Alpengold 185 - Rosi Wallner - E-Book

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Rosi Wallner

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Beschreibung

Fröhliches Gelächter erfüllt die laue Sommernacht, in der die Burschen und Madeln von Kirchstetten wie jedes Jahr auf das Plateau am Berg geströmt sind, um paarweise über das Johannisfeuer zu springen. Gerade noch hat der junge Weilbacher-Stefan mit seinen Spezln über den alten Aberglauben gescherzt, der besagt, dass sich beim Sprung über die Flammen die Herzen fürs Leben finden, als ihm das Lachen im Halse stecken bleibt.

Ja, beim Anblick der bildschönen Laura Lenhofer wird ihm heiß und kalt zugleich, und Stefan verliert sich ganz und gar in ihrem dunklen Feenblick ...

Als die Kapelle wenig später aufspielt, da verschränken sich wie von selbst Stefans und Lauras Hände, und unter Johlen und Anfeuerungsrufen laufen die beiden an und springen ab - über das Feuer und mitten hinein in einen aufregenden Liebessommer!

Doch was bleibt von ihren Liebesschwüren? Das wird sich zeigen, wenn übers Jahr am Berg wieder das Johannisfeuer brennt ...

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Seitenzahl: 134

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Schwüre am Johannisfeuer

Als ihre Herzen vor Leidenschaft brannten

Von Rosi Wallner

Fröhliches Gelächter erfüllt die laue Sommernacht, in der die Burschen und Madeln von Kirchstetten wie jedes Jahr auf das Plateau am Berg geströmt sind, um paarweise über das Johannisfeuer zu springen. Gerade noch hat der junge Weilbacher-Stefan mit seinen Spezln über den alten Aberglauben gescherzt, der besagt, dass sich beim Sprung über die Flammen die Herzen fürs Leben finden, als ihm das Lachen im Halse stecken bleibt.

Ja, beim Anblick der bildschönen Laura Lenhofer wird ihm heiß und kalt zugleich, und Stefan verliert sich ganz und gar in ihrem dunklen Feenblick …

Als die Kapelle wenig später aufspielt, da verschränken sich wie von selbst Stefans und Lauras Hände, und unter Johlen und Anfeuerungsrufen laufen die beiden an und springen ab – über das Feuer und mitten hinein in einen aufregenden Liebessommer!

Doch was bleibt von ihren Liebesschwüren? Das wird sich zeigen, wenn übers Jahr am Berg wieder das Johannisfeuer brennt …

»Die Alpenbläser sind bereit?«, vergewisserte sich Stefan Weilbacher bei seinem Freund Ferdl Kaltbrunner, der bestätigend nickte.

»Und die Freiwillige Feuerwehr und die Musik ebenso. Steckerlfisch gibt’s auch wieder wie jedes Jahr zu Johanni, es geht alles seinen geregelten Lauf«, fügte Ferdl hinzu und nahm einen tiefen Zug aus seinem Bierseidl.

Die beiden Freunde waren unter den Letzten, die noch am Stammtisch im Gasthaus »Zum Weißen Hirsch« saßen, wo sie mit anderen Mitgliedern des Alpen- und Heimatvereins die Planung des diesjährigen Johannisfeuers besprochen hatten. Stefan Weilbacher war erst vor Kurzem zum Vorsitzenden gewählt worden und musste sich erst an das neue Amt gewöhnen. Sein Freund Ferdl, der schon seit Längerem mit den meisten Aufgaben vertraut war, stand ihm dabei hilfreich zur Seite.

»Ich wünschte, Ferdl, du hättest den Vorsitz übernommen, du kennst dich viel besser aus«, meinte Stefan.

»Du weißt doch, wie es ist, wenn man verheiratet ist. Die Frauen warten nimmer so geduldig drauf wie früher, dass der Mann spätnachts aus dem Wirtshaus kommt. Die Mannsleut müssen sich auch in der Familie einbringen. Heut ist es eine Ausnahme, dass ich länger bleiben kann, aber sonst hab ich net so viel Zeit wie du. Außerdem bist du ein Studierter, und ich komm mit dem ganzen Papierkram net zurecht.«

Ferdl Kaltbrunner hatte sehr früh geheiratet und war schon Vater von drei Kindern, worauf er sehr stolz war. Seine Frau Theresa führte ein strenges Regiment, aber er beklagte sich nie, denn das Paar war einander sehr zugetan.

