Am Anfang war das Bild - Monika Niehaus - E-Book

Am Anfang war das Bild E-Book

Monika Niehaus

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Beschreibung

Eine phantastische Wechselwirkung zwischen Erzählung und Bild. Geschichten lassen Bilder entstehen und Bilder Geschichten. Aus diesem Gedanken entstand die Idee, Autor:innen aufzurufen, Erzählungen zu schreiben, die von eigens für diesen Zweck entstandenen Bildern inspiriert sind. Gleichzeitig wollten die Herausgeber:innen Uli Bendick, Aiki Mira und Mario Franke herausfinden, was passiert, wenn ebendiese Geschichten zur Inspirationsquelle werden. Entstanden ist eine Anthologie, die 18 jeweils von zwei Bildern umrahmte Storys umfasst. Das schön gestaltete gebundene Buch mit Lesebändchen enthält Texte u. a. von Heidrun Jänchen, Achim Stößer, Christian Endres, Isabell Hemmrich.

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Seitenzahl: 355

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Originalausgabe

© für die einzelnen Texte bei den Autor*innen,für diese Anthologie bei Hirnkost KG,Lahnstraße 25 • 12055 [email protected] • www.hirnkost.deAlle Rechte vorbehalten1. Auflage, Oktober 2021

Vertrieb für den Buchhandel:

Runge Verlagsauslieferung; [email protected]

Privatkunden und Mailorder:

www.shop-hirnkost.de

Layout:www.benswerk.com

Umschlagmotiv: Uli Bendick und Mario Franke

ISBN:

PRINT: 978-3-949452-15-4

PDF: 978-3-949452-17-8

EPUB: 978-3-949452-16-1

Dieses Buch gibt es auch als E-Book – bei allen Anbietern und für alle Formate.

Unsere Bücher kann man auch abonnieren:www.shop-hirnkost.de

INHALT

Vorwort

Grüße aus der Zukunft

Aiki Mira

Einführung

Bilder und Geschichten

Aiki Mira

Inspiration

Story

Illustration

VerwunschenMario Franke

BermudabohrturmMonika Niehaus

Uli Bendick

Altes FensterMario Franke

Onkel Nolte oder die hohe Kunst, aus dem Fenster zu schauenJanika Rehak

Uli Bendick

and come back aliveUli Bendick

Das WiedersehenRobert Diemrich

Mario Franke

Das MädchenMario Franke

Das LichtUwe Neuhold

Uli Bendick

Unser stilles DorfUli Bendick

Unser stilles DorfIsabell Hemmrich

Uli BendickMario Franke

AuflösungUli Bendick

Sterben und sterben lassen auf einem einstmals blauen PlanetenChristian Endres

Uli Bendick

Monster im SeeMario Franke

Die VerwandlungHans Jürgen Kugler

Mario Franke

Monster im See Altes HausMario Franke

CIAUli Bendick

Der ErlegerMarco Rauch

Uli Bendick

Riesenrad Altes HausMario Franke

Ich kann nur sehen, was ich glaubeNils Wiesner

Uli Bendick

Electronic MadonnaUli Bendick

BethlehemAchim Stößer

Mario Franke

GehirnjoggingUli BendickTatort Zukunft 9Mario Franke

HirnwaldRainer Schorm

Uli Bendick

Upgrade Yourself Gehirnjogging CreationUli Bendick

Upgrade YourselfMichael Tinnefeld

Mario Franke

Die ZweiteMario Franke

ArabesqueTessa Maelle

Mario Franke

NachtstadtMario Franke

GlühwürmchenVlad Hernández

Uli BendickMario Franke

Gering fügige StörungUli Bendick

GanymedKarin Leroch

Mario Franke

InsektMario Franke

Stille PostHeidrun Jänchen

Mario Franke

In der Schwebe Neonvogel AlientanzMario Franke

Eine universelle SpracheMonika Niehaus

Uli Bendick

NeonvogelMario Franke

Utopie27Aiki Mira

Mario Franke

Vitae

Danksagungen

GRÜSSE AUS DER ZUKUNFT

Aiki Mira

Im Zoom-System auf Planet Jitsi, in einer Sauerstoffbar für Aliens und Zeitreisende. Die Barkeeperin P’la, eine genmanipulierte Krake, beäugt misstrauisch ihre einzigen Gäste: Drei Humanoide, die nur ein paar Drinks und Ruhe bestellt haben. Spione? Terroristen? Während P’la mithilfe ihrer zahlreichen Arme alle Gläser zugleich auffüllt, versucht sie etwas vom Gespräch der drei aufzuschnappen. Experiment? Das klingt bedrohlich! Ihre inneren Alarmglocken schrillen. Zum Glück spaziert in diesem Moment Quillo herein, ein Android, der selbst Pflanzen zum Sprechen bringen kann. Die Barkeeperin winkt ihren Freund zum Tresen und beauftragt ihn, die zwielichtigen Fremden ein bisschen auszuhorchen …

Q: Hallo zusammen!

U: Gude.

A: Moin.

M: N’ Abend.

Q: Die nächste Runde geht auf mich – darf ich mich zu euch setzen?Die drei sehen sich kurz an, dann nicken sie. Quillo versucht, etwas von dem Gegenstand zu erspähen, der eben noch offen auf dem Tisch lag, nun aber hastig zugeklappt wird.

Q: Na, was hat euch drei hierher verschlagen?

U: Auf unserem Heimatplaneten herrscht gerade Pandemie.

M: Und wir brauchten einen ruhigen Platz.

A: Um etwas zu besprechen …

Q: Oha, was denn? Oder ist das geheim?Wieder werfen sich die drei schnelle Blicke zu. Schließlich:

M: Den Abschluss eines ProjektsInteressiert beugt sich Quillo vor.

Q: Erzählt mir mehr davon.

A: Eine Science-Fiction-Anthologie.

U: Bei der das Bild im Mittelpunkt steht.

M: Fast schon ein Experiment.

U: Normalerweise bekommen wir Illustratoren, also Mario und ich, zuerst ’ne Story und kreieren dann ein Bild dazu.

A: Uli kam jedoch auf die Idee, das mal umgekehrt zu machen.

U: Genau, bei uns wählten Menschen zuerst die Bilder.

M: Aus einem Online-Ordner, den Aiki erstellt hat.

U: Hier der Link.

Q: Ui … oha … hmm … wow … aha …

A: Die Bilder stammen alle von Uli und Mario.

U: Zu den Bildern schrieben Menschen aus Deutschland, Österreich …

A: Der Schweiz.

M: Und Spanien!

U: … eine Science-Fiction-Story.

A: Oder mehrere!

U: Wir erhielten mehr als neunzig Geschichten

Q: Moment mal: neunzig Geschichten?! Das sind neunzig verschiedene Welten! Wie produziert euer Hirn aus einem visuellen Stimulus so viel komplexe virtuelle Realität?

U: Fantasie!

A: Inspiration!

M: Kreativität!

A: Gemeinsam wählten wir achtzehn Storys aus.

M: Die hat Aiki dann korrigiert und lektoriert.

