Allianz der Verfluchten (Einzelgänger Buch 3): LitRPG-Serie - Alex Kosh - E-Book

Allianz der Verfluchten (Einzelgänger Buch 3): LitRPG-Serie E-Book

Alex Kosh

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Beschreibung

Der niederträchtige Verrat des Stahlratten-Clans hat verhindert, dass Falk das erste der fünf Schwerter für seine göttliche Quest an sich nehmen konnte. Der neue Besitzer des Schwertes ist zugleich das Oberhaupt des Clans der Unaussprechlichen. Er hat kein Interesse daran, ein derart wertvolles Stück zu verkaufen. Doch er würde es Falk für eine Gefälligkeit in der Realität überlassen. Eine Gefälligkeit, die von Falk den Einbruch in eine gesicherte Einrichtung und den Diebstahl eines gut bewachten Gegenstands erfordert. Wie gut, dass unser Held gelernt hat, die Elektrizität zu kontrollieren. Das macht die Sache einfacher. Allerdings hat Falk auch in der virtuellen Welt Arktanien mit Problemen zu kämpfen: Er wird beschuldigt, seinen Bruder ermordet zu haben. Sein Onkel in der Spielwelt, der kaiserliche Nekromant Renick Fudre, bringt ihn zurück in das Dorf, in dem alles seinen Anfang nahm: Kelevre. Falk muss seine Unschuld beweisen, den Dorfbewohnern von seinem Fluch berichten und mehr über seine geheimnisvolle Klasse herausfinden. Wird er in der virtuellen und der realen Welt überleben?

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Inhaltsverzeichnis

Teil 1

Blut ist dicker als Wasser

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Teil 2

Blut der Götter

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Über den Autor

Allianz der Verfluchten

Roman

von Alex Kosh

Einzelgänger Buch 3

LitRPG-Serie

Magic Dome Books

Allianz der Verfluchten

Einzelgänger Buch 3

Originaltitel: Union of the Damned (Loner Book 3)

Copyright © Alex Kosh, 2023

Covergestaltung © Vladimir Manyukhin 2023

Deutsche Übersetzung © Guido Lenz, 2023

Erschienen 2023 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

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Die Personen und Handlung dieses Buches sind frei erfunden. Jede Übereinstimmung mit realen Personen oder Vorkommnissen wäre zufällig.

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Teil 1

Blut ist dicker als Wasser

RussVirtTech hat ein neues offizielles Event für Arktanien angekündigt. Informierte Kreise berichten, dass es zwei neue Charakterklassen, neue Mobs und neue Regionen zu entdecken geben wird. Die Entwickler bestätigten auf Nachfrage lediglich, dass sich eine neue Macht in Arktanien erheben wird, von der alle Spieler Notiz nehmen werden.

Newsbeitrag auf der Arktanien-Fansite

Immer mehr Spieler sterben am sogenannten Neo-Syndrom. Daran Erkrankte können virtuelle Welt und Wirklichkeit nicht mehr voneinander unterscheiden. Sie versuchen, Fähigkeiten aus dem Spiel in der Realität zu nutzen und liefern sich Faustkämpfe mit anderen Spielern, springen von Dächern im Glauben, fliegen zu können, oder führen magische Rituale durch. Die Hersteller der VR-Pods und VR-Spiele haben bisher versucht, Berichte über derartige Geschehnisse unter Verschluss zu halten. Sie versichern den Kunden, dass Sicherheitsvorkehrungen dafür sorgen, dass Spieler nur so lange in der virtuellen Realität bleiben, wie es ohne seelische oder körperliche Folgen möglich ist. Doch es sieht ganz so aus, als wäre die neue Spielegeneration eine echte Gefahr für Leib und Leben.

Auszug aus dem Artikel Tödliche Spiele

Was zum Teufel? Ich habe Zehntausende Euro für diesen Pod ausgegeben und kann ihn nur drei Stunden pro Tag nutzen? Es muss doch einen Jailbreak dafür geben! PN, wenn ihr einen Tipp habt.

Forumseintrag

Kapitel 1

KERKER. DAS HÄTTE EINE interessante Erfahrung sein können — wäre da nicht der Zeitdruck bei meiner Quest gewesen. Ich wurde wie ein Schwerverbrecher in Ketten gelegt und durch die ganze Stadt geführt. Die anderen Spieler musterten mich mit neugierigen Blicken. Wir gaben gewiss ein seltsames Bild ab: Fünf Wachen auf Level 50 und ein ernst dreinblickender Inspektor auf Level 60, die einen armen Wicht in Hand- und Fußfesseln abführten. Und dabei war ich gerade einmal auf Level 29. Jede einzelne der Wachen würde mich im Handumdrehen bändigen können. Einige der Passanten zückten seltsam wirkende Kameras und machten Screenshots; vermutlich, um sie mit Freunden zu teilen. Ich überlegte hektisch, was mir wohl genau vorgeworfen wurde und was ich tun konnte. Dabei hielt ich den Kopf gesenkt und bemühte mich um einen deprimierten Gesichtsausdruck. Wobei es nicht viel Mühe kostete. Immerhin wusste ich nicht, ob mir ein faires Verfahren oder meine Hinrichtung bevorstand. Gab es überhaupt ein ausgefeiltes Rechtssystem in Arktanien? Welche Strafen waren für Spieler vorgesehen? Ich hatte keine Ahnung.

Schließlich erreichten wir das Gerichtsgebäude. Der gewaltige Steinkomplex beherbergte auch den Kerker selbst. Der U-förmige Bau war fünf Stockwerke hoch und quadratisch. Statt auf ein furchteinflößendes Alcatraz ging ich auf ein ganz normales Gebäude zu. Golden ausgemalte Schriften zierten die Mauern, vor denen einige Sicherheitsleute Wache schoben. Keine Spur von Stacheldraht oder Wachttürmen.

Wir durchquerten das geschäftige Foyer und stiegen eine Treppe hinab, bis wir uns in einer Art Bunker mit vielen Türen befanden. Hoffnung keimte in mir auf: Das sah nicht nach einem Hinrichtungsort aus, aber auch nicht nach einem Gerichtssaal. Dann wurde eine Tür geöffnet. Meine Begleiter schoben mich in eine Einzelzelle.

„Wann ist meine Verhandlung?“, fragte ich den Inspektor.

Ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen, um nicht allzu viel kostbare Zeit zu verlieren.

„Wenn man dich holt“, antwortete das Rattengesicht knapp, knallte das Stahlgitter vor meiner Nase zu und ging fort.

Was für ein verflixtes Pech! Da saß ich nun, zum Nichtstun verdammt. Wenigstens würden sie mir sagen, wenn sie mich länger hier schmoren lassen würden. Oder? In der Realität mochte es vielleicht vorkommen, dass man Gefangene vergaß. Aber doch nicht in einer Welt, in der die Spieler zahlende Kunden waren.

