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Friedrich Gerstäcker war plan- und ziellos, als er 1837 im Alter von 21 Jahren mit einem Auswandererschiff von Bremerhaven nach New York segelte. Von Beginn an führte er Tagebücher und schickte sie seiner Mutter, die sie ohne sein Wissen in einer Wochenzeitschrift veröffentlichte. Sechs Jahre später bei seiner Rückkehr nach Deutschland war er, ohne es zu ahnen, bereits allseits bekannt. Es waren sechs Jahre voller abenteuerlicher, lustiger und skurriler Erlebnisse, in die der Leser hautnah mitgenommen wird. Die Reise beginnt im völlig überfüllten Zwischendeck des Auswandererschiffes. Seekrankheit, heilloses Durcheinander, 1,80 m * 1,80 m große Kojen für fünf Mann, etc. nimmt Gerstäcker mit Gelassenheit und Humor. In Amerika angekommen lässt er sich treiben, probiert etliche Jobs aus, schlägt sich als Jäger einsam in der Wildnis durch und trifft die skurrilsten Menschen. Als Koch auf einem Flussdampfer, ohne eine Ahnung vom Kochen zu haben; bei Eiseskälte mit nur noch einem Schuss im Lauf zwei Tage in der Wildnis; ein Methodistenprediger, der das Ende seines Gesangs vergessen zu haben schien - es klingt teilweise unglaublich. Gerstäcker machte später aus all dem sein erstes Buch (Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika). Maja Jonas hat daraus die spannendsten Zitate herausgesucht, mit wissenswerten Informationen versehen und so für den heutigen Leser aufbereitet.
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Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Hinweis:
In diesem Buch werden Friedrich Gerstäckers eigene Erzählungen von seiner ersten Amerikareise verwendet. Die Zitate wurden unbearbeitet aus der Literatur entnommen, in Anführungszeichen gesetzt und kursiv (in Schrägschrift) geschrieben.
Die Ausdrucksweise war damals, im 19. Jahrhundert, natürlich eine andere als heutzutage. Zwar wurde das Buch, aus welchem die Zitate entnommen sind, überarbeitet, und unserer heutigen Ausdrucksweise geringfügig angepasst, aber die Texte sollten dabei so original wie möglich bleiben. Die Begriffe „Indianer“ und „Wilde“ für die amerikanischen Ureinwohner (heutige Bezeichnungen: Native Americans; Indigene) und „Neger“ für die ehemaligen Sklaven (heutzutage: Schwarze, People of Color) waren damals geläufig und werden auch in diesem Buch – allerdings nur in den historischen Zitaten – so belassen.
Texte: © Copyright 2023 by Maja Jonas
Umschlag- und Textgestaltung: © Copyright by Lena Göwecke
Unter Verwendung von Bildmaterial aus dem Archiv der
Gerstäcker-Gesellschaft e.V., Braunschweig;
Verlag: Maja Jonas, Braunschweig 2023
c/o autorenglück.deFranz-Mehring-Str. 1501237 Dresden
Druck: epubli – Service der neopubli GmbH, Berlin
Inhalt
Friedrich Gerstäcker
Auf dem Auswandererschiff
Ankunft in Amerika
Was nun?
Die Backwoods
Friedrich Gerstäckers Berufe
Die „Indianer“ (heutige Bezeichnungen: Native Americans; Indigene)
Die Rückreise
War es wirklich so?
Wissenswertes über Friedrich Gerstäcker
Verwendete Literatur:
Vielleicht kennst du Friedrich Gerstäcker. Vielleicht hast du schon mal gehört, dass er Schriftsteller war und viel über Amerika geschrieben hat. Wenn nicht, liegt es wahrscheinlich daran, dass man ihn im Laufe der Zeit etwas vergessen hat. Zu seiner Zeit, im 19. Jahrhundert (geb. 1816 in Hamburg – gest. 1872 in Braunschweig), war er ein sehr bekannter und angesehener Mensch, Abenteurer und Schriftsteller.
Ein gewöhnlicher Schriftsteller, der zu Hause am Schreibtisch saß und ein Buch nach dem anderen verfasste, war Gerstäcker allerdings nicht. Er hatte ein für die damalige Zeit außergewöhnlich abenteuerliches Leben, denn er bereiste viele Länder auf der ganzen Welt, als das noch kaum jemand anders tat und erkundete meist die unerforschten und unbekannten Gegenden. Er war sich auch nicht zu schade, auf den Reisen für seinen Lebensunterhalt schwerste Arbeit anzunehmen und war für alles Neue – ja, für jedes Abenteuer zu haben.
Als junger Mann wurde Gerstäcker von der Auswanderlust gepackt, denn damals gab es eine große Auswanderungswelle aus Deutschland und ganz Europa. Besonders in Amerika wollten viele ihr Glück versuchen und erhofften sich dort ein besseres Leben. Gerstäcker wollte raus aus den festen, einengenden Regeln der deutschen Gesellschaft und fuhr deshalb mit einem Auswandererschiff 1837 mit 21 Jahren von Bremen aus nach New York.
