Alle außer das Einhorn - Kirsten Fuchs - E-Book

Alle außer das Einhorn E-Book

Kirsten Fuchs

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Beschreibung

«Alle außer das Einhorn» heißt die Chatgruppe der Klasse. Alle sind dabei, nur Netti darf nicht mitmachen. Dafür muss sie hilflos zusehen, wie ihr Handydisplay sich mit Lügen, Hasskommentaren und Drohungen füllt. Nicht mal Nettis bester Freund Julius hält mehr zu ihr, seit Fever, die Neue, in der Klasse das Sagen hat. Und was sollen die Eltern oder die Lehrerin schon ausrichten gegen die Flut an anonymen Beschimpfungen? Also tut Netti nichts, bis zum Tag des Kostümfests. Heute soll Netti, das Einhorn, endlich richtig aufs Horn kriegen – doch dann geht die Sache ganz anders aus … Cybermobbing unter Jugendlichen nimmt dramatisch zu, der Umgang damit überfordert Eltern und Pädagog_innen gleichermaßen. Kirsten Fuchs nähert sich dem Thema auf so unterhaltsame wie drastische Weise, ohne dabei das Internet und soziale Medien zu verteufeln.

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Seitenzahl: 50

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Kirsten Fuchs

Alle außer das Einhorn

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

«Alle außer das Einhorn» heißt die Chatgruppe der Klasse. Alle sind dabei, nur Netti darf nicht mitmachen. Dafür muss sie hilflos zusehen, wie ihr Handydisplay sich mit Lügen, Hasskommentaren und Drohungen füllt. Nicht mal Nettis bester Freund Julius hält mehr zu ihr, seit Fever, die Neue, in der Klasse das Sagen hat. Und was sollen die Eltern oder die Lehrerin schon ausrichten gegen die Flut an anonymen Beschimpfungen? Also tut Netti nichts, bis zum Tag des Kostümfests. Heute soll Netti, das Einhorn, endlich richtig aufs Horn kriegen – doch dann steckt jemand anderes in Nettis Kostüm …

Cybermobbing unter Jugendlichen nimmt dramatisch zu, der Umgang damit überfordert Eltern und Pädagog_innen gleichermaßen. Kirsten Fuchs nähert sich dem Thema auf so unterhaltsame wie drastische Weise, ohne dabei das Internet und soziale Medien zu verteufeln.

Über Kirsten Fuchs

Kirsten Fuchs, 1977 in Karl-Marx-Stadt geboren, ist vermutlich die bekannteste und beliebteste Autorin der Berliner Lesebühnenszene. 2003 gewann sie den renommierten Literaturwettbewerb Open Mike, seither hat sie einen festen Platz in der jüngeren deutschen Literatur. 2005 erschien ihr vielgelobter Debütroman «Die Titanic und Herr Berg», 2008 der Roman «Heile, heile» und 2015 «Mädchenmeute», das mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2016 ausgezeichnet wurde. In Moabit betreibt sie seit 2014 die Lesebühne «Fuchs und Söhne». Für ihr erstes Theaterstück «Tag Hicks oder Fliegen für vier» erhielt sie den Berliner Kindertheaterpreis und Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin 2015.

EinsNettililaleinchen, das Wichskind

NETTI

Nennen wir diesen Tag mal Einhorntag. Der Einhorntag heißt Einhorntag, weil – das werdet ihr ja gleich verstehen. Wenn ich den Einhorntag wiederholen könnte, würde ich alles anders machen. Ich würde einfach klüger sein. Ich würde mutiger sein, und ich würde …

… alles anders machen. Das fängt schon morgens an. Ich würde aus dem Zimmer kommen und mit meinen Eltern über die Sache reden.

Hab ich aber nicht.

MUTTER

Netti!

VATER

Nettchen.

NETTI

Hallo, ich bin Jeanette. Mama und Papa sagen …

MUTTER

Nettiiiiiii!

VATER

Nettiliebileinchen.

NETTI

Sie sagen, dass sie sich echt viele Gedanken gemacht haben, wegen meinem Namen, damit es der richtige ist, damit er zu mir passt. Sie haben sich um alles andere auch Gedanke gemacht. Die richtige Ernährung und hier der richtige Ranzen, gut für meinen Rücken und da das richtige Brot. Von gestern. Hab ich gar nicht aufgegessen. Muss ich verstecken, aber dann finden das meine Eltern. Oh Mann, NERV! (Isst das alte Brot.)

MUTTER

Netti? Was machst du denn da so lange?

NETTI

(mit vollem Mund) Nöchts!

VATER

Lass sie doch. Sie darf doch auch mal Geheimnisse haben.