Ich beschloss, ein paar Nachforschungen auf meinem Tablet anzustellen, doch mein Inventar war blockiert.

An diesem Ort kannst du nicht auf dein Inventar und deine Waffen zugreifen. Gefangene haben das Recht, eine persönliche Nachricht mit der Post zu versenden, und erhalten eine Portion Haferschleim vom Kerkerkoch Ulf Rattenfänger. Dein Respawn-Punkt befindet sich bis auf Weiteres in deiner Zelle.

Verdammt! Dann blieb mir nur Däumchendrehen. Lieber hätte ich Boris oder Artjom über meine Gefangenschaft informiert. Natürlich konnte ich mich jederzeit abmelden und im Netz nach Informationen suchen, aber ich wollte die Verhandlung nicht verpassen.

Ich blickte mich um. Schließlich hatte man nicht jeden Tag die Möglichkeit, eine Zelle zu inspizieren. Das war auch gut so. In Zukunft würde ich gern auf derartige Gastfreundschaft verzichten. Der Raum war winzig. Es gab keine Fenster und nur die eine Tür. Ich kam mir vor wie in einer Grabkammer. Vermutlich hätte das Tablet bei den dicken Wänden sowieso keinen Empfang gehabt. Was für ein Mist!

Ich drückte mich gegen das Gitter und spähte in den Gang. In den anderen Zellen saßen ebenfalls Spieler ein. Die meisten waren Menschen, aber auch ein paar Elfen, Orks und Halblinge waren darunter.

„He, weiß wie jemand, wie lange man hier warten muss?“, rief ich in die Runde.

„Sieh doch einfach in den Systemmeldungen nach, du Noob!“, ertönte eine heisere Stimme.

„Du bist der Noob. Das habe ich schon getan. Es gibt keine Meldung.“

„Dann findet die Verhandlung in den nächsten zehn Minuten statt“, sagte der Mann in der Zelle gegenüber.

Er war auf Level 96 und wirkte auf mich wie ein Herumtreiber. Seine Rüstung wirkte zusammengeschustert. Der Kerl hatte nur einen Arm. Ich hatte zuvor noch nie einen verstümmelten Spieler gesehen und gar nicht gewusst, dass das möglich war. Die Entwickler legten sehr viel Wert darauf, uns keine traumatischen Erfahrungen zuzumuten. Ob es sich um einen Fluch der Götter handelte? Die gaben einen Dreck darauf, ob ein Spieler körperlich oder geistig litt. Nicht einmal ein Respawn konnte Abhilfe schaffen. Ich fragte mich, wie der Pod dem Mann das Gefühl eines abgetrennten Arms vermittelte. Das ließ mir keine Ruhe.

„Was ist mit deinem Arm passiert?“, fragte ich schließlich und hoffte auf sein Verständnis für meine Neugier.

„Ich hab ihn verloren“, kam die lakonische Antwort. Dann sah er mich an.

Ich erschrak. Die ganze rechte Gesichtshälfte war bis auf den Knochen verbrannt. Zuvor hatte ich ihn auf mein Alter geschätzt, aber er war definitiv einige Jahre jünger als ich. Er war höchstens 20 Jahre alt. Doch seine Erfolge und Auszeichnungen hätten für ein ganzes Abenteurerleben gereicht: „Wunderkind“, „Mittelpunkt der Party“, „Intrigant“, „Fähiger Bogenschütze: Level 4“, „David und Goliath: Level 2“, „Dunkelelfen-Killer“, „Clan-Schöpfer“, „Feind des Kaiserreichs“, „Intimfeind des Gottes“.

„Aha. Und mit deinem Gesicht?“, stocherte ich weiter.

„Hab ich auch verloren“, kicherte er ein wenig reumütig. „Auf jede erdenkliche Art und Weise.“

Das war ein Gesprächspartner ganz nach meinem Geschmack. Ich wollte mehr erfahren.

„Wie bist du hier gelandet?“

„He, diese Frage stellen wir hier nicht“, rief jemand.

„Du hast wohl zu viele schlechte Filme gesehen“, warf eine Frau ein. „Ich will das auch wissen. Sag schon.“

Ich war wirklich gespannt, nicht zuletzt ob seines Nicks: Angel13. Der Name passte so gar nicht zu seiner Erscheinung. Andererseits wusste ich nicht, wie er früher einmal ausgesehen hatte.

„Lasst ihn in Ruhe“, mischte der Halbling aus Angel13s Nachbarzelle sich ein. „Er hat gestern seinen Clan verloren und wurde vom Kriegsgott auf unabsehbare Zeit verflucht. Deshalb sieht er so desolat aus.“

Auf unabsehbare Zeit? Hieß das, er würde ewig ohne Arm leben müssen? Das war unmöglich! Da war ich mit Elenias Handicaps ja echt gut weggekommen! Ich sollte dankbar sein, dass sie ihrem Ärger nicht freien Lauf gelassen hatte.

„Ein Fluch des Kriegsgottes?“, fragte jemand links von mir. „He! Dann bist du der Anführer des Radiant-Clans!“

Es wurde schlagartig still. Dann erhob sich verärgertes Gemurmel aus allen Zellen.

„Die Player-Killer?“

„Die Bastarde haben mich gekillt. Ich musste in Areanor neu anfangen!“

„Mistkerle!“

„Beruhigt euch“, schnaubte der Halbling. „Er hat doch bekommen, was ihm zusteht. Oder vielmehr: verloren.“

Angel13 grinste über sein halbes Gesicht.

„Was mir zusteht, wurde mir wohl eher gestohlen. Aber ich war so dumm, es zuzulassen.“

„Wieso ist er denn jetzt hier?“, flüsterte jemand.

„Er hat den Kaiser beleidigt. Auf ganz fiese Art. Darum wurde er auch verflucht. Arestius ist der Schutzgott des Kaiserreichs. Das Gericht wird über sein Schicksal entscheiden.“

„Bestimmt wird er in die Minen geschickt.“

„Und sie nehmen ihm seine Attribute ab. Andererseits: Was soll ein Einarmiger in den Minen?“

Der Kerl war auf jeden Fall schlimmer dran als ich. Bei diesem Gedanken ging es mir gleich ein wenig besser. Schadenfreude war wohl tief in den menschlichen Genen verankert. Vielleicht bedauern wir jene, denen Unangenehmes widerfährt, drücken ihnen sogar unser Mitgefühl aus. Aber da ist immer diese leise Stimme, die in uns flüstert: Zum Glück hat es nicht dich erwischt. Hätte die Göttin mich zum Krüppel gemacht, wäre meine Quest so viel schwieriger geworden. Zum Glück war ich gesund und besaß noch all meine Gliedmaßen.