Insgesamt blieb er 6 Jahre in Amerika und schrieb all seine Erlebnisse immer sofort in seinen Tagebüchern auf. Dann schickte er sie seiner Mutter nach Deutschland, damit sie ein Lebenszeichen von ihm und eine Vorstellung seiner Erlebnisse bekam. Ohne dass er es zunächst selbst ahnte, legte er damit den Grundstein seiner Schriftstellerkarriere. Und das erzählte Gerstäcker später so:
„Geschrieben hatte ich in Amerika natürlich nichts, als Briefe an meine Mutter, und um diese in einem regelmäßigen Gange zu halten, eine Art von Tagebuch geführt. Wie ich mir nun erst in Louisiana das Geld zu meiner Heimreise verdient, nahm ich in New-Orleans Passage auf einem deutschen Schiff, erreichte Bremen und blieb nur einen Tag in Braunschweig, um dort, wo ich den größten Theil meiner Knabenjahre verlebt, alte Freunde zu besuchen. Dort wurde ich gefragt, ob ich der Gerstäcker sei, der seine Reise in den damals von Robert Heller redigirten1 „Rosen“ veröffentlicht habe. Ich verneinte das natürlich mit gutem Gewissen, denn ich kam frisch aus dem Wald heraus und kannte weder „die Rosen“ noch irgend eine andere der neueren deutschen Zeitungen; aber die Leute, die jene Artikel gelesen hatten, erzählten mir jetzt Scenen aus meinem eigenen Leben und setzten mich dadurch in nicht geringes Erstaunen, denn woher konnten sie das wissen?
In Leipzig erst, wo ich meine Mutter wiederfand, wurde mir das Räthsel gelöst. Sie hatte mein Tagebuch an Robert Heller gegeben und dieser den größten Theil desselben in seinen „Rosen“ aufgenommen. So hat mich denn Robert Heller eigentlich zum Schriftsteller gemacht und trägt die ganze Schuld, denn in Dresden wurde ich später veranlaßt, diese einzelnen Skizzen zusammen zu stellen und ein wirkliches – mein erstes Buch – zu schreiben.“2
Friedrich Gerstäcker nahm also seine Tagebücher aus Amerika und verfasste damit sein erstes Buch mit dem Titel „Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nord-Amerikas“. Das hört sich erstmal an, wie ein Reisebericht. Für viele Menschen, besonders für diejenigen, die planten auszuwandern, war es aber mehr. Endlich konnten sie sich genauere Vorstellungen machen, wie es in Amerika zuging. Das hat manch einem die Angst vor dem Ungewissen genommen. Manch einen hat es aber auch merken lassen, dass seine schönen Träume von der neuen Welt übertrieben waren.
Wie damals alle Auswanderer, ist Friedrich Gerstäcker mit einem Auswanderersegelschiff nach Amerika gesegelt. Auf dem Schiff gab es einige wenige kleine Kajüten, welche sich besser gestellte Reisende mieteten. Gerstäcker selbst fuhr aber im Zwischendeck mit. Dort war es für die über 100 Passagiere unvorstellbar eng, stickig und unbequem. Die Schiffe waren meist völlig überladen. Gerstäcker beschreibt viele Situationen so genau und anschaulich, dass man meinen könnte, man wäre mit an Bord, mitten im Schauplatz.
Hier nun einige Ausschnitte aus seinen Schilderungen:
„Noch unmöglicher wäre es, dem Leser auch nur eine Idee von der Unordnung und Verwirrung zu geben, die bei unserer Ankunft an Bord entstand. Einer der Kähne3war schon vor zwei Tagen mit der Hälfte der Passagiere angelangt. Die hatten den Vorteil genutzt und sich die besten Kojen oder Schlafstellen ausgesucht und ihr Gepäck gut untergebracht… Wir waren fünf, die das Schicksal in eine sechs mal sechs Fuß große Koje geführt hatte mit der kühnen Idee dem Schlummergott gemeinsam in die Arme zu sinken. Tatsächlich wäre ihm das einzeln auch gar nicht gelungen, so dicht mussten wir uns zusammenlegen. Jeder hatte eine Matratze und eine Decke und wir krochen hinein. Als vier Mann zusammenlagen, von denen zwei jeweils 230 Pfund (ungefähr 115 kg) auf die Waage brachten, war der Raum ausgefüllt. Wo sollte der fünfte Mann hin? Quer darüber? Dagegen protestierte die Unterlage. Unter die Köpfe? Das wäre für H., den fünften Mann, nicht sehr angenehm gewesen. Außerdem war er so eckig und knochig, dass ich für unsere Köpfe fürchtete. Endlich legten wir uns alle auf die Seite und H. schob sich noch hinein. Er passte gerade in die Lücke, ein Umdrehen war jetzt aber nicht mehr möglich. So verbrachten wir die erste Nacht auf dem ersehnten Schiff.
Als ich am nächsten Morgen auf der linken Seite erwachte – die rechte war und blieb fest eingeschlafen –, schienen mir sämtliche Glieder wie zerschlagen. Es fehlte nicht viel und ich hätte Heimweh bekommen.“4