Alpengold 422 - Rosi Wallner - E-Book

Alpengold 422 E-Book

Rosi Wallner

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Beschreibung

Großherzig nimmt der Anackerbauer die unverheiratete Hanne mit ihrem Töchterchen Ruth als Magd auf seinem Hof auf. Schon bald gehören die beiden fast zur Familie. Gemeinsam mit dem kleinen Madl, das sie wie eine Schwester lieben, verleben die Anackerzwillinge Stefan und Lorenz eine unbeschwerte Kindheit. Doch nachdem die Buben zu jungen Männern herangewachsen sind, treten immer stärker Lorenz’ unstetes, aufbrausendes Wesen und sein verschlagener Charakter zutage.
Als Stefan als Erstgeborener nach dem Tod des Vaters den Hof übernimmt, beginnt Lorenz den Bruder regelrecht zu hassen. Keinen Finger krümmt er mehr auf dem Hof und vertrinkt sein hohes Erbe im Wirtshaus. Er ist ein wahrer Taugenichts und Herumtreiber, und bald stürzt er alle Menschen, die ihn lieben, ins Unglück ...


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Inhalt

Cover

Im Glanz der Heimatsonne

Vorschau

Impressum

Im Glanz der Heimatsonne

Bergroman um bewegende Zeiten auf dem Anackerhof

Von Rosi Wallner

Großherzig nimmt der Anackerbauer die unverheiratete Hanne mit ihrem Töchterchen Ruth als Magd auf seinem Hof auf. Schon bald gehören die beiden fast zur Familie. Gemeinsam mit dem kleinen Madl, das sie wie eine Schwester lieben, verleben die Anackerzwillinge Stefan und Lorenz eine unbeschwerte Kindheit. Doch nachdem die Buben zu jungen Männern herangewachsen sind, treten immer stärker Lorenz' unstetes, aufbrausendes Wesen und sein verschlagener Charakter zutage.

Als Stefan als Erstgeborener nach dem Tod des Vaters den Hof übernimmt, beginnt Lorenz den Bruder regelrecht zu hassen. Keinen Finger krümmt er mehr auf dem Hof und vertrinkt sein hohes Erbe im Wirtshaus. Er ist ein wahrer Taugenichts und Herumtreiber, und bald stürzt er alle Menschen, die ihn lieben, ins Unglück. Auch Ruth ...

Ein heftiger Windstoß und leises Donnergrollen schreckten Linus aus seiner Versunkenheit auf. Er sah zur Schlafkammer seiner Frau hinauf und spürte, wie ihm die Kehle eng wurde.

Mit schleppenden Schritten kehrte er ins Haus zurück und begann wieder mit seiner unruhigen Wanderung die Stube auf und ab. Ein paarmal war er versucht, die Treppe hinaufzusteigen, aber etwas hielt ihn zurück.

Plötzlich hörte er gedämpfte Geräusche. Es war ihm, als sei es ein lang gezogenes Wimmern, und er ballte in jäher Erregung die Hände zu Fäusten. Der Morgen graute, als die Hebamme die Treppe hinunterkam. Sie streifte mit einem schnellen Blick sein graues Gesicht mit den geröteten Augen.

»Du kannst nach deiner Frau schauen, aber nur kurz. Der Nachwuchs ist wohlauf. Sie hat sich tapfer gehalten, die Theres!«

»Geht es ihr gut?«

»Es war net leicht für sie, schließlich ist sie net mehr die Jüngste«, erwiderte die Hebamme. »Musst halt Rücksicht nehmen die nächste Zeit.«

Linus erschrak, als er Thereses blutleeres, erschöpftes Gesicht sah. Sie lag in einem Schlaf, der mehr einer Ohnmacht glich. Nur als Linus ihre Hand streichelte, bewegte sie sich unruhig, aber sie wachte nicht auf.

Erst nach einer Weile kam ihm zu Bewusstsein, dass er sich noch nicht das Kind angesehen hatte. Er wusste noch nicht einmal, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. Vorsichtig näherte er sich der alten holzgeschnitzten Familienwiege der Anackers.

Ungläubig starrte er auf die beiden winzigen Geschöpfe herab, die eng beieinander in der Wiege lagen. Therese hatte Zwillingen das Leben geschenkt!