„Verdammt.“ Siedend heiß fiel mir ein, dass mir durchaus eine unangenehme Bestrafung bevorstehen könnte. Vielleicht würden sie mich gemeinsam mit Angel13 in die Minen schicken. Mit dem Unterschied, dass er irgendwann seine Strafe verbüßt haben würde. Ich wäre dann schon lange tot, weil ich die göttliche Quest nicht rechtzeitig abgeschlossen hatte.

„Ich an seiner Stelle würde ja einen neuen Charakter erschaffen“, schlug einer der Gefangenen vor.

„Man merkt, dass du keine Ahnung hast. Weiß du, wie lange es dauert, Level 90 zu erreichen? Das sind Monate unablässiger Arbeit im Spiel. Und es kostet jede Menge Geld!“

„Unablässig? Das ist doch Quatsch! Die Spielzeit ist doch auf sechs Stunden pro Tag begrenzt.“

Die Diskussion wurde hitzig geführt, doch der Verursacher saß einfach nur still da und beteiligte sich nicht. Ich konnte ihn gut verstehen. Mit seinen Problemen wäre mir auch nicht nach Plaudern zumute gewesen. An seiner Stelle hätte ich durchaus einen Freitod in Betracht gezogen, um der Misere zu entkommen. Das lag natürlich daran, dass ich das Spiel überaus ernst nahm. Wieso auch nicht? Die Menschen, für die Arktanien nur ein Spiel war, konnten jederzeit ein normales Leben in der echten Welt führen. Oder sich ein anderes Spiel suchen. Oder meinetwegen mit einem neuen Charakter von vorn anfangen. Das waren keine Optionen für mich.

Verdammt!

Vor meinem geistigen Auge wurde eine Systemmeldung angezeigt:

Dein Prozess beginnt in 20 Minuten. Wir raten davon ab, dass Spiel vor Prozessbeginn zu verlassen. Solltest du es doch tun, wird deine Haftzeit verlängert.

Wenigstens wusste ich jetzt, dass es bald weiterging. Ich konnte zwar noch immer nicht auf mein Tablet zugreifen, aber es gab nun eine andere Option: Ich konnte meine Attribute einsehen und überlegen, wie ich die bisher gewonnenen Punkte investieren sollte. Boris hatte gesagt, dass ich für eine ordentliche Rüstung mindestens 40 Punkte Stärke und Ausdauer benötigte. Doch dann hätte ich all meine Attributpunkte dafür ausgeben müssen, und das wollte ich nicht. Damit ich überhaupt eine Chance hatte, das Artefakt beim VRTSDI zu stehlen, wäre ich vor allem auf Intelligenz und Weisheit angewiesen. Ich ärgerte mich, dass ich zu Beginn des Spiels so viel Punkte in meine Geschicklichkeit gesteckt hatte. Ausweichen war zwar nützlich, aber eine schwere Rüstung wäre noch besser gewesen. Andererseits hatte ich vor der Reise in den Höllschreischlund gar nicht wissen können, dass ich zum Zauberer werden und dafür Weisheit und Intelligenz brauchen würde.

Ich beschloss, mir meinen aktuellen Charakter anzusehen:

Name: Falk

Level: 29

Erfahrung: 54.534/60.000 (Punkte bis zum nächsten Level: 5.466)

Gruppierung: nicht entschieden

Volk: Mensch

Klasse: Slider

Beruf (2/2):

Glasbläser: 41,2

Mechaniker: 3,5

Volksmerkmale: +5 % Erfahrung

Klassenmerkmale: Verteidigung gegen Stromschaden: 100 %

Attribute (primär):

Stärke: 25,25

Geschicklichkeit: 83,7

Intelligenz: 40,5

Weisheit: 35,0

Ausdauer: 25,0

Verfügbare Attributpunkte: 40

Attribute (sekundär):

Körperlicher Schaden: 10

Gesamtschaden: 30–40

Mana: 350

Manaregeneration: 100 Sekunden

Gesundheit (Lebenspunkte): 405

Gesundheitsregeneration (Lebenspunkte): 144 Sekunden

Rüstung: 31

Fertigkeiten (1/8):

Ausweichen: 17,9

Beidhändig: 8,1

Fähigkeiten:

Rennen: 10,8

Schwimmen: 0,5

Small Talk: 4,0

Feilschen: 1,5

Verstohlenheit: 2

Wahrnehmung: 2,5

Objektidentifizierung: 0,5

Umgang mit Stangenwaffen: 0,5

Umgang mit Kettenwaffen: 23,6

Einzigartige Merkmale:

Fluch der Göttin Elenia: Du kannst dich keinen Spielergruppen anschließen.

Zeichen des Gesetzlosen: Dein Ansehen in Städten des Kaiserreichs ist um 1.000 Punkte reduziert. Alle kaiserlichen Gesetzeshüter werden dich jagen.

Na toll, all meine einzigartigen Merkmale waren negativ. Nachdem ich bei Elenia an Ansehen verloren hatte, war sogar ihr Segen verschwunden. Meine Erfolge waren auch eher fraglich: „Springmaus-Hammer: gottähnlich“ und „Herzloser Stinktier-Jäger“. Jeder, der das las, musste denken, ich hätte 30 Level lang nur Nagetiere gejagt. Aber der Zug war abgefahren. Wie sollte ich meine Attributpunkte investieren?

Meine Berufe hatte ich ziemlich vernachlässigt. Mir fehlten einfach die Zeit und die Lust, mich darin zu verbessern. Die meisten Spieler wollten so schnell wie möglich Meister ihres Fachs werden, um Geld zu verdienen. Geld gehörte allerdings nicht zu meinen Problemen. Im Kerker hatte ich sowieso keine Möglichkeit, an meiner Handwerkskunst zu arbeiten. Schließlich war das hier kein betreutes Wohnen.

Was mich zurück zu der eigentlichen Frage führte: Sollte ich in meine Stärke investieren? Gern hätte ich eine bessere Rüstung gekauft. Andererseits sollte ich mich lieber aus heftigen Auseinandersetzungen heraushalten, schwere Rüstung hin oder her. Idealerweise würde ich meine Gegner mit einem Blitzschlag erledigen, bevor sie mir zu nahe kamen. Dafür benötigte ich Intelligenz und mehr Mana. Außerdem würde mir das in der Realität nützen — hoffte ich zumindest. Anhand meiner Aufzeichnungen darüber, aus welcher Entfernung ich elektrische Geräte kontrollieren konnte, würde ich es bald herausfinden. Mit dem Synthesizer konnte ich ermitteln, wie viele Tasten ich gleichzeitig betätigen konnte. Je mehr, desto stärker meine Fähigkeiten. Ich war mir sicher, dass es mich wirklich ärgern würde, wenn sich das als korrekt herausstellte. So viele Geschicklichkeitspunkte hatte ich ausgegeben, die mir für die Slider-Klasse mehr genutzt hätten! Verdammte Axt!