U: Unser Experiment zeigt: Ein einziges Bildkann zu verschiedenen Storys führen.

M: Gleichzeitig können mehrere Bilder zu einer Geschichte kombiniert werden.

A: Manche Bildtitel werden dabei zum Titel oder zur Technologie der Story

M: Und mit der Story hört es nicht auf …

U: Sobald die vorlag, fertigten Mario oder ich ein zweites Bild an.

M: Nur dieses Mal ließen wir uns von der Story inspirieren!

A: Und so schließt sich der Kreis von Bild, Story und Illustration.

Q: Für euch Menschen scheinen Bilder ein Nährboden für Geschichten oder überhaupt neue Ideen zu sein!

U: Genau. Am Anfang steht bei uns das Bild!

A: Und am Ende! Science-Fiction-Geschichten lassen in unseren Köpfen neue Bilder entstehen. Bilder, die uns erst eine Vorstellung von Zukunft ermöglichen.

U: Bisher gibt es, soweit wir wissen, keine Science-Fiction-Anthologie, die das Verhältnis von Bild und Erzählung derart in den Mittelpunkt rückt.

M: Oder derart viele Bilder in einer einzigen Anthologie versammelt!

A: Bei uns bekommt nämlich jede Story mindestens zwei Bilder: ein Anfangsbild und zusätzlich noch eine Illustration.

Q: Jetzt bin ich aber neugierig – darf ich mal reinschauen?Die Barkeeperin erscheint am Tisch mit einem Tablett frischer Getränke.Quillo starrt auf den Gegenstand vor sich.

Q: Ich darf das wirklich öffnen?

U: Klar!

M: Nur zu!

A: Trau dich!P’la lässt beinahe ihr Tablett fallen.

P: Quillo, warte! Was, wenn das Ding … was,wenn es deine Programmierungverändert!?

Q: Ich glaube, das ist der Sinn der Sache, oder?Der Android schaut die drei Humanoiden an.Die zucken mit den Schultern.

U: Bei jedem ist es anders.

M: Vielleicht passiert überhaupt nichts oder –

A: So oder so – es gibt nur einen Weg das herauszufinden!

Langsam öffnet Quillo das Buch …

BILDER UND GESCHICHTEN

Aiki Mira

Das Bild spielt von jeher eine wichtige Rolle für die Phantastik. Gerade ein so visionäres Genre wie die Science-Fiction besticht darin, für das (noch) Unvorstellbare angemessene Bilder zu finden. In Form einer Graphik oder Illustration genießt das Bild innerhalb der Science-Fiction zu Recht einen besonderen Status. In Magazinen werden Storys üblicherweise mit phantastischen Bildern ausgestattet. Die so entstehenden Coverbilder, Graphiken oder Illustrationen werden wiederum mit Preisen geehrt, manchmal sogar in Rezensionen erwähnt. Das Bild in den Mittelpunkt zu rücken – dafür ist eine Science-Fiction-Anthologie geradezu prädestiniert!

Bild als Inspiration > Story < Bild als Illustration

Die Beziehung zwischen Bild und Story geht dabei in beide Richtungen: Das Bild kann für den Text sowohl Inspiration als auch Illustration sein. Diese beiden Rollen sollen nun zum ersten Mal innerhalb einer einzigen Anthologie miteinander verbunden und gewürdigt werden!

Am Anfang steht das Bild, das die Story inspiriert hat. Wurde eine Geschichte von mehreren Bildern inspiriert, erscheinen diese in Form einer Collage. Dann folgt die Story, und hier taucht das zweite Bild auf: dieses Mal als Illustration, inspiriert von der Erzählung. Im Anschluss an die Story beschreibt ein kurzer Text den Inspirationsprozess zwischen Bild und Erzählung.

Storys, die auf demselben Inspirationsbild basieren, haben wir hintereinander angeordnet, um deutlich zu machen, dass ein Bild Ideengeber für verschiedene Geschichten sein kann. Interessanterweise fließt auch so mancher Bildtitel in die Story ein, wird zu Titel, Technologie, Protagonist:in oder sogar zur zentralen Fragestellung der erzählten Geschichte.

Liebe Leser:innen – jetzt seid ihr dran!

Was einst als Experiment begann, haltet ihr nun in Form dieses Buchs in der Hand. Folgt den Bildern zu den Storys und von da zu immer neuen Bildern und Geschichten. Die Anthologie ist so aufgebaut, dass sie euch möglichst viel Abwechslung sowie einen Einblick in die unterschiedlichen Subgenres der Science-Fiction bietet.

Viel Vergnügen beim Lesen wünschen euch

Uli, Aiki und Mario

BERMUDABOHRTURM

von Monika Niehaus

Viele hundert Kilometer von jeder Zivilisation entfernt, dort, wo die Sargassosee ins Bermudadreieck schwappt, tranken Jake und Eila ihr abendliches Algenbier. Seit Jahrzehnten erforschten sie das Wunder der Aalwanderung, denn noch immer hatte niemand den Ort gefunden, wo sich die Aale nach ihrer langen, erschöpfenden Wanderung paaren und ihren Laich ablegen. Tief unter ihnen auf dem Meeresgrund sorgte ein großer Schwarzer Raucher für einen ständigen Ausstoß von Mineralien aus dem Erdinneren und damit für eine blühende Fauna rund um den Schlot. Wegen der vielen atmosphärischen Störungen war die Verbindung zur Außenwelt schon immer schlecht gewesen, und ihre Kontakte zum Festland waren mit der Zeit immer sporadischer geworden. So studierten sie fernab der Welt Tag für Tag ihre Unterwasserkameras, suchten nach laichenden Aalen, prüften ihre Fallen auf Weidenblattlarven, verglichen ihre Aufzeichnungen.

Dazu hatten sie sich auf einer kleinen künstlichen Insel aus Teilen einer alten Bohrplattform häuslich eingerichtet. Eine selbst gebaute Entsalzungsanlage versorgte sie mit Trinkwasser, und in ein paar alten Ölfässern wurzelten einige Kokospalmen, deren fiedrige Wedel Schatten spendeten. Essbare Algen gab es reichlich, und um Fische zu fangen, brauchten sie nur die Angel auszuwerfen.

Unter ihnen, das wussten sie von ihren Tauchgängen, befand sich ein Friedhof von versunkenen Bohrplattformen, toten Schiffen und Flugzeugwracks, die, von der Strömung zusammengetragen, hier ihre letzte Ruhe gefunden hatten. Einer der Bohrtürme hatte sich in einem Korallenriff verkantet und ragte nicht weit von ihrer Insel hoch in den Himmel. In der Abendsonne leuchtete sein rostiges Gestänge in allen Schattierungen von Gold über Kupfer und Zinnober bis zu Purpurrot. Eila und Jake mochten die Skulptur und das Farbenspiel der letzten Sonnenstrahlen auf dem rostenden Riesen. Und sie mochten das Spiel der Schatten auf den sich kräuselnden Wellen, an denen sich das Fließen der Zeit ablesen ließ.

