Abenteuer in Wesseling - Sarah Gaspers - E-Book

Abenteuer in Wesseling E-Book

Sarah Gaspers

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Beschreibung

Ein Mädchen bittet Nicole, Anna, Christian und Toni um Hilfe. Bei den Mitgliedern des Filmclubs ihrer Mutter häufen sich seltsame Einbrüche, bei denen nichts gestohlen wird. Die Spur führt zu der Nachbildung eines Pokals, der als Requisite in einem Film verwendet wurde und seinem Besitzer Unglück bringen soll. Doch wer sollte sich für einen wertlosen Pokal interessieren? Ist vielleicht doch ein Mitglied des Filmclubs der Täter?

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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhaltsverzeichnis

Wir sollten wieder ermitteln

Einbrüche

Es ist zu gefährlich

Habt ihr mich vermisst?

Sag Bescheid, wenn etwas geschieht

Der Pokal von Azranoy

Minigolf

Du bist ein Angsthase

Wir machen heute ein Filmquiz

Die Sache mit Emilia Berghaus

Wie eine Filmkulisse

Des Rätsels Lösung

Da seid ihr ja endlich

Wir sollten wieder ermitteln

„Wann kommt Anna eigentlich wieder her?“ fragte Christian seine beste Freundin Nicole.

Nicole musterte ihn und lächelte breit. „Wieso? Vermisst du sie etwa?“

Christian lief rot an. „Das würde ich so nicht sagen“, murmelte er.

„Aber sie hat eben eine spezielle Art“, half ihm Toni.

Nicole nickte. „Das kann man so sagen.“

Es waren wenige Wochen seit dem letzten Abenteuer der Freunde vergangen. Christian, Toni und Nicole hatten sich in der Brühler Fußgängerzone ein Eis gekauft und waren weiter in den Schlosspark gegangen. Jetzt saßen sie auf einer Bank und genossen die letzten Sonnenstrahlen des Herbstes.

„Also sag schon, wann kommt sie wieder her?“

„Nächstes Wochenende“, erwiderte Nicole und seufzte. Ihre Cousine Anna war mit ihrer Art manchmal ganz schön nervig. Sie war vorlaut, viel zu übermütig und hatte die Freunde öfter in brenzlige Situationen gebracht. Aber sie hatte bei den Abenteuern der letzten Ferien auch eine wichtige Rolle gespielt. Sie lebte im fünfzehn Kilometer entfernten Köln. Es war keine lange Fahrt, aber dennoch sahen sich die Cousinen sonst nur in den Ferien. Jetzt waren keine Ferien, aber Anna hatte ihren Besuch trotzdem für das nächste Wochenende angekündigt.

„Jetzt haben wir schon zwei Fälle gelöst“, hatte sie gesagt.

„Wer weiß, welch düstere Gestalten sich noch bei euch herumtreiben? Wir sollten wieder ermitteln.“

Nicole hatte bei dem Gedanken an düstere Gestalten, die sich nachts in den Straßen herumtrieben und ihren nächsten Clou planten, nur gelacht. Aber in einer Hinsicht hatte Anna Recht: Sie sollten wieder ermitteln. Es war erst drei Wochen her, dass sie den Fall um Trudes verschwundene Halskette, merkwürdige Vorkommnisse in einem alten Bauernhaus und einen eingestrickten Baum gelöst hatten. Um Trude einen Gefallen zu tun, hatten sie die kriminellen Machenschaften ihres Cousins für sich behalten. Er hatte sie aus ihrem eigenen Haus vertreiben wollten, um dort ein Wellnesshotel zu errichten. Trude wollte ihre Familie schützen und die Wahrheit verbergen und die Freunde hatten es gut verstehen können. Deshalb hatte es auch nur einen kleinen Zeitungsartikel über sie gegeben, in dem es hauptsächlich um den eingestrickten Baum ging. Natürlich hatte Anna wieder gemurrt, denn sie hätte gerne eine große Reportage mit vielen Bildern von sich gesehen, wie bei ihrem ersten Fall. Aber schließlich hatte auch sie eingesehen, dass es so besser war.

„Wir sind wie Superhelden, die im Geheimen und unerkannt arbeiten“, hatte sie gesagt.

Nicole hatte wieder laut gelacht, aber in gewisser Weise hatte ihre Cousine Recht. Und sie sollten wirklich wieder ermitteln.