»Dafür kannst du besser organisieren«, wandte Stefan ein und trank ebenfalls einen Schluck von seinem Bier, das allerdings bereits schal schmeckte, weil immer noch sein erstes Seidel vor ihm stand.

»Ich hab gehört, dass das Johnannisfeuer in Unterhaching letztes Mal zwölf Meter hoch gewesen sein soll«, sagte Ferdl.

»Das ist doch ein Schmarren«, fuhr Stefan auf.

»Da hast du recht. Es geht ja hier um einen alten Brauch und net darum, die Touristen zu beeindrucken oder mit den Nachbardörfern zu konkurrieren. Da haben wir hier in Kirchstetten doch eine andere Einstellung.«

»Unser Bürgermeister tät auch am liebsten die Touristen in hellen Scharen herbeilocken«, stellte Stefan missbilligend fest. »Aber glücklicherweise können wir das gerade noch im Zaum halten, auch wenn’s deswegen bei den Gemeindesitzungen oft genug hoch hergeht. Sonst wären unsere Almwiesen schon längst in Pisten oder Golfplätze umgewandelt.«

»Ja, ja, unser lieber Bürgermeister Lenhofer«, spottete Ferdl.

»Aber um wieder zum Thema zurückzukommen – so ein hohes Johannisfeuer verfehlt seinen Zweck völlig. Schließlich wollen die Burschen und Madeln darüber springen, weil das nach altem Glauben baldige Heirat und Fruchtbarkeit verspricht«, führte Stefan aus.

»Also, bei mir und der Therese hat es auf jeden Fall gestimmt. Wir haben uns gar nichts dabei gedacht, als wir nach dem Tanz darübergesprungen sind, aber danach haben wir uns ineinander verliebt und konnten es kaum abwarten zu heiraten. Und was die Fruchtbarkeit angeht, das war geradezu überwältigend«, sagte Ferdl in Anspielung auf den Kindersegen, mit dem seine Ehe bedacht worden war.

Wie in vielen ländlichen Gegenden hatte sich diese ursprünglich heidnische Vorstellung erhalten, und der Brauch des Johannisfeuers, der in der Nacht auf den 24. Juni gefeiert wurde, fand gerade bei den jungen Leuten Anklang. Und nicht zuletzt wurde getanzt, und es gab ländliche Spezialitäten, was auch zahlreiche Touristen anlockte.

An Türen und Fenstern hingen in den Dörfern und auf den Gehöften die sogenannten Johanniskränze aus. Sie bestanden aus sieben bis neun Kräutern und sollten, der Vorstellung nach, böse Geister und das Unglück abwehren. Auch die Kirchstettener versäumten es nicht, dieser alten Überlieferung, die auf vorchristliche Zeit zurückging, Folge zu leisten.

»Hast du gehört, die Lenhofer-Laura ist zurückgekommen. Anscheinend hat sie genug von der Stadt«, warf Ferdl plötzlich zusammenhangslos ein.

»So? Vielleicht ist sie ja nur vorübergehend da«, erwiderte Stefan gleichmütig und ordnete seine Unterlagen.

»Du hast ja nimmer mitbekommen, wie die Laura sich gemausert hat. Sie wird allgemein nur noch ›die schöne Laura‹ genannt. Und wenn ich meine Therese net hätte, könnte ich schon schwach werden …«

Ferdl, der sonst immer so vernünftig war, hatte plötzlich einen Ausdruck im Gesicht, der Stefan überhaupt nicht gefiel.

»Da ist sie wohl net ihrem Vater nachgeschlagen. Vielleicht aber vom Charakter her«, wandte Stefan ein.

»Du kennst sie halt net«, gab Ferdl zurück und schien sich seiner Aufwallung nun eher zu schämen.

Stefan sah sich in der Gaststube des »Hirschen« um, die ihm seit seiner Rückkehr zu einer Art Heimstatt geworden war. Die Wirtsleute hatten zwar renoviert, doch war es ihnen gelungen, den ursprünglichen Charakter zu erhalten. Die dunkle Balkendecke und die Wandvertäfelung wirkten anheimelnd, auch die rustikalen Tische und Stühle, die kunstvolles Schnitzwerk aufwiesen, waren nicht ausgetauscht worden. Geweihe und sepiabraune Bilder von besonderen Dorfereignissen schmückten die Wände, was auf die Touristen, die sich hierher verirrten, besonderen Eindruck machte.

