Alte Hausmärchen - Humorvoll, spannend und zeitgemäß für Erwachsene neu erzählt, Band 1 - Jörn Kolder - E-Book

Alte Hausmärchen - Humorvoll, spannend und zeitgemäß für Erwachsene neu erzählt, Band 1 E-Book

Jörn Kolder

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Beschreibung

Märchen haben fast alle Menschen durch die Kinder- und Jugendzeit begleitet. Manche haben uns traurig gestimmt, andere erschreckt, und einige zum Nachdenken angeregt. Allen aber war gemein, dass sie die Phantasie sehr befördert und die Geschichten uns gefesselt haben. In diesem Buch werden einige der althergebrachten Erzählungen mit einem hohen Verfremdungsgrad in die Jetztzeit übertragen. Die einzelnen Märchen sind in eine durchgängige Handlung eingebunden, so dass manche der Protagonisten der Geschichten an mehreren Stellen und in unterschiedlichen Situationen auftauchen und die einzelnen Märchen in einem gemeinsamen und spannenden Handlungsstrang miteinander verwoben werden. Dass man die früher durchaus ernst gemeinten Aussagen der Märchen auch humorvoll interpretieren kann, ist eines der Hauptanliegen dieses Buches. Jedem der Märchen sind Kernaussagen vorangestellt und selbstverständlich wird auch eine zeitgemäße Moral der Geschichte formuliert. Tauchen Sie ein in Geschichten, die locker präsentiert werden, aber auch dem Sinn der Märchen Rechnung tragen: nämlich zum Nachdenken über menschliches Verhalten anzuregen.

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Impressum

Alte Hausmärchen - Humorvoll, spannend und zeitgemäß für Erwachsene neu erzählt

Band 1

Copyright: © 2016 Jörn Kolder

Coverphoto: © 2013 Mathias Kentrup

published by: epubli GmbH, Berlin

www. epubli.de

Klein, aber oho!

Seltsamen Fremden sollte man misstrauisch gegenüber treten

Wer angibt, hat mehr vom Leben

Eine Frau will erobert werden

Man sollte sich selbst so nehmen, wie man ist!

Ein Verdacht

Der Dienst am Vaterland ist ehrenvoll, kann aber gefährlich sein

Zuviel Fernsehen und Ablenkung versaut die Jugend

Dem Mordanschlag entgangen

Ehrlich währt am Längsten

Illegale Tätigkeiten erfordern besondere Fertigkeiten

Stiefmütter können nerven

Ein ganz gewöhnlicher Tag im Altersheim

Der Arbeitsunfall und die Zustände im Krankenhaus

Gemeinsam bekommt man mehr auf die Reihe, besonders ohne Frauen

Die Abkommandierung

Kleine Schuhgrößen schonen die Haushaltkasse

Kegelabend

Das Schlachtfest

Der zweite Auftrag

Verzweiflung

Das Komplott

Schlechte Ausgangssituation oder der Beginn einer tiefen Feindschaft

Der unheimliche Fremde

An Bord der Fregatte

Lange Bärte sind unpraktisch

Fluchtort

Unverschämte Forderungen

Der dritte Auftrag

Der Weg zur Polizei mit Hindernissen

Mann über Bord

Gefahr im Verzug

Auszug der Eltern

Vermisstenmeldung

Rettung aus Seenot, Abtauchen und ein peinlicher Schadensfall

Das erste Casting

Das traurige Mädchen

Die Wollmanns werden kultiviert

Zu viele Fragen und deren Konsequenzen oder warum müssen Frauen immer so neugierig sein

Das zweite Casting

Der Wettbewerb

Der Überraschungsgast

Ein charakterstarker Mann

Beste Umgangsformen

Das dritte Casting

Das tollwutkranke Reh und das Ende einer Bache

Der Beginn einer Liebe

Das Agreement

Die Eskalation einer verkorksten Situation

Unverhoffter Reichtum

Der verzweifelte Aufruf

Beinahe geröstet

Neue Hoffnung und der erste (misslungene) Anschlag

Alkohol in Mas(s)en

Das dunkle Geheimnis der Else Baumann

Showdown in der Gartenkolonie

Eine furchtbare Entdeckung oder die Wut wächst ins Unermessliche

Noch einmal davon gekommen

Die Ernüchterung

Der gestresste Kugelfisch

Die Heilung des Olaf Furcht

Der listige Glaser

Zuviel zerreißt den Sack

Das missglückte Abendessen oder ein bedauerliches Missverständnis

Showdown in der Behörde

Neue, mörderische Ideen

Wieder in der Inneren

Die Erpressung

Die Wählerische und die Folgen ihres Verhaltens

Der zweite (tödliche) Anschlag

Die Beunruhigung oder Kevin erreicht niemanden zu Hause

Der Eindringling

Die kulinarische Katastrophe

Der Lohn der Mühen oder Männer packen´s eben auch allein

Schmutzige Geschäfte lohnen sich nicht

Ein weiteres Mal in der Inneren

Der Altar im Berg

Die Wandlung eines Grobians und eine sensationelle Entdeckung

Rettung durch medizinische Kohle

Neue Herausforderungen

Traue keinem, der sich die Haare färbt

Frieder Oggermann als Mäzen

Sensationelle Auferstehung des Opfers und tragisches Ende einer Kriminellen

Tod einer aufgebrachten Frau, die sich nicht mehr im Griff hat

Männer haben ein weiches Herz

Die Weihnachtsüberraschungen

Die verkannten Handwerker

Sozialer Abstieg oder ist das eklig!

Die Neugier wächst

On the Road

Zarte Liebe keimt oder die Bändigung eines Workaholic

Arbeitsdienst

Die Kammer des Schreckens

Der Unfall

Markttag

Der Held

Der schönste Tag des Lebens

Eine Lehre und Vergebung

Die Familienfeier

Im Krankenhaus

Sechs Jahre später

Klein, aber oho!

Kleinwüchsiges Mitglied einer Großfamilie wird von seinen Brüdern gemobbt

Eltern geraten nicht ganz unverschuldet in Hartz IV und verlassen die Bedarfsgemeinschaft der Kinder

Kleinwüchsiger entpuppt sich als mental stark und lenkt die Geschicke der Brüder

Mitglieder der Großfamilie (ohne Eltern) interessieren sich für junge Frauen eines anderen Clans

Vater dieses Clans ist strikt gegen so eine Verbindung und entwickelt kriminelle Energie bis hin zum geplanten vorsätzlichen Totschlag

Kleinwüchsiger rettet die Situation und bringt gegnerischen Clan Chef wieder auf den richtigen Weg

Eine sensationelle Entdeckung führt beim Clan Chef zum Mäzenatentum

Die Leiden des jungen W.

Es war einmal ein armer Korbmacher, der hatte mit seiner Frau sieben Jungen, da war immer einer kleiner als der andere. Zwar ist der Kleinste hernach noch etwas gewachsen, doch nicht gar zu sehr. Doch war es ein gar kluger und pfiffiger kleiner Knirps, der an Gewandtheit und Schlauheit seine Brüder alle in den Sack steckte. (1)

Alle Versuche seines Arztes ihn zu überzeugen, dass er aus medizinischer Sicht nicht kleinwüchsig sei, waren in den vergangenen Jahren fehlgeschlagen. Bernd Wollmann war der festen Überzeugung, dass der Mediziner ihn, aus welchen Gründen auch immer, nach Strich und Faden belog. Mit dreiundzwanzig Jahren maß der junge Mann einen Meter und siebenundvierzig Zentimeter, für ihn ein eindeutiges Indiz, dass er unter Mikrosomie, also Kleinwüchsigkeit, litt. Er wurde in dieser Auffassung auch noch dadurch bestärkt, dass in seiner Familie, ihn eingeschlossen, sieben Jungen zur Welt gekommen waren, von denen kein einziger der anderen diese Besonderheit aufwies, im Gegenteil: seine sechs Brüder waren allesamt größer und kräftiger gebaut als er, scheinbar hatten sie die Gene ihres Vaters mitbekommen. Paul Wollmann war jetzt fünfundfünfzig Jahre alt. Zusammen mit Hilda, seiner Frau, hatte er regelmäßig aller zwei Jahre ein Kind gezeugt weil er der Überzeugung war, dass die Söhne ihn im Alter versorgen würden und der von ihm ausgeübte Beruf ihn wegen seiner körperlichen Belastung möglicherweise früher als andere aufs Altenteil schicken würde (er war Gerüstbauer). Mit dieser Profession konnte er natürlich keine Reichtümer anhäufen, zumal Hilda die ganzen Jahre zu Hause blieb, um sich der Erziehung der Kinder zu widmen. Paul Wollmann war ein schlichter Mann aber er verstand es sehr gut, die Segnungen des Sozialstaates in Anspruch zu nehmen, so dass die Familie zwar bescheiden, aber nicht in Armut leben musste und damit auch zwei PC mit Internetanschlüssen bereitstanden, um deren Nutzung die Jungen fortwährend konkurrierten.