Irgendwann bemerkten sie, dass der Bohrturm sich zu verändern begann. Zuerst war es nur ein weiterer rostiger Ast, der sich in die Höhe streckte, ein leckes Rohr, wo vorher kein Rohr gewesen war. Dann tauchten ein muschelverkrusteter Scheinwerfer und ein zerborstener Propeller auf, ein mit Seepocken besetztes Ruderblatt und eine verbeulte Messingapparatur, die vielleicht einmal nautischen Zwecken gedient hatte.

All diese Artefakte stammten von dem Friedhof unter ihrer Insel, vermuteten Jake und Eila. Tagsüber verharrten die einzelnen Teile wie erstarrt in ihrer Position, aber jede Nacht wanderten sie langsam immer höher den Bohrturm hinauf. Neugierig geworden, ruderten sie eines Abends zum Bohrturm und nahmen Proben von der silberschwarzen Spur, die zur Spitze kroch. Als sie das Material anschließend im Mikroskop untersuchten, konnten sie keinerlei definitive Strukturen in der gelartigen Substanz erkennen. Offenbar wurden die Artefakte von einer Art Schleim bewegt, spekulierten sie, der jeden Abend aus dem Meer stieg und sich auf der Oberfläche des Bohrturms verteilte. War es eine zusammenhängende amorphe Masse, waren es amöboide Einzelwesen? Und woher nahmen sie die Kräfte, solche Gewichte zu bewegen? Je länger sie darüber sprachen, desto rätselhafter und unerklärlicher erschien ihnen die ganze Sache und desto ratloser fühlten sie sich. Schließlich, als sie das Gefühl hatten, alles gesagt zu haben, was es zu sagen gab, beschlossen sie, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie waren. Dies war Bermuda. Hier war alles möglich.

Während sie der Skulptur beim Wachsen zusahen, stellten sie irgendwann fest, dass sie nicht länger den Wunsch hegten, das Rätsel der Aalwanderung zu lösen. Auf einmal erschien ihnen ihre Arbeit nicht mehr wichtig – mochten die Aale spontan in Schlamm rund um die Schlote entstehen oder aus Staub geboren werden, wie die Alten vermutet hatten. Aus schierer Gewohnheit folgten sie weiterhin ihrer täglichen Routine, sammelten Daten und trugen sie in Tabellen ein.

Abends nach Sonnenuntergang, wenn sie ihr Algenbier tranken, beobachteten sie, wie der Schleim unermüdlich weiterarbeitete, unermüdlich Teile vom Meeresboden wie über ein Fließband zur Spitze des Bohrturms schaffte und ihn wachsen ließ. Ein rostiges, surreales Monster, scheinbar ohne Sinn und Zweck, erbaut von einer Wesenheit, von der niemand wusste, woher sie stammte, ob sie einem Plan oder einem wie auch immer gearteten Instinkt folgte.

An der Länge der Schatten konnten die beiden abschätzen, dass die Skulptur nun schon über einen Kilometer hoch sein musste. Und je weiter sie wuchs, desto absonderlicher wurden die verbauten Teile, so ein venezianischer Spiegel, das Kristallgehänge eines Lüsters oder das Gerippe einer von Bohrwürmern zerfressenen Harfe.

Irgendwann bemerkten Jake und Eila, dass sich an der Spitze der Skulptur eine Blase zu bilden begann, die im Lauf der Tage auf die Größe eines Fesselballons anschwoll. Während der Ballon wuchs und wuchs, lag eine elektrische Spannung über dem Wasser.

Lichtblitze zuckten über die Wellen. Die Wasseroberfläche rund um den Bohrturm kräuselte sich, es roch nach Salz und Ozon. Die Stille klang den beiden in den Ohren.

Und dann platzte die Hülle der Blase mit einem Geräusch wie dem Reißen nasser Seide. Eine Fontäne feinster schwarzer Partikel schoss hoch in den Himmel und breitete sich aus, wie ein Schirm, der die Sonne verdunkelte, so dass sie nur noch wie ein rötlicher Schlund erschien. Einen Moment schien der Schwarm völlig bewegungslos zu verharren, um dann weiter und immer weiter zu steigen, bis er von den Höhenwinden mitgerissen wurde.

»Wow!«, meinte Eila. »Was war das? Sporen? Schwarze Galle? Oder Dunkle Materie?«

Jake nieste. »Wenn die kleinen schwarzen Biester bis in die Atmosphäre aufsteigen, sind sie jedenfalls in ein paar Tagen rund um die Welt.«

Er betastete seine Lippe. In seinem Mundwinkel begann sich eine kleine Blase zu bilden.

Inspiration

Das Licht, das auf den Träger fällt, die blaugrünen Schattierungen, die hochkriechenden schwärzlichen Gebilde – da war sofort eine Assoziation mit Meer, Abendsonne und Schwarzen Rauchern da. Und das Rätsel der Aalwanderungen gibt’s bei der Illustration »Verwunschen« von Mario Franke gratis dazu.

ONKEL NATE ODER DIE HOHE KUNST, AUS DEM FENSTER ZU SCHAUEN

von Janika Rehak

»Gut so?« Ich rücke den Rollstuhl zurecht.

Onkel Nate lächelt. »Bestens. Danke.«

Das Licht hier draußen ist etwas Besonderes. Deswegen ist Onkel Nate an diesen Strand gezogen.

Geblieben ist er wegen Allison.

Es gibt diesen ganz bestimmten Moment, bei einem ganz bestimmten Sonnenstand. Wolken und Meer spielen auch eine Rolle. Die Sonne sinkt auf den Horizont zu und für einen Augenblick haben Wasser und Wolken dieselbe Farbe. Das Licht zerbirst in winzige Sprenkel. Es ist ein lockender Fingerzeig. Eine Verheißung, dass etwas dahinter liegt, dass Wolken, Wasser und Horizont nicht die Grenze sind. Dass es mehr gibt als das.

Onkel Nate hat ein komplettes Erwachsenenleben an diesem Strand verbracht. Er ist zum Fischen rausgefahren, noch mit über siebzig. Er weiß, was hinter dem Horizont liegt. Wasser und noch mehr Wasser.

Trotzdem sitzt er jeden Abend am Fenster und wartet. Es ist der wichtigste Moment des Tages für ihn.

Allison wird zurückkehren. Vielleicht heute.

Immer wenn sich die Sonne senkt, flüstert das Licht sein Versprechen. Vielleicht heute.

So geht das schon seit fünfzig Jahren.

»Junior?!« Onkel Nates Stimme schnarrt durch das Haus. Ich schrecke vom Bildschirm hoch.

Sorry, tippe ich in die Eingabezeile. Wichtiger Anruf.

Klar, antwortet Erin.

Ich haste in Onkel Nates Zimmer. Er hat sich im Bett aufgesetzt, soweit er das selbst kann, sein Körper hängt in 60-Grad-Winkel zwischen den Kissen. Das sieht schrecklich unbequem aus. Ich schiebe meine Arme unter Schultern und Knie und hieve ihn in seinen Sessel. Ich kann jede einzelne Rippe spüren. An seinen Hüftknochen holt man sich blaue Flecken.

