An erster Stelle bin ich Mensch! - Mandy Capristo - E-Book

An erster Stelle bin ich Mensch! E-Book

Mandy Capristo

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Beschreibung

Ihr Weg in der Musikbranche bereicherte Mandy Capristo mit vielen wertvollen Momenten. Doch das Erwachsenwerden in der Öffentlichkeit hat sie gelehrt, wie wichtig es ist, an allererster Stelle bei sich zu bleiben, auf sich selbst aufzupassen und mit all den Emotionen umzugehen. In unserer Gesellschaft ist das Streben nach Perfektion und das »Immer-funktionieren-müssen« omnipräsent. Dabei vergessen wir, uns auf die wesentlichen Dinge und Momente zu fokussieren. »Deinen Wert und dein persönliches Glück, definierst nur du selbst«, etwas, das die Sängerin heute gerne ihrem jüngeren Ich mitgeben würde. In ihrem Buch teilt Mandy ihre Erfahrungen von Mensch zu Mensch und zeigt, wie selbst der dunkelste Weg, das schönste Ziel mit sich bringen kann. Sie möchte ermutigen, die eigenen Werte zu entdecken und zu leben – ohne Druck und Selbstoptimierung. »An erster Stelle bin ich Mensch!« soll die Leser und Leserinnen sich selbst genug fühlen lassen, ohne ein »Erst wenn« in Gedanken. Es geht um ein bedeutungsvolles Leben, bei dem emotionale und mentale Gesundheit an allererster Stelle stehen.

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Seitenzahl: 250

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Bildnachweis:

© privat: S. 8

©Anelia Janeva: S. 12, S. 18, S. 63, S. 65, S. 114, S. 147, S. 195, S. 199, S. 205, S. 206/207 (https://aneliajaneva.com)

©Katrin Schöning: S. 24, S. 95, S. 171 (https://www.katrinschoening.com)

Die Inhalte dieses Buches geben zum großen Teil persönliche Erfahrungen und Erlebnisse aus der Erinnerung wieder. Es besteht kein Recht auf Vollständigkeit.

Die Inhalte ersetzen keine Therapie oder einen ärztlichen Rat. Im Fall einer psychischen Erkrankung oder des Verdachts auf eine Depression ist das Gespräch mit einem Arzt/einer Ärztin und/oder einem Psychotherapeuten unverzichtbar. In akuten Fällen oder bei Gedanken an Suizid, solltest du sofort Hilfe in der nächsten psychiatrischen Klinik suchen oder die 112 anrufen.

Umfassende Informationen sind auch bei der Deutschen Depressionshilfe zu finden:

»http://www.deutsche-depressionshilfe.de« www.deutsche-depressionshilfe.de

Originalausgabe

1. Auflage 2022

Verlag Komplett-Media GmbH

2022, München

www.komplett-media.de

E-Book ISBN: 978-3-8312-7125-2

Redaktion: Christine Dohler, Hamburg

Lektorat: Redaktionsbüro Diana Napolitano, Augsburg

Korrektorat: Katharina Theml, Wiesbaden

Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München

Umschlagmotiv: ©Anelia Janeva

Layout: Heike Kmiotek, Düsseldorf

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

Druckvorstufe: Lorenz + Zeller GmbH, Inning a. Ammersee

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim www.brocom.de

Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrecht zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.

Diese persönlichen Zeilen widme ich dirund all den Menschen, die durch ihren Glauben an michmein Leben zum schönsten Ort machen.

Dieses Buch geht an meine Fans,die IMMER an meiner Seite sind und mir Liebeschenken, wenn ich sie am meisten brauche.

An meine Familie und meine Freunde,die für mich da waren und die Melodie meinesLebens mit mir sangen, als ich sie vergaß.

Ihr seid mein Leben.

Für immer dankbar.

Eure Mandy

Inhalt

Brief an mein jüngeres Ich

Ich bin an erster Stelle Mensch!

