Agile Krankenhausführung - Jörg Gottschalk - E-Book

Agile Krankenhausführung E-Book

Jörg Gottschalk

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Beschreibung

Alle Organisationen dieser Welt wollen agil werden: schneller, flexibler, anpassungs- und wettbewerbsfähiger. Sie wollen kunden- und mitarbeiterorientierter und natürlich wirtschaftlich erfolgreich sein oder werden. Jetzt also auch unsere Krankenhäuser: Corona, Digitalisierung, Ambulantisierung, Strukturbereinigungen, ineffiziente, mitarbeiter- und patientenunfreundliche Prozesse und Verschwendung in Größenordnungen. Die Herausforderungen werden gewaltig sein. Mit den alten Cost-Cutting-Methoden, mit Outsourcing, Zentralisierung und Privatisierung werden sie diese enormen Aufgaben kaum bewältigen können. Also muss etwas Neues her: Agilität. Kontinuierliche Verbesserung in der Breite und Tiefe einer Krankenhausorganisation. Doch wie funktioniert das? Mit Teamboarding existiert nun eine für Krankenhäuser anfassbare und akzeptierte Methode, mit der agile Führung und kontinuierliche Verbesserung bis in den kleinsten Unternehmenswinkel hinein zu einem festen Bestandteil von Arbeit wird. Es geht um sichere Veränderungsstrukturen, vollständige Transparenz, die Fokussierung auf kontinuierliche Verbesserung, um bereichs- und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit und um direkte Führungsunterstützung vor Ort. Das alles muss gegen die Naturgewalten des operativen Alltages geschehen, die jede zur Verfügung stehende Zeit und Energie aufsaugen wie ein gefräßiger Schwamm. "Ich stelle Ihnen die Methode und den Umgang mit ihr so praxisnah und so komprimiert wie möglich vor. Kurz und knapp, doch so, dass Sie im Grunde sofort starten können. Und ich lüfte den Vorhang des Praktischen. Denn die eigentlichen Wirkungen finden im Verborgenen statt."

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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Jörg Gottschalk

AGILE

KRANKEN

HAUS

FÜEHRUNG

Die Texte in diesem Buch sind mit großer Sorgfalt erarbeitet worden. Dennoch können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Eine Haftung des Verlages oder des Autors, gleich aus welchem Rechtsgrund, ist ausgeschlossen. Die in diesem Buch wiedergegebenen Bezeichnungen können Warenzeichen sein, deren Benutzung durch Dritte für deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Bearbeitungen sonstiger Art sowie für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Dies gilt auch für die Entnahme einzelner Abbildungen und bei auszugsweiser Verwendung von Texten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Hinweis zum Gendern

Eine konsequent gendergerechte Schreibweise stellt eine große Herausforderung dar. Ich möchte keinesfalls den eingetretenen Pfaden der ausschließlich männlich geprägten Begriffswelt folgen. Bei all meinen ernst gemeinten Versuchen der Vergangenheit musste ich jedoch leider erkennen, dass die Lesbarkeit der Texte leidet, bis hin zur völligen Unlesbarkeit. Aus diesem Grunde verzichte ich meistens und mit schlechtem Gewissen auf eine gendergerechte Sprache. Das bedeutet jedoch ausdrücklich nicht den Ausschluss des jeweils anderen Geschlechts oder die Festschreibung auf nur ein oder zwei Geschlechter. Frauen, Männer und all jene, die sich „dazwischen“ oder anders identifizieren, mögen sich von den Inhalten dieses Buches gleichermaßen angesprochen fühlen.

Jörg Gottschalk

Impressum: 

© 2020 by Jörg Gottschalk

Autor und Herausgeber: Jörg Gottschalk, Berlin

Lektorat: Juliane Trebus, Berlin

Umschlaggestaltung und Bilder: Jörg Gottschalk, Berlin

Umschlaghintergrundbild: white futuristic background © zffoto / adobe stock

Inhaltsverzeichnis

1Wie werden wir (endlich) besser?

2Die agile Welt im Kurzcheck

3Teamboarding – ein eiliger Überblick

4Teamboarding – die Methode

Was ist ein Verbesserungsteam?

Verantwortliche und Gruppen

Das Teamboard

Regelkommunikation

Boarding als Teil der Regelkommunikation

Ein neues Thema einbringen

Der Kartenlauf

Der visuelle Formularkreislauf

Der Verbesserungskreislauf

5Kennzahlen und ihre Bedeutung

Die Bedeutung von Kennzahlen

Kennzahlenarbeit

6Veränderungsenergie schaffen

Motivation für Veränderung

Über den Willen von Führung

Verbesserungsquellen

7Kleine Schritte gehen

Wie Organisationen lernen

Das Prinzip der kleinen Schritte

8Regeln und Standards einhalten

Die Bedeutung von Regeln

Regeln erfolgreich einführen

9Führungsbeteiligung sichern

Agile Führungsfunktionen im Unternehmen

Die Re-Operationalisierung von Führung

Führungs-Hürden

10Hidden Agenda

Transparenz schaffen

Fokussieren und Aufmerksamkeit schaffen

Prioritäten setzen

Handlungsdruck generieren

Unterschiedliche Sichtweisen integrieren

Routinen schaffen

Berufsgruppengrenzen auflösen

Hierarchiegrenzen durchlässiger machen

11Was anders und besser wird

Veränderung eine Start- und Landebahn geben

Gemeinsam am Prozess arbeiten

Eine Transparenzkultur schaffen

Eine Experimentierkultur schaffen

Regeln einhalten

Führung kehrt zurück an die Basis

Schnittstellen überwinden

Unterstützung geben

Eine Dienstleistungsmentalität aufbauen

Eine Organisation lernt

Erfolge feiern

12Erfolg oder Misserfolg

13Literaturhinweise

14Über den Autor

15Bildnachweise

1 Wie werden wir (endlich) besser?

Teamboarding ist vor einigen Jahren aus der Motivation heraus entstanden, die kontinuierliche Verbesserung einer Krankenhausorganisation, ihrer Prozesse und Abläufe, zu einem festen Bestandteil von Führung und Unternehmensentwicklung werden zu lassen.

„Wie werden Krankenhäuser kontinuierlich und nachhaltig besser?“, lautete damals die Frage. „Wie werden sie qualitativ besser, ökonomischer, mitarbeiter- und patientenorientierter?“

Schon damals war meinen Mitstreitern und mir klar: So wie heute kann und wird es nicht bleiben. Die Methoden, mit denen wir Verbesserung bislang versucht haben, funktionieren nicht (mehr). Sie schaffen es nicht, die Komplexität, die Kleinteiligkeit und die Langsamkeit einer typischen Krankenhausorganisation zu überwinden. Wir wussten: Wer mit den immer gleichen Mitteln versucht, eine Lösung zu erreichen, der wird wohl auch stets die gleichen Lösungen produzieren. Also musste etwas Neues her. Und das Neue trägt den Namen Teamboarding. Es handelt sich um ein Instrument bzw. eine Methode, mit der wir kontinuierliche Verbesserung bis in den kleinsten Unternehmenswinkel hinein zu einem festen Bestandteil von Arbeit machen wollen.

Die Grundgedanken der Methode lassen sich leicht zusammenfassen: Jede Abteilung bzw. jedes Stationsteam verfügt in Zukunft über die Strukturen und die Kompetenzen, ihre bzw. seine Behandlungsprozesse kontinuierlich und über Berufsgruppen- und Hierarchiegrenzen hinweg zu verbessern und die Ziele des Unternehmens konsequent und nachhaltig umzusetzen.

Im Mittelpunkt stehen dezentrale Verbesserungsteams in jeder Organisationseinheit, die von ihren Unterstützern (z. B. dem Service, dem Einkauf, der IT, der Administration und anderen) sowie ihren Führungskräften aktiv und vor Ort Hilfe erhalten. Veränderung und Verbesserung finden wieder dort statt, wo die Musik spielt – nämlich am Ort des Geschehens. Dazu existiert in jedem Bereich ein Teamboard, ein Marktplatz der Information. Eine straff organisierte Regelkommunikation sorgt dafür, dass alle relevanten Berufsgruppen kontinuierlich gemeinsam an ihren Themen arbeiten und ihre Lösungen nachhaltig in ihren Prozessen umsetzen. Keine Woche ohne Verbesserung, so lautet die Devise.

Die Verbesserung von Prozessen, also die kontinuierliche Arbeit an der eigenen Organisation, wird auf diese Weise Stück für Stück zu einem festen Bestandteil von Arbeitund bleibt nicht – wie heute – die ärgerlichste Nebensache der Welt, die entweder die eigentliche Arbeit unterbricht oder nach Feierabend zu erledigen ist. Verbesserung wird zur Routine, zu richtiger Arbeit.

Mit der Methode schaffen wir den entscheidenden Hebel, um abstrakte Unternehmensziele in das Organisationsleben und in die Behandlungsprozesse zu transferieren und dort sicher zu verankern. In gewissem Sinne verbinden wir Wunsch mit Wirklichkeit: den Wunsch von Führung, Ziele zu erreichen, und die Realität, die sich so oft damit schwertut, das Notwendige im betrieblichen Alltag Wirklichkeit werden zu lassen. Im Grunde genommen füllen wir die alles entscheidende Lücke zwischen Führung und der operativen Prozessbasis. Außerdem schaffen wir einen mächtigen Treiber dafür, einige der über lange Jahre gewachsenen Strukturrelikte eines Krankenhauses noch einmal kräftig durchzurütteln.

Allerdings, das sei hier nicht verschwiegen, begeben sich die Beteiligten auf eine sehr lange und mitunter äußerst beschwerliche Reise, hin zu einer Organisation, die sich kontinuierlich selbst verbessert. Denn eine solche Reise löst unternehmensweite Lernprozesse aus. Sie kratzt an kulturellen Gewohnheiten und verändert die Art und Weise, wie Führung heute funktioniert. Sie deckt gnadenlos die Schwachstellen einer Organisation auf. Und im Gegensatz zu vielen anderen Methoden setzt Teamboarding einen festen und klaren Rahmen für Verbesserung, der im Alltag kaum einen (unbemerkten) Ausweg zulässt – außer das Scheitern, doch selbst dann ließe sich erkennen, wer und was dafür verantwortlich ist.

Dass wir Verbesserung dringend benötigen, steht außer Frage. Es existieren genügend gute Gründe dafür, künftig die eigene Organisation und ihre Verbesserung in den Mittelpunkt unseres Interesses zu rücken.

Wir möchten alle, dass unsere Patienten eine medizinische Behandlung auf dem jeweils höchsten Stand der Wissenschaften und einen hervorragenden Service erfahren. Qualität steht an vorderster Stelle. Patienten sollen sich jederzeit wohl und gut versorgt fühlen.

Wir möchten alle, dass sich die Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende verbessern. Wir möchten, dass sie gerne in unseren Organisationen arbeiten.

Eine Krankenhausorganisation, ein Unternehmen, muss wirtschaftlich arbeiten. Zuverlässig und dauerhaft.

Es existiert viel Verschwendung an Zeit, Nerven und Geld. Und dieses Potenzial müssen wir heben.

Die Digitalisierung ist in vollem Gange. Schon deshalb sollten Krankenhausorganisationen innovativer und schneller werden.

Doch genau dieser letzte Punkt stellt ihre größte Schwäche dar. Eine Krankenhausorganisation ist nun einmal risikoscheu, vorsichtig, langsam und nur in Grenzen innovativ. Ihre Führungsstrukturen sind komplex bis unüberschaubar. Außerdem verfügt sie bis heute nicht über eine sichere Start- und Landebahn für schnelle und nachhaltige Veränderung. Es fehlen dafür klare und transparente Strukturen und festgelegte Kommunikationskreise. Veränderungsprozesse benötigen das Wissen von Mitarbeitenden und ihren Führungskräften. Und ihre Ideen, wie es besser gehen könnte. Und zwar dort, wo sie gebraucht werden: vor Ort. Nicht an den Schreibtischen oder in den wohltemperierten Besprechungszimmern. Es sind die Mitarbeitenden vor Ort, die Verbesserung in die praktische Arbeit an und für Patienten überführen, und niemand anderes. Wir brauchen also ein Verfahren, eine Methode, die Mitarbeitende nicht nur miteinbezieht, sondern sie sogar zu den Hauptakteuren macht. Wir wollen Mitarbeitende nicht mehr mitnehmen, sie sollen es nämlich selbst tun: verbessern.

Mit Teamboarding steht nun eine erprobte und transparente Methode zur Verfügung, wie agile Führung und agile Verbesserung – denn als solche bezeichne ich diese Methode – in die Realität überführt werden kann.

In diesem Buch möchte ich Ihnen die Methode und den Umgang mit ihr so praxisnah und so komprimiert wie möglich nahebringen: Teamboarding in 200 Minuten. Kurz und knapp, aber dennoch so, dass Sie im Grunde sofort starten können.

Viel Vergnügen beim Lesen und vielleicht beim Ausprobieren.

Berlin im Oktober 2020

Jörg Gottschalk  

2 Die agile Welt im Kurzcheck

Die Fachwelt benötigt Definitionen und etablierte Methoden. Etwas widerstrebend folge ich diesem Mainstream und ordne Teamboarding in das breite Feld agiler Methoden ein. Schließlich soll heute alles und jeder agil sein. Warum nicht auch Krankenhäuser?

Leider wird der Agilitätsbegriff derart inflationär benutzt und die dazu vorliegende Literatur ist so vielfältig und umfangreich, dass mir ein kurzer Blick zurück auf die Ursprünge des Begriffes an dieser Stelle angebracht erscheint. Was also bedeutet eigentlich agil sein?

Agilität bedeutet, dass eine Organisation über die Fähigkeit verfügt, flexibel, initiativ und schnell Veränderungen herbeizuführen.

Flexibilität bedeutet im Ursprung des Wortes, biegsam oder beweglich zu sein. Im Organisationskontext könnte man darunter verstehen, anstehenden Veränderungen nicht nach den immer gleichen Mustern zu begegnen, Unterschiedlichkeit in der Art der Anpassung zuzulassen, unterschiedliche Lösungen zu akzeptieren, etwas auszuprobieren, zu experimentieren.

Initiativ sein heißt den Anstoß zu einer Handlung geben oder auch den ersten Schritt tun. Initiativ sein meint auch, selbstständig zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Gemeinhin verstehen wir darunter auch unsere Bereitschaft, zu handeln, bevor wir zu etwas gezwungen werden und nicht mehr anders können.

Schnell sein meint die Fähigkeit, eine Entfernung in kurzer Zeit zurückzulegen. Der Begriff erklärt sich weitgehend selbst, doch wirft er die Frage nach dem Maßstab für Schnelligkeit auf. Was ist schnell? Schneller als zuvor? So schnell wie nötig? Schneller als die Konkurrenten? Solche Fragen sind schwer zu beantworten, weil sie jede Organisation aus ihrer spezifischen Perspektive und Situation unterschiedlich betrachten muss.

Meine Antwort lautet vergleichsweise schlicht: Probleme müssen schneller gelöst werden als neue dazukommen. Mindestens das!

Schnecke © Abtunartuba / fotalia.com

Wer gerne Bilder im Kopf wälzt, der könnte agile Methoden auch mit einer ununterbrochen funktionierenden Veränderungs- oder Verbesserungsmaschine vergleichen. Einer solchen Maschine käme die Aufgabe zu, permanent Veränderung im Sinne von Fortschritt und Verbesserung zu produzieren. Sie würde ununterbrochen bessere Lösungen erfinden und Neues in die Organisation transferieren. Das Neue, das Bessere wäre ihr sichtbares Produkt.

Agile Führungsmethoden haben sich in den vergangenen zwanzig Jahren aus einer Welt heraus entwickelt, die zunehmend von Komplexität und einer immer schnelleren Veränderungsdynamik geprägt wird. Sie unterstellen, dass sich eine komplexe Organisation nicht auf einfache, leicht verdauliche Sachverhalte reduzieren lässt. Komplexität zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass sich Themen oder Probleme, Entwicklungen, Organisationseinheiten und Personen in schier unübersichtlichen, sehr dynamischen, in jedem Fall aber vielfältigen und wechselseitig abhängigen Beziehungen abspielen. Lineare Ursache-Wirkungs-Formeln existieren nicht.

Was das bedeutet? Nehmen wir einmal an, dass nur zwei Menschen miteinander arbeiten und sie über ein starkes gemeinsames Interesse verfügen. Dann mag dabei etwas wirklich Gutes herauskommen. Das Geschehen ist extrem überschaubar. Sind aber fünfzig Menschen beteiligt, dann wird es rasch unübersichtlich. Bei fünfhundert Beteiligten sind die Verhältnisse dann endgültig unübersehbar. Wenn dazu das Richtig oder Falsch unklar ist oder sich gar täglich ändert, wird es wirklich schwer. In einer solchen Welt leben und arbeiten wir heute, und im Krankenhaus ganz besonders. Auf diese neue agile Welt müssen wir eine agile Antwort finden.

Agile Methoden stellen deshalb die Frage, was passieren muss, damit Organisationen dem herrschenden Veränderungsdruck trotz dieser enormen Komplexität und Beschleunigung gerecht werden. Wie werden sie in diesem Umfeld schneller, besser und erfolgreicher?

Viele Menschen © Jörg Gottschalk

Die zum Teil hochkarätige Literatur zum Thema Agilität sprengt allerdings jede vorstellbare Dimension. Auf die wenigen, aber gemeinsamen Sachverhalte reduziert, kristallisieren sich dennoch eine Reihe von Faktoren heraus, die allen agilen Methoden und Instrumenten zugrunde liegen und die heute als Indikatoren dafür gelten, ob Unternehmen und Organisationen schneller und anpassungsfähiger werden:

Agile Organisationen fokussieren sich auf die Bedürfnisse ihrer Kunden. Die bekommen, was sie wollen oder benötigen. Diese sehr klare Orientierung zieht Konsequenzen für das nach sich, was eine Organisation besser machen kann, und auch für das, was sie eben nicht mehr tun sollte. Der starke Kundenbezug gibt uns eine eindeutige Orientierung, die wir im Dschungel der Verhältnisse auch dringend benötigen. Kunden- oder Patientenorientierung bilden in Zukunft unseren Kompass.

Organisationen lassen sich nicht vorausdenken, denn sie sind zu komplex. Der Ausweg: Man denkt und verbessert in kleinen Schritten und probiert mit jedem Schritt aus, was tatsächlich funktioniert – oder eben nicht. Es wird experimentiert. Komplexität lässt sich nicht reduzieren, nur einbeziehen.

Ausprobieren oder experimentieren bedeutet in diesem Zusammenhang, zu akzeptieren, dass es oft kein vorhersehbares Richtig oder Falsch gibt, sondern oft nur ein „Gut genug“. Agile Vorgehensweisen warten nicht auf das Perfekte, stattdessen wird dieses Gut genug sofort angegangen und in seinen Wirkungen getestet. Das bedeutet: kleine, dafür aber kontinuierliche Schritte mit schnell verwertbaren und sichtbaren Ergebnissen.

Zu diesem Zweck werden nicht große, zentral gelenkte Einheiten, überdimensionierte Projekt- oder lähmende Arbeitsgruppen eingerichtet, sondern kleine, schnelle Teams mit hoher Eigenständigkeit und maximalem Engagement für die Sache. Solche Teams pflegen einen vertrauensvollen Austausch auf Augenhöhe, einen wertschätzenden Umgang miteinander und sie schaffen kurze Entscheidungswege.

Dezentrale Teams besitzen auch deshalb eine ganz besondere Bedeutung, weil sich deren Mitglieder in ihren Prozessen wirklich auskennen. Ihr Wissen und ihre unterschiedlichen Sichtweisen führen zu signifikant besseren Entscheidungen für die Organisation als Ganzes. Jeder Mensch von außen oder oben weiß weniger über die laufende Arbeit und ihre Verbesserung als diejenigen, die es täglich tun und auch in Zukunft tun werden.

In einem agilen Verbesserungsprozess tauschen sich die Mitglieder solcher Teams oft aus, dafür aber kurz und prägnant. Sie reflektieren in kurzen zeitlichen Abständen ihre Ergebnisse, ihre Verbesserungen und Prozesse. Meist im Wochenrhythmus oder, in manchen Settings, sogar im Tagesrhythmus. Dann lautet die immer gleiche Frage: Was haben wir in dieser Woche oder heute sichtbar geschafft? Was wollen wir nächste Woche, oder morgen, sichtbar schaffen?

Diese dezentralen und hochgradig eigenverantwortlichen Teams werden von ihrer Führung maximal unterstützt. Führung informiert sich, hilft den Teams vor Ort und trifft schnelle Entscheidungen. Führung kehrt zurück an die Basis und übernimmt neue Rollen und Aufgaben.

In der agilen Gedankenwelt entsteht so ein Unternehmen, in dem an möglichst allen Stellen der Organisation selbstverantwortliche Teams in kleinen, schnellen, dafür aber kontinuierlichen Schritten ihre eigenen Prozesse verbessern. Es wird nicht lange geredet, spekuliert und konzeptioniert, sondern ausprobiert und in kurzen Abständen miteinander reflektiert. Es arbeiten diejenigen an Veränderung und Verbesserung, die sich in ihren Prozessen wirklich auskennen, nämlich die Mitarbeitenden. Sie werden dabei von ihren Schnittstellenpartnern und ihrer Führung maximal unterstützt.

Mit Teamboarding etabliert sich seit einigen Jahren eine Methode für Krankenhäuser, die all diese Kriterien erfüllt. Warum das so ist und wie und warum sie funktioniert, davon handelt dieses Buch.

3 Teamboarding – ein eiliger Überblick

Wir wissen oder ahnen alle, dass sich im Krankenhaus einiges verbessern lässt.

Die Abläufe in einer Krankenhausorganisation sind nicht selten intransparent und auf den ersten Blick nur schwer berechenbar. Nur ein geringer Teil unserer Behandlungsprozesse ist sicher vorauszusehen. Deswegen fällt es schwer, die eigenen Tätigkeiten für den Tag vorauszuplanen. Stattdessen muss oft auf plötzliche Ereignisse reagiert werden. Das Arbeiten in solchen Abläufen ist anstrengend und kostet viel und unnötige Zeit. Patienten bekommen dabei leider oft nicht die Ansprache und die Zuwendung, die sie sich wünschen. Wir wissen, dass wir auf diese Weise sehr viel unnötigen Arbeitsaufwand betreiben, den wir eigentlich vermeiden möchten. Außerdem entstehen für Patienten und Mitarbeitende unnötige Risiken, die wir so weit wie möglich reduzieren wollen.

Jeden Tag treten im Betrieb neue Probleme auf oder längst bekannte Themen stören kontinuierlich den Arbeitsalltag. Oft handelt es sich nur um kleine Ungenauigkeiten, manchmal aber auch um große Probleme. Wir wollen sicherstellen, dass solche Themen rasch erkannt und dann schnell gelöst werden.

Viele Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen haben gute Ideen, wie Abläufe zuverlässiger, leichter, sicherer oder schneller werden können. Viel zu oft bleiben solche Ideen ungehört und im Verborgenen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie schneller in die Tat umgesetzt werden.

Die 8 Verschwendungsarten © Jörg Gottschalk

Gesetzliche Bestimmungen müssen eingehalten und umgesetzt werden. Die Wirtschaftlichkeit muss im Auge behalten werden. Außerdem steht das große Thema Digitalisierung vor der Tür, das wir so umsetzen müssen, dass echte Effizienz- und Qualitätsgewinne in unseren Prozessen realisiert werden. Dabei lässt sich heute kaum abschätzen, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Versorgungsstrukturen, auf Medizin und Pflege und auf den künftigen Krankenhausalltag haben wird. Es mag sein, dass dieser Alltag in zehn Jahren völlig anders aussieht als heute.

Es gibt also einiges zu tun und für dieses Tun stellt Teamboarding nun eine Basis zur Verfügung. Die Methode ruht auf drei Säulen:

dezentral organisierten Verbesserungsteams,

der Arbeit am Teamboard und

einer klar strukturierten Regelkommunikation (wie kommunizieren wir wann und wo miteinander)

Jeder Arbeitsbereich, zum Beispiel eine Station, der OP, die Notfallaufnahme, bildet jeweils ein Verbesserungsteam, das aus den dort tätigen Mitarbeitenden besteht. Die Verbesserungsteams arbeiten kontinuierlich und in kleinen Schritten daran, ihre Abläufe und Prozesse zu verbessern. Dabei werden sie von ihren Führungskräften und allen anderen Beteiligten (vor Ort) unterstützt.

Alles Tun und Verändern dreht sich um diese drei zentralen Bausteine.

3 Säulen im Teamboarding © Jörg Gottschalk

Jedes Verbesserungsteam führt vor Ort ein frei zugängliches Teamboard (siehe nebenstehende Abbildung),