Alles wird gut - Sebastian 23 - E-Book

Alles wird gut E-Book

Sebastian 23

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Beschreibung

Sebastian 23 – in den Sozialen Netzwerken auch bekannt als mondschaf23 – schreibt über 5712 einfache Wege, die Welt zu retten. Ganz konkret, praktisch, entschlossen – und vor allem optimistisch und mit Humor. Weil es wichtig ist, auch einmal über sich selbst zu lachen und nicht alles nur todernst zu nehmen. Schließlich geht es nur um die Zukunft der Menschheit. Seit vielen Jahren beschäftigt sich Sebastian 23 intensiv mit den Themen "Umweltschutz", "Verkehrswende" und "Klimakrise". Nicht nur als Vater zweier Kinder macht er sich Gedanken, wie es um die Zukunft bestellt ist. Auf der Bühne und im Internet spricht er als Poetry Slammer und Komiker vor tausenden von Menschen über all das, was ihn umtreibt. Und trotz berechtigter Sorgen ist Sebastian 23 sich sicher: Alles wird gut! Oder besser: Es kann gut werden, wenn wir uns von all den düsteren Perspektiven und den schlechten Nachrichten nicht lähmen lassen. Die Welt wird nicht untergehen. Denn immer noch haben wir es in der Hand, vieles zum Positiven zu wenden, wenn wir ins Handeln kommen. Es wird gewiss kein leichter Weg, vielleicht sind sogar mehr als 5712 Schritte notwendig. Doch aus Sicht von Sebastian 23 gibt es auch positive Kipp-Punkte: Es sind für ihn die Momente, in denen wir uns entschließen, "durch das Dunkel ins Licht" zu springen. Wenn Hoffnung uns antreibt, wenn wir aktiv werden und es uns zum Beispiel gelingt, das Thema Mobilität anders zu lösen: Ohne den Einsatz fossiler Energien und trotzdem bezahlbar und barrierefrei für alle. Das ist weit mehr als eine grüne Träumerei, denn dass die Idee einer nahezu autofreien Innenstadt realisierbar ist, machen einige Städte in Europa, beispielsweise Amsterdam oder Kopenhagen, längst vor. Weshalb sollte das nicht auch in Bochum, Berlin oder Baden-Baden möglich sein? Oder in Städten ohne B? Testimonials zum Buch: "Ich hoffe, dass alle es lesen und verstehen, was hier grad passiert und was wir tun können!" Michel Abdollahi

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Seitenzahl: 176

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Sebastian 23

Alles wird gut

Die Welt retten in 5712 einfachen Schritten

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Alles wird gut?

Wenn ich die Nachrichten anschalte, merke ich oft erst Minuten später, dass ich keinen Welt­untergangs-Hollywoodfilm schaue, sondern dass es wirklich so schlimm um uns steht: Pole schmelzen, Wälder brennen, Kriege toben. Flut hier, Sturm da, Alice Weidel, Dürre, Pandemie und Wurst im Eigendarm. Sich angesichts dessen Hoffnung zu bewahren, ist eine Herausforderung. Aber es ist gleichzeitig auch eine Pflicht, denn die Alternative wäre, aufzugeben, zynisch zu werden und den Kakerlaken alles Gute zu wünschen.

Wir alle wissen, dass die Dinge nicht so bleiben können, wie sie sind. Sorge ist verständlich, darf aber nicht unsere einzige Reaktion bleiben. Es braucht ein Mindestmaß an Optimismus, um handlungsfähig zu bleiben – und wir müssen handeln, um optimistisch zu bleiben. Dieses Buch beansprucht selbstverständlich nicht, alle Krisen der Welt lösen zu können. Aber es zeigt, dass viele Krisen lösbar sind. Und zwar durch uns.

 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.bene-verlag.de

Inhaltsübersicht

Motto

Prolog: Gibt es eine Zukunft?

Die schönsten Untergänge der Welt

Omnikrise und Optimismus

Klima

Kapitalismus und Wachstumsdogma

Verkehr

Energie

Politik

Ernährung

Arbeit und Lohn

Medien

Künstliche Intelligenz

Liebe in Zeiten des Patriarchats

Glaube und Aber

Wie alles gut wird

Die Erde soll früher einmal

ein Paradies gewesen sein.