FELICE

Glück ist ein inneres Gefühl

EMPATHY

Ich fühle mit dir – und anderen

LOVE FOR YOURSELF

Die Liebe zu dir selbst ändert dein Leben

INTUITION & IDENTITY

Wir sind die Antwort auf unsere Fragen

CARE

Sorgst du für dich, sorgst du für andere

EVOLVING

Versprich mir, dass du an dich glaubst!

Brief an mein zukünftiges Ich

Danksagung

Brief an mein jüngeres Ich

Liebe Mandy,

du sitzt auf deinem Bett im Schneidersitz und betest. Das hast du viel gemacht. Du hast schon immer gewusst, dass es etwas Höheres gibt. Und du hast dieses Gefühl »den lieben Gott« genannt. Diese Verbindung hat dich stärker und sicher fühlen lassen. Du bist ein schüchternes Mädchen und vertraust Menschen nur schwer. Du brauchst immer einen Moment, bis du dich öffnest, aber wenn du dich öffnest, dann dein ganzes Herz. Etwas, was dir später in deinem Leben zugutekommt, denn deine Skepsis lässt dich Menschen genauer anschauen.

Du bist sehr sensibel, nimmst dir viel zu Herzen, viel zu viel. Das wirst du nicht immer mögen. Erst wird es dir große Schwierigkeiten bereiten, und du wirst dir wünschen, du wärst anders. Doch irgendwann wirst du dich an einem Punkt finden, an dem du sehr dankbar für diese Sensibilität bist. So weh es auch tun wird, dank deiner Sensibilität wirst du alles ein wenig intensiver fühlen. Manchmal den Schmerz, manchmal die Freude.

Du hast viele Träume in deinem kleinen Herzen. Jetzt, in dem Moment, in dem du auf dem Bett sitzt, weißt du noch nicht, dass diese Träume zu deiner Realität werden. Du stehst jeden Abend auf deinem IKEA-Schrank. Mama und Papa bekommen fast immer einen Nervenzusammenbruch, aber du bereitest dich auf deine großen Performances vor, die irgendwann kommen werden – und die nach deinen Worten »nicht immer einfach und sicher« werden.

Jeden Wunsch, den du hast, schreibst du in ein kleines Buch, weil Mama immer gesagt hat: »Schreib es auf!« So klein wie du gerade bist, weißt du noch nicht, wie viel Power deine Gedanken haben werden. Wohin sie dich bringen werden. Du weißt noch nicht, was du alles unbewusst machst, doch irgendwann in deinem Leben wirst du viel darüber lesen und lernen.

Dir wird eine Stimme geschenkt, mit der du Menschen berühren darfst, und auch eine Stimme, die dich leiten wird.

Der liebe Gott hat dir ein unglaubliches Urvertrauen geschenkt, das dich mit viel Reinheit durchs Leben gehen lassen wird. Es wird Menschen geben, die das in dir brechen wollen, genau wie dein Herz. Doch du wirst nicht aufhören, an die Liebe zu glauben. Es wird Momente geben, in denen du deine Werte und deine Lebensphilosophie infrage stellst. Trotzdem wirst du ihnen treu bleiben. Allerdings wird dieses Urvertrauen sehr auf die Probe gestellt werden. Irgendwann wirst du das Gefühl bekommen, dass ein Puzzleteil verloren gegangen ist. Du wirst in einer sehr oberflächlichen Welt erwachsen werden, mit ebenso oberflächlichen Menschen, doch du wirst dennoch Tiefe darin finden und auch Menschen, die nach demselben Sinn im Leben suchen wie du. Du wirst tolle Freundinnen und eine wunderbare Familie haben, auf der ganzen Welt. Sie werden die Zeilen, die du schreibst, mit dir leben und dir die Melodie zu deinem Leben vorsingen, wenn du sie einmal vergisst.

