Alles nur ein schöner Traum - Helen Perkins - E-Book

Alles nur ein schöner Traum E-Book

Helen Perkins

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Dr. Daniel Norden warf einen langen Blick aus dem bodentiefen Fensterelement, öffnete es und trat nach draußen auf die Terrasse. Er atmete die noch kühle und frische Morgenluft tief ein, die hier nach Rosen und Clematis duftete, lauschte auf das morgendliche Vogelkonzert und lächelte entspannt. Die gute Luft, die Stille, all das war purer Balsam für die Seele. Schwer, sich vorzustellen, wie nah die Münchner City mit ihrem Trubel war. In dem ruhigen Wohngebiet, in dem die Nordens lebten, gab es weder Lärm noch Hektik. Für den engagierten Mediziner, der zugleich Chefarzt und Leiter der Behnisch-Klinik war, ein idealer Rückzugsort, um die Seele baumeln zu lassen und neue Kraft für den stressigen Alltag zu schöpfen. »Hier bist du, Dan.« Fee Norden, die hübsche Blondine mit den erstaunlich blauen Augen, trat neben ihren Mann und lächelte ihm zu. »Frühstück ist fertig.« Wie schön sie im Morgenlicht ist, dachte er und küsste sie zart. Obwohl die Nordens längst Silberhochzeit gefeiert hatten und Eltern von fünf erwachsenen Kindern waren, blieb die Romantik in ihrer Ehe nie auf der Strecke. Das tiefe Vertrauen, aber auch das gewisse Knistern zwischen ihnen, darauf basierte ihre harmonische, glückliche Ehe. Wenn sie nicht nachdachten, einander genug waren, dann fühlten sie sich tatsächlich noch wie das frisch verliebte Paar, das sich vor vielen Jahren das Jawort gegeben hatte. Und sie harmonierten nicht nur privat, sondern auch beruflich. Fee war die Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik, ebenso engagiert wie ihr Mann. Sie konnten sich auf jeder Ebene austauschen, und das trug sehr zu ihrem stabilen gemeinsamen Glück bei. »Ist es nicht ein herrlicher Morgen?«, sinnierte Daniel, während er und Fee Hand in Hand zurück zum Haus gingen. »Du meinst, weil wir heute zu zweit frühstücken?«

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Seitenzahl: 118

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Chefarzt Dr. Norden – 1296 –Alles nur ein schöner Traum

Stattdessen gerät die junge Malerin Luisa in die Fänge eines Psychopathen

Helen Perkins

Dr. Daniel Norden warf einen langen Blick aus dem bodentiefen Fensterelement, öffnete es und trat nach draußen auf die Terrasse. Er atmete die noch kühle und frische Morgenluft tief ein, die hier nach Rosen und Clematis duftete, lauschte auf das morgendliche Vogelkonzert und lächelte entspannt. Die gute Luft, die Stille, all das war purer Balsam für die Seele. Schwer, sich vorzustellen, wie nah die Münchner City mit ihrem Trubel war. In dem ruhigen Wohngebiet, in dem die Nordens lebten, gab es weder Lärm noch Hektik. Für den engagierten Mediziner, der zugleich Chefarzt und Leiter der Behnisch-Klinik war, ein idealer Rückzugsort, um die Seele baumeln zu lassen und neue Kraft für den stressigen Alltag zu schöpfen.

»Hier bist du, Dan.« Fee Norden, die hübsche Blondine mit den erstaunlich blauen Augen, trat neben ihren Mann und lächelte ihm zu. »Frühstück ist fertig.«

Wie schön sie im Morgenlicht ist, dachte er und küsste sie zart. Obwohl die Nordens längst Silberhochzeit gefeiert hatten und Eltern von fünf erwachsenen Kindern waren, blieb die Romantik in ihrer Ehe nie auf der Strecke. Das tiefe Vertrauen, aber auch das gewisse Knistern zwischen ihnen, darauf basierte ihre harmonische, glückliche Ehe. Wenn sie nicht nachdachten, einander genug waren, dann fühlten sie sich tatsächlich noch wie das frisch verliebte Paar, das sich vor vielen Jahren das Jawort gegeben hatte. Und sie harmonierten nicht nur privat, sondern auch beruflich. Fee war die Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik, ebenso engagiert wie ihr Mann. Sie konnten sich auf jeder Ebene austauschen, und das trug sehr zu ihrem stabilen gemeinsamen Glück bei.