Bernd Wollmann fiel es schwer sich gegen seine kräftigen Brüder durchzusetzen, er reichte ihnen kaum bis zur Brust und die muskulösen jungen Männer schubsten ihn mühelos weg, wenn er an einem der Computer Platz nehmen wollte. „Troll dich, du Zwerg“ und „Hier scheint jemand zu sein, aber ich sehe ihn nicht“ waren die noch harmlosen Sprüche, die er erleiden musste. Anders als seine Brüder verfügte Bernd über eine wache Intelligenz, so dass er nicht wie sie Maurer, Tischler, Straßenbauer oder Kraftfahrer wurde sondern seine Ausbildung zum Bürokaufmann mit Bravour absolvierte und zusätzlich ein mehrjähriges Fernstudium als Wirtschaftsingenieur abschloss. In der Familie wurde dies jedoch überhaupt nicht gewürdigt. Man hielt viel darauf als richtiger Kerl ordentlich ranzuklotzen und Muskelpakete wesentlich wichtiger als Verstand zu betrachten (auch Paul Wollmann dachte so und er schätzte seinen jüngsten Sohn nicht sonderlich, aber eigentlich quälten ihn Selbstzweifel, weil er Hilda insgeheim einen Seitensprung unterstellte, denn Bernd konnte nichtvon ihm gezeugt worden sein, so wie er aussah und sich verhielt). Hilda Wollmann (die Mutter) beobachtete die Entwicklung von Bernd jedoch mit Freude. Er war der erste, der in der langen Familientradition Akademiker wurde. Sie wagte es allerdings nicht das vor den anderen zu artikulieren, weil diese dann sofort kübelweise Spott und Häme über den Kleinen (wie sie ihn liebevoll für sich nannte) ausschütten würden, denn in ihren Augen war er wegen seiner schwachen Konstitution vollkommen lebensuntauglich, er würde nicht einmal eine Prügelei (in die die anderen regelmäßig bei ihren Kneipenbesuchen verwickelt waren) überstehen können.

Die schwere körperliche Arbeit der anderen und ihr ausschweifendes Leben führte dazu, dass sie meist zeitig zu Bett gingen (wenn sie nicht gerade wieder Händel in einer Kneipe suchten), nicht ohne davor noch eine Runde Killerspiele zu zocken oder sich auf schlüpfrigen Internetseiten herumzutreiben, dann kam Bernds Zeit, in der er sich am PC beschäftigen konnte. Die Anforderungen seiner Arbeitsstelle (einer Behörde) waren nicht sonderlich hoch, so dass er deutlich ausgeruhter als die anderen war und seine seit langem bestehenden Schlafprobleme ihn ohnehin noch lange wach hielten.

Wenn die Familie am Wochenende zum Mittag saß drängten sich die muskulösen jungen Männer um den Tisch. Die Stirnseiten gebührten Paul und Hilda Wollmann und Bernd musste mit einem Platz nahe dem Eingang zu einer der Toiletten der Wohnung Vorlieb nehmen (man verfügte über drei, die waren auch erforderlich, denn wenn die Brüder früh gleichzeitig aufstanden herrschte großer Ansturm und auch bei der Rückkehr von ihren Kneipenrunden war entsprechender Nutzungsbedarf vorhanden). Ansonsten herrschte keine Raumnot, denn das Gebäude in dem sie wohnten war ein ehemaliger Kindergarten, den die chronisch klamme Kommune seit Jahren nicht saniert hatte und dessen Mietpreis demzufolge für die Wollmanns erträglich war. Jeder der Brüder verfügte über ein eigenes Zimmer, die Eltern hatten ein gemeinsames Schlafzimmer und die verbleibenden Räume wurden als Lager, Kraftsportraum und Gemeinschaftsbad (mit fünf Wannen) genutzt. Die Gespräche beim Essen drehten sich vorwiegend um die Taten der Männer auf Arbeit und selbstredend wurde zum Essen ordentlich und ausdauernd Bier getrunken, nur Bernd blieb bei seiner Cola light, was ihm immer wieder mitleidige Blicke eintrug. Die Mahlzeiten waren verständlicherweise deftig und schwer, denn die jungen Männer hatten die Angewohnheit, am Sonnabendabend geschlossen die einschlägigen Lokale unsicher zu machen. Da ihr Durst mit zunehmender Tageszeit immer mehr anwuchs war eine gute Nahrungsbasis der Garant für einen erfolgreichen Abend, der nicht selten damit endete, dass der eine oder andere der Brüder die Nacht im Gewahrsam der Polizei verbringen musste, was sie in den Augen der anderen zu Helden stempelte. Der Wollmann-Clan trug seinen zweifelhaften Ruf in der Stadt mit Stolz, nur Bernd wurde nicht wahrgenommen, man ignorierte ihn schlichtweg.

Dabei war er in seiner Behörde durchaus anerkannt. Höflich, zuvorkommend und fachlich sicher wurde er von den Beschäftigten dort sehr geschätzt und insbesondere seine herausragenden analytischen und planerischen Fähigkeiten beförderten ihn die Karriereleiter immer wieder ein Stückchen höher, seine Ernennung zum Referatsleiter scheiterte lediglich an einer noch fehlenden Qualifizierung. Was er nicht wusste war, dass er seinen Aufstieg neben seiner hohen Fachlichkeit auch der Tatsache zu verdanken hatte, dass er als Quotengnom (wie ihn der ihm vorgesetzte Regierungsdirektor hämisch hinter vorgehaltener Hand nannte) missbraucht wurde. Nämlicher Regierungsdirektor war so indiskret gewesen, den Amtsarzt auf die Besonderheit von Bernd Wollmann (seine Körpergröße) hinzuweisen und dieser schlussfolgerte, ohne ihn jemals zu Gesicht bekommen zu haben, dass er damit mindestens eine Behinderung von vierzig Prozent aufwies. Bernd Wollmann selbst wäre nie auf den Gedanken gekommen einen entsprechenden Antrag zu stellen, er fühlte sich normal. In der Behörde schlug man indes so zwei Fliegen mit einer Klappe: ein fähiger Mann stieg auf und man erfüllte die vorgeschriebene Behindertenquote jetzt locker. Das Leben in der Familie von Bernd Wollmann verlief recht gleichförmig und ohne größere Verwerfungen, allerdings sollten Paul und Hilda Wollmann eines Tages ein großes Problem bekommen, bei denen ihnen ihre kräftigen und muskulösen Kinder nicht helfen konnten, nur der Kleine würde mit seinem Verstand in der Lage sein, die Situation zu beherrschen.

Seltsamen Fremden sollte man misstrauisch gegenüber treten

Großmutter leidet im Altersheim an zu geringer Speisenversorgung

Enkelin versucht Versorgungsengpässe durch Lieferungen von Nahrung und Getränken abzumildern

Unheimlicher Fremder mit seltener Krankheit bedroht Großmutter und Enkelin

Wird bei kriminellen Handlungen erwischt und soll festgenommen werden, kann aber entkommen

Findet später auf den richtigen Weg zurück und legt eine sensationelle Karriere hin

Ein problematischer Weg

Es war einmal ein kleines süßes Mädchen, das hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm:

“Komm, da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, bring das der Großmutter hinaus; sie ist krank und schwach und wird sich daran laben. Mach dich auf, bevor es heiß wird, und wenn du hinauskommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht vom Wege ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas, und die Großmutter hat nichts. Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiß nicht guten Morgen zu sagen und guck nicht erst in allen Ecken herum!” (2)

Britta Friedrich war wütend. Diese blöde Frisöse hatte ein viel zu kräftiges Rot genommen, zusammen mit ihrer Pagenfrisur (die momentan mächtig angesagt war) entstand so der Eindruck, dass sie einen farbigen Helm trug. Gerade heute sagte sie sich, wie ärgerlich, denn am Abend wollte sie ihre Großmutter, Frieda Wackerstein, besuchen, die in einem Pflegheim wohnte, welches der gewiefte Betreiber mitten im Wald errichtet hatte, so dass er mit diesem Schachzug und der daraus resultierenden Werbung („Im Herzen der Natur, nur das Beste für unsere Senioren“) das Haus ständig bis auf den letzten Platz füllen konnte.

Zweifellos verstanden die Leute dort ihren Job, denn auch die Großmutter äußerte sich sehr anerkennend über die Betreuung. Der einzige Kritikpunkt blieb die etwas knappe Verpflegung, was zwar zum Teil durch die herausragende Qualität der Speisenversorgung wettgemacht wurde, aber oft verspürte die alte Dame gerade am Abend noch einen kleinen Heißhunger. Dem Küchenleiter waren die Hände gebunden, denn die Pflegekassen versuchten fortlaufend die Kosten des Heimes zu drücken, doch das Credo des Künstlers der Speisenzubereitung (ein ehemaliger Sternekoch, der wieder Bodenständigkeit suchte) war, das Gutes eben teuer und die Menge nicht so entscheidend ist. Damit lag er in Bezug auf die erforderlichen Mengen für die überwiegende Anzahl der Senioren nicht falsch, nur Brittas Oma war als ehemalige Fleischerin eben andere Portionen gewöhnt. Es hatte sich eingebürgert, dass Britta sie an den Wochenenden besuchte und stets einen kleinen Korb mit deftigen Wurstspezialitäten füllte, darunter versteckte sie eine Flasche Rotkäppchen Sekt. Es war nicht so, dass den Heimbewohnern der Genuss von Alkohol untersagt wäre, bloß wollte das Heim dieses Geschäft lieber selbst machen.

