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Der trockene Alkoholiker Markus Rack weiß, wovon er schreibt. Er beschreibt in diesem Buch, was der Alkohol aus ihm gemacht hat und wie er die Abhängigkeit vom Suchtmittel Alkohol überwunden hat. Der Therapeut Bernhard Krüger beschreibt die dazugehörigen Therapie- und Behandlungsformen, die Markus erfahren hat. Der süchtige Konsum von Alkohol betrifft nicht nur den Abhängigen sondern auch dessen Familie. Hier verursacht die Alkoholabhängigkeit der Betroffenen neben den gesundheitlichen Schäden, Zerrüttung in der Familie und oftmals einen sozialen Abstieg. Aufgrund des Problems, des Alkoholmissbrauchs in der gesamten Gesellschaft soll dieses Buch dazu beitragen, alkoholbedingte Schäden zu vermeiden. www.alkoholiker-was-nun.de
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Seitenzahl: 89
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Dieses Buch ist allen Angehörigen von Suchtkranken gewidmet.
Ein besonderer Dank gilt meiner Frau Regina, die mich immer so akzeptiert hat wie ich bin, in trockenen und nassen Zeiten, was bestimmt nicht immer einfach ist.
www.alkoholiker-was-nun.de
Haftungsausschluss: Die Inhalte dieser Publikation stammen aus Aufzeichnungen, die ich im Laufe der letzten 15 Jahren im Suchtbereich gemacht habe. Die Autoren haften nicht für die Folgen von Irrtümern mit denen der vorliegende Text behaftet sein könnte.
Vorwort
Ein langes Suchtleben kurz
zusammengefasst
Warum wird man süchtig
und ab wann ist man es?
Was bedeutet Sucht und Abhängigkeit?
Gesundheitliche Schädigungen
durch die Sucht
Warum hört man nicht einfach auf, die Sache mit der Willenskraft
Wie bringe ich einen Süchtigen
dazu aufzuhören
Der therapeutische Weg aus der Sucht
Die Entgiftung, was geht da vor sich?
Die Therapie, einfach nur Gehirnwäsche oder doch
was Gutes?
Inhalte der Therapie
Der Rückfall oder wie bleibe ich trocken?
Rückfallgefahr/ Suchtgedächtnis
Co – Abhängigkeit
Mein Suchtleben, Katastrophe oder doch auch Gewinn?
„Erkenntnisse eines trockenen Alkis“
Zu Anfang möchte ich mich mal so vorstellen wie man es vielleicht aus Filmen kennt.
Guten Tag, mein Name ist Markus Rack und ich bin Alkoholiker.
Damit sich das nicht so blöd anhört, werfe ich gleich ein „seit acht Jahren trocken und rauchfrei“ hinterher. Was diese kurze Vorstellung alles beinhaltet, wird ihnen am Ende unseres Buches klar sein.
In diesem Buch wollen wir über die Krankheit Sucht informieren, den Weg in die Sucht schildern, uns in der Sucht eine Weile aufhalten um diese Krankheit besser verstehen zu können und dann umkehren zum Sucht freien Leben. Wir wollen aber auch dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und für eine bessere Akzeptanz dieser Krankheit in unserer Gesellschaft werben.
Um diese komplexe Krankheit besser verstehen zu können, haben Bernhard Krüger der seit 15 Jahren als Suchttherapeut arbeitet (seine Ausführungen sind zur besseren Übersicht in Kursivschrift gedruckt) und ich beschlossen, gemeinsam ein Buch zu schreiben. Die langjährige Erfahrung eines Suchttherapeuten und die erlebte Sucht eines Alkoholikers soll etwas Licht in das Dunkel des Tabuthemas Sucht bringen.
Als junger Bursche wollte ich immer frei sein und wollte tun und lassen was ich wollte. Mein damalige Vorstellung von Freiheit bestand allerdings darin, ständig Partys zu feiern. Das fing so mit 15 Jahren in der Schule an und steigerte sich dann mehr und mehr als mit 16 Jahren meine Lehrzeit begann. Mit 18 Jahren bin ich dann von zuhause ausgezogen, meine Freiheit war scheinbar perfekt.
Wer viel Party macht braucht auch viel Geld, also musste ich auch schon als Azubi viel nebenher arbeiten. Das Finanzamt möge mir verzeihen. Meine kriminelle Veranlagung war nicht besonders ausgeprägt deswegen finanzierte ich mich ausschließlich mit „ehrlicher Arbeit“. Ist doch schon mal was.
Obwohl ich damals noch nicht süchtig war, wurde mein Lebensablauf doch schon sehr stark von Alkohol und Party gesteuert. Beides war für mich nicht trennbar.
Da ich nun mal auch ein zünftiger Bauarbeiter war, wurde natürlich auch auf der Baustelle das eine oder andere Bier geleert. Relativ schnell habe ich dann auch jeden Tag Bier getrunken, oft schon am Vormittag zum Vesper das erste. Da war nichts anstößiges dabei und keinen hat es gestört, obwohl ich noch so jung war. Wie dem auch sei, gezwungen hat mich auch niemand dazu. Aber ich fühlte mich doch schon sehr erwachsen, biertrinkend unter all diesen schwer arbeitenden Männern. Das ging dann ein paar Jahre so.
Es kam wie es kommen musste, so langsam entwickelte ich mich zum abhängigen Spiegeltrinker. Wann der Zeitpunkt gekommen war? Keine Ahnung, kann ich nicht sagen. Die obligatorischen zwei Wochen ohne Alkohol, die wohl jeder kennt, wurden immer seltener, fielen dann ganz aus und als absolut unsinnig erklärt. Sie dienten doch nur dazu sein Gewissen zu beruhigen.
Biertrinken wurde zu einer Art Lebensphilosophie für mich und ich wollte gar nicht wissen was wäre wenn ich mal ein Tag keines trinken würde.
Den morgendlichen Flattermann konnte ich mir auch ziemlich lange schönreden. Doch irgendwann war es auch für mich klar, das Zittern wurde immer heftiger und das erste Bier zum Vesper um 9:00 Uhr war schon lange zu weit weg.
Na dann, hilft ja nichts, wird eben etwas früher angefangen, auf die zwei drei Stunden kommt es ja auch nicht unbedingt an.
Von da an war es endgültig vorbei, der Alkohol bestimmte nun offiziell wo es lang geht. Jetzt musste die Geschichte geplant werden, denn vor 9:00 Uhr zu trinken war auch auf dem Bau nicht unbedingt normal.
Man sollte meinen ich wäre jetzt soweit, einzusehen, dass es so nicht weitergehen kann, weit gefehlt. Eine gute Organisation ist alles. Und so ging es eben munter noch ein paar Jahre weiter und mir ging es nicht wirklich schlecht dabei. Ich machte meine Arbeit und belohnte mich kräftig dafür mit Alkohol. Mein Speiseplan war auch längst durch härtere Getränke wie Baccardi, Wodka, Wein und Kognak erweitert worden.
Da ich ja eine recht hohe „normale Trinkmenge“ als gestandener Mann und hard working people hatte, musste ich bis dato nur einen Teil meines Spiegels heimlich trinken. Das ging auch lange Zeit ganz gut und meine Gewissensbisse hielten sich in Grenzen.
Aus logistischen Gründen musste ich irgendwann morgens von Bier auf Kognak umsteigen um meine Grundversorgung zu gewährleisten. Mein notwendiger Spiegel war inzwischen so hoch, das war mit ein oder zwei Bier vor der Arbeit nicht mehr zu machen.
Die Ära der Flachmänner begann. Eine hervorragende Erfindung für uns Alkoholiker, passen gut in die Taschen und lassen sich, sind sie erst mal geleert, schnell und unauffällig in jedem Gebüsch und hinter jedem Mauervorsprung entsorgen.
Kürzen wir das ganze mal ein wenig ab. Ich war mittlerweile selbständig und bin mit meinem LKW rückwärts auf ein anderes Fahrzeug aufgefahren. Der gute Mann hat die Polizei gerufen und die ließen mich in den Alkomaat pusten. 3,1 Promille es war 11:30 Uhr, der Restalkohol denn ich noch hatte und drei Bier ergaben diesen erschreckenden Wert. Die Polizei war sich sicher, dass ihr Gerät defekt ist und veranlassten eine Blutprobe, die den Wert allerdings bestätigte. Meine Frau war in Reha nach einem Schlaganfall, ich ohne Führerschein und auf einem Alkoholspiegel, der selbst mir Angst machte.
Das alles war der Anlass zur Suchtberatung zu gehen. Der Suchtberater erklärte mir alles und ich dachte der spinnt. Hat er doch tatsächlich gesagt ich dürfe mein Leben lang keinen Alkohol mehr trinken. Stationäre Entgiftung........., kommt ja gar nicht in Frage......., da habe ich ja gar keine Zeit dazu ich bin ja selbstständig........., das geht gar nicht.
Doch plötzlich ein Hoffnungsschimmer, er erwähnte am Rande, dass es nur ganz ganz wenige Menschen gibt, die irgendwann wieder kontrolliert trinken können. Na also geht doch.
Als ich da rausging, war ich fest davon überzeugt, dass ich zu dieser Schar Auserwählten gehöre.
Was danach kam, kann sich jeder denken.
Meine Frau hatte wieder Hoffnung gefasst, dass es diesmal besser wird, ich habe mir einen Kasten alkoholfreies Bier gekauft und leergetrunken. Dazu hatte ich eine Packung Tabletten gegen Stimmungsschwankungen gefuttert. Die Tabletten gab es von der Suchtberatung verschrieben und sollten eine Woche reichen. In zwei Tagen war das alkoholfrei Bier und die Tabletten weg und Plan B folgte, das „Kontrollierte Trinken“. Am dritten Tag war alles wieder beim alten und nach einer Woche gab ich auf und beschloss, mich zu Tode zu saufen, da es das einzige war was ich konnte.
Ich war auf dem Höhepunkt meiner Säuferkarriere angekommen.
Ja, warum wird man süchtig, das ist wohl die Frage aller Fragen beim Thema Sucht. Ich habe mir mal eine Zeitlang sehr viele Gedanken darüber gemacht warum ich süchtig geworden bin und einige meiner Freunde nicht, obwohl sie scheinbar das gleiche Trinkverhalten hatten. Ich habe es nicht herausgefunden, aber ich weiß heute, dass es nicht wichtig ist warum es andere nicht geworden sind. Wichtig ist, warum ich es geworden bin und was ich tun kann damit ich es nicht mehr werde.
Am Anfang meiner Trockenheit habe ich das Thema „warum“ überhaupt nicht behandelt, ich sagte mir es ist wie es ist und ich muss meine ganze Kraft dafür einsetzen nicht mehr zu trinken. Das Buch zumachen und ein Neues anfangen, was gewesen ist , soll auch gewesen bleiben.
So einfach ist das aber nicht, ich wurde meine Träume über das Trinken nicht los, wachte nachts auf mit Herzklopfen und Schuldgefühlen wegen vergangener Sachen.
Das waren manchmal ganz banale Dinge. Mir fielen vergangene Gespräche ein und ich schämte mich der Antworten die ich damals gegeben hatte. Ich dachte darüber nach welche Wendungen das Gespräch genommen hätte, wenn ich damals schon die Chance gehabt hätte so zu Antworten wie ich es heute tun würde. Aber auch schwerwiegende Dinge, Gedanken was ich meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden zugemutet hatte.
Viele Schuldgefühle kamen natürlich auch allein wegen der Tatsache auf, dass ich überhaupt getrunken hatte. So wurde mir irgendwann klar, dass ich mich mehr mit dem „warum“ befassen musste.
Ich hatte bis dahin alles für mich so dargelegt, dass alles aus meiner Lebensfreude und Partyphilosophie heraus entstanden war. Je ehrlicher ich mich mit mir selbst beschäftigte desto mehr kamen Dinge zu Tage, die nicht mehr so dem Sunnyboy entsprachen den ich in meinen jungen Jahren gegeben hatte.
Schüchternheit war auf einmal ein Thema, Überforderung und Versagensängste.
Hat Sucht vielleicht etwas mit Faulheit zu tun? Es ist wesentlich einfacher, seine Glückshormonausschüttung von einem Suchtmittel steuern zu lassen, als Verantwortung für sein Leben zu übernehmen und ein Konzept zu entwickeln das dazu beiträgt auf natürlichem Wege glücklich zu sein und das Leben genießen zu können. Ist Sucht doch vielleicht vererbbar und meine Gene waren Schuld daran? Ein schöner Gedanke, alles auf die Gene schieben zu können.
Dann bestände im Zeitalter der Genmanipulation Hoffnung auf Heilung für alle Süchtigen. Die Schuldfrage wäre geklärt.
Im Verlauf dieses Buches wird irgendwann das Wort Schuld in Verbindung mit der Krankheit Sucht nicht mehr auftauchen und es wird sich auch klären warum.
Ich habe mal irgendwo etwas über ein neurobiologisches Modell und psychodynamische Hintergründe der Sucht gelesen. Alles was da stand war einleuchtend und auch relativ gut erklärt, wäre ich aber nicht schon mal süchtig gewesen, ich hätte es nicht verstanden. Ich habe mir dann auch nur zwei Sätze von dem ganzen gemerkt. „ Nicht die Droge sucht den Menschen, sondern der Mensch sucht die Droge“. Leider weiß ich nicht mehr wo genau ich das gelesen habe, der Verfasser möge mir verzeihen, dass ich hier sein geistiges Eigentum verwende ohne ihn zu erwähnen.