigen Ende des Platzes aufgebaut worden war. Lana sah darauf die Musiker, die ihren Gesang traditionell begleiten sollten, obwohl sie mit ihrer Gitarre weitaus besser wäre.

Den ganzen Platz schmückten Blumengirlanden und riesige bunte Seidentücher, die im Wind flatterten. An der großen Weide, die in der Mitte des Platzes wuchs, waren kleine Lichter angebracht worden, die ihre Farbe wechselten. Überall flogen Irrlichter umher und erhellten mit ihrem sanften gelben Schimmer zusätzlich die Nacht.

Obwohl die Irrlichter jede Gestalt annehmen konnten, zeigten sich die meisten von ihnen in ihrer Urform, als kleine, schimmernde Flamme, und spielten mit den Laternen. Lana war wie immer bezaubert von dem Anblick und ließ sich gern von ihrem Vater an den verstummten Trommlern vorbei zur Bühne begleiten.

Die Menge begann zu jubeln, als sie die Bühne betrat, und trotz des Lärms, der einsetzenden Musik und den vielen Lichtern fielen Lana einige vermummte Leute auf, die am linken Rand des Platzes standen. Sie trugen lange braune Roben mit Kapuzen, die sie tief ins Gesicht gezogen hatten. Sie fielen ihr nicht nur wegen ihrer Kleidung auf, die normalerweise nur Priestern der hellen Götter vorbehalten war, sondern auch weil sie nicht in den Jubel der anderen einfielen. Sie wirkten wie ein Pol der Ruhe zwischen den aufgeregten Leuten.

Lana runzelte die Stirn. Sie wollte sich schon ihrem Vater zuwenden, doch hatte sie nicht mehr die Zeit dazu. Denn er straffte die Schultern und trat vor die Menge, bevor seine Tochter ihn zurückhalten konnte.

»Erneut ist ein Jahr vergangen«, begann er und seine tiefe Stimme, durch Magie verstärkt, schallte laut über den Platz. »Und wir wollen der Göttin Perika danken, dass sie uns dieses neue geschenkt hat. Vielleicht wird es kein leichtes, aber es wird uns auch Freude und Glück schenken und wir werden unsere wunderbare Stadt und unser großartiges Volk gedeihen sehen. Ich hoffe für uns alle, dass die Göttermutter auch dieses Jahr wieder ihre schützende Hand über unsere Stadt und unser Volk hält.«

Lanas Vater verbeugte sich vor seinem Publikum und begeisterter Applaus brandete auf. Er drehte sich zu Lana um und nickte ihr zu, dann verließ er die Bühne. Nur die Priester, die Musiker und Lana blieben. Die Anhänger der Götter bildeten einen Kreis um sie und begannen zu beten. Am liebsten wäre sie allein gewesen, so wie sie es gewohnt war, aber am heutigen Tag durfte sie ihr Publikum nur in Begleitung verzaubern.

Die Leute wurden still und sahen erwartungsvoll zu ihr auf.

Als die Musik begann, atmete Lana noch einmal tief durch. Vielleicht hatte ihr Vater die dunklen Gestalten bereits bemerkt und wollte nur keine Panik auslösen. Sie musste sich jetzt hierauf konzentrieren, weswegen sie die Augen schloss.

Nach einigen einführenden Akkorden, die sie mit dem Fuß mitklopfte, begann sie zu singen. Sie stimmte das Lied der Göttin Perika an, die für die Natur und neues Leben stand. Es bestand aus einer Sprache, deren Bedeutung viele nicht mehr kannten. Trotzdem vermittelte ihr Gesang Hoffnung und Liebe mit jeder einzelnen Note und hallte dabei rein und klar über den Platz. Erst leise, dann immer kräftiger, als Lana sich der Musik hingab und sich mit der Melodie zu bewegen begann. Ihre Stimme war wie ein Sonnenstrahl, der durch sturmgraue Wolken auf die Erde schien.

Die Leute taten es Lana gleich, schlossen die Augen und wiegten sich im Takt hin und her. Lana sang die Geschichte ihrer Göttin. Wie sie vor Hunderten von Jahren auf die Erde gekommen war, um den Völkern der Welt beizustehen. Wie diese mit ihrer Hilfe Tyrannen besiegt, Krankheiten überstanden hatten, erblüht und gedeiht waren.