Du wirst sehr viel vom Leben bekommen, vielleicht manchmal mehr, als du denkst, verdient zu haben. Du gehst jeden Abend dankbar schlafen, aber manchmal, wenn du aufwachst, wirst du dir wünschen, dass der Traum ein Traum geblieben wäre. Du wirst Designerkleider tragen, nur um danach zu fühlen, wie gut sich der Mickey-Mouse-Schlafanzug anfühlt. Und in Villen leben, nur um zu erfahren, dass es nicht auf die Größe ankommt, sondern mit wie viel Liebe ein Raum gefüllt ist. Du wirst dein Leben ändern und dir ein Leben bilden, mit all den kleinen Dingen, die für dich von großer Bedeutung sind. Du wirst besondere Menschen kennenlernen, doch wirst du dem Wort »besonders« deine eigene Definition schenken. Auch wenn du gesegnet bist, die schönsten Orte der Welt besuchen zu dürfen, wird es für dich nur einen Ort der Erfüllung geben: der, bei dir zu sein, der Ort in dir. Du wirst dich im Verlorengehen finden, einen Umweg nach Hause gehen, um wieder bei dir anzukommen. Vertrau dir, versprich es mir.

Deine Mandy

Ich bin an erster Stelle Mensch!

»Young girl, don’t cry. I’ll be right here when your world starts to fall. Young girl, it’s alright. Your tears will dry, you’ll soon be free to fly.«*

Ich kann diese Zeilen nicht lesen, ohne sie zu singen. Ich kann diese Zeilen nicht singen, ohne mich dabei auf dem Boden liegend zu sehen. Barfuß, in den Himmel schauend. Ich muss damals zwölf Jahre alt gewesen sein. Diese Zeilen haben meine Tränen weggewischt, sie haben mich an die Hand genommen, und sie haben mir Vertrauen geschenkt. Man könnte jedes Freundebuch lesen, bei zehn von zehn Antworten stand immer unter meinem Lebensmotto: Trust the Voice within!

Jeden Tag nach der Schule bin ich in meinen Proberaum, mein Kinderzimmer, und habe mindestens eine Stunde lang gesungen. Ich musste das machen, bevor ich mit den Hausaufgaben startete, dieser Moment am Tag hat mich atmen lassen, frei sein lassen, ich sein lassen. Ich war ein eher schüchternes Kind, schon immer eher ein Mensch, der beobachtet hat. Auch schon als kleines Baby. Meine Mutter erzählt mir immer, dass sie mich beruhigte, indem sie mir Kopfhörer aufsetzte. Sie sagte: »Du warst wie hypnotisiert von der Musik. Du wurdest ganz ruhig. Ich wusste schon damals, dieses Kind hat eine besondere Verbindung zur Musik.« So war es immer, und so ist es bis heute. Wieder.

Du hast dich bisher durch meine Musik mit mir verbunden gefühlt. Es gibt Songs, die fühlen sich an, als wären sie für dich geschrieben. Sie halten den Moment an und bieten dir eine Zuflucht. So geht es mir auch, wenn ich Musik höre oder einen Text lese. Manchmal braucht es nur eine Zeile, die deine Emotionen erweckt. Und manchmal braucht es ein ganzes Buch, um dein Leben auf den Kopf zu stellen.

Für viele meiner Freunde war es nur ein Song, der einst von Christina Aguilera geschrieben wurde, doch für mich war die Musik wie eine beste Freundin, die mich verstanden hat und für mich da war, ohne mich zu bewerten. Es war sehr wertvoll für mich, dass ein Song so viel mit mir machen konnte. Ich saß jeden Tag im Schneidersitz auf meinem Bett und habe gebetet. Das Beten hat mir Vertrauen geschenkt.

Ich möchte ehrlich zu dir sein: Es war keine einfache Zeit für mich. Während ich oben in meinem Zimmer saß, hörte ich meine Eltern fast täglich unten streiten. Um das nicht zu hören, setzte ich meine Kopfhörer auf und versetzte mich durch die Musik in eine andere Welt. Immer wenn mir die Tränen kamen, habe ich auf Repeat »Young girl don’t cry, I’ll be right here when your world starts to fall« gesummt. Während mir die Tränen über die Wangen liefen, sang ich den Song bis zum Ende durch. Es war so, als hätte die Musik mich in dem Moment geheilt, als hätte sie alles um mich herum einfach ausgeblendet.

