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In diesem Ratgeber gibt der Autor sein langjährig erworbenes und gesammeltes theoretisches und praktisches Wissen während seiner Tätigkeit als gewählte Hauptvertrauensperson der Menschen mit Behinderung (Hauptschwerbehindertenvertretung) in einem Landesministerium in Sachsen-Anhalt sowie als als gewählte örtliche Vertrauensperson für Menschen mit Behinderung in diesem Ministerium selbst in diesem kleinen Ratgeber weiter und hofft dabei, dass seine Erfahrungen neu gewählten Schwerbehindertenvertretungen helfen, ihre Arbeit mit sehr guter Kompetenz und besserem Wissen zu erledigen. Diese Buch enthält Ratschlage und Tipps, sowie Grundlagen und Hinweise zur Tätigkeit als SBV. Am Ende dieses kleinen Ratgebers hat der Autor als zusätzlichen Bonus seine bisher auf seiner Homepage für Inklusion (www.inklusionsspiegel.de) erschienenen interessanten und kontroversen Essays zur Inklusion, Barrierefreiheit, Ableismus und weiteren Themen mit veröffentlicht.
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Seitenzahl: 167
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Vorwort
Einführung in die Schwerbehindertenvertretung
Rechtliche Grundlagen
Behindert, schwerbehindert oder gleichgestellt was bedeuten die Begriffe und was ist zu tun?
Der Schwerbehindertenausweis
Die Merkzeichen und was bedeuten sie.
Die Besonderheiten beim Bewerbungs- und Einstellungsverfahren – Was habe ich als SBV zu beachten?
Schwerbehinderte im Arbeitsverhältnis – Was ist zu beachten?
Die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung: Eine wichtige Rolle für Inklusion und Gleichberechtigung
Herausforderungen und Chancen als SBV
Datenschutz in der SBV-Arbeit - der vertrauensvolle Umgang mit personenbezogenen Daten
Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung
Kleine Essays über die Inklusion und Barrierefreiheit
Als ich vor einigen Jahren zum 1.Stellvertreter der Vertrauensperson der Menschen mit Behinderung (Schwerbehindertenvertretung) in einem Landesministerium gewählt wurde, konnte ich das gesamte Umfeld dieser verantwortungsvollen Aufgabe nicht einmal ansatzweise überblicken. Gleich nach der Wahl erkrankte meine Vertrauensperson und ging auf Grund dessen in den Ruhestand.
Nun saß ich erst einmal als nun tätige Vertrauensperson allein da, mit allen Aufgaben und lernte täglich dazu, während ich diese Aufgabe ausfüllte. Heute bin ich immer noch gewählte Schwerbehindertenvertretung und ebenso gewählte Hautschwerbehindertenvertretung und vertrete landesweit den Geschäftsbereich meines Ministeriums und es ist mir immer mehr zur Herzenssache geworden.
Zusätzlich zu meiner Arbeit vertrete ich ehrenamtlich im Allgemeinen Behindertenverband in Sachsen-Anhalt e.V. und im zugehörigen Bundesverband, dem Allgemeinen Behindertenverband in Deutschland e.V., die Rechte der Menschen mit Behinderung. Ebenso bin ich im Bund der Schwerbehindertenvertretungen e.V. sowie als zertifizierter Barrierescout unterwegs und strebe danach, die Inklusion in Deutschland mit all meinen Möglichkeiten mit umzusetzen.
Jetzt entschloss ich mich nun, mein bisher erworbenes und gesammeltes Wissen in dies kleine Büchlein zu stecken und hoffe, dass diese Erfahrung neu gewählten Schwerbehindertenvertretungen hilft, Ihre Arbeit mit etwas mehr Kompetenz und Wissen zu erledigen. Mir hätte es damals sehr geholfen.
Am Ende dieses kleinen Büchleins habe ich meine Essays zur Inklusion und weiteren Themen mit veröffentlicht. Ergeben hat sich dies aus meiner eigenen Inklusions-Homepage www.inklusionsspiegel.de.
Den geneigten Lesern wünsche ich nun viel Freude und Wissenserweiterung oder -vertiefung beim Lesen und würde mich freuen, wenn es ihnen etwas hilft, diese Aufgabe mit der gleichen Freude zu bewältigen.
Die Überschrift ist von mir bewusst etwas provokant gewählt. Natürlich gibt es auch Vertrauenspersonen, die trotz der nicht vollständigen Erfüllung der von mir gewünschten Eigenschaften eine gute Arbeit verrichten.
Aber aus meiner Sicht sollte eine gute Vertrauensperson sehr emphatisch sein. Sie sollte die Sorgen und Nöte der Mitkolleginnen und Mitkollegen zwar wertungsfrei, aber mit der richtigen Portion Mitgefühl verstehen und nachvollziehen können. Vor allem sollte sie gut und unterbrechungsfrei zuhören können und ausgesprochen emphatisch kommunikativ sein. Aus meiner Erfahrung geht es vielen Kolleginnen und Kollegen schon deutlich besser, wenn Sie ihre Probleme vor jemanden „ausbreiten“ können, der zuhört, den Eindruck des Verstehens erweckt und am Ende des Gesprächs auch noch gute Ratschläge oder Hilfeleistungen anbietet.