Die junge Frau war also immer ordentlich bepackt und die ersten Male ging sie noch am ehemaligen Kindergarten vorbei, suchte sich aber bald einen anderen Weg, denn die aus den Fenstern hängenden muskulösen Männer riefen ihr Anzüglichkeiten zu und schwenkten ihre Bierflaschen. Britta Friedrich war nicht auf den Mund gefallen und gab Kontra, was die Männer offenbar noch mehr anstachelte. Als sie noch ein zweites Mal dort vorbei ging trat ein klein gewachsener junger Mann aus dem Haus und sprach sie an.

„Bernd Wollmann, ich möchte mich ausdrücklich für das Verhalten meiner Brüder entschuldigen, seien Sie bitte nicht böse, es sind halt einfache Jungs“ sagte er höflich.

„Das sind Ihre Brüder“ fragte sie überrascht „Sie sind doch so klein und die anderen wahre Riesen.“

Als sich der kleine Mann wortlos abwandte rief sie ihn nach:

„Bitte, entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht beleidigen“ aber er ging ohne sich umzudrehen wieder in das Haus.

Aus den Fenstern drang höhnisches Lachen, so dass sie die Beherrschung verlor.

„Haltet die Klappe, ihr blöden Ärsche“ rief sie ärgerlich.

„Zeig doch mal deinen, der scheint ja gar nicht schlecht zu sein“ brüllte einer betrunken zurück.

Um nicht noch mehr zu entgleisen ging sie zügig weiter, bald war sie im nahe gelegenen Wald und der Förster knatterte ihr auf seinem alten S 50 Moped entgegen, mit einem kurzen Zeichen grüßte er sie.

Auch „Hunter“, wie sich der Jäger Martin Kunze in seinen Internet-Chats nannte, war den Verbalattacken der streitlustigen Brüder fortwährend ausgesetzt aber er hatte gelernt, damit umzugehen. Eines Tages eskalierte die Sache allerdings. Als er am Haus vorbei fahren wollte bildeten die sechs Brüder eine Sperre auf dem Weg, so dass er nicht weiterfahren konnte. „Hunter“ war keineswegs ein Feigling, aber gegen diese geballte Testosteronwolke war er chancenlos. Er hatte zwei Optionen: er drehte um und nahm einen riesigen Umweg in Kauf oder spielte den starken Mann. Er entschloss sich schließlich für Letzteres. Als er die Flinte von der Schulter nahm und sie auf die Männer richtete brachen die in lautes Gelächter aus denn sie ahnten, dass die Waffe nicht geladen war. Demonstrativ griff sich „Hunter“ eine große Patrone aus seiner Tasche und lud die Waffe durch, da bröckelte die Barrikade etwas und die lautstark johlenden (und schon wieder angetrunkenen Männer) ließen ihn passieren.

Anders als „Hunter“ nahm Britta lieber einen Umweg, der sie zwar eine gute halbe Stunde mehr Zeit kostete, aber keinen Ärger mit den Wollmann Rabauken einbrachte.

Wer angibt, hat mehr vom Leben

Geschickter Gewerbetreibender prahlt gern

Legt sich mit Stärkeren an und trickst diese aus

Entgeht einem Mordanschlag und beeindruckt damit Rüpel

Liquidiert zwei riesige stadtbekannte Kriminelle ohne aufzufliegen

Muss tierische Aufträge erledigen

Soll von seiner Frau getrennt werden aber die Sache steigt doch nicht, weil er Hilfe bekommt

Der Fliegentöter vor dem „Rudi’s“

An einem Sommermorgen sass ein Gewerbetreibender auf seinem Tisch am Fenster, war guter Dinge und arbeitete aus Leibeskräften. Da kam eine Bauersfrau die Strasse herab und rief: “Gut Mus feil! Gut Mus feil!” Das klang dem Gewerbetreibender lieblich in die Ohren, er steckte sein zartes Haupt zum Fenster hinaus und rief: “Hier herauf, liebe Frau, hier wird sie ihre Ware los.” “Nun, das Mus soll mir Gott gesegnen,” rief der Gewerbetreibender, “und soll mir Kraft und Stärke geben,” holte das Brot aus dem Schrank, schnitt sich ein Stück über den ganzen Laib und strich das Mus darüber. “Das wird nicht bitter schmecken,” sprach er, “aber erst will ich den Wams fertig machen, eh ich anbeisse.” Er legte das Brot neben sich, arbeitete weiter und machte vor Freude immer grössere Stiche. Indes stieg der Geruch von dem süssen Mus hinauf an die Wand, wo die Fliegen in grosser Menge sassen, so dass sie herangelockt wurden und sich scharenweis darauf niederliessen. “Ei, wer hat euch eingeladen?” sprach der Gewerbetreibende und jagte die ungebetenen Gäste fort. Die Fliegen aber, die kein Deutsch verstanden, liessen sich nicht abweisen, sondern kamen in immer grösserer Gesellschaft wieder. Da lief dem Gewerbetreibenden endlich, wie man sagt, die Laus über die Leber, es langte aus seiner Hölle nach einem Tuchlappen, und “wart, ich will es euch geben!” schlug es unbarmherzig drauf. (3)

Richard Franke saß mürrisch an seinem Arbeitsplatz, denn er hatte einen Terminauftrag und lag weit hinter seinem Zeitplan zurück, weil er wie üblich, zu spät aus den Federn gekommen war. Scheiß Sauferei sagte er sich, gestern war er mit ein paar Kumpels wieder einmal um die Häuser gezogen und die bohrenden Kopfschmerzen signalisierten ihm, dass er wohl den einen oder anderen Schnaps besser weggelassen hätte. Seine Entscheidung, die „Schneider Manufactur“ zu gründen, bereute er dagegen allerdings überhaupt nicht. Als Selbstständiger war er schließlich sein eigener Herr und da er geschickt war entstanden unter seinen Händen wahre Meisterstücke, die reißenden Absatz fanden. Seine Auftraggeber kamen sogar aus dem Ausland. Leider war er manchmal (wie am Vorabend) zu undiszipliniert und die gestrige Zechtour war nicht der erste Ausrutscher. Den schlimmen Kater bekam er erfahrungsgemäß am besten in den Griff, wenn er Schwarzbrot mit Pflaumenmus zu sich nahm. Da er öfter nach seinen Kneipenbesuchen daran litt hatte er lange herumexperimentiert: mit Rollmops, mit Tabletten, mit kalten Umschlägen, nichts half, bis er zufällig auf das Pflaumenmus stieß.

Der Tag würde warm werden und er hatte das auf den Hof weisende Fenster geöffnet um frische Luft zu bekommen und kaute gedankenverloren auf der Schnitte herum, als das Telefon klingelte. Er stellte den Teller mit dem Brot ab und meldete sich, ein Kunde wollte einen Termin vereinbaren und man war sich schnell einig. Immer noch missmutig wollte er die Schnitte wieder nehmen stellte aber fest, dass sich darauf etliche Fliegen niedergelassen hatten. Er versuchte sie mit der Hand zu verscheuchen, aber die die Insekten ließen sich nicht davon beeindrucken, sondern saßen wie festgeklebt auf dem Brot. Da er, was Lebensmittel anging, ausgesprochen pingelig war würde er die Schnitte sowie so nicht mehr anrühren. Wütend griff er nach einem herumliegenden Stoffstück und schlug es über den Teller. Als er es wegzog sah er, dass er einige der Fliegen erwischt hatte, insgesamt waren es sieben.

„Das habt ihr davon, ihr blöden Viecher“ grummelte er zufrieden und beschloss diese Tat beim nächsten Kneipengang mit seinen Kumpels ordentlich auszuschmücken, denn er neigte zur Prahlerei und aus den sieben Fliegen würde er sieben Typen machen, die ihn belästigt und die er mit Karateschlägen außer Gefecht gesetzt hätte. Diese Sportart betrieb er zwar wirklich zum Ausgleich, war allerdings noch nicht über das Niveau eines Anfängers hinausgekommen, da er bekannter Weise Probleme mit der Disziplin hatte und so auch das Training schleifen ließ.

Als er sich für die Kneipentour vorbereitete zog er ein Shirt an, auf dem ein stilisierter Karatekämpfer abgebildet war, dem sieben Gegner in verrenkten Stellungen zu Füßen lagen (das hatte er selbst angefertigt, eine leichte Übung für ihn als Schneider). Es sollte ihm später unerklärlich bleiben wie der Käse in seine Jackentasche geraten war (möglicherweise hatte er ihn im Zustand der Trunkenheit auf der letzten Tour in einer Gaststätte mitgehen lassen aber daran fehlte ihm aufgrund der großen Trinkmenge jegliche Erinnerung). Dass er aber den kleinen Vogel, der sich in einem Busch vor dem Haus in den Zweigen verfangen hatte befreite und leicht abwesend in die andere Tasche steckte, war ihm im Gedächtnis geblieben.