Ich habe eine wundervolle und einzigartige Familie. Ich könnte mir keine liebevolleren Eltern wünschen. Sie haben mit dazu beigetragen, warum ich die Frau bin, die ich heute bin. Ich wuchs mit sehr viel Liebe und Geborgenheit auf, doch wie in jeder Familie verläuft es nicht so wie im Bilderbuch. Meine Eltern sind unglaublich tolle Menschen, die beide auf ihre Weise alles getan haben, um meinen Bruder und mich mit den richtigen Werten zu erziehen. Jeder auf seine Art und Weise. Doch auch wenn sie so viel Liebe zu geben haben, sollte ihre gemeinsame Liebe einfach nicht sein. Wir sind alle einst Kinder gewesen, die nicht wussten, was es heißt, eine Ehe zu führen, eine Partnerschaft aufrechtzuerhalten und dass so viel mehr dazu gehört, als es uns in den Filmen oft präsentiert wird. In der Realität braucht es mehr Komponenten als nur »Liebe«. Doch die Romantik haben wir schon in Disney-Filmen mit auf den Weg bekommen. Mann und Frau lieben sich, bekommen Kinder, und das Leben ist perfekt.

Das sind Ideale, die uns geprägt haben, jeden Einzelnen von uns. Bis heute. Inzwischen sind einige von uns Erwachsene und wissen, dass das ein sehr limitiertes Bild von Liebe ist und es so viele weitere Formen der Liebe, des Lebens und der Menschen gibt. Es gibt kein Richtig oder Falsch, es gibt nur das Richtige für dich. Aber als junges Mädchen weißt du das noch nicht. Du möchtest haben, was deine Freunde haben, und einige von meinen hatten nach außen die perfekte Familie. Heute weiß ich, dass es keine perfektere Familie für mich gibt als meine. Und ich weiß auch, dass nicht alles, was von außen perfekt scheint, es wirklich ist.

Ich habe mich oft in meinem Leben gefragt, warum ich einen so großen Wert auf Perfektionismus bei mir lege, denn niemand in meiner Familie hat das je von mir abverlangt, mich unter Druck gesetzt oder mich gepusht, etwas zu sein, was ich nicht war. Und ich mag es bei anderen Menschen auch gar nicht. Es gibt nichts, was ich weniger mag, als wenn Dinge zu glatt sind, zu perfekt, nicht echt – und man den Menschen, seine Gefühle, seine Narben und seine wahre Geschichte nicht spüren kann. Nach vielen Jahren Reflexion habe ich das Gefühl, dass ich schon als junges Mädchen versucht habe, so perfekt wie möglich zu sein, um andere Dinge, die es nicht waren, zu kompensieren.

Das sind die ersten Zeilen meines Buches, und ich spüre, wie viele Bilder beim Schreiben hochkommen, an die ich mich gar nicht mehr erinnern konnte. Ich möchte gern so viele ich kann mit dir teilen und dich in mein Leben lassen. Denn du magst zwar meinen Namen kennen, aber nicht meine Geschichte.

Ich habe nie daran gedacht, je ein Buch zu schreiben, da ich sehr viele Autoren unglaublich wertschätze und großen Respekt vor ihnen habe. Und jetzt ich? Ein Buch? Wer bin ich, dass ich ein Buch schreibe? Bei all den Geschichten, die auf der Welt passieren? Was habe ich geleistet, dass ich darüber schreiben darf? Nimmst du dich ein wenig zu wichtig, Mandy? All diese Sätze sind mir durch den Kopf gegangen, als ich innerhalb von 48 Stunden nach Gründung meiner Company FELICE (ein multimediales Portal rund um das Thema »Mentale Gesundheit«) fünf Buchdeals auf dem Tisch liegen hatte. Ich dachte im ersten Moment jetzt eher nicht: »Das mache ich!« Ich dachte vielmehr: »Ich fühle mich wirklich sehr geehrt über all diese Anfragen, ein Buch über mein Leben zu schreiben. Aber darüber muss ich doch erst mal gründlich nachdenken.«

Ich habe wirklich eine Weile gebraucht, um diese Entscheidung für mich zu treffen. Kann ich das? Möchte ich das? Kann ich das vor allem aktuell? Jetzt ein Buch über mich und mentale Gesundheit schreiben? Wo soll ich da anfangen? Wie ehrlich kann ich sein? Ich habe doch selbst noch tausend Fragen ans Leben.