Möglich ist alles.

Die Erde könnte

wieder ein Paradies werden.

Alles ist möglich.

 

Erich Kästner

Prolog: Gibt es eine Zukunft?

Es war ein kühler und wolkenverhangener Tag in Washington D.C., doch der Sommer war nicht weit. Daran dachte wohl auch Donald Trump, der damals noch US-Präsident war und die Presse am 23. April 2020 zu seinem täglichen Corona-Briefing eingeladen hatte. Nachdem ihm Experten gesagt hatten, dass im Sommer aufgrund von mehr Sonnenlicht samt UV-Strahlung rückläufige Infektionsraten zu erwarten seien, gab sich Trump inspiriert. »Mal angenommen, man könnte das Licht in den Körper bringen«, so spekulierte er, »das wäre gewaltig.« Die erwähnten Expert*innen waren entsetzt. Vermutlich hatten sie Angst, dass Trump als Nächstes anordnen könnte, probeweise mal ein paar Covid-Patienten zu öffnen und eine starke Taschenlampe reinzuhalten. Doch so entging fast allen die tiefe Poesie dieses Moments: Hatte Trump nicht gerade gesagt, dass wir Licht in die Menschen hineinbringen sollten, um eine große Krise der Gegenwart zu lösen? Das liegt doch inhaltlich exakt auf einer Linie mit den berühmten letzten Worten Goethes: »Mehr Licht!« Oder kam das nur mir so vor, weil ich mich damals, gut einen Monat nach Beginn des ersten Lockdowns, zu intensiv mit meiner Raufasertapete beschäftigt hatte?

 

Alles wird gut. Das ist eine kühne Behauptung. Aber ist das nicht auch das Ziel? Also, nicht das Aufstellen von Behauptungen, sondern dass alles gut wird? Es klingt banal und kommt irgendwie unterschwellig daher – wie der Refrain eines Bob-Marley-Songs. Und es ist natürlich sehr, sehr allgemein formuliert. Dass alles gut wird, lässt so viele Interpretationen zu, wie es Eltern auf der Welt gibt, die diesen Satz zum Trost sagen, wenn sich ihre Kinder die Knie aufgeschlagen haben.

Alles wird gut, das bedeutet für jeden Menschen etwas anderes: Lottogewinn, Wochenende, CO2-Neutralität, ein Date mit Sören, Freibier, kein Hunger mehr, soziale Gerechtigkeit, Wahlsieg, Schluss machen mit Sören, kein Stress mehr mit der Ausländerbehörde, ein vergoldetes Steak, ein Hafermilch-Cappuccino oder der Mond, der sich auf sanft wiegenden Wellen spiegelt. Was uns dabei alle eint, ist jedoch der Wunsch nach einer besseren Zukunft. Nur haben wir alle wahrlich unterschiedliche Vorstellungen davon, wie diese aussieht und erreicht werden kann. Aber vielleicht müssen wir zurück zu dieser Basis, um uns sinnvoll auf die Suche nach einer Utopie zu machen.

 

Alles wird gut.

Womöglich ist der Satz in Anbetracht der Zeit, in der wir leben, auch frech, verwegen, naiv – vor allem sagt es sich einfach in einem der reichsten Länder der Welt. Aber dann ist mir wieder eingefallen, dass ich ja gar nicht in Norwegen lebe, sondern in Bochum. Und trotzdem habe ich Hoffnung, sehr gute Pommes und meistens sogar eine ordentliche Portion Optimismus. Das bedeutet nicht, dass ich mich beim Pommes-Essen zurücklehne und darauf hoffe, dass eine unsichtbare Hand kommt, die alles für mich regelt – sei es die Hand Gottes, die von Hui Buh, dem Schlossgespenst, oder die des freien Marktes. Im Gegenteil: Ich weiß es und spüre es in jeder Faser meines Körpers: Wir müssen handeln, denn die Dinge können nicht so bleiben, wie sie sind. Ich glaube jedoch, wir brauchen ein Mindestmaß an Optimismus, um handlungsfähig zu bleiben – und wir müssen handeln, um optimistisch zu bleiben.