Wind kam auf, trieb die dunklen Wolken für kurze Zeit auseinander und ließ einen Blick auf den klaren Himmel zu. Tausende Sterne leuchteten wie Diamanten und vermittelten ein Gefühl von Unendlichkeit, das sich durch die glimmenden Irrlichter auf die Welt herabzusenken schien. Der Wind ließ Lanas Haare, die nicht in der aufwendigen Frisur verarbeitet worden waren, aufwirbeln. Der Rock schmiegte sich an ihre zarte Gestalt und ließ ihre Bewegungen fast übermenschlich wirken. Sie ging vollkommen in der Musik auf.

Doch plötzlich verglühte Schmerz ihren Bauch.

Sie riss die Augen auf und krümmte sich zusammen, konnte aber nicht aufhören zu singen, egal wie sehr sie es versuchte. Sie warf einen Hilfe suchenden Blick zu ihrer Familie, die sie zuerst fragend und dann entsetzt ansah. Verwunderte Stimmen wurden in der Menge laut und der Zauber der Musik war dahin. Selbst die Priester unterbrachen ihr Gebet, um sie entgeistert anzustarren. So etwas war bisher noch nie geschehen. Jedoch traute sich auch niemand ihr zu helfen.

Lana wusste nicht, was vor sich ging. Solche Schmerzen hatte sie noch nie gelitten. Und warum konnte sie nicht aufhören zu singen? Es war fast so, als ob ihr Körper von einem inneren Feuer zerfressen würde. Als sich das Lied dem Ende näherte, nahmen die Schmerzen so sehr zu, dass Lana auf die Knie sank und die Hände gegen den Bauch presste. Zusammen mit der letzten Note, die eher wie ein erschöpfter Schrei aus ihrem Mund drang, explodierte der Schmerz und formte ein helles goldenes Licht um ihren Körper, das kreisförmig in die Nacht schoss. Die Priester wurden zu Boden geschleudert, doch sonst schien das Licht niemanden zu berühren.

Zusammen mit dem Licht verging auch der Schmerz und Lana hatte wieder die Gewalt über ihre Stimme. Erschöpft kippte sie nach hinten auf das Holz der Bühne.

Sofort eilten ihr Vater und David zu ihr.

»Was im Namen der Göttin war denn das?«, fragte ihr Bruder mit weit aufgerissenen Augen.

»Magie«, knurrte ihr Vater und half Lana in eine sitzende Position. Doch bevor sie etwas sagen konnte, begann das nächste Unglück.

Die Anwesenden hatten sich nach diesem Schauspiel einander zugewandt, um aufgeregt miteinander zu diskutieren. Daher ging der hysterische Schrei einer Frau am Rande des Platzes fast unter. Dennoch ruckten viele Köpfe herum und Lana versuchte sich aufzurappeln, um über die Menge in die Richtung zu schauen, aus der der Schrei gekommen war. Trotz ihrer erhöhten Position konnte sie die Szenerie nur einsehen, weil die Leute darum herum erschrocken zur Seite traten.

Mit einem Schwert war eine Frau regelrecht an die Mauer eines der Häuser genagelt worden, die das freie Gelände des Platzes umschlossen. Blut rann in einem dicken Strom aus der Wunde, lief an der Klinge hinab und tropfte auf das Pflaster zu ihren Füßen. Langsam bildete sich ein goldenes Licht um ihre Hand und das Irrlicht, das sich an sie gebunden hatte, stieg stumm in die Nacht hinauf. Sie war tot.

Einer der Vermummten stand vor der Frau, deren Augen trüb geradeaus gerichtet waren. Als die Anwesenden realisierten, dass zwischen ihnen ein Mord verübt worden war, riefen sie wild durcheinander, waren aber zu schockiert, um den Täter zu stellen oder die Flucht zu ergreifen. Nur in unmittelbarer Nähe um den Schauplatz wich die Menge noch weiter zurück.

Lana ließ den Blick hastig über die Umgebung wandern und entdeckte immer mehr der vermummten Gestalten unter der Bevölkerung. Ihr Vater schickte mit einer Handbewegung zwei Gardisten zu der toten Frau. Sie verschwanden wie lautlose Schatten in der Masse.