Zu dieser vorgerückten Stunde saßen nur noch ein paar alte Krauterer, auf die zu Hause niemand mehr wartete, an ihren Plätzen, die Gespräche waren schon lange verstummt. Stefan hätte gerne noch ein Weißes bestellt, doch er spürte, dass es Ferdl nach Hause zog, zu seiner Familie. Und so sagte er nur knapp: »Bis zum Wochenende halt. Grüße an die Therese.«

Die Freunde trennten sich vor dem Gasthaus und gingen in verschiedene Richtungen davon. Stefan marschierte mit gleichmäßigen Schritten durch die mondhelle Frühsommernacht entlang der Landstraße, dann nahm er eine Abzweigung, die zum Weilbacher-Hof führte.

Als er die Umrisse des Hofes vor sich aufwachsen sah, ergriff ihn eine jähe Beklemmung, und er musste sich dazu zwingen, den Hofplatz zu überqueren. Kein Hund bellte, um ihn zu begrüßen, kein Lichtschein fiel tröstlich aus dem Wohnhaus, nur der große Hausbaum dahinter rauschte im Nachtwind auf.

Totenstille herrschte auf dem Weilbacher-Hof.

Stefan fuhr unwillkürlich zusammen, als die Haustür beim Öffnen ein lautes Schnarren von sich gab, obwohl dies ein vertrauter Laut war. Dann betrat er eilig die Wohnstube und schaltete Licht an. Er legte die Unterlagen auf den großen runden Tisch, an dem sich schon seine Vorfahren zum gemeinsamen Essen versammelt hatten. Auch die übrigen Möbel waren Erbstücke, die Kredenz und als auch die bunt bemalte Truhe, die zu dem Eckschrank passte. Ein großer Kachelofen mit einer umlaufenden Bank verbreitete im Winter angenehme Wärme und Gemütlichkeit.

Es war ein behaglicher Raum, voll von Kindheitserinnerungen, doch jetzt strahlte er Verlassenheit aus, obwohl Stefan ihn sorgfältig in Ordnung hielt, wie alles Übrige auch. Früher hatte hier ein richtiges Familienleben geherrscht, denn die Weilbachers waren immer gastfreundliche Leute gewesen.

Seine Eltern hatten sich eigentlich eine große Familie gewünscht, doch ihre Ehe war lange kinderlos geblieben. Umso größer war ihre Freude, als schließlich nach Jahren vergeblichen Wartens doch noch ein Sohn geboren wurde. Doch seine Mutter blieb nach der schwierigen Geburt kränklich, und weitere Kinder blieben ihnen versagt.

Doch die Weilbacher-Bäuerin ließ sich nie etwas anmerken, wenn sie Schmerzen plagten, und so verbrachte Stefan eine schöne Kindheit. Nachbarn und Verwandte kamen zu Besuch, seine Schulfreunde, allen voran Ferdl, waren immer gern gesehen. Schöne Stunden, die sich ihm unauslöschlich eingeprägt hatten …

Stefan trat an die Kredenz, wo das silbergerahmte Hochzeitsbild seiner Eltern einen Ehrenplatz innehatte. Was für ein schönes Paar sie gewesen waren! Sein Vater, hochgewachsen und stattlich, ein glückliches Leuchten lag auf seinen markanten Zügen. Daneben seine Mutter, madonnenhaft schön, mit einem schüchternen Lächeln um den Mund. Sie ging ihm nur bis zur Schulter, doch die aufwendige Hochzeitskrone glich den Größenunterschied aus.

Wie geschaffen füreinander waren sie gewesen, liebten sich innig, und nie hatte Stefan gehört, dass ein böses Wort zwischen ihnen fiel. Umso mehr hatte es seine Mutter getroffen, als ihr Mann einem furchtbaren Unglücksfall zum Opfer fiel. Als er ein Waldstück, das zu ihrem Besitz gehörte, durchschritt, erhob sich ein plötzliches Unwetter, und er wurde von einem herabstürzenden Ast erschlagen.

Der Tod ihres Mannes ließ jeden Lebenswillen in Maria Weilbacher erlöschen. Selbst die Anwesenheit ihres Sohnes konnte sie nicht trösten, und eines Morgens wachte sie nicht mehr auf. Der Arzt konnte nur noch plötzliches Herzversagen feststellen, und bei der Beerdigung flüsterten die Dörfler einander wissend zu: »Es hat ihr das Herz gebrochen, dass ihr Mann so früh von ihr hat gehen müssen. Die beiden konnten net ohne einander leben.«

Wie immer, wenn er die Bilder, die seine Eltern zeigten, betrachtete, stiegen Stefan Tränen in die Augen. Wie sehr sie sich geliebt hatten! Und dann empfand er nicht nur Trauer über ihren Verlust, sondern auch tiefe Einsamkeit. Ob er jemals eine Frau finden würde, die ihn so liebte, wie seine Mutter ihren Mann geliebt hatte? Eine Frau, die vorbehaltlos zu ihm stand und alles mit ihm teilte, selbst wenn schwere Tage zu bewältigen wären.