Wenn ich aber die Nachrichten anschalte, dann merke ich oft erst zehn Minuten später, dass ich keinen Weltuntergangs-Hollywood-Film von Michael Bay gucke, sondern dass es wirklich so schlimm um uns steht: Pole schmelzen, Wälder brennen, Kriege toben, Flut hier, Sturm da, Alice Weidel, Dürre, Pandemie und Wurst im Eigendarm. Dann fällt es mir plötzlich erschreckend leicht, mit zynischen Kommentaren um mich zu werfen und zu sagen, dass die Menschheit eh verloren hat. Aber soll man sich jetzt ein Kakerlaken-Fan-Shirt anziehen, um den zukünftigen Herrschern dieses Planeten schon mal zu huldigen? Oder nehmen wir uns einen Moment, um unser Welt- und Menschenbild wenigstens einmal kurz zu betrachten und uns zu fragen: Sollte auf meinem Fan-Shirt nicht vielleicht doch ein Mensch sein? Und wenn ja: Wie viele?

 

Sich die Hoffnung zu bewahren, ist eine Herausforderung. Aber es ist gleichzeitig auch eine Pflicht, denn die Alternative wäre, aufzugeben, zynisch zu werden und zu hoffen, dass man eines Morgens aus unruhigen Träumen erwacht und sich in einen Käfer verwandelt hat.

Ein ehemaliger Psychologie-Student hat mir erzählt, dass er sein Studium aufgegeben hat, nachdem ihm klar wurde, dass ein großer Teil der psychischen Probleme, von denen er hörte, eigentlich ganz normale Reaktionen auf die permanente Überforderung waren, der Menschen heute ausgesetzt sind: medial, sensorisch, durch Existenzängste, Klimakrise, fehlende soziale Gerechtigkeit, immer mehr Arbeit und immer knappere Kassen. Es kam meinem Bekannten falsch vor, Menschen durch Therapien dabei zu helfen, all das besser aushalten zu können. Denn am Ende würde er damit einen Beitrag dazu leisten, das System am Laufen zu halten, das so viele Menschen unter die Räder geraten lässt. Stattdessen will er sich lieber dafür einsetzen, die Ursache für all das Leid anzugehen. Und dieser Gedanke – dass er es schaffen kann, etwas dazu beizutragen, dass die Situation an sich besser wird –, das ist genau die Sorte Hoffnung und Optimismus, um die es mir geht.

»Dunkelheit kann Dunkelheit nicht vertreiben, das kann nur Licht«, hat Martin Luther King Jr. mal gesagt. Und da sind wir wieder beim Licht, das irgendwie in die Menschen hineinmuss.

Gleich vorweg möchte ich klarstellen, dass ich eher »Team Teelicht« bin als »Team Stadionscheinwerfer«. Dieses Buch beansprucht selbstverständlich nicht, alle Krisen der Welt lösen zu können. Es behauptet lediglich, dass viele Krisen der Welt lösbar sind. Und zwar durch uns – wenn wir wollen. Ich selbst bin dabei weder der ideale Vorreiter, noch habe ich die Weisheit mit ganz großen Löffeln gefressen. Ich habe höchstens mal versucht, mit einer Kuchengabel von der Klugheit zu naschen. Leider handelte es sich um Suppe. Trotzdem weiß ich, dass in einem komplexen System wie unserer menschlichen Gesellschaft jeder noch so kleine positive Beitrag ein positiver Kipppunkt sein kann. Und dass wir keine Chance haben, unsere eigene Wirkung überhaupt in Gänze zu erfassen. Wohin fliegen die Funken unserer Handlungen, welche Feuer entfachen sie in anderen und wohin sprühen dann deren Funken?

Selbst eine kleine, unbedachte Nettigkeit im Alltag kann potenziell die Welt verändern. Auf jeden Fall aber die Welt derer, zu denen man nett ist. Es lohnt sich also in jedem Fall, auch in tiefen Krisen einen Funken Hoffnung zu bewahren – selbst, wenn es nicht für uns ist. Die Welt kann besser werden. Und das in vielen, kleinen und großen Schritten. Vielleicht in 5712 Schritten?