»Es hat begonnen«, sagte David bitter, der neben Lana getreten war. »Unser Plan hat nicht funktioniert.«

Seine Stimme zitterte, was Lana jede Hoffnung nahm und ihr Inneres zu Eis erstarren ließ. Gerade als sie wieder zu dem Ort des Geschehens sah, drehte sich die Gestalt ihnen zu und hob die Hand, um die Kapuze zurückzuwerfen. Die Menge schrie entsetzt auf, als unter ihr nichts als wogende Dunkelheit zum Vorschein kam. Rote Flammen loderten dort, wo die Augen hätten sein sollen, doch ließ sich sonst kein weiteres Merkmal in der Düsterkeit erkennen. Die Leute drängten zurück, versuchten so viel Platz wie möglich zwischen sich und das Wesen zu bringen, behinderten sich aber selbst, da sie bereits dicht an dicht standen. Die Gardisten bahnten sich einen Weg zu dem Schatten und zogen die Schwerter. Rot glühten ihre Hände von Magie.

»Nein«, brachte Lana leise hervor, als sie bemerkte, wie sich auch die anderen Robenträger in Bewegung setzten. »Es sind zu viele. Wir müssen fliehen!«

Das Wesen an der Mauer griff in aller Ruhe nach dem Schwert, das immer noch im Körper der Frau steckte, und zog es mit einem heftigen Ruck heraus. Es nutzte den Schwung der Bewegung, führte einen weit ausholenden Hieb aus und enthauptete die beiden Männer vor sich, ohne dass die beiden auch nur bemerkten, was geschah. Der Körper der Frau rutschte mit einem widerlichen Geräusch in das eigene Blut, während für den Rest der Welt die Zeit stehen zu bleiben schien. Dann schrien die Anwesenden entsetzt auf und flohen, schubsten rücksichtlos. Doch es war zu spät. Überall stürmten die Vermummten auf die Ignis los, um ein wahres Gemetzel zu beginnen.

»Schnell, alle fort vom Platz«, schrie Lanas Vater neben ihr. »Verschanzt euch in euren Häusern. Die Garde zu mir.«

Lana stand schwankend auf. David reichte ihr gerade die Hand, um sie zu stützen, als ein Pfeil nur eine Handbreit an seinem Gesicht vorbeiflog. Erschrocken blickte er in die Richtung, aus der er angegriffen worden war.

»Vater«, rief er und zeigte hoch zu den Dächern. »Sie haben uns umzingelt.«

Lana und ihr Vater sahen gleichzeitig hinauf, wo Hunderte Schemen, die im schwachen Licht der flackernden Lichtkugeln kaum zu erkennen waren, Bögen und Armbrüste spannten. Ein schriller Schrei ertönte, dann eröffneten sie das Feuer. Pfeile und magische Feuer regneten auf die Ignis und die Häuser herab. Die große Weide wurde gleich von fünf Feuerbällen getroffen und stand in wenigen Sekunden lichterloh in Flammen.

»Papa!«, rief Lanas Schwester Marietta, die zusammen mit ihrer Mutter auf die Bühne stürmte. Ängstlich schmiegte sie sich an ihren Vater und blickte zu ihm auf, als könnte er all das richten. Sein finsterer Blick sagte Lana, dass er durchaus wusste, dass er mit der Aufschiebung der Evakuierung einen Fehler begangen hatte.

Rings um die Plattform sammelte sich erstaunlich schnell eine Abteilung der Garde. Der Rest fächerte aus, um die Bewohner vor den feindlichen Angriffen zu schützen. Endlich bedrängten sie die Gestalten auf den Dächern mit magischen Angriffen und erkämpften dem Volk damit die Chance, aus dem tödlichen Kessel zu entkommen. Dunkle, tierähnliche Wesen, fast wie wandelnde Schatten, sprangen von den Dächern und stürzten sich mitten in die Menge. Die Leute schrien immer panischer und versuchten den wirbelnden Schwertern, den messerscharfen Krallen und den explodierenden Feuerbällen der Angreifer zu entgehen. Dadurch machten sie aber alles nur noch schlimmer. Sie trampelten sich nieder, versperrten die Straßen und hinderten die Garde daran, sich den Feinden entgegenzustellen. Schon bald war das Pflaster blutgetränkt.

»Wie konnten sie uns nur so überraschen?«, fragte Lanas Mutter Silvia erstickt und drückte ihre jüngste Tochter an sich.

Ihr Mann wirkte traurig. »Es tut mir leid.«

Silvia und seine beiden Töchter sahen ihn nur mit großen Augen an.