Das „Rudi’s“ war eine angesagte Kneipe, in der ein kleiner, spitzbärtiger und redseliger Mann (der gern irgendeine Kappe auf dem Kopf trug) alle kulinarischen Wünsche erfüllte und dem ihm insbesondere seine Fischgerichte bereits einen dritten Michelin Stern eingebracht hatten. Rudi Rulofs war ein gewiefter Geschäftsmann und bediente auch die Bedürfnisse nicht so sehr anspruchsvoller Gäste, in dem er im Keller des Gebäudes eine Tabledance Bar etabliert hatte. In dieser verdiente er vor allem an den Mixgetränken, aber seiner Philosophie folgend (dem Gast immer etwas Besonderes zu bieten), experimentierte er mit Molekularküche und hatte es im Verlauf der Zeit zu von anderen Vertretern seiner Zunft nie zu erreichender Perfektion brachte. Die Portionen hielt er knapp, aber die Preise hoch, so dass sich das „Rudi’s Dancefloor“ als wahre Goldgrube herausstellte. Das war für ihn nicht so wichtig, vielmehr strotzte das Gästebuch von begeisterten Einträgen und seine beiden Etablissements waren weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt, so dass stets ein enormer Andrang herrschte, dem Rudi nur mit dem Einsatz eines Bestellsystems und von Türstehern Herr werden konnte.

Richard Franke stand vor einem dieser bulligen und furchteinflößenden Männer der ihm geduldig erklärte, dass die Restaurants überfüllt wären und er doch wo anders sein Glück versuchen sollte. Der Schneider hatte sich allerdings in den Kopf gesetzt unbedingt hinein zu gelangen, da Victoria Bustier heute Abend ihre Künste an der Stange zeigen würde. Die junge äußerst attraktive Frau war an den wichtigen Stellen so perfekt gerundet, dass Richard fast jede Nacht von ihr träumte.

Der Riese sah den Schneider verächtlich an und sprach: “Du Lump! du miserabler Kerl!” “Das wäre!” antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf und zeigte dem Riesen den Gürtel, “da kannst du lesen, was ich für ein Mann bin.” Der Riese las: “Siebene auf einen Streich” meinte, das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen, dass das Wasser heraustropfte. “Das mach mir nach,” sprach der Riese, “wenn du Stärke hast.” (4)

Mit aller Entschlossenheit trat er an den Türsteher heran und sagte:

„Lass’ mich rein Kumpel, ich will ja keinen Ärger, aber ich muss dir sagen, dass ich den schwarzen Gürtel in Karate trage, du verstehst mich sicher, hier schau mal“ sprach er ihn an, öffnete seine Jacke und zeigte dem Mann das Shirt mit den sieben niedergeschlagenen Gegnern.

Der andere sah ihn spöttisch an, schob den Ärmel seines Hemdes hoch und ballte die Faust, so dass sein mächtiger Bizeps sichtbar wurde (der Mann wardiszipliniert und trainierte dreimal die Woche im Fitnessstudio).

„Schieb’ ab, du halbe Portion“ sagte er lässig „versuch’ doch mich umzuhauen, das schaffst du nie. Pass’ mal auf“ fuhr er fort und riss einen dicken Zweig von einem nahe stehenden Baum ab „was jetzt passiert.“

Er drückte den Zweig mit einer Hand zusammen, der Baum Saft tropfte daraus hervor und der Mann schaute Richard grinsend an. Dieser tat so, als würde er einen Stein vom Boden aufheben (denn in diesem Moment fühlte er den Käse in seiner Jackentasche), platzierte sich vor dem Türsteher, sah ihm in die Augen und presste den Käse zusammen, den er genau vor das Gesicht des anderen hielt. Wie um eine gewaltige Kraftanstrengung zu simulieren verzog er das Gesicht zu einer Grimasse und auch aus seiner Hand tropfte es (allerdings nur der sich verflüssigende Käse), dem anderen fielen fast die Augen aus dem Kopf aber er gab noch nicht auf.

Der Riese wusste nicht, was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf und warf ihn so hoch, dass man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: “Nun, du Erpelmännchen, das tu mir nach.” (5)

Auch er ging in die Knie und nahm einen Stein, dann sagte er:

„Siehst du den Kirchturm dort gleich gegenüber? Wenn du es schaffst einen Stein bis auf das Dach zu werfen, kannst du vielleicht rein, ich fange an.“

„Nichts leichter als das“ antworte Richard cool, denn er spürte, wie sich der kleine Vogel in seiner Jackentasche bewegte.

Der Türsteher holte weit aus, der Stein schlug auf dem Dach auf, verharrte einen Moment dort und rutschte wieder nach unten, dann prallte er polternd auf dem Pflaster auf. Es war dunkler geworden und Richard ging zu dem Stein, bückte sich (und kickte ihn unauffällig weg), dann nahm er den Vogel in die Hand und lief zurück zum Türsteher. Er tat so, als ob er Anlauf nehmen würde, entfernte sich damit von den anderen und öffnete seine Hand. Der kleine schwarze Vogel schoss befreit empor, überflog das Kirchdach und stieg so weit in den Himmel auf, so dass er bald nicht mehr zu sehen war.

Dem Türsteher stand der Mund offen, vielleicht hatte er die halbe Portion doch unterschätzt.

Eine Frau will erobert werden

Intellektuell leicht minderbemittelter aber entwicklungsfähiger junger Mann ist hilfsbereit und findet ein glänzendes (und offensichtlich wertvolles) Federvieh

Federvieh hat die Eigenschaft, sehr anziehend zu wirken

Tochter eines Beamten hat das Lachen verlernt

Wer sie wieder dazu bringt darf sie heiraten, muss aber noch ein paar Aufgaben erfüllen

Eine große Menge Alkohol trinken

Mächtig viel Nahrung verdrücken

Ein Schiff organisieren, das zu Wasser und zu Lande fährt

Holzschlagen mit Überraschungen

Blödmann, Volltrottel und Idiot waren die Begriffe, mit denen der Vater und seine beiden Brüder ihn titulierten, dabei war Peter Henschel zwar keine Geistesleuchte, aber auch nicht als beschränkt zu bezeichnen. Da seine Familie allerdings zum Sozialadel gezählt werden konnte (alle, außer ihm, er arbeitete auf dem Bau, gingen keiner regelmäßigen Arbeit nach) blieben sie etwas hinter dem allgemeinen Bildungsniveau zurück und die Umgangsformen waren eher rau, so dass die Beschimpfungen an Peter meist abprallten und ihn nur wenig verunsicherten, weil er es halt nicht anders kannte. Dennoch ärgerte es ihn schon, wenn die anderen ihn als Streber bezeichneten, denn er las viel, besuchte die Volkshochschule und hatte sich in den Kopf gesetzt, irgendwann das Abitur nachzuholen, um nicht wie seine Brüder von der Stütze leben zu müssen. Obwohl sie sich in dieser Hinsicht deutlich unterschieden sahen sich die Brüder aber wie ein Ei dem anderen gleich: sie waren Drillinge und andere Leute hatten große Mühe, sie auseinander zu halten. Um Geld zu sparen gingen die Brüder ab und zu in den Wald Holz schlagen, denn sie beheizten ihre Wohnung mit diesem Material. Dass sie dies illegal taten verstand sich von selbst und sie gaben Obacht, nicht vom Förster oder anderen Leuten dabei entdeckt zu werden. Da sie aber vieles aus dem Bauch heraus und ohne große Überlegung taten hatten sie sich einen Ort nahe des Altersheimes ausgewählt, weil der Transport der geschlagenen Bäume über die dorthin führende Straße zu ihrer Wohnung nicht so mühevoll war, wie der durch den Wald.

Frank Henschel, der Vater, schickte seinen ältesten Sohn Dieter (der damals 20 Minuten vor den beiden anderen Jungen geboren worden war) wieder zu dieser Arbeit in den Wald und packte ihm Brötchen und Knacker sowie zwei Flaschen Bier in den Rucksack. Als der junge Mann kurz vor dem Heim in den Wald abbiegen wollte begegnete ihm ein alter verschrumpelter Mann mit einer dicken Hornbrille auf der Nase und einem Knotenstock in der Hand (dessen Griff dem einer Gans nachempfunden war), der ihn um etwas Nahrung bat.

Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes, graues Männlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach: „Gib mir doch ein Stück Kuchen aus deiner Tasche und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken! Ich bin so hungrig und durstig.“ Der kluge Sohn aber antwortete: „Geb ich dir meinen Kuchen und meinen Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege!“ ließ das Männlein stehen und ging fort. Als er nun anfing, einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl, und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Männchen gekommen. (6)

„Das Essen im Heim ist ja nicht schlecht, aber die Portionen sind schon etwas schmal, kannst du mir etwas von deiner Wegzehrung abgeben, junger Mann“ fragte der Alte hoffnungsvoll.

„Sag’ mal, hast du sie nicht mehr alle Opa“ erwiderte Dieter mürrisch „du kannst doch hier nicht um Essen betteln, so ein Platz im Heim kostet doch sicher ne Menge Kohle und da muss es ja eigentlich möglich sein alle satt zu bekommen, das kann doch nicht wahr sein.“

„Hast du eine Ahnung“ sagte das Männchen „die sparen an allen Ecken und Enden. Ich hab mal gelauscht, da hat der Küchenchef gebrüllt, dass er mit nicht einmal vier Euro Lebensmitteleinsatz nicht hexen kann.“

„Ach, lass’ mich mit deinem Geschwätz in Ruhe, verdrück’ dich, du alter Sack, ich hab’ zu tun“ erwiderte Dieter und schlug sich ins Dickicht.