»Zwei Buben hast du, Anacker«, flüsterte ihm die Hebamme zu, die lautlos eingetreten war. »Sind stramm beieinander, kein Wunder, dass sie es der Theres so schwer gemacht haben. Sie wird schon noch eine Weile brauchen, bis sie wieder auf den Beinen ist.«

»Es wird ihr an nichts fehlen, wenn sie nur wieder gesund wird«, stieß Linus hervor.

Er bestand darauf, am Bett seiner Frau zu wachen, obwohl auch die Hebamme die Wöchnerin für den Rest der Nacht nicht alleinlassen wollte. Ab und zu fiel sein Blick auf seine kleinen Söhne, aber er empfand weder Stolz noch Freude darüber, Vater geworden zu sein. Zu sehr ängstigte ihn das wächserne Gesicht seiner Frau, aus dem alles Leben gewichen zu sein schien.

Erst am Morgen, als Thereses Schwester die Hebamme ablöste, ging er auf ihr Drängen in die Nebenkammer, um den versäumten Schlaf nachzuholen.

Therese war kurz zu sich gekommen und hatte ihn müde und verwirrt angelächelt, als er sie sanft geküsst hatte. Er wusste sie bei ihrer älteren Schwester Lise in guten Händen. Sie war eine tatkräftige Person, auf die man sich verlassen konnte.

***

Auf dem Anackerhof wurde die Taufe der Zwillinge gefeiert.

In der Stube drängten sich die Gäste, um den Anackers zu gratulieren und Geschenke zu überreichen.

Die Moosbacherin, eine der Nachbarinnen, beugte sich über das Steckkissen mit einem der beiden Babys. Lise hielt es liebevoll an ihre Brust gepresst. Das verkniffene Gesicht der Moosbacherin wurde für einen Augenblick beinahe weich.

»Prachtbuben sind's. Der Anacker kann stolz auf sie sein!«

Dann ließ sie ihre neugierigen Augen umherschweifen, und ein bitterer Zug grub sich um ihren Mund.

Hier fehlte es an nichts. An den Wänden standen bemalte Truhen und Schränke, die von Generation zu Generation weitervererbt und von Linus auf liebevolle Weise ergänzt worden waren.

Kostbares besticktes Leinen bedeckte den Tisch, an dem sich die Gäste später zum Kaffee niederlassen würden. Es duftete nach Kuchen und Gewürzen, von der Küche her kam das leise Geklirr von Porzellan.

Alles zeugte von Wohlstand, einem Wohlstand, der sich nicht prahlerisch zur Schau stellte, sondern Tradition und Liebe zum Ererbten verriet.

»Der hat auch mit seinen Pfunden gewuchert, der Anacker!«, zischelte sie ihrer Freundin, der Pfarrersköchin zu, die mit ihr hochgekommen war. »Der Hof war net besonders groß. Die Anackers waren zwar net arm und hatten auch zu beißen, wenn es eine Missernte gab. Ohne die Mitgift der Theres hätt er das aber nie geschafft. Es lohnt sich halt doch, eine reiche Hoftochter zu heiraten!«

Die Moosbacherin hatte allen Grund, neidisch zu sein. Der Hof, auf den sie eingeheiratet hatte, war einst größer als der der Anackers gewesen, aber ihr zänkisches Wesen hatte ihren Mann bald ins Wirtshaus getrieben. Ein Acker nach dem anderen war aufgegeben worden, und es war ihr Nachbar Linus Anacker, der das Land aufgekauft hatte.

Nachdem sie ein paar Worte mit Linus gewechselt hatte, heftete sich ihr stechender Blick auf Therese.

Die Bäuerin war nicht mit in der Kirche gewesen, ihre Schwester hatte die Kinder über das Taufbecken gehalten. Therese hatte es sich jedoch nicht nehmen lassen, aufzustehen und die Gäste zu begrüßen.

Seit der Geburt der Kinder schien sie um Jahre gealtert, ihre Augen lagen tief in den Höhlen, und ihre einst frische Gesichtsfarbe war einem fahlen Grau gewichen. Ihre Gestalt war erschreckend mager geworden, das konnte selbst das üppig gefältete Prachtgewand der wohlhabenden Bäuerin nicht verbergen.

Sie saß in einem Lehnstuhl, und niemand außer Linus sah ihr an, welche Mühe es sie kostete, sich mit ihren Gästen zu unterhalten.

