Alkohol: "Du hast mir sehr weh getan" - Carlo Luciano Weichert - E-Book

Alkohol: "Du hast mir sehr weh getan" E-Book

Carlo Luciano Weichert

0,0

Beschreibung

Carlo L. Weichert, Heilpraktiker, Gesprächs- und Familientherapeut, erzählt, auf dem Hintergrund jahrelanger Praxiserfahrung mit Alkoholikern und deren Co-Abhängigen Partner(innen), die Liebesgeschichte von Simone und Manuel, die sich unter dem Einfluss und der Dauerbelastung durch den Alkoholismus der Partnerin, gegenseitig emotional völlig aufreiben. Zum besseren Verständnis der Hintergründe von Alkoholismus und der bitteren Rolle der Co-Abhängigen, hat der Autor in die spannende und dramatische Beziehungsgeschichte, medizinisches und viel psychologisches Hintergrundwissen eingeflochten, sodass im Lauf des Lesens, immer mehr das eigentliche Drama einer Alkoholiker-Beziehung verständlich werden kann. Am Ende steht der hilflose und völlig frustrierte Co-Abhängige Manuel mit der bitteren Einsicht da, dass es trotz 1000 guter Versuche, endlosen Redens, vieler Auseinandersetzungen, trotz Schimpfens, Tränen und ständigen Hoffens auf Änderung, nur sehr schwer möglich war, seiner alkoholsüchtigen Partnerin in ihrer Sucht - Krankheit zu helfen. Am Ende stehen für beide: Frust, Trauer, Tränen und für Manuel das Gefühl: Ich liebe Dich immer noch - wenn Du doch nur endlich nüchtern wärst... und das so lange, bis das Schicksal selbst, hier endlich eingreift.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 339

Veröffentlichungsjahr: 2024

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Den Co - Abhängigen gewidmet

Dieses Buch widme ich allen Menschen, die ein Alkoholproblem haben und ich verbinde das mit der Hoffnung, dass sie dieses Buch auch lesen.

Aber insbesondere widme ich dieses Buch den Partnern oder Familienangehörigen von Alkoholikern(innen), den so genannten Co - Abhängigen, die der Suchtkrankheit ihres alkoholtrinkenden Partners(in) oft hilflos gegenüberstehen.

Die aber auf dem Hintergrund von Liebe, Bindungen, Scham, Schuld- und Verantwortungsgefühlen immer wieder versuchen, dem/der Suchtkranken zu helfen, so wie sie es können oder verstehen.

Die aber mit der Tatsache leben müssen, dass gerade sie, die Co - Abhängigen, Alkoholikern meist kaum helfen können.

Carlo Luciano Weichert

La Palma, im Februar 2024

Inhaltsverzeichnis:

Widmung,

Vorwort

Teil 1

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“ Hermann Hesse, Stufen

Teil 2

„Es ist ein schwerer Irrtum zu glauben, dass alle Menschen so denken, fühlen und handeln müssten, wie Du Dir das vorstellst!“

Teil 3

Alkoholismus: Begegnungen mit Deinem „Inneren Kind“ von damals

Teil 4

„Lass keinen Tag Deines Lebens vergehen, ohne dass Du etwas für Deine Träume getan und etwas Neues über Dich dazu gelernt hast.“

Teil 5

„Denke immer daran, dass Du an Deiner Alkohol-Krankheit nicht „Schuld“ bist. Aber Du hast zweifellos alle Verantwortung dafür, wieder gesund zu werden.“

Teil 6

Frage Dich jeden Tag: „Was kann ich heute für mich tun, um (wieder) ein gesunder Mensch zu werden?“

Teil 7

„Liebe ist: wenn man Ruhe und Frieden im Herzen und im Leben des anderen finden kann.“

Teil 8

„Was mir bestimmt ist, kann ich nicht verlieren. Was mir nicht bestimmt ist, kann ich nicht, soll ich nicht, darf ich nicht festhalten.“

Teil 9

Die bittere Wahrheit: „Kein Mensch, hat mir so viel Kummer und Probleme bereitet, wie ich mir selbst.“

Teil10

Du kannst es Dir nicht aussuchen, ob Du dieses oder jenes Schicksal haben möchtest .Aber es ist Deine Aufgabe, aus alledem was Dir passiert zu lernen und immer das Beste daraus zu machen.“

Teil 11

Trocken werden: „Das haben schon so viele geschafft; Warum nicht auch DU?“ Raus aus der Alkoholsucht. Das 4 Schritte - Programm

Alkohol- und Suchtberatung

Biografie des Autors

Bücher von Carlo L. Weichert

Wichtig:

Die geschilderten Handlungen und Personen in diesem Buch entstammen meiner schriftstellerischen Freiheit.

Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und deren Lebenssituationen sind rein zufällig.

Ratgeber? Ratgeber!

Lieber Leser/in

Dieses Buch - diese dramatische Lebensgeschichte von Simone und Manuel - liest sich wie ein spannender Roman… und doch - ist es auch gleichzeitig ein Ratgeber.

Es verknüpft fast 30 Jahre meiner Praxiserfahrungen und Erlebnisse mit vielen Alkoholkranken und deren Partner(innen) und Familien.

Es soll Lebenshilfe, Begleiter und Berater sein.

Wegen der „Brisanz“ des Themas Alkohol - und um niemanden zu nahe treten zu wollen - biete ich Ihnen die Themen wie ein Buffet an, von dem sich jeder nehmen kann, was ihm wichtig ist.

Denn auch für unser (Seelen-) Leben benötigen wir immer wieder neues Handwerkszeug und neue Ideen oder geistiges Handwerkszeug, d.h. sich mit seinen Lebensthemen und Problemen intensiv beschäftigen, darüber nachdenken, neue Strategien und Lösungen suchen, entwickeln, finden… um daraus lernen.

Zeitweise werden Sie in diesem Buch Texte finden, welche farblich gekennzeichnet sind. Diese möchten Sie auf wichtige Gedanken, Impulse oder auch medizinisch - psychologische Informationen (auf dem Hintergrund neuester Erkenntnisse, Studien und Forschungen) aufmerksam machen.

… und dann kommt der wirkliche Ratgeber:

Das sind nämlich Sie selbst bzw. Ihr eigenes Unterbewusstsein, Ihre eigene Seele.

Man kann eben beim Lesen dieser teilweise rührenden, teilweise sehr dramatischen Lebensgeschichte nicht so tun, wie wenn einen das alles „kalt“ lässt, man oft nicht mitleidet, den Kopf schüttelt oder auch zeitweise „mit den Zähnen knirscht“.

Das sind Momente, wo der „Spiegel“ wirkt und Ihre Seele reagiert, lächelt oder protestiert…, weil irgendetwas aus diesem Buch Ihr eigenes Leben, Ihre eigenen Gedanken und / oder Gefühle trifft…

und dass, das merkt sich Ihr Unterbewusstsein sehr genau…

und Sie können / dürfen sich aus diesem Ratgeber-Buch herausnehmen was Ihnen für Ihr eigenes Leben / für Ihre Seele wichtig ist..

Nun wünsche ich Ihnen viel Freude und viele neue Erkenntnisse oder Betrachtungsweisen mit diesem indirekten Ratgeber.

Herzlichst, Ihr

Carlo Luciano Weichert

La Palma im Februar 2024

Einleitung:

Dieses Buch ist als Orientierungshilfe und Information für die oft hilflosen Partner und Familienangehörigen von Alkoholikern (also den sogenannten Co - Abhängigen), sowie für Interessierte, aber insbesondere für die Betroffenen selbst gedacht.

Es erzählt die Geschichte von Simone und Manuel, die mit einer großen Liebe beginnt.

Aber das Alkoholproblem der Partnerin lässt die Beziehung in immer tiefere Krisen geraten, die fast in einer emotionalen Katastrophe enden.

Persönliche Erfahrungen

Das Thema Alkoholismus in Familie und Partnerschaft hat auch für mich ganz persönliche Bedeutung. Ich möchte nicht verschweigen, dass in meiner Kindheit und Familie Alkohol wahrlich kein Fremdwort war.

Als Kind habe ich es immer wieder als beängstigend, bedrohlich, oft als geradezu widerlich empfunden, wenn ich Menschen im alkoholisierten Zustand erleben musste. Ich erlebte diese lallend, laut, torkelnd, affektiert, aggressiv, oft auch jammervoll und weinerlich.

All das hat - so wie mir das auch meine Patienten oft berichteten - auch in meiner kindlichen Seele Vertrauenskonflikte zu den sonst geliebten Personen erzeugt.

Hier haben Sie die Möglichkeit:

den alkoholkranken Partner(in) und dessen eigene Hilflosigkeit gegenüber der Sucht verstehen zu lernen

einzusehen, dass dieser „Kampf“ gegen den Alkoholismus des Partners (

„hör endlich auf zu saufen!“)

nervenaufreibend, kräftezehrend und oft sinnlos ist, denn: 1000x versprochen, 1000x gebrochen!

verstehen zu lernen, dass meist nur Liebe, Einsicht und Glauben einerseits und Krankheiten und tiefes seelisches Leid andererseits, Wege aus dem Alkoholismus sein können.

Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarte ich getrost, was kommen mag. Gott ist bei mir am Abend und am Morgen Und ganz bestimmt an jedem neuen Tag

Dietrich Bonhoeffer

Teil 1

„…Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“

Hermann Hesse, Gedicht: Stufen 1941

Simone

Es war Nachmittag, Ende Oktober. Die Bäume waren schon bunt und viele hatten bald keine Blätter mehr. Draußen war es nasskalt und nebelig. Unfallwetter! Deshalb war schon in der Früh, in unserer Auto- und Reparaturwerkstatt, ziemlich viel los.

Da gab mir mein Mechaniker mit dem Ellenbogen einen Stoß und sagte: „Da schau mal.“ In diesem Moment fuhr gerade ein silberner Sportwagen vor unsere Werkstatt.

Als sich die Tür öffnete, stieg eine Frau aus, die sich sehen lassen konnte. Dunkelhaarig, schlank, die sofort mit dem „gewissen Etwas“ lächelnd auf uns zukam. Eine Kleinigkeit fehle an ihrem super gepflegten Sportwagen, ob wir das doch bitte möglichst gleich für Sie erledigen könnten?

Und das sagte sie in einer Art, der ein Mann kaum widersprechen kann. Sie hatte etwas, was einen durcheinanderbringen konnte: sei es ihre Art zu reden, zu schauen, ihr Lachen, oder ihren Körper, den sie sehr wohl einzusetzen wusste (jedenfalls habe ich das so empfunden).

Bald war sie mit ihrem Sportwagen wieder weg und mein Mechaniker - bekannt für seine lockeren Sprüche - meinte: „Mann, die wäre doch eine Sünde wert.“

Da ich selbst geschieden und seit langer Zeit Single war, ging mir diese Frau nicht „aus dem Kopf“. Kurz vor Weihnachten kam sie mit ihrem Sportwagen wieder in unsere Werkstatt. Nur dieses Mal kümmerte ich mich um ihr Anliegen und so kamen wir ins Gespräch.

Wie das so ist: irgendwann fragte ich sie einfach, ob sie nicht Lust hätte, mit mir einmal zum Essen zu gehen? Und ich war sehr erstaunt, als sie nach kurzem Zögern „ja“ sagte. So verabredeten wir uns für den nächsten Freitagabend in einer Pizzeria.

Erstes Abtasten

Ich hatte den Eindruck, wir fanden uns auf Anhieb sympathisch. Wie das so ist, beim ersten Date: Wir plauderten und jeder versuchte, so viel als möglich von dem anderen zu erfahren.

Klar hatten wir schon einiges an Beziehungen und entsprechenden Erfahrungen hinter uns. Beide waren wir seit über einem Jahr ohne Partner (na, wenn das keine guten Voraussetzungen sind...)?

Sie redete ziemlich viel. Ihre Augen und ihr Mund lachten dabei und ich wurde den Verdacht nicht los, dass sie ein bisschen getrunken hatte. Im Lauf des Abends trank sie noch zwei Gläser Wein. Dabei wurde sie immer lebendiger und immer lustiger, was ich sehr schön fand.

„Mein Vater war Alkoholiker“

Manuel erzählte weiter: „Alkohol mag ich nicht. In unserer Familie wurde sehr viel getrunken. Ich habe als Kind immer erleben müssen, wenn Vater betrunken von der Arbeit oder aus dem Wirtshaus kam. Wie oft habe ich dann Mutter in wütenden Auseinandersetzungen mit ihm erlebt. Zeitweise habe ich sie weinen sehen, wenn Vater sie im Rausch gemein beschimpft hat oder schlimmeres.

Am Wochenende trank er viel. Wenn Vater betrunken herumtobte, waren die Spannungen in der Familie nicht zum Aushalten. Dann hatten wir Kinder große Angst vor ihm, insbesondere vor seiner Unberechenbarkeit. Er hat oft betrunken so viel dummes und verworrenes Zeug geredet, was weder Hand, Fuß noch Logik hatte. Wir schauten, dass wir ihm ausweichen konnten. Aber unsere arme Mutter, die bekam immer seine Launen und Aggression ab.

Mutter: Alkoholkrank und Krebs

Irgendwann wurde Mutter selbst krank. Heute denke ich mir, auf dem Hintergrund der jahrelangen Streitereien, Sorgen und Ängste durch den Alkohol von Vater.

Sie hatte Krebs. Erst Brustkrebs und einige Zeit nach der Chemotherapie Leber- und Knochenkrebs. Sie war sehr, sehr verzweifelt.

In ihrer Verzweiflung begann Mutter auch zu trinken. Ab diesem Moment begann für uns eine Hölle. Nach zwei Jahren starb Mutter. Niemand von uns wusste, ob sie an Krebs gestorben ist oder an dem vielen Alkohol, den sie in der Endphase ihrer Krankheit täglich trank, um anscheinend ihre Schmerzen besser ertragen zu können.

Vater: Alkoholiker und völlig vernachlässigt

Nach dem Tod der Mutter, war es mit Vater nicht auszuhalten: Nun trank er fast täglich. Durch den vielen Alkohol ist Vater dann ein völlig heruntergekommener, kaputter alter Mann geworden. Er hat sich total vernachlässigt, auch nichts mehr gegessen. Manchmal haben sie ihn aus der Kneipe geworfen, weil er im Suff unter sich gemacht hat. Körperpflege, Hygiene oder Ordnung in der Wohnung und in seinem Leben, gab es nicht mehr.

Manchmal hat er uns gar nicht mehr erkannt oder verwechselt. Aber helfen, wollte er sich NIE lassen. Irgendwann bekam er einen dicken Bauch. Der war voller Wasser, auch seine Füße.

Er ist in seiner Stammkneipe zusammengebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden. Als ich ihn besucht habe, war er zum Skelett abgemagert, und er hatte einen riesigen Bauch.

Diagnose: Leberzirrhose und Pankreasinsuffizienz durch chronischen Alkoholabusus, (Leberzersetzung und Bauchspeicheldrüsenzusammenbruch durch Alkoholmissbrauch).

Der Arzt nahm sich kein Blatt vor den Mund, fragte direkt, ob niemand aus der Familie dem Mann hätte helfen können. Ja wie denn? Vater wollte sich nie helfen lassen. Er hat immer gesagt: „Lasst mich bloß zufrieden, ich will nichts hören, ich brauche nichts und niemanden, schon gar keine Ärzte, Krankenhäuser oder Psychologen!“

Also haben wir ihn in Ruhe gelassen und „von Weitem“ zusehen müssen, wie er in seinem Suff immer mehr verkommt. Dann ist er qualvoll gestorben. An seinem Grab habe ich mir geschworen:

„Ich werde mein Leben lang

keinen Alkohol trinken.

Was ich in meiner Familie mit Alkohol erlebt habe, das reicht mir völlig.“

Meine Brüder, ähnlich wie Vater

„Leider sehen das meine beiden älteren Brüder nicht so. Auch sie trinken viel, sitzen oft in den Wirtshäusern herum. Wenn sie getrunken haben, sind sie ungerecht, besserwisserisch, reden dummes Zeug, fühlen sich mächtig stark, lassen sich nichts sagen. Typisch, alles so wie bei unserem Vater.

Meine beiden Schwägerinnen reden nicht viel darüber. Sie bagatellisieren alles. Ich denke, sie schämen sich (wie Mutter sich immer für Vater geschämt hat), um nach außen ihre Familien zu schützen. Wie sich doch alles im Leben wiederholt!

Also für mich war seit damals klar: keinen Alkohol! Aber ich bin so tolerant zu sagen: Ich habe nichts dagegen, wenn jemand sein Glas Wein oder Glas Bier genussvoll trinkt, aber dann sollte auch Schluss sein.“

„Denn dieses Saufen ist einfach widerlich!“

…und nun das!

So, und nun war ich hier in dieser Pizzeria. Mir gegenüber saß diese Frau, die mich wie ein Magnet in ihren Bann zog, mit dem schönen Namen Simone. Ich bemerke, sie hatte schon ganz schön „einen über den Durst" getrunken.

Aber sie war so lustig, so lebendig und sie strahlte mich mit ihren - etwas glasigen - Augen an.

Ich bemerke, dass ich mich mit meinen 56 Jahren in sie verknallt hatte. Anscheinend musste ihr das genauso gegangen sein. Denn als wir die Pizzeria verließen und zu unseren Autos gingen, schmusten wir, wie zwei Sechzehnjährige beim ersten Date.

Für mich war das fast unbegreiflich, dass ich diese wunderschöne, warmherzige und anschmiegsame Frau im Arm halten durfte. Ich war in diesem Moment so was von glücklich, wenn da nicht der Alkohol gewesen wäre. Aber eigentlich? Was spielte das in diesem Moment für eine Rolle?

Simones Biografie

Seit diesem Abend telefonierten wir jeden Tag miteinander, manchmal sogar öfter, denn Simone lebte plötzlich tief in meinem Herzen.

Sie erzählte mir, dass sie in einer großen Firma als Sekretärin arbeitet, als Chefsekretärin, wie sie ausdrücklich betonte. Auch erfuhr ich so allerlei Klatsch aus „ihrer" Firma, die anscheinend in ihrem Leben eine große Bedeutung hat. Mit ihren anderen Kolleginnen scheint sie sich gut zu verstehen. Wenn ich daran denke, mit welch einem Selbstbewusstsein sie in unsere Werkstatt kam und ich mir vorstellte, wie sie täglich mit ihrem Sportwagen vor die Firma vorfährt, da ist sicherlich Neid und Missgunst nicht sehr weit.

Zu ihrer Familie schildert sie ein distanziertes Verhältnis. Beide Eltern seien schon älter, um die sie sich zeitweise kümmere.

Zu ihrem jüngeren Bruder wäre das Verhältnis gut, aber mit der Schwägerin sei es schwierig. Diese sei ein Hausmütterchen, deren einziger Lebenssinn es sei, für ihre Kinder da zu sein und diese zu verhätscheln. „Das ist nicht meine Welt“, meinte Simone.

Aufgewachsen sei sie mehr bei ihrer Großmutter, da die Eltern mit Arbeit und Hausbau immer sehr beschäftigt waren.

Die Großmutter sei aber schon lange tot, an dieser sei sie sehr gehangen.

Beziehungen

Ihre letzte Beziehung habe ca. fünf Jahre gedauert. Dann sei alles vorbei gewesen, weil sie sich mit dem ehemaligen Partner nicht mehr verstanden hätte. Außerdem habe dieser Mann eine viel zu starke Bindung an seine Familie gehabt, sodass sie ihn ständig mit seinen Eltern und Geschwistern teilen musste. Sie nannte ihn ein Muttersöhnchen. Irgendwann ging das nicht mehr, denn sie wollte schließlich den Mann für sich und eine eigene Familie haben.

Zur Tochter: Kaum Kontakt

Eine Tochter habe sie aus erster Ehe, aber die sei schon mit 17 ausgezogen und lebe seither mit ihrem Freund zusammen. Der Kontakt zu ihrer Tochter sei nicht besonders gut. Jeder lebe sein Leben.

Sie selbst sei mit 19 Jahren zu ihrem damaligen Freund gezogen und habe bald darauf geheiratet. Nach ca. 13 Jahren sei sie geschieden worden. Ihr Ehemann war ständig auf Montage, bis sie ihm darauf gekommen sei, dass er schon seit Jahren hinter ihrem Rücken andere Frauen hatte.

Nun ist sie 48 Jahre alt, sei seit zwei Jahren Single. Sie lebe in einem kleinen Apartment, in der Nähe ihrer Arbeitsstelle. Sie habe viele Freunde, gehe oft aus und lasse es sich gut gehen, soweit das möglich ist.

Manuel

„Aus Freude an Autos wurde ich Automechaniker. Ich machte später meinen Meister und habe vor 20 Jahren eine Werkstatt aufgebaut, die heute relativ gut läuft.

Was die Ehe betrifft, so habe ich zwei Ehen hinter mir: Die erste Ehe war vom 24. bis 40. Lebensjahr. Aus dieser Ehe gibt es zwei erwachsene „Kinder“, mit denen ich mich heute sehr gut verstehe. Ebenso mit meiner geschiedenen Frau, die wiederverheiratet ist.

Die zweite Ehe war nur kurz, vom 44. bis 48. Lebensjahr. Hier ist die Frau ganz kurzfristig aus- und weggezogen, soviel ich weiß, irgendwo ins Ausland evtl. nach Spanien. Hier gibt es keinerlei Kontakte mehr.

Dazwischen und danach gab es einige kurzfristige Bekanntschaften.

Privat bin ich durch die Werkstatt und meine acht Angestellten sehr eingespannt. Die Arbeit selbst, das Management, hält mich an den Abenden und Wochenenden „auf Trab“.

Also ist private Zeit Mangelware.

Bowling - Abende und Selbsterfahrungsgruppe

„Allerdings gibt es zwei Hobbys, die auch ich nicht so gern auslassen möchte. Mein Bowling - Abend, einmal in der Woche, der ist mir wegen der Gaudi und der Kontakte wichtig. Ebenso alle 14 Tage die Selbsterfahrungsgruppe, in die ich schon seit zwei Jahren gehe. Diese ist mir besonders wichtig, weil ich durch den Kontakt mit den anderen schon sehr viel für mich und für mein Leben gelernt habe.

Manchmal an den Wochenenden mache ich Fahrrad-Touren, gehe zum Wandern, an den See zum Angeln oder Schwimmen. Natürlich gehe ich auch gern zum Essen, aber am liebsten mit einer tollen Frau.“ So verabredeten wir uns zum nächsten Tag wieder, denn das war Silvester.

Enger Kontakt zu seinen Kindern

Manuels Problem war, dass er den Silvesterabend teilen musste. Denn seit Jahren war es bei ihm der Brauch, dass gegen Mitternacht seine beiden erwachsenen „Kinder“, mit ihren ganzen Freunden, für ca. eine Stunde, zum Anstoßen kamen. Als sie noch klein waren, sind sie oft den ganzen Silvesterabend bei Manuel gewesen. Jetzt, wo sie erwachsen sind, da kommen sie und gehen bald wieder. Aber der Kontakt zu seinen Kindern ist ihm sehr wichtig.

Simone meinte, ihre Tochter gehe ja auch eigene Wege. Sie hätte wohl lieber den ganzen Silvesterabend mit Manuel verbracht. Also traf man sich um 19.00 Uhr um „schön Essen“ zu gehen.

Silvester in der Pizzeria

Wir trafen uns vor der Pizzeria. Als Simone aus dem Auto stieg, sah sie umwerfend aus. Sie hatte sich wirklich toll hergerichtet. Nach inniger Begrüßung gingen wir dann in das Restaurant, das schon sehr voll war. Wir setzten uns an den Tisch, den ich hatte reservieren lassen.

Nur ein kleiner Schwips?

Ich sah es Simone an, dass sie schon wieder einen kleinen Schwips hatte, denn ihre Augen leuchteten verdächtig, wie beim letzten Mal. Ihre Mimik und Gestik waren sehr lebendig. Manchmal wurde ihre Zunge etwas schwer und sie schien nach Worten zu suchen. Ja, so meinte sie, in ihrem ganzen Haus sei heute so richtig Partystimmung. Die Nachbarn würden schon seit Nachmittag so richtig feiern. Na ja, und so habe sie bei jedem ein Glas Sekt getrunken, denn heute sei doch schließlich Silvester. Aha, ich hatte also doch recht!

Noch eine Flasche Wein

Nur: Überall wurde heute kräftig getrunken. Wenn ich mich hier in diesem Restaurant umschaute, da gab es keinen Tisch, wo nicht neben den Tellern Bier, Wein oder Sekt stand. Also was ist schon dabei, wenn sie einen kleinen Schwips hat, so dachte ich mir. Es ist eben Silvester und Simone ist anscheinend eine Frau, die das Leben genießt und von der leichten Seite nimmt.

So genossen wir das schöne italienische Essen. Simone hatte sich heute, „zur Feier des Tages" wie sie sagte, eine „gute Flasche Wein“ bestellt, deren Inhalt sie langsam und genussvoll vor sich hin trank.

Meine Frage an Simone, ob ihr der Wein und der Sekt von vorher und nun dieser Wein hier dazu, nichts ausmachen würde, quittierte sie mit einem Lachen. „Ja, des Bisserl, des is doch gar nichts“, meinte sie schmunzelnd.

Gegen 22 Uhr verließen wir das Restaurant. Wir versprachen uns, nach Mitternacht miteinander zu telefonieren. Wegen des Alkohols wollte ich sie heimfahren. Sie sollte besser ihren Wagen hier stehen lassen. Aber das wollte sie absolut nicht. „Wegen der Feuerwerkskörper“, meinte sie, „wolle sie ihren Wagen nicht in Gefahr bringen, denn ihr Sportwagen, der war ihr heilig.“

Auf dem Wege nach Hause, machte ich mir meine Gedanken über Simone, ihre Alkoholgeschichten und das sie jetzt angetrunken mit dem Auto fährt. Auch dass sie meinte, sie sei doch noch völlig nüchtern.

Herzliche Beziehung zu den erwachsenen „Kindern“

Meine beiden erwachsenen „Kinder“, kamen kurz vor Mitternacht zum Anstoßen zu mir. Das war bei uns so Tradition. Ich fand das wunderbar. Es war für mich wichtig, dass nach der Scheidung diese herzliche Beziehung und Bindung zu ihnen erhalten geblieben ist.

Beide trinken auch keinen Alkohol. Ich denke, das haben sie von mir übernommen. Sie sind auch Nichtraucher, haben einen guten Lebenswandel. Meine Tochter studiert noch Lehramt und mein Sohn ist gerade mit seinem Studium als Wirtschaftsingenieur fertig geworden. Ich bin mächtig stolz auf sie. Danach rief ich Simone an.

Ihre Zunge war schon schwer

Sie wartete schon auf meinen Anruf. Ich bemerke beim Reden, dass ihre Zunge schon ziemlich schwer geworden ist. Sie lallte. Also setzte ich mich ins Auto und fuhr noch zu ihr. Im Haus, wo sie wohnte, dröhnte ziemlich laute Musik aus dem Untergeschoss.

Leere Flaschen, gebrauchte Gläser

Simone öffnete mir Ihre Wohnung. Es roch nach Räucherstäbchen und soweit ich das in diesem Dämmerlicht überhaupt sehen konnte, sah sie umwerfend aus. Sie trug jetzt einen rosaroten Kimono. Im Raum gab es einige heruntergebrannte Kerzen und im Hintergrund lief Kuschelmusik.

Als ich an ihrer kleinen Küche vorbeiging, sah ich eine Menge Abwasch herumstehen. Auch das Wohnzimmer war unaufgeräumt. Neben dem Bett standen einige leere Flaschen und gebrauchte Gläser auf der Erde.

Kaum waren wir im Wohnzimmer, da öffnete Simone den Gürtel ihres Kimonos. Sie legte mir ihre Arme um den Hals, begann mit mir zu schmusen und mich auszuziehen. Bald lagen wir beide in ihrem großen Bett.

Ich spürte, diese Frau, diese Emotionalität, hat auch in mir schlummernde Gefühle wachgerufen. Und schon schlief Simone so tief ein… und sie war nicht mehr wach zu bekommen.

Gespaltene Gefühle

Ich schaute mich im Kerzen-Dämmerlicht in Simones Wohnung um. Diese enorme Unordnung hier, war für mich nicht verstehbar, denn Simone machte mir bisher einen sehr sauberen und gepflegten Eindruck.

Das passt doch alles nicht zusammen.

Noch mehr erschreckten mich die vielen leeren Weinflaschen und die schmutzigen und angetrockneten Weingläser hier neben dem Bett, auch zwei Teller mit Essensreste.

Das verstand ich nicht und es machte mich sehr nachdenklich.

Das ließ Erinnerungen aus den alten Zeiten von Vater und Mutter in mir wach werden, die sich auch unter dem Einfluss von Alkohol völlig vernachlässigt haben.

Irgendwann bin ich neben Simone eingeschlafen und ich wurde gegen Morgen wieder wach. Sie schlief immer noch tief und fest. Na, kein Wunder, dachte ich, nach all dem Alkohol.

So stand ich leise auf und zog mich an. Nachdenklich, wegen der Alkoholgeschichten und der enormen Unordnung in ihrer Wohnung, fuhr ich mit gespaltenen Gefühlen heim.

Vorfreude

Als Manuel zu sich nach Hause kam, fiel er noch einmal ins Bett. Irgendwann wurde er wach. Nachdem er sich geduscht und angezogen hatte, rief er bei ihr an. Sie war sofort am Telefon und beide verabredeten, dass Simone um 12.00 Uhr zu Manuel zum Mittagessen kommen sollte. „Ja kannst Du denn überhaupt kochen?", wunderte sie sich. „Du wirst schon sehen", sagte er zu ihr, „ich bin nämlich ein guter Hausmann.“

Manuel machte im Wohnbereich noch ein bisschen Ordnung. Dann begann er in der Küche ein schönes Essen zu zaubern. Pünktlich um 12:00 Uhr war das Essen fertig und genau in diesem Moment fuhr auch ihr Sportwagen vor das Haus.

Mit Genuss aß Simone alles, was Manuel in der Zwischenzeit gekocht hatte. Zur Feier des Tages gab es extra für sie ein Glas Wein dazu, den er nie kaufen musste, denn Kunden und Firmenvertreter lassen als Weihnachtspräsent so manche gute Flasche da, während Manuel sein stilles Mineralwasser trank.

Gesundheitsbewusst

Manuel lebte sehr gesundheitsbewusst. Er war ein überzeugter Anti- Alkoholiker, Nichtraucher und Vegetarier.

Heute lebte er überwiegend von Obst, Rohkost und Gemüse. Der Erfolg war, er brauchte seit Jahren weder Ärzte, noch Untersuchungen oder Medikamente, fühlte sich gesund, vital und sah wesentlich jünger aus, als er in Wirklichkeit war.

Seine Hobbys waren Bücher und Fachartikel zu diesem Thema, Vorträge, Ernährungs- und Gesundheitsmessen.

Auch hat Manuel seit Jahren einen spirituellen Weg eingeschlagen.

Nun hatte er sich in Simone verliebt, die ein ganz anderes Lebenskonzept hatte und die so ganz anders war als er.

Manuel glaubte an das Schicksal, das sie zusammengeführt hatte. Denn einen Sinn musste doch ihre Begegnung haben.

Spaziergang

Danach fuhren sie hinaus in die kalte Winterlandschaft und gingen spazieren.

Dabei erzählte Manuel von seiner Arbeit, von dem großen Druck, unter dem er ständig als Chef seiner kleinen Firma stand. Er erzählte von seinen Sorgen, am Monatsende acht Gehälter für seine Angestellten zahlen zu müssen, das Geld für alle Pflichtzahlungen, wie Steuern, Versicherungen, Miete, Materialeinkauf zusammen zu haben.

Natürlich soll auch noch etwas Geld in die Rücklage und es soll auch noch etwas für ihn privat übrigbleiben. Das alles bedeutet natürlich sehr viel Arbeit, sehr viel Druck und wenig Freizeit. Das Verdienen könne man sich nicht aussuchen. Es ist abhängig vom Wetter, von der Konjunktur und den Kunden, die in die Werkstatt kommen.

Dann wird Manuel ganz ehrlich, denn er sagt zu Simone: „Was ich schon lange suche, das ist eine Frau zum Gernhaben.“

Er brauchte keine Putzfrau, denn die kommt zweimal die Woche. Er brauche eine Frau, mit der er zusammenleben könnte und die ihm mit Verständnis begegnet und die ihm auch hilft und zur Hand geht.

Simone sagte nichts zu alledem, sondern sie nickte nur vor sich hin. Aber irgendwann meinte sie: „Ja, das könnte sie sich auch vorstellen.“

Alkohol? Das war doch nicht viel!

Ob der Alkohol gestern für sie nicht zu viel war, fragte Manuel vorsichtig?

„Nein“, so Simone: „Das war doch gestern nicht viel, diese paar Gläschen.

Das ist doch so richtig schön gewesen.“

Simones Lebensphilosophie:

„Öfter einmal ein, zwei Glas Sekt oder Wein nach der Arbeit, abends oder am Wochenende, das entspannt.

Das ist so erlösend, wärmt so schön, lässt mich all den Ärger, den Druck, die Hektik und die Probleme des Alltags vergessen.

Das gehört für mich einfach zu meiner Lebensqualität mit dazu.“

„A besoffene Frau, is a Engl im Bett!“

Dann dachte Manuel über Simones Worte nach: wie sagte sie eben? „Das war gestern doch nicht viel?“… und er begann zu rechnen:

Eine Flasche Wein in der Pizzeria und einige Glas Sekt, vielleicht auch Wein mit ihren Nachbarn und Bekannten vorher und danach noch einmal in ihrem Haus?

„Da kommt aber aus meiner Sicht schon eine schöne Menge Alkohol zusammen.“

Für ihn war klar: Simone hat gestern ziemlich viel Alkohol getrunken. Na ja, den Vorteil von diesem „Schwips“, den hat er ja dann mit ihr im Bett erleben dürfen.

Der Toni, sein Mechaniker sagte ja auch immer:

„Des muast dir einfach gut merka, Bua: A besoffene Frau, is a Engl im Bett!“

Manuel ist kein Gesundheitsprediger, der weltfremd das Leben eines Eremiten führt. Er ist weltoffen, steht mit zwei Füßen voll im Leben, ist tolerant und er gönnte jedem das Seine. Selbst wenn er heute so manches – aus seiner eigenen Lebenserfahrung heraus - kritisch sieht.

Wenn Simone einmal ein Glas Wein trinken möchte, nun, dann sollte sie das eben tun, da ist doch nichts dabei.

Allerdings hatte er in einem buddhistischen Weisheitsbuch gelesen:

Buddha sagt:

„Das ist Dein Leben, das Du von Gott geschenkt bekommen hast. Er übergibt Dir dieses Leben in Deine absolute Verantwortung.

Es ist Deine Pflicht, diesen Tempel Deines Lebens rein zu halten und darauf zu achten, was Du isst, was Du trinkst, was Du sagst und was Du tust.“

Jesus Christus sagt ganz Ähnliches, in all seinen Predigten, Heilsbildern und Gleichnissen.

Am Ende dieses Abends blieb Simone wie selbstverständlich bei Manuel. Sie ging mit ihm zusammen ins Bad und anschließend ins Bett.

So ist das eben, wenn man verliebt ist…

Zwischen Silvester und Heilige Drei Könige hatten beide Urlaub. Für Simone, die ja Single war, die keine Familie und Verpflichtungen hatte, Angestellte in einer Firma war, bedeutete Urlaub:

Sie hatte Zeit und sie wollte irgendetwas unternehmen, so etwas wie Hotel-Verwöhnurlaub, Wellness, Spaß, Freude und es sich gut gehen lassen.

Die 1. Krise

Manuel, als Chef einer Autowerkstatt, hatte keinen Urlaub, denn es war Jahreswende.

Buchführung, Steuererklärung, Bestellungen, alles musste jetzt gemacht werden. Außerdem waren in dieser Zeit die vier seiner Mechaniker mit ihren Familien im Skiurlaub. Also wurde er hier dringend in der Werkstatt gebraucht… von wegen Urlaub!

Und es war Januar. Draußen lag nun Schnee und es gab viele Unfälle, die eine gute Einnahmequelle sind. Also hatte Manuel sogar viel mehr Stress als sonst im Jahr.

Frustriert

Am Montagnachmittag besuchte Simone Manuel in der Werkstatt. Sie hatte gemeint, er habe Urlaub und er könnte mit ihr etwas unternehmen. So saß sie einige Zeit an seinem Schreibtisch und musste miterleben, wie er hin und her rannte, mit Kunden telefonierte, Termine ausmachte und hier und dort selbst an den Autos mitarbeitete, Probefahrten machte.

Irgendwann ging sie frustriert und kam erst nach 19:00 Uhr wieder, wo er gerade fertig war, sich noch duschen und umziehen musste. Heute erlebte sie auch, dass Manuel müde war, während sie, die ja kaum etwas zu tun hatte, noch etwas unternehmen wollte.

Manuel war einfach kaputt. So sagte sie zu ihm, dass sie – „da er ja keine Zeit für sie habe“ – ab morgen für einige Tage in den Skiurlaub fahren werde.

Dann stand sie auf und ging. Als Erklärung meinte sie „süßsauer“: „Nun, er könne sie heute ja sowieso nicht brauchen, denn er sei ja ‚sooo‘ müde. Außerdem müsse sie für ihre Reise noch einige Dinge vorbereiten“, und weg war sie. Manuel fühlte sich, wegen dieser „komischen Art“ von Simone, irgendwie bestraft.

Meine Welt ist das nicht

In den nächsten Tagen rief ihn Simone des Abends aus ihrem Skiurlaub an. Im Hintergrund war laute Musik zu hören. Sie erzählte ihm lustig, wie schön die Tage beim Skifahren hier in der Sonne wären, wie toll das Essen war. Aber insbesondere die Wellness - Abteilung, die japanischen Massagen und nun der Abend hier in der Diskothek, mit den tollen Leuten beim Tanzen.

Manuel bemerkte an ihrer Sprache, dass sie wieder getrunken hatte. „Schade, dass Du nicht hier bist, denn hier ist eine so tolle Stimmung“, lallte sie ins Telefon. Nein, dachte Manuel, meine Welt ist das wirklich nicht!

Am Sonntagabend klingelte bei Manuel das Telefon. Simone war es. Sie sprudelte sofort los. „Hallo Schatzi, freust Du Dich, ich bin vom Urlaub wieder zurück, der war wirklich toll, weißt Du.“ Sie erzählte und erzählte.

Manuel hörte, dass ihre Stimme schon wieder diesen lallenden Unterton hatte. Bald bemerkte er, sie redet in Schleifen, das heißt, sie redet immer wieder das gleiche, was er ja noch gut von Vater und Mutter in Erinnerung hatte.

„Ärger“

Er bemerkte, wie sein „Ärgerpegel“ so langsam in ihm hochstieg. Es „wurmte“ ihn, dass sie nicht ein einziges Mal gefragt hat, wie es ihm gehe und wie seine „sogenannte Urlaubswoche“ war. Außerdem ärgerte es ihn, dass sie schon wieder getrunken hat.

Nachdem er ihr eine Zeitlang zugehört hatte, fragte er sie: „Sag mal, hast Du getrunken?“ Was nun kam, das hätte er nie erwartet:

Sie ging sofort an die Decke: „Jetzt haben wir uns seit einer Woche nicht gesehen“, schimpfte sie. „Ich habe mich so auf Dich gefreut. Ich erzähle Dir die ganze Zeit von mir und meinem Urlaub, damit Du an meinem Leben teilhaben kannst und Du gehst überhaupt nicht auf mich ein. Du sagst kein einziges Wort dazu. Aber was Du von mir wissen willst, ist, ob ich getrunken habe. Weißt Du mein Lieber, das ist wirklich mies von Dir!“

Verunsichert

Das hatte Manuel nicht erwartet. Er fragte sich, ob sie nicht recht habe. Aber sein Kopf meldete sich: von wegen sie erzählt von sich und ihrem Urlaub.

„Du“, sagt er nun, „Auch ich habe mich auf Dich gefreut. Aber seit gut einer halben Stunde erzählst Du nur von Deinem Urlaub und das mindestens schon zum dritten Mal, immer wieder das gleiche“, verteidigte er sich.

„Ja bin ich es Dir nicht wert, dass Du mir zuhörst?“, schimpfte sie jetzt laut los.

Seine ganze Freude war jetzt dahin. „Weißt Du“, sagte er nun verärgert, „ich glaube es ist besser, wir hören uns wieder, wenn Du wieder nüchtern und klar im Kopf bist.“

„Wie Du meinst, mein Lieber“, schimpfte Simone nun spitz, „aber das, das ist jetzt Deine Entscheidung. Ich wäre nämlich jetzt gern zu Dir gekommen. Aber Du musst uns ja unseren schönen Abend kaputt machen.“ Und sie unterbrach die Verbindung.

Er war ihr nicht gewachsen

Simone hatte eine so „raffinierte und verdrehte Form“ zu argumentieren, die Manuel plötzlich zum „Schuldigen“ machte. So etwas hatte er noch nie erlebt. Dieser Frau war der geradlinig denkende Manuel einfach nicht gewachsen.

„Die spinnt“, so dachte er.

Er konnte sagen was er wollte, sie schaffte es immer, sich als gut, sauber und edel darzustellen.

Auf der anderen Seite schaffte sie es, ihn zum Bösewicht zu machen und ihm Schuldgefühle zu verpassen.

Und sie schaffte es auch noch, aus einer Niederlage einen Sieg zu machen.

„Ich muss das wieder in Ordnung bringen“

Da Manuel ein großes Gewissen hat, fragte er sich, ob er vielleicht etwas falsch gemacht habe. „In jedem Fall kann ich mit diesem komischen Gefühl im Bauch nicht schlafen gehen“, dachte er.

Mit „gemischten (Schuld)-Gefühlen“ rief er noch einmal bei Simone an. Besetzt! Nach einer halben Stunde noch einmal: Immer noch besetzt. Sein Ärgerpegel von vorhin war jetzt bei „Null“.

Merke: Warten macht entweder aggressiv oder demütig! Deswegen muss man ja bei Ärzten so lange warten (Spaß beiseite).

Er wusste nur eines: „Er wollte, nein, er musste mit Simone reden und versuchen, die Sache wieder einzurenken. Wahrscheinlich hatte sie recht. Er hätte wirklich besser auf sie eingehen können.“ (Schuldzuweisung wirkt schon!)

Machtspiele

Endlich, nach einer guten Stunde des Wartens, war ihre Leitung frei. „So“, fragte sie ihn kalt, (und die Stimme – die sonst so schnurren konnte - tat ihm furchtbar weh) „was willst Du? Ich denke, Du willst mich erst wieder hören, wenn ich nichts mehr getrunken habe“, lallte sie wieder. „Also warum rufst Du schon wieder an?“

Manuel kam sich durch ihre Stimme gedemütigt und wie ein dummer Junge vor. „O.k., Du hattest ja vorhin recht und es tut mir wirklich leid“, sagte er. Aber er spürte, dass er nun an seinen Gefühlen zum Verräter wurde, weil das gar nicht stimmte. Aber er wollte Frieden!

„Was tut Dir leid?“, fragte sie sofort zurück. Er kam sich dabei so gedemütigt vor, wie die Maus vor der Klapperschlange. Sie war es, die nun die Peitsche schwang und die ihre Macht über ihn und seine Hilflosigkeit genoss.

„Ich mag Dich doch auch“, stotterte Manuel, „ich habe mich doch auch auf Dich gefreut und ich wollte doch auch so gern heute mit Dir zusammen sein“. „So“, meinte sie nun ganz freundlich, „gut, dann komme ich jetzt zu Dir.“ Knack und schon war die Leitung unterbrochen.

Psychologisch gesehen:

Da Simone sehr hübsch ist, hat sie schon jung entdeckt, wie man von gewissen Männern alles haben und mit ihnen „spielen“ kann.

Heute ist sie eine erfahrene, aber auch raffinierte Frau, mit dem Anspruch einer Kleopatra.

Sie beherrscht das Katz- und Maus Machtspiel zwischen Mann und Frau vollkommen. Sie weiß, wie man sich einen Mann gefügig macht und diesen beherrscht. Das ist Narzissmus pur.

Was Narzissmus ist, das können Sie in meinem Buch nachlesen:

„Ich möchte Dich endlich einmal verstehen…“

Wohl war es Manuel nun nicht. Eigentlich wollte er nur mit ihr Frieden schließen. Er wollte sie nach diesem Hick-Hack heute bestimmt nicht sehen. Sie hatte ihn einfach überrumpelt und er hat sich überrumpeln lassen.

Und jetzt fuhr sie auch noch alkoholisiert mit dem Auto.

Bald sauste ihr Sportwagen vor sein Haus. Als er die Haustür öffnete, fiel sie ihm strahlend um den Hals, wie wenn nie etwas gewesen wäre.

Sie gingen sofort ins Bad, denn Zähneputzen, Abschminken, Waschen war für Simone vor dem Zubettgehen Pflicht… aber danach sofort ins Bett.

Wenn sie nur nicht so unangenehm aus ihrem Mund und ihr Körper nicht so scheußlich säuerlich nach Alkohol und Kneipe gerochen hätten, wäre es vielleicht noch ein schöner Abend geworden.

Aber so…

Kopfweh…

Am Montagmorgen klingelte um 5.30 Uhr Manuels Wecker. Er musste sofort aufstehen, denn nach dem schneereichen Wochenende, gab es immer in der Werkstatt viel vorzubereiten. Und je eher er dort war, desto besser.

Simone lag so schön bettwarm neben ihm. „Was, erst 5.30 Uhr, das ist ja noch Mitternacht“, sagte sie. „Du kannst doch noch ein bisschen bei mir liegen bleiben.“ Aber Manuel machte sich sanft von ihr frei und ging ins Bad.

Kurze Zeit danach kam sie auch ins Bad. Er bemerkte, dass es Simone nicht gut ging. „Is´ was?“, fragte er. „Nein, nichts“, sagte sie einsilbig, „nur ein bisschen Kopfweh.“

„Ach so“, meinte Manuel nachdenklich: „Das ist ja auch kein Wunder, nach der Menge Alkohol, die Du gestern getrunken hast.“

„Alkohol? Ich habe doch schließlich in der letzten Zeit fast nichts getrunken.“ Während er noch verblüfft dasaß, stand sie schon auf, ließ alles stehen und liegen und verließ mit einem angesäuerten: „Mach´s gut und arbeite nicht so viel“ das Haus.

„Von wegen Kopfweh“, dachte Manuel, „das hatten Vater und Mutter auch immer nach ihren Saufereien am Tag danach.“

Bowling - Treffen

Am Donnerstagabend erzählte er ihr, dass er morgen Abend zum ersten Bowling - Treffen im neuen Jahr gehen werde. Simone fuhr sofort ihre Alarmantennen aus. Was da los sei, wer da alles käme? fragte sie mit lauerndem Unterton.

Manuel erzählte: Da ginge er schon seit Jahren hin. Es gab Abende, die wirklich Spaß machten. Aber wichtig waren ihm die persönlichen- und die Geschäftskontakte, die so nebenbei geknüpft wurden. Er war, als Meister eines renommierten Autohauses mit Werkstatt, Reparatur und Verkauf, ein kompetenter Ansprechpartner.

Heiratsvermittlung

Simone fragte nun interessiert nach. „Frauen? Ja sicher seien auch Frauen dabei, oft sogar mehr als Männer. Denn der Bowlingclub sei im Lauf der Jahre auch zu einer Art Singletreff, Beziehungsclub und Heiratsvermittlung geworden“, so erzählte er.

„Wo sollen die 40-50 - jährigen Singles, nach Partnerproblemen und Scheidungen sonst auch hingehen, um neue Partner kennenzulernen“, so Manuel, „dafür ist unser Club geradezu ideal.“

„Du hast Dir wohl auch öfter eine ausgesucht“, flötete nun Simone süßlich und lauernd. Manuel hörte ihren Unterton nicht und antwortete ganz sachlich: „Ja, es gab schon mal eine, die mir schöne Augen gemacht hat oder wo meine Freunde versucht hätten, mich mit der oder der zu verkuppeln. Aber um Gottes Willen“, so Manuel, „ich bin doch nicht verrückt, da bin ich sofort Stadtgespräch. Das ist es mir nicht wert und billige Affären mag ich nicht.“

„Siehst Du“, schnurrte Simone nun erleichtert, „Du brauchst auch keine andere Frau, Du hast doch mich.“ Plötzlich waren wieder die alte, vertraute Stimme und Schwingungen da.

Angst vor dem Älterwerden

So einfach ist das, dachte sie: „Da sitzen in diesem Club ein Haufen lediger Hühner auf der Stange und warten auf einen goldenen Gockel.“ An so eine Möglichkeit hatte sie nie gedacht. Klar, Manuel ist ein gutaussehender Mann, im besten Alter und noch dazu eine gute Partie dazu.

Die Angst in ihrem Unterbewusstsein sprach nun zu ihr:

„Du bist jetzt 48 Jahre. Du hast Deine Lebensmitte bereits überschritten.

Du wirst auch langsam älter. Deine Haare werden grau, Falten hast Du auch schon und Dein Busen beginnt auch aus der Form zu gehen.

Du solltest nicht den Rest Deines Lebens allein sein. Wer nimmt Dich mit 50 oder 60, wenn Du erst richtig grau bist, noch älter wirst und Deine Haut nur noch aus Falten besteht?

Schau Dir das Leben all Deiner Freundinnen an.“

Das war das erste Mal, dass sie so dachte.

Auf diese Erkenntnis hin stieg Angst in ihr hoch. Ihr wurde klar:

Sie wollte ihn, diesen gutherzigen Mann nicht wieder verlieren, wie all die anderen kurzen Beziehungen und Bettgeschichten in ihrem Leben, von denen sie nie sprach…

Da sie sehr aufgewühlt war, musste sie sich erst einmal beruhigen.

Sie stopfte verschiedene Süßigkeiten in sich hinein, trank schnell einige Gläser Wein und schüttete noch den Inhalt einer weiteren Flasche Wein hinterher.

Irgendwann war sie so betrunken, dass sie auf ihr Bett fiel und einschlief.

Am Freitagmorgen, als der Wecker klingelte, fühlte sich Simone wie zerschlagen.

Ihr war schrecklich übel und sie roch noch nach Alkohol.

Die alkoholische Depression

Wichtig:

Der jahrzehntelange Alkoholkonsum hat in Simones Psyche schon erheblichen Schaden angerichtet. Ihre oft seltsamen Reaktionen Manuel gegenüber, zeigen das deutlich.

Sie ist zu einer „GESPALTENEN PERSÖNLICHKEIT“ geworden:

Außen: die tolle Frau

Da sie berufstätig ist und oft „aus“ ging, waren ihr Körperpflege, sauber und gepflegt sein, gut ausschauen, tolle Kleidung, ganz wichtig.

Auch wollte sie als Singlefrau mit 48 Jahren, noch so schön und faltenfrei als möglich sein, denn die Konkurrenz schläft nicht, wie sie ja gestern Abend von Manuel vernommen hatte.

Deshalb waren in ihrem Bad die Schränke voll mit Kosmetika, Cremes, Peeling, Auf- und Abschminkmittel, Schönheitscremes, Anti-Aging-Produkten, welche sie früh und abends sehr intensiv benutzte.

Denn Simone hatte Angst vor dem Älterwerden.

Innen: Messie und Depression durch Alkohol

Wenn sie allerdings allein war, vernachlässigte sie sich vollkommen, auch, was ihre Ernährung betraf. Die enorme Unordnung in ihrer Wohnung, die Berge von schmutzigem Geschirr in der Küche, die Sachen, die sie überall gestapelt hatte, das ließ sich nur so erklären:

Durch 30 Jahre Alkoholkonsum ist sie zum Messie geworden: (engl. Chaos-Durcheinander, bezeichnet zwanghaftes Verhalten zum übermäßigen Ansammeln von mehr oder weniger wertlosen Dingen).

30 Jahre Alkoholkonsum:



Tausende von E-Books und Hörbücher

Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.