Seine Stirnfalten glätten sich, als ich den Rollstuhl zum Fenster ausrichte. Er benutzt ihn nur noch selten, das Sitzen strengt ihn an.

Sonnenstrahlen beleuchten ihm Kinn und Wangen. Gerade noch rechtzeitig. Eine Minute später wäre der Moment verstrichen gewesen.

Da sind Bartstoppeln. Ich war heute Morgen nicht gründlich genug.

»Tut mir leid«, sage ich. »Ich habe die Zeit verpasst.«

Nate tätschelt meinen Arm. »Wieder dieses Mädchen, hm?«

Mein Gesicht wird warm. Das verrät mich.

»Triff sie doch mal.« Für Onkel Nate ist immer alles so einfach.

Erstens ist Erin kein Mädchen. Sie ist fast dreißig, genau wie ich. Außerdem will sie es langsam angehen lassen. Genau wie ich.

Chatten, Nachrichten. Das reicht mir fürs Erste. Erin wohnt gar nicht so furchtbar weit weg. Aber ich kann hier nicht weg. Wegen Onkel Nate.

Erin versteht das. Onkel Nate nicht.

»Warte nicht zu lange«, sagt er. »Die Liebe ist das Allerwichtigste im Leben.«

Ich küsse ihn auf das dünne Haar. »Weiß ich doch.«

Dieses Ritual wiederholen wir, jeden Tag. Ein Teil von Onkel Nates Geist lebt immer im Jetzt. Der andere Teil träumt von der Liebe. In dem Moment, wenn sich das Licht auf diese ganz besondere Weise im Meer spiegelt, treffen beide Teile aufeinander und sind für wenige Minuten wieder eins.

Onkel Nate wartet auf Allison, auf die Liebe seines Lebens.

»Vielleicht heute.«

Der Moment verstreicht. Allison kommt nicht. Onkel Nate ist enttäuscht. Man sieht es am Zucken des Augenlids, aber nur wenn man ganz genau hinschaut.

»Vielleicht morgen«, tröste ich ihn.

Er nickt. »Ja, morgen.«

Ich gehe zurück an den PC. Erin ist offline. Dann morgen, denke ich.

Ich muss etwa fünf gewesen sein, als Nate mir zum ersten Mal von Allison erzählte. Damals ging ich nahtlos von Märchenbüchern zu Konsolen über, und weil Allison aus einer vollkommen anderen Welt kam, hielt ich sie für eine Art Pixelheldin. Tatsächlich bestand sie in meiner Fantasie aus tausenden kleinen Quadraten. Trotzdem war sie wunderschön, das verstand sich von selbst. Man brauchte nur genug Vorstellungskraft.

Jeder in der Familie kannte die Geschichte von Allison und jeder hatte ein eigenes Bild von ihr. Sie war Fantasiefigur, Traumgeschöpf und der offizielle Grund, warum Onkel Nate nie geheiratet hatte.

Mein Bild von ihr wandelte sich, sie bekam mehr Kontur, je älter ich wurde und je besser die Graphikkarten meines PCs wurden. Sie beherrschte meine Fantasie mehr als jede Pornoseite, und ich schämte mich ziemlich, weil sie ja zu Onkel Nate gehörte. Aber vielleicht sah man es dort, wo sie herkam, nicht ganz so eng.

Damals war Allison für mich jedenfalls genauso real wie die Mädchen in meiner Klasse. Oder vielleicht eher wie die Schauspielerinnen im Fernsehen. Sie existierten, waren aber unerreichbar. So gesehen doch kein wirklicher Unterschied zu den Mädchen um mich herum.

Irgendwann hörte ich auf, an sie zu glauben. Jedenfalls daran, dass sie zurückkehren würde. Und ich glaube, das ging auch Onkel Nate so. Doch als er alt wurde, ich meine richtig alt, und sein Verstand langsam zu zerfallen begann, da kam die Mauer der Vernunft nicht mehr gegen die Bilder von damals an.

Das Langzeitgedächtnis bleibt am längsten erhalten. Das hat mir Doktor Bowers erklärt.

Seither sitzt Onkel Nate am Fenster und wartet.

Dass ich für die Pflege von Onkel Nate zuständig bin, hatte sich ganz natürlich ergeben. Wir sind beide ungebunden und die Geeks der Familie, wobei das zu seiner Zeit Sonderling hieß. Uns verbindet der Hang zur Phantasterei und wir sehen uns sogar irgendwie ähnlich. Nebenbei heißen wir gleich, wobei ich für alle nur Junior bin. Sonst wäre die Verwechslungsgefahr zu groß.

Ich hatte als Kind jeden Sommer am Meer verbracht, baden, rudern, Fliegenfischen, und nach einem Familienkrach war ich einmal für mehrere Monate bei Onkel Nate eingezogen. Ich kenne das Meer, den Strand und auch Onkel Nates Geschichten besser als jeder andere. Wir konnten uns gemeinsam erinnern.

Außerdem haben die anderen Kinder, den Job, den Garten, das Sabbatical, zu wenig Platz. Ich habe zwei abgebrochene Bachelor-Abschlüsse und ein kleines Online-Start-Up. Ich kann von überall arbeiten. Genauer gesagt: Ich kann überall auf Aufträge warten, die nicht kommen.

Jetzt wohne ich im selben Zimmer wie damals, mit Blick auf die Dünen. Den Meerblick beansprucht Onkel Nate und das ist okay. Ich habe ein Bett, eine Kommode und ein Regal, das ich nicht benutze. Den Klapptisch habe ich aus dem Keller geholt, er dient jetzt als Schreibtisch. Am liebsten sitze ich aber auf dem Bett, das Notebook auf den Oberschenkeln, und spiele Simulationsspiele. Oder ich chatte mit Erin. Mein Profilbild ist schmeichelhaft. Ihres bestimmt auch.

Das Haus riecht wie früher, nach Salzluft und Seetang und ein bisschen nach totem Fisch. Früher lagen immer Zitronen bereit. Damit wusch Onkel Nate sich die Hände. Der süßsaure Duft fehlt mir.

Die Möbel passen nicht wirklich zusammen, trotzdem hat jedes Stück seinen Platz. Die Dielen knarren, die Feuchtigkeit hat sich festgesetzt, das Fundament ist aufgequollen. Es müsste eine Menge am Haus gemacht werden. Über die Jahre haben sich viele Kleinigkeiten aufsummiert. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen soll.

Mit Onkel Nate ist es mehr oder weniger dasselbe. Die Demenz bringt ihn nicht um. Doch viele kleine Leiden machen seinen Körper zu einer Großbaustelle.

»Lohnt sich nicht mehr.« Er lacht, wenn er das sagt, meint es aber vollkommen ernst. Ich weiß nur nicht immer, wovon er redet. Vom Haus. Oder von sich selbst.

