Allein mit Papa - Myra Myrenburg - E-Book

Allein mit Papa E-Book

Myra Myrenburg

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Beschreibung

Große Schriftstellerinnen wie Patricia Vandenberg, Gisela Reutling, Isabell Rohde, Susanne Svanberg und viele mehr erzählen in ergreifenden Romanen von rührenden Kinderschicksalen, von Mutterliebe und der Sehnsucht nach unbeschwertem Kinderglück, von sinnvollen Werten, die das Verhältnis zwischen den Generationen, den Charakter der Familie prägen und gefühlvoll gestalten. Mami ist als Familienroman-Reihe erfolgreich wie keine andere! Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! »Super!« Der neunjährige Leon klatschte begeistert in die Hände. »Das werden megacoole Ferien.« Der Ausdruck ›megacool‹ war für ihn die höchste Anerkennung und wurde deshalb sparsam benutzt. »Wir drei beim Camping, das finde ich einfach stark. Klasse Idee von Papi!« Als Zeichen seiner Freude machte Leon einen kleinen Luftsprung. Mit seinen dunkelblonden Locken und den blitzenden grauen Augen war er seinem Vater sehr ähnlich. Kerstin betrachtete ihren Sohn voll Stolz. Er war ein hübscher Junge, intelligent, vernünftig und deshalb leicht zu leiten. Es tat ihr weh, seine Begeisterung dämpfen zu müssen. Bedächtig stieg sie neben ihm bergan. Dabei benützten sie keinen Weg, sondern gingen quer über die frisch gemähten Wiesen. Es duftete nach Heu und den Himbeeren, die am Waldrand in der warmen Sonne reiften. Kerstin hatte diesen Spaziergang zur Ziegenweide vorgeschlagen, um mit Leon ungestört reden zu können, was im Hotel, das sie mit ihrer Tante betrieb, nicht immer möglich war. Die munteren Bewohner der Ziegenweide waren für die Feriengäste der Region eine kleine Attraktion. Die Tiere, die auch der Landschaftspflege dienten, lebten in einem großen eingezäunten Gelände, das als beliebtes Wanderziel galt. »Der Papi möchte diese Ferien mit dir allein verbringen. Ich bleibe hier«, stellte die junge Mutter richtig.

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Mami Bestseller – 100 –

Allein mit Papa

Wenn jetzt die Mama bei uns wäre

Myra Myrenburg

»Super!« Der neunjährige Leon klatschte begeistert in die Hände. »Das werden megacoole Ferien.« Der Ausdruck ›megacool‹ war für ihn die höchste Anerkennung und wurde deshalb sparsam benutzt. »Wir drei beim Camping, das finde ich einfach stark. Klasse Idee von Papi!« Als Zeichen seiner Freude machte Leon einen kleinen Luftsprung. Mit seinen dunkelblonden Locken und den blitzenden grauen Augen war er seinem Vater sehr ähnlich.

Kerstin betrachtete ihren Sohn voll Stolz. Er war ein hübscher Junge, intelligent, vernünftig und deshalb leicht zu leiten. Es tat ihr weh, seine Begeisterung dämpfen zu müssen. Bedächtig stieg sie neben ihm bergan. Dabei benützten sie keinen Weg, sondern gingen quer über die frisch gemähten Wiesen. Es duftete nach Heu und den Himbeeren, die am Waldrand in der warmen Sonne reiften. Kerstin hatte diesen Spaziergang zur Ziegenweide vorgeschlagen, um mit Leon ungestört reden zu können, was im Hotel, das sie mit ihrer Tante betrieb, nicht immer möglich war. Die munteren Bewohner der Ziegenweide waren für die Feriengäste der Region eine kleine Attraktion. Die Tiere, die auch der Landschaftspflege dienten, lebten in einem großen eingezäunten Gelände, das als beliebtes Wanderziel galt.

»Der Papi möchte diese Ferien mit dir allein verbringen. Ich bleibe hier«, stellte die junge Mutter richtig. Sechsunddreißig Jahre war sie alt, wirkte aber bedeutend jünger.

Das Leuchten in den großen Kinderaugen erlosch schlagartig. Ungläubig sahen sie Kerstin an. »Aber… aber warum?« fragte Leon mit herabgezogenen Mundwinkeln.