Als er die Axt an den Baum ansetzte prallte diese zurück und hinterließ keinerlei Wirkung, wütend holte Dieter abermals aus, das Ergebnis war das gleiche. Mit der Axt öffnete er erst einmal ein Bier, biss in einen Knacker und versuchte es erneut. Wieder nichts, er trank das Bier aus und schimpfte vor sich hin, dann legte er alle Kraft in den nächsten Schlag, rutschte aber ab und die Axt fuhr ihm in den Arm, zwar nicht tief, aber recht schmerzhaft. Er brüllte auf und meinte aus den Augenwinkel heraus eine graue Gestalt hinter den Bäumen zu erkennen, die sich die Hände rieb und dann verschwand. Dieter band sich ein Tuch um die Wunde und wankte heim. Der Vater schaute sich die Verletzung an, säuberte sie mit Jod (so dass Dieter wieder aufbrüllte) und legte einen frischen Verband an.

„Du Pfeife, hör’ auf zu flennen, das ist kein Fall für den Arzt, in drei Tagen ist wieder alles in Ordnung“ belehrte er seinen Sohn „morgen geht Detlef in den Wald, vielleicht kann der das besser als du, du Versager.“

Darauf ging der zweite Sohn in den Wald, und die Mutter gab ihm, wie dem ältesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte, graue Männchen und hielt um ein Stückchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verständig:

„Was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege!“ ließ das Männlein stehen und ging fort. Die Strafe blieb nicht aus, als er ein paar Hiebe am Baum getan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden. (7)

Auch Detlef begegnete dem offensichtlich verwirrten Heimbewohner (in der Einrichtung war für 82 Prozent der Klienten die Diagnose Alzheimer gestellt worden) fast an der gleichen Stelle wie sein Bruder tags zuvor und der alte Mann trug wieder sein Begehr nach Essen vor.

„Verpiss’ dich, du Vogelscheuche“ sagte Detlef genervt „beschwer’ dich beim Heimbeirat oder sonst wo, ich hab’ nichts abzugeben. Was treibst du dich übrigens hier draußen rum, musst du nicht in deinem Heim sein?“

„Eigentlich schon“ erwiderte das Männchen verschmitzt „aber ich habe meine Mittel und Wege da raus zu kommen, verstehst du?“

„Willst du damit sagen, dass du regelmäßig abhaust“ fragte Detlef ungläubig.

„Na klar, ich bin schon mal bis in die Nachbarstadt gekommen. Was denkst du, was das für einen Eindruck bei den Mädels im Heim gemacht hat als die Polizei mich zurück gebracht hat, sie nennen mich dort Copperfield.“

„Der Zauberer“ staunte Detlef „du bist sozusagen der Ausbrecherkönig?“

„Genau, und jetzt gib mir was zu essen.“

„Kannst du dir abschminken, ich hab’ noch was vor“ beendete Detlef das Gespräch und verschwand im Wald, wo er sich erst einmal stärkte und ein Bier trank.

Tatendurstig schlug er auf den Baum ein aber nicht der geringste Schnitzer zeigte sich in der Rinde.

Er hämmerte mehrfach auf den Baum ein, plötzlich prallte das Beil zurück und grub sich in seinen linken Fuß. Schmerzgeplagt sprang er auf und nieder und zog das Werkzeug heraus, um die Wunde zu verbinden. Als er mühsam nach Hause humpelte glaubte er eine verschrumpelte Gestalt hinter den Bäumen zu sehen, die sich Richtung Heim zurückzog.

Sein Vater schüttelte nur mit dem Kopf und warf ihm Schimpfausdrücke an den Kopf, dann befahl er Peter am nächsten Tag in den Wald zu gehen. Ihm packte er einen Kanten altes Brot und schon mehrfach aufgekochten Tee in den Rucksack und gab ihm zu verstehen, dass er daran zweifelte, dass er, als der Trottel der Familie, mehr Erfolg als seine Brüder haben würde.

Da sagte der dritte: „Vater, laß mich einmal hinausgehen und Holz hauen !“ Antwortete der Vater: „Deine Brüder haben sich Schaden dabei getan, laß dich davon, du verstehst nichts davon.“ Der dritte aber bat so lange, bis er endlich sagte: „Geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden.“ Die Mutter gab ihm einen Kuchen, der war mit Wasser in der Asche gebacken, und dazu eine Flasche saures Bier. Als er in den Wald kam, begegnete ihm gleichfalls das alte, graue Männchen, grüßte ihn und sprach: „Gib mir ein Stück von deinem Kuchen und einen Trunk aus deiner Flasche, ich bin so hungrig und durstig.“ Antwortet der Junge: „ Ich habe nur Aschenkuchen und saures Bier, wenn dir das recht ist, so wollen wir uns setzen und essen.“ Da setzten sie sich, und als der Junge seinen Aschenkuchen herausholte, so war’s ein feiner Eierkuchen, und das saure Bier war ein guter Wein. Nun aßen und tranken sie, und danach sprach das Männlein: „Weil du ein gutes Herz hast und von dem deinigen gerne mitteilst, so will ich dir Glück bescheren. Dort steht ein alter Baum, den hau ab, so wirst du in den Wurzeln etwas finden.“ Darauf nahm das Männlein Abschied. (8)

Der scheinbar demenzkranke Copperfield schien über eine Art inneres Radar zu verfügen, denn als Peter gerade in den Wald abbiegen wollte, war er wieder an Ort und Stelle und bat um Nahrung.

„Selbstverständlich mein Herr“ sagte Peter höflich „Sie müssen allerdings mit hartem Brot und Tee vorlieb nehmen, wenn es Ihnen recht ist, für mich bleibt noch genug übrig.“

„Du hast ein gutes Herz, mein Junge“ antwortete der Alte freudig „das will ich dir vergelten. Folge den Bäumen, die mit einem Kreuz markiert sind, dann wirst du einen finden der schon ganz kahl ist, schlage ihn und schaue in seinem hohlen Inneren nach.“

„Aber der nützt mir nichts“ erwiderte Peter „wir brauchen Brennholz und dafür ist ein hohler Baum wohl kaum geeignet.“

„Lass’ dich überraschen, du wirst erstaunt sein“ sagte das Männchen noch und verschwand.

Peter ging kopfschüttelnd in den Wald und sah das erste Kreuz, weitere markierten den Weg und dann stand er vor dem kahlen Baum. Er schlug einmal kräftig zu und dieser fiel knirschend um. Als er ihn näher betrachtete sah er, dass der Stamm hohl war und erkannte, dass im seinem Inneren etwas golden funkelte.

Man sollte sich selbst so nehmen, wie man ist!

Attraktive junge Frau wird zeitig zur Waise

Vater findet schnell neue Frau

Neue Frau hält sich für unwiderstehlich und kann Stieftochter nicht leiden, weil diese besser als sie aussieht

Befragt dazu wiederholt einen gläsernen Einrichtungsgegenstand

Tochter haut aus Frust ab und stößt auf einen Trupp von Werktätigen im Bereich der Montanindustrie

Neue Frau unternimmt zwei Mordanschläge auf Stieftochter

Tochter erliegt zweitem Mordanschlag

Montanarbeiter halten die Sache unter der Decke

Hochschulabsolvent erweckt Tochter durch seine Liebe wieder zum Leben

Die fleißigen und scheuen Bergarbeiter

Weit weg von der Stadt gab es eine weitere Großfamilie, die der Miner. Ihr seltsamer Name ging darauf zurück, dass die Urahnen dieser Sippe einst in England siedelten, aber als dort die Erz- und Kohlegewinnung auslief nach Sachsen kamen, um diese Arbeitstradition hier weiter fortleben zu lassen. Die sieben, jetzt schon älteren Männer, hatten von ihren Eltern eine Chromosomenanomalie (das Silver-Russel-Syndrom) mitbekommen und die Plazentainsuffizienz ihrer Mutter weiterhin dazu geführt, dass sie allesamt sehr kleingewachsen waren. Da sie über einen starken Bartwuchs verfügten, der ihre Gesichter nahezu vollständig verhüllte, waren sie für einen Außenstehenden kaum zu unterscheiden und außerdem fühlten sie sich so zusammen gehörig (weil ihre Eltern schon in recht jungen Jahren verstorben waren), dass sie meist identische Kleidung trugen, die sie preiswert im KIK erwarben.

Rings um den schon 1796 in den Berg getriebenen Stollen weit im tiefen Wald standen einige baufällige Gebäude, die noch aus dieser Zeit stammten und über große Schlafsäle verfügten, die aber in den Jahrzehnten, solange der Abbau währte, immer wieder an den damals üblichen Standard angepasst waren worden. Als sich das Einfahren nicht mehr rentierte und die Grube aufgegeben wurde fiel die Gegend wie in einen Schlaf und erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts, als die Preise für Kupfer wieder deutlich anzogen, wurde die Grube erneut aufgelassen und eines der Gebäude modernisiert, die anderen waren mittlerweile nur noch Ruinen. Seit dieser Zeit waren die Miner dort tätig und da die Technisierung auch den Bergbau verändert hatte waren diese sieben Personen in der Lage, die noch vorhandenen Vorkommen abzubauen, ohne dass es weiteres Personal brauchte. Die Männer fuhren früh ein, nach einer acht Stundenschicht beendeten sie ihre Arbeit und vertrieben sich die Zeit mit Skat spielen, Fernsehen und anderen, nicht sonderlich aufregenden Tätigkeiten, denn die Arbeit war trotz der sie unterstützenden Maschinen immer noch schwer. Einmal in der Woche fuhren zwei von ihnen mit dem Kleintransporter über die schlecht zu passierenden Waldwege in die Stadt, um im Kaufland Nahrungsmittel, Getränke und für die Hauswirtschaft erforderliche Güter zu erwerben. Mit der Zeit entfremdeten sie sich dem Leben in einer größeren Gemeinschaft immer mehr, das einzige Zugeständnis an die Moderne waren ein PC mit einem pfeilschnellen Internetanschluss (ein Wunder, das die Telekom dort vollbracht hatte), ein Flachbildfernseher sowie zwei Handys, die sie für einen Notfall vorhielten. Lediglich die ab und zu eintreffenden Lastkraftwagen, die die Ausbeute ihrer Arbeit abholten und Techniker, die die Maschinen in Schuss hielten, sowie die Hausärztin, die einmal im Monat vorbeikam, stellten den Kontakt zur Außenwelt dar. Die Miner führten also einen typischen Junggesellenhaushalt aber vermissten Frauen überhaupt nicht, sie waren sich selbst genug und auch die Verlockungen der Stadt zogen bei ihnen nicht, so dass sie nahezu ununterbrochen an dem Stollen blieben.