Nachdem ich noch eine Weile vor mich hin gegrübelt hatte, verbesserte ich meine Weisheit auf 40 und meine Intelligenz auf 70. Außerdem steckte ich 5 Punkte in Stärke. Vielleicht würde ich bis Level 30 in der Lage sein, eine ordentliche Rüstung zu kaufen und tragen. Doch erst musste ich das Zeichen des Gesetzlosen loswerden. Wann begann endlich dieser Prozess? Je länger ich hier saß, desto mehr Sorgen machte ich mir.

Zum Glück waren die 20 Minuten schnell vorüber, und die Wärter holten mich ab. Auch Angel13 wurde aus seiner Zelle geholt. Einer seiner Nachbarn wünschte ihm viel Glück, ein anderer überschüttete ihn mit Flüchen. Mühsam stand der Einarmige auf.

„Viel Glück, Bro“, schallte es ihm nach. „Du wirst es brauchen.“

„Vielleicht war es doch blöd, dem Kaiser in die Suppe zu spucken.“

Hm. Ich kannte das eher mit „versalzen“. Oder hatte Angel13 etwa buchstäblich...? Hoffentlich nicht.

Die Wärter führten uns einen langen Korridor entlang, von dem immer wieder Türen abgingen. Für Angel13 wurde die mit einer großen 6 versehene Tür geöffnet, für mich Tür Nummer 5.

„Viel Glück“, wünschte ich ihm wenig zuversichtlich, als die Tür hinter mir zuschwang.

Der Gerichtssaal wirkte ganz normal auf mich. Abgesehen von den Steampunk-Elementen hätte man diesen Raum auch in einem Kinofilm sehen können. Der Richter trug einen Backenbart, die Geschworenen schicke Anzüge oder Kleider. Ich studierte die Leute, die über mein Schicksal entscheiden würden. Neben NPCs waren auch ein paar Spieler anwesend. Sie hoben sich mit ihren epischen Rüstungen und Gegenständen deutlich vom Rest der Menge ab. Vermutlich würde ich auch jede Gelegenheit nutzen, ein legendäres Objekt zu präsentieren. Doch so etwas besaß ich nicht. Stattdessen trug ich eine Lederrüstung, die ich mit ein paar von den Orks in Kelevre erbeuteten Stahlplatten verstärkt hatte.

„Erheben Sie sich!“

Sagte man das nicht, bevor der Richter seinen Platz einnahm?

Ich wurde zu einem Tisch vor der Richterbank geführt. Als ich den Mann unter seiner Perücke ansah, schwante mir nichts Gutes. Er wirkte knurrig, etwa so, als wäre er lieber Angeln gegangen. Rechts und links von ihm standen Männer in steifen Anzügen. Der eine Anzug war weiß, der andere schwarz. Ihre Markierungen zeigten keine Namen, sondern ihre jeweiligen Aufgaben: Ankläger und Verteidiger. Sie wirkten wie Engel und Teufel. Der Engel war blond und trug einen gepflegten Schnurrbart, der Teufel hatte braunes Haar und stellte ein satanisch wirkendes Ziegenbärtchen zur Schau.

„Alles wird gut“, flüsterte der Verteidiger mir optimistisch zu.

„Du kannst dich schon mal auf das Bergwerk freuen“, sagte der Ankläger hämisch.

„Die Verhandlung ist eröffnet“, sagte der Richter mit Gravitas. Ich hätte gern gewusst, wie er hieß. „Die Anklage hat das Wort.“

Der Ankläger sah ziemlich rachsüchtig aus. Unter seinem strengen Blick fühlte ich mich schuldig aller Vergehen, die er mir anlasten mochte. Er sprach mit einem tiefen, tragenden Bariton, der seine Worte praktisch in die Köpfe der Zuhörer meißelte.

„Falk Fudre“, begann er, „Ihr seid angeklagt d…“

Was mir vorgeworfen wurde, bekam ich nicht mehr mit, denn genau in diesem Augenblick explodierte die linke Wand in einem Steinhagel und begrub die Hälfte der Geschworenen unter sich. Die Druckwelle hatte mich einen guten Meter nach hinten geworfen und mich so vor demselben Schicksal bewahrt. Eine gewaltige Staubwolke breitete sich im Raum aus. Das rote Leuchten von Angriffszaubern erhellte sie mehrfach. Das kam eindeutig aus dem angrenzenden Saal! Mehr Ziegelsteine polterten zu Boden. Zwischendurch waren Schreie und das Klirren von Stahl auf Stahl zu hören. Nebenan musste die Hölle los sein!

„Was ist da los?“, schrie der stämmige Richter, der sich hinter seiner Bank in Sicherheit gebracht hatte.

Hätte ihn nicht ein gewaltiges Trümmerteil der Mauer aus dem virtuellen Leben gerissen, hätte mein Verteidiger ihm vielleicht geantwortet. Dieses Schicksal hätte ich eher dem Ankläger gegönnt, doch der war noch bei bester Gesundheit.

Die Überlebenden der Explosion rannten zur Tür und ich folgte, nachdem ich festgestellt hatte, dass niemand mich aufhielt. Schon wenige Schritte später hielt ich erschrocken inne. Durch den langsam hinabsinkenden Staub raste ein riesiger, rot glühender Dämon auf uns zu. Seine gewaltigen Hörner schlugen an der Decke Funken und hinterließen tiefe Scharten im Putz. „Infernalischer Dämon, Level 113“, las ich. Wir würden alle sterben!

„Ein infernalischer Dämon?!“, kreischte einer der Spieler neben mir. „Das ist nicht möglich! In Arktanien gibt es keine Hölle!“

Doch im nächsten Moment überstrahlte eine Systemmeldung die Geschehnisse:

Achtung: In Verithé wurde ein Tor zur Hölle aufgestoßen. Der Spieler Angel13 hat dem Teufel seine Seele verkauft und ihm so den Zugang in unsere Welt eröffnet. Ab sofort ist er Staatsfeind Nummer 1. Alle fähigen Krieger werden zum Gericht gerufen, um eine Invasion aus der Hölle zu unterbinden.

Ich war geschockt. Wie hatte er das angestellt? Seine Seele verkauft? Was sollte das bedeuten?

„Was für ein Arsch“, stellte ein anderer Spieler fest, nachdem er die Meldung gelesen hatte.

Der Dämon reagierte sofort auf die Stimme. Ein Feuerstrahl aus einem seiner Augen äscherte den unvorsichtigen Kerl ein. Es ging so schnell, dass ich nicht einmal seinen Namen lesen konnte.