»Die Taufe ist net ohne Grund so hinausgezogen worden«, wandte sich die Moosbacherin wieder an ihre Freundin. »Die Theres sieht aus, als würd sie's net mehr lang machen. Na ja, einen Erben hat er ja, der Anacker, und als Wittiber lebt sich's auch net schlecht.«

Linus hatte die hämischen, halb geflüsterten Worte vernommen, zufällig war er in diesem Augenblick hinter die beiden Frauen getreten. Er empfand jähen Schmerz, dann stieg Zorn in ihm auf. Er widerstand der Regung, die Moosbacherin aus dem Haus zu weisen, nur deshalb, weil er ihre herzlosen Worte nicht vor seiner Frau wiederholen wollte.

»Setz dich, Moosbacherin, im Sitzen lässt sich's besser klatschen und tratschen!«, forderte er sie stattdessen auf.

Am Ton seiner Stimme konnte sie erkennen, dass er die Unterhaltung über seine Frau gehört hatte.

Sie zuckte zusammen, und Röte breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Schweigend nahm sie an dem reich gedeckten Tisch Platz.

Therese war es, als käme das fröhliche Geplauder der Tischrunde aus weiter Ferne. Das Sonnenlicht, das durch die blumenumkränzten Fenster hereindrang, schmerzte in ihren Augen. Ihre Hände zitterten, und sie tastete Hilfe suchend nach ihrem Mann.

»Ist dir net wohl, Theres? Willst du wieder nach oben?«, fragte er sofort besorgt.

Sie nickte wortlos, und gestützt auf ihren Mann verließ sie mit steifen Schritten den Raum. Linus half ihr in der Kammer aus dem Kleid und deckte sie zu. Beinahe augenblicklich sank sie in den traumlosen Schlaf der Erschöpfung.

Die Gäste versuchten ihn mit teilnehmenden Worten zu trösten, die bei den meisten aus ehrlichem Herzen kamen. Die Anackers waren beliebt.

Doch Linus blieb einsilbig, und die Gäste, voran die Moosbacherin, verabschiedeten sich beizeiten.

***

Die beiden Söhne des Anackerbauern, Stefan und Lorenz, gediehen, aber ihre Mutter wollte nicht wieder zu Kräften kommen. Sie blieb bettlägerig, und Lise versorgte größtenteils die Kinder.

Nachts lag Therese oft wach und weinte.

»Ich bin dir nur eine Last, Linus! Was sollst du mit einer Bäuerin, die sich um nichts mehr kümmert. Noch net mal nach den Kindern kann ich richtig schauen. Wenn die Lise net wär, wären wir aufgeschmissen! Manchmal wollt ich, ich wär bei der Geburt gestorben«, schluchzte sie verzweifelt.

Linus nahm sie in die Arme und schenke ihr Trost. Er ließ nichts unversucht, damit sich ihr Zustand besserte. Sie reisten nach München, um die besten Ärzte aufzusuchen, und sie machten ihnen Hoffnung auf Besserung.

Nach einem langen Kuraufenthalt war Therese so weit, dass sie nur noch selten das Bett hüten musste und wieder am täglichen Leben teilnehmen konnte. Die Ärzte hatten Linus anvertraut, dass seine Frau immer leidend und schonungsbedürftig bleiben würde, doch er war dem Schicksal dankbar, dass sie sich überhaupt wieder ein wenig erholt hatte.

Therese hatte sich damit abgefunden, dass sie nicht mehr so schalten und walten konnte wie früher. Vor allem die unwandelbare Liebe ihres Mannes hatte ihr viel dabei geholfen. Sie begann sich an ihren Kindern zu freuen, die sich so entwickelten, wie es sich Eltern nur wünschen konnten.

***

Linus beugte sich über den Brunnen und ließ das eisige Nass über Gesicht und Hände rinnen. Staubbedeckt war er von den Feldern heimgekommen, wo die Ernte in vollem Gang war.

Erschöpft, aber zufrieden ging er auf das Haus zu. Als er eintrat, fiel ihm die ungewöhnliche Stille auf. Sonst herrschten immer Gelächter und Geschrei, wenn Therese mit ihren beiden Söhnen spielte.

»Wo ist die Bäuerin?«, rief er in die Küche, wo Afra, die Hausmagd, geräuschvoll herumhantierte.

»Die Frau ist oben, es geht ihr nicht gut.«

Therese vertrug die Hitze nicht mehr, seitdem sie leidend war, und musste sich häufig hinlegen.

Der Bauer überzeugte sich, dass seine Frau schlief und ihre Arznei in Reichweite stand, ehe er zur Küche hinunterging, um nach seinen Söhnen zu sehen. Afra nahm sie gewöhnlich in ihre Obhut, wenn sich die Bäuerin nicht um sie kümmern konnte.