Als das Klirren von Schwertern in nächster Nähe ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, erkannte Lana in dem ganzen Durcheinander und Gemetzel einen Mann in einer schwarzen Rüstung, der auf sie zukam. Das geschwärzte Eisen leuchtete wie brennendes Pech im Schein der Flammen. Er besaß tiefschwarze Augen, in denen Magie brodelte. Und er blickte ohne jeden Zweifel Lana und ihrer Familie entgegen. Jeden, der sich ihm in den Weg stellte, rang er gnadenlos und mit solcher Perfektion nieder, dass er nicht aufzuhalten schien.

»Das ist er«, sagte David und schluckte schwer. »Der Schatten aus meinen Träumen.« Er wandte sich drängend an Lana. »Du musst sofort gehen. Egal wohin, nur weg von diesem Mann. Flieh, Lana. Du musst überleben. Nur du kannst dem Wahnsinn ein Ende bereiten.«

Sie starrte ihn verständnislos an. »Was meinst du?«

Ihr Vater unterbrach sie mit einer ungeduldigen Geste. »Wir haben keine Zeit für große Erklärungen. Nimm deine Schwester und deine Mutter und verschwinde von hier. David und ich folgen euch später.« Er drehte sich dem Mann zu, der inzwischen näher gekommen war.

Lana sah ihren Bruder angstvoll an. Er lächelte traurig und berührte sanft ihre Wange. »Mach dir keine Sorgen, Lana. Wir schaffen das schon.«

Die magischen Geschosse wurden immer zahlreicher, die Garde konnte dem Ansturm der Schattenmonster kaum noch standhalten und der schwarz gekleidete Mann kam unaufhaltsam näher. Ihnen blieben nur noch Sekunden, um zu fliehen.

»Geh jetzt, Lana«, sagte ihr Vater mit einer Schärfe in der Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

Also wandte sich Lana schweren Herzens ab und eilte zum hinteren Ende der Bühne, wo Marietta und ihre Mutter bereits warteten. Sie wusste, dass sie trotz ihrer Fähigkeiten mit dem Schwert nichts bewirken könnte. Kurz warf sie einen Blick zurück und blickte ihrem Bruder und ihrem Vater noch ein letztes Mal in die Augen. Sie lächelten sie an, dann drehte sie sich um und bahnte sich hinter den beiden Frauen einen Weg durch die flüchtende Menge. Sie nahm nicht mehr wahr, wie drei Pfeile David in den Rücken trafen und ihr Vater durch das Schwert des dunklen Mannes fiel.

Bedächtig zog dieser eine Kette vom Hals des toten Ignis. Eine rote Glasscherbe hing daran und spiegelte das flackernde Licht der Feuer, die inzwischen rund um den Platz brannten. Fueno schnaubte verächtlich, steckte die Kette ein und verließ gemächlichen Schrittes den Schauplatz. Seine Krieger würden den Rest erledigen. Kurz überlegte er, ob er der jungen Frau in dem weißen Kleid folgen sollte. Sie trug eine mächtige Energie in sich, die seinem Meister dienlich sein könnte. Schließlich entschied er sich jedoch dagegen, selbst zu gehen. Er würde jemanden schicken.

***

Marie saß in einem Schaukelstuhl und sah aus dem Fenster in Richtung der großen Weide. David hatte ihr verboten mit zu dem Fest zu gehen. Er hatte gemeint, dass es zu anstrengend für sie sei, doch Marie hatte ihm keine Sekunde geglaubt. Sie wusste selbst, wie viel sie sich zutrauen konnte. Aus Liebe zu ihm hatte sie nicht protestiert und war zu Hause geblieben. Sein Verhalten musste etwas mit der drohenden Gefahr zu tun haben, denn sonst sorgte er sich nicht so sehr um sie.

Und wie sich herausstellte, behielt sie recht.

Sie musste dabei zusehen, wie ein goldenes Licht kreisförmig in die Nacht stieg und wie die große Weide kurz darauf in Flammen aufging. Alarmiert setzte sie sich auf und legte die Hände auf ihren Bauch.

Da hörte sie Schreie aufkommen.

Marie sprang von dem Stuhl und eilte, ohne zu zögern, aus dem Zimmer und die Treppe hinab. Sie hatte in der Zeit als Elitekämpferin der Marmorfeste gelernt die Zeichen eines Angriffes zu lesen. Aber die Krieger an der Schlucht konnten doch nicht vernichtet worden sein!