 

Wenn wir aber ganz hinten im Wörterbuch nachschlagen und uns dort den Zynismus aneignen, dann geht uns jeder Optimismus verloren und unsere Haltung wird destruktiv. Und so, wie unsere Gedanken unsere Haltung prägen, prägt unsere Haltung unseren Charakter und unser Charakter unser Leben. Das heißt nicht, dass zynischen oder destruktiven Menschen nur schlechte Dinge passieren. Im Gegenteil, es ist durchaus möglich, als Zyniker*in einen Großkonzern zu leiten und in seiner/ihrer Freizeit weit hinten im Wörterbuch zwischen Zedern auf Jachten vor Zypern Zabaione zu verzehren. Aber die Fähigkeit, dabei großes Glück zu empfinden, geht Zyniker*innen auf dem Weg dorthin in weiten Teilen verloren. Und ich weiß zwar nicht, wie es dir geht, aber ich esse lieber glücklich Pommes als deprimiert Austern.

Dazu werfe ich in diesem Buch ein paar Ideen in die Fritteuse. Davon brauchen wir definitiv weit mehr, als ich hier bieten kann. Vielleicht ist am Ende auch keine meiner Ideen knusprig. Das macht aber nichts. Wichtig ist nur, dass wir optimistisch bleiben, offen und beweglich; ausgerichtet auf die Vorstellung einer besseren Zukunft. Dann werden einige von allein auf Ideen kommen, wie sie aktiv werden können. Denn hinter einem Satz können sich vermutlich fast alle Menschen dieser Welt vereinen: So, wie es ist, kann es nicht bleiben! Wir wollen, dass es am Ende gut ausgeht. Dass wir den Klimawandel und andere schlimme Entwicklungen stoppen können. Das funktioniert sicher nicht immer mit allem, aber den Versuch ist es wert.

*

Bevor ich mitten hineinspringe ins Thema, noch ein paar Gedanken zu meinem Medium und dem eingesetzten Werkzeug: Wenn man ein Buch schreibt, macht man sich naturgemäß viele Gedanken über Sprache. Sowohl mein Lektor als auch ich legen jeweils einen sehr großen Wert auf korrekte Rechtschraibugn. Und mir ist jetzt schon klar, dass sich einige an dem Umstand stoßen werden, dass viele Anglizismen im Text zu finden sind. Aber mein Leitsatz dazu stammt seit jeher von der deutschen Modeschöpferin Jil Sander: »Unser voice geht auch auf peoples, die unseren style appreciaten.«

Genderneutrale Sprache würde ich hingegen niemals verwenden, meine lieben Leser*innen. Denn da kriegt man von vielen Kritiker*innen auch direkt einen drüber. Als ich beispielsweise einmal in einem Beitrag das Wort »Studierende« verwendete, wiesen mich gleich Experten (!) darauf hin, dass das Wort keinen Sinn ergebe. Ich war erst erstaunt, denn der Begriff wird ja nun schon seit Jahrzehnten so verwendet, auch in der Alltagssprache. Aber man klärte mich auf: Da das Wort auf dem Partizip »studierend« beruht, ist es nur zutreffend auf Menschen, die gerade jetzt in der Uni sitzen und aktiv studieren. Wenn die abends ein Bier trinken, sind das keine Studierende mehr, sondern Biertrinkende. Da ist etwas dran, dachte ich. Wenn ich abends einschlafe, bin ich auch kein Alleinerziehender mehr. Dann bin ich ein Schlafender. Schade für die Kinder, gut für die Sprache.

Im März 2023 haben CDU und FDP in Stralsund einen Antrag der AfD unterstützt, genderneutrale Sprache in der Stadtverwaltung zu verbieten. Es geht wohl eine größere Gefahr für Deutschland davon aus, dass geschlechtergerechte Sprache benutzt wird, als davon, mit Parteien zusammenzuarbeiten, die Rassist*innen und Faschist*innen in ihren Reihen dulden. Allerdings stellte sich mir die Frage, wer denn jetzt hier eigentlich die »Sprachpolizei« ist und wer die »Verbotspartei«. Im Gegensatz zur FDP bin ich da eher liberal und rede und schreibe so, wie ich es für angemessen halte. Insofern mein Lektor es mir durchgehen lässt. Das muss nicht allen gefallen, wie alles andere in diesem Buch auch.

Vor Kurzem hat mir ein Leser unter einen Beitrag auf Social Media geschrieben, dass ich nerve. Ich fand das ein sehr schönes Kompliment. In diesen Zeiten nichts und niemanden zu stören, das wäre mir unangenehm.