Ein Verdacht

Schwester Isolde war Mitte der fünfzig, resolut, und ließ sich von niemandem die Butter vom Brot nehmen, schon gar nicht von der Pflegedienstleiterin, die sie für arrogant und vor allem für unfähig hielt. Als Vertreterin der alten Schule sorgte sie in ihrem Wohnbereich für Zucht und Ordnung und die ihr unterstellten Pflegekräfte drängten sich nicht unbedingt danach dort Dienst zu tun, weil es in den anderen Bereichen lässiger zuging, ohne dass jedoch die Normen verletzt wurden. Dabei versteckte sich hinter dem manchmal ruppigen Auftreten der kleinen Frau, die die Gestalt einer sich nach oben verjüngenden Flasche hatte, sehr viel Wärme gegenüber den Heimbewohnern, die sie bestens versorgt sehen wollte. Obwohl der miese Personalschlüssel nähere Zuwendung zu den Senioren aus Zeitgründen eigentlich ausschloss saß Schwester Isolde oft bei den alten Frauen und Männern auf dem Bettrand und unterhielt sich mit ihnen (sofern diese dazu noch in der Lage waren), täglich hängte sie deswegen mindestens eine Stunde an ihre reguläre Dienstzeit dran. Da sie weder einen Mann gefunden und zudem kinderlos geblieben war betrachtete sie die ihr anvertrauten alten Menschen als ihre Kinder, da diese sich tatsächlich auch oft so verhielten. Philosophie zählte nicht zu den Stärken von Isolde Habermaus, aber der Gang des Lebens war ihr geläufig. Ab und an empfand sie ein Gefühl der Traurigkeit, wenn sie die Jugendbilder der Bewohner sah, die gesunde, gut aussehende und damals aktive Menschen zeigten, die heute regungs- und interessenlos in den Gemeinschaftsräumen saßen und die sie immer wieder zu aktivieren versuchte.

Was ihr momentan allerdings große Kopfschmerzen bereitete war die Tatsache, dass in letzter Zeit zunehmend Meldungen der Senioren bei ihr eingingen, dass Bargeld fehlen würde. Nun war sie nicht der Typ Mensch der Vermutungen nachging, sie brauchte Beweise und zog auch in Betracht, dass in ihrem Wohnbereich die Patienten konzentriert waren, die unter erheblicher Demenz litten. Isolde Habermaus entschloss sich, eine Art Wachsystem einzurichten, um den Dingen auf den Grund zu gehen. Eigentlich gab es nur drei Möglichkeiten: die verwirrten Senioren verschusselten die Barbeträge selbst, jemand vom Personal griff ihnen in die Tasche oder die an manchen Tagen zahlreich im Haus anwesenden Besucher waren dafür verantwortlich. Das schien ihr am wahrscheinlichsten und gab den Anstoß zu einer Dienstberatung, in der sie ihre Leute instruierte, wachsam zu sein und auch im Zweifelsfall die Besucher anzusprechen und sie ihr diskret zuzuführen, so dass sie diese näher unter die Lupe nehmen konnte.

Ihre erste Aktion war leider wenig erfolgversprechend. Ein mittelgroßer, kräftig gebauter Mann mit schütterem Haar, der geschäftlich gekleidet war und einen Beutel in der Hand trug, ging mit dem Rücken zu ihr über den Gang, öffnete die eine oder andere Tür, ging hinein und kam nach kurzer Zeit wieder heraus. Dieses falsche Lächeln dachte sie sich, der Kerl ist hochgradig verdächtig. Als der Mann wieder in einem der Zimmer verschwand blieb sie lauschend vor der Tür stehen und riss sie nach einem Moment auf.

„… hoffe, Sie sind mit unseren Produkten zufrieden, ein kleines Dankeschön an Sie“ hörte sie noch und sah, dass der Mann gerade Elvira Schumann einen Wandkalender in die Hand drückte.

„Wer sind Sie, was machen Sie hier“ fuhr Isolde Habermaus ihn wie eine Furie an aber der Mann ließ sich nicht beeindrucken, sondern hielt nur den Beutel in die Höhe, auf dem „ImmerLecker“ aufgedruckt war und der einen Kochtopf, einen Kühlschrank und Teller, Tasse, sowie Besteck zeigte.

„Olba, Jan Olba, Dr. Jan Olba“ sagte er eine Verbeugung andeutend „ihr freundlicher Dienstleister für den Food Bereich. Da sich Ihre Bewohner bei der letzten Befragung für unser Unternehmen entschieden haben bedanke ich mich mit einer kleinen Aufmerksamkeit. Der Heimleiter, Herr Krause, und die Pflegedienstleiterin, Frau Wenzel, sind selbstverständlich informiert und haben ihre Zustimmung gegeben. Komisch, dass Sie nichts davon wissen.“

„Diese blöde Gans“ zischte Isolde Habermaus leise aber Dr. Jan Olba hatte es gehört.

„Nun, Frau …“

„Habermaus“

„Frau Habermaus, die Kommunikation im Unternehmen ist manchmal gestört, ich kann ein Lied davon singen. Dann gibt es zwangsläufig Probleme, die man aber durch eine offene Atmosphäre ausräumen kann. Ich selbst war in St. Gallen zu diversen Seminaren, man kann sich nicht vorstellen, was alles schief laufen kann.“

„Bei uns läuft einiges schief, darauf können Sie Gift nehmen“ sagte sie wütend.

„Kein Grund den Mut zu verlieren. Sie als Führungskraft, das sehe ich Ihnen doch sofort an, sind es gewohnt, die Dinge in die Hand zu nehmen und aktiv zu agieren, packen Sie die Schwachstellen doch einfach an, indem Sie ein Klima der Offenheit propagieren, nur so kommt man weiter. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte, der nächste Termin ruft. Aber vielleicht als versöhnlicher Ausklang: Kennen Sie den, treffen sich drei Chinesen im Puff?“

„Nein, und ich will diesen Witz auch gar nicht hören“ erwiderte Isolde Habermaus mürrisch.

Der Mann entfernte sich schnell und Isolde Habermaus fragte sich, was sie bloß geritten hatte, ihm Interna preiszugeben. Ganz wohl war ihr nicht dabei, aber die im Bett liegende Elvira Schumann schied glücklicherweise als Zeugin aus, da sie schon vor Jahren das Gehör verloren hatte. Sie musste ihre Strategie neu überdenken.

Der Dienst am Vaterland ist ehrenvoll, kann aber gefährlich sein

Schwerbeschädigter junger Mann findet Anstellung bei der Bundeswehr

Verliebt sich in eine Zivilangestellte

Wird wegen Verdachts der sexuellen Belästigung zur Marine strafversetzt

Dient auf einer Fregatte

Nächste Dienststellung: Matrose an Bord eines U-Bootes

Bleibt standhaft, als er über unangenehme Zwischenfälle im Dienst schweigen soll

Wird zusammen mit der Zivilangestellten wegen nationaler Sicherheitsbedenken von einer unbekannten Organisation aus dem Weg geräumt

Die Bewerbung

Die Männer sahen alle gleich aus, nur ein einziger war etwas anders. Dieser Mann hatte nur ein Bein. Er stand aber ebenso fest auf einen Bein wie die anderen auf zweien. Und gerade der Einbeinige war es, der sich nun bemerkbar machte.Auf dem Hof, auf dem alle aufgestellt waren, standen auch andere Menschen. Aber das, was am meisten in die Augen fiel, war ein niedliches Schloss aus Papier. Durch die kleinen Fenster konnte man geradewegs in die Säle schauen. Draußen vor dem Schloss standen kleine Bäume rings um einen Spiegel, der wie ein kleiner See aussehen sollte. Schwäne aus Wachs schwammen darauf und spiegelten sich. Das war alles sehr niedlich, aber das Niedlichste war doch ein kleines Mädchen, das mitten in der offenen Schlosstür stand. (9)

Roger Brockmann war schon erstaunt gewesen, dass seine Bewerbung sofort zu einem Vertrag geführt hatte, dabei waren seine schulischen Leistungen vorsichtig formuliert als ausgesprochen mäßig und seine körperliche Konstitution als kaum geeignet zu bezeichnen. Das Schicksal hatte ihm in jungen Jahren schon übel mitgespielt. Als er vierzehn war (und die Jungs seiner Klasse darum wetteiferten, wer am meisten Bier und Schnaps vertrug) stieg er angetrunken auf das Moped eines Kumpels und kam erst im Krankenhaus wieder zu sich, wo ihm die Ärzte erklärten, dass sie ihm das rechte Bein bis zur Hüfte amputiert hätten, da die Verletzungen derart schwerwiegend gewesen wären, so dass sie keine andere Wahl gehabt hätten. Die anderen besuchten ihn schuldbewusst im Krankenhaus und versuchten ihm Mut zuzusprechen, irgendwie fand er sich damit ab nur noch ein Bein nutzen zu können und da er keine Prothese tragen wollte kam er bald gut mit seinen Gehhilfen zurecht und bewegte sich ähnlich schnell wie ein Gesunder. Dennoch blieb er verunsichert und seine schulischen Leistungen sackten in den Keller. Erst kurz vor Ende der Schule fing er sich wieder, etwas aber die Noten waren zu schlecht, um einen Ausbildungsplatz bekommen zu können. Sein Berufsberater verwies auf die Kampagne der Bundeswehr (der die Leute knapp wurden) und mehr uninteressiert bewarb er sich für einen Posten im Innendienst mit dem Ergebnis, dass er sich in einem Gespräch vorstellen durfte. Der Offizier, der ihm gegenüber saß, hatte einen seltsamen Sinn für Humor.

