ADHS bei Frauen - Selbstbewusster und erfolgreicher im Alltag - Ein wissenschaftliches Praxishandbuch - Jean-Maurice Cecilia-Menzel - E-Book

ADHS bei Frauen - Selbstbewusster und erfolgreicher im Alltag - Ein wissenschaftliches Praxishandbuch E-Book

Jean-Maurice Cecilia-Menzel

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Beschreibung

Dieses Buch ist als Leitfaden für weibliche Betroffene einer ADHS gedacht. Es wird Ihnen helfen, die ADHS besser zu verstehen und mit dieser umzugehen, sowohl im akademischen als auch im beruflichen- und Privatsetting. Entwickeln Kinder eine ADHS, stehen die Betroffenen vor einer Vielzahl von Herausforderungen und Hindernissen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich aus der ADHS bei Frauen. Wieso die Krankheit nicht geschlechtsneutral beschrieben werden darf, erfahren Sie in den ersten Kapiteln dieses Buches. Die ADHS bei Frauen, kann auf sämtlichen Ebenen des Lebens wirken, im Verhalten und der Konzentration bis hin zur sozialen Entwicklung und dem emotional-motivationalem Erleben. Dieses Buch enthält wichtige Informationen über diese psychische Auffälligkeit, einschließlich praktischer Strategien zum Umgang mit den Symptomen dieser Erkrankungen und zur Verbesserung der alltäglichen Kompetenzen. Es liefert Erkenntnisse darüber, wie die ADHS sich bei Frauen im Kindes, Jugend und Erwachsenenalter manifestiert. Wieso sie häufig unentdeckt bleibt und warum eine signifikante Unterbehandlung weiblicher Patienten, trotz ständiger neuer Forschungsergebnisse, global persistiert. Darüber hinaus, erfahren Sie, ob es genetische Unterschiede oder mikrostrukturelle Differenzen in den Gehirnen von betroffenen Frauen und Männern gibt. Ich werde auch diverse Langzeitstudien vorstellen, die sich mit den kognitiven Leistungen dieser Frauen auseinandersetzten und aufzeigen, wie ADHS bei Frauen im Kindesalter, in der Pubertät, während der Fortpflanzungszeit und in der Menopause Einfluss nimmt. Abschließend stelle ich die andersartige emotionale Dynamik im Vergleich mit anderen, das Temperament betreffenden psychischen Auffälligkeiten vor. Ferner dient die Arbeit auch als Nachschlagewerk für alle, die fundierte Informationen über diese Störungen suchen. Wenn Sie auf der Suche nach wirksamen Werkzeugen für den Umgang mit der ADHS bei Frauen sind, dann ist dieses Werk in den richtigen Händen gelandet.

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Inhaltsverzeichnis

Eine Randnotiz zum Sprachgebrauch

Vorwort und Danksagung

Geschlechtsspezifische Unterschiede der ADHS

Ursprung der ADHS

Definitionen

Die Diagnose

Genetischer Ursprung von ADHS

Dopamin-Belohnungsweg

Noradrenalin-Neurotransmission bei ADHS

Gestörte Neurotransmission und Auftreten von ADHS Symptomen

Medikamente

Stimulierende Medikamente – Amphetamin und Methylphenidat

Nicht-stimulierende Medikamente – Am Beispiel Atomoxitin

Neuroanatomische Merkmale von ADHS

ADHS vor genetischem Hintergrund

Umweltbedingte Ursachen von ADHS

Exposition gegenüber Alkohol und Tabak während der Schwangerschaft

Ernährungsbedingte Faktoren

Psychosoziale Risikofaktoren

Schlussfolgerung

Verlauf der ADHS

ADHS bei Kindern/Jugendlichen

ADHS in der Fortpflanzungszeit

ADHS in der Schwangerschaft

Darstellung von ADHS im Schulalter

Erscheinungsbild von ADHS im Jugend- und Erwachsenenalter

Symptome der ADS

Unterschiede in der Symptomatik

Schlussfolgerung

Folgen der ADHS

Komorbiditäten der ADHS

Autismus-Spektrum-Störung

Lernstörungen

Tic-Störung

Depressionen

Ängste

Bipolare Störung

Oppositionelles Trotzverhalten

Substanzmissbrauch

Borderline-Persönlichkeitsstörung

Straffälligkeit und ADHS

Schlussfolgerung

Häufigkeit der ADHS

Therapiemöglichkeiten

Multimodaler therapeutischer Ansatz bei ADHS

Pharmakologische Behandlung

Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung von ADHS

Psychosoziale Behandlung

Integrative Medizin

Neurofeedback

Ressourcen und Fähigkeiten im Zusammenhang mit ADHS

Resilienz und positive soziale Fähigkeiten

Kreativität

Hyperfokussierung

Psychosozialer Ansatz “Mit ADHS nicht bloß überleben, sondern denn Alltag in vollen Zügen genießen - Das Reframing in Vivo”

Autonomie

Diversität

Bestätigung und Kompetenzerleben

Weg vom haben, hin zum sein!

Let´s get physical

Suchen und finden Sie Ihre Berufung

Auf großen Lego‘s baut man Existenzen, Makro und Mesoebene

Konklusion

Quellenverzeichnis

Disclaimer

Eine Randnotiz zum Sprachgebrauch

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text vorwiegend die weibliche Form gewählt. Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben, sofern nicht genderspezifisch gekennzeichnet, auf Angehörige beider Geschlechter. Auf eine Gegenüberstellung und vergleichsweise Betrachtung femininer und maskuliner ADHS, verweise ich im Verlauf des Textes, immer dann, wenn es relevant ist. Des Weiteren sollten Sie und ich uns darüber einig sein, was wir unter der Abkürzung „ADHS“ verstehen. Unabhängig des Akronyms finden Sie die verschiedensten Ausformulierungen für den Begriff. Teilweise wird er als Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, hyperkinetische Störung, mit oder ohne hyperaktivem Syndrom oder sonst wie übersetzt. Um Missverständnissen vorzubeugen und damit die Leser/innen meinen Ausführungen flüssig folgen kann, möchte ich meine Auslegung der ADHS kurz schildern. Ich verstehe darunter die Aufmerksamkeitsstörung mit oder ohne hyperaktivimpulsiven Symptomen. Die Differenzierung nach einem anderem Subtyp, wie wir ihn im Sprachgebrauch vorfinden, wenn wir etwa von einer ADS ohne dem H dazwischen sprechen wird damit obsolet, dass ich grundlegend von beiden sprach-gebräuchlich geprägten Typen spreche und eine genauere Differenzierung-sofern notwendig für das Verständnis – im jeweiligen Absatz hervorhebe. Wenn ich also im weiteren Verlauf von der ADHS und der/dem„ADHSler/in“ spreche, meine ich damit sämtliche Subtypen und sonstige Manifestationen, die sich aus einem Syndrom der Kernsymptome zusammensetzten.

Vorwort und Danksagung

Dieses Buch ist als Leitfaden für weibliche Betroffene einer ADHS gedacht. Ich hoffe, dass es Ihnen hilft, die ADHS besser zu verstehen und mit dieser umzugehen, sowohl im schulischen als auch im beruflichen- und Privatsetting. Wird eine ADHS diagnostiziert, stehen die Betroffenen vor einer Vielzahl von Herausforderungen und Hindernissen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich für Frauen, die an einer ADHS leiden. Wieso die Krankheit nicht nur geschlechtsneutral beschrieben werden sollte, erkläre ich in den nächsten Kapiteln. Die ADHS kann auf sämtlichen Ebenen des Lebens wirken, im Verhalten und der Konzentration bis hin zur sozialen Entwicklung und dem emotional-motivationalem Erleben. Dieses Buch enthält wichtige Informationen über diese psychische Auffälligkeit, einschließlich praktischer Strategien zur Linderung der Symptome dieser Erkrankungen und zur Verbesserung der alltäglichen Kompetenzen. Es liefert Erkenntnisse darüber, wie die ADHS sich bei Frauen im Kindes, Jugend und Erwachsenenalter manifestiert. Wieso sie häufig unentdeckt bleibt und warum eine signifikante Unterbehandlung weiblicher Patienten, trotz ständiger neuer Forschungsergebnisse, global persistiert. Darüber hinaus, erfahren Sie, ob es genetische Unterschiede oder mikrostrukturelle Differenzen in den Gehirnen von betroffenen Frauen und Männern gibt. Ich werde auch diverse Langzeitstudien vorstellen, die sich mit den kognitiven Leistungen dieser Frauen auseinandersetzten und aufzeigen, wie ADHS-Symptome bei Frauen im Kindesalter, in der Pubertät, während der Fortpflanzungszeit und in der Menopause Einfluss nehmen. Abschließend stelle ich die andersartige emotionale Dynamik im Vergleich mit anderen, das Temperament betreffenden psychischen Auffälligkeiten vor. Ferner dient die Arbeit auch als Nachschlagewerk für alle, die fundierte Informationen über diese Störungen suchen. Wenn Sie auf der Suche nach wirksamen Werkzeugen für den Umgang mit ADHS bei Frauen sind, dann ist dieses Werk in den richtigen Händen gelandet.

Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, deren Anregungen für die Gestaltung des Buches von wesentlicher Bedeutung waren. Schließlich möchte ich mich bei allen Hilfesuchenden bedanken, die ihre Geschichten mit mir geteilt haben.

Geschlechtsspezifische Unterschiede der ADHS

Die ADHS gehört zu den häufigsten diagnostizierten psychischen Auffälligkeiten weltweit. Forschungen zu Folge entwickeln etwa 5 % aller Kinder diese lebensbestimmende Entwicklungsstörung. Die Häufigkeit der Diagnosestellung wird überschattet von der signifikanten Dominanz bei diagnostizierten Jungen, gegenüber Mädchen. Bei der Auswertung psychiatrischer Befunde in einer Langzeitstudie über elf Jahre, zeigt sich ein Verhältnis von 2:1 bis 10:1 mehr Diagnosen, beim männlichen Geschlecht (Danielson et al., 2018). Aber tritt die Krankheit, häufiger bei Männern auf, als etwa bei Frauen? Die obigen Zahlen, möchten diesen Bild vermitteln, sollten allerdings keinesfalls zu diesem Fehlschluss anregen. Sie verdeutlichen lediglich, ein Stigmata-behaftetes Krankheitsbild, wie wir es nach wie vor, in den Köpfen der Eltern und vieler Kliniker wieder findet. Auch in meiner Praxis erlebe ich diesen Entwicklungsstand, noch zehn Jahre nach Veröffentlichung, dieser brisanten Studienergebnisse. Im letzten Jahr hatte ich 13 Jungen und 1 Mädchen in einer ADHS-indizierten Neurofeedbacktherapie (ein alternativmedizinisches Heilverfahren, welches in späteren Kapiteln erläutert wird). Im Erwachsenenalter relativiert sich die Prävalenz-Größe auf 2:1 bis 1,6:1 (Felt et al., 2014). Zum Glück entwickeln viele Frauen mit dem Erwachsenwerden eine ausreichende Selbstwirksamkeit, um sich ein Problem in ihrem Leben einzugestehen und suchen sich eigenständig Hilfe. Sie gehen dem Verdacht auf eigene Verantwortung nach, informieren sich über Symptome und erwirken eine diagnostische Abklärung bei einem geeigneten Therapeuten. Häufig, wie die Auswertung der Fremdanamnesen ausgefüllt durch die Eltern meiner Patientinnen zeigt, entgegen der familiären Annahme, etwas könnte mit Ihrem Kind nicht stimmen. Wieso dürfen Jungs und Männer eine ADHS haben, während den Mädchen so viel häufiger ein „voll funktionsfähig“ etikettiert wird.

Mit diesem Trugschluss, geht naturgemäß eine deutliche Unterversorgung der Frauen einher. Während die jungen Männer, von therapeutischer Unterstützung profitieren, tragen die Frauen Ihr Leid, stumm und gefügig mit sich. Der bedenkliche „Genderfaktor“ ist schon lange bekannt, findet aber noch immer keine ausreichende Bedeutung in den ADHS-Beratungsstellen,

Diagnoseeinrichtungen und in den Schulklassen, unter der Aufsicht der Lehrkörper. Auch in der Forschung und Studienarbeiten bestehen die Stichproben meist aus mehr Jungen als Mädchen. Schon bei der Vorauswahl für spätere Annahmen und Hypothesen wird eine gerechte Betrachtungsweise also vernachlässigt. Ich möchte mit den folgenden Inhalten, auf diesen Missstand hinweisen und mit den im Folgenden beschriebenen nachgewiesenen genderspezifischen Unterschieden im Verhalten und Erleben der Betroffenen, einen gerechten Beitrag nur für Frauen leisten, nachdem eine Lektüre für Männer ausreichend zur Verfügung steht (Slobodin & Davidovitch 2019).

Die wissenschaftliche Erklärung dafür, dass die ADHS bei Frauen und Mädchen unterdiagnostiziert wird, ist hinreichend aufgezeigt (Biederman et al., 2002; Biederman & Faraone, 2004). Wir haben eine differente Manifestation der Krankheit im weiblichen Geschlecht, in Form von weniger hyperaktiv-impulsivem Verhalten, unabhängig des Subtyp, aber auch eine andere Subtypen Verteilung, mit mehr, vorwiegend unaufmerksamen, als Misch oder hyperaktiv-impulsiven-Subtypen (Hinshaw et al., 2006). Ferner zeigen betroffene Männer und Jungen, vermehrt externalisierende Verhaltensweisen wie (oppositionelles Verhalten, Übergriffigkeit, mangelnde Impulshemmung etc.). Diese finden im Alltag, öfter die Aufmerksamkeit des sozialen Umfeldes und erleben eine vermehrte Zuwendung jeglicher Art. Bei Frauen, die nachgewiesenermaßen eher internalisierende Verhaltensweisen wie Ängste und depressive Symptomatik an den Tag legen, kommt es weniger zu Konfrontationen mit Lehrern, anderen Eltern oder Pädagogen und somit seltener zum Anlass, einer krankheitsbedingten Exploration (Biederman et al., 2010; Hinshaw et al., 2012). Kinder, die ängstlich und unglücklich verstimmt sind, verfügen auch nicht über das gleiche Erkenntnisvermögen wie Erwachsene, welche sich durchaus abgrenzen und selbst um Hilfe bemühen können. Ihre Verhaltensweisen stellen für die Außenwelt keine direkte Bedrohung dar und deswegen findet ihr Leid, keine ausreichende Beachtung.

Ursprung der ADHS

In den nächsten Kapiteln stelle ich die wissenschaftliche Grundlage der ADHS vor. Die genauen Inhalte können Sie dem Inhaltsverzeichnis entnehmen. Dabei handelt es sich weniger um psychische Perspektiven des subjektiven Erlebens als vielmehr um neurophysiologische Fakten.

ADHS ist eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen, die die Fähigkeit eines Kindes, „normal“ zu funktionieren, beeinträchtigt. Betroffene zeigen veränderte Entwicklungsmuster von Impulsivität, Aufmerksamkeit und Hyperaktivität. Es handelt sich um eine anerkannte psychiatrische Störung, die die Funktion des Gehirns beeinträchtigt. Diese Störung führt dazu, dass Menschen mit ADHS unter (aber nicht ausschließlich) Aufmerksamkeitsdefiziten, Konzentrationsschwierigkeiten, emotionaler Dysregulation und Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung leiden. Kinder mit ADHS werden des Öfteren als „Störenfriede“ bezeichnet. ADHSler sind leicht frustriert und haben Schwierigkeiten, sich auf soziale Interaktionen einzulassen. Können aber genauso, zurückhaltend, introvertiert und internalisierend auftreten und unter einem falsch- oder schlecht geschulten Radar des pädagogischen Umfeldes, mit ihren Leiden unentdeckt bleiben. Die frühzeitige Diagnose und Behandlung von ADHS spielen eine wichtige Rolle bei der Begrenzung von „Folgeschäden“ im Erwachsenenalter und bei der Verhinderung des Auftretens von Komorbiditäten (Begleiterkrankungen). Zu diesem Ergebnis kommen unter anderem die Studien von (Magnus et al., 2022).

Definitionen

ADHS wurde erstmals vor 200 Jahren beschrieben, doch haben sich die Definitionen, die medizinische Betrachtungsweise sowie die Behandlungs- und Therapieoptionen, besonders in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. Heute gilt ADHS als die am weitesten verbreitete psychische Störung bei Kindern, die mit strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn einhergeht. Während früher angenommen wurde, dass ADHS-bedingtes Verhalten eine Manifestation von umweltbedingten und psychologischen Einflüssen ist, werden die Verhaltensmerkmale heute auf neurobiologische oder biopsychosoziale Veränderungen zurückgeführt. Früher wurde ADHS als „minimale Hirnfunktionsstörung“ und „hyperaktives/hyperkinetisches Syndrom“ bezeichnet (Mahone & Denckla, 2017).

Die Diagnose

Sir George Frederic Still war der erste Kinderarzt, der ADHS in diversen Vorlesungen klinisch spezifizierte. Er beschrieb sie als „abnorme psychische Zustände bei Kindern, die an einem abnormen Defekt der moralischen Kontrolle“ leiden (Martinez-Badía & Martinez-Raga, 2015).

Die von ihm beobachtete Gruppe von Kindern zeigte aggressives und trotziges Verhalten mit Widerstand gegen Disziplin und übermäßigen emotionalen Reaktionen.

„Seine“ Kinder mit ADHS hatten Schwierigkeiten, ihre Konzentration und Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, und es fiel ihnen schwerer, aus Reiz-Reaktions-Mustern oder Konsequenzen zu lernen. Die historische Bedeutung dieser Vorlesungen zeigt sich darin, dass diese als Ausgangspunkt für die Anerkennung der ADHS als psychische Auffälligkeit angesehen werden.

Genetischer Ursprung von ADHS

Dopamin-Belohnungsweg

Die Aussicht auf Lust und Belohnung motiviert uns zum Handeln. Dafür sorgen sogenannte neuronale Belohnungswege im Gehirn. Wenn wir Freude oder Glück erleben, wird das Hirn mit Neurotransmittern (Stoffe, die an chemischen Synapsen in unserem Gehirn, die Erregung von einer Nervenzelle auf andere Zellen übertragen) überschwemmt. So entsteht ein nicht hörbares Vergnügen, das Menschen zum Agieren bewegt, oder eben nicht. Betroffene, die unter ADHS leiden, weisen Belohnungs- und Motivationsdefizite auf.

Bei AHDS hat man eine Mutation auf den sogenannten Dopamin-Rezeptoren festgestellt (ein Dopamin-Rezeptor ist eine Empfangseinheit für Signale durch den Transmitter Dopamin). In den untersuchten Zielgeweben sind Dopamintransporter (ein Protein, welches den Transport des Transmitters Dopamin in die Zelle ermöglicht) bei ADHS-Patienten ebenfalls tendenziell erniedrigt. Dies führt zu einer Beeinträchtigung des Belohnungsweges bei ADHSPatienten. Die verringerte Aktivität mit Dopamin agierender Neuronen und die daraus resultierende verminderte Dopaminausschüttung tragen zu einem erhöhten Schweregrad der ADHS-Symptome bei. Diese Vorgänge im Gehirn werden als ADHS-Dopamin-Hypothese bezeichnet.

Noradrenalin-Neurotransmission bei ADHS

Die Bedeutung der Noradrenalin-Neurotransmission (die Kommunikation zwischen Neuronen über Synapsen) bei ADHS, zeigt sich in der Verbesserung der Symptome nach Verabreichung von Medikamenten, die die Noradrenalin-Neurotransmission hemmen. Noradrenalin moduliert Erregung, Aufmerksamkeit, Wachheit, Vigilanz, Arbeitsgedächtnis und Verhaltenshemmung, indem es auf synaptische Rezeptoren wirkt. Eine verminderte Noradrenalin-Aktivierung sowie der reduzierte Noradrenalin-Spiegel beeinflussen die Erregung des Gehirns bei Betroffenen.

Gestörte Neurotransmission und Auftreten von ADHS Symptomen

Der präfrontale Kortex (eine Verortung im menschlichen Gehirn) ist für die Regulierung der Aufmerksamkeit verantwortlich. Er hemmt die Verarbeitung irrelevanter Reize. Eine gestörte Neurotransmission des präfrontalen Kortex führt zu einer Andersartigkeit der Aufmerksamkeit bei Personen, die an ADHS leiden. Die Hemmung von Verhalten ist eine Funktion, die ebenfalls im Kortex angesiedelt ist. Eine gestörte Noradrenalin-Neurotransmission und eine Minderung von Rezeptoren an dieser Stelle führen zu Hyperaktivität und impulsivem Verhalten. Eine veränderte Noradrenalin- und Dopamin-Neurotransmission beeinträchtigt die Fähigkeit, Emotionen zu regulieren. Dies wiederum führt zur Entwicklung von emotionaler Dysregulation und affektiven Ausbrüchen.

Medikamente

In den 1950er-Jahren wurden stimulierende Medikamente wie Amphetamin von der Forschung für die Behandlung der ADHS oder Ihren Vorstufen, einschließlich minimaler Hirnschädigung, hyperkinetischer Erkrankung und hyperkinetischer Impulsstörung, validiert. Parallel dazu wurde Methylphenidat, ein Amphetaminderivat, synthetisiert und als Ritalin vermarktet. In einer Studie aus dem Jahr 1957 wurde Hyperaktivität als biologischer Mechanismus beschrieben und die Rolle von Stimulanzien bei der Behandlung von ADHS festgehalten. Bei den derzeitigen, am häufigsten verschriebenen Medikamenten zur Behandlung von ADHS, handelt es sich um Stimulanzien wie Methylphenidat. Zu den alternativen Medikamenten für die ADHS-Behandlung gehören alpha-adrenerge Agonisten und Selektive-Serotonin-NoradrenalinWiederaufnahme-Hemmer (Connolly et al., 2015).

Eine der größten Datenauswertungen, mit über 2000 Referenzstudien, zeigt eine deutliche Minder- Verschreibung von Stimulanzien bei Mädchen bis 18 Jahren. Dieses Ergebnis korreliert mit den ebenso verminderten diagnostizierten Fällen von ADHS beim weiblichen Geschlecht. Die Kennzahlen relativieren sich mit dem Eintritt in das Erwachsenenalter. Hier beträgt das Verhältnis von Medikation und Diagnose, von Männern zu Frauen, nun 1-2:1. Was meiner Meinung nach immer noch eine Bilanz ist, die zum Nachdenken anregen sollte. Etwa 60 % aller in den USA an einer ADHS erkrankten Kinder, erhalten Medikamente, um die Krankheit zu behandeln (Kok et al., 2020). Nachdem es sich bei Stimulanzien nach wie vor um das Heilmittel 1. Wahl handelt, erfahren Mädchen und junge Frauen also eine Unterversorgung und müssen mit den direkten und indirekten Konsequenzen der ADHS eigenständig zurechtkommen und Bewältigungsstrategien entwickeln. Als wäre dieser Umstand nicht bedenklich genug, sehen sich die betroffenen Mädchen auch häufiger mit Fehldiagnosen konfrontiert. Internalisierende Verhaltensweisen und verhältnismäßig, weniger hyperaktiv-impulsive Symptome, verleiten zu Diagnosen aus dem affektivem und ängstlichen Spektrum. Verwundert darüber, warum die verschiedensten angstlösenden Psychopharmaka nicht gewirkt haben, sprechen immer wieder, verzweifelte Patienten bei mir vor. Eine sorgfältige Differenzialdiagnostik sollte von Kliniker und Patient besonders dann angeregt werden, wenn eine emotionale Symptomatik in Vergangenheit oder aktuell eine Rolle gespielt hat. Zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass Frauen ein 1,5 bis 1,7-faches Risiko aufweisen, unerwünschte Nebenwirkungen zu erfahren. Auch diese Erkenntnis zeigt an, wie wichtig eine genderspezifizierte Auseinandersetzung mit diesem Themengebiet ist (Rademaker, 2001).

Stimulierende Medikamente – Amphetamin und Methylphenidat

Stimulanzien fördern die Neurotransmission (Kommunikation von Neuronen in unserem Gehirn, durch die Freisetzung von Neurotransmittern) von Dopamin und Noradrenalin (chemische Botenstoffe bzw. Neurotransmitter) und damit die Erregung im Gehirn. Methylphenidat hemmt in erster Linie die Dopaminrezeptoren und übt eine Wirkung auf die Noradrenalin-Transporter aus. Die Hemmung der Dopamintransporter führt zu einer Erhöhung der Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt, über welchen die Neuronen miteinander kommunizieren und damit zu einer Verstärkung der Dopamin-Neurotransmission.

Zu den weltweit am häufigsten verschriebenen Stimulanzien zählt Methylphenidat. Es ist auch bei pharmazeutischer Behandlung der ADHS, das Mittel der ersten Wahl. Verhaltens- und diejenigen Studien, die sich mit kognitiven Leistungen der Probanden befassten, zeigten unter Einfluss von Methylphenidat eine verbesserte Konzentration, weniger Impulsivität und mittel- bis langfristig, bessere akademische Leistungen bei Probanden. Die besten kognitiven Leistungen, in Form von Aufmerksamkeit und Gedächtnisarbeiten, ließen sich durch geringere Dosen des Stoffes erreichen. Bei höherer Dosierung nahmen die kognitiven Funktionen wieder ab (Berridge & Devilbiss, 2011).

Unerwünschte Wirkungen unter normalen Umständen steigen der systemische Blutdruck und die Herzfrequenz bei der Verabreichung von Stimulanzien nicht wesentlich an. Um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten, müssen die Patienten auf Risikofaktoren und Herzerkrankungen untersucht werden. Zu den häufigsten Nebenwirkungen bei der Einnahme von Stimulanzien gehören Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Übelkeit, Gewichtsverlust, Bauchschmerzen, vorübergehende Kopfschmerzen, Psychosen, Euphorie und Depressionen.Kontraindikationen Personen, die innerhalb von 14 Tagen Monoaminoxidase-Hemmer einnehmen, dürfen keine stimulierenden Medikamente einnehmen. Obwohl Amphetamin nicht absolut kontraindiziert ist, sollten Personen, die an Bluthochdruck, Schilddrüsenüberfunktion und symptomatischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, es nicht einnehmen. Methylphenidat sollte bei Personen mit schweren gastrointestinalen Verengungen wegen des erhöhten Risikos eines Darmverschlusses vermieden werden. Methylphenidat sollte bei gleichzeitiger Einnahme von Antikonvulsiva, Antikoagulantien und trizyklischen Antidepressiva vermieden werden.

Nicht-stimulierende Medikamente – Am Beispiel Atomoxitin

Atomoxetin erhöht den Dopamin- und Noradrenalinspiegel im Gehirn. Dieses Medikament wirkt als selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer. Im Vergleich zu Personen, die mit stimulierenden Medikamenten behandelt werden, ist die Ansprechdauer von Atomoxetin langsamer. Sobald die Dosis auf die maximale Tagesdosis eingestellt ist, kann eine Verbesserung der ADHS-Symptome über zwei Monate hinweg beobachtet werden.

Unerwünschte Wirkungen Atomoxetin kann bei den behandelten Personen suizidale Vortendenzen verstärken. Aus diesem Grund müssen diese Personen auf Veränderungen der Stimmung und des Verhaltens überwacht werden, die zur Entwicklung von Selbstmordgedanken und -verhalten führen können. Neuere Studien verneinen jedoch einen signifikanten Zusammenhang zwischen einem erhöhten Suizidrisiko und der Einnahme von Atomoxetin.

Bei Kindern und Jugendlichen, die unter Leberfunktionsstörungen leiden, ist eine Dosisanpassung erforderlich. Vor einer pharmakologischen Therapie müssen diese Personen auf Herzerkrankungen und damit verbundene Risiken untersucht werden. Behandelnde Ärzte müssen außerdem den mentalen und neurologischen Status, die Wachstumsparameter und die Vitalzeichen regelmäßig überwachen. Häufige Nebenwirkungen sind Erbrechen, Übelkeit, verminderter Appetit, Schwindel, Müdigkeit und Stimmungsschwankungen. Diese Nebenwirkungen nehmen mit fortgesetzter Einnahme von Atomoxetin ab. Schlaflosigkeit, erhöhter Blutdruck und Herzfrequenz, verlängertes QT-Intervall und Leberfunktionsstörungen sind weniger häufig, aber dennoch signifikante Nebenwirkungen.

Kontraindikationen Atomoxetin sollte bei Personen, die innerhalb von 14 Tagen Monoaminoxidase-Hemmer einnehmen, vermieden werden. Atomoxetin darf auch nicht bei Kindern und Jugendlichen mit Glaukom, Phäochromozytom, vaskulären oder schweren kardialen Störungen eingenommen werden, da sich diese bei Beginn der Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck verschlimmern können.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Dopamin und Noradrenalin sind die beiden wichtigsten Neurotransmitter, die an der Pathogenese von ADHS beteiligt sind. Eine gestörte Dopamin- und Noradrenalin- Neurotransmission wird mit genetischen Anomalien und umweltbedingten Risikofaktoren in Verbindung gebracht.

Medikamente, die die Dopamin- und NoradrenalinTransporter blockieren, erhöhen tendenziell die Konzentration dieser Neurotransmitter im synaptischen Spalt. Dies führt zu einer anschließenden Verbesserung der Dopamin- und Noradrenalin- Neurotransmission. Und das wiederum zu einer Verbesserung der „Symptome“. Zu den Medikamenten gehören Stimulanzien (Amphetamin und Methylphenidat, Elvanse etc.) und Nicht- Stimulanzien (Atomoxetin, Venlafaxin etc.). Studienergebnisse in denen bei männlichen und weiblichen Probanden, die Psychopharmaka, Methylphenidat und Atomoxetin, in Hinblick auf Ihre Wirkweise untersucht wurden, kamen zu dem Ergebnis, dass die Frauen, eine größere Besserung durch nicht Stimulanzien erfuhren, während Männer vermehrt positiv auf Stimulanzien reagierten. Außerdem wirkte sich der Stoff, Atomoxetin, signifikant bessernd auf die emotionale Dysregulation aus, während das Methylphenidat lediglich in kognitiven Wirkbereichen erwünschte Ergebnisse erbrachte. Nachdem Frauen, vermehrt internalisierende Verhaltensweisen aufzeigen und mit Problemen aus dem emotionalen Formenkreis kämpfen, stellt sich sicher die Frage, ob ein Nicht-Stimulanz, also ein Heilmittel 2. Wahl nicht sogar besser geeignet für weibliche ADHSler geeignet ist.

Neuroanatomische Merkmale von ADHS

Die Magnetresonanztomografie (MRT) wird häufig zur Beurteilung von Gehirnstrukturen eingesetzt. Die Bildgebung wird zur Beurteilung des Gehirns, seines Volumens, der Struktur der grauen und weißen Substanz verwendet. Ein anderes Verfahren, die sogenannte diffuse Tensor-Bildgebung (DTI) wird zur Beurteilung der mikroskopisch feinen Strukturen des Gehirns eingesetzt.

Kinder und Jugendliche, die an ADHS leiden, weisen bei der MRT-Untersuchung ein kleineres Hirnvolumen auf. Die Veränderung des Hirnvolumens normalisiert sich jedoch, wenn die Kinder und Jugendlichen in das Erwachsenenalter übergehen. Die Form und die Unterschiede zwischen grauer und weißer Substanz im MRT erleichtern die Diagnose von ADHS. Es findet sich eine verringerte Dichte der grauen Substanz und eine erhöhte Dichte der weißen Substanz. Diese makrostrukturellen Veränderungen wurden im experimentellen Setting mithilfe des MRT-Verfahres festgestellt. Dieses Verfahren wird jedoch selten zur Diagnosestellung im klinischen Alltag eingesetzt.

Mikrostrukturelle Befunde, die mit dem TensorBildgebungsverfahren festgestellt werden können, sind signifikant mit dem Auftreten von ADHS-Symptomen verbunden. Einige Mediziner, verwenden diese Methode, um eine ADHS zu diagnostizieren.

ADHS vor genetischem Hintergrund

ADHS wird häufiger vererbt als andere psychiatrische Störungen. Genetische Faktoren bestimmen nicht nur den Ausbruch von ADHS, sondern tragen auch zum Verlauf und zum Ansprechen auf die Behandlung der Krankheit bei. Das Auftreten von ADHS wird mit den beiden Genen Cadherin 13 (CHD13) und Glucose-Fructose-OxidoreductaseDomain-Containing 1 (GFOD1) in Verbindung gebracht. Der Teil des Gehirns weist die Expression (das heist, wie die genetische Information – eines Gens – zum Ausdruck kommt) des GFOD1-Gens auf. Das CHD13-Gen ist zuständig für die Expression eines Proteins, das die neuronale Entwicklung und die Veränderung von Synapsen im Gehirn vermittelt. Mutationen und die damit verbundene Verringerung dieser Rezeptoren führen zu einem Rückgang der dopaminergen (mit Dopamin reagierenden und zusammenhängenden) Neuronen und lösen das Auftreten hyperaktiver und impulsiver Verhaltensweisen aus. Die genetischen Faktoren bestimmen auch das Auftreten von ADHS in der frühen Kindheit und bleiben bis ins Erwachsenenalter bestehen.

Ein gestörter Metabolismus (Stoffwechsel) und eine gestörte Funktion von Monoaminen (eine Gruppe von Neurotransmittern und Neuromodulatoren), insbesondere von Dopamin, bilden die pathologische Grundlage von ADHS. Bei dieser psychiatrischen Erkrankung handelt es sich um eine polygene (zusammenwirken mehrerer Gene) Störung. Mutationen in diesen Genvarianten tragen zu einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von ADHS bei. Polymorphismen (das Auftreten verschiedener Genvarianten) des Dopamin-Transporter-Gens werden mit ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie Zwangsstörungen, Angstzuständen und sozialer Phobie in Verbindung gebracht.

Umweltbedingte Ursachen von ADHS

Die Exposition gegenüber bestimmten Umweltfaktoren trägt ebenfalls zur Entwicklung von ADHS bei.

Exposition gegenüber Alkohol und Tabak während der Schwangerschaft

In einer Forschungsstudie wurde der Zusammenhang zwischen der Belastung durch Alkohol und Tabak während der Schwangerschaft untersucht. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass das Risiko an einer ADHS zu erkranken um das 1,55-fache, das 2,64-fache bzw. das 1,17-fache mit der Alkoholexposition, dem mütterlichen Rauchen und dem väterlichen Rauchen in der Schwangerschaft ansteigt. Alkohol und Tabak haben schädliche Auswirkungen auf den heranwachsenden Fötus und führen zu psychischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten. Pränatale Nikotinexposition beeinflusst die Konzentration von Nikotinrezeptoren und stört das Dopaminsystem. Die Nikotinbelastung führt beim betroffenen Kind zu Hyperaktivität. Rauchen beeinträchtigt auch die Blutzufuhr zum Fötus, wodurch die Versorgung mit ausreichend Nährstoffen und Sauerstoff reduziert wird. Kohlenmonoxid und Teer im Zigarettenrauch schädigen dessen Gehirn. Rauchen verringert auch die Wachstumsrate des sich entwickelnden Fötus. Pränatale Alkoholexposition führt zu fetalen Alkoholspektrumstörungen. Dazu gehören neurologische Verhaltensstörungen, innere Anomalien und psychomotorische Retardierung. Die Alkoholexposition kann auch zu langfristigen Auswirkungen auf den IQ und die Lernfähigkeit des Kindes führen. Pränatale Alkoholexposition wird auch mit einer erhöhten Häufigkeit von ADHS in Verbindung gebracht. Der gleichzeitige Konsum von Tabak und Alkohol wirkt jeweils verstärkend auf die ungewünschten biologischen Prozesse (Han et al., 2015).

Geburtsstatus

Frühgeborene Kinder, die vor der 33. Woche geboren werden, haben ein höheres Risiko, psychiatrische Erkrankungen einschließlich ADHS zu entwickeln. Sie weisen einen niedrigeren IQ und Symptome von ADHS auf (Montagna et al., 2020). Die Geburtsart „Kaiserschnitt“ ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von ADHS verbunden, verglichen mit Kindern, die vaginal geboren werden (Curran et al., 2015).

Ernährungsbedingte Faktoren

Ungesunde Ernährungsgewohnheiten werden mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von ADHS und Hyperaktivitätssymptomen in Verbindung gebracht. Eine ungesunde Ernährung ist gekennzeichnet durch gesättigte Fette und raffinierte Kohlenhydrate. Ein Mangel an Nährstoffen wie Eisen und Zink trägt ebenfalls zum Auftreten von ADHS bei. Bei Vollkornprodukten, Obst und Gemüse konnte eine präventive Wirkung nachgewiesen werden. Die Rolle von Ernährungsfaktoren bei der Entstehung von ADHS wird auch durch Wirkmechanismus bestätigt, dass eine Supplementierung mit Omega-3 und Omega-6 zu einer Verbesserung der ADHS-Symptome führt (Del-Ponte et al., 2019).

Psychosoziale Risikofaktoren

Zu den psychosozialen Faktoren von ADHS gehören, abnorme Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, Misshandlung des Kindes, anhaltende Streitigkeiten zwischen Erwachsenen, Trennung oder Scheidung der Eltern, Isolation und gestörte Kommunikation zwischen Familienmitgliedern (Freitag, et al., 2012).

Schlussfolgerung

ADHS ist eine häufige psychiatrische Erkrankung bei Kindern, die in der Regel bis ins Erwachsenenalter andauert. Die Entwicklung von ADHS ist multifaktoriell und schließt genetische und umweltbedingte Faktoren ein. Zu den Umweltfaktoren gehören pränataler Alkohol- und Tabakkonsum, Frühgeburten, Kaiserschnittentbindungen, ungesunde Ernährungsgewohnheiten und psychosoziale Risikofaktoren. Ursprünglich wurde ADHS als Schädigung des Gehirns bezeichnet, doch mit den Fortschritten in der Forschung wird ADHS als eine neurologische Entwicklungsstörung betrachtet, die durch biopsychosoziale Veränderungen gekennzeichnet ist. Stimulanzien sind die am häufigsten angewandten Medikamente bei der Behandlung von ADHS-Symptomen, wobei alpha-adrenerge Agonisten und Selektive-SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer als alternative pharmazeutische Mittel zum Einsatz kommen.

Verlauf der ADHS

Bei ADHS handelt es sich um eine psychiatrische Erkrankung im Kindesalter, die über das gesamte Leben der betroffenen Person bestehen bleiben kann. Bei einem Drittel der Kinder mit ADHS remittieren die ADHSSymptome zu großen Teilen, im Laufe des Erwachsenenalters. Die Muster im Lebenslauf und Erscheinungsformen von ADHS variieren in den verschiedenen Entwicklungsphasen der Betroffenen Frauen - Kindheit, Jugend, Fortpflanzungszeit und Menopause. In verschiedenen Forschungsstudien wurden unterschiedliche Prädiktoren ermittelt, die den Übergang von ADHS in der Kindheit zu ADHS im Erwachsenenalter bestimmen. Die Ergebnisse sind eindeutig. Die ADHS wird von Frauen anders erlebt. Hormonelle und psychogene Einflüsse in den Übergangsphasen zwischen den oben genannten Perioden, verdienen ein besonderes Augenmerk und möchten für einen richtigen Umgang, verstanden werden. Im Kontext der kindlichen Entwicklung ist es erforderlich, eventuelle Fehlfunktionen oder krankhafte „Normabweichungen“ im psychophysischen Wachstum zu deuten und zu erkennen. Gute Kenntnisse und Fähigkeiten zur Beurteilung von Wachstum und Entwicklung sind für die diagnostische Abklärung eines jeden Patienten deswegen elementar. Ein rechtzeitiges Erkennen einer Entwicklungsstörung begünstigt eine frühe und wirksamere Intervention oder Behandlung. Altersübergreifende Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Mädchen und Frauen im Verlauf Ihrer Lebensspanne, unabhängig der bekannten Kernsymptomatik, vorwiegend an mangelndem Selbstwertgefühl und einem negativen Selbstbild leiden (Quinn & Madhoo, 2021).

ADHS bei Kindern/Jugendlichen

ADHS wird zwar in der Regel bei Schulkindern diagnostiziert, doch kann diese psychiatrische Störung schon bei Vorschulkindern beobachtet werden. Eine Verdachtsdiagnose kann daraufhin in den Folgejahren erhärtet oder eben verworfen werden.

Verhaltensänderungen wie eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, Hyperaktivität und eine gestörte Impulskontrolle sind bei Vorschulkindern mit ADHS stärker ausgeprägt als bei ihren Altersgenossen. Bei diesen Kindern kann es neben schlechten Schulleistungen im Vorschulalter zu unkontrollierbarem Verhalten und selbstverursachten körperlichen Schäden kommen. Bei Vorschulkindern wird ADHS auch mit Angstzuständen und Kommunikationsstörungen in Verbindung gebracht. Mit zunehmendem Alter nimmt die Hyperaktivität ab, während die Unaufmerksamkeit tendenziell zunimmt. Nachdem die Frauen tendenziell internalisierend auftreten, ist es vorwiegend das mangelnde Konzentrationsvermögen, dass sie in dieser Phase erkenntlich macht. Klinischen Befunden des kanadischen Zentrums für ADHS nach, berichten die erwachsenen Frauen, in retrospektiven Fragebögen am häufigsten von Herausforderungen durch sozialen Druck, Erwartungshaltungen bzgl. akademischer Leistungen seitens der Eltern und Lehrer und ein BestätigungsSuchendes-Verhalten durch sexuelle oder emotionale Hingabe (Centre for ADHD Awareness Canada, 2021).

ADHS in der Fortpflanzungszeit

Genau wie bei Männern persistiert die Krankheit bei einem Großteil der Mädchen. Es sollte uns zum Denken anregen, dass die meisten Frauen erst in Ihren späten dreißigern diagnostiziert werden. Und das primär, weil sie wegen einer Begleiterkrankung vorsprechen oder wegen der ADHS ihrer Kinder einen genetischen Zusammenhang vermuten und initiativ einen Kliniker aufsuchen. Wie sich die ADHS im Rahmen des weiblichen Zyklus manifestiert, zeigen diverse genderspezifische Untersuchungen. Die Auswertung macht deutlich, dass die Kernsymptome der ADHS in den ersten beiden Wochen des Menstruationszyklus als weniger dominant erlebt werden, während in den zwei anderen von einer deutlichen Steigerung berichtet wird. Der zeitliche Abschnitt, der mit einem Anstieg des Progesteronspiegels einhergeht, wird von auffällig starker Symptomatik begleitet. In dieser Zeit, der sogenannten Lutealphase, reduziert Progesteron die positiven Effekte von Östrogenen auf das Gehirn. Es wird auch eine verminderte Wirkweise der ADHS-Medikation in dieser Phase vermutet. Werden die hormonellen Schwankungen durch Kontrazeptiva (Verhütungsmittel) reguliert, schildern Frauen, eine deutliche Besserung der Stimmungslage und Abnahme der ADHS Symptomatik (Barth & Sacher, 2021). Das englischsprachige Wissenschaftsblatt, „ADDitude“, das sich vorrangig mit der ADHS beschäftigt, hat die Wirkweise der weiblichen Hormone untersucht, um eventuelle Muster und Hilfestellungen herauszuarbeiten. Dabei kam man zu dem Ergebnis, dass eine dreiwöchige Zufuhr von ÖstrogenKontrazeptiva, gefolgt von einer Woche ausschließlich mit Progesteron Medikation, die mentale Befindlichkeit am wirksamsten verbessert und die Symptome verringert (ADDitude, 2009).

ADHS in der Schwangerschaft

Zur ADHS in der Schwangerschaft, möchte ich diverse Anregungen mitgeben, die unmittelbar oder indirekt Betroffene im Kopf behalten sollten, wenn Sie sich mit Schwierigkeiten, abgegrenzt um diesen Zeitraum konfrontiert finden. Aufgrund des erhöhten Östrogenspiegels, nehmen abgesehen von der Aufmerksamkeitsstörung, tendenziell alle Symptome ab. Nach der Entbindung kommt es allerdings zu einem extremen Abfall der weiblichen Hormone und damit einhergehend zieht ein Strudel, neurochemischer Vorgänge, einige Neurotransmitter und Neuromodulatoren mit „herunter“. Daraus resultiert häufig eine depressive Stimmung vor dem Hintergrund der ADHS bedingten emotionalen Dysregulation. Wenn diese Verstimmung als alleinstehende Depression verkannt wird, kommt es öfter zu Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen. Letztlich möchte ich noch auf die Medikation in dieser vulnerablen Phase eingehen. Frauen, die ADHS-Medikation während der Schwangerschaft einnehmen, unterliegen einem erhöhten Risiko einer Fehlgeburt. Außerdem sind die Auswirkungen der spezifischen Psychopharmaka nach Entbindung, nicht hinreichend erforscht. Wird dem Kind Muttermilch gefüttert, die einem Organismus entspringt, der unter dem Einfluss von Stimulanzien steht, kann nur geschätzt werden, wie sich das mittel-bis langfristig auf das Kind auswirkt (Antoniou et al., 2021).

Die Subtypenlehre

Unter dem Subtyp verstehen wir die drei fundamentalen Ausprägungsformen der ADHS, welche inzwischen hinreichend erforscht und wissenschaftlich belegt werden konnten. Der vorwiegend hyperaktiveimpulsive Typ. Der vorwiegend unaufmerksame Typ und der Mischtyp. Das Erleben und Verhalten wird in der Literatur kaum unterschieden, sondern vielmehr erfolgt eine Kategorisierung nach betroffen von einer ADHS oder nicht betroffen von einer ADHS. Dieses Vorgehen hat sich als pragmatisch erwiesen. Es wäre nicht im Sinne eines leserfreundlichen Erlebnisses, vor jeder Aussage oder Erkenntnis auf Einschränkungen hinzuweisen, in welchen auf den jeweiligen Subtyp hingewiesen wird. Ich halte es deswegen, für sinnvoller, in diesem Absatz einmalig, aber deutlich darauf einzugehen. Die Unterschiede, im Erleben der ADHS nach jeweiligem Subtyp können maßgeblich sein.

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