Im Schuppen ist der Fischgeruch am stärksten. Dort stehen die Schätze von früher. Das Boot, die Netze, alte Planen, Eimer und Köder, verschiedene Messer zum Ausnehmen. Auf dem Foto an der Wand hält er stolz einen riesigen Barsch in die Kamera. Er sieht zufrieden aus, kraftvoll und drahtig. Dieses Bild dokumentiert unsere angebliche Ähnlichkeit und könnte die Unterschiede nicht deutlicher hervorheben. Die Nase kommt hin, das Kinn auch, und wir haben die gleichen grauen Augen. Onkel Nate strahlt auf dem Bild vor Vitalität. Er geht fischen und wartet auf Allison. Das ist seine gesamte Passion. Und es reicht.

Ich bin ein blasses Abziehbild von ihm. Kein Sport, kein Job, kein Plan.

So viel zur Ähnlichkeit.

»Regen«, sagt Onkel Nate beim Aufstehen.

Ich verteile den Rasierschaum sorgfältig auf seinen Wangen. »Vielleicht klart es auf.«

»Nee.« Er sieht verdrießlich aus.

Allison kommt nicht bei Regen.

In letzter Zeit spricht er wieder mehr von ihr. Dafür vergisst er, worüber wir vor fünf Minuten geredet haben. Dass er schon gefrühstückt hat, zum Beispiel. Oder er schiebt das Tablett einfach weg. Kein Hunger. Dabei hat er bereits das Abendessen mit der Begründung abgelehnt, er habe schon gegessen.

Alles normal unter den gegebenen Umständen, sagt Doktor Bowers. Ich hatte es auch schon im Netz nachgelesen. Sogar Erin hat es bestätigt. Sie hat eine Oma, bei der ist es ähnlich.

Allison jedenfalls kommt nicht bei Regen. Ich habe das System noch nicht ganz durchschaut. Vielleicht mag sie kein schlechtes Wetter. Oder sie mag die Sonne zu sehr. Ich tippe auf Letzteres. Weil die Geschichte, versponnen hin oder her, immer Sinn ergeben hat, innerhalb einer ganz eigenen Logik. Wenn Allison eine Abneigung gegen Regen hatte, wieso war sie dann ausgerechnet am Meer aufgetaucht?

»Ein Unfall«, sagte Onkel Nate.

Klar. Was auch sonst.

Als es passierte, war Onkel Nate etwa so alt wie ich jetzt. Er hatte am offenen Fenster gesessen und aufs Meer geschaut. Etwas blitzte, es zischte, das Meer wurde kabbelig. Die Haare an Onkel Nates Armen richteten sich auf und in seinen Ohren sirrte es. Das Geräusch wurde erst laut, dann schrill, und gerade als er es nicht mehr aushielt, war es vorbei.

Nate schaute zum Himmel und wartete auf einen Donner. Der nicht kam. Der Himmel war voller Wolken, doch weit und breit war kein Gewitter in Sicht.

Es klopfte an der Tür. Nate öffnete, sie marschierte an ihm vorbei ins Haus, blickte sich um. Ein Windstoß fuhr durch die Tür herein, wehte ihr eine goldene Haarsträhne ins Gesicht und knallte das Fenster zu.

»Welches Jahr?«, fragte sie.

Onkel Nate sagte es ihr.

»Shit.« Sie zog ein Gerät hervor. Woher genau konnte Onkel Nate nicht sagen, sie war unbekleidet.

»Tee?«, fragte er.

Das Gerät zischte, würgte, spie einen Schwall Wasser und einen kleinen Krebs auf den Boden, dann verstummte es. Sie sah zu Nate auf. »Schnaps, wenn du hast.«

Der Krebs rannte über die Dielen und verschwand in einer breiten Spalte.

Mir erschloss sich nie so richtig, ob Allison aus der Zukunft gekommen war, von einem anderen Stern, mit einem Kometenhagel abgestürzt war oder aus einer Art Cyberversion von Wolkenkuckucksheim stammte. Dieser Teil der Geschichte variierte, je nachdem, wem Nate sie erzählte und in welcher Stimmung er sich befand. Jedenfalls musste es ein herrlicher Ort sein. Allison schwärmte ganze Nächte hindurch davon, während sie und Nate zusammen im Bett lagen.

Wie es zu diesem Teil der Geschichte gekommen war, darüber schwieg Nate sich geflissentlich aus. Dabei hätte der mich durchaus interessiert, spätestens als ich ins Teenager-Alter kam.

Allison sprach von fliegenden Zitteraalen, lebendigen Luftschiffen, aufrecht gehenden Schnecken und phosphoreszierenden Fledermäusen. Sie flogen in Schwärmen, in Formation, bevorzugt zu Harfenmusik.

Onkel Nate sagte, er würde all das wahnsinnig gern sehen.

»Wirst du«, versprach Allison. »Sobald ich dein Visum habe. Dann komme ich dich holen. Versprochen.«

Allisons Welt sei durchaus mit der unseren kompatibel. Die Atmosphäre sei weitgehend gleich, die Schwerkraft ebenfalls. An gewisse kulinarische Eigenheiten müsste sich Nate vielleicht gewöhnen. Da sei nur die Sache mit dem Visum. Die Bürokratie. Die sei kompliziert. Doch sie würde sich kümmern. Sie sei bereits dabei.

Ihr kleines, Krebse speiendes Gerät lag drei Tage zum Trocknen auf der Fensterbank, dann funktionierte es wieder.

»Ich werde dann mal«, sagte Allison.

»Bis dann«, meinte Nate.

Allison drückte verschiedene Knöpfe. Es surrte, es blitzte, die Haare an Onkel Nates Armen stellten sich auf. Dann war sie weg.

Seitdem wartet er. Darauf, dass ein Haufen vielleicht extraterrestrischer Papierkram erledigt wird.

»Sie hat dich einfach vergessen«, sagte Cousine Hettie eines Tages in einem Anfall von Bosheit. Es war Thanksgiving und bekanntermaßen passieren die schlimmsten Streitereien unter dem Einfluss von Truthahn und Pie. Außerdem litt Hettie gerade unter Liebeskummer.

Trotzdem verschluckte ich mich fast an meiner Limonade und sah alarmiert zu Onkel Nate hinüber.

Der lächelte nur. »Hat sie nicht.«

»Dann hat sie vielleicht etwas Besseres gefunden.« Gerüchteweise war Hetties Ex neuerdings mit einem Koch aus New York liiert. Dessen Cheesecake war einfach nicht zu schlagen.

Auch diese Zweifel lächelte Nate einfach weg. »Das hätte sie mir gesagt.« Er zwinkerte mir über den Tisch hinweg zu. Der Familienfrieden war gerettet. Unsere gemeinsame Geschichte von Allison auch.

Ich verzieh Hettie, weil Nate es tat. Trotzdem kaufte ich jedes Mal New Yorker Cheesecake, wenn sie zu Besuch kam.

Im Laufe der Zeit wandelte sich die Geschichte um Allison und wurde ausgeschmückt. Ihre Welt wurde bunter und größer, gewann an Farbe, Leben und Infrastruktur. Es gab eine Bibliothek mit dreihundertsiebenundachtzig Stockwerken, fünftausend Fachbereichen und hunderttausenden Kategorien und Unterkategorien. Freundliche Androiden verteilten Kaffee und Kekse und wenn man mal etwas verschüttete, war das kein Problem. Bücher, Datenbänke und sogar die Teppiche waren selbstreinigend. Es gab einen Phosphorwald, sprechende Bäume, flüsternde Steine und Wetterleuchten, das auf die Emotion des Betrachters reagierte. Orange bedeutete glücklich, violett stand für Verzweiflung und bordeauxrot für allgemeine Verwirrung bei hoher intellektueller Auslastung.