Eine gute Vertrauensperson sollte vor allem auch neugierig sein, offen gegenüber allen Absonderlichkeiten, wissensdurstig und schnell aufnahmefähig und einen sensiblen Gerechtigkeitssinn haben. Sie sollte schnell und aufgeschlossen lernen wollen und können und sich zügig in die Materie einarbeiten. Die „Klienten“ erwarten dies meist ab der ersten Minute nach der Wahl.
Aber daraus folgend, seien sie nun bitte nicht abgeschreckt. Auch ich musste lernen. Und jeder von ihnen wird es ebenfalls schaffen. Die größte Freude bei der Arbeit besteht für mich insbesondere darin, wenn man tatsächlich etwas für die Menschen erreicht und ihnen freudig und kompetent hilft. Keine andere Arbeit geht darüber hinaus, Menschen helfen zu können.
Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Schwerbehindertenvertretung die Eigenschaften aufweisen sollte, die auch jeder gute Vorgesetzte oder jede gute Mitarbeiterin, jeder gute Mitarbeiter einer Personalabteilung aufweisen sollte.
Wäre das aber tatsächlich so, würde sich die Arbeit der Vertrauensperson in vielen Fällen von selbst erledigen.
Das Ziel unserer Arbeit als Schwerbehindertenvertretung (SBV) besteht darin, die Interessen und Belange von schwerbehinderten Menschen im Betrieb zu vertreten und zu unterstützen. Die SBV setzt sich dafür ein, dass schwerbehinderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichberechtigt behandelt werden, ihre Rechte gewahrt bleiben und sie die notwendige Unterstützung erhalten, um erfolgreich im Arbeitsleben zu bestehen. Die SBV arbeitet dabei eng mit der Behördenleitung, dem Personalrat und anderen relevanten Stellen zusammen, um die Inklusion von schwerbehinderten Menschen in der Behörde zu fördern und Barrieren abzubauen. Letztendlich strebt die SBV danach, ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle Beschäftigten ihr volles Potenzial entfalten können.
Die Schwerbehindertenvertretung ist die zentrale Institution in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, die sich für die Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Ihre Aufgaben sind vielfältig und tragen dazu bei, die Arbeitsbedingungen für betroffene Beschäftigte zu verbessern.
Die Schwerbehindertenvertretung ist somit eine Interessenvertretung für schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte. Sie wird von den betroffenen Mitarbeitenden gewählt und vertritt ihre Anliegen gegenüber dem Arbeitgeber. Die SBV setzt sich für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Inklusion und Gleichberechtigung ein.
Die Schwerbehindertenvertretung im öffentlichen Dienst und in den Unternehmen spielt eine wichtige Rolle bei der Vertretung der Interessen von schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen. Durch ihre Arbeit trägt die Schwerbehindertenvertretung dazu bei, die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Dienst zu fördern und eine barrierefreie Arbeitsumgebung zu schaffen. Ich habe festgestellt, dass viele Menschen mit Behinderung aus eigener Kraft die Probleme, die in der Arbeitswelt auftreten, nicht allein bewältigen können. Sei es aus Mangel der Rechtskenntnis, sei es aus fehlenden gesundheitlichen Kraftreserven, oder aus Leistungsminderung auf Grund der Behinderung heraus. Hier kommen wir in Spiel. Wir setzen uns für die Belange der Betroffenen ein, beraten sie bei Fragen und Problemen und unterstützen sie dabei, ihre Rechte wahrzunehmen und die Möglichkeiten auszuschöpfen.
Die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung basiert auf einer Vielzahl von Methoden und einem klaren Aufbau. Zu den Methoden gehören beispielsweise die Beratung und Unterstützung von schwerbehinderten Beschäftigten, die Durchführung von Schulungen und Informationsveranstaltungen, die Zusammenarbeit mit dem Personalrat und anderen Gremien sowie die Teilnahme an Personalgesprächen und Verhandlungen.
Der Aufbau der Arbeit der SBV umfasst die Wahl einer oder mehrerer Vertreterinnen oder Vertreter, die regelmäßige Kommunikation mit den betroffenen Beschäftigten, die Zusammenarbeit mit anderen Interessengruppen in der Behörde sowie die Einbindung in Entscheidungsprozesse und Maßnahmen zur Förderung der Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Durch eine strukturierte Vorgehensweise und eine enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten kann die SBV effektiv die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten vertreten und positive Veränderungen in jeder Einrichtung bewirken.
Hier möchte ich einige allgemeine Tipps geben, die mir auch geholfen haben.