Ihre Gedanken waren ganz mit der Befürchtung erfüllt, dass David und seine Familie wahrscheinlich mittendrin steckten. Sie wollte nur noch zu ihrem Mann, obwohl sich die erfahrene Kriegerin in ihr sträubte eine solche Dummheit zu begehen und sich direkt in den Kampf zu werfen.

Gerade als sie die Haustür erreichte, durchzuckte ein kurzer, aber heftiger Schmerz ihren Körper. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte schwer gegen den Türrahmen. Sie hatte sich nicht ernsthaft verletzt, trotzdem blieb sie auf dem Boden sitzen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Der Schmerz, den sie eben verspürt hatte und der noch immer ihre gesamte Seele zu erschüttern drohte, konnte nur durch einen Grund hervorgerufen worden sein: Das magische Band, das jeder Dämon in seinem Leben mit einem einzigen anderen Lebewesen knüpfen konnte und das sie und David verbunden hatte, war zerrissen. David war tot! Schluchzend umfasste sie ihren Bauch, in dem ihr gemeinsames Kind heranwuchs. Sie ergab sich einige Minuten ihren Tränen, schob ihre Trauer dann aber beiseite und ließ stattdessen einem willkommeneren Gefühl Platz. Wut kochte in ihr hoch.

»Jemand wird dafür bezahlen«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und wischte sich mit einer entschlossenen Bewegung die Tränen aus dem Gesicht. Ihre Sicht verschwamm, als sich ihre Augen blutrot färbten.

Sie stand auf, trat aus der Tür, an der die schreienden und panisch flüchtenden Ignis vorbeirannten, und entfaltete ihre Flügel, um mit einem kraftvollen Sprung in die kühle Nachtluft aufzusteigen. Sie gewann schnell an Höhe und strebte Richtung Festplatz. Der Anblick unter ihr ließ sie trotz der Wut erschauern. Fast ein Drittel der Häuser stand bereits in Flammen und die Straßen schwammen in Blut. Dunkle Schatten huschten umher und suchten nach weiteren Opfern. Marie verzog angewidert das Gesicht. Vor ihren Augen verlöschte eine Stadt.

Kapitel 4

Lana kam abgehetzt, dreckig und außer Puste vor ihrem Haus an. Durch Abkürzungen und enge Gassen war sie den Scharfschützen auf den Dächern entkommen und hatte sich bis hierher durchkämpfen können. Irgendwo hatte sie ein Schwert aufgehoben und sich, ihrer Mutter und ihrer Schwester die Schattenwesen vom Hals gehalten. Unglücklicherweise waren sie getrennt worden und Lana nun ganz allein. Obwohl sie gern nach ihrer Familie gesucht hätte, wusste sie, dass sie in all dem Chaos niemals jemanden hätte finden können – außer vielleicht den Tod. Zudem kannte sowohl ihre Mutter als auch Marietta alle geheimen Wege aus der Stadt. Sie würden mit Sicherheit entkommen.

Taumelnd ging Lana weiter. Das Feuer hatte sich fast in der gesamten Stadt ausgebreitet und auch vor ihrem Haus nicht Halt gemacht. Bisher brannten zum Glück nur die Bedienstetenunterkünfte. Noch mehr Wolken waren aufgezogen, verdeckten den Glanz der Sterne und schickten ihnen feinen Regen, der stetig stärker wurde.

Als wären die Götter über das Geschehen erzürnt, dachte Lana und atmete tief aus.

Ein Wimmern wollte sich ihrer Kehle entringen, doch sie unterdrückte es im letzten Moment. Der Regen würde zumindest ihr Haus vor dem endgültigen Zerfall bewahren. Überall auf dem Weg hierher waren die Leute erschlagen, erstochen oder von magischen Geschossen verbrannt worden. Sie würden ihr Zuhause nie wiedersehen …

Schaudernd schüttelte sie sich.

Es glich einem Wunder, dass Lana bis auf ein paar Schrammen unverletzt geblieben war. Doch noch befand sie sich nicht in Sicherheit, auch wenn ihr hier bisher kein Angreifer begegnet war. Zum Glück, denn der Abend hatte Lana in eine Art Schockzustand versetzt. Ihr Blickfeld hatte sich auf den Weg vor ihr beschränkt und ihr Überlebenswille die Kontrolle über sie übernommen. Mit von Tränen verschleiertem Blick wankte sie auf die zweifelhafte Sicherheit ihres Hauses zu. Aber sie musste zumindest ihren Rucksack holen. Das sagte sie sich immer wieder.