Ich weiß nicht, wie viel Onkel Nate dazu gedichtet hat und welche der phantastischen Bilder von mir selbst stammten, möglicherweise stahl ich sie mir aus Büchern und Filmen zusammen, vielleicht tat Onkel Nate es auch und unser Cyber-Wolkenkuckucksheim wurde mehr und mehr kulminierte Wunschvorstellung. Ich meine, wie viel konnte Allison ihm wirklich erzählt haben, damals, im Bett? Dort war man doch sicher mit anderen Dingen beschäftigt?

Manchmal gibt es bestimme Momente, die alles verändern, und manchmal vollzieht sich diese Veränderung langsam und unmerklich. Als Kind fand ich alles irgendwie okay, dann zogen wir um, ich wechselte die Schule, verlor den Anschluss an meine alten Freunde und fand keine neuen. Das Leben nahm Fahrt auf in eine Richtung, die mir nicht gefiel. Aber ich konnte nichts dagegen tun. Man kann nicht mehr an den Startpunkt zurück. Mit Allison war das genauso. Als ich begriff, dass sie nicht real war, und dieses Begreifen kam eher schleichend, da existierte sie trotzdem für mich weiter. In etwa so wie der Weihnachtsmann oder die Zahnfee. Das Bild im Kopf verschwindet nicht einfach, doch es verliert an Lebendigkeit und irgendwie auch an Bedeutung.

Ich versuchte es eine Weile in der echten Erwachsenenwelt. Doch als es Onkel Nate schlechter ging, als er zum ersten Mal verwirrt am Strand herumlief und danach von Heimunterbringung die Rede war, kehrte ich zurück. Zu Onkel Nate und seinen Geschichten, in das alte Haus am Meer. Zu der Stunde von Sonne und Wolkenbruch.

Onkel Nates Geist verabschiedet sich langsam. Besucher erschrecken sich jedes Mal, ich selbst bemerke den Unterschied kaum. Er spricht immer weniger. Aber wir verstehen uns trotzdem. Er sagt meinen Namen nicht mehr, doch er lächelt, wenn er mich sieht.

Jetzt bin ich es, der von Allison erzählt. Manchmal schüttelt er wild den Kopf. Ich erzähle wohl falsch, weiß aber nicht, wo genau der Fehler liegt.

Doktor Bowers sagt, Onkel Nates Herz sei schwach und er rät nun doch dringend zu einem Heim. Davon wollen wir nichts hören.

Tag für Tag sitzt Onkel Nate am Fenster und ich frage mich, ob er noch weiß, wieso. Das Licht bricht durch die Wolken, der Horizont verschwindet. Der Moment kommt und verstreicht.

»Vielleicht morgen«, sage ich. Manchmal drückt Onkel Nate meine Hand. Meistens passiert gar nichts.

Erin und ich chatten immer noch, mehr sogar, seit ich der Einzige bin, der hier im Haus noch spricht. Sie schickt mir ihre Nummer und ein Foto. Es schüchtert mich derart ein, dass ich ihr volle drei Tage nicht antworte.

Ob sie mal herkommen soll, fragt sie an Tag vier. Weil ich Nate doch nicht allein lassen kann.

Eher ungünstig, schreibe ich zurück. Seitdem meldet sie sich nur noch sporadisch. Onkel Nate würde Einiges dazu zu sagen haben, auf seine Art. Also habe ich es ihm lieber gleich verschwiegen.

Doktor Bowers fängt immer wieder an. Es gäbe da eine gute Einrichtung, gar nicht weit von hier. Ich schaue es mir im Netz an.

»Kommt nicht infrage«, erkläre ich dann.

»Hören Sie, Nate – «

»Junior.«

»Hören Sie … Junior«, er spricht es mit Unbehagen aus, »ich sehe, wie sehr Sie sich anstrengen.« Dann redet er von Profis, von Ausbildung, Fürsorge, Leuten, die sich auskennen mit Nates Krankheitsbild und wie gut sie sich kümmern würden.

»Das bezweifle ich gar nicht«, bemerke ich.

»Was«, fragt Bowers, »ist dann das Problem?«

»Kein Fenster zum Meer.«

Erin ist auf der Seite des Doktors.

»Weißt du, Nate – «

»Junior.«

»Okay, Junior, willst du meine Meinung? Ich glaube, es geht dir gar nicht um Nate. Du hast einfach Angst.«

»Wovor?«

»Sag du’s mir.«

Ich drücke sie weg.

Ich habe Onkel Nate ans Fenster gesetzt, wie immer. Er schaut hinaus, wie immer. Heute hat er sogar meine Hand gedrückt. Da sind mir plötzlich die Tränen gekommen, also bin ich geflüchtet, runter zum Strand. Jetzt sitze ich im warmen Sand und frage mich, ob sie recht haben. Erin und der Doktor und auch alle anderen, die sich ungefragt einmischen. Ob Nate bei den Profis nicht besser aufgehoben wäre. Was dann aus ihm werden wird. Und aus mir.

Die Sonne leuchtet auf das Meer, der Horizont verschwimmt. Und ich muss mir eingestehen: Für mein Leben habe ich keinen Plan B.

Es blitzt, sirrt, das Wasser wird kabbelig, die Haare auf meinem Rücken stellen sich auf und für einen Moment ist das Geräusch so schrill, dass ich die Augen zukneifen und mir die Ohren zuhalten muss. Als ich sie wieder öffne, sehe ich einen zweiten Schatten im Sand.

»Nate?«

Bei Fremden reagiere ich auf meinen Namen. Auch wenn sie keine wirkliche Fremde ist.

»Ich habe das Visum. Tut mir leid, hat ein bisschen gedauert. Der ganze Papierkram, du weißt schon.«

Sie sieht anders aus als in meiner Fantasie. Kleiner. Ihre Haare sind heller, glatter. Und sie trägt einen engen, schwarz schimmernden Anzug, über den ab und zu winzige Blitze laufen.

»Hi, Allison.«

»Du sprichst es immer noch falsch aus.« Sie lacht, und wiederholt den Namen, Silbe für Silbe.

El-I-Son.

Der Unterschied ist minimal und meine Zunge bekommt ihn nicht zu fassen, auch nach zwei Versuchen nicht. Ich starre sie an, möchte sie berühren, ihr Lächeln mit dem Finger nachzeichnen. Das ist sie also. Das Wesen aus einer anderen Zeit, aus Cyber-Wolkenkuckucksheim, die verirrte Weltraumtouristin.

Sie streckt die Hand aus. »Kommst du?«

Tanzende Fledermäuse. Die Bibliothek mit fast vierhundert Stockwerken.

Lebendige Luftschiffe, flüsternde Steine und Wetterleuchten, das auf Gefühle reagiert.

