Ageless - Dominik Kieu - E-Book

Ageless E-Book

Dominik Kieu

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Beschreibung

„Ageless“ ist mehr als ein Longevity-Ratgeber – es ist eine Gebrauchsanweisung für ein gesundes, leistungsfähiges und bewusstes Leben. Dr. Dominik Kieu verbindet evolutionäre Medizin, moderne Longevity-Forschung und die Praxis funktioneller Gesundheit zu einem klaren Framework, das zeigt, wie wir nicht nur länger, sondern vor allem besser leben. Von Ernährung, Bewegung und Schlaf bis hin zu Hightech-Methoden – Ageless erklärt, wie wir unsere Biologie gezielt optimieren und Krankheiten präventiv entgegenwirken. Doch wahre Gesundheit endet nicht beim Körper: Als Meditationslehrer in der Theravada-Tradition zeigt Dr. Kieu, warum geistige Klarheit, Achtsamkeit und innere Entwicklung essenziell sind, um im Zeitalter der KI unsere Menschlichkeit zu bewahren. Mit dem Ageless-Code liefert er eine präzise Strategie für jeden, der bereit ist, Verantwortung für seine Gesundheit zu übernehmen – und sein volles Potenzial zu entfalten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 359

Veröffentlichungsjahr: 2025

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ageless

Dein Masterplan für Energie, Longevity und innere Klarheit

Aktuelle Forschung und zeitloses Wissen

von Dr. med. Dominik Kieu

© 2025 Dr. Dominik Kieu

Website: https://www.drkieu.de

Cover & Layout: Ina Marwitz

Verlagslabel: KIEU

ISBN E-Book: 978-3-384-54849-8

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Dr. Dominik Kieu, Dieselstraße 4, 61231 Bad Nauheim, Germany

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

FÜR AYA

Inhalt

Prolog

Tired & Wired

Medizin der Zukunft

Schulmedizin – (Noch) Alles okay?

Funktionelle Medizin: Ein Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Erfahrung

Über dieses Buch

A. More Years to your Life

A.1. Evolutionärer ­Mismatch – Die Wurzeln von Alter und Krankheit

10.000 BC – Ein Tag mit Nara

2018 – Ein Tag mit Dominik

Die Körpersysteme

Darm & Mikrobiom

Endokrines System

Mitochondrien & Zellenergie

Immunsystem & Entzündungsregulation

Bewegungsapparat & Gefäße

Nervensystem & Psyche

Entgiftung & Grenzen

A.2. Chronisch sehr gesund – Wie wir gesund werden und bleiben

Ernährung

KIEU Ageless NUTRITION

Supplements

Bewegung und Körperbewusstsein

Atmung

Schlaf

Mentale Gesundheit

Sozialleben

Gesundheitsteam

A.3. Longevity

kieu AGELESS-Code

Prävention – Woran wir zu früh sterben

Longevity Hacks

Hormetische Reize

kieu AGELESS Protokoll

Kieu Praxis

B. More Life to your Years

B.1. Steinzeit-Gehirn

B.2. Meditation – Der Weg zur inneren Stille

B.3. Ein meditatives Leben

Achtsamkeit

Buddhistische Psychologie

B.4. Homo Humanus – Der menschliche Mensch

Epilog

C. Appendix

Frameworks

kieu-Longevity Diet

Kieu Fitness Protokolle

Prolog

Ich habe viele Jahre in Krankenhäusern gearbeitet. Manchmal erinnere ich mich an eine Szene, in der ich nachts durch den neonbeleuchteten Tunnel eines großen Krankenhauses zu meinem Bereitschaftszimmer lief. Hinter mir 20 Stunden Dienst, Angehörige und PatientInnen in Extremsituationen, das gesamte Spektrum menschlichen Leids, Essen aus Snackautomaten und Kaffee aus Flüssigkonzentrat – und kaum genug Zeit, diese Eindrücke zu verarbeiten.

Was ich in dieser Nacht im Krankenhaus erlebte, zeigt sich heute in vielen Lebensbereichen: Oft sind wir müde, ausgebrannt und gleichzeitig voller Aufgaben und Verantwortung. Wir sind »Tired & Wired« – und das lässt uns kaum zur Ruhe kommen. Ich war so müde und »durch«, dass ich kaum noch klar denken konnte– und würde gleich eine lebenswichtige Entscheidung für einen meiner Patienten treffen müssen.

Nach nur wenigen Momenten auf meinem Bereitschaftsbett klingelte das Telefon: ein Patient auf der Intensivstation hatte Hirndruck. Ich ging mir den Patienten ansehen und entschied, dass er umgehend eine Trepanation brauchte, ein kleines Loch im Schädel, durch das Hirnwasser abfließen kann. Dieser Patient musste also ein präzise platziertes Loch in der Schädeldecke und einen Katheter durch das Gehirn in die hohlen Hirnventrikel gelegt bekommen – fehlerfrei. Der Kontrast aus Verantwortung und Erschöpfung war mir nie so klar wie in diesem Augenblick.

Tired & Wired

Diese innerlich erschöpfte Gefühl, das ich in meiner chirurgischen Weiterbildung so intensiv erlebte, ist ein Symptom unserer Zeit geworden. Die sich rapide verändernde Welt um uns herum schafft schneller und schneller starke Reize, von Netflix und Smartphones über super-schmackhaft gemachte Lebensmittel bis hin zur internationalen, agilen Arbeitswelt. So erschöpft, können wir kaum noch die Verantwortung für unsere körperliche und mentale Gesundheit, für die unserer Familie oder unsere gesellschaftliche Entwicklung tragen.

In unserer modernen Welt sehen wir uns oft mit enormen Anforderungen konfrontiert – sei es im Beruf, im Sport oder im Privatleben. Immer schneller, immer höher, immer weiter scheint die Devise zu sein. Doch dieser konstante Druck fordert seinen Tribut. Viele von uns leiden unter chronischem Stress, Erschöpfung und Krankheiten. Wir funktionieren zwar noch, aber von Lebensfreude und Erfüllung kann oft keine Rede mehr sein.

Dieses gesellschaftlich normalisierte überleben ist nicht bloß schade, sondern auch der Nährboden für chronische Erkrankungen und eine verkürzte Lebensdauer. Es bedingt schlechte Gesundheitsentscheidungen und suboptimal funktionierende Zellen, die über kurz oder lang krank werden. Und das ist keine Meinung – sondern Wissenschaft.

In meiner Praxis begegne ich täglich High Performern – Führungskräften, SpitzensportlerInnen–, die nach außen hin stark und souverän auftreten. Innerlich jedoch fühlen sie sich oft getrieben oder erschöpft. Ihre subtilen Warnsignale– Gereiztheit, Schlafstörungen oder leichte Erschöpfung– werden meist übergangen, bis sich schließlich handfeste Erkrankungen zeigen oder ihre Zufriedenheit in Beruf und Familie merklich abnimmt.

Die gute Nachricht ist: Es gibt einen Weg zu mehr Gesundheit, Zufriedenheit und Gelassenheit. Einen Weg auf dem wir unser volles Potenzial entfalten, ohne uns dabei zu verausgaben. Diesen ganzheitlichen Ansatz, der Körper, Geist und Seele wirklich begreift und ausgewogen entwickelt, möchte ich in diesem Buch mit dir teilen.

Es integriert den aktuellen Wissensschatz zu einem umfassenden Gesundheitsverständnis und vermittelt das gesamte notwendige Gesundheitswissen, um ein chronisch sehr gesundes Leben zu führen. Um fit genug zu bleiben um von der Medizin der Zukunft zu profitieren. Und vor allem– um wirklich erfüllt zu leben.

Dabei berücksichtigt es die neuesten Forschungsergebnisse in den Neurowissenschaften und zum Thema Langlebigkeit – Themenbereiche, in denen wir aktuell täglich dazulernen. Diese Erkenntnisse helfen uns, unser Erleben und unseren Körper noch tiefer zu verstehen und motivieren durch die Einsicht, wieviel unseres Schicksals wir selbst in der Hand haben.

In jedem von uns gibt es einen stillen Ort, frei von Krankheit. Die Kunst der Medizin liegt darin, uns damit in Kontakt zu bringen. Es braucht all unser Wissen und unsere Erfahrung, um in dieser Welt wirklich gesund zu bleiben und deshalb beinhaltet das Buch auch einige Empfehlungen, wie du dein perfektes Gesundheitsteam zusammenstellst. Denn die Medizin der Zukunft ist vor allem eines: Teamsache!

Ob du nun LeistungssportlerIn bist, eine verantwortungsvolle Position in der Wirtschaft bekleidest oder »einfach« ein gesundes und erfülltes Leben führen möchtest – die Prinzipien und Techniken, die du hier kennenlernst sind zeitlos. Sie werden dir helfen, mehr Klarheit, Energie und innere Ruhe zu entwickeln. Du wirst lernen, wie du dich körperlich und mental robust aufstellst, um auch in Krisen gelassen und handlungsfähig zu sein. Und du wirst dich daran erinnern, was deinem Leben wirklich Tiefe und Erfüllung verleiht – jenseits von äußeren Maßstäben und flüchtigen Erfolgen.

Denn letztlich geht es darum, unser Leben bewusst zu gestalten, statt uns von äußeren Umständen treiben zu lassen. Es geht darum, unsere wahren Bedürfnisse und Werte zu erkennen und sie zur Richtschnur unseres Handelns zu machen. Dieses Buch möchte dir mehr Zeit und mehr Gesundheit ermöglichen für ein Leben, dem du selbstbestimmt eine Richtung gibst.

Manchmal braucht es nur einen kleinen Schritt zur Seite, um die Welt aus einer neuen Perspektive zu sehen. Nimm aus diesem Buch das mit, was in dir resoniert, und vergiss den Rest. Ich lade dich ein, es mit einem offenen Geist zu lesen – neugierig und unvoreingenommen.

»Im Geist des Anfängers gibt es viele Möglichkeiten, im Geist des Experten nur wenige.«

– Shunryu Suzuki

Medizin der Zukunft

Auf einen Blick: Was erwartet dich hier?

Dieses Kapitel zeigt dir, warum eine rein symptomorientierte Medizin uns oft erst hilft, wenn es schon zu spät ist – und wie du mit einem ganzheitlichen, proaktiven Ansatz nicht nur Krankheiten vermeiden, sondern auch dein körperliches und geistiges Potenzial voll ausschöpfen kannst. Hast du dich schon einmal gefragt, ob »noch alles okay« wirklich ausreicht? Dann lies weiter.

→ Proaktiv statt reaktiv denken

Das heutige Gesundheitssystem reagiert meist erst, wenn eine Krankheit da ist. Die Medizin der Zukunft setzt viel früher an: Achte täglich auf sinnvolle Prävention, statt später aufwändige Reparaturen zu betreiben. So gewinnst du langfristig Energie und Lebensqualität – und verlässt die chronische Erschöpfungsspirale.

→ Netzwerk statt Einbahnstraße

Dein Körper ist ein komplexes Netzwerk, in dem alles zusammenhängt – von Darm und Immunsystem bis hin zu Hormonen und Psyche. Behalte immer das große Ganze im Blick. Tipp: Hinterfrage Standardbehandlungen, die nur ein Symptom angehen, aber nicht die Ursache.

→ Funktionelle Medizin als Brücke

Sie kombiniert modernste Diagnostik mit bewährtem Erfahrungswissen und betrachtet den Menschen ganzheitlich. So erkennst du frühzeitig »suboptimale Zustände« statt erst eine ausgewachsene Krankheit zu bekämpfen. Wer Ursachen anstelle von Symptomen fokussiert, gewinnt nachhaltige Gesundheit.

→ Frühwarnsignale ernst nehmen

»Alles okay« heißt nicht, dass du topfit bist. Chronische Erschöpfung oder schlechte Blutwerte im Grenzbereich sind Warnlichter, die nicht ignoriert werden sollten. Empfehlung: Lass wichtige Werte regelmäßig checken (z. B. HbA1c, Vitaminspiegel) und handle, bevor der Arzt Medikamente verordnet.

→ Tradition trifft Wissenschaft

Altbewährtes wie Kneipps Hydrotherapie wirkt nachweislich entzündungshemmend – was früher intuitiv angewendet wurde, ist heute mit Studien belegt. Sei offen für Methoden, die dir guttun, solange sie sicher und wissenschaftlich nachvollziehbar sind.

→ Nimm dein Gesundheitsteam mit ins Boot

Hol dir Unterstützung von ÄrztInnen, TherapeutInnen und erfahrenen Coaches, die sich auf Prävention und funktionelle Ansätze spezialisiert haben. Gemeinsam könnt ihr Lebensstil, Ernährung und mentale Balance so gestalten, dass du in deiner besten Form bleibst.

Schulmedizin – (Noch) Alles okay?

Die moderne Schulmedizin hat zweifellos ihre Stärken und ist in akuten Situationen oft lebensrettend. Dennoch stellt sich die Frage, ob ein System, das überwiegend auf die Behandlung bereits bestehender Krankheiten ausgerichtet ist, unseren vielfältigen Gesundheitsbedürfnissen noch gerecht wird. Gerade wenn es um Langzeitaspekte wie Vitalität, Prävention und persönliche Weiterentwicklung geht, kommen viele Menschen an den Punkt, an dem sie mehr erwarten als nur die »Reparatur« akuter Schäden.

Genau hier setzt ein umfassender, proaktiver Gesundheitsansatz an, der sich nicht nur mit Symptomen, sondern mit den tieferen Ursachen von Krankheit und Erschöpfung befasst. Diesen Gedanken schauen wir uns nun genauer an.

Reaktiver statt Proaktiver Ansatz

Die heutige Medizin – oft als »Schulmedizin« bezeichnet – ist in erster Linie reaktiv. Sie konzentriert sich darauf, Krankheiten zu «managen”, anstatt sie zu verhindern. Ihre unbestrittenen Stärken liegen in der Akutversorgung, wie bei Herzinfarkten, Unfällen oder lebensbedrohlichen Ereignissen. Diese Erfolge verdecken jedoch eine zentrale Schwäche: Präventives Gesundheitsverhalten spielt kaum eine Rolle.

Ein Großteil der Gesundheitsausgaben entsteht am Lebensende, da wir Krankheiten häufig erst behandeln, wenn sie sich bereits manifestiert haben. Wir beobachten, wie Krankheiten sich entwickeln, und versuchen sie dann zu behandeln– ein Ansatz, der langfristig niemals funktionieren kann.

Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ist die Lebenserwartung in Deutschland im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern um rund zwei Jahre niedriger. Sie zeigt, dass trotz fortschrittlicher Medizin noch große Lücken im Bereich Prävention und Lebensstilmedizin klaffen. In den USA sinkt sie sogar, trotz enormer Ressourcen und immer größerer Innovationskraft.

Auch in der Vorsorge zeigt sich diese Problematik: Bei unseren jährlichen Check-ups hören wir oft »alles ok«, selbst wenn sich Werte wie der HbA1c (Langzeitblutzucker) über die Jahre stetig verschlechtern oder wir uns chronisch erschöpft fühlen. Statt rechtzeitig zu handeln, wird der beginnende Diabetes ignoriert, bis die Diagnose plötzlich offiziell ist und Medikamente »zur Einstellung« verordnet werden. Dieses »noch alles ok«-Denken spiegelt eine Haltung wider, die Risiken nur dann ernst nimmt, wenn sie akut sind – oft zu spät für echte Prävention.

Linearität statt Netzwerkbiologie

Unter Netzwerk-Biologie verstehen wir die enge Verknüpfung aller Körpersysteme – von Darm und Immunsystem bis hin zu Hormonen und Psyche. Jede Veränderung an einer Stelle kann andere Bereiche beeinflussen, weshalb eine rein lineare Denkweise schnell an ihre Grenzen stößt.

Die Schulmedizin betrachtet biologische Zusammenhänge oft linear: Ein Sturz führt zu einem Knochenbruch, der mit einem Gips behandelt wird. Doch komplexe Krankheitsbilder, die auf zahlreichen Wechselwirkungen beruhen, werden oft als multifaktoriell oder idiopathisch (unklarer Ursache) abgetan. Dabei ist die Biologie des Menschen ein dynamisches Netzwerk aus Organen, Stoffwechselwegen und Umwelteinflüssen. Diese Netzwerkbiologie bleibt weitgehend unberücksichtigt. Fast alles was wir erleben ließe sich besser verstehen.

Ein Beispiel dafür ist das Gefäßrisiko vieler Menschen: Ab einem gewissen Alter, meist um die 50, werden sie häufig mit Statinen behandelt, um erhöhte Cholesterinwerte zu senken. Dabei wird selten darüber aufgeklärt, dass diese Medikamente die körpereigenen Coenzym-Q10-Spiegel stark vermindern können, was zu Energiemangel und Muskelschwäche führt. Ähnlich problematisch ist der Einsatz von Betablockern, die oft stressbedingten Bluthochdruck »managen«. Sie senken zwar den Blutdruck, nehmen Betroffenen jedoch häufig die Energie, um wesentliche präventive Maßnahmen wie regelmäßigen Sport oder den bewussten Einkauf gesunder Lebensmittel umzusetzen.

Diese Problematik habe ich selbst erlebt: Mein Vater wurde jahrelang mit Statinen und Betablockern behandelt, ohne wirklich zu verstehen, warum er diese Medikamente nahm oder welche Alternativen möglich wären. Im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam einen anderen Weg eingeschlagen. Wir stellten seine Ernährung um, integrierten gezieltes Ausdauer- und Krafttraining und einige für ihn sinnvolle Supplements und kontrollierten regelmäßig seine Blutwerte. Heute kocht er regelmäßig, unternimmt mit mir ganztägige Mountainbiketouren und spielt mit unserer Tochter. Seine Lebensfreude und Energie sind heute stärker als in den vergangenen 20 Jahren – er ist in der besten Form seines Lebens. Ganz ohne Medikamente.

Die Forschungslücke: Warum wichtige Themen (noch) ­unterfinanziert sind

Aktuell sehen wir in vielen Ländern große Investitionen in die Behandlung bereits manifester Erkrankungen. Präventive und langfristig angelegte Strategien– etwa Protokolle zur Verzögerung von Alterungsprozessen, Gentherapien oder KI-basierte Modelle zur Vorhersage künftiger Risiken – werden hingegen überwiegend in kleineren Privatunternehmen oder innovativen Forschungszentren vorangetrieben.

In Deutschland findet diese Entwicklung allerdings noch weitgehend unter dem Radar statt. Da solche Ansätze nicht sofort massentauglich oder hochprofitabel sind, fließt das meiste Geld weiterhin in kurative Therapien. Die Konsequenz: Wir reagieren eher auf Krankheiten, statt ihnen konsequent vorzubeugen oder sie grundlegend zu verzögern.

Ein anschauliches Beispiel liefert eine Studie von Gulati et al. (2013) in Circulation, in der sich zeigte, dass intensives Training (z. B. HIIT) den Herzmuskel strukturell verändern und die kardiovaskuläre Gesundheit maßgeblich verbessern kann. Dennoch finden wir im Praxisalltag selten standardisierte Sportprogramme oder passgenaue Trainingskonzepte als erste Wahl – oft erfolgen stattdessen direkt medikamentöse Eingriffe.

Ähnlich verhält es sich mit bestimmten Lebensmitteln, die in traditionellen Ernährungsweisen seit Jahrhunderten bekannt sind. Tartarischer Buchweizen beispielsweise bietet ein hohes Potenzial an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen. Doch da keinerlei große Industrie dahintersteht, bleibt die wissenschaftliche Erforschung dieser Pflanze meist aus – und somit auch die breite Anwendung als gezielte Präventionsmaßnahme.

Wer sich dennoch für moderne Lösungen jenseits der klassischen Medizin interessiert, wird häufig in internationalen Netzwerken fündig – etwa bei US- amerikanischen Start-ups, die sich auf Longevity-Forschung spezialisiert haben. Dabei könnte gerade eine frühzeitige Förderung solcher Projekte langfristig enorme Kosten im Gesundheitssystem senken und zugleich die Lebensqualität vieler Menschen steigern.

Funktionelle Medizin: Ein Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Erfahrung

Auf der Suche nach einer besseren Medizin stieß ich auf die funktionelle Medizin– ein Ansatz, der mich so überzeugte, dass ich mich am führenden Institut in den USA darin ausbilden ließ. Die funktionelle Medizin verbindet das Beste aus modernster Wissenschaft und langjähriger ärztlicher Erfahrung. Sie ist kein Gegenentwurf zur Schulmedizin, sondern eine Weiterentwicklung: Durch systembiologisches Denken und ein tiefes Verständnis unserer Netzwerkmechanismen schaut sie genauer auf die Ursachen von Krankheiten, anstatt nur Symptome zu bekämpfen. So gelingt ein Brückenschlag zwischen schulmedizinischer Akutversorgung und einer ganzheitlichen, proaktiven Gesundheitsstrategie.

Was ist Funktionelle Medizin?

Funktionelle Medizin betrachtet den Körper als vernetztes System, in dem sich Organe, Hormone, Immunsystem und Psyche gegenseitig beeinflussen. Statt isolierte Symptome zu bekämpfen, fragt sie: »Welche Prozesse laufen hier suboptimal und warum?«

Anders als viele alternativmedizinische Konzepte verlässt sich Funktionelle Medizin dabei auf wissenschaftlich fundierte Methoden und modernste Diagnostik. Gleichzeitig berücksichtigt sie langjährige Erkenntnisse aus Erfahrung und Tradition, sofern diese sicher und nachvollziehbar sind. Auf diese Weise entsteht eine Medizin, die nicht auf dogmatischen Überzeugungen beruht, sondern darauf, das Leben in seiner ganzen Komplexität zu verstehen.

Unsere Gesundheitsmatrix

Unsere Gesundheitsmatrix illustriert das Netzwerk funktioneller Systeme, als das wir den menschlichen Körper begreifen. Anstelle einzelner Organsysteme und Fachgebiete betrachten wir den Körper als Gesamtheit seiner Funktionen. Das ermöglicht uns, nicht erst Krankheiten, sondern bereits suboptimale Funktion in bestimmten Bereichen zu erkennen und anzugehen.

Die Matrix beschreibt außerdem die netzwerkartige Organisation unseres Körpers: Ein System, zum Beispiel der Darm, nimmt Einfluss auf viele andere Systeme und kann bei deren Problemen ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden.

Das Fundament optimaler Funktion bilden die Lebensstilfaktoren, in Bezug auf die wir jeden Tag Entscheidungen treffen – Ernährung, Bewegung, Schlaf, Stressmanagement und so weiter. Wer die Zusammenhänge und aktuelle Forschung dahinter begreift, kann versteckte Potenziale entwickeln und besser für sich sorgen. Schlüssel zu diesem Gesundheitsverhalten ist die Achtsamkeit, deren neurowissenschaftliche und erfahrungsmedizinische Grundlagen wir vermitteln.

Im Herzen unseres Schaubildes steht die Stille und Verbundenheit, die ein gesunder, ausgeglichener Geist spontan hervorbringt. Sie ist weder Endpunkt noch Ziel von Gesundheit, sondern inspiriert uns vielmehr, uns unserer konkreten Erfahrung zuzuwenden und aus ihr zu lernen. Sie erinnert uns an unseren Wunsch nach einer inneren Ruhe und tiefen Verbundenheit mit uns selbst und unserer Umwelt.

Keine Diagnose? – Der blinde Fleck der Schulmedizin

In meiner Zeit im Zentrum für seltene Krankheiten wurde mir klar, dass sich viele Gesundheitsstörungen nicht in unserer klassischen Diagnosenliste wiederfinden. Ein Großteil der PatientInnen zeigte Symptome, für die es keine eindeutige Diagnose gab – keine »seltene Erkrankung«, sondern vielmehr suboptimale Funktionen verschiedener Körpersysteme.

Ein Beispiel: Eine Patientin klagte über chronische Kopfschmerzen, die herkömmlich als »Spannungskopfschmerz« abgetan wurden. Erst durch eine funktionelle Analyse erkannten wir, dass Schlafmangel und ein unklarer Vitamin-D-Mangel eine wichtige Rolle spielten. Mit konsequentem Schlafcoaching und Nährstoffergänzung verschwanden die Kopfschmerzen – ganz ohne Medikamente.

Funktionelle Medizin betrachtet den Menschen ganzheitlich und erkennt, dass Stressoren wie schlechte Ernährung, Beziehungskonflikte oder Umweltfaktoren sich gegenseitig verstärken und in ihrer Gesamtheit den Organismus belasten. Anstatt sich allein auf Symptome zu konzentrieren, gilt es also, die grundlegenden Ursachen aufzudecken und daraufhin den ganzen Menschen zu behandeln.

Abgrenzung zur Alternativmedizin

Funktionelle Medizin wird häufig fälschlicherweise mit Alternativmedizin gleichgesetzt. Diese Missinterpretation hat mich veranlasst, die Grenzen klar zu ziehen:

• Alternativmedizin: Häufig eine Reaktion auf die Unzufriedenheit mit der Schulmedizin. Ansätze wie Homöopathie oder anthroposophische Medizin basieren meist nicht auf wissenschaftlicher Evidenz, sondern auf subjektiven Überzeugungen. Wissenschaftliche Aspekte spielen hierbei oft keine Rolle. Das öffnet Tür und Tor für esoterische Strömungen, die ich ausdrücklich ablehne.

• Funktionelle Medizin: Verbindet wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse mit einem offenen Blick für kollektive und individuelle Erfahrungen aus Medizin und traditionellen Heilverfahren. Sie integriert das Beste aus verschiedenen Quellen, solange diese seriös und nachvollziehbar sind.

Ein Beispiel aus der Medizingeschichte verdeutlicht diesen Ansatz: Sebastian Kneipp, der Begründer der modernen Hydrotherapie, erkannte schon im 19. Jahrhundert die gesundheitsfördernde Wirkung von kalten Wassergüssen. Er konnte die Mechanismen damals noch nicht erklären, beobachtete jedoch deutliche Verbesserungen bei seinen Anwendungen. Erst in den letzten Jahren wurden die molekularen Grundlagen entschlüsselt: Kälte ist ein sogenannter »hormetische Reiz« und aktiviert Signalwege, die Entzündungen senken und die Zellregeneration fördern. Aus diesen Erkenntnissen entstanden heute wissenschaftlich fundierte Protokolle für Kälteanwendungen – ein Paradebeispiel für die Verbindung von traditionellem Erfahrungswissen und moderner Wissenschaft.

Progressivität und klare Grenzen

Die Medizin der Zukunft vergleicht verschiedene Erklärungsmodelle, erkennt gut konservierte Erfahrungen an und nutzt sie, wenn sie sicher und potenziell nützlich sind. Mein Ansatz integriert dabei die drei Dimensionen des Wissens:

1. Wissenschaftliche Evidenz: Ergebnisse aus validierten Studien.

2. Kollektive Erfahrung: Langjährige Erkenntnisse aus Medizin und Heilmethoden.

3. Individuelle Erfahrung: Das, was ÄrztInnen und PatientInnen persönlich beobachten.

Daraus ergibt sich eine fortschrittliche, aber dennoch bodenständige Herangehensweise: Wir bleiben offen für neue Erkenntnisse und bewährte Traditionen, ziehen jedoch klare Grenzen, wo es an wissenschaftlicher Fundierung oder Sicherheit mangelt.

Ein Brückenschlag für die Medizin der Zukunft

Diese Medizin ist keine »Alternative« zur Schulmedizin, sondern eine notwendige Weiterentwicklung. Sie fordert Offenheit gegenüber bewährten Traditionen wie Kneipps Hydrotherapie, plädiert aber zugleich für klare Abgrenzung von Ansätzen, die wissenschaftlichen Prinzipien widersprechen. Mein Ziel ist es, das Beste aus beiden Welten zu vereinen: eine Medizin, die wissenschaftlich fundiert ist und gleichzeitig den Menschen in seiner Individualität und Komplexität versteht.

Zusammenfassung: Drei Prinzipien für die Medizin der Zukunft

1. Proaktivität statt Reaktivität: Gesundheit muss aktiv gefördert werden. Prävention, frühzeitige Intervention und gezielte Unterstützung gesunder Lebensweisen stehen im Mittelpunkt.

2. Netzwerk-Denken statt Linearität: Die Biologie des Menschen ist ein dynamisches Netzwerk. Medizinische Entscheidungen sollten auf diesem Verständnis basieren, um Krankheitsursachen besser zu erkennen und ganzheitlich zu behandeln.

3. Individualisierung statt Standardisierung: Jeder Mensch ist einzigartig. Die Medizin der Zukunft wird iterativ personalisiert – abgestimmt auf individuelle Lebensstile, genetische Besonderheiten und persönliche Bedürfnisse. PatientInnen werden kompetente Partner, die ein immer tieferes Verständnis für ihren Körper entwickeln.

Über dieses Buch

Dein Handbuch für die Medizin der Zukunft

Dieses Buch ist dein Leitfaden für eine Medizin, die sich nicht nur auf das Verwalten von Krankheiten beschränkt. Es vermittelt dir das Gesundheitswissen, das du brauchst, um ein chronisch gesundes, langes und erfülltes Leben zu führen – jenseits einer autoritären, angstbasierten Medizin der Vergangenheit.

Statt dich auf ein System zu verlassen, das Krankheiten lediglich »managed«, wirst du lernen, wie du selbst Verantwortung für deine Gesundheit, Langlebigkeit und dein inneres Wachstum übernehmen kannst.

Ein Großteil unserer Langlebigkeit beruht auf einem klaren Verständnis von Gesundheit. Für die verbleibenden Herausforderungen widmen wir uns in den Kapiteln über Longevity den aktuellen Forschungsergebnissen: Du wirst erfahren, wie Alterung funktioniert, wie sie gezielt verlangsamt werden kann und wie geschädigte Systeme regeneriert werden können.

Im letzten Teil des Buches richten wir den Blick in die Zukunft: Was machst du mit hervorragender mentaler und körperlicher Gesundheit? Wie kannst du Erfüllung und Glück immer unabhängiger von äußeren Umständen gestalten? Und wie findest du Antworten auf die Frage, welche Rolle du – und deine Familie – im Zeitalter der künstlichen Intelligenz spielen kannst?

Ein Appell: Gesundheit als Weg

Gesundheit ist kein Ziel, das wir einfach abhaken können. Sie ist ein lebenslanges Lernen und »Sich-neu-Ausrichten«, um flexibel und mit Freude auf neue Herausforderungen zu reagieren.

Sie ist ein Kontinuum von suboptimaler zu optimaler Funktion und keine Dichotomie aus »gesund« und »krank«. Und je länger wir uns mit ihr beschäftigen, desto klarer wird: Gesundheit umfasst alles, was wir tun und denken – sie ist ein lebenslanger Integrationsprozess.

Genau dafür habe ich dieses Buch geschrieben: Damit du dich nicht aus Angst um deine Gesundheit kümmerst, sondern aus Freude an der Entwicklung deines Potenzials.

Es ist ein Handbuch, das dir das Wissen und die Erfahrung vermittelt, um proaktiv und mit Leichtigkeit deinen Weg zu gehen – ein chronisch gesundes, erfülltes und langes Leben zu führen und dabei immer feiner in Kontakt mit dir selbst zu kommen.

Gesund zu leben bedeutet keinen Verzicht. Es bedeutet vielmehr, die Energie und innere Freiheit zu haben, all das zu tun, was dir wirklich wichtig ist.

Warum dieses Buch entstanden ist

Unsere moderne Medizin bietet uns jeden Tag neue Möglichkeiten – spannender und dynamischer als je zuvor. Dieses Buch ist aus meinen persönlichen und professionellen Erfahrungen als Arzt entstanden. Es soll dir als Wegweiser dienen, damit du dich im Dschungel von Diäten, Sportprogrammen, Supplements und Longevity- Angeboten zurechtfindest und von den Chancen der aktuellen Forschung profitierst.

Mit der Geburt unserer Tochter Aya stellte ich mir die Frage: Welche Einflüsse werden ihre Gesundheit prägen? Heute beziehen wir unser Wissen oft aus dem Internet oder durch Hörensagen, doch es wird immer schwieriger, zwischen Fakten und Interessen zu unterscheiden. Dieses Buch bietet dir ein Framework, um neue Trends und Erkenntnisse einzuordnen – ein Leitfaden, der dir hilft, deine eigene Biologie zu verstehen. Für mich ist das ein essenzieller Lebensskill und ein Investment fürs Leben.

Doch es geht um mehr als reine Selbstoptimierung oder den Vergleich mit anderen. Dieses Wissen soll dir zeigen, wie du erfüllt leben und zeitlebens wachsen kannst – indem du dich entscheidest, systematisch an deiner mentalen und körperlichen Evolution zu arbeiten.

Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen und hoffe, dass dieses Buch dich inspiriert und dir hilft, dein volles Potenzial zu entfalten.

Buchaufbau: Von der Evolution zur Zukunft

Teil 1: More YEARS to your Life

Zunächst richten wir den Blick auf unsere evolutionären Wurzeln und fragen, wie unsere Biologie in der modernen Welt oft aus dem Gleichgewicht gerät. Welche Mechanismen sind dafür verantwortlich, dass wir heute an »Zivilisationskrankheiten« leiden? Und wie können wir mit dem Wissen um unsere ursprüngliche Ausstattung in der Gegenwart bestmöglich vorsorgen?

Im Abschnitt »Chronisch sehr gesund« geht es dann um praktische Strategien, mit denen wir jetzt sofort unsere Gesundheit gezielt kultivieren können – von alltäglichen Lebensstilfaktoren bis hin zu spezifischen Präventionsthemen. Schließlich eröffnet dir das Kapitel »Longevity« einen tieferen Einblick in die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum gesunden Altern. Hier lernst du den kieu AGELESS Code kennen – ein fundiertes Framework, das verschiedene Ansätze zur Optimierung der gesunden Lebensspanne vereint und einen Ausblick darauf gibt, welche bahnbrechenden Entwicklungen uns am »Ereignishorizont« der Altersforschung erwarten.

Teil 2: More LIFE to your Years

Nachdem du im ersten Teil lernst, wie du deine körperliche Gesundheit auf ein hohes Niveau bringst und lange halten kannst, stellen wir nun die Frage: Wofür leben wir eigentlich jenseits von Erfolg und Leistungsstreben?

In diesem Abschnitt vertiefen wir das Verständnis von Gesundheit und einem erfüllten Leben, indem wir gezielt auf die mentale Dimension von Performance eingehen. Anhand moderner Neurowissenschaft und jahrtausendealter buddhistischer Psychologie zeige ich dir Methoden, um systematisch innere Stille, Konzentration und eine immer stabilere Zufriedenheit zu trainieren.

Der abschließende Teil nimmt eine ganzheitliche Perspektive ein: Wie lösen wir damit auch unsere größten gesellschaftlichen und existenziellen Herausforderungen? Was bedeutet es, ein Mensch zu sein, wenn KI unsere Arbeitswelt und unser Privatleben massiv verändert? Hier stelle ich das Konzept des Homo humanus vor – die nächste Evolutionsstufe, in der wir unsere innere Reife und menschliche Verbundenheit als zentrale Ressourcen entdecken.

Ein Ausblick

Über beide Teile hinweg wirst du feststellen, dass körperliche und mentale Aspekte von Gesundheit eng miteinander verknüpft sind. Das Ziel dieses Buches ist es, dir das Rüstzeug zu geben, deine eigene Biologie zu verstehen und den Übergang zu einer Welt aktiv mitzugestalten, in der wir als Homo humanus nicht nur länger, sondern auch erfüllter leben.

Die kieu-Frameworks findest du abschließend im Anhang: Sie unterstützen dich dabei, das Gelernte systematisch zu vertiefen und auch langfristig dran zu bleiben.

Hinweis: Falls du zwischendurch eine kurze Auffrischung deiner Einsichten brauchst, wirf einfach einen Blick auf die »Auf einen Blick«-Seiten. Dort findest du in kompakten Stichpunkten das Wesentliche jedes Kapitels.

Wenn du gerade wenig Zeit hast blättere ruhig zuerst zu den Themen, die dein Interesse am stärksten wecken. Du musst nicht alles in chronologischer Reihenfolge lesen – fühl dich frei, genau das herauszupicken, was dich im Moment am meisten anspricht. Auf diese Weise kannst du direkt von den Ideen profitieren, die für dich gerade besonders relevant sind.

A. More Years to your Life

Um unserem Leben mehr Jahre zu schenken, müssen wir zunächst einmal den Mismatch zwischen unserer evolutionären Ausstattung und dem modernen Alltag verstehen– und lernen, seine Folgen abzufedern. Ich möchte dafür zunächst den Blick auf unsere Stammesgeschichte schärfen und erklären, in welchem Kontext sich unsere Biologie, unser Verhalten und Denken entwickelt haben.

Im Kapitel »Evolutionärer Mismatch« wird deutlich, wie einst sinnvolle Anpassungen in Verbindung mit den Reizen unserer modernen Welt zum Problem werden können. Anschließend betrachten wir, wie wir »Chronisch sehr gesund« werden. Denn wir reagieren nicht erst auf Krankheit, sondern kultivieren in erster Linie Gesundheit. Dieser Abschnitt enthält die besten, wissenschaftlich fundierten Empfehlungen zu allen Dimensionen unserer Gesundheit, damit wir sie zielsicher und ausgewogen weiterentwickeln können.

Der Abschnitt »Longevity« befasst sich dann mit gezielter Prävention, hormetischen Reizen und speziellen Longevity- Interventionen, die altersbedingte Schäden regenerieren und uns langsamer altern lassen. So bleiben wir fit für die Innovationen, die sich am Ereignishorizont moderner Langlebigkeitsforschung bereits abzeichnen.

Dieser Teil des Buches stattet dich mit dem gesamten Wissen aus, das du brauchst, um ein langes, energiegeladenes und chronisch gesundes Leben zu führen.

A.1. Evolutionärer ­Mismatch – Die Wurzeln von Alter und Krankheit

Auf einen Blick: Was erwartet dich hier?

Warum fühlt sich unser moderner Alltag oft so anstrengend an, obwohl wir scheinbar »alles haben«? Dieses Kapitel zeigt, wie sich unser Körper über Jahrtausende draußen in der Natur entwickelt hat – und warum Reizüberflutung, künstliches Licht oder Fast Food heute zu chronischem Stress und Krankheiten führen. Hast du dich schon mal gefragt, wieso dir echte Erholung immer schwerer fällt? Hier findest du Antworten.

→ Unsere Ur-Biologie in moderner Umgebung

Wir sind biologisch auf Natur, Bewegung und enge soziale Gruppen programmiert. Im Alltag von Großstadt, Schreibtisch und Dauer-Online-Modus kommt das zu kurz. Tipp: Plane bewusst kleine Naturmomente ein – ein Spaziergang im Grünen oder einfach mal ohne Handy draußen sitzen.

→ Ungesunde Ernährung, obwohl Essen im Überfluss da ist

Unsere Gene stammen aus Zeiten knappen Nahrungsangebots. Heute verführen uns Junk-Food und Süßigkeiten ständig. Achte darauf: Setze auf vollwertige, möglichst unverarbeitete Lebensmittel. So versorgst du deinen Körper statt nur dein Dopamin-Konto.

→ Zu viel Sitzen, zu wenig Bewegung

Der menschliche Körper liebt Abwechslung: gehen, stehen, laufen, klettern. Doch moderne Jobs bedeuten oft stundenlanges Sitzen. Probiere: Baue Mini-Workouts ein oder geh jede Stunde ein paar Schritte. Selbst kurze Aktivität kann Stress reduzieren und dein Herz-Kreislauf-System stärken.

→ Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus

Kunstlicht, späte Bildschirmzeiten und Schichtarbeit bringen unsere innere Uhr durcheinander. Das schwächt Immunabwehr und Regeneration. Nutze: Am Abend gedämpftes Licht oder eine Blaulicht-Filterbrille. Morgens Sonnenlicht tanken (zur Not am Fenster), um deinen Schlaf-Wach-Zyklus zu stabilisieren.

→ Isolation statt echter Verbundenheit

Obwohl wir täglich vielen Menschen begegnen, fehlen oft tiefe Beziehungen und echte Gemeinschaft. Das fördert Einsamkeit und Stresshormone. Tipp: Verabrede dich zu Aktivitäten, die Nähe und Austausch fördern – zum Beispiel gemeinsame Kochabende oder Teamworkouts.

→ Dauerstress durch Reizüberflutung

Permanent prasseln Infos und Aufgaben auf uns ein. Unser Körper bleibt im »Fight-or-Flight«-Modus, statt in erholsame Phasen zu wechseln. Achte darauf: Lege Handy-freie Zeiten fest. Kurze Meditationen oder Achtsamkeitsübungen bringen dein Nervensystem zurück in den Ruhemodus.

→ Der Weg zurück zur Balance

Wer seine ursprünglichen Bedürfnisse berücksichtigt – natürlicher Tag-Nacht-Rhythmus, gesunde Ernährung, moderate Bewegung, echte soziale Kontakte – baut Stress ab und gewinnt Energie. Mach dich auf den Weg: Schon kleine Schritte Richtung artgerechter Lebensstil wirken Wunder. Lass dich von Naturvölkern und »Blue Zones« inspirieren und nutze zugleich moderne Medizin sinnvoll.

Wie alle anderen Tiere und Pflanzen ist unser menschlicher Körper das Produkt hunderttausender Jahre an Evolution. Die ersten 90% dieser Entwicklung haben wir draußen, im Rhythmus der Natur, verbracht und sind dabei ganz instinktiv unseren grundlegenden Bedürfnissen nachgegangen. An diese Umwelt mit Kälte, Bewegung, unbeständigem Kalorienangebot, kleinen verbindlichen Gemeinschaften und klaren Rollen sind unser Körper und Gehirn biologisch perfekt angepasst.

Seit der Agrarrevolution hat sich unsere Kultur immer schneller verändert – von der industriellen über die digitale Revolution bis hin zur Künstlichen Intelligenz. So leben wir heute in einem Alltag, in dem wir das Gespür für unsere eigentlichen Bedürfnisse verloren haben. Dazu zählen nicht nur gutes Essen und Erholung, sondern auch das Licht von Sonnenauf- und -untergang, das unsere innere Uhr stellt, Bewegung und vieles mehr, um das wir uns früher nicht extra bemühen mussten. Wir waren diesen natürlichen Reizen und Erholungsrhythmen einfach ausgesetzt.

Wir sind Primaten in Anzügen – und vergessen manchmal, dass wir biologisch noch dieselben Grundbedürfnisse haben wie unsere Vorfahren. Dieser Mismatch zwischen unserer evolutionären Ausstattung und den Anforderungen des modernen Alltags ist ein starker Treiber für chronische Erkrankungen: von Übergewicht und Diabetes bis hin zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder Depression.

Schauen wir einerseits auf Naturvölker wie die Hadza, sehen wir kaum Zivilisationskrankheiten – dafür aber eine insgesamt niedrigere Lebenserwartung, weil Infektionen oder fehlende medizinische Versorgung häufig zum frühzeitigen Tod führen. Andererseits gibt es die sogenannten »Blue Zones«, etwa auf Okinawa (Japan) oder Sardinien (Italien), wo Menschen auffallend alt werden und seltener an typischen »Wohlstandskrankheiten« leiden. In beiden Fällen zeigt sich: Wo Menschen enge soziale Strukturen, viel natürliche Bewegung und unverarbeitete Lebensmittel haben (und – wie in den Blue Zones – zusätzlich von einer gewissen medizinischen Versorgung profitieren), treten chronische Zivilisationskrankheiten seltener auf und die Lebensspanne steigt deutlich. Genau hier können wir anknüpfen: Indem wir unsere Biologie respektieren und gleichzeitig die Vorteile der modernen Medizin nutzen, schaffen wir das Beste aus beiden Welten.

Eine evolutionäre Perspektive auf unsere Biologie, gepaart mit der aktuellen Forschung zu den Wirkmechanismen moderner und ursprünglicher Reize, ist der Schlüssel, um unsere Gesundheit wirklich zu verstehen. Sie zeigt uns, wie wir aus eigener Kraft für optimal funktionierende Körpersysteme sorgen können. Die folgenden Kapitel vermitteln ein Verständnis für die wichtigsten Bereiche unseres Organismus und ihre natürlichen Bedürfnisse.

Um zu verdeutlichen, was dieser evolutionäre Mismatch in unserem Alltag wirklich bedeutet, möchte ich dich auf zwei fiktive Tagestouren mitnehmen, die tausende Jahre auseinanderliegen – und doch in ihrem Kern denselben Menschen beschreiben. Zuerst begegnen wir Nara, die etwa 10.000 Jahre vor Christus in einer reinen Naturumgebung lebt, in der Kälte, Hunger und Gemeinschaft den Takt angeben. Anschließend schauen wir uns einen Tag aus meiner eigenen Zeit in der Neurochirurgie an, mitten im pulsierenden Berlin. Du wirst schnell merken: Obwohl wir biologisch immer noch dieselben Grundbedürfnisse haben, liegen Welten zwischen Naras natürlichem Rhythmus und meinem modern getakteten Klinikalltag.

10.000 BC – Ein Tag mit Nara

In der Dämmerung, noch bevor die Sonne richtig über den Horizont steigt, wacht Nara ganz von selbst auf. Es ist kühl, da ihre Schlafstätte nur aus einem einfachen Unterstand besteht, und die frische Morgenluft strömt in ihre Lungen. Kein schrilles Weckerklingeln, kein künstliches Licht, stattdessen ein leiser Übergang zwischen Schlaf und Tag. Sie öffnet die Augen, als ihr Körper es ihr signalisiert: Jetzt ist die Zeit, wach zu werden. Ihre Familie oder Gruppe rührt sich ebenfalls; man lächelt sich verschlafen zu oder tauscht erste Worte aus. Ein bisschen Gänsehaut macht Nara wach und vermittelt zugleich ein Gefühl von Geborgenheit, denn alle teilen sich einen engen Raum.

Noch nüchtern und mit leicht leerem Magen macht sich Nara auf den Weg, um Wasser von der nahen Quelle zu holen. Ein paar kühle Spritzer ins Gesicht sind die erste Reizung ihres Organismus: Kälte, die sie munter werden lässt und den Kreislauf ankurbelt. Das Licht der aufgehenden Sonne umfängt alles in warmen Farben – ein natürlicher Taktgeber, der ihre innere Uhr stellt. Dadurch bleibt ihr zirkadianer Rhythmus intakt und regt die Produktion der richtigen Botenstoffe im richtigen Moment an.

Beim gemeinsamen Frühstück folgt direkt der nächste wichtige Reiz im »Exposom« (also allem, was auf ihren Körper einwirkt): vollwertige, unverarbeitete Nahrung. Wahrscheinlich sind noch einige Reste von Fleisch und Wurzeln übrig, gesammelt oder erbeutet am Vortag. Frisches Obst oder Beeren können dazukommen. Für Nara schmeckt das intensiv und ursprünglich, es liefert ihrem Körper, was er wirklich braucht, ohne künstliche Zusätze oder industriell verarbeitete Fette und Zucker. Beim Zusammensitzen im Kreis entsteht fast beiläufig ein Gefühl der Verbundenheit, während man sich kleine Geschichten erzählt. Ihr Nervensystem wechselt in den »tend & befriend«-Modus, der Fürsorge, Vertrauen und soziale Nähe fördert – ein wichtiger Mechanismus gegen chronischen Stress und für ein gesundes Immunsystem.

Im Laufe des Vormittags geht die Gruppe ihren Aufgaben nach. Manche sammeln Früchte, Pilze oder essbare Pflanzen, andere wie Nara machen sich auf, Wild aufzuspüren oder Fallen zu kontrollieren. Dabei ist sie viel in Bewegung: oft in unebenem Gelände, bergauf und bergab, über Steine und Äste. Muskeln, Gelenke und Faszien werden in unterschiedlichsten Winkeln und Intensitäten gefordert. Fast immer ist irgendjemand in der Nähe, man arbeitet selten allein. Das soziale Gefüge ist eng, nicht erdrückend. Man scherzt, tauscht Nützliches aus, plant kleine Handgriffe, ohne es groß zu besprechen. So ist Nara chronisch viel in »Rest-and-Digest« und »Tend & Befriend«, während das »Fight-or-Flight«-System nur kurz bei echter Gefahr hochfährt. Diese Balance schützt vor andauernder Stressbelastung.

Gegen Mittag, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, gönnt sich die Gemeinschaft eine Pause. Nara setzt sich in den Schatten, trinkt etwas, isst gemeinsam mit den anderen. Die Stimmung ist ruhig, keiner spürt Zeitdruck, das Nervensystem bleibt auf Entspannung eingestellt. Sollte doch plötzlich ein Raubtier auftauchen oder eine fremde Gruppe das Jagdgebiet beanspruchen, steigt ihr Puls zwar kurz an – »Fight-or-Flight« – doch das ist selten und rasch vorüber, sobald die Gefahr weicht.

Am Nachmittag widmet sich Nara weiteren Aufgaben. Vielleicht dreht sie aus gesammelten Pflanzenfasern Schnüre oder flickt ein grobes Netz. Andere bauen einfache Werkzeuge, reparieren ein Dach oder verstärken die Wände mit Lehm. Dabei entstehen abwechselnd kurze Gespräche, Momente des konzentrierten Arbeitens oder entspannten Schweigens. Die Sonne wärmt, Nara spürt den Schweiß auf ihrer Haut, und ihr Körper findet in natürliche Bewegungsabläufe. Kommt zwischendurch doch Stress auf – etwa durch mühsame Arbeit oder kleine Reibereien –, sorgen das Hocken, Bücken und Strecken dafür, dass ihre innere Anspannung schnell abfließt. In Naras Exposom überwiegen natürliche Reize wie Sonne, frische Luft, körperliche Aktivität und enge soziale Bindungen – Faktoren, die den Stoffwechsel und die Abwehrkräfte stabil halten.

Kurz vor Sonnenuntergang kehren nach und nach alle zum Lager zurück, Lebensmittel, Tierfelle und Brennholz im Gepäck. Während sich der Himmel langsam in Orange- und Rottöne färbt, versammelt sich die Gruppe ums Feuer. Die Flammen flackern, geben Wärme und ein wohliges Gefühl von Sicherheit. Wer Hunger hat, isst noch einmal. Inzwischen sind alle versammelt, ein reger Austausch beginnt. Man erzählt von Erlebnissen, lacht, plant den nächsten Tag und rückt eng zusammen. Das geringe Licht beruhigt, Melatonin wird ausgeschüttet, und Nara wird auf natürliche Weise müde.

Irgendwann liegt die Nacht schließlich über dem Lager. Kein elektrisches Licht stört ihre innere Uhr, kein Handy klingelt, kein Fernseher flimmert. Die Gruppe legt sich schlafen – einfach dort, wo es sicher und einigermaßen trocken ist. Nara spürt ihren ruhigen Herzschlag, ihre Muskeln sind angenehm erschöpft, im Kopf kreisen keine langen To-Do-Listen, sondern allenfalls eine leise Vorfreude auf den kommenden Tag. Sie schläft friedlich ein, geborgen inmitten vertrauter Menschen, im natürlichen Rhythmus der Erde.

So ein Tag mag zwar körperlich fordernd sein, bietet jedoch eine stimmige Balance: zwischen Anstrengung und echter Erholung, zwischen intensiver Gruppenbindung und kurzen, stillen Momenten. Chronische Stresszustände kommen bei Nara kaum auf, weil alles unmittelbar geregelt wird und sich kein endloses Gedankenkarussell drehen kann. Ihr Exposom – Kälte, Wärme, Licht, Dunkelheit, Hunger, Sättigung, Gemeinschaft und kurze Fight-or-Flight- Schübe – ist so angelegt, dass ihr Körper in gesunden Rhythmen funktionieren kann.

2018 – Ein Tag mit Dominik

Früh am Morgen in Berlin klingelt Dominiks Wecker, obwohl draußen noch alles dunkel ist – in der Neurochirurgie steht pünktlich die Visite an. Noch bevor er richtig wach wird, kreisen seine Gedanken bereits um die Patientenlisten: Wer braucht welche OP, welche Befunde liegen an, was wurde im letzten Konsil besprochen? Er gießt sich einen Kaffee ein und verschlingt ein Brötchen, das mehr Luft und leere Kohlenhydrate enthält als Nährstoffe. Dann reiht er sich in den Berliner Berufsverkehr ein, schlängelt sich durch Staus und geht gedanklich die Stationsliste rauf und runter. Sein Körper hat kaum Zeit, in einen natürlichen »Aufwach-Modus« zu kommen – stattdessen ist »Fight-or-Flight« schon früh aktiviert.

Im Krankenhaus umfassen Dominiks Exposom laute Pieptöne, Neonlicht und sterile Gerüche. Das grelle Kunstlicht stört seine innere Uhr, der ständige Lärmpegel hält sein Nervensystem in Habachtstellung. Hinzu kommen E-Mails, Chatnachrichten, Patientenrufe – sein Puls kommt nie ganz zur Ruhe, er bleibt stets ein wenig in Alarmbereitschaft. Das Mittagessen fällt oft aus, weil der OP-Plan durchläuft. Mit Glück findet er zwischendurch ein belegtes Brötchen, vollgepumpt mit Konservierungsstoffen, das sein Belohnungszentrum kurz befriedigt, anstatt seinen Körper nachhaltig zu versorgen.

Später am Nachmittag kämpft sich Dominik durch Papierkram, Diktate und Gespräche mit Angehörigen. Sein Gehirn arbeitet auf Hochtouren, der Stresshormonspiegel bleibt oben. Bald beginnt der Nachtdienst, also kann er nicht nach Hause, sondern gönnt sich höchstens eine Zigarette oder einen Schluck Energy-Drink. Kaum Erholung, schon gar keine natürliche Bewegung im Freien. Das neonbeleuchtete Krankenhaus, Bildschirme und ständige Erreichbarkeit prägen sein Exposom – es fehlen natürliche Lichtreize, echte Pausen, ein ruhiges Umfeld, in dem »Rest- and-Digest« greifen könnte.

Wenn die Nacht anbricht, ist Dominik bereits erschöpft. Dann kommen Notfälle herein, ein Patient mit akutem Hirndruck oder OPs, die eiliger werden als gedacht. Schicht um Schicht, Stunde um Stunde, bleibt sein Adrenalinspiegel hoch. In den kurzen Atempausen greift er zu einem Sandwich aus dem Automaten oder zu Cola, um wach zu bleiben. Sein Körper läuft im Dauer-Fight-or-Flight, ohne Unterbrechung durch erholsame Schlafphasen.

Irgendwann kehrt mehr Ruhe ein, und Dominik kann sich vielleicht auf eine Liege zurückziehen. Doch das Kliniklicht blendet, durch die Gänge hallen noch immer Geräusche. Sein Körper kann nicht wirklich in »Tend & Befriend« oder »Rest-and-Digest« umschalten, weil jederzeit ein weiterer Notfall eintreffen kann. Auf diese Weise wird sein Exposom zu einer Dauerbelastung: künstliches Licht, Stress, Reizüberflutung und Schlafentzug.

Wenn der Morgen graut, fährt er völlig übernächtigt nach Hause. Während andere ihren Tag frisch beginnen, sehnt Dominik sich nach Schlaf – doch sein Körper findet um diese Uhrzeit nur schwer Ruhe, weil seine innere Uhr durch das nächtliche Kunstlicht und die Anspannung durcheinandergeraten ist. Später, wenn er aufwacht, versucht er sich zu entspannen, besucht seine Freundin und sucht ein wenig Verbundenheit und Spaß. Nach einer Nacht voller Querschnitte und Hirnblutungen fällt es ihm jedoch schwer, sich auf das einzulassen, was sie erlebt hat – eine traurige Erkenntnis. Draußen in Berlin rauschen währenddessen Tausende Menschen vorbei. Paradoxerweise fühlt er sich oft allein in dieser Masse, denn jeder steckt in seiner eigenen Routine, und man lebt meist nur flüchtig aneinander vorbei.

Statt körperlicher Aktivität oder natürlicher Rhythmen sucht Dominik Ablenkung in Netflix, Social Media und Konsum. Das tröstet ihn für einen Moment, ändert aber nichts an seinem Grundzustand. Ihm fehlt die Ruhe und Gemeinschaft, die in kleineren, vertrauten Gruppen ganz selbstverständlich existiert. In der Großstadt trifft man zwar täglich unzählige Menschen, ohne jedoch wirklich tiefe Beziehungen aufzubauen.

So bleibt sein Exposom geprägt von Hektik, Kunstlicht, falschen Essgewohnheiten, Lärm und Zeitdruck. Kaum Kälte- oder Lichtreize im natürlichen Tagesablauf, wenig Bewegung, viel Anspannung. Die Mechanismen, die ihn eigentlich schützen sollten – kurze »Fight-or-Flight«-Schübe und danach langes »Rest-and-Digest« – kehren sich um: Er steckt viel zu oft in Alarmbereitschaft. Das ist der Nährboden für chronische Erkrankungen, weil sein Organismus dauerhaft mit Stresshormonen umgehen muss und echte Regeneration selten wird.

Von außen betrachtet wirkt alles in Ordnung – Dominik hat einen gut bezahlten Job und lebt in einer aufregenden Stadt –, doch der Preis ist hoch. Sein Körper und Geist leiden unter dem ständigen Zukunftsdenken, dem Mangel an natürlichen Reizen und echtem Ausgleich. Dieses moderne Exposom aus Stress, künstlichem Licht, Schlafdefizit, hochkalorischem Junk Food und ständiger Erreichbarkeit macht es schwer, gesund und ausgeglichen zu bleiben. Ein kurzer Rausch oder ein schneller Happen bringt kurzfristige Freude, aber nie langfristige Erfüllung. Und wenn er abends ins Bett geht, raubt ihm die Hektik des nächsten Tages schon wieder den Schlaf.

Dominik erinnert sich daran, wie er einstmals viel einfacher glücklich sein konnte. Dominik spürt längst, dass es einen anderen Weg geben muss – einen, der Höchstleistung und Lebensfreude vereint. Doch um ihn zu finden, muss er innehalten und begreifen, warum sein Alltag ihn so zermürbt – und wie er wieder wirklich glücklich wird.

Mismatch in Aktion - Die 6 Stressoren der modernen Welt

Um zu verstehen, weshalb Dominik – und vielleicht auch wir selbst – immer tiefer in einen Kreislauf aus Stress und Erschöpfung rutschen, lohnt sich ein Blick auf die Hauptfaktoren, die unseren Organismus unbemerkt belasten:

1. Ungünstige Energiezufuhr und Ernährung: Hochkalorische, stark verarbeitete Lebensmittel treffen auf Gene, die ursprünglich knappe Nahrungsressourcen gewohnt waren. Das führt zu Überangebot, Gewichtszunahme, Insulinresistenz und einer gestörten Darmflora. Statt den Körper nachhaltig zu versorgen, werden nur kurzfristige Dopamin-Kicks ausgelöst.

2. Bewegungsmangel: Unser Organismus ist auf regelmäßige und vielfältige Bewegung ausgerichtet. Im Alltag sitzen wir jedoch stundenlang, fahren Auto oder nehmen den Aufzug. Muskeln, Faszien und Herz-Kreislauf-System bleiben weit unter ihrer möglichen Belastung. Das senkt den Energieverbrauch, reduziert die Sauerstoffversorgung und beeinträchtigt die Mitochondrien-Funktion.

3. Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus: Künstliches Licht bis spät in die Nacht, Schichtarbeit oder schlicht zu viel Bildschirmzeit unterdrücken das natürliche Schlafbedürfnis. Melatonin wird zu spät ausgeschüttet, die Schlafqualität leidet, Erholungsphasen werden zu kurz. Das stört Hormonhaushalt, Immunsystem und Gehirnfunktionen.

4. Soziale Fragmentierung: Wo einst kleine, verlässliche Gemeinschaften Sicherheit

und Miteinander boten, leben wir heute oft vereinzelt. Täglich begegnen wir zwar vielen Menschen, doch echte Nähe fehlt häufig. Einsamkeit erhöht Cortisol und verstärkt Stressreaktionen, da »tend & befriend« – unser Bindungsmodus – zu kurz kommt.

5. Dauerreize und Informationsflut: Smartphones, Mails, Social Media und ständige Erreichbarkeit: Unser Nervensystem findet kaum Pausen. Wichtige Regenerationsphasen werden von neuen Benachrichtigungen unterbrochen, das Gehirn bleibt in Alarmbereitschaft. Multitasking und digitale Ablenkung erschöpfen mentale Ressourcen.

6. Chronischer Stress – ein Teufelskreis: All diese Faktoren münden in einen dauerhaften, unterschwelligen Stressmodus. Das sympathische Nervensystem rotiert, Cortisolwerte sind erhöht, Erholungsphasen werden kürzer. Unter diesem Druck fällen wir oft ungesunde Entscheidungen: Wir greifen zu schnellem Essen, verzichten auf Bewegung, schlafen zu wenig und verlieren den Anschluss an echte soziale Bindungen. So entsteht ein Teufelskreis, in dem Stress zugleich Ursache und Verstärker für weitere Belastungen ist – und Schritt für Schritt die Systeme unseres Körpers aus dem Gleichgewicht bringt.

Vom Alltag zum Systemblick