„Nächstes Wochenende? Im Moment sind keine Ferien“, warf Toni ein. „Ich dachte, ihr trefft euch nur in den Ferien.“

„Stimmt, aber sie hofft, dass sie hier einen neuen Fall findet. Sie vermutet überall düstere Geheimnisse und Verschwörungen und meint, wir sollten wieder ermitteln. Außerdem haben wir Montag und Dienstag frei, wegen des Elternsprechtags und irgendeiner Lehrerkonferenz.“

„Sie hat völlig Recht.“ Toni warf seinen leeren Eisbecher im hohen Bogen in einen Mülleimer. „Schaut doch nur einmal dieses Pärchen dort an. Benehmen sie sich nicht verdächtig? Vielleicht haben sie einen Juwelier überfallen und eben die Beute in einem Baumstamm versteckt.“

„Dieses Pärchen dort?“ Nicole deutete auf eine weißhaarige Frau und einen Mann mit einem Gehstock, die über den Kiesweg flanierten. „Die sehen wirklich sehr verdächtig aus.“

„Ja, finde ich auch“, stimmte Christian zu. „Aber ich glaube eher, sie entspannen sich gerade nach einem Banküberfall.“

Nicole brach in lautes Gelächter aus. „Hat euch Anna so schnell angesteckt?“

„Um zu ermitteln, braucht man Fantasie“, warf Toni ein.

„Sonst hätten wir den Fall um den eingestricken Baum niemals gelöst.“

„Und ich dachte immer, man muss sich an Fakten halten. Und wo wir gerade von Fakten sprechen...“ Sie blickte auf ihre Uhr. „Ich muss nach Hause. Es gibt gleich Abendessen.“

Christian sprang auf. „Oh nein. Das habe ich völlig vergessen. Meine Eltern wollten heute etwas mit mir besprechen. Ich komme auch zu spät.“

„Dann lasst uns gehen. Sonst verbieten meine Eltern noch Annas Besuch.“

„Gegen Anna kommt niemand an“, erwiderte Christian. „Sie würde deine Eltern bequatschen, bis sie zustimmen.“

Das glaubte Nicole auch. „Zuzutrauen wäre es ihr. Und jetzt muss ich wirklich los. Wir sehen uns morgen.“

* * *

Als sie die Küche betrat, waren ihre Eltern damit beschäftigt, Paprika in Streifen und Tomaten in Scheiben zu schneiden. Ihr Vater wandte sich um. „Du hast Besuch.“

„Besuch? Um diese Zeit?“ Sie hatte sich mit niemandem verabredet. Ihre Eltern sahen es nicht gerne, wenn sie sich um diese Zeit noch mit jemandem traf. „Der Abend gehört der Familie“, pflegten sie zu sagen.

„Wer ist es denn?“

„Sie sagte, ihr Name sei Marie“, erwiderte ihr Vater. „Sie wollte in deinem Zimmer auf dich warten.“

„Marie? Ich kenne keine Marie.“ In Gedanken ging sie die Namen ihrer Freundinnen durch, ohne Erfolg. Auch in der Schule war keine Marie in ihrer Klasse oder Stufe.

„Ein sehr nettes Mädchen“, sagte ihre Mutter. „Sie hat ohne Aufforderung ihre Schuhe ausgezogen und sich vorgestellt. An ihrem Verhalten könntest du dir manchmal eine Scheibe abschneiden.“

Nicole grinste. „Ich kann nichts für meine Erziehung. Aber keine Sorge, bei anderen bin ich auch immer sehr höflich und zuvorkommend.“

„Das wissen wir. Andere Eltern loben dich in den höchsten Tönen“, erwiderte ihr Vater und verzog den Mund. „Nur leider erinnert es uns nur selten an unsere Tochter.“

„Frag doch Trude.“ Nicole lächelte unschuldig. „Sie war begeistert von uns. Und sie musste uns viele Tage ertragen.“

„Ja, und wir haben uns wirklich gewundert, wie sie es so lange mit euch wildem Haufen aushalten konnte.“

„Hey!“ Sie schnappte sich ein Stück Paprika vom Schneidebrett ihres Vaters und schob es sich in den Mund.

„Wir waren sehr höflich. Und jetzt werde ich nach meinem Besuch schauen.“

Sie hörte ihre Mutter noch aus der Küche rufen: „Und denk daran, dass es gleich Essen gibt.“

Ein Mädchen stand an ihrem Schreibtisch und studierte ihr Telefon, das mit weißem Plastik verkleidet einen Knochen darstellte. Mit ihren schulterlangen, blonden Haaren und den blauen Augen erinnerte sie Nicole im ersten Moment an Anna. Dennoch fehlte ihr das überhebliche Lächeln, das ihre Cousine nur allzu oft zur Schau stellte. Im Gegenteil, sie wirkte eher schüchtern und zurückhaltend und nicht darauf erpicht, dass sich alle Blicke auf sie richteten. Sie war sich sicher, sie hatte das Mädchen nie zuvor gesehen. „Hallo.“

„Hallo“, erwiderte das Mädchen und lächelte sie zaghaft an.

„Du musst Nicole sein. Du siehst aus wie in der Zeitung.“

„Ja, ich bin Nicole.“ Sie lehnte sich an ihren Schreibtisch.

„Ich bin Marie.“ Das Mädchen nestelte an ihrem Pullover herum. Auf seinen Wangen bildeten sich rote Flecken. „Du fragst dich bestimmt, was ich hier will.“

Nicole nickte. Ihr Herz machte einen Sprung. Vielleicht ergab sich hier ja schon ein neuer Fall? „Du hast in der Zeitung von uns gelesen?“

„Ja, genau. Und deshalb bin ich hier. Ich möchte, dass ihr für mich ermittelt.“

Einbrüche

„Wir sollen für dich ermitteln?“, wiederholte Nicole.

Marie nickte. „Ja, genau. Ich habe gelesen, dass ihr schon zwei Fälle aufgeklärt habt. Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte. Meine Mutter und ihre Freundinnen wollen die Polizei nicht wieder einschalten, weil eigentlich nichts gestohlen wurde. Aber ich glaube, dass sich das noch ändern wird. Irgendwann wird der Einbrecher wieder zuschlagen und dieses Mal wird er tatsächlich etwas mitnehmen.“

Nicole runzelte die Stirn. „Es geht also um einen Einbrecher, der eigentlich nichts mitnimmt? Und deshalb sollen wir ermitteln?“

Marie nickte erneut. Nicole überlegte. Was machte ein richtiger Detektiv in dieser Situation? Wo sollte sie ansetzen? „Am besten erzählst du die Geschichte von Anfang an.“

„Es fing vor zwei Wochen an. Eine Freundin meiner Mutter rief bei uns an und erzählte, dass jemand bei ihr eingebrochen hätte. Es war eindeutig jemand im Haus gewesen, aber ihre Sachen waren alle noch da. Dennoch war sie sich sicher. Jemand hatte bei ihr eingebrochen, ihre Sachen durchsucht und nichts mitgenommen. Meine Mutter und sie dachten erst, es wäre nur ein Streich von Kindern. Vielleicht eine Mutprobe oder eine Aufnahmeprüfung. Inzwischen sind es jedoch schon drei Einbrüche. Jedes Mal passiert dasselbe. Der Einbrecher bricht eine Tür auf oder schlägt ein Fenster ein. Er hinterlässt einen schwarzen Handabdruck und verschwindet wieder. Ich bin mir sicher, dass es keine Mutprobe ist. Es geht um etwas anderes. Aber niemand will mir glauben.“

„Und es ist wirklich alles noch an seinem Platz?“

Marie nickte. „Ja, genau das ist ja das Seltsame. Bis auf den Handabdruck ist in dem Zimmer alles unverändert.“

„Und es sind alles Freundinnen deiner Mutter, bei denen eingebrochen wurde?“

„Ja, und das ist doch komisch. Bestimmt kommt der Einbrecher auch bald zu uns.“

Nicole überlegte. „So lange wir nicht wissen, was er sucht, können wir das nicht sagen.“

Marie verzog das Gesicht. Ihre Unterlippe zitterte. „Ich kann nachts nicht schlafen, weil ich immer daran denken muss.“

Nicole erinnerte sich an Anna. Sie wäre begeistert aufgesprungen bei dem Gedanken, wieder einen Einbrecher fangen zu können. Doch Marie schien nicht so fasziniert davon zu sein. Wie sollte sie das Mädchen nur beruhigen?

„Es ist gut, dass du zu mir gekommen bist. Wir werden ihn sicher schnappen.“

„Und wie wollt ihr das schaffen?“

„Wir kommen morgen zu dir und schauen uns um. Und dann besprechen wir alles weiter.“

* * *

Am nächsten Nachmittag standen Nicole, Christian und Toni an der Bushaltestelle Brühl Mitte und warteten auf ihren Bus. Am Abend zuvor hatte Marie nur noch schnell ihre Adresse und ihre Telefonnummer auf einen Zettel gekritzelt und Nicole zugesteckt. Dann war sie regelrecht geflüchtet. Sie wohnte im wenige Kilometer entfernten Wesseling und die Freunde mussten den Bus nehmen, um Marie zu besuchen.

„Kannst du uns jetzt genauer erklären, was passiert ist?“, fragte Christian und setzte sich auf eine Bank. „Der Einbrecher durchsucht die Zimmer und hinterlässt nur einen Handabdruck? Und es gibt keinen Hinweis, was er sucht?“

Nicole zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Marie war nicht sehr gesprächig. Aber bestimmt erzählt sie uns heute mehr.“

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was das soll“, warf Toni ein. „Vielleicht ist es nur eine Mutprobe und hat nichts zu bedeuten.“

„Marie meinte, ihre Mutter hätte das auch vermutet. Aber sie glaubt nicht daran.“

„Also hat sie doch Hinweise gefunden?“, fragte Christian.

„Das hat sie nicht gesagt“, erwiderte Nicole. „Sie vermutet nur, dass mehr als eine Mutprobe dahinter steckt. Irgendwo als Mutprobe einzubrechen, ist ja auch dämlich.“

„Das stimmt. Aber vielleicht erfahren wir gleich mehr.“ Christian sprang auf. „Da kommt unser Bus.“

Der Bus fuhr einige Haltestellen in Brühl ab, bevor er auf die Straße Richtung Wesseling einbog. Sie fuhren vorbei an dem Ausbildungsgelände der Polizei und einer Autobahnauffahrt und passierten dann die Ortseinfahrt von Wesseling. Der Bus hielt an einer Ampel vor einem runden, hohen Turm und die Freunde blickten aus dem Fenster.

„Was ist denn das?“, fragte Toni.

„Das ist ein ehemaliger Wasserturm“, erwiderte Nicole und deutete auf ein Schild mit der Aufschrift Poseidon. „Im Inneren ist ein griechisches Restaurant.“

„Ein Wasserturm?“, fragte Toni. „Was soll das sein?“

„Ein Wasserturm wurde früher zur Wasserversorgung benutzt. In dem großen Behälter dort oben wurde das Wasser gespeichert“, erklärte Christian und deutete auf ein kuppelartiges Gebilde im oberen Bereich des Turms. „In Brühl gibt es übrigens auch einen, oben bei der Maiglerwiese. Er sieht aber nicht so schön aus.“

Toni runzelte die Stirn. „Meinst du das viereckige Gebäude beim Kletterwald?“

„Ja, genau.“

Die Ampel schaltete auf grün und der Bus fuhr weiter. Nicole beobachtete die vorbeiziehenden Bäume und weiten Felder zwischen den Ortsteilen. Ein Hinweisschild verwies auf einen Bauernhof, der sich hinter den Feldern verbergen sollte. Kurz darauf bog der Bus wieder in eine Wohnsiedlung ein.

Christian riss sie mit einer Frage aus ihren Gedanken. „Wie lange fahren wir eigentlich noch?“

„Wir müssen an der nächsten Haltestelle aussteigen“, erwiderte Nicole und drückte auf den Halteknopf.

„Dann ist es ja gut, dass ich nachgefragt habe. Du hättest es bestimmt vergessen.“

Nicole streckte ihm die Zunge heraus. „Hätte ich nicht.“

Der Bus hielt an und sie stiegen aus. Sie standen in einer Wohnsiedlung mit vielen Einfamilienhäusern, grünen Hecken und hohen Obstbäumen in den Gärten.

„Und hier wurde eingebrochen?“, fragte Toni mit einem Blick auf ein paar bunt bemalte Gartenzwerge. „Es sieht nicht aus, als würde hier jemals etwas passieren.“

„Das heißt nichts“, erwiderte Nicole. „Bei unserem ersten Fall wurde auch bei uns eingebrochen und ich wohne in einer ähnlichen Siedlung.“

Toni nickte. „Stimmt. Aber der Einbrecher hat nach einem Hinweis in der Truhe meines Vaters gesucht. Du erinnerst dich doch. Anna hatte sie auf einem Markt gekauft. Vielleicht ist es hier ähnlich.“

„Wir sollten Marie also fragen, ob die Freundinnen ihrer Mutter in letzter Zeit neue Gegenstände erworben haben“, fasste Christian zusammen. „Vielleicht ist es tatsächlich wie bei unserem ersten Fall. Das wäre eine schnelle Aufklärung.“

„Freut euch lieber nicht zu früh. Es ist bestimmt nicht so einfach“, warf Nicole ein. Sie deutete auf ein Haus mit zitronengelben Wänden und einer knallroten Bank vor der Haustür. „Nummer zehn. Das Haus dort muss es sein.“

Marie öffnete wenige Sekunden, nachdem sie geklingelt hatten, als hätte sie bereits hinter der Tür gewartet. „Hallo Nicole. Schön, dass du kommen konntest.“

„Hallo Marie“, erwiderte Nicole und deutete auf die beiden Jungen. „Das sind meine Freunde Toni und Christian.“

„Hallo“, sagte Marie und lächelte die Jungen schüchtern an.

„Ich habe schon Bilder von euch in der Zeitung gesehen.“

„Aber hoffentlich nur welche, auf denen wir gut aussahen“, erwiderte Toni.

Nicole lachte laut auf. „Gut, dass Anna nicht dabei ist. Sie würde sich bestimmt stundenlang darüber auslassen, dass ihre Haare auf den Bildern schlecht saßen oder dass der Fotograf sie überhaupt nicht getroffen hat.“

„Anna ist deine Cousine, nicht wahr?“

Nicole nickte.

„Wann kommt sie denn?“, fragte Marie. „Ihr ermittelt doch sonst zu viert, oder?“

„Sie kommt am Freitag. Bis dahin ermitteln wir zu dritt.“

„Wir werden dir bestimmt helfen können“, warf Toni ein.

„Wir haben bis jetzt noch jeden Fall gelöst und einem so hübschen Mädchen helfen wir doch gerne.

Maries Wangen färbten sich knallrot. Sie trat einen Schritt zurück. „Kommt doch herein.“

Sie führte die Freunde in ihr Zimmer. Es war mit einem Bett, einem Schreibtisch, Regalen und einem Kleiderschrank wie ein normales Jugendzimmer eingerichtet. Die Wände zierten Poster von verschiedenen Popstars und auf dem Bett türmten sich pinkfarbene Kissen. Nicole setzte sich neben Christian auf die Matratze, während Toni sich an ihren Schreibtisch lehnte. Marie hatte nur noch Augen für ihn.

„Meinst du, sie fällt gleich in Ohnmacht?“, flüsterte Nicole.

„Bestimmt, wenn er sie noch einmal anlächelt“, erwiderte Christian.

„Das müssen wir verhindern. Wer soll uns sonst alles über diesen Fall erzählen?“ Nicole wandte sich an das Mädchen.

„Marie, kannst du uns noch einmal genau berichten, was geschehen ist? Ich glaube, ich habe etwas vergessen, als ich deine Geschichte den Jungs erzählt habe.“

„Natürlich.“ In knappen Worten berichtete Marie noch einmal, was sie bei den Freundinnen ihrer Mutter zugetragen hatte. Sie erzählte von den Einbrüchen, dass nie etwas gestohlen worden war und von dem Handabdruck.

Christian biss sich auf die Unterlippe, wie immer, wenn er nachdachte. „Und du bist dir sicher, dass der Einbrecher etwas sucht?“

Marie nickte. „Natürlich. Welchen Sinn hätte es sonst, ein Zimmer zu durchsuchen?“

„Keinen. Wir haben uns überlegt, dass vielleicht eine der Frauen in letzter Zeit etwas gekauft hat und der Einbrecher es nun sucht“, schlug Nicole vor.

Maries Gesicht hellte sich auf. „Du meinst, wie bei eurem ersten Fall? Als deine Cousine eine Truhe gekauft hat, in der sich etwas verbarg?“

„Genau. Meinst du, wir können mit ihnen sprechen?“

„Bestimmt. Meine Mutter glaubt nicht daran, dass wirklich ein Einbrecher dahinter steckt, aber ihre Freundinnen sehen es anders. Ich werde gleich bei einer anrufen.“

Toni hielt sie zurück. „Ich hätte noch eine Frage an dich.“

Nicole verdrehte die Augen, als Marie ihn anstrahlte.

„Natürlich. Frag mich nur alles, was du wissen willst. Ich bin doch froh, dass ihr hier seid und mir helfen wollt.“

„Haben die Frauen Gemeinsamkeiten? Gehen sie gerne ins Kino, oder lesen sie gerne? Oder haben sie einen Strickkreis?“

Nicole musste lächeln, als sie sich an Trude und den eingestrickten Baum in Sechtem erinnerte.

Marie überlegte kurz. „Sie lieben Filme. Vor zwei Jahren haben sie einen Club gegründet. Sie gehen einmal im Monat ins Kino und treffen sich alle zwei Wochen am Wochenende, um einen alten Schwarzweißfilm zu schauen.“

Toni blickte triumphierend auf. „Danke, Marie, das hat uns sehr geholfen.“

„Wieso das? Was ist an dem Club der Filmfreunde besonders?“

„Die Verbindung, die zwischen den Mitgliedern entsteht.“

Nicole verstand, auf was Toni hinaus wollte. „Wenn bei drei Frauen eingebrochen wurde, die alle im selben Club sind, dann hat der Einbrecher sicher etwas damit zu tun. Es wäre sonst ein komischer Zufall. Vielleicht ist er einer von ihnen.“

„Haben Filmfans nicht oft Requisiten aus Filmen zuhause?“, warf Christian ein. „Zum Beispiel eine Tasse, aus der ein Schauspieler in einem Film getrunken hat, oder ein Bild mit einem Autogramm? Meine Mutter hat mir einmal erzählt, dass eine ihrer Freundinnen so verrückt nach einem Schauspieler war, dass sie eine Strähne von seinen Haaren zuhause hatte. Aber fragt mich nicht, woher sie sie hatte.“

„Ja, die Filmfreunde besitzen Requisiten, auf die sie stolz sind“, erwiderte Marie. „Meine Mutter besitzt zum Beispiel das Kleid, das Nika Berger in dem Film Mitternachtsblau getragen hat. Aber jedes Mitglied besitzt solche Dinge. Ich glaube nicht, dass einer von ihnen bei einem anderen Mitglied einbrechen würde. Sie sind doch alle befreundet.“

„Vielleicht sieht das der Täter anders. Vielleicht besitzt ein anderes Mitglied etwas, das er selbst gerne hätte.“

„Aber dann wüsste er, bei wem er einbrechen müsste“, sagte Toni. „Und unser Einbrecher weiß es eindeutig nicht.“

„Wer gehört eigentlich alles zum Club der Filmfreunde?“, fragte Nicole. „Du hast ja gesagt, deine Mutter hat den Club mit Freundinnen vor zwei Jahren gegründet. Wie viele Mitglieder hat er inzwischen?“

„Also, da wären meine Mutter und ihre beste Freundin Ulrike Meier. Dann zwei Arbeitskolleginnen von meiner Mutter, Frau Menger und Frau Seuther. Ulrike hat ebenfalls noch drei Freundinnen mitgebracht, Frau Breuer, Frau Wilke und Frau Reuter.“ Marie hob jedes Mal einen weiteren Finger in die Höhe, wenn sie einen Namen aufzählte. „Von zwei Frauen weiß ich die Namen nicht. Und eine hätte ich fast vergessen. Emilia Berghaus ist erst seit Ostern dabei.“

„Also etwa seit einem halben Jahr“, rechnete Nicole. „Das ist nicht sehr lange.“

„Wurde bei ihr ebenfalls eingebrochen?“, fragte Christian.

Marie zuckte mit den Schultern. „Ich glaube nicht. Meine Mutter sprach von Frau Menger, Frau Seuther und Ulrike.“

„Ein seltsamer Zufall“, bemerkte Christian. „Sie ist noch nicht lange dabei und bei ihr wurde nicht eingebrochen. Vielleicht steckt sie hinter allem.“

Nicole schüttelte den Kopf. „Wir sollten nicht vorschnell urteilen. Der Club hat zehn Mitglieder und bei dreien von ihnen wurde eingebrochen. Es könnte ein Zufall sein, dass der Einbrecher noch nicht bei Emilia Berghaus war.“