All das bietet sie mir als Geschenk an.

Und alles, was ich dafür tun muss, ist, loszulassen. Eine Welt verlassen, in die ich ohnehin nie gehört habe.

Ich würde Onkel Nate nicht einmal etwas wegnehmen. Er hat seine eigene Traumwelt im Kopf. Für ihn wird sich praktisch nichts ändern. Abgesehen von der Pflegeperson. Ich muss Doktor Bowers anrufen. Der wird sich um alles Weitere kümmern.

Sie steht da, ihr Haar leuchtet in der Sonne. Ich muss nur ihre Hand nehmen.

Als ich zurückweiche, runzelt sie die Stirn.

»Ich bin nicht dein Nate«, sage ich.

»Oh.« Sie nickt kurz. »Jetzt, wo du’s sagst …« Sie mustert mich von oben bis unten. »Welches Jahr?«, will sie dann wissen.

Ich sage es ihr.

»Shit«, murmelt sie.

Ich deute zum Haus. Das Fenster reflektiert das Sonnenlicht, dahinter ist nichts zu erkennen. Seltsam, es aus dieser Perspektive zu betrachten. »Dort.«

Sie berührt mein Gesicht. Von ihrem Finger geht eine winzige Spannung aus, wie von einer Batterie. »Danke.« Dann rennt sie aufs Haus zu. Ihre Füße wirbeln den Sand auf, sie sieht aus wie ein glückliches Kind. Die Zeit ist für Onkel Nate anders vergangen. Aber vielleicht ist das dort, wo sie herkommt, nicht wichtig.

Erneut setze ich mich in den Sand, schaue aufs Meer und warte, dass es passieren wird.

Es blitzt, sirrt, die Haare in meinem Nacken stellen sich auf. Dann ist es vorbei.

Langsam sinkt die Sonne hinter den Horizont. Ich brauche mich nicht zu beeilen. Im Haus wartet nichts auf mich. Das weiß ich.

Onkel Nates Verschwinden wird mich in eine gewisse Erklärungsnot bringen. Zumindest Doktor Bowers wird Fragen stellen. Ich sollte ihn anrufen. Das hatte ich ja sowieso vor.

Ich ziehe das Telefon hervor und halte es dann untätig in der Hand.

Ein letztes Restlicht leuchtet dort, wo Meer und Himmel aufeinandertreffen, dann verschwindet auch das. Es wird kalt. Ein Stern blinkt auf. Die Venus. Oder die Cyberversion von Wolkenkuckucksheim.

Ich winke, lächele. Schaden kann es nicht.

Dann wähle ich endlich die Nummer aus meiner Kontaktliste. Beim dritten Klingeln hebt sie ab.

»Junior?«, fragt Erin leise.

»Nate.« Meine Stimme zittert.

»Oh«, sagt Erin. Bei ihr klingt es anders als bei Allison/El-I-Son. »Oh«, wiederholt sie. Ich höre sie atmen, zweimal, fünfmal. »Ich komme zu dir. Jetzt gleich.«

Mein Herz klopft heftig gegen meine Rippen, das Telefon an meiner Wange wird heiß. »Ja.« Jetzt zittert meine Stimme noch mehr. »Ja, bitte.«

Inspiration

Die Illustration »Altes Fenster« von Mario Franke hat mich sofort fasziniert. Davon war ich selbst ein bisschen überrascht. Die Galerie war voll surrealer Wunderwerke – und ich liebe es surreal. Das Fenster schien keine Richtung vorzugeben, keinen Hinweis auf Ort, Zeit oder Figuren zu liefern. Der Zugang verlief eher emotional. Ich sah Sehnsucht, (verlorene) Schönheit, Verfall und irgendwie ging es auch um eine ganz, ganz große Liebe. Dabei stehe ich gar nicht auf Liebesgeschichten, jedenfalls rede ich mir das selbst immer wieder gerne ein. Das Bild »Blitzfrau« von Mario Franke lieferte den letzten nötigen Funken, meine Muse* war wachgeküsst und es war klar: Um die Liebe komme ich jetzt auch nicht mehr herum.

DAS WIEDERSEHEN

von Robert Diemrich

Er hatte sich den Stuhl etwas bequemer vorgestellt. Die Armlehnen waren mittelhart gepolstert und fühlten sich an der Oberfläche etwas rau an. Auch die Rückenlehne war für seinen Geschmack zu stark gebogen und beim Übergang zur Sitzfläche klaffte eine Lücke, die seinen unteren Lendenwirbel ein Gefühl der Nacktheit gab.

»Sitzt alles gut?«, fragte die nette Assistentin, deren Namen sich Frank nicht gemerkt hatte.

»Ja, ich denke, das sollte so passen«, erwiderte er, ohne sie dabei anzusehen.

Mit ihrem blonden Zopf und ihrer Stupsnase war sie nicht unattraktiv. Unter anderen Umständen hätte er aus Prinzip einen Flirt mit ihr angefangen. Sein Körper war in Bestform und sein Selbstvertrauen schier endlos, doch seine Konzentration galt ganz der Erfahrung, die ihm gleich bevorstand.

»Die Reise wird, wie besprochen, zwischen fünfzehn und zwanzig Minuten dauern. Das Programm wird nach einer Viertelstunde die beste Phase für ein Ende auswählen und Sie dann sanft zurückbringen. Die vergangene Zeit wird Ihnen aber wesentlich länger vorkommen.«

»Wie lange denn etwa?«, fragte Frank mit verschmitztem Lächeln.

»Das ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Kunden berichten von Stunden, andere sogar von Jahren. Aber keine Angst: Ihr Zeitgefühl wird sich nach dem Aufwachen schnell wieder normalisieren«, versicherte die stupsnasige Assistentin, die Frank etwas zu jung für eine so verantwortungsvolle Aufgabe schien.

»Ich bleibe für alle Fälle hier im Raum. Aber eigentlich regelt der Computer alles allein. Sind Sie bereit?«

»Ja«, sagte Frank.

»Sehr gut. Dann genießen Sie ihr Geburtstagsgeschenk, Herr Neumann! Bis gleich.«

Ein passenderes Geschenk hätten ihm seine Freunde nicht machen können, dachte er, während die transkranielle Stimulationsvorrichtung an seinem Kopf ein scheuklappenähnliches Modul ausfuhr, das sich sanft über seine Augenlider legte und so jegliches Licht im Raum abschirmte. Das Gerät würde in Kürze die starre Funktionstrennung seiner Hirnregionen auflösen und Areale miteinander kommunizieren lassen, die eigentlich nicht miteinander kommunizieren dürften, hatte man Frank erklärt. Ein leises Brummen breitete sich in seinen Gehörgängen aus, während die Synapsen in seinem Kopf zu einer maximal überwältigenden Erfahrung animiert wurden.

»CCPE – Computer Controlled Psychedelic Experience: Die sicherste Art, durch Ihr Innerstes zu reisen«. So stand es auf der Gutscheinkarte, die sie ihm zu seinem dreißigsten Geburtstag geschenkt hatten.