Wenn ich zusätzlich zum Stören vielleicht auch noch die ein oder andere Idee beitragen kann, die dann jemand auffängt und weiterspielt, bin ich froh. Wenn es jemand mit Verständnis und Vergnügen liest, hat das Buch seinen Zweck ebenso erfüllt, um es mal mit Wittgenstein zu sagen. Und falls du aktuell für Philosophie eingeschrieben bist und dir Wittgenstein-Referenzen voll auf die Leiter gehen, dann bedenke, dass du in diesem Moment lesend bist und nicht studierend. So läuft das mit den Partizipien. Und wenn du sonst wirklich nichts Gutes findest, keine Inspiration, keine Hoffnung und nicht mal ein schmales Schmunzeln, dann freu dich doch einfach darüber, dass ich einen Weg zu gehen versuche, um Licht in die Welt zu tragen, ohne eine Taschenlampe zu verwenden.

Alles wird gut.

Die schönsten Untergänge der Welt

Erwartet euch nicht zu viel vom Weltuntergang.

Stanislav Lec

 

Der Endgegner des Optimismus ist kein halbleeres Glas, sondern der Weltuntergang. Wobei das andererseits immer auch auf die Welt ankommt. Ich würde nicht sofort Gottfried Wilhelm Leibniz zustimmen, der meinte, wir leben in der besten aller möglichen Welten. Immerhin fallen vermutlich jedem sofort ein paar Verbesserungsvorschläge ein, zum Beispiel sollte es meiner Meinung nach Hamster geben, die Skateboard fahren können. Trotz solcher offensichtlicher Mängel wohnen wir jedoch auf einer Welt, deren Schönheiten nicht zu verleugnen sind. Selbst um einige Errungenschaften der Menschheit wäre es schade, zumBeispiel Zitroneneis, Kekse oder Nächstenliebe. Deshalb wäre es also schon ärgerlich, wenn die Welt plötzlich untergeht. Andererseits: Worin soll die Welt eigentlich untergehen?

Jedem Ende wohnt ein Zauber inne, nicht nur, wenn man Hermann Hesse rückwärts liest. Seit Jahrtausenden geht die Welt demnächst unter, immer und immer wieder wird das Ende aller Dinge angekündigt. Und die Menschheit reagiert stets begeistert, wird regelrecht magnetisch davon angezogen, wenn von der Apokalypse die Rede ist. Und wir sind immer und immer wieder überrascht, wenn sie dann doch ausbleibt. Aber da in Zeiten von Klimakrise, Krieg und Gendersternchen die Frage nach dem Ende aller Dinge aktueller denn je zu sein scheint, lohnt sich ein Blick auf die schönsten Weltuntergangsprophezeiungen der letzten tausend Jahre.

Im Mittelalter dachte man nämlich, dass man zeitlich eben nicht in der Mitte ist, sondern am Ende. Womöglich bedeutet das für uns, dass wir uns in Wahrheit heute ebenfalls im Mittelalter befinden. Natürlich sind wir ein paar Schritte weiter, weil wir heute nicht mehr die Pest durch Auflegen eines gerupften Huhns behandeln, sondern durch Zuckerkügelchen, die wir bei Vollmond zwölfmal geschüttelt haben. Ich meine, wir können ja froh sein, dass es die Gegenwart überhaupt gibt. Erstaunlich genug, denn exakt tausend Jahre vor meiner Geburt hätte es schon vorbei sein sollen mit der Welt. Der Mönch Abbo von Fleury hatte ausgerechnet, dass die von Johannes in seiner Offenbarung (dem letzten Buch der Bibel) erwähnten tausend Jahre, nach denen Satan wieder auf die Welt kommen soll, im Jahr 979 abgelaufen seien. Als jemand, der 1979, also exakt tausend Jahre danach geboren wurde, habe ich gerade sicherheitshalber noch mal meine Stirn abgetastet, aber zum Glück keine Hörner gefunden. Da habe ich vor Freude fröhlich mit den Bockshufen gescharrt.