»Ist es nicht ein herrlicher Morgen?«, sinnierte Daniel, während er und Fee Hand in Hand zurück zum Haus gingen.

»Du meinst, weil wir heute zu zweit frühstücken?«, scherzte sie mit einem hintergründigen Schmunzeln. Fee war Mutter mit Leib und Seele. Bei jedem Kind, das flügge geworden war, hatte ihr Herz geblutet. Glücklicherweise lebten ihre beiden Jüngsten, die Zwillinge Dési und Janni noch daheim. Sie studierten in München und würden ihnen hoffentlich noch lange erhalten bleiben. Das war jedenfalls Fees innigster Wunsch. Aber sie wusste natürlich, dass ihr Mann sich manchmal etwas mehr ungestörte Zweisamkeit wünschte.

»Tatsächlich nur zwei Gedecke? Wo sind denn unsere beiden Nesthäkchen?«, scherzte Dr. Norden und ließ sich an Frühstückstisch nieder.

»Janni ist übers Wochenende bei Lucy. Sie besuchen ihre Eltern in Rosenheim. Und Dési frönt ihrem neuen Hobby, dem Joggen. Sie ist schon vor einer Stunde Richtung Englischer Garten entschwunden.« Fee schmunzelte. »Ich glaube, am meisten genießt sie dabei die bewundernden Blicke, die ihr folgen.«

»Sie ist ja auch ein hübsches Mädchen.« Er lächelte ihr zu. »Das hat sie von dir, mein Schatz.«

»Danke für das Kompliment. Musst du nachher wirklich in die Klinik? Ich dachte, wir erledigen den Wocheneinkauf mal wieder gemeinsam.«

»Tut mir leid, ich habe einen Termin mit Valerie von Seefeld. Es geht um ihren Vater.«

»Der Altertumsforscher mit fortgeschrittener Demenz?«

Daniel Norden nickte. »Ein tragischer Fall. Die Krankheit nimmt ihm alles, wofür er ein Leben lang gearbeitet hat.«

»Wie ist sein aktueller Zustand?«

»Die OP hat er gut überstanden, die neue Herzklappe funktioniert einwandfrei. Im Grunde könnte ich ihn schon bald entlassen. Doch wohin? Zuhause kann er allein nicht mehr leben. Seine Tochter ist zwar vor ein paar Monaten zu ihm gezogen, aber sie schafft es nicht, ihn rund um die Uhr zu versorgen, auch nicht mit dem mobilen Pflegedienst.«

»Sie ist seine Assistentin an der Uni, oder?«

Er nickte. »Sie hat ihn in den letzten Jahren mehrere Male ins Tal der Könige begleitet, wo er über dreißig Jahre lang geforscht hat. Sie kennt seine Arbeit ganz genau. Sein Lebenswerk, eine Abhandlung über die Königsdynastien in zwanzig Bänden, steht kurz vor der Vollendung. Zu diesem Zweck wollten sie im letzten Jahr noch einmal nach Ägypten reisen. Dann wurde er herzkrank und die ersten Zeichen der Demenz traten auf. Der Verlauf war rapide. Die beste Lösung wäre ein Pflegeheim. Doch davon will er nichts wissen. Und er lässt es auch nicht zu, dass seine Tochter seine Forschungen zu Ende bringt. Er beharrt darauf, selbst noch einmal ins Tal der Könige zu reisen.«

»Ist er aggressiv?«

»Wütend, würde ich eher sagen. Wütend auf die ganze Welt.«

Fee seufzte mitfühlend. »Es ist bitter, so etwas ertragen zu müssen. Hast du schon eine Idee, was man tun kann?«

»Ein paar Ideen. Aber keine wirkliche Lösung. Es hängt alles am Krankheitsverlauf. Wann kommt der nächste Schub, wann wird er bettlägerig? Wenn sein Zustand noch eine Weile stabil bleibt, gibt das seiner Tochter Zeit, ein geeignetes Heim zu finden. Und ich könnte ihn solange noch bei uns in der Klinik behalten.«

»Das würde ihr sicher helfen.«

»Valerie leidet sehr unter der Situation. Ihr Vater war stets ihr Vorbild. Schon als kleines Mädchen hat sie sich gewünscht, an seiner Seite forschen zu können. Und nun zerbricht dieser Traum mit jedem Tag ein wenig mehr.«

»Ich bin sicher, du findest eine Lösung, Dan.«

»Danke für dein Vertrauen, ich bin mir da leider nicht so sicher. Jetzt muss ich aber los.«

Fee wirkte wenig begeistert. »Das heißt, ich muss den Einkauf allein bewältigen.«

»Warte doch, bis Dési heimkommt, sie kann dir helfen.«

»Das kann dauern … Und vergiss bitte nicht, dass wir heute Abend in der Galerie Sommer sind, zu Luisas Vernissage.«

»Wie könnte ich das vergessen. Ich bin schon sehr gespannt auf ihre neuen Bilder.«

Luisa war die Tochter von Dr. Carolin Feininger. Die Psychoanalytikerin war eine Studienfreundin der Nordens. Sie hatte sehr früh ihren Mann verloren, der ebenfalls Mediziner gewesen war. Der Virologe hatte sich bei den Ärzten ohne Grenzen engagiert und war in Afrika an einem noch unbekannten Virus gestorben. In der Nacht seines Todes war die kleine Luisa auf die Welt gekommen.

»Das Wunder, das mein Leben gerettet hat«, nannte Carolin ihre Tochter, die am Down-Syndrom litt. Mutter und Tochter, mittlerweile Mitte dreißig, lebten in einer schönen Villa im noblen Münchner Stadtteil Grünwald. Luisas Vater hatte sie ihnen hinterlassen. Sie verstanden sich gut, denn Carolin ließ Luisa den Freiraum, den jeder Erwachsene brauchte. Sie bewohnte die obere Etage des Hauses, wo auch ihr Atelier lag. Doch ihre farbenfrohen, naiven Bilder entstanden meist direkt in der Natur. Sie hatte sich damit in der Kunstszene einen Namen gemacht, und ihre Mutter war sehr stolz auf sie.

»Ich habe schon einige bewundern dürfen, als ich letztes Mal bei Carolin war. Was meinst du, haben wir eigentlich an den Wohnzimmerwänden noch zu viel freien Platz?«

Dr. Norden lachte, küsste seine Frau zum Abschied und versicherte ihr: »Darauf kannst du wetten! Bis heute Abend, mein Schatz. Keine Sorge, ich bin pünktlich wieder zu Hause.«

»Ich hoffentlich auch«, murmelte Fee mit einem skeptischen Blick auf die lange Einkaufsliste.

Nachdem ihr Mann das Haus verlassen hatte, gönnte Fee Norden sich noch eine Tasse Kaffee, bevor sie sich ins Getümmel der Einkaufspassagen stürzte.

Dabei wanderten ihre Gedanken zu Luisa. Carolin hatte da so eine Andeutung gemacht. Offenbar war die junge Frau verliebt. Fee war neugierig auf den Mann, der ihr Herz gestohlen hatte. Viel hatte Carolin ihr nicht verraten. Sie beschloss, nach dem Einkauf noch einen Abstecher zu ihrer Freundin zu machen …

*

»Meinst du, ich kann das anziehen? Sehe ich damit nicht irgendwie … komisch aus?« Luisa betrachtete sich mit einem skeptischen Blick im Spiegel. Sie war klein und ein wenig rund um die Hüften. In ihrem noch immer kindlich wirkenden Gesicht leuchteten die rehbraunen Augen. Ihr rötliches Haar fasste sie gern mit einer Spange im Nacken zusammen. Meist trug die junge Frau Latzhosen oder lässige Hängerkleider, Hauptsache bequem. Nun probierte sie ihr Outfit für den Abend der Vernissage an. Es sollte ein wadenlanges Kleid aus dunkler Baumwolle werden mit einem Druck kunterbunter Streublümchen. Sie und ihre Mutter hatten es kürzlich in einer Boutique entdeckt und waren beide gleichermaßen begeistert gewesen. Nun schienen Luisa allerdings Zweifel zu kommen …

»Also, ich finde, es steht dir hervorragend. Du siehst darin ganz zauberhaft aus, Schätzchen«, meinte Carolin.

»Ehrlich?« Luisa warf ihrer Mutter einen zweifelnden Blick zu. Sie war so schön und anmutig und hatte einen erlesenen Geschmack. Sie wusste immer, was zusammenpasste und ihr am besten stand. Selbst in bequemer Hose und weißer Bluse wirkte sie wie eine Diva. Luisa fühlte sich daneben ein klein wenig wie Aschenputtel.

»Ehrlich.« Die Psychoanalytikerin legte beide Arme um ihre Tochter und drückte ihr einen Kuss aufs Haar. »Meine süße kleine Prinzessin. Es ist dein Abend und du wirst ihn von Herzen genießen. In diesem wunderhübschen Kleid.«

Luisa lachte und schmiegte sich an ihre Mutter. »Glaubst du, dass es Leon auch gefallen wird?«

»Ganz bestimmt.« Carolin nahm die Hände ihrer Tochter und setzte sich mit ihr zusammen auf Luisas Bett, das unzählige Kissen und Decken zierten. Sie liebte es, sich darin einzukuscheln und wie auf Wolken zu schlummern.

»Vertragt ihr euch denn noch immer so gut?«

»Natürlich. Ich mag ihn sehr.«

»Und vielleicht noch ein bisschen mehr?«

Luisa lachte unbekümmert. »Vielleicht …«

Ihre Mutter schaute sie aufmerksam an. Es war nicht das erste Mal, dass ihre Tochter sich verliebte. Luisa hatte auch mal einen Freund gehabt, doch wirklich ernst war es ihr mit der Liebe bislang nie gewesen. Dazu war sie einfach zu eigensinnig und freiheitsliebend. Seit sie den Sohn der Münchner Galeristin Odette Sommer kennengelernt hatte, war dies anders. Leon spielte eine zunehmend wichtige Rolle in ihrem Leben. Luisas Gefühle waren da wie ein offenes Buch für Carolin. Doch wie stand es um den jungen Mann? Meinte er es ernst oder war es nur eine Spielerei für ihn, eine Abwechslung?

Sonst mischte Dr. Feininger sich nicht in Luisas Leben ein. Doch nun machte sie sich Sorgen, denn sie wollte nicht, dass ihre Tochter enttäuscht oder verletzt wurde.

»Denkst du noch manchmal an Kevin?«, fragte sie.

Luisa überlegte kurz, dann erhellte ein Lächeln ihre weichen Züge. »Er war mein Freund in die Schule. Das ist lange her …«

»Ihr habt euch auch gut verstanden.«

»Ja, aber das war eine Schulfreundschaft. Mit Leon ist es anders, wir sind ja beide erwachsen.«

»Hat er dir gesagt, wie er zu dir steht?«

»Er sagt, er mag mich.« Luisa warf einen Blick auf die Uhr. »Oje, ich habe die Zeit vergessen. Ich muss doch noch mal in die Galerie, vor der Eröffnung alles anschauen.«

»Soll ich dich fahren?«

»Nein, ich nehme das Rad. Es ist ja nicht weit. Aber vorher muss ich mich umziehen.«

In diesem Moment wurde an der Haustür geklingelt. Carolin ließ ihre Tochter allein, um zu öffnen. Sie freute sich, Fee Norden zu sehen. »Das ist aber eine nette Überraschung!«

Fee seufzte. »Ich war einkaufen und wüsste ein ruhiges Viertelstündchen zu schätzen.«

»Kaffee und Kuchen?«

»Eh ich mich schlagen lasse …«

Die Psychoanalytikerin lachte und machte eine einladende Geste. »Komm rein.«

Luisa eilte gerade die Treppe herunter. Sie hatte sich rasch umgezogen, trug nun eine weite Leinenhose und eine passende Bluse. Das waren ihre »Wohlfühlklamotten«.

»Hallo, Fee, wie schön, dass du uns besuchst!«, rief sie und drückte die Ärztin kurz an sich. »Leider muss ich weg. Wir sehen uns aber heute Abend. Ihr kommt doch alle zu meiner Vernissage, nicht wahr?«

»Selbstverständlich. Wir freuen uns schon darauf«, versicherte Fee mit einem herzlichen Lächeln.

»Das ist prima!« Sie lachte wie ein kleiner Kobold und hatte es dann eilig, das Haus zu verlassen.

»Luisa ist viel munterer als sonst«, stellte Fee fest, als sie mit Carolin in der gemütlichen, großen Küche bei Kaffee und Mohnstrudel saß. »Fröhlich ist sie ja meistens. Aber heute hatte sie sozusagen den Sonnenschein im Gepäck.«

Carolin lächelte schmal. »Und der hat einen Namen. Leon.«

»Der junge Mann aus der Galerie …«

Die Freundin nickte. Sie fuhr sich mit einer etwas ratlos wirkenden Geste durch ihre kupferrote Mähne und gab zu: »Ich mache mir Sorgen. Luisa ist wirklich sehr verliebt.«

»Ist das was Schlimmes?«

»Grundsätzlich nicht. Es ist auch nicht das erste Mal. Hin und wieder gab es eine Liebelei, auch mal eine Beziehung, aber …«

»Die Jungs waren wohl auch Downer«, brachte Fee auf den Punkt, was ihr Gegenüber quälte.

»Ja, das ist das Problem. Ich sage nicht, dass eine Beziehung zwischen zwei so unterschiedlichen Menschen nicht funktionieren kann. Wer bin ich, mir da ein Urteil zu erlauben? Luisa ist eine erwachsene Frau und kann selbst über ihr Leben bestimmen. Aber ich bin eben auch ihre Mutter und mache mir Sorgen. Ich will nicht, dass Leon sie verletzt.«

»Diese Angst kennt wohl jede Mutter nur zu gut.«

Carolin lächelte angedeutet. »Ich wusste, dass du mich verstehen würdest, Fee. Und ich bin froh, dass du Leon heute Abend kennen lernen wirst. Ich gebe viel auf dein Urteil.«

»Das ist lieb von dir, aber du weißt auch, dass es nur meine subjektive Meinung ist. Niemand kann in einen anderen Menschen hinein schauen.«

»Das stimmt leider. In dem Fall würde ich es mir wünschen.« Dr. Feininger atmete tief durch. »Vielleicht mache ich mir ja auch ganz unnötige Sorgen. Luisa ist ein kluges Mädchen. Sie weiß selbst am besten, was gut für sie ist. Sie wird es schon richtig machen …«

*

»Nun, Herr Professor, wie fühlen Sie sich heute?« Dr. Daniel Norden zog sich einen Rollhocker heran und nahm neben dem Krankenbett seines Patienten Platz.

»Es geht mir gut, ich möchte nach Hause«, erklärte der entschieden. Der Altertumsforscher Hartmut von Seefeld war sein Leben lang ein sehr bestimmender Mensch gewesen. Manche nannten ihn autoritär, andere urteilten weniger hart über seine Art. Ein großer Gelehrter hatte eben auch seine Marotten und Eigenheiten. Wissenschaftliche Brillanz ging nicht selten mit menschlicher Egozentrik einher. Dies war bei dem Professor durchaus der Fall gewesen. Er hatte sich im Laufe seines Berufslebens mit vielen Kollegen zerstritten, aber auch zahlreiche große Erfolge errungen. Im Endeffekt hatte er meist Recht behalten mit seinen Thesen und Schlussfolgerungen. Dass dies einmal nicht mehr der Fall sein könnte, schob er ärgerlich von sich. Ebenso wie er seine Krankheit konsequent ignorierte.

»Es wird noch eine Weile dauern, bis Sie sich wirklich von dem Eingriff am Herzen erholt haben«, hielt Dr. Norden ihm entgegen.