Denn es lastete noch eine weitere Bürde auf Stefan Weilbachers Schultern. Als er nach Hause zurückgekommen war, in der Hoffnung, einen gut geführten Hof übernehmen zu können, musste er feststellen, dass von dem einstigen Wohlstand nichts mehr übrig geblieben war. Missernten, veraltetes technisches Gerät, vor allem aber eine ungünstige Anlage, zu der man seinen Vater verleitet hatte, waren die Gründe für den Niedergang des Hofes.

Stefan war davon überzeugt, dass sein Vater die Dinge wieder ins Lot gebracht hätte, wenn er am Leben geblieben wäre. Seine Mutter jedoch war völlig überfordert gewesen und hatte nicht erkannt, dass der Hof auf den wirtschaftlichen Ruin zusteuerte. Oder sie hatte es gewusst und wollte Stefan kurz vor seinem Examen nicht damit belasten.

Jedenfalls war sein Traum, den Hof auf biologischen Anbau umzustellen, sofort zerstoben. Die kleinen Lebensversicherungen, die seine Eltern hinterlassen hatten, reichten nur dazu aus, dass er eine Weile überdauern konnte, an Neuerungen war nicht zu denken.

Vielleicht würde er das Waldstück, in dem sein Vater zu Tode gekommen war, verkaufen … Stefan seufzte und versuchte, die bedrückenden Gedanken zu verbannen, denn sonst würde er keinen Schlaf finden. Er ging in die Küche und trank noch etwas, dann ging er zu Bett und schlief gleich darauf ein.

Nachts wurde er von einem unheimlichen schabenden Geräusch geweckt, und es dauerte eine Weile, bis ihm klar war, woher es stammte. Der Nachtwind hatte sich verstärkt, und die Äste des Ahorns schlugen an die Hauswand. Außerdem fiel das Licht des Vollmonds auf sein Bett, er hatte vergessen, die Vorhänge zuzuziehen. Stefan stand auf und trat ans Fenster.

Es schien ein Wetter aufzukommen, immer wieder jagten Wolken über den Himmel, ehe das Mondlicht wieder hervorbrach. Das dunkle Gebirgsmassiv, das das Hochtal umgab, ragte drohend empor, hin und wieder glitzerten die Gletscher auf. Stefan zog die Vorhänge vor und kehrte ins Bett zurück, aber er konnte nicht wieder einschlafen. Der Wind rauschte auf, eine Schindel löste sich und zerbarst krachend auf dem Hofplatz, das Haus schien zu ächzen.

Er lag auf dem Rücken und lauschte auf die Geräusche. Gleichzeitig ging ihm das Gespräch durch den Sinn, das er mit seinem Freund geführt hatte. Die schöne Laura …

Eigenartig, dass er jetzt daran dachte. Er besaß nur eine schwache Erinnerung an die Bürgermeisterstochter, die damals noch ein halbes Kind gewesen war, als er sein Studium in der Stadt begonnen hatte. Ein linkisches Mädchen war sie gewesen, das ihm immer verschlossen und übellaunig vorgekommen war. Sie versprach keineswegs eine Schönheit zu werden, denn sie war viel zu mager gewesen, und ihre schwarzen Haare hatten ihr immer eigenartig vom Kopf abgestanden.

Aber inzwischen musste sich ja etwas Erstaunliches ereignet haben, dass selbst Ferdl, der seiner Therese treu ergeben war, in Wallung geriet. Eigentlich mochte er nichts mit den Lenhofers zu tun haben, denn mit dem Bürgermeister stand er auf dem Kriegsfuß. Es hieß, dass Lenhofer seine Tochter maßlos verwöhnt und immer Entschuldigungen für ihr schlechtes Benehmen gefunden hätte.

Laura war das einzige Kind des Bürgermeisters, der seine Frau, von der alle mit Hochachtung sprachen, früh verloren hatte. Wahrscheinlich hatte die Tochter ihr Äußeres von ihr geerbt, denn Elisabeth Lenhofer war von ganz besonderer Schönheit gewesen. Lenhofer, der sonst nicht von großer Gemütstiefe war, hatte sehr um sie getrauert und weigerte sich, ihr eine Nachfolgerin zu geben.