Doch als Abbo von Fleurys Weltuntergang ausblieb, gab es kaum eine Ruhepause. Schon kurz darauf, im Jahr 999, hatte selbst der Papst so große Angst, dass er in Rom zum Jahreswechsel eine Predigt hielt, die eine Massenhysterie auslöste. Wie hieß der Papst, der an Silvester den Weltuntergang erwartete? Natürlich war es Sylvester II. Nicht überliefert ist, ob er sich am Neujahrsmorgen über seinen Kater gefreut hat.

Wenn man die Zahl 999 auf den Kopf stellt, erhält man 666. Das weiß ich aber nicht, weil ich Satan bin, ehrlich nicht, ich habe weiterhin keine Hörner. Ich kann einfach gut Handstand. Solche Zahlenspiele mögen albern wirken, aber waren wohl auch der Grund, dass beispielsweise Christopher Kolumbus den Weltuntergang im Jahr 1666 erwartete. Am Ende ist in dem Jahr aber doch nur ein Großteil der Stadt London abgebrannt. Aber gut, Kolumbus konnte ja auch Amerika und Indien nicht auseinanderhalten. Die Zahl 666 als Zahl des Bösen stammt übrigens auch aus der Offenbarung des Johannes, die sich stellenweise liest wie eine Fan-Fiction der Apokalypse.

 

Weltuntergangsvorstellungen gibt es bis heute, dafür sorgen unter anderem die Zeugen Jehovas. Ihr Gründer Charles Taze Russel und seine Anhänger sagten das Ende zuerst für das Jahr 1874 voraus, dann für 1878, 1881, 1910, 1914, 1918, 1925, 1975, 1984 und 1994. Das wirkt erst mal viel, aber andere haben den Weltuntergang noch viel öfter angekündigt. Die BILD-Zeitung zum Beispiel, in der gefühlt jede zweite Woche ein Killerkomet über das Titelblatt fliegt, dafür aber erstaunlich selten von der Klimakrise berichtet wird. Aber nun gut, vermutlich gilt da: Killerkometen killen Klimakrisen. Bei den Zeugen Jehovas heißt der Weltuntergang nicht Killerkomet, sondern Harmagedon. Diesen Einschlag auf der Erde werden allerdings 144000 Seelen überleben. Beides bezieht sich – Überraschung – auf die Johannesoffenbarung. Das mit den 144000 Seelen fand ich immer schon spannend, zumal die Zeugen Jehovas aktuell allein in Deutschland über 144000 Mitglieder haben, weltweit sind es 8,7 Millionen. Ziehen die dann Lose, wer am Ende das Ende überlebt? Wir werden es wohl nicht erfahren. Und die meisten Zeugen auch nicht.

Apropos Killerkomet: Erinnerst du dich an den großen Kometeneinschlag von 1973? Ich auch nicht, aber der Anführer der Sekte Children of God hatte ihn zumindest vorhergesagt. Als der Komet dann ausblieb, rechnete jener Mann namens Moses David mit einem Weltkrieg für das Jahr 1986 – aus dem die Kommunisten als Sieger hervorgehen würden. Aber nur bis 1993, denn dann würde Jesus zurückkommen und die Kommunisten besiegen. Erstaunlich genug, denn nichts davon steht im Johannes-Evangelium.

»Moses David« ist natürlich ein cooler Name für einen Guru. Definitiv cooler als »Erika Hedwig Bertschinger-Eicke«. Das könnte der Grund gewesen sein, warum sich die Anführerin von »Fiat Lux« im Allgemeinen lieber »Uriella« nannte. Aus heutiger Perspektive auch nicht mehr so cool, der Name. Das liegt daran, dass es inzwischen eine Erfindung namens Urinella gibt. Und auch weil die Anhänger von Fiat Lux im August 1998 dann eben doch nicht durch UFOs vor dem Weltuntergang gerettet wurden, wie Uriella versprochen hatte. Uriella hingegen war reich geworden, indem sie Tröpfchen und Öle unter anderem gegen Krebs und Aids verkauft hatte. Na, immerhin keine Zuckerkügelchen.

Wenn man über den Weltuntergang schreibt, darf man das Jahr 1999 nicht vergessen. Nicht zuletzt, weil die Ziffern auf den Kopf gestellt »666I« ergeben. Entsprechend wurde es dann wieder richtig munter: Für den Juli 1999 hatte Nostradamus den Weltuntergang mal wieder vorhergesagt, wie immer mit übersichtlichem Erfolg. Doch für den Jahreswechsel 1999/2000 erwartete man, dass alle Computer der Welt einen Nervenzusammenbruch kriegen würden, weil die Jahreszahl vorne plötzlich eine 20 statt einer 19 hatte. Ironischerweise blieb der Papst diesmal gelassen – vermutlich, weil er nicht Sylvester hieß, sondern Johannes.

Doch auch 2012, ebenfalls von Nostradamus prophezeit, blieb die Offenbarung aus. In einem der eher kühnen Moves der Kinogeschichte hat Roland Emmerich diesen Weltuntergang dann trotzdem verfilmt. Was technisch alles möglich ist, heutzutage. Inzwischen hilft uns die Technik sogar, die Wahrscheinlichkeit möglicher Weltuntergangsszenarien zu berechnen. Was ja gar nicht nötig wäre, denn Isaac Newton hat uns schon vor über 300 Jahren mitgeteilt, dass das Ende im Jahr 2060 kommen wird. Und Isaac Newton ist immerhin der Erfinder der Gravitation, seine Einschätzung hat also Gewicht, glaub ich.

Doch bis 2060 ist es noch lange, wie ich uns kenne, schaffen wir bestimmt vorher noch ein paar Apokalypsen. Die offene Frage ist: Wer sagt uns heute den Untergang voraus? Wird dieser Untergang durch einen Weltkrieg kommen? Wir leben in Zeiten globaler Infektionswellen, einer massiven Inflation und 2022 flog eine rechte Gruppe auf, die einen Staatsstreich geplant hatte. Für mich ist es okay, wenn wir die 1920er nachspielen, auch wenn ich nicht verstehe, warum das passiert. Erst recht nicht, wenn ich mich erinnere, was als Nächstes kam. Aber wenn wir das machen, warum wiederholen wir dann nicht auch die guten Sachen der 1920er? Die rauschenden Feste, die aufregende Kunst, die revolutionären Gedanken, Lyrik und Erfindungen von Einstein, Bohr, Kaléko und Flemming? Wieso kriegen wir stattdessen A.I.-Selfies, kaputte E-Scooter quer auf dem Gehweg und Elon Musk? Wobei, vielleicht bedeutet das, dass unser nächster Weltuntergang auch eher albern wird.

Wer die Geschichte der Menschheit kennt, der wird die Möglichkeit eines baldigen Krieges allerdings immer sehen. Dass Menschen sich über einen längeren Zeitraum friedlich benehmen, ist halt kein typisches Verhalten. Die gute Nachricht ist: Die meisten Menschen haben überhaupt keine Lust auf Krieg. Das ist jetzt auch nicht allzu erstaunlich: Zu gewinnen gibt es bei einem Krieg nämlich nur für sehr wenige Menschen etwas. Es besteht also doch die Chance, dass wir die kriegerischen Gelüste einiger mächtiger Menschen durch gezielte Gegenwehr eindämmen. Oder, im noch besseren Fall, die Macht so verteilen und organisieren, dass sie überhaupt nicht mehr für Krieg und Unterdrückung eingesetzt werden kann. Und erst recht nicht für Weltuntergänge.

Was ist jedoch mit der Klimakrise? Die Entwicklungen sind dramatisch, das wird kaum jemand bestreiten wollen. Doch die Welt wird nicht untergehen. Die Menschheit wird auch nicht aussterben. Das hört man zwar immer wieder, aber das ist ein riesiges Strohmann-Argument. Ganz klassisch wird das an der »Letzten Generation« gezeigt, denen man regelmäßig vorwirft, Panik zu schüren, indem sie sich als »Letzte Generation« bezeichnen. Dabei hätten einige der Aktivisti sogar Kinder, haha. Und genau so funktioniert ein Strohmann: Man wirft der Gegenseite etwas vor, was sie nicht gesagt hat, um es dann zu widerlegen oder lächerlich zu machen. Die »Letzte Generation« hat nie behauptet, dass sie die letzten Menschen dieses Planeten sind. Ihr Name bezieht sich auf einen Ausspruch von Barack Obama, der sagte, dass wir die erste Generation sind, die die Folgen der Klimakrise spürt, und die letzte Generation, die diese Folgen bremsen kann.