»Jetzt hast du kleiner Schisser keine Ausrede mehr«, hatte Sven mit einem überbreiten Grinsen zu ihm gesagt. Und er hatte Recht: CCPE war die Option für Hosenscheißer. Eine psychedelische Erfahrung, die im Vergleich zu den natürlichen Trips nicht ins Grauen kippen konnte, da ein allgütiger Computer über alle potenziell bedrohlichen Vorgänge im Gehirn wachte und so sicherstellte, dass sich keine emotionalen Abwärtsspiralen oder toxischen Rückkopplungsschleifen bildeten. Schon zu Beginn seines Studiums hatten seine Abenteuerlust und seine Genusssucht ihn dazu getrieben, mit verschiedensten Drogen zu experimentieren. Speed, MDMA, Methamphetamin, Codein, Heroin: Nahezu alle aufputschenden und sedierenden Substanzen hatte er in seinem illustren Freundeskreis mindestens einmal ausprobiert. Nur vor den unendlichen Weiten eines psychedelischen LSD-, Psilocybin- oder DMT-Trips hatte er sich stets gedrückt.

»Es war unbeschreiblich. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, eins mit der Welt zu sein, und die Welt bestand nur noch aus purer Liebe!«, hatte Richard nach seinem ersten Psilocybin-Rausch geschwärmt.

Doch es kursierten auch zahllose Berichte über Menschen, die während solcher Erfahrungen unvorstellbares Grauen durchlebt und infolgedessen bleibende Psychosen davongetragen hatten. Frank wollte unbedingt die Ekstase empfinden, von der Richard berichtet hatte, aber ohne das Risiko, dabei seinen Verstand zu verlieren.

So kam es, dass er nun hier lag, eine Woche nach seinem dreißigsten Geburtstag, in totaler Dunkelheit, auf der Suche nach dem letzten Kick, der ihm noch fehlte, auf der Jagd nach dem ultimativen Rausch. Lange genug hatten Richard, Sven und die anderen ihn für seinen fehlenden Mut belächelt und ihn wegen seiner Horrortrip-Paranoia aufgezogen. Es war Zeit für die nächste Stufe seiner Entwicklung, dachte Frank, während sich das leise Brummen in seinen Gehörgängen in ein lautes Pfeifen verwandelte, das mit einem unbeschreiblichen Wärmeschauer einherging. Das schwarze Nichts hinter seinen Augenlidern begann zu funkeln und abstrakte Formen anzunehmen. Kreise und Rechtecke bildeten sich, erst in Pink und dann in allen erdenklichen Spektralfarben. Die Formen begannen sich zu überlagern und bewegten sich dynamisch auf ein Gravitätszentrum zu, weg von seinem Auge, hin zu einem weit entfernten Punkt, der alles aufzusaugen schien. Eigentlich hätte ihn spätestens jetzt eine gewaltige Angst packen müssen, doch stattdessen nahm eine unerklärliche Euphorie von ihm Besitz, die nur dem Zutun des CCPE-Programms geschuldet sein konnte. Wie getrieben ließ er alles geschehen und flog an den kaleidoskopisch morphenden Farben und Formen vorbei Richtung Mittelpunkt, sodass sich eine Art Tunnel um ihn herum bildete, der von einer unbeschreiblichen Schönheit war. Alle Naturschauspiele, die er in seinem Leben genossen hatte, waren nichts im Vergleich zu diesem Anblick. Ihm war, als wären alle Sonnenaufgänge, alle Sternenhimmel und alle Mondfinsternisse, die er je gesehen hatte, nur eine vage Andeutung dieses Ereignisses gewesen. Sein Körper wurde weich und jede Zelle verwandelte sich in Freudentränen, die einander umarmten und liebkosten. Das hohe Pfeifen in seinen Ohren entpuppte sich als ein Stimmorchester, das ihn gütig in eine Welt einlud, die sich fremd und vertraut zugleich anfühlte.

Am Ende des Tunnels strahlte ein Licht, das so hell war, dass Franks ganzes Sein darin aufging. Sein Körper löste sich vollständig auf. Er war da und doch weg, er dachte und tat es doch nicht, und er fühlte etwas, das alle Worte lächelnd verblassen ließ. War er tot? Wenn ja, dann war »tot« der schönste, beste und vollkommenste Zustand der Welt. Denn hier war alles tot und maximal lebendig. Frank fühlte sich so am Leben, dass er aufhörte Frank zu sein. Er war nur noch ein War, ein Vergangenes, ein Überwundenes.

Und dann eine Stimme: »Frank, alles ist gut.« Johanna, seine erste Freundin, die ihn nach nur einem Jahr wegen seiner Untreue verlassen hatte, stand auf einmal neben ihm. Mitten im Licht, mitten im Nichts. Sie war auf eine formlose Weise nackt, aber ihr Gesicht war deutlich erkennbar.

»Es ist gut«, sagte sie und ihre Stimme klang mit einem Mal anders. Er hörte nun die Stimme von Sonja, die er während seiner dreijährigen Beziehung so furchtbar behandelt hatte, und ehe dieser Eindruck sich verfestigen konnte, verwandelte sich Sonja in Linda, seine letzte Freundin, die er von allen am tiefsten verletzt hatte. Es folgten unzählige flüchtige Bekanntschaften, deren Namen, Gesichter und Stimmen er schon völlig vergessen hatte. Sie alle sagten ihm, dass alles gut sei, und so fühlte es sich auch an. Nichts spielte mehr eine Rolle, alles war gut.

Dann hörte er von hinten ein hohes Bellen. Er erkannte es sofort: Milo war da. Der prächtige Golden Retriever seiner Großeltern, der ihm seine Kindheit so versüßt hatte. Wie schön er war. Frank hatte plötzlich wieder einen Körper und Arme, Hände und Finger, mit denen er Milo durchs Fell fahren konnte. Er drückte ihn fest an sich, Milo winselte freudig und verwandelte Frank so wieder in einen achtjährigen Jungen. Seine Kindheit war gut gewesen, begriff er, sein ganzes Leben, einfach alles war rückblickend betrachtet gut gewesen.

Er legte seinen Kopf auf Milo und seine Finger fuhren durch das weiche Fell, während diese Gedanken ihn erfüllten. Doch dann ertastete er unter dem Fell etwas Merkwürdiges. Milos Haut wurde immer härter und die Haare immer kürzer und stacheliger. Ein dunkles Gefühl ergriff schlagartig Besitz von Frank. Er zog seine Hand zurück, hob den Kopf, betrachtete die Farben und Formen vor ihm und sackte zu Boden.

Nein, das konnte nicht sein.

Das durfte nicht sein!

Vor ihm stand nicht Milo, sondern eine riesige Spinne. Ihre Beine bewegten sich langsam und asynchron, so als würde sie sich erst allmählich ihres Daseins bewusst werden, ehe sie ihren Kopf langsam Frank zuwendete und ihre abstoßenden, bestialischen Mundwerkzeuge offenbarte. Die mit Giftdrüsen besetzten Kieferklauen trieften vor Speichel, als sie sich spreizten, und ein feuchter Zischlaut entfuhr dem gewaltigen Ungeziefer.