21,99 €
Das Abfallrecht gewinnt in der Praxis zunehmend an Bedeutung. Nicht nur die Abfallmengen steigen, sondern dank des technischen Fortschritts auch die Möglichkeiten, Abfälle zu recyceln. Aber was ist überhaupt ein Abfall? Welche Pflichten müssen beim Umgang mit Abfällen berücksichtigt werden? Wie können Abfälle verwertet oder gar vermieden werden? Wann muss ein Altlastenbeitrag bezahlt werden? Abfallrechtsexpertin Reka Krasznai gibt in der vorliegenden QuickInfo Antworten auf diese Fragen und vermittelt in leicht verständlicher Weise die Grundlagen des österreichischen Abfallrechts. Ihr Ratgeber richtet sich nicht nur an Juristen, sondern auch an Techniker, Umweltbeauftragte, Studierende und an alle Akteure, die in der Praxis mit abfallrechtlichen Themenstellungen beschäftigt sind. "Abfallrecht für Betriebe" ist der zweite Band der "Schriftenreihe Planungs- und Verfahrensrecht für Technik und Wirtschaft", herausgegeben von Wilhelm Bergthaler. Die Gliederung der QuickInfo ermöglicht rasches Auffinden und bietet zahlreiche Praxistipps. Verschaffen Sie sich einen Überblick über rechtliche Rahmen des Abfallrechts und bleiben Sie beim "Müllthema" up to date für Ihren Betrieb!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 135
Impressum
ISBN 978-3-85402-443-9
Auch als Buch verfügbar:
ISBN 978-3-85402-442-2
1. Auflage 2022
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck oder Vervielfältigung, Aufnahme auf oder in sonstige Medien oder Datenträger, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Austrian Standards plus GmbH gestattet.
Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr und eine Haftung des Herausgebers, der Autorin oder des Verlages ist ausgeschlossen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in vorliegendem Werk die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
© Austrian Standards plus GmbH, Wien 2022
Die Austrian Standards plus GmbH ist ein Unternehmen von Austrian Standards International.
Austrian Standards plus Gmbh
1020 Wien, Heinestraße 38
T +43 1 213 00-300
F +43 1 213 00-355
www.austrian-standards.at/fachliteratur
Projektbetreuung
Gertraud Reznicek
Lektorat
Anna Giricz
Cover – Fotocredit
© stock.adobe.com
Gestaltung
Martin Aschauer
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
1Rechtsgrundlagen
1.1Unionsrecht
1.2Nationales Recht
1.2.1Verfassungsrechtliche Ebene
1.2.2Einfachgesetzliche Ebene
1.2.3Verordnungsebene
1.2.4Nicht verbindliche Regelwerke
2Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft
2.1Die abfallwirtschaftlichen Ziele
2.2Die abfallwirtschaftlichen Grundsätze
2.3Die fünfstufige Abfallhierarchie
3Abfallvermeidung
3.1Abfallvermeidung als höchste Priorität
3.2Abfallvermeidungsprogramm
3.3Verbot des Inverkehrbringens von bestimmten Produkten
3.4Ausbau von Mehrwegsystemen
4Abfall
4.1Abfallbegriff
4.1.1Abfall als bewegliche Sache
4.1.2Der subjektive Abfallbegriff – Entledigungsabsicht
4.1.3Der objektive Abfallbegriff – Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen
4.2Ausnahmen vom Abfallbegriff
4.3Abfallarten
4.3.1Zuordnung von Abfällen
4.3.2Zuordnungsregel
4.3.3Legal definierte Abfallarten
5Nebenprodukte
5.1Produktionsrückstände
5.2Voraussetzungen
5.3Anwendung der REACH-V
6Das Ende der Abfalleigenschaft
6.1Einmal Abfall, immer Abfall?
