Abschiedsbrief an Kira - Meike Mittmeyer-Riehl - E-Book

Abschiedsbrief an Kira E-Book

Meike Mittmeyer-Riehl

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Beschreibung

Wie sagt man seinem geliebten, todkranken Haustier, dass man es sterben lassen muss, um ihm einen Gefallen zu tun? Wie sagt man ihm noch all die Dinge, die man ihm sagen wollte, wenn keine Zeit mehr bleibt? Als Meike Mittmeyer-Riehls Katze Kira im Sommer 2021 unheilbar und viel zu früh an Krebs erkrankt, beginnt sie, ihr einen Abschiedsbrief zu schreiben. Doch der Krebs ist schneller. Die zutiefst persönliche, bewegende Liebeserklärung erreicht Kira erst auf der anderen Seite der Regenbogenbrücke – und dennoch nicht zu spät.

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Seitenzahl: 38

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Meike Mittmeyer-Riehl

Abschiedsbrief an Kira

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Meine liebste Kira,

Der Anfang

Freiheit und Alltag

Der Knubbel

Neue Hoffnung

Dein letzter Tag

Der Traum vom Katzenhimmel

Impressum neobooks

Meine liebste Kira,

ich hätte dir diesen Brief gern vorgelesen, als du noch da warst. Aber ich bin nicht rechtzeitig fertig geworden. Ja, ich habe die Deadline verpasst. Eigentlich ein No-Go im Journalismus. Früher, als ich noch bei der Zeitung war, wäre also eine leere Stelle erschienen, dort, wo mein Text hätte sein sollen. Geht gar nicht. Dafür möchte ich mich aufrichtig bei dir entschuldigen. Allerdings hatte ich einen, wie ich finde, guten Grund.
Dein Tod kam – obwohl absehbar – am Ende doch so schnell, so brutal und mit solch einer Wucht, dass selbst meine flinken Finger, die du manchmal misstrauisch beäugt hast, wenn sie krachend laut über die Computertastatur flogen, nicht schnell genug hinterherkamen, um all das aufzuschreiben, was ich dir noch erzählen wollte. Eigentlich brauche ich dir das auch gar nicht zu erzählen, denn du hast schließlich alles selbst miterlebt. Oder das Meiste zumindest. Die letzten paar Abschnitte nicht, fürchte ich, aber die hast du vielleicht doch von irgendwo aus beobachtet, aus einer anderen Perspektive. Ich weiß es nicht und werde es leider nie erfahren.
Aber ich wollte dich mit diesem Abschiedsbrief wissen lassen, was für eine liebenswürdige, besondere, außergewöhnliche, wundervolle, bildhübsche Katze du warst und wie unfassbar schwer der Abschied von dir war. Bei diesen schmeichelnden Worten hättest du dich an meinen Knien gerieben, als wollest du mir sagen: Mehr davon, mehr davon. Ja, ihr Katzen liebt es, umgarnt und geschmeichelt zu werden, ich weiß. Fast so sehr, wie ihr eure Lieblings-Leckerlies liebt (in deinem Fall: Felix Knabbermix, Geschmacksorte Grillspaß).
Und so will ich dir diesen Brief nun einfach vorlesen, obwohl du schon fort gegangen bist. Und ich stelle mir vor, wie du an den jeweiligen Stellen reagiert hättest. Das schreibe ich auch mit auf. 
Um die Übersicht zu wahren, formatiere ich diese Passagen kursiv.
Schräg, oder? Im wahrsten Sinne des Wortes. Wir Menschen sind halt so: komisch, widersprüchlich. Manchmal wendet ihr uns völlig zu Recht euren Po zu und geht eurer Wege. Aber andererseits scheinen wir auch sehr oft sehr viel richtig zu machen. Nun, jetzt geht es aber wirklich los.
Ich liege auf der Couch unddu sitzt neben meinen Füßen, stolz und aufrecht. Deine Vorderpfötchen sind in einer perfekten Linie eng nebeneinander abgestellt, ich habe diese Sitzhaltung immer gern „Vasen-Position“ genannt. Du siehst nämlich aus wie eine perfekt gefertigte Porzellan-Katze. Deine großen, hellgrünen Augen schauen mich erwartungsfroh an.

Der Anfang

Ich beginne am besten: ganz am Anfang. Damals, als wir dich noch nicht hatten. Es war das Jahr 2012. Dennis und ich waren 25 Jahre jung, fühlten uns aber plötzlich so viel älter. Als wären wir über Nacht erwachsen geworden, gezwungenermaßen. Der 17. März 2012 hatte unser beider Leben auf tragische Weise für immer verändert. Ich hatte an diesem Tag einen Schlaganfall – aus heiterem Himmel, als junge, gesunde, sportliche Nichtraucherin. Meine Halsschlagader war beim Tennisspielen eingerissen – eine sogenannte spontane Dissektion – und hatte einen Gefäßverschluss im Gehirn verursacht.
Ich hatte großes Glück und trug keine körperlichen Schäden zurück. Dennoch hat meine Erkrankung alles verändert, zumal nie geklärt werden konnte, warum meine Ader riss.  Wenn man in so jungen Jahren, in denen einem die Welt eigentlich offensteht, plötzlich mit dem Tod und der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert wird, dann macht das etwas mit einem. Im negativen wie im positiven Sinne.
Die positive Folge dieses einschneidenden Erlebnisses war, dass wir beschlossen, unsere Träume nicht immer auf ein „Morgen“ oder ein „Irgendwann“ zu verschieben, das vielleicht niemals kommt, sondern sie nach Möglichkeit sofort in ein „Jetzt“ zu verwandeln. Wir reisten in den folgenden Jahren an Orte, von denen wir immer geträumt hatten, auf die Galápagos-Inseln etwa… 
Okay, ich sehe schon, das Thema Reisen ist für dich längst nicht so spannend wie für mich. Du gähnst mir unverhohlen ins Gesicht; reißt dein Mäulchen auf, in dem sich deine lange, rosafarbene Zunge kräuselt. Dann blinzelst du müde, drehst dich einmal um die eigene Achse und lässt dich halb zusammengerollt wie ein Croissant nieder. Dein Kopf bleibt noch aufgerichtet, aber deine Augen sind jetzt geschlossen. Jeder, der eine Katze hat, weiß, dass es zwischen Wachen und Schlafen ungefähr 50.000 verschiedene Bewusstseinszustände gibt: das Ruhen, das Dösen, das Dämmern… ich weiß also ganz genau, dass du mir noch zuhörst, deine Ohren sind ganz aufmerksam und zucken in alle Richtungen. Also lese ich weiter.