»Du weißt, daß ich im Föhrenhof gebraucht werde. In den Ferienwochen ist Hochsaison, und ich kann Tante Clara unmöglich mit all der Arbeit alleine lassen.« Dies war nicht der einzige Grund dafür, daß Kerstin nicht mitkam. Doch mit den realen Problemen wollte sie den Jungen im Moment nicht belasten, denn das wäre zuviel für ihn gewesen.

Leon schnupfte enttäuscht. Ferien ohne die Mami waren für ihn undenkbar. »Dann bleibe ich auch da«, entschied er ohne lange zu überlegen. »Der Papi kann doch bei uns im Föhrenhof bleiben. Dann können wir wenigstens manchmal irgend etwas zusammen unternehmen.«

Kerstin blieb stehen und schüttelte leicht den Kopf. Einige Strähnen aus den hochgesteckten blonden Haaren lösten sich dabei. Der Wind wehte sie in ihr hübsches Gesicht mit den von der Anstrengung geröteten Wangen und den blanken braunen Augen, die jeden bezauberten.

»Dein Papi arbeitet das ganze Jahr über hart und braucht deshalb einen erholsamen Urlaub«, versuchte Kerstin, den Vorschlag ihres Mannes zu erklären.

Bei Leon stieß sie damit auf wenig Verständnis. »Ohne dich?« zweifelte er und zog dabei nicht nur die noch kindlich gerundete Stirn, sondern auch das Näschen in viele Falten.

»Für euch beide wird das doch eine wunderschöne Zeit am Bodensee. Ihr könnt schwimmen gehen, Boot fahren, wandern, radeln oder einfach faulenzen. Langweilig wird es euch bestimmt nicht.« Es war nicht einfach für Kerstin, diese Ferienwochen positiv zu schildern, da sie auf dieses Zusammensein mit den beiden Menschen, die sie am meisten liebte, verzichten mußte. Für sie war das eine schmerzhafte Demütigung. Doch darüber wollte sie nicht sprechen, und schon gar nicht mit dem Kind.

»Ohne dich macht das überhaupt keinen Spaß«, meuterte Leon wenig begeistert. Seine zuvor leuchtenden Kinderaugen blickten finster in die wunderschöne Schwarzwaldlandschaft, die zu seiner Heimat geworden war, als sie vor zwei Jahren aus der Großstadt zu Tante Clara in den Föhrenhof gezogen waren. Zur gleichen Zeit hatte Cornelius Rhoden, Leons Vater und Kerstins Ehemann, einen gut bezahlten Posten als Architekt in Dubai angenommen.

»Dein Papi freut sich auf die Zeit mit dir, nachdem ihr euch fast ein Jahr lang nicht mehr gesehen habt.« Es war Kerstin bestimmt nicht leichtgefallen, den Plänen ihres Mannes zuzustimmen. Noch viel schwerer fiel es ihr, sie zu verteidigen. Doch sie mußte vernünftig bleiben. Cornelius hatte ein Recht darauf, seinen Sohn zu sehen, auch wenn sie die Absicht hatten, sich scheiden zu lassen.

Davon ahnte Leon allerdings noch nichts, obwohl es ihm Kerstin längst hätte sagen müssen. Doch sie konnte es einfach nicht. Zu sehr wühlte dieser Gedanke sie auf, denn sie liebte Cornelius noch immer, trotz Streit und Trennung.

Sie waren am Waldrand angekommen, an dem ein steiniger Weg entlang führte. Verärgert kickte Leon kleine Steine vor sich her. Er hatte die Hände tief in den Taschen seiner Jeans, zog einen Schmollmund und schnaubte wie der stets zu Kämpfen bereite Ziegenbock Otto, wenn ihn die Kinder ärgerten. »Du hast ihn ja genausolange nicht mehr gesehen. Warum will er dann nur mit mir zum Zelten? Ich kenne den Papi ja gar nicht mehr.« Leon stolperte einen besonders großen Stein los und trat dagegen, daß er einige Meter weiter flog. Da er nur Sandalen trug, tat das seinen Zehen nicht besonders gut, doch er zeigte den Schmerz nicht.

»Es kommt noch eine Kollegin mit«, verriet Kerstin vorsichtig. Wußte sie doch, daß ihr kleiner Sohn von den Urlaubsplänen seines Vaters nun noch weniger halten würde.

Jetzt war es Leon, der stehen blieb, obwohl sie in unmittelbarer Nähe der Ziegenweide waren, zu der er gewöhnlich ungeduldig voraus rannte. Die Tiere schienen ihn heute nicht zu interessieren. »Warum denn das?« fragte er überrascht.