Jetzt waren wirklich Kreaturen aus dem Inferno — der Hölle — in Arktanien unterwegs, dachte ich, während ich mich möglichst leise zum Tisch des Richters bewegte. Natürlich würde das Holz keinen Schutz vor dem Dämon bieten, aber vielleicht entdeckte er mich dort nicht sofort.

Mehrere Angriffszauber trafen den Dämon, doch er war unbeeindruckt. Der Schaden war im Handumdrehen behoben und die Ausgeburt der Hölle wieder bei bester Gesundheit. Beiläufig tötete er die restlichen Geschworenen mit seiner Flamme. Gleich würde er mich finden.

Angstvoll starrte ich den Mob an und konnte dabei sehen, was im anderen Gerichtssaal los war. Ein heftiger Kampf tobte zwischen mehr Dämonen und den hochleveligen Spielern, die Angel13s Verhandlung beigewohnt hatten. In der Mitte des ganzen Chaos stand der Kerl, dem ich viel Glück gewünscht hatte, in einem scharlachrot leuchtenden Pentagramm. Unerschütterlich hob er einen riesigen roten Arm, der die abgetrennte Extremität ersetzt hatte, das Gesicht zu einer dämonischen Fratze verzogen. In dem Pentagramm war er für die anderen Spieler unerreichbar, während immer mehr höllische Mobs aus dem Portal krochen.

Ich war kein Held, also verbarg ich mich hinter dem breiten Rücken des Richters. Mein Tod war unausweichlich, aber ich klammerte mich an jede Sekunde meines erbärmlichen Lebens. Dem großen Dämon hatten sich mittlerweile einige kleinere Mobs angeschlossen: dreiköpfige Hunde, üppige Höllenweiber mit Geißeln und kleine, fliegende Affen mit ledrigen Schwingen — niedere Teufelchen. Eines dieser Teufelchen hätte ich vielleicht erledigen können, aber angesichts der Gegnerschar konnte ich nur auf eine Gelegenheit zur Flucht hoffen. Leider stand der Dämon zwischen mir und der Tür. Die vergitterten Fenster schieden aus. Vermutlich würde ich es sowieso nicht hier raus schaffen.

Die Bestien rannten kreuz und quer durch den Saal und zerfleischten die Leichen der Spieler und NPCs. Vor dem Richter und mir tauchte eine atemberaubend schöne, rothäutige Frau auf — wenn man von den Schlangen absah, die sie anstelle von Haaren trug: Dämonin/Sukkubus Lamia, Level 80. Verglichen mit dem Infernalischen Dämon wirkte ihre Haut fast rosafarben.

„Ihr wart ungezogene Jungs“, sagte sie in einem verführerischen Alt, begleitet vom Zischen der Schlagen auf ihrem Kopf.

„Wage es nicht, mich anzurühren!“, kreischte der Richter panisch, während ich versuchte, eines mit der Wand zu werden.

„Anrühren?“, spottete die Dämonin und ließ ihre Fangzähne sehen. „Davon träumst du, Menschlein. Zerfetzt ihn!“

Eine Horde Teufelchen stürzte sich auf den armen Kerl und riss ihm das Fleisch von den Knochen. So viel Gewalt hatte ich noch nie zuvor in einem Spiel gesehen. Mir wurde übel.

„Wen haben wir denn da?“, hörte ich, als Lamia mir ihre gänzlich unerwünschte Aufmerksamkeit widmete. „Warum versteckst du dich? Du hast doch nicht etwa Angst vor mir?“

Doch, ich war sogar starr vor Angst. Ein Blick in das Status-Interface hätte mir verraten, dass diese Starre eine Auswirkung der dämonischen Anwesenheit war. An einem anderen Ort wäre mir vermutlich zuerst aufgefallen, wie heiß Lamia war. Furchterregend, andersweltlich, aber unbeschreiblich schön.

„Wie könnte man eine solche Schönheit fürchten?“, brachte ich mit nur leicht zitternder Stimme hervor. „Gegen den Spliss in deinen Haaren gibt es bestimmt ein gutes Shampoo. Und eine Sonnenmilch mit hohem Lichtschutzfaktor würde deiner Haut guttun. Ich könnte dir auch eine Kefir-Massage anbieten. Nach einem Besuch beim Zahnarzt und bei einem anständigen Schneider siehst du bestimmt umwerfend aus.“

Die Dämonin starrte mich überrascht an. Ihre Gesichtszüge spiegelten verschiedene Emotionen wider, die ich nicht zu deuten wusste.

„Du bist ein Sterblicher.“

„Nein, nein“, warf ich scherzend ein. „Technisch gesehen bin ich unsterblich.“ Doch Humor war nicht ihre Stärke.

„Wie kannst du es wagen, mich zu verspotten?“

„Das war mein Ernst“, erwiderte ich. „Ich bin nicht so für SM- oder BDSM-Spielchen, aber du bist wirklich hübsch. Bis auf den Schweif. Der gefällt mir gar nicht. Suchst du in Arktanien nach einem Gatten, mit dem du Kinder zeugen kannst? Ich könnte dir vielleicht helfen. Auch mit Geld, wenn es nötig ist.“

„STIRB!“, brüllte die Dämonin und warf sich auf mich.

Auf ihrem Level würde ein rascher Schlag ausreichen, um mein Lebenslicht auszupusten. Vielleicht war es nur Einbildung, aber ich glaubte, ein vertrautes „Ta-ta“ zu hören, bevor die Dämonin das Gleichgewicht verlor. Statt mich zu töten, stolperte sie und landete direkt auf mir. Ihre Lippen pressten sich dabei auf meine. Ich nahm den Geschmack von Schwefel vermischt mit einem Hauch Ingwer und Zimt wahr.

Einen Wimpernschlag lang weiteten sich Lamias Augen wie bei einem Anime-Charakter.

„Wenn ich schon respawne, dann kann ich die letzten Sekunden auch genießen“, dachte ich mir und küsste sie leidenschaftlich.

Du hast die Auszeichnung „Von Dämonen geküsst“ erhalten.

+ 5 % Verteidigung gegen Feuermagie

Achtung: In einigen Fällen entsteht zwischen dir und dem Dämon ein magisches Band. Fachleute können dir mehr darüber erzählen.

Du hast als erste Person in ganz Arktanien diese Auszeichnung erhalten. Dein Name wird bis in alle Ewigkeit in den Annalen der Weltgeschichte zu lesen sein. Diese Auszeichnung ist die erste einer Reihe, die in der globalen Auszeichnung „Was für ein Halunke!“ gipfelt.

Die Dämonin ist vorübergehend durch den Effekt „Geliebt und verlassen“ behindert.

Heiliger Bimbam! Ein Eintrag in die Geschichtsbücher als Dämonenliebhaber! „Verdammt, was tat denn da so weh?“, dachte ich noch, als auch schon die Meldung aufploppte:

Dir wurden 600 Punkte kritischer Schaden von Lamia, Dämonin und Sukkubus auf Level 80 zugefügt.