„Tja, das mit dem Bein ist nicht so günstig. Eigentlich bin ich ja dagegen, dass Krüppel bei der Truppe Dienst tun, aber Sie werden es nicht glauben, es gibt Vorschriften einen bestimmten Prozentsatz von Behinderten zu beschäftigen. Hier bei uns, das ist doch pervers! Wenn Sie das Bein in Afghanistan eingebüßt hätten könnten Sie mit der Hochachtung der Kameraden rechnen, aber so werden Sie wohl immer der Schütze Arsch im letzten Glied bleiben. Das bisschen Lagerwirtschaft werden Sie aber hoffentlich in den Griff bekommen und wenn Sie sich nichts zuschulden kommen lassen können Sie sich sogar regelmäßige Beförderungen verdienen. Mehr als bis zum Feldwebel wird für Sie allerdings nicht drin sein, denn mit Ihren miesen Schulnoten sind von Ihnen ja ohnehin keine besonderen Geistesleistungen zu erwarten. Aber wie gesagt, Klamotten und anderes Zeug zählen kann doch jeder Idiot, nur echte Kerle wie ich dienen mit der Waffe in der Hand. Es geht mir schon mächtig gegen den Strich, solche Versager wie Sie als Kamerad bezeichnen zu müssen, aber was will man machen, herzlich willkommen bei der Bundeswehr.“

Die Uniform stand Roger Brockmann nicht schlecht und wenn er mit den Gehhilfen an den anderen Soldaten vorbei eilte erntete er öfter anerkennende Blicke. Viele meinten, dass er ein Kriegsveteran sei, wagten aber nicht, ihn daraufhin anzusprechen. Nach und nach wurde er als „Afghanistan Brockmann“ bekannt und keiner (weder er noch seine Vorgesetzten) taten etwas, um diese Legende aus der Welt zu räumen. Der Dienst im Lager war wenig anstrengend und da er Zeit im Übermaß hatte achtete er penibel darauf, dass beste Ordnung herrschte. Schnell wusste er wo sich alles befand und die Inventur (die zur Kontrolle von Soldaten eines anderen Standortes durchgeführt wurde) erbrachte eine Nulldifferenz, so etwas hatte es vorher noch nie gegeben. Der Standortkommandant erwähnte ihn beim Fahnenappell lobend und da Brockmann zuvorkommend auftrat, nicht übel aussah und ihn die Aura eines Helden umwehte wurde er auch für die weiblichen Beschäftigten der Bundeswehr interessant.

Das Pionier Bataillon hatte erheblichen Bedarf an wiederherstellenden Gesundheitsleistungen, da sich die Soldaten des Öfteren verletzten wenn sie Brücken legten, Hindernisse in die Luft jagten, ganze Waldstriche in Brand setzten und verwüsteten, Übungsminen sprengten oder ähnlichen Unfug trieben. Für die Betreuung der lädierten Soldaten war eine junge Frau zuständig, die ihren Arbeitsraum im Erdgeschoss eines der Verwaltungsgebäude hatte und die das Namensschild an der Tür als Dr. Monika Brendel auswies. Roger Brockmann konnte sie von seinem Büro aus gut beobachten, denn im Lager verfügte er selbstverständlich auch über Ferngläser von denen er eines dazu nutzte, ihr bei der Arbeit zuzusehen. Dr. Monika Brendel hatte die Figur einer Tänzerin, war aber stark genug, physiotherapeutische Handlungen vorzunehmen und dies tat sie bis in den frühen Abend hinein (dabei nahezu ununterbrochen von Roger Brockmann beobachtet) und er erkannte, dass sie an einer Halskette einen kleinen Diamanten trug. Bald reichte ihm die Vergrößerung des Fernglases nicht mehr aus (denn er wollte jedes Detail der jungen Frau sehen), so dass er aus der Waffenkammer (die man ihm aufgrund seiner peniblen Ordnung zusätzlich zugeordnet hatte) ein Sturmgewehr entnahm, auf dem ein Zielfernrohr mit enormer Vergrößerung montiert war. Dr. Monika Brendel hatte die Angewohnheit, nach Dienstschluss noch einige Entspannungsübungen durchzuführen, wobei sie es bevorzugte, lange auf einem Bein zu stehen und das andere wie eine Tänzerin weit empor zu strecken. Roger Brockmann beneidete sie um diese Fähigkeit, aber auch er konnte gut auf nur einem Bein stehen. Nachdem er sie so einige Zeit unter die Lupe genommen hatte stand für ihn fest, dass er sich verliebt hatte. Er ahnte aber, dass die Akademikerin für ihn unerreichbar blieben würde.

Zu allem Unglück war er eines Tages, als die anderen Soldaten längst schon ihren Dienst beendet hatten, so in ihren Anblick versunken dass ihm entging, wie sich der wachhabende Offizier leise seinem Beobachtungsplatz näherte und ihn anfuhr:

„Was tun Sie da, Unteroffizier Brockmann, ich erwarte eine Erklärung!“

„Ich prüfe das Zielfernrohr, Herr Oberstleutnant“ antwortete Roger Brockmann unsicher.

„Um diese Zeit? Und was haben Sie beobachtet?“

„Ich habe nur die Visierlinie geprüft, sie ist in Ordnung“ versuchte sich Roger aus der Affäre zu ziehen.

„Ich glaube Ihnen kein Wort, Brockmann“ knurrte der andere „ich behalte Sie im Auge. Ich will keinen Spanner hier haben, verstanden?“

„Jawohl, Herr Oberstleutnant, verstanden“ bellte Roger zurück.

Er musste vorsichtiger vorgehen.

Zuviel Fernsehen und Ablenkung versaut die Jugend

Junger Mann verfügt über zu wenig Phantasie, um Angst zu empfinden

Schädigt einen Vertreter der katholischen Kirche durch körperliche Gewalt

Gewinnt Geld durch Teilnahme an einem sportlichen Wettbewerb mit ruppigen Typen

Wird Zeuge eines versuchten Totschlags, zeigt aber medizinische Grundkenntnisse

Erhält die Quittung für sein Verhalten durch den Schwiegervater

Der Fluch der Reizüberflutung

Ein Vater hatte zwei Söhne, davon war der älteste klug und gescheit, und wußte sich in alles wohl zu schicken. Der jüngste aber war dumm, konnte nichts begreifen und lernen, und wenn ihn die Leute sahen, sprachen sie: “Mit dem wird der Vater noch seine Last haben!” Wenn nun etwas zu tun war, so mußte es der älteste allzeit ausrichten; hieß ihn aber der Vater noch spät oder gar in der Nacht etwas holen, und der Weg ging dabei über den Kirchhof oder sonst einen schaurigen Ort, so antwortete er wohl: “Ach nein, Vater, ich gehe nicht dahin, es gruselt mir!” Denn er fürchtete sich. Oder wenn abends beim Feuer Geschichten erzählt wurden, wobei einem die Haut schaudert, so sprachen die Zuhörer manchmal: “Ach, es gruselt mir!” Der jüngste saß in einer Ecke und hörte das mit an und konnte nicht begreifen, was es heißen sollte. (10)

Heino Furcht schüttelte den Kopf, sein Sohn Olaf machte ihm große Sorgen. Wahrscheinlich würde er die neunte Klasse wiederholen müssen, weil er in fast allen Fächern jämmerliche Ergebnisse hatte. Ralf, der Ältere der Brüder, hingegen war sehr intelligent und es stand fest, dass er nach dem Abitur Physik studieren würde. Dieser junge Mann war mit einer so überbordenden Phantasie ausgestattet, dass er an jeder Ecke Gefährdungen auf sich zukommen sah und nicht einmal in der Lage war sich einen Krimi anzuschauen, oder im Dunkeln den Müll weg zu bringen, weil er sich furchtbar fürchtete und dies ihm Schlafstörungen bescherte. Olaf war in dieser Hinsicht aus ganz anderem Holz geschnitzt: mit Vorliebe sah er sich Horrorfilme an aber kein einziges Mal erschrak er, wenn Monster oder Zombies über den Bildschirm zogen und Mengen von Blut spritzten, Schädel abgetrennt wurden oder sonst irgendetwas Ekliges passierte.