»Sabine Bitchar ist alleinstehend und möchte gerne die Bodenseeregion kennenlernen. Da hat sich dein Vater wohl bereit erklärt, sie mitzunehmen«, erläuterte Kerstin, von dieser Erklärung selbst nicht überzeugt. Doch sie hielt es nicht für den geeigneten Zeitpunkt, mit Leon über den wahren Sachverhalt zu reden.

»Ich mag aber nicht mit ihr… Sie ist bestimmt total bescheuert!«

»Leon!« warnte Kerstin, die solche Ausdrücke nicht duldete. »Wenn der Papi sie mitnimmt, ist sie sicher sehr nett, und du wirst dich gut mit ihr verstehen.«

»Werde ich nicht!« widersprach der Kleine heftig.

Kerstin ging der Ziegenweide zu, und Leon stolperte lustlos hinterher. Als sie beide am Zaun standen, kamen sofort die scheckigen Ziegen angelaufen und drängten sich vor den Besuchern. Meckernd standen sie am Gitter hoch und bettelten um Futter. Wie gewöhnlich hatte Kerstin eine Tüte mit Mohrrüben und Äpfeln mitgebracht, die sie jetzt ihrem kleinen Sohn gab.

Doch so gerne Leon sonst die Tiere fütterte, heute hatte er kein Interesse daran. Ernst sah er zu seiner Mami auf. »Muß ich denn wirklich mit?« fragte er kompromißbereit. Schließlich wollte er die Mami nicht verärgern. Sie war der Mensch, den er am liebsten hatte, der Mensch, der für ihn am wichtigsten war, dem er bedingungslos vertraute.

Kerstin legte den Arm um Leons Schultern und sah ihn lächelnd an. Es war ein wehmütiges Lächeln, doch sie hoffte, daß der Junge das nicht bemerkte. »Nein, du mußt natürlich nicht. Aber dein Papi wäre sehr traurig, wenn du ihm absagst. Er hat dich doch lieb, und er möchte dir mit diesen Ferien eine Freude machen. Es ist sein Wunsch, daß ihr euch wieder näherkommt. So ein Campingurlaub ist dafür sehr geeignet, denn man hat nicht nur viele gemeinsame Erlebnisse, man ist auch aufeinander angewiesen, und das verbindet. Es wird mit Sicherheit viel schöner und lustiger, als du dir das jetzt…«

Der Rest des Satzes blieb unausgesprochen, denn der Ziegenbock hatte sich im Schutz seiner Ziegendamen an die Futtertüte herangepirscht, den Kopf durchs Gitter gesteckt und blitzschnell zugepackt. Unaufmerksam, wie Leon gewesen war, hatte er nicht auf diese Aktion des gefräßigen Ziegenchefs geachtet und sich das Futter abnehmen lassen.

Jetzt blies er empört die Backen auf. »Hey, so geht das aber nicht!« Leon versuchte, die Tüte wieder zu erwischen. Vergeblich. Otto, der Ziegenboß, rannte damit bereits zur Hütte, die den Tieren nachts oder bei Regen Schutz bot. Jetzt zeigte sich, daß Leon ein echter Junge war. Ohne auf den Protest seiner Mami zu achten, kletterte er über den Zaun und nahm die Verfolgung des Übeltäters auf.

Kerstin wußte, daß dies ungefährlich war, denn die Ziegen waren zahm und an Menschen gewöhnt. Meckernd liefen sie Leon hinterher. Otto kam mächtig in Bedrängnis. Das war wohl der Grund dafür, daß er die Beute einfach fallen ließ. Jetzt hatte Leon Gelegenheit, den Inhalt gerecht zu verteilen. Jede Ziege bekam ein Stück zu knabbern, vor allen Dingen die Jungen, die mit ihren ulkigen Sprüngen und Scheinkämpfen stets die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zogen. Heute war außer Kerstin und Leon niemand da, was beide genossen.

Auch als die Tüte längst leer war, wurde Leon von allen Seiten meckernd umringt. Er streichelte das rauhe Fell der Tiere und faßte Otto bei den Hörnern, was der wieder einmal als Aufforderung zum Kampf verstand. Ein Schubs, und Leon landete auf dem Hosenboden. Otto, Kindern gegenüber eigentlich recht gutmütig und friedlich, sah triumphierend in die Runde. Hatten alle Ziegendamen seine Überlegenheit bemerkt? Zufrieden stolzierte er davon, während Leon den Rückzug antrat.