Gesundheit: 0/405

Du bist tot.

Der farbige Korridor spuckte mich in meiner Zelle im Kerker wieder aus.

Na toll.

Mit diesem Ausgang meiner Verhandlung hätte ich nicht gerechnet. Was konnte ich tun?

Zum Glück hatten die Wächter die Zelle nicht verschlossen, als sie mich geholt hatten. Also spazierte ich einfach heraus. Interessanterweise waren auch alle anderen Zellen leer. Wenn es nach mir ging, würde ich nicht nach oben zu den höllischen Mobs steigen. Außerdem gab es da Lamia, die mir dieses Mal bestimmt kein so schnelles und relativ schmerzloses Ende bereiten würde. Bilder von langsam abgezogenen Hautstreifen und abgetrennten Gliedmaßen zogen vor meinem geistigen Auge vorbei. Nein, der Ausbruch aus der Hölle war ein Abenteuer für hochlevelige Spieler. Ich würde die Sache hier unten aussitzen. Ich war mir auch unsicher, ob und wie Flucht hier bestraft wurde. Mein Ansehen im Kaiserreich sollte nicht noch tiefer fallen. Vermutlich war das gar nicht mehr möglich, aber es gab schlimmere Strafen, die sie mir aufbrummen konnten.

Noch immer hatte ich keinen Zugriff auf mein Inventar. Dabei hätte ich liebend gern mehr über die Geschehnisse im Gericht gelesen.

Die Grundfesten des Gebäudes wurden erzittert, und Staub und Steinsplitter rieselten von der Decke.

„Mensch!“ Die weibliche Stimme fühlte sich an, als ob jemand mit einem Kreidestück über eine Tafel rieb.

„Mist!“ Ich sprang auf und suchte nach einem Versteck, als die Dämonen den Gang betrat und Feuer ausatmete.

„Ich spüre deine Anwesenheit! Du kannst dich in diesem jämmerlichen Dungeon nicht vor mir verbergen! Dieses Mal wirst du viele Stunden leiden, bevor ich dich töte.“

Ich beschloss, mir das nicht anzutun. Bestimmt kam gerade eine spannende Doku im Echtwelt-TV.

„Spiel beenden.“

Kapitel 2

ICH WAR EIN SCHUFT, dachte ich bei mir, während ich mir einen Kaffee machte. Es war nicht nett, einer Dämonin einen Kuss aufzuzwingen und dann zu verschwinden. Als Andenken hatte ich ihr die Auszeichnung „Geliebt und verlassen“ gelassen. Wahrscheinlich suchte sie ganz Arktanien nach mir ab. Prima, genau das brauchte ich: eine rothäutige Dämonenfrau mit Schlangenhaar, die meinen Körper zu Gulasch verarbeiten wollte.

Ich trug die Tasse zu meinem Rechner und sah nach, ob es verpasste Anrufe oder Nachrichten gab. Vielleicht hatte Sophie sich ja bei mir gemeldet? Man durfte ja wohl träumen... Vermutlich hatte ich sie eher verschreckt. Ich hätte mich etwas bedeckt halten sollen.

Nachdem ich festgestellt hatte, dass die Frau meiner Träume mir keine Nachrichten geschickt hatte, seufzte ich traurig. Dann wandte ich mich den neuesten Nachrichten aus Arktanien zu. Überall wurden Screenshots und Videos des globalen Events „Invasion aus der Hölle“ geteilt. Ich entdeckte einen Mitschnitt von Angel13s Verhandlung und eine Beschreibung der Bresche in die infernalische Dimension. Er war der erste Charakter in Arktanien, der zum Halbdämon geworden war. Zur Belohnung hatte er den neuen Arm und neue Möglichkeiten bei der Charakterentwicklung erhalten. Angeblich standen solche Änderungen der Volkszugehörigkeit allen Spielern offen. Blieb nur die Frage, welche Quests man dazu absolvieren musste. Theoretisch musste doch jeder von uns in der Lage sein, dem Teufel seine Seele anzubieten — nur im Spiel, verstand sich!

Es gab heiße Diskussionen darüber, ob die Kirche sich einmischen würde. Immerhin war allgemein bekannt, dass Kirchenvertreter in den großen Spielwelten aktiv waren, darunter auch in Arktanien. Neben den Tempeln für die virtuellen Götter und Göttinnen (die mir alles andere als virtuell vorkamen) gab es in Arktanien auch die von der Erde bekannten Kirchen des Christentums. Wieso auch nicht? Auch die Religionen gingen mit der Zeit. Virtuelle Taufen und Segnungen hatten im Spiel echte Vorteile, denn die Spieler erhielten dabei diverse Buffs. Ich war mir sicher, dass der Durchbruch zur Hölle für einige religiöse Fanatiker wahlweise Anlass zu größter Sorge oder zum Jubel bot. Gut möglich, dass man Angel13 auch in der Realität exkommunizieren würde. Ich dachte nach. Der arme Kerl hatte wirklich Pech gehabt. Seine Verzweiflung hatte ihn dazu gebracht, dem Teufel seine Seele zu verkaufen.

In den Nachrichten gab es zusätzliche Infos. Er war angeklagt, weil er als Anführer einer PvP-Bande Piraterie anderen kriminellen Aktivitäten Vorschub geleistet hatte. Dabei hatte er sich sogar den Unmut seines eigenen Clans, der Radiants zugezogen. Das muss man sich einmal vorstellen! Mich interessierte der Grund. Offenbar hatte er eines schönen Tages aus heiterem Himmel das Lagerhaus des Clans geleert, die Sachen verschenkt, die Bankkonten geräumt und den Feinden die Tore zur Clan-Residenz geöffnet. Er hatte seinen Clan verraten. Einige sagten, er sei verrückt geworden, anderen hielten das für einen privaten Rachefeldzug. Vielleicht war auch Bestechung oder Korruption im Spiel gewesen. Wie auch immer, der einst mächtige Radiant-Clan war aus den Top Twenty in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Alle Mitglieder hatten sich im Gerichtssaal versammelt, um dem ehemaligen Anführer ein herzhaftes „Fick dich“ zuzurufen.

Jetzt wurde die Verhandlung selbst gezeigt: Der Ankläger (der wie ein eineiiger Zwilling meines Anklägers aussah) benötigte ganze zehn Minuten, um alle Anklagepunkte vorzulesen. Tatsächlich hatte Angel13 dem Kaiser buchstäblich in die Suppe gespuckt. Ob es davon wohl einen Clip gab? Schließlich erhielt der Angeklagte das Wort. Er nutzte es, um alle Anwesenden als Idioten zu beschimpfen. Dann näherte er sich zwei seiner ehemaligen Clan-Kumpanen und riss sich vor ihren Augen das eigene Herz aus der Brust. Diesen Anblick würde ich nie vergessen. Er packte sich an die Brust, brach mit seinem verbliebenen Arm den Brustkorb auf und zog den pulsierenden Muskel heraus. Was für ein Psycho! Das hätte ich selbst virtuell niemals geschafft.

„Zur Hölle mit euch allen“, schrie er dann und schleuderte sein Herz zu Boden.

Mit dem Getöse eines Steinschlags zerplatzte es. Blut strömte in alle Richtungen heraus und bildete ein Pentagramm.

Angel13 schrie aus voller Kehle. „Ich gebe mein Herz und meine Seele als Opfer!“

Dann öffnete sich das Portal zur Hölle.

In dem Pentagramm tat sich eine trichterförmige Vertiefung im Boden auf. Rotes Glühen leuchtete hervor, als unzählige kleine Dämonen herauskletterten. Einige der anwesenden Spieler reagierten schnell und versuchten, einen Verteidigungsring aufzubauen oder Angel13 zu töten. Doch der Seelenverkäufer wurde von einem blutigen Kokon geschützt. Schließlich zerfiel der Schutzschleier und Angel13 trat mit seinem neuen Arm, seinem neuen Herzen und der dämonischen Fratze heraus. Im selben Augenblick stieg der riesige Dämon aus dem Portal und zog die Aufmerksamkeit auf sich.

Die weiteren Ereignisse hatte ich hautnah miterlebt. In dem blutigen Gemetzel wurden die meisten Spieler besiegt. Schließlich kam Verstärkung und beendete den Kampf. Es waren die Unaussprechlichen unter Antibiotic, die dem infernalischen Chaos Einhalt geboten. Fasziniert beobachtete ich, wie Antibiotic mit meinem Knochenschwert eine Schneise durch die Teufelchen schlug, bevor er den Infernalischen Dämon stellt. Leider endete die Aufzeichnung, bevor es zwischen den beiden zur Sache ging. Vermutlich war die arme Seele, die gefilmt hatte, gestorben.

Ein Nachrichtensignal ertönte. Artjom schrieb mir: „Du warst dort?“

„Ja“, antwortete ich kurz angebunden.

Ich hatte keine Lust auf ein Gespräch oder ein Treffen mit ihm.

„Sorry, ich muss wieder in den Pod. Keine Zeit“, dämpfte ich seine Hoffnungen.

„Sobald der Angriff aus der Hölle vorbei ist, muss ich herausfinden, was mir vorgeworfen wird. Dazu muss ich in die Zelle zurückkehren. Hoffentlich lassen sie mich frei.“

„Ich will nicht reden. Sieh dir das Video an. Du bist ein Star!“

Er schickte mir einen Link. Oops. Jemand hatte den Kuss zwischen mir und der Dämonin gefilmt. Es hatte fast so viele Likes wie das Video des Kampfes. Während ich es ansah, kletterte der fünfstellige Zähler immer höher. Ich und ein YouTube-Star. Verdammt noch eins. Am Ende konnte ich zusehen, wie die Dämonenfrau mich vom Schritt bis zum Hals aufriss.

Tatsächlich spürte ich unter der Gürtellinie einen gewissen Phantomschmerz. Diese Szene würde mir garantiert ein paar Monate lang Albträume bereiten. Ich musste mir unbedingt Weihwasser besorgen, wenn ich zurück in Arktanien war. Und Kreuze. Einfach alles, was mich irgendwie vor höllischen Kreaturen schützen konnte.

Ich las einige der Kommentare unter dem Video. Wäre es nicht um mich gegangen, hätte ich geschmunzelt. Man nannte mich den Dämonenküsser. Ob männlicher, weiblicher oder sonst wie orientierter Dämon war vermutlich egal. Dämon war und blieb Dämon und Kuss war und blieb Kuss. Spieler waren in diesen Dingen sehr tolerant. Ich musste zugeben, dass die Dämonin Lamia überaus attraktiv war. Auf gewisse Weise sexy. Würde ich im echten Leben eine Frau kennenlernen, die so aussah wie Lamia (vorzugsweise ohne Schwanz und Hörner), hätte ich mich bestimmt verliebt.

In den Kommentaren wurde auch über die Bedingungen gesprochen, wie für Level 1 der globalen Auszeichnung „Was für ein Halunke!“ erfüllt werden mussten. Als legendärer Halunke musste man Angehörige von vier weiteren Völkern küssen. Ich würde Damen bevorzugen. Allerdings war das Geschlecht laut Bedingungen unwichtig. Die Auszeichnung wurde nur an Spieler vergeben, die sich den ersten Kuss mit einem Wesen eines anderen Volkes erschlichen hatten. Insgesamt gab es in Arktanien gerade einmal 20 bis 30 Halunken. Eine zweifelhafte, aber sehr seltene Auszeichnung, wenn man bedachte, dass Millionen von Menschen in Arktanien unterwegs waren. Ich las weiter und erfuhr etwas über die Auszeichnung „Geliebt und verlassen“, die ich der Dämonin angehängt hatte. Jede Frau, die von einem Halunken geküsst wurde, erhielt diese Auszeichnung dauerhaft. Es war wie ein Brandmal, ein offensichtlicher Hinweis, dass die Dame sich nicht zu schade dafür war, Fremde zu küssen. Um diesen Makel loszuwerden, musste die Frau heiraten. Fünf Küsse für die Auszeichnung „Was für ein Halunke!“ bedeuteten also zugleich fünf Frauen, die sauer auf mich wären. Andererseits verschaffte ich mir damit einen großartigen Bonus, denn ich würde Resistenz gegen fünf verschiedene Arten von magischem Schaden UND ein erhöhtes Charisma erhalten. Für ein paar Küsse! Ob es in Arktanien Orgien oder Polygamie gab? Ruhig, Casanova. Es ist nur ein Spiel! Ich war eindeutig keine gute Gesellschaft.

Ich beschloss, die freie Zeit zu nutzen. Während die Bewohner Verithés sich um die extradimensionale Bedrohung kümmerte, würde ich ein paar Experimente machen. Nachdem ich gerade erst meine Attribute verbessert hatte, wollte ich unbedingt wissen, was das in der echten Welt brachte.

Ich begann mit dem Lichtschalter. Ich konnte ihn nun aus fast der doppelten Entfernung betätigen. Am Synthesizer konnte ich zwei Tasten gleichzeitig drücken. Und ich schaffte es sogar, das ferngesteuerte Auto zu steuern. Leider musste ich den Motor noch immer von Hand starten. Eine Idee schoss mir durch den Kopf. Wozu sollte ich mich auf komplizierte Interaktionen konzentrieren? Wie es aussah, konnte ich beliebige Befehle übermitteln. Ob an einen Lichtschalter oder an einen Supercomputer war egal. Mit einem Mal wurde mir klar, was das bedeutete. Bei einem elektronischen Sicherheitsschloss musste ich mich nicht mit den komplexen mikromechanischen Komponenten herumschlagen, sondern konnte einfach einen elektrischen Impuls an den Riegel oder Motor senden. Dazu musste ich lediglich in Erfahrung bringen, wie der Mechanismus funktionierte und so das relevante Bauteil bestimmen. Hurra! Ich war der Lösung meiner Probleme im VRTSDI einen Riesenschritt nähergekommen.

Ich machte einen Freudensprung.

Sobald Daddy Rothschild mir Unterlagen zum Institut schickte, musste ich mehr über die Sicherheitssysteme und Türschlösser herausfinden. Vermutlich gab es elektronische Schlüsselkarten. Das wiederum bedeutete, dass mir die Türen so gut wie offen standen. Halleluja!

Ich experimentierte noch ein wenig, während ich nebenher die News über den Dämonenkampf las. Eine halbe Stunde später hatten die Helden in Arktanien das Portal geschlossen. Sogar die Christen hatten mitgeholfen. Kriegermönche waren, so schien es, die ärgsten Gegner der Dämonen und in der Lage, die Bresche aus der anderen Dimension zu verrammeln. Angel13 war im letzten Augenblick in die Hölle geschlüpft. Auf allen Kanälen wurde über neue Brückenköpfe der Dämonen informiert. Überall in Arktanien öffneten sie neue Portale, um den Kontinent zu erobern. Damit hatten alle Spieler und NPCs erstmals einen gemeinsamen Feind — vorerst. Ich war mir sicher, dass weitere Spieler Angel13 folgen und zu Halbdämonen werden würden. Wenn die Vorteile nur groß genug waren, würden Scharen von ihnen die Chance ergreifen und die Hölle auf Erden mit sich bringen. Que sera, sera...

Zeit, zurückzukehren. Vielleicht würde man mich aufgrund der neuen Lage begnadigen, sobald sich meine Gefangennahme als Missverständnis herausgestellt hatte. Ich hätte wirklich gern gewusst, was sich getan haben sollte.

Ich legte mich in den Pod und wachte in meiner Zelle wieder auf. Über eine der Wände verliefen seltsame Muster. Der Stein war geschmolzen. Ich sah genauer hin. Es war eine Botschaft: ICH WERDE DICH FINDEN.

Verdammt! Lamia gehörte wohl nicht zur nachsichtigen Sorte.

Es gab noch eine unschöne Überraschung. Meine Zellentür war wieder verriegelt. Dann informierte eine Systemmeldung mich darüber, dass meine Verhandlung in acht Minuten beginnen würde.

Ich war gerade rechtzeitig zurückgekehrt. Ob die Schäden bereits behoben waren? Oder würde der Prozess in einer Ruine stattfinden?

Tatsächlich brachten die Wachen mich in einen identisch aussehenden Saal. Nur die Nummer an der Tür war eine andere.

Bis auf die wiedererweckten Richter, Ankläger und Verteidiger und ein paar NPC-Geschworene war der Raum leer. Die Spieler hatten wohl wichtigere Dinge zu tun.

Nummer 22, stellte ich mit einem Grinsen fest, als ich mich auf den Platz vor dem Richter setze.

Wieder bohrte der Blick des Anklägers sich in meinen Schädel.

Er kam sofort zur Sache. „Falk Fudre wird beschuldigt, das Kaiserreich verraten und seinen eigenen Bruder ermordet zu haben.“

Ich war mehr als ein wenig überrascht.

„Ich habe keinen Bruder.“

Dann fiel mir ein, dass es vermutlich um einen virtuellen Bruder ging. Doch da war es zu spät. Ich hätte besser meinen Mund gehalten. Dann war also Thomas Fudre, dessen Körper wir neben dem Luftschiff im Höllschreischlund gefunden hatten, in dieser Welt mein Bruder?!

„Jetzt nicht mehr“, stimmte der Ankläger zu. „Für diese Schandtat wirst du den Rest deines Lebens in den Minen verrotten.“ Dann sah er die Geschworenen an. „Dieser undankbare Mann hat ein schreckliches Verbrechen begangen. Die Familie Fudre hat einen kleinen Jungen adoptiert, aufgezogen und an die beste Flugschule des Reichs geschickt. Und wie hat er es ihnen gedankt? Indem er den biologischen Sohn seiner Adoptiveltern umgebracht hat!“

„Einspruch! Nichts als Mutmaßungen!“, unterbrach der Verteidiger ihn.

Mein Anwalt war drahtig und trug einen kleinen Schnäuzer. Seine Augen tasteten den gesamten Raum ab. Er war nicht gerade eine vertrauenerweckende Erscheinung. Ehrlich gesagt ekelte er mich ein wenig an. Hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich einen anderen Verteidiger gewählt.

„Zwei Brüder sind gemeinsam ausgezogen, doch nur einer ist zurückgekehrt. Und dieser eine ist der alleinige Erbe des Vermögens des verstorbenen Rudolph Fudre.“

Bitte was? Vermögen? Wie groß? Und wann war dieser Rudolph verstorben?

In diesem Augenblick durchbrach ein dröhnender Bariton meine Gedanken: „Einspruch, euer Ehren! Im Testament des Rudolph Fudre wird dieser junge Mann nicht als Erbe erwähnt. Ich bin der Testamentsvollstrecker und der Bruder des Verstorbenen. Außerdem bin ich erstaunt, dass die Anklage es für richtig befunden hat, diese Umstände hier zu diskutieren.“

Ich drehte mich zu der Stimme um. Ein dünner, blasser Kahlkopf mit scharfen Gesichtszügen im schwarzen Gewand eines Nekromanten hatte sich erhoben. Renick Fudre, Nekromant,Level 91. Er wirkte unheimlich. Seinem Gesichtsausdruck nach waren alle Lebewesen für ihn lediglich eine Vorstufe für Zombies. Ich entwickelte sofort eine Abneigung gegen ihn.

Und mit so etwas war ich verwandt!

„Wie? Oh, mein Fehler“, sagte der Ankläger ein wenig irritiert. „Meine Quellen haben mich falsch informiert. Vielleicht könnt Ihr noch mehr Licht ins Dunkel bringen? Oder seid Ihr etwa hier, um Falk Fudre zu verteidigen?“

Hoffnungsvoll blickte ich den Nekromanten an. Komm schon. Sag, dass ich niemanden getötet habe. Dann bin ich endlich wieder frei!

„Verteidigen?“ Der Nekromant grinste heimtückisch. „Ich will einfach nur wissen, was meinem Neffen zugestoßen ist. Wenn mir die Wahrheit nicht gefällt, werde ich mich persönlich um den kleinen Widerling kümmern.

---ENDE DER LESEPROBE---