„Du bist doch gestört“ sagte ihm Ralf oft „wie kann man sich so was ansehen, das ist doch krank.“

„Das Problem dabei ist, dass mir das alles viel zu uncool ist“ antwortete Olaf ihm „da ist doch der Sandmann noch aufregender.“

„Du spinnst“ schaltete sich sein Vater ein „mach’ dir lieber mal Gedanken, was aus dir später werden soll. Auch diesen Monat gibt’s wegen der vielen Fünfen in der Schule kein Taschengeld.“

„Aber da kann ich mir doch kein neues Video mit einem Horrorfilm kaufen, was soll ich denn tun?“

„Das kann ich dir sagen“ antwortete sein Vater, denn er hatte in der vorigen Woche mit Pfarrer Berger gesprochen der jemand brauchte, der am Wochenende die Glocken läutete, denn die Kirchgemeinde war arm und hatte keine Möglichkeit etwas Technisches zu tun oder etwa eine Person einzustellen, die diese Aufgabe übernehmen könnte.

„Du kannst dir ein paar Euro dazuverdienen, geh’ zu Pfarrer Berger, der sagt dir worum es geht“ teilte er ihm mit.

Er hatte dem Kirchenmann auch davon berichtet, dass er es gar nicht gern sah, dass sich sein Sohn fortlaufend diese Horrorfilme anschaute, die ihn aber scheinbar überhaupt nicht erregten.

„Dem jag’ ich so einen Schrecken ein, danach ist er von dieser Sache kuriert, verlassen Sie sich drauf“ sagte der Pfarrer verschwörerisch zu Heino Furcht und dieser war gespannt, wie das Ergebnis ausfallen würde.

„Du kannst hier übernachten, schließlich musst du Mitternacht die Glocken läuten“ erklärte Pfarrer Berger Olaf Furcht, nachdem er ihn in die Bedienung des Glockenspiels eingewiesen hatte.

„Okay, dann kuck’ ich noch ´n bisschen fern und fünf vor Mitternacht geh’ ich auf den Glockenturm hoch“ sagte der junge Mann.

“Wer da?” rief er, aber die Gestalt gab keine Antwort, regte und bewegte sich nicht. “Gib Antwort,” rief der Junge, “oder mache, daß du fortkommst, du hast hier in der Nacht nichts zu schaffen!” Der Küster aber blieb unbeweglich stehen, damit der Junge glauben sollte, es wäre ein Gespenst. Der Junge rief zum zweitenmal: “Was willst du hier? Sprich, wenn du ein ehrlicher Kerl bist, oder ich werfe dich die Treppe hinab.” Der Küster dachte: Das wird so schlimm nicht gemeint sein, gab keinen Laut von sich und stand, als wenn er von Stein wäre. Da rief ihn der Junge zum drittenmal an, und als das auch vergeblich war, nahm er einen Anlauf und stieß das Gespenst die Treppe hinab, daß es zehn Stufen hinabfiel und in einer Ecke liegenblieb. (11)

Zehn vor zwölf stieg Pfarrer Mathias Berger den Turm empor. Er hatte sich in einen weißen Umhang gehüllt und diesen noch mit Lebensmittelfarbe an einigen Stellen blutrot gefärbt, über dem Gesicht trug er eine schaurige Maske, die eine grässliche Fratze darstellte. Als er sich, bevor er aufstieg, selbst im Spiegel betrachtete zuckte er vor Angst zusammen, sein Anblick war furchterregend.

Olaf erklomm die Stufen und als er am Glockenspiel ankam sah er eine blutverschmierte Gestalt, die wild mit den Gliedern zappelte und unheimliche Geräusche von sich gab.

„Wer bist du“ fragte er ungerührt, aber die Gestalt antwortete nicht und kam verstörende Laute ausstoßend näher.

„Noch einmal“ fuhr ihn Olaf an „sag’ endlich wer du bist, ansonsten fliegst du gleich die Treppe runter!“

Er bekam keine Antwort.

Pfarrer Berger rechnete nicht damit, dass der junge Mann dies tun würde und verstärkte seine Bemühungen ihn einzuschüchtern, so dass er vielleicht doch noch die Flucht ergreifen würde. Unmenschliche Geräusche produzierend kam er noch näher an Olaf heran und spürte plötzlich einen mächtigen Tritt in seinen Unterleib der ihn die Treppe abwärts beförderte, etwas knackte laut und er schrie vor Schmerz auf, dann wurde es dunkel um ihn.

„Du hast es so gewollt“ rief ihm Olaf noch hinterher, dann läutete er die Glocken, stieg herab, ignorierte den bewusstlos daliegenden Pfarrer (der wegen seiner Verkleidung nicht als solcher zu erkennen war) und ging seelenruhig ins Bett.

Gerda Berger stellte verwundert fest, dass der Platz im Bett neben ihr leer war und fragte sich, wo ihr Mann abgeblieben sei. In der Wohnung fand sie ihn nicht, auf dem Hof war er auch nicht, als sie den Kirchturm betrat hörte sie ein leises Jammern und sah eine blutbeschmierte Gestalt in der Ecke am Treppenaufgang liegen, die eine grässliche Maske trug. Sie erschrak sich fürchterlich aber dann hörte sie unter der Maske ein Murmeln.

„Hilf mir Gerda, ich glaube, ich hab mir ein Bein gebrochen.“

Sie erkannte die schwache Stimme ihres Mannes.

„Der Junge hat mich die Treppe runter geschmissen“ erklärte Pfarrer Berger jammernd.

Sie waren jetzt mehr als zwanzig Jahre miteinander verheiratet und Gerda Berger trug in den letzten Jahren immer einen unbestimmten Verdacht mit sich herum, dass er sie betrügen könnte. Dabei hatte sie Frau Schneider, eine in ihren Augen aufgedonnerte alte Fregatte im Blick, die Pfarrer Berger während seiner Predigten schmachtende Blicke zuwarf.

So wie es aussah, hatte er wohl irgendein Fetisch Problem, warum sollte er sonst diese eigenartige Kleidung tragen und sie erinnerte sich daran, dass die Schneider meist in rote Kostüme gehüllt war. Sie würde die Sache unter Beobachtung halten aber rief jetzt erst einmal den Rettungsdienst, dann klingelte sie bei Olafs Vater an.

„Bist du denn verrückt geworden“ brüllte Heino Furcht seinen Sohn an „den Pfarrer einfach die Treppe hinunter zu werfen.“

„Ich habe ihn mehrfach angesprochen, wie sollte ich denn wissen, dass das der Pfarrer ist, in diesem Aufzug“ verteidigte sich Olaf.

„Oh Mann, ich will dich am Wochenende hier nicht sehen. Du übernachtest bei Oma und Opa, da sind 50 Euro, das reicht für den Bus und was zu essen.“

Als nun der Tag anbrach, steckte der Junge seine fünfzig Taler in die Tasche, ging hinaus auf die große Landstraße und sprach immer vor sich hin: “Wenn mir’s nur gruselte! Wenn mir’s nur gruselte!” Da kam ein Mann heran, der hörte das Gespräch, das der Junge mit sich selber führte, und als sie ein Stück weiter waren, daß man den Galgen sehen konnte, sagte der Mann zu ihm: “Siehst du, dort ist der Baum, wo sieben mit des Seilers Tochter Hochzeit gehalten haben und jetzt das Fliegen lernen: setz dich darunter und warte, bis die Nacht kommt, so wirst du schon noch das Gruseln lernen.” “Wenn weiter nichts dazu gehört,” antwortete der Junge, “das ist leicht getan; lerne ich aber so geschwind das Gruseln, so sollst du meine fünfzig Taler haben; komm nur morgen früh wieder zu mir.” Da ging der Junge zu dem Galgen, setzte sich darunter und wartete, bis der Abend kam. Und weil ihn fror, machte er sich ein Feuer an. Aber um Mitternacht ging der Wind so kalt, daß er trotz des Feuers nicht warm werden wollte. Und als der Wind die Gehenkten gegeneinanderstieß, daß sie sich hin und her bewegten, so dachte er: Du frierst unten bei dem Feuer, was mögen die da oben erst frieren und zappeln. Und weil er mitleidig war, legte er die Leiter an, stieg hinauf, knüpfte einen nach dem andern los und holte sie alle sieben herab. Darauf schürte er das Feuer, blies es an und setzte sie ringsherum, daß sie sich wärmen sollten. Aber sie saßen da und regten sich nicht, und das Feuer ergriff ihre Kleider. Da sprach er: “Nehmt euch in acht, sonst häng ich euch wieder hinauf.” Die Toten aber hörten nicht, schwiegen und ließen ihre Lumpen fortbrennen.

Da ward er bös und sprach: “Wenn ihr nicht achtgeben wollt, so kann ich euch nicht helfen, ich will nicht mit euch verbrennen” und hing sie nach der Reihe wieder hinauf. (12)

Olaf fuhr nur bis zum Freizeitpark, dort stieg er aus und löste eine Eintrittskarte, denn er wollte die Gespensterbahn besuchen. Die kannte er zwar schon, aber eine knallbunte Werbung verwies auf „Grusel in neuer Dimension, gewinnen Sie 50 Euro!“ und genau das wollte er tun.