Er hatte sich nicht weh getan, und es war auch nicht das erste Mal, daß er beim Kampf mit Otto den Kürzeren gezogen hatte. Schmunzelnd gönnte er ihm den Sieg.

*

Auf der Baustelle in Dubai herrschte eine unerträgliche Hitze. Trotzdem wurde mit Volldampf gearbeitet. Die ehrgeizigen Bauvorhaben der Scheichs waren termingebunden, und jede Zeitüberschreitung kostete viel Geld. Da ratterten Preßlufthämmer, starke Bohrer fraßen sich quietschend durch dicke Metallteile und ein riesiger Kran schwenkte vorsichtig ganze Wände durch die Luft, um die vorgefertigten Teile auf den Zentimeter genau an ihren Platz zu setzen. Es waren hauptsächlich Malaien und Inder, die hier arbeiteten.

Cornelius Rhoden hatte eine Besprechung mit dem Bauleiter, einem Bauingenieur aus Schweden. Die Verständigung war nur auf Englisch möglich, was die Sache etwas kompliziert machte. Die von dem Architektenteam schon angefertigten Skizzen waren dabei eine große Hilfe.

Das Hemd klebte Cornelius schweißnaß am Rücken, seine Hände waren feucht und über sein Gesicht rannen die Schweißtropfen, als er sich von dem Schweden verabschiedete.

Es war bereits Abend, doch die Hitze hielt unvermindert an. In seinem Auto stellte Cornelius die Klimaanlage auf die höchste Stufe und fuhr in jenen Stadtteil, in dem überwiegend vermögende Europäer wohnten. Auch hier gab es moderne Hochhäuser aus Stahl und Glas. Sabine Bitchar, die Innenarchitektin, mit der er seit etwa einem Jahr befreundet war, bewohnte ein Penthouse, das eigentlich ihrem Vater gehörte. Karl Bitchar, der sein Geld mit Wertpapierspekulationen verdiente, war ein reicher Mann, zu Hause auf der ganzen Welt.

Wenn Cornelius an die Freundschaft mit Sabine dachte, hatte er ein schlechtes Gewissen, denn noch war er mit Kerstin verheiratet. Kerstin, die sein Geständnis, daß er eine andere hatte, so tapfer aufnahm, daß er sich ordentlich schämte. Eigentlich hatte er sie noch immer gern, seine Frau. Doch sie war so weit weg, und er war in Dubai, wo alles fremd für ihn war, so allein. Es gab zwar einige Kollegen, mit denen er abends manchmal etwas trinken ging, doch die Wochenenden waren unendlich langweilig. Sabine hatte Abwechslung in sein Dasein gebracht. Die Stunden mit ihr waren der Farbtupfer im tristen Alltag. So blieb es nicht aus, daß sie sich näher kamen.

Sabine, die frei war wie ein Vogel, aufgeschlossen für alles. Der Reichtum ihres Vaters ermöglichte es ihr, sich jeden Wunsch zu erfüllen. Der Job als Innenarchitektin war für sie mehr Spielerei.

Kerstin dagegen fühlte sich unabkömmlich. Sie glaubte, ihre Tante nicht allein lassen zu können, und sie meinte auch, daß es nicht gut war, Leon in ein Land mit einer anderen Kultur zu verpflanzen. Sie war mit der Heimat verwurzelt und ließ sich durch nichts umstimmen, so oft er es auch versucht hatte.

Für ihn waren die Vereinigten Emirate das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Als Architekt konnte er hier Ideen und Träume verwirklichen, zu deren Realisierung in Europa das Geld fehlte. Hier wurden innerhalb von Minuten Entscheidungen über Bauprojekte gefällt, deren Pläne in seiner Heimat Monate, vielleicht sogar Jahre zur Genehmigung benötigt hätten. Die Kosten spielten in Dubai keine Rolle, die Ideen mußten nur ausgefallen und trotzdem machbar sein. Ein weiterer Grund, hierher zu kommen, war die Bezahlung. Er verdiente das Zehnfache von dem, was er zu Hause bekommen hatte, und es gab für ihn kaum Unkosten. Sein Hotelzimmer, das er nun schon seit zwei Jahren bewohnte, war frei, genau wie die Sozialversicherung und der Urlaubsflug in die Heimat.

Die elektronische Erkennung des Nummernschilds an seinem Auto ließ das breite Tor der Tiefgarage wie von Geisterhand in die Höhe schweben. Er stellte seinen Wagen im klimatisierten Untergeschoß ab und benützte den Lift, um ins Penthouse zu fahren. Die rundum verglaste Kabine benötigte nur Sekunden, um das achtzehnte Stockwerk zu erreichen und sanft zu halten.