Für mich fühlt sich ein Buch zu schreiben an, wie ein Album zu produzieren. Man braucht dafür den richtigen Zeitpunkt im Leben. Man muss selbst in der richtigen Verfassung sein, und vor allem muss man bei jedem Album wissen, was man damit erreichen möchte. Hinter allem, was ich in meinem Leben mache, muss es einen tieferen Sinn geben. Und der größte Sinn war für mich immer, Menschen zu berühren. Etwas zu hinterlassen. Oder at least, mein Bestes zu geben mit der Intention, etwas zu hinterlassen. Ich möchte mit dir Zeilen teilen, die ich selbst als junges Mädchen gern gelesen hätte und die mir auch als junge Frau gutgetan hätten. Zeilen, die mir jetzt gerade guttun, während ich sie schreibe. Einen kleinen großen Unterschied gibt es zwischen dem Buch und dem Album jedoch schon. Hinter einigen Songs kann man sich verstecken. Selbst wenn man herzzerreißende Zeilen niederschreibt, legt man sie unter einen Dance Beat, hat man nicht das Gefühl, sich so nackt zu machen, als wenn man die Zeilen ganz pur in eine Ballade legt. Da hört man jede Emotion, jeden Atemzug. Man kann nichts wegtanzen. Ein Buch zu schreiben, fühlt sich an, wie die intimste Nummer zu schreiben, die ich je geschrieben habe. Es fühlt sich an, als wären gerade nur das Mikrofon und ich in einem Raum.

Als ich anfing zu singen, hat mir so gut wie keiner zugehört, außer natürlich meine drei wichtigsten Menschen: Mama, Papa und mein großer Bruder Anthony. Das Singen habe ich einfach nur für mich gemacht. Ich hatte keine Angst, etwas Falsches zu sagen, etwas Falsches zu tun, etwas oder jemandem, nicht gerecht zu werden. Ich habe es so gemacht, wie es sich richtig angefühlt hat. Das war mir das Wichtigste. Die Liebe zur Musik war der Grund, warum ich auch niemals damit aufgehört habe. Und natürlich die Menschen, die ich damit erreichen kann.

Doch glaube mir, jetzt sitze ich plötzlich da und sehe bloß ein weißes Blatt. Mir ist wichtig, dir nicht nur von meiner Reise zu erzählen, sondern dich in jeden Moment mitzunehmen. Auch in jedes Gefühl. Nur wo starte ich? Vielleicht wäre es am besten, dich in das »Jetzt« zu nehmen. Vielleicht beginne ich damit, dass ich gerade in der Sekunde eine Therapie anfange? Genau in diesem Moment. Nein, das kann ich doch so direkt nicht machen! Was werden die Leute denken? Das ist zu nah, das ist auf jeden Fall zu nah, Mandy. Ich weiß, dass in diesem Moment meine Freundinnen laut lachen. Denn wahrscheinlich ist oder war das mein am meisten gesagter Satz: »Das ist mir jetzt zu nah« – daraus wurde irgendwann ein Meme, und meine Freundinnen übernahmen es in jeglichen Situationen. Das ist nur eine Frage von den 12.489.907.889 Fragen, die ich mir gerade stelle. Viel wichtiger für mich ist allerdings: Was möchte ich mit diesem Buch erreichen? Was ist der Sinn dahinter?