Suchen Sie als erstes das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten Informieren Sie als ersten Schritt Ihre Führungskraft darüber, dass Sie zur Schwerbehindertenvertretung gewählt worden sind und zukünftig die notwendigen Aufgaben neben Ihrer beruflichen Tätigkeit ausüben werden. Sie sollten auch gleich klären, wie zukünftig die Abmeldung erfolgen soll, wenn Sie als SBV tätig werden.
Stellen Sie sich dann in der Personalabteilung als SBV vor. Fragen Sie, wer vom Arbeitgeber zum Inklusionsbeauftragten bestimmt wurde und somit Ihr künftiger Ansprechpartner ist. (Der Inklusionsbeauftragte vertritt den Arbeitgeber in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen im Betrieb; oftmals wird diese Aufgabe auch von der Personalabteilung „miterledigt“).
Lassen Sie sich eine aktuelle Liste der schwerbehinderten und gleichgestellten Mitarbeiter im Betrieb geben. Sie benötigen dieses Verzeichnis, um ihren Aufgaben nachzukommen.
Klären Sie außerdem mit der Personalabteilung, welche Räumlichkeiten Sie für das Amt nutzen können. Ideal ist ein eigenes SBV-Büro. Wenn möglich, sollte es nicht „im Zentrum des Geschehens“ liegen und für die Kollegen nicht einsehbar sein. Das Gesetz sieht vor, dass Sie die Räumlichkeiten des Betriebsrats auch für Ihre Arbeit nutzen können, sofern Ihnen keine eigenen Räume zur Verfügung gestellt werden.
Ein wichtiger Grundsatz in Ihrer Arbeit ist die Wahrung der Vertraulichkeit und der Geheimhaltung. Daher benötigen Sie einen abschließbaren Schrank für Ihre Unterlagen und ein Passwort für ihren Computer. Außerdem müssen Sie telefonisch und per E-Mail erreichbar sein. Lassen Sie sich also eine E-Mail-Adresse und Rufnummer speziell für Ihr SBV-Amt einrichten.
Eine regelmäßige SBV-Sprechstunde ist wichtig! So können Ihre Kollegen in einem geschützten Raum persönlich mit Ihnen sprechen und Ihren Rat suchen. Denken Sie daran: Auch Kollegen, die ihre (Schwer-)Behinderung bisher nicht kommuniziert haben, finden so die Möglichkeit, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Stellen Sie sich bei den Kollegen vor und geben Sie an, wie Sie zu erreichen sind (Zimmernummer, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Sprechstundenzeiten). Nutzen Sie dafür zum Beispiel einen Aushang am Schwarzen Brett oder versenden Sie eine Meldung im Intranet.
Der Betriebsrat oder Personalrat ist Ihr wichtigster Verbündeter! Stellen Sie sich beim Vorsitzenden des Gremiums vor und bitten Sie ihn, Ihnen zukünftig die Einladungen zu allen Betriebsratssitzungen und Ausschüssen an Ihre SBV-Adresse zu schicken.
Informieren Sie sich über mögliche Arbeitsgruppen, zum Beispiel die Arbeitsgruppe für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Als SBV können Sie an sämtlichen Sitzungen der Ausschüsse oder arbeitsgruppenberatend teilnehmen. Nehmen Sie Kontakt mit dem Betriebsarzt bzw. dem Arbeitssicherheitsbeauftragten auf und stellen Sie sich kurz vor. Bei Fragen rund um die Antragstellung zur Feststellung einer Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung oder bei der Einrichtung von behindertengerechten Arbeitsplätzen können Sie von dieser Seite ggf. wertvolle Unterstützung erhalten.
Ohne Wissen ist keine erfolgreiche SBV-Arbeit möglich, denn um ihre eigenen Rechte und die Ihrer schwerbehinderten Kollegen zu vertreten, müssen Sie diese erst einmal kennen. Deshalb haben Sie als Vertrauensperson einen Anspruch auf Schulung. Nutzen sie jede Gelegenheit ihr Wissen zu erweitern.
Im Rahmen Ihrer Tätigkeit als SBV werden Sie in Kontakt mit verschiedenen Behörden und Ämtern kommen. Die wichtigsten sind das Integrationsamt, die Arbeitsagentur und das Versorgungsamt. Oftmals können die Mitarbeiter in diesen Ämtern Sie bei Ihrer Arbeit unterstützen. Informieren Sie sich daher, wo die Behörden bei Ihnen in der Region ihren Sitz haben und notieren Sie sich die Kontaktdaten Ihrer Ansprechpartner.
Sie können in Ihrer Amtszeit als SBV einiges erreichen! Überlegen Sie, wie helfen Sie den Menschen in Ihrem Betrieb? Wo „hakt“ es noch bei der Inklusion? Welche Maßnahmen könnten behinderungsbedingte Probleme am Arbeitsplatz verhindern? Nutzen Sie die Möglichkeit, Ihr Amt aktiv zu gestalten und nicht nur Aufgaben „abzuarbeiten“.