»Nun, ich werde sie ja spätestens an Johanni sehen. Dann werde ich wissen, was es mit ihr auf sich hat«, murmelte er vor sich hin.

Er durchdachte noch einmal Einzelheiten der Vorbereitung für das Johannisfeuer, denn er neigte dazu, die Dinge allzu gründlich anzugehen. Dann verwirrten sich seine Gedanken, und er versank endlich in einem tiefen Schlaf.

***

»Nun, kann ich mich sehen lassen?«

Laura Lenhofer drehte sich kokett im Kreis, dass der Rock ihres seidenen Festtagsdirndls weit hochschwang und ihre schlanken, wohlgeformten Beine freigab.

Ihre Cousine Rebekka Schwaiger lachte.

»Das fragst du noch! Die Burschen werden sich die Hälse nach dir verdrehen. Das Grün steht dir besonders gut, es passt zu deinen dunklen Haaren.«

Laura lächelte befriedigt, denn Rebekka war immer aufrichtig, wenn sie ihre Meinung kundtat, und kannte keinen Neid. Und genau diese Eigenschaften waren es, die die beiden Mädchen immer zusammengeschmiedet hatte, denn Lauras Schönheit und ihr reicher, einflussreicher Vater forderten nur zu oft Missgunst und Feindseligkeit heraus.

Das ging Laura in diesem Augenblick durch den Sinn, und spontan umarmte sie ihre Cousine, die auch ihre beste Freundin war.

»Dein Kleid zerknittert ja ganz«, rief Rebekka erschrocken aus.

»Das macht nichts. Du bist halt die Beste.«

Laura trat noch einmal vor den Spiegel und zupfte sich ein paar Löckchen zurecht, die ihre hohe Stirn umspielten. Was sie sah, gefiel ihr. Die dunklen Haare, die großen, ebenfalls dunklen Augen, die schmale Nase und der volle Mund.

Dazu eine schlanke, biegsame Gestalt, die in dem grünen Dirndl mit aufwendiger goldfarbener Stickerei am Mieder besonders gut zur Geltung kam. Laura trug keinen großartigen Schmuck dazu, nur eine dünne Goldkette, die sie von der so innig geliebten Mutter geerbt hatte und niemals ablegte.

Rebekka war ebenfalls ein schönes junges Mädchen, wenn sie auch auf den ersten Blick hinter Laura zurücktrat. Ihre Schönheit war anderer Art, verhaltener, doch umso beseelter. Auch sie hatte regelmäßige Züge, die jedoch zarter wirkten. Sanfte blaue Augen beherrschten ihr Gesicht, der blassrote Mund war lieblich geschwungen. Die silbrig blonden Haare hatte sie aufgesteckt, sodass sie den weißen Nacken freigaben, auch sie trug als Schmuck nur ein kleines altertümliches Medaillon. Im Gegensatz zu Lauras kostspieligem Kleid war ihr dunkelblaues Dirndl mit der weißen Bluse für den festlichen Anlass fast zu schlicht, aber an ihr sah es wie etwas ganz Besonderes aus.

Die beiden Mädchen hatten sich in Lauras gemütlich eingerichteter Dachwohnung im Haus des Bürgermeisters zusammengefunden, um sich auf das bevorstehende Johannisfeuer vorzubereiten. Sie hatten sich seit Längerem nicht gesehen, denn Laura studierte in München und ließ sich nur noch selten in ihrem Heimatdorf blicken. Aber jetzt war sie überraschend vor Semesterende nach Hause zurückgekehrt, ohne sich über die Gründe auszulassen.

»Für dich ist das bestimmt langweilig hier auf dem Dorf. In der Stadt gibt es halt mehr Abwechslung«, sagte Rebekka zögernd.

Laura legte den Kopf schief und fuhr glättend über die Schürze, die in einem warmen Goldton schimmerte. »Das stimmt schon. Aber das Johannisfest war immer einer der Höhepunkte des Jahres, und so etwas vergisst man net«, sagte sie unbestimmt.

»Willst jetzt eigentlich für immer bleiben?«

Laura zuckte die Schultern. »Es ist letztes Semester net gut gelaufen für mich. Ich hab keinen einzigen Schein geschafft. Jetzt werde ich mich erst mal erholen von dem ganzen Ärger. Bis zum Wintersemester hab ich ja Zeit genug, mir zu überlegen, wie es weitergehen soll.«