MUTTER

Hast du Geheimnisse? Du darfst Geheimnisse haben, ja? Ich will nur wissen, ob du welche hast.

NETTI

Nein.

VATER

Hörst du, sie hat keine.

MUTTER

Das würde sie uns doch nicht sagen, wenn sie welche hätte. Hast du welche?

NETTI

Nein.

MUTTER

Siehst du, sie hat also welche. Hoffentlich ist es nichts Schlimmes.

NETTI

Jetzt machen sie sich wieder Gedanken. Direkt vor meiner Tür.

MUTTER

Wenn du nicht bald rauskommst, kommen wir rein.

VATER

Wir müssen ihre Privatsphäre respektieren.

MUTTER

Netti, mach doch bitte auf und komm raus, ja? Wir wollen zusammen frühstücken. Es gibt Müsli mit frischen Früchten.

NETTI

(isst immer noch Brote vom Vortag) Kein Hunger.

MUTTER

(flüstert zu Vater) Hat sie eine Essstörung? Hatte sie zu viel Zucker? Oder zu wenig? Oder den falschen? Oder zu spät am Tag?

VATER

Nun beruhige dich mal.

NETTI

Ich muss noch was für die Schule machen.

VATER

Gut, gut. Kein Problem.

MUTTER

Ja, klar. Na klar. Das Müsli packe ich dir ein, ja?

NETTI

Dann muss ich morgen früh also altes Müsli essen. Vielleicht denke ich mal dran, es heute gleich in der Schule wegzuwerfen. (Schaltet ihr Handy an, liest schweigend, weint)

Chor der Kommentare

Du Hässlichkeit

Ich rasier dich hinten

Ich rasier dich

Deine Mutter

Heul doch

Heul doch

Deine Mutter, ey

Bring dich um

Bitte lösch dich

MUTTER

Nettchen

Chor der Kommentare

Heulopfer

Pickelface

Du kleiner Hund

MUTTER

Mäuschen, jetzt komm doch.

VATER

Kirschenäuglein.

Chor der Kommentare

Deine Mutter ist so arm wie ein Penner

Du bist ein Bastard

Deine Mutter ist eine Hure

Geh dich vergraben, du Wichskind

Dein Vater ist schwul. Deine Mutter so fett wie die Sonne.

Wenn du heute zum Kostümfest kommst, verprügeln wir dich.

NETTI

Mama, Papa, ich muss euch was erzählen. Wäre doch gar nicht so schwer gewesen, das zu sagen. Hier kuckt mal (hält ihnen das Handy hin oder imaginären Eltern oder Publikum): Die schreiben mir gemeine Sachen. Und dann hätte Mama gesagt:

MUTTER

Wir helfen dir.

NETTI

Und Papa hätte gesagt:

VATER

Wir kommen jetzt direkt mit zur Schule, und dann reden wir mit deiner Lehrerin, und dann wird das vor der Klasse ausgewertet. Was fällt denen ein, zu dir zu sagen …

Chor der Kommentare

Na, hast du gepetzt, du kleine Wurst?

Hat deine Mutter dich eigentlich schon geboren, oder steckst du noch in ihrer Muschi fest?

NETTI

Boah, ih, das ist ja eklig.

Chor der Kommentare

Wir können noch ekliger. Das ist erst der Anfang.

Wir machen dich fertig. Und wenn deine Mami und dein Papi in der Schule auftauchen, dann …

NETTI

Also habe ich am Morgen dieses Einhorntages nichts zu meinen Eltern gesagt. Stattdessen habe ich mein Einhornkostüm eingepackt und bin losgegangen.

MUTTER/VATER

Sollen wir dich in die Schule bringen?

NETTI

NEIN!

MUTTER

Freust du dich aufs Kostümfest? Wir kommen dich dann abholen.

NETTI

NEIN!

VATER

Doch, das ist so abgemacht. Wir wollten heute, weil die Ferien anfangen, essen gehen. Wie immer.

Netti kommt aus dem Zimmer, bekommt Küsschen.

MUTTER/VATER

(legen ihr die Hand auf die Schulter) Wir lieben dich.

Chor der Kommentare

Wir hassen dich.

MUTTER/VATER

Viel, viel, viel Spaß beim Kostümfest.

Chor der Kommentare

Wehe, du kommst heute zum Kostümfest. Das wäre dein letzter Tag.

Wenn wir dich da sehen, pissen wir dich voll.

Sobald Netti weg ist, stürmen die Eltern in ihr Zimmer, durchsuchen alles.

MUTTER

Taschentücher. Sie hat geweint.

VATER

Oder sie hat Schnupfen.

MUTTER

Oder Liebeskummer.

VATER

Was? Jetzt schon?

MUTTER

Vielleicht stopft sie sich was in den BH