Mit der Zusage zu diesem wahrscheinlich ehrlichsten und wertvollsten Projekt in meinem Leben, kommt für mich die Frage auf, was das für ein Buch sein soll. Es gibt nur eine Antwort darauf: ein sehr, sehr ehrliches – das uns Menschen verbindet! Ein Buch, in dem es kein »zu nah« gibt. Denn wenn ich an den Ursprung zurückgehe, wird mir schnell klar, dass für mich immer im Fokus stand, Menschen nahe sein zu wollen. Heute als junge Frau gibt es für mich nichts Wichtigeres, als meine Stimme, mein Sprachrohr und meinen Namen richtig zu nutzen. Denn dass ich dieses Leben leben darf, habe ich vielen Menschen da draußen zu verdanken. Das vergesse ich an keinem Tag, an dem ich aufwache. Nach 15 Jahren Musikbranche weiß ich, dass nicht nur harte Disziplin dazugehört, sondern auch Resilienz, diesen Beruf auszuüben, und dass es noch härter ist, »bei sich zu bleiben«.

Als sich mein Leben damals über Nacht verändert hat, waren Tausende Menschen da draußen, die sich mit mir verbunden gefühlt haben. Meine Dankbarkeit diesen Menschen gegenüber sitzt tief in mir. Ich habe vor einigen Jahren eine Entscheidung für mich getroffen, die nicht über Nacht gefallen ist und die auch keine einfache war. Diese Entscheidung hat meine mentale Gesundheit für mich getroffen. Auch wenn es die wahrscheinlich schlimmsten Momente meines Lebens waren, weiß ich heute, dass hinter diesen Momenten etwas viel Tieferes liegt.

Ich wusste von Anfang an, dass ich keine reine Biografie schreiben möchte. Auch wenn ich unglaublich gern Biografien lese, weiß ich, dass das für mich definitiv nicht der richtige Zeitpunkt in meinem Leben ist. Es gibt zwar schon sehr viele, sehr gute, sehr bedeutungsvolle und hilfreiche Bücher zum Thema Mentale Gesundheit, die auch mir unglaublich geholfen haben, trotzdem bin ich der Meinung, dass es keine Geschichte da draußen gibt, die weniger wichtig ist, um Aufmerksamkeit auf dieses für mich so essenzielle Thema zu lenken. Ein oft unausgesprochenes Thema – das jeden Menschen betrifft! Jede Stimme, jede Geschichte zählt, um dieses leider noch immer vorhandene Stigma zu brechen. Denn über mentale Gesundheit zu sprechen, zu schreiben, zu lehren und zu lesen, verbessert die Gesundheit von jedem Einzelnen. Fast eine Milliarde Menschen leben momentan laut WHO mit einer psychischen Krankheit. Allein im ersten Pandemiejahr ist die Zahl der Erkrankten um 25 Prozent angestiegen. Depressionen sind eine Volkskrankheit und lassen sich leider oftmals nicht so gut messen oder nachweisen wie ein gebrochenes Bein mit einer Röntgenaufnahme.

Wenn wir über alles in der Welt sprechen, warum sprechen wir dann nicht darüber, was die Welt wirklich zu einem »besseren« Ort macht? Denn immer zu funktionieren gelingt nur bis zu einem gewissen Grad. Wollen wir eine Welt, in der wir Menschen zu Robotern ohne Emotionen, ohne Individualität und ohne Herz werden, bei denen irgendwann der Akku ausgeht?

Wenn ich durch mein Buch nur einen Menschen ruhiger schlafen lasse und er sich aufgrund meiner Lebensgeschichte ein bisschen weniger einsam fühlt, gibt es nichts, was mich mehr erfüllt. Ich denke, es gibt nichts Akuteres, als dass wir gemeinsam Normalität auf dieses zutiefst menschliche Thema lenken. Denn wenn wir etwas brauchen in dieser Welt, ist es mehr Menschlichkeit!

Vielleicht fühlt sich durch die ein oder andere Zeile dein Schmerz weniger intensiv an, weil du lernst, dass er vergehen wird. Vielleicht wird die ein oder andere Träne weniger fließen, weil du selbst lernen wirst, wie viel Hoffnung auf deinem Weg für dich bereitsteht. Vielleicht sind es auch nur ein paar Wörter, die im richtigen Moment kommen und dir wie eine Freundin zu Seite stehen und dich nicht loslassen. Vielleicht aber auch, und das wünsche ich mir für dich von Herzen, ist es ein Gefühl, das dich verändern wird. Dein Gefühl. Zu dir selbst. Zu deinem Leben. Zu deinen Werten. Zu deiner Gesundheit. Und zu deiner Erfüllung, deinem Glück.