Dieses luxuriöse Penthouse, war in seiner Grundfläche größer als ein Fußballplatz. Aus jedem der wandhohen Fenster, die fast die ganze Breitseite der Räume einnahmen, sah man aufs Meer und natürlich auf die Stadt mit ihren Kuppeln und palastartigen Hotels.

Sabine wirbelte ihm entgegen wie ein bunter Schmetterling. Zierlich, perfekt gestylt, duftend wie ein ganzer Parfümerieladen und fröhlich lächelnd.

»Endlich!« japste sie und warf sich in seine Arme. »Ich habe bereits sehnsüchtig auf dich gewartet.« Sabines vom Schönheitschirurgen unterspritzte und dauerhaft gerötete Lippen schmiegten sich auf Cornelius’ Mund.

Er hielt ihren schmalen Körper fest und fuhr mit gespreizten Fingern durch die Flut ihrer langen blonden Haare. Auch sie waren nicht echt. Sabine hatte sie von einem Starfriseur in New York nicht nur blond färben, sondern auch verlängern und dichter machen lassen. Es war so perfekt, daß Cornelius nichts davon ahnte. Ihr verblüffend gutes Aussehen und ihr Charme

waren verantwortlich dafür, daß er sich in Sabine verliebt hatte. Sie bot ihm die Abwechslung, die er nach einem harten Arbeitstag brauchte, ohne die er hier nicht durchgehalten hätte. Der Reichtum ihres Vaters spielte für ihn keine Rolle.

»Entschuldige, daß ich etwas später komme. Auf der Baustelle ist einiges schiefgelaufen, was geändert werden muß. Ich werde auch morgen noch einmal raus müssen. Bei dieser Hitze ist das wahrhaftig kein Vergnügen.« Cornelius schüttelte sich, denn es war recht kühl in Sabines großen Räumen, die mit erlesenen Designerstücken möbliert waren.

»Du bist noch immer ganz verschwitzt.« Sabine stemmte sich etwas ab und betrachtete ihren Freund mit glitzernden Augen. Er gefiel ihr auch mit verschwitztem Hemd und feuchten Haaren. Hochgewachsen, schlank und trotzdem kräftig, mit breiten Schultern und starken Armen entsprach Cornelius ihrem Schönheitsideal. »Was hältst du von einem Bad?« fragte sie und freute sich auf den Anblick seines muskulösen Körpers mit der sonnenbraunen Haut.

»Davon träume ich seit Stunden«, verriet Cornelius und küßte Sabine verspielt auf die Nasenspitze. Sanft legte er den Arm um sie und ließ sich zu dem in den Boden eingelassenen Pool führen, der wie alles hier überdimensionale Ausmaße hatte. Wände und Fußboden waren aus Marmor, und das ovale Schwimmbecken schien aus durchsichtigem blauem Glas zu sein. Das Wasser darin glitzerte durch indirekte Beleuchtung wie an einem sonnigen Karibikstrand.

Cornelius legte sein Hemd und die lange Hose ab, die er trotz der Hitze tragen mußte, denn in dieser Hinsicht war man hier sehr konservativ. Er streifte die Badehose über und stellte sich aufatmend unter die Dusche. Dann tauchte er im angenehm temperierten Wasser unter und kraulte mit kräftigen Bewegungen durchs Becken.

Sabine kauerte dekorativ wie die »Kleine Seejungfrau« am Beckenrand, hatte eine Schale mit allerlei Leckereien neben sich und steckte Cornelius Süßigkeiten oder Obststückchen in den Mund, wenn er neben ihr auftauchte. Er hatte zwar mehr Appetit auf etwas Herzhaftes, doch er futterte gehorsam süße Feigen, Trauben oder aus der Schweiz eingeflogene Pralinen.

»Drei Wochen noch, dann machen wir gemeinsam Urlaub«, raunte Sabine mit leuchtenden grünen Augen. »Ich freue mich wahnsinnig darauf! Was hältst du von einer Luxuskreuzfahrt rund um Südamerika? Wir könnten meinen Daddy in Rio besuchen.«

Cornelius stemmte sich etwas aus dem Wasser. »Du, ich habe eine bessere Idee. Wir machen etwas ganz Besonderes, und ich verspreche dir, daß wir jede Menge Spaß haben werden.«