Schon das heftige Geklapper und Klirren von Geschirr, das vom Herd kam, ließ vermuten, dass sich Afra in schlechtester Stimmung befand. Mit einem unterdrückten Seufzer betrat er den Raum, der Afras eifersüchtig gehütetes Reich war.

»Na, was haben sie wieder angestellt?«, fragte er mit einem Blick auf seine inzwischen vierjährigen Söhne, die mit verweinten Gesichtern am Küchentisch hockten.

»Es ist net mehr zum Aushalten mit den beiden. Der Lenzl hat einen Topf vom Herd gezogen, obwohl ich ihm verboten hab, was anzufassen. Ein Glück, dass die Brühe darin noch net heiß war, sonst wär's den beiden schlecht ergangen. Aber eine Watschen hab ich ihnen trotzdem auf der Stelle verabreicht!«

»Auch dem Stefan?«

»Ja, was soll's. Aber eins sag ich dir, Bauer, lang mach ich das net mehr mit!«, lamentierte sie wütend und schob die Töpfe auf dem Herd hin und her.

»Sei stad, Afra«, versuchte er die Erzürnte zu besänftigen, »Kinder sind halt so.«

Stefan, der etwas früher als sein Zwillingsbruder geboren und somit der Hoferbe war, kam auf seinen Vater zu. Ein Strahlen ging über das rot geweinte Gesichtchen, er hatte augenblicklich seinen Kummer vergessen. Sein Bruder bewegte sich nicht vom Fleck, er hatte die Unterlippe trotzig vorgeschoben und tat, als bemerke er seinen Vater nicht.

Linus ging es unwillkürlich durch den Kopf, dass sich seine beiden Söhne, die sich zunächst so geglichen hatten, immer mehr auseinanderentwickelten. Aber nicht nur in ihrem Äußeren, auch im Verhalten hatten sie sich verändert.

Stefan, ein braunlockiger Wuschelkopf, lachte gern und trug es nicht nach, wenn Afra ihn ungerecht behandelte. Er war friedfertig und nachgiebig, und Linus hatte seinen Bruder im Verdacht, dass er das weidlich ausnutzte und ihn auf kindliche Art und Weise tyrannisierte.

Lorenz oder Lenzl, wie er liebevoll genannt wurde, war ein lebhaftes, ja unruhiges Kind, das zum Trotz neigte. Er war auffallend hübsch mit seinen großen blauen Augen und den schwarzen Haaren, die dazu im Gegensatz standen. Von den Mägden, mit Ausnahme von Afra, wurde er verwöhnt und verhätschelt.

»Kommt jetzt, ihr beiden!«, forderte Linus die Kinder in energischem Ton auf.

Es ging nicht ohne Geschrei ab, denn Lenzl, der es sonst hasste, in der Küche von Afra beaufsichtigt zu werden, wollte nicht hinaus. Schließlich war es Linus gelungen, die zwei ins Bett zu befördern, und er konnte sich endlich zum Abendessen niederlassen.

***

Später setzte er sich, wie oft an warmen Abenden, auf die Bank vor dem Haus. Aus den Gesindestuben hörte er das Kichern und Schwatzen der Mägde, und unwillkürlich musste er lächeln.

Dann aber wurde er wieder nachdenklich, denn er machte sich Sorgen um seine beiden Söhne. Linus liebte sie sehr, obwohl sie seiner Frau die Gesundheit und beinahe das Leben gekostet hatten. Die beiden lebhaften Kinder machten ihrer Mutter schwer zu schaffen, besonders der immer zu Streichen aufgelegte Lorenz. Therese hätte nie ein Wort der Klage verloren, aber er wusste, dass sie oft überfordert war, und er fürchtete, dass sich ihr Gesundheitszustand wieder verschlechterte.

Wenn er und das Gesinde auf dem Feld arbeiteten, blieb wie heute nur die alte Afra als Aufsicht. Trotz ihrer Grobheit war Afra eine treue, ergebene Magd, doch mit Kindern hatte sie einfach keine glückliche Hand. Oft war Linus dazugekommen und hatte gesehen, dass sie, verärgert über das Geschrei und den Lärm der beiden, sie ungerecht bestraft hatte.

Als er aus seinen Grübeleien hochschaute, sah er, dass sich eine Gestalt dem Anackerhof näherte.