Die Werte, die ich mir in den vergangenen Jahren zurückerobert habe, sind die Werte meiner Company FELICE: Felice (Glück), Empathy (Empathie für dich selbst und andere), Love for yourself (Selbstliebe), Intuition & Identity, Care (Selbstfürsorge) und Evolving (Wachstum/Entwicklung). Danach sind die folgenden Kapitel meines Buches gegliedert. Diese sechs großen Themen verknüpfe ich mit Wendepunkten und Schlüsselszenen meiner Biografie und ziehe Learnings daraus, die auch dir in deiner Welt weiterhelfen können. Du wirst sehen, viele Gefühle, Gedanken und Situationen werden dir bekannt vorkommen.

Denn meine Geschichte zählt.

Deine Geschichte zählt.

Du zählst.

Und ja, ich denke, ich sollte genau damit beginnen zu erzählen, dass ich gerade eine Therapie mache. Vielleicht sollte ich direkt erzählen, wie ich mit dem ein oder anderen Thema in meinem Leben überfordert bin und dass ich mich auch daran gewöhnen muss, so offen darüber zu sprechen. Denn leider bin ich durch mein Aufwachsen in der Musikbranche geprägt, viele Dinge mit mir allein auszumachen und nicht immer alles laut auszusprechen. Meine Gefühle für mich zu behalten. Doch ich denke, ich sollte all die Dinge ansprechen, bei denen ich mir selbst gewünscht habe, dass man sie anspricht, und bei denen ich es mir noch immer wünsche.

Ich bin keine Autorin und habe neben meinen Songs noch nie ein Buch geschrieben. Ich bin keine Therapeutin, die dir medizinisches Fachwissen geben kann. Und leider kann ich heute noch nicht mit der Weisheit des indischen Yogis Sadhguru oder der US-amerikanischen Talkikone Oprah Winfrey glänzen. Aber das Schicksal hat mir sehr viele lehrreiche Momente geschenkt, die mich zu der Frau gemacht haben, die heute denkt, wie sie denkt. Mit 16 Jahren von zu Hause wegzugehen und über Nacht erwachsen sein zu müssen, hat mich nicht nur an meine Grenzen gebracht, sie wurden auch auf ein anderes Level gehoben. Das Leben hat mir beigebracht, dass man sich selbst erziehen muss und sich seiner Person und des eigenen Werts klar sein muss. In dieser verrückten Welt habe ich gelernt, dass du alles sein und werden kannst, wenn du den Fokus bei dir behältst.

Am allerwichtigsten ist es, dass es nicht entscheidend ist, wie viele Platten du verkaufst, wie viele Autos du besitzt, wie du lebst, wo du lebst und in welchen Schuhen du auftrittst, wie dein Köper aussieht und wie du auf dem Cover rüberkommst. Es geht darum, warum du diese Platte aufnimmst oder an welchem Ort du mit deinem Auto ankommen möchtest. Schenkt dir dein Haus ein wirkliches Zuhause? Wie steinig war der Weg, den du gelaufen bist, und was lehrt er dich? Es geht nicht um die paar Kilos mehr, sondern dass du dich in deinem Körper wohlfühlst – denn bei all den gesellschaftlichen Ansprüchen wurde neben den Fragen »Wer bist du? Was hast du?« vergessen zu fragen: »Wie fühlst du?«

Was ich dir versprechen kann: Wenn du deinen Mut und deine Hoffnung nicht verlierst und es selbst auf der dunkelsten Reise nicht zulässt, dass jemand dein Licht ausknipst, wirst du irgendwann an einem Ort ankommen, den du dir nicht schöner und bedeutungsvoller hättest erträumen können.