6.2Abfallende-Verordnungen
6.3Abfallende durch unmittelbare Substitution
6.4Abfallende bei Vorbereitung zur Wiederverwendung
7Feststellungsverfahren
7.1Zweifel an der Abfalleigenschaft
7.2Gegenstand von Feststellungsverfahren
8Begriffe des Abfallrechts
8.1Legaldefinitionen
8.2Abfallbesitzer, Abfallerzeuger
8.3Abfallsammler, Abfallbehandler
8.4Wiederverwendung
8.5Abfallbehandlung – Verwertung und Beseitigung
9Betriebliches Abfallrecht
9.1Das Abfallwirtschaftskonzept
9.2Der Abfallbeauftragte
10Pflichten für Hersteller
10.1Pflichten in Bezug auf bestimmte Produkte
10.2Herstellerbegriff
10.3Erweiterte Herstellerverantwortung
10.4Sammel- und Verwertungssysteme
11Abfallbehandlungspflichten
11.1Pflichten von Abfallbesitzern
11.2Allgemeine Behandlungspflichten
11.2.1Allgemeine Sorgfaltspflicht
11.2.2Vermischungs- und Vermengungsverbot
11.2.3Behandlungsort
11.2.4Zulässige Verwertung
11.2.5Übergabepflicht
11.2.6Untersuchung von Abfällen zur Deponierung
11.2.7Transport von Abfällen
11.3Besondere Behandlungspflichten
11.4Abfälle, die im Zuge von Bautätigkeiten anfallen
11.4.1Exkurs: Recycling-Baustoffverordnung
11.5Aufzeichnungspflichten
11.6Begleitschein- und Meldepflichten bei gefährlichen Abfällen
11.7Registrierungspflicht
12Abfallsammler- und Abfallbehandlererlaubnis
12.1Erlaubnispflicht
12.2Ausnahmen von der Erlaubnispflicht
12.3Erteilung der Erlaubnis
13Abfallrechtliche Geschäftsführer, fachkundige Person, verantwortliche Person
13.1Abfallrechtlicher Geschäftsführer
13.2Fachkundige Person
13.3Verantwortliche Person
14Abfallbehandlungsanlagen
14.1Als Sonderfall des Anlagenrechts
14.2Begriff der Behandlungsanlage
14.3Ortsfeste Abfallbehandlungsanlagen
14.3.1Genehmigungspflicht
14.3.2Konzentration und Zuständigkeit
14.3.3Ordentliches Genehmigungsverfahren
14.3.4Vereinfachtes Genehmigungsverfahren
14.3.5Anzeigeverfahren
14.4Besondere ortsfeste Abfallbehandlungsanlagen
14.4.1Deponien
14.4.2IPPC-Abfallbehandlungsanlagen
14.4.3Seveso-Betriebe
14.5Mobile Abfallbehandlungsanlagen
14.5.1Genehmigungspflicht und Zuständigkeit
14.5.2Aufstellung und Betrieb
14.6Öffentlich zugängliche Altstoffsammelzentren und Sammelstellen für Problemstoffe
14.7Erlöschen der Genehmigung
14.8Behördliche Überwachung von Abfallbehandlungsanlagen
14.8.1Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs
14.8.2Offenkundiger konsensloser Betrieb
14.8.3Gefährdung durch den Betrieb
14.8.4Nachträgliche Konsensanpassung und -änderung
14.8.5Aufhebung und Abänderung von Auflagen
15Behandlungsauftrag
15.1Abfallrechtliche Haftung des Verursachers
15.2Subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers
15.3Haftung der Gemeinde oder des Bundes
16Grenzüberschreitende Abfallverbringung
16.1Rechtsgrundlagen
16.2Allgemeine Grundsätze der Abfallverbringung
16.3Arten von Kontrollverfahren
16.3.1Notifizierungsverfahren
16.3.2Allgemeine Informationspflichten
16.3.3Verpflichtender Abfalltransport per Bahn ab 1.1.2023
17Verwaltungsstrafen
17.1Verwaltungsstrafen nach dem AWG 2002
17.2Straftatbestände
17.3Keine Verwaltungsstrafe ohne Verschulden
17.4Strafbemessung
18Altlastensanierungsrecht
18.1Rechtsgrundlage und Ziele
18.2Begriffe des Altlastenrechts
18.3Altlastenbeitrag
18.3.1Gegenstand des Beitrags
18.3.2Beitragsschuldner
18.3.3Höhe der Altlastenbeiträge
18.3.4Entstehung und Fälligkeit der Beitragsschuld, Selbstbemessungsabgabe
18.3.5Feststellungsverfahren
18.4Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Altlasten
18.4.1Aufsuchen und Ausweisung von Altlasten
18.4.2Altlastenmaßnahmen
18.4.3Förderung von Altlastenmaßnahmen
19Ausblick
Literaturverzeichnis
Die Autorin
Abkürzungsverzeichnis
ABGB
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch
ABl
Amtsblatt
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
AWG 2002
Abfallwirtschaftsgesetz 2002
ALSAG
Altlastensanierungsgesetz
BAWP
Bundes-Abfallwirtschaftsplan
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BMK
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
B-VG
Bundes-Verfassungsgesetz
DVO 2008
Deponieverordnung 2008
EDM
Elektronisches Datenmanagement
EG-VerbringungsV
EG-Verbringungsverordnung
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EU-POP-V
Verordnung über persistente organische Schadstoffe
GewO 1994
Gewerbeordnung 1994
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
idF
in der Fassung
idgF
in der geltenden Fassung
idR
in der Regel
iSd
im Sinne des
IE
Industrie-Emissionen
LVwG
Landesverwaltungsgericht
mwN
mit weiteren Nachweisen
RBV
Recycling-Baustoffverordnung
REACH-V
REACH-Verordnung
StGB
Strafgesetzbuch
StGG
Staatsgrundgesetz
StrSchG 2020
Strahlenschutzgesetz 2020
UFG
Umweltförderungsgesetz
UVP
Umweltverträglichkeitsprüfung
UVP-G 2000
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000
VfGH
Verfassungsgerichtshof
VStG
Verwaltungsstrafgesetz
VwGH
Verwaltungsgerichtshof
WRG 1959
Wasserrechtsgesetz 1959
„Seit neuestem glaubt ja jeder, er kann mitreden beim Müll. Wo die Menschen früher über den eigenen Kreislauf gejammert haben, sprich Kreislaufstörung, geht es heut nur mehr um den Müllkreislauf. Da wird ein Recycling heruntergebetet, Müllbuddhismus nichts dagegen. Aber reden kann man leicht. Machen muss man es auch richtig!“[1]
Um diese Botschaft aus dem Brenner-Roman von Wolf Haas geht es beim vorliegenden Ratgeber: „Machen“ und noch dazu „richtig“!
Anknüpfend an den ersten Band der gegenständlichen Schriftenreihe – „Umweltverfahren für Betriebe“ – bietet der nunmehrige Band 2 eine Anleitung für den richtigen Umgang mit Abfällen.
Er wendet sich – wie auch schon Band 1 – nicht nur an rechtlich Versierte, sondern an Akteure aller Fachbereiche, die mit abfallrechtlichen Themenstellungen zu tun haben. Er gibt einen Überblick über die relevanten Bestimmungen des österreichischen Abfallwirtschaftsrechts.
Die QuickInfo orientiert sich am Aufbau des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 und behandelt neben zentralen Fragen wie Abfalleinstufung, Ende der Abfalleigenschaft und Behandlungspflichten von Abfallbesitzern auch spezifische Vorgaben für Abfallsammler und -behandler sowie das Genehmigungsregime von Abfallbehandlungsanlagen. Abgerundet werden die Ausführungen durch die praxisrelevanten Vorgaben des Altlastensanierungsgesetzes.
Ein Ratgeber dieses Formats kann weder Vollständigkeit anstreben noch tagesaktuell sein. Er zielt vielmehr darauf ab, ein erstes Verständnis für das Abfallrecht zu entwickeln und das Bewusstsein für einen ordnungsgemäßen Umgang mit Abfällen zu schärfen.
Die Vermeidung von Abfällen durch die möglichst lange Kreislaufführung von Produkten sollte auch in Betrieben die höchste Priorität haben. Nur durch eine Kreislaufwirtschaft gelingt es, die Größe der Mülltonnen zu reduzieren.
Der einfacheren Lesbarkeit wegen wurde darauf verzichtet, beide Geschlechterformen anzuführen. Angelehnt an den Abfallrechtsgesetzgeber und auf Grund der (noch) weitgehend männlich dominierten Abfallwirtschaft werden im vorliegenden Band alle personenbezogenen Bezeichnungen in männlicher Form angeführt, wobei sie selbstverständlich für alle Geschlechter gelten.
Die QuickInfo soll ein praktisches Nachschlagewerk für abfallrechtliche Fragen sein. Um diesem Zweck bestmöglich gerecht zu werden, freue ich mich über Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge, genauso wie über Kritik und Feedback. Diese können an [email protected] oder direkt an mich (Kontaktdaten im Autorenportrait am Ende des Buches) übermittelt werden.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle beim Herausgeber dieser Schriftenreihe und meinem Mentor Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler für sein Vertrauen und die Zusammenarbeit.
Abschließend erlaube ich mir, dieses Buch meinem lieben, erst kürzlich verstorbenen, Schwager Dominik Schmitz zu widmen, dessen unermüdlicher Einsatz für eine nachhaltige Zukunft in Form dieses Ratgebers weitergetragen werden soll.
Wien, im November 2022
Reka Krasznai
1Haas, Müll (Hoffmann und Campe, 2022) 10 f. Hervorhebung nicht im Original. Siehe hierzu auch Bergthaler, Müllbuddhismus nichts dagegen, RdU-UT 2022/12, 57.
Das Abfallwirtschaftsrecht ist – so wie das Umweltrecht generell – sehr stark unionsrechtlich determiniert.
Die zentrale, für Abfälle geltende Richtlinie auf EU-Ebene ist die Abfallrahmenrichtlinie. Daneben gibt es zahlreiche Sonderrichtlinien, die spezielle Aspekte der Abfallwirtschaft regeln, wie die Deponierichtlinie oder die Batterienrichtlinie. Darüber hinaus gelten für die Abfallwirtschaft auch allgemeine, bestimmte Industriesektoren bzw. Betriebsanlagen betreffende Richtlinien, wie die IE-Richtlinie oder die Seveso-III-Richtlinie.
Diese unionsrechtlichen Regelungen sind als Richtlinien grundsätzlich nicht direkt anwendbar. Sie müssen von den EU-Mitgliedstaaten erst in ihre jeweiligen Rechtsordnungen umgesetzt werden.[2] In Österreich erfolgte die Umsetzung der die Abfallwirtschaft betreffenden Richtlinien durch das AWG 2002 und die auf diesen basierenden Verordnungen.
Neben Richtlinien gibt es auf EU-Ebene auch Verordnungen, die abfallrechtliche Themenbereiche zum Inhalt haben. So werden z. B. die Vorgaben zur grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen oder die Voraussetzungen, wann bestimmte Schrotte die Abfalleigenschaft verlieren, in Verordnungsform geregelt (EG-VerbringungsV, EU-Abfallendeverordnung für Eisen-, Stahl- und Aluminiumschrott). EU-Verordnungen gelten in den Mitgliedstaaten, so auch in Österreich, unmittelbar.[3]
Gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG ist der Bund zuständig für die Gesetzgebung und Vollziehung hinsichtlich gefährlicher Abfälle. Hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle ist der Bund nur zuständig, soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist.
Der Bund hat von dieser sog. Bedarfskompetenz durch die Erlassung des AWG 2002 umfassend Gebrauch gemacht. Das Abfallrecht wird somit überwiegend auf Bundesebene geregelt. Den Bundesländern verbleibt nur mehr eine geringe Restkompetenz, insbesondere im Hinblick auf Siedlungsabfälle.
Die zentrale abfallrechtliche Regelung auf Bundesebene ist das AWG 2002. Das AWG 2002 regelt die Ziele und Grundsätze der österreichischen Abfallwirtschaft und enthält die relevanten Bestimmungen im Hinblick auf den Umgang mit Abfällen.
Auf Landesebene werden die, den Bundesländern verbleibenden, abfallwirtschaftlichen Restkompetenzen in den jeweiligen Landesabfallwirtschaftsgesetzen geregelt (z. B. im Wiener Abfallwirtschaftsgesetz, Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz). Die landesrechtlichen Vorschriften beschränken sich im Wesentlichen auf Vorgaben über die Sammlung und Behandlung von Siedlungsabfällen, auf die Einrichtung und Organisation der öffentlichen Müllabfuhr sowie die Festlegung von Müllgebühren.
An das Abfallrecht anknüpfend wird im Altlastenrecht, das seine gesetzliche Grundlage im ALSAG hat, die Entrichtung von Altlastenbeiträgen für bestimme abfallwirtschaftliche Tätigkeiten festgelegt (zum ALSAG siehe im Detail Kapitel 18).
!
Praxistipp:
Die Anwendung der abfall- und altlastenrechtlichen Regelungen setzt das Vorliegen von Abfällen im rechtlichen Sinne voraus. Es ist daher zunächst immer zu prüfen, ob ein Abfall iSd § 2 Abs 1 AWG 2002 vorliegt.
Die im AWG 2002 normierten Vorgaben werden zum Teil durch Verordnungen des Umweltministers[4] konkretisiert. Diese Verordnungen enthalten z. B. detaillierte Regelungen für die Behandlung von bestimmten Abfallströmen (z. B. Elektroaltgeräte, Baurestmassen), legen Abfallbehandlungspflichten fest (z. B. Abfallbehandlungspflichtenverordnung) oder enthalten Detailvorgaben für Abfallbehandlungsanlagen (z. B. Deponieverordnung, mobile Abfallbehandlungsverordnung).
Derzeit sind folgende abfallrechtlichen Verordnungen in Geltung:
+Verordnung über Abfallbehandlungspflichten,
+Abfallbilanzverordnung,
+Altfahrzeugeverordnung,
+Abfallnachweisverordnung,
+Abfallverbrennungsverordnung,
+Abfallverzeichnisverordnung 2020,
+Altölverordnung 2002,
+Batterienverordnung,
+Verordnung über die getrennte Sammlung biogener Abfälle,
+DVO 2008,
+Elektroaltgeräteverordnung,
+Kompostverordnung,
+RBV,
+Recyclingholzverordnung,
+Verpackungsverordnung,
+Verordnung über mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen,
+Abfall-Industrieunfallverordnung.
Beim Umgang mit Abfällen sind neben Rechtsvorschriften auch Regelwerke zu beachten, die grundsätzlich nicht verbindlich sind. Dazu zählen etwa der BAWP, Standards, Richtlinien oder technische Regelwerke.
In Einzelfällen können diese Regelwerke durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber für verbindlich erklärt werden. Dies erfolgt durch einen ausdrücklichen Verweis auf das Regelwerk.
Beispiele:
+§ 3 Abs 1a Z 4 ALSAG verweist auf die Behandlungsgrundsätze für Aushubmaterialien im BAWP.
+§ 5 RBV schreibt bei größeren Bauvorhaben die Einhaltung der ÖNORM B 3151 „Rückbau von Bauwerken als Standardabbruchmethode“ verpflichtend vor.
Der BAWP ist ein Plan, der alle sechs Jahre durch den Umweltminister fortgeschrieben wird und der insbesondere
+die abfallwirtschaftliche Situation in Österreich beschreibt,
+Abfallbehandlungsgrundsätze festlegt und
+Leitlinien zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung vorgibt.
Der BAWP enthält zudem das Abfallvermeidungsprogramm (hierzu siehe im Detail Kapitel 3.2).[5]
Derzeit in Geltung ist der BAWP 2017; der nächste BAWP befindet sich bereits in Ausarbeitung.[6]
Der VwGH qualifiziert den BAWP als ein objektiviertes, generelles Gutachten, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden kann.[7]
In der Praxis wird der BAWP regelmäßig von Sachverständigen als Grundlage für ihre Gutachten herangezogen.[8]
Abfalltechnische Vorgaben finden sich auch in Standards, Richtlinien und technischen Regelwerken. Diese Vorgaben stellen den Stand der Technik dar und sollten grundsätzlich berücksichtigt werden.
Beispiele:
+ÖWAV-Regelblatt 509 „Abfallminimierung – Begriffe – Evaluierung – Berechnungsbeispiele;
+OVE EN 50614 „Anforderungen an die Vorbereitung zur Wiederverwendung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten (WEEE)“;
+ÖNORM B 3151 „Rückbau von Bauwerken als Standardabbruchmethode“;
+ÖNORM EN 16457 „Charakterisierung von Abfällen – Rahmenbedingungen für die Vorbereitung und Anwendung eines Untersuchungsprogramms – Ziele, Planung und Bericht“;
+ÖNORM S 2126 „Grundlegende Charakterisierung von Aushubmaterial vor Beginn der Aushub- oder Abräumtätigkeit“;
+ÖVE/ÖNORM EN 45554 „Allgemeine Verfahren zur Bewertung der Reparier-, Wiederverwend- und Upgradebarkeit energieverbrauchsrelevanter Produkte“;
+ÖNORM S 2025 „Aufstellplätze für Abfallsammelbehälter – Abmessungen“.
Auf weitere Beispiele wird an jeweils passender Stelle eingegangen.
Die zitierten Standards, Richtlinien und technischen Regelwerke sind über den Webshop von Austrian Standards (https://shop.austrian-standards.at/) erhältlich.
2Siehe Art. 288 AEUV.
3Zur unmittelbaren Anwendbarkeit von EU-Verordnungen siehe Art. 288 AEUV, vgl. auch Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht6, 70 ff; Schnedl, Umweltrecht (2020), Rz 40.
4Derzeit: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
5Siehe § 8 AWG 2002; der BAWP 2017 ist abrufbar unter: https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/abfall/aws/bundes_awp/bawp.html
6Siehe die Entwürfe zum BAWP 2022, abrufbar unter: https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/abfall/aws/bundes_awp/bawp2022.html.
7Siehe VwGH 20.2.2014, 2011/07/0180; 23.10.2014, Ra 2014/07/0031.
8Vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, § 8, Rz 1 f.
Die abfallrechtlichen Regelungen zielen gemäß § 1 Abs 1 AWG 2002 darauf ab, dass
+Mensch, Tier und Pflanze, deren Lebensgrundlagen sowie deren natürliche Umwelt vor schädlichen oder nachteiligen Einwirkungen geschützt werden;
+Emissionen von Luftschadstoffen und klimarelevanten Gasen so gering wie möglich gehalten werden; dies auch in Bezug auf den Transport von Abfällen (z. B. Wahl des Transportmittels Bahn);
+Ressourcen (Rohstoffe, Wasser, Energie, Landschaft, Flächen, Deponievolumen) geschont werden und die Effizienz der Ressourcennutzung verbessert wird;
+Abfälle getrennt gesammelt werden;
+von, aus Abfällen gewonnenen, Sekundärrohstoffen kein höheres Gefährdungspotential ausgehtals von vergleichbaren Primärrohstoffen und
+durch die Ablagerung von Abfällen keine Gefährdung für nachfolgende Generationen entsteht.
!
Praxistipp:
Abfallwirtschaftliche Tätigkeiten sollten im Einklang mit den Zielen des AWG 2002 durchgeführt werden. Auch Behörden und Gerichte greifen bei der Vollziehung des Abfallrechts – insbesondere, wenn es um die Auslegung von Gesetzesbestimmungen geht – auf die Zielbestimmungen zurück.
Das AWG 2002 basiert – wie auch andere Umweltrechtsmaterie – in erster Linie auf dem Vorsorge- und dem Nachhaltigkeitsprinzip.
Nach dem Vorsorgeprinzip soll die Abfallwirtschaft nicht bloß auf die Beseitigung bzw. Abwehr von unmittelbar drohenden Umweltschäden, die durch Abfälle verursacht wurden bzw. werden, abzielen, sondern auf die Vorbeugung von solchen Schäden.[9] Die Abfallwirtschaft ist daher möglichst so auszurichten, dass Abfälle gar nicht erst entstehen.
Aufgrund des Nachhaltigkeitsprinzips sollte die Abfallwirtschaft dazu beitragen, dass natürliche Ressourcen effizient und nur in einem Ausmaß genützt werden, in dem ihre Nutzbarkeit auch für künftige Generationen gewährleistet bleibt.[10]
Für die Abfallwirtschaft relevant sind zudem das
+Verursacherprinzip: die Kosten für die Beseitigung von Umweltschäden bzw. Umweltbeeinträchtigungen sind von jener Person zu tragen, die sie verursacht hat, sowie das
+Ursprungsprinzip: Umweltbeeinträchtigungen sollten grundsätzlich an ihrem Ursprung bekämpft werden.
An das Ursprungsprinzip anknüpfend, sollten Abfälle
+möglichst autark (Prinzip der Entsorgungsautarkie)und
+in der Nähe ihres Entstehungsortes verwertet bzw. beseitigt werden (Prinzip der Nähe).
!
Praxistipp:
Das Prinzip der Entsorgungsautarkie und das Prinzip der Nähe sind insbesondere bei der Verbringung von Abfällen zu beachten: Der Umweltminister als zuständige Behörde hat die Verbringung von Abfällen zur Beseitigung oder in Anlagen zur Verwertung von gemischten Siedlungsabfällen zu untersagen, wenn diesen Grundsätzen nicht entsprochen wird (zur Abfallverbringung siehe Kapitel 16).
Dem AWG 2002 liegt gemäß § 1 Abs 2 AWG 2002 folgende fünfstufige Abfallhierarchie zu Grunde:
1.Abfallvermeidung
2.Vorbereitung zur Wiederverwendung
3.Recycling
4.sonstige Verwertung
5.Beseitigung
Diese Hierarchie stellt eine Prioritätenreihenfolge dar, nach der die Abfallwirtschaft auszurichten ist. Sie ist insbesondere bei legislativen und politischen Maßnahmen im Bereich der Abfallvermeidung und -bewirtschaftung zu beachten.[11]
Abbildung 1:
Fünfstufige Abfallhierarchie[12]
Der Abfallvermeidung wird die höchste Priorität eingeräumt.
Ist die Vermeidung von Abfällen nicht möglich, so sollten die Abfälle verwertet werden (stofflich bzw. thermisch). Nur wenn eine Verwertung der Abfälle nicht in Frage kommt, sollten diese beseitigt werden.[13]
Ein Abweichen von der Abfallhierarchie ist zulässig, sofern sich durch Lebenszyklusdenken eine andere Option als die gemäß der Hierarchie vorgegebene, als die bessere Option für den Umweltschutz erweist. Es sind jedenfalls jene Optionen zu fördern, die insgesamt das beste Ergebnis unter dem Aspekt des Umweltschutzes erbringen.[14] So kann etwa bei schadstoffbelasteten Stoffströmen eine Abweichung von der Hierarchie aus ökologischen Gründen erforderlich sein.
Beispiele:
+