Es war eine große, stämmige Frau, deren dunkles Haar im Nacken zusammengesteckt war. Ein Eindruck von Kraft und Gesundheit ging von ihr aus, wozu jedoch der müde, unsichere Gang in krassem Gegensatz stand.

Als sie bei Linus angelangt war, setzte sie das Bündel ab, das sie unter dem Arm getragen hatte. Es dauerte eine Weile, bis sie zum Sprechen ansetzte.

»Ich wollt halt fragen, ob hier eine Stelle frei ist, als Erntehilfe oder im Stall!«

Linus hob verwundert die Brauen, es war sehr ungewöhnlich, dass sich jemand während des Jahres verdingen wollte.

Plötzlich erinnerte er sich, wer die junge Frau war. Zuletzt hatte sie bei seinem Nachbarn, dem Moosbacher, gearbeitet.

»Die Hanne Brugger bist du, net wahr? Aber sag, bist du net bei dem Moosbacher im Dienst?«

Hanne senkte die Lider.

»Ja, das stimmt.« Nach einer Pause sagte sie, und ihre Stimme klang dabei müde und geborsten: »Sie haben mich dort weggejagt.«

Linus wollte überrascht nach dem Grund fragen, als sein Blick über ihre starke Gestalt in dem lose herabfallenden Kleid glitt.

»Du bekommst ein Kind?«

»Ja, und ich habe keinen Vater dafür«, antwortete sie bitter. Glühende Röte ergoss sich über ihr Gesicht. »Jetzt jagst du mich auch von deiner Schwelle, ja?«

»Niemand hat ein Recht, über andere zu richten, Hanne«, begütigte er.

»Überall bin ich herumgegangen, von Hof zu Hof, um eine Stelle zu bekommen, damit ich mich durchbringen kann und dann das Kind«, brach es da aus ihr heraus. »Wie einen räudigen Hund haben sie mich vertrieben und noch beschimpft und verspottet.« Hanne schluchzte hemmungslos.

Voller Mitleid betrachtete Linus die junge Frau, und dann kam ihm der Gedanke, dass sie ein glücklicher Zufall auf seinen Hof geführt hatte.

»Hör auf zu weinen, Hanne! Du kannst hierbleiben!«

Die Frau blickte ungläubig auf.

»Wie du vielleicht weißt, geht es der Bäuerin net besonders, seit die Kinder auf der Welt sind, und sie kann oft net nach ihnen schauen. Du hilfst Afra in der Küche und kümmerst dich um den Stefan und den Lenzl. Da hast du Arbeit genug!«

Zögernd nahm sie ihr Bündel auf.

»Ich dank dir, Bauer!«

»Geh jetzt in die Küche zu Afra und lass dir etwas zu essen geben, du wirst hungrig sein. Wenn die Afra auch am Anfang grantig ist, sie meint's net so.«

An der Tür wandte sich Hanne noch einmal um.

»Und das Kind? Muss ich es weggeben?«

»Weggeben? Dein Kind? Auf dem Hof ist Platz für viele, da wird auch noch ein Schnabel satt!«

»Ich werd's dir nie vergessen, Bauer«, sagte sie leise. Dann trat sie ins Haus.

***

Therese hatte zuerst Bedenken gehabt, als ihr Linus seinen Entschluss mitgeteilt hatte. Es war ihr klar, dass die Anwesenheit der jungen Frau Klatsch und Tratsch heraufbeschwören würde, doch das war es nicht, was sie befürchtete. Vielmehr zweifelte sie daran, dass ein Mädchen in ihrer Lage und ohne die nötige Erfahrung mit Kindern genug Geduld für ihre oft ungebärdigen Söhne aufbringen würde.

Unauffällig beobachtete sie Hanne, wenn sie sich mit den Kindern beschäftigte. Doch ihre Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet, Hanne hatte ein angeborenes Talent, mit Kindern umzugehen. Sie war weder zu streng noch zu nachgiebig, auch vermied sie es klug – und dafür war ihr Therese besonders dankbar –, die beiden von der Mutter zu entfremden.

Eine große Last war Therese von den Schultern genommen worden. Endlich wusste sie ihre Söhne in guter Hut, und es gab keine Tränen mehr, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen konnte. Nach anfänglichem Misstrauen hatte sich selbst der trotzige Lenzl an Hanne gewöhnt, und die Kinder hingen an ihr.

***

Im Spätsommer kam Hannes schwere Stunde.

Sie wollte niemanden außer Therese um sich haben, die ihr ihren Beistand angeboten hatte.