Die Reise ist leider manchmal sehr anstrengend und unbequem – und sie tut weh. Es entstehen Narben, die man nicht mit Make-up abdecken kann. Aber inzwischen weiß ich: Es geht nicht darum, was dir passiert ist, sondern was du daraus machst. Es gibt Momente im Leben, die wir nicht verstehen, und manchmal sitzen wir da und fragen uns, wo der Sinn bei dem Satz »Everything happens for a reason« ist – aber vielleicht ist ja was dran, was Oprah Winfrey einmal hinzufügte: »Everything happens for a reason, and if you don’t know the reason yet, you are not wise enough.«

*Songtext: The Voice within von Christina Aguilera

FELICE

Glück ist ein inneres Gefühl

Ein bedeutungsvoller Moment

Wenn ich im Supermarkt an der Kasse stehe, erlebe ich oft meinen »Salami-Moment«. Sicher fragst du dich, was das wohl ist und warum ich damit das erste Kapitel beginne und was das mit meinem Leben zu tun hat.

Immer wenn ich gerade an der Theke stehe und meine Liste ganz oldschool abarbeite, kommt gefühlt jedes Mal ein Kopf ganz langsam von links oder rechts immer näher an mich und sagt leise: »Mandy? Wir haben damals für dich angerufen! Die ganze Familie! Was ham wir uns gefreut! Die Rechnung danach hättste mal sehen sollen. Aber schä! Und jetzt steht se da an der Theke im Supermarkt, die Mandy. Ganz normal!« So ist es, ganz normal. Wenn ich in meiner Heimat bin, geht oftmals der Dialog sogar noch weiter: »Was sin mia stolz auf dich! Die ganze Stadt – hasch alles richtisch gemacht, Mädche! Du bleibsch unser Mandy aus Bürstadt!«

Und so fühle ich mich innerhalb von Sekunden mit einem fremden Menschen verbunden, oftmals ohne dass sie es wissen oder nur eine Ahnung haben, was dieser Moment für mich bedeutet. Denn an jenem Abend haben genau diese Menschen, vielleicht auch du, mein Leben komplett verändert. Am 17. November 2006 durfte das Publikum die letzte Kandidatin der Show Popstars in die Band wählen, und dank all der Anrufe aus meiner Heimat Deutschland, aus Österreich und der Schweiz bin ich es geworden. Diese Anrufe haben einem 16-jährigen Mädchen den Traum ihres Lebens erfüllt.

Seit ich denken kann, wollte ich nie etwas anderes sein als Sängerin. In dem Moment, als im Finale mein Name »Mandy« gerufen wurde, fiel ich auf die Knie und hatte nur einen Gedanken: »Danke, lieber Gott, danke an jeden einzelnen Menschen, danke – ich werde euch nicht enttäuschen.« Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Wie oft habe ich diesen Moment in meinem Kinderzimmer geträumt, vielleicht auch manifestiert, und plötzlich habe ich meinen Eltern in die Augen gesehen, und beide haben mit Tränen gesagt: »Du hast es geschafft!«

Ich wusste an diesem Abend, dass ich nicht einfach nur eine Show gewonnen hatte oder über Nacht aus purem Glück zur Sängerin wurde. Denn seit meiner Kindheit hatte ich mich auf diesen Moment vorbereitet. Ich wusste, dass das ein Geschenk war und ich damit vorsichtig umgehen sollte.

Kurz vor der Entscheidung im Finale kam der Boss der Sendung zu mir hinter die Bühne gerannt, nahm meine Hände und sagte: »Du musst in die Band kommen, Mandy! Du bist aktuell Publikumsliebling, mach den Moment zu deinem. Lache, tue alles, was du kannst. Die Band braucht dich. Du musst das Voting gewinnen.«

Plötzlich fingen meine Beine an zu zittern. Als wäre ich nicht schon nervös genug gewesen. Wenn du als junges Mädchen so einen Satz zu hören bekommst, kannst du dir vorstellen, wie stark das auf meinen Schultern lastete. Es war ein enorm großer Druck. Ich war noch nicht einmal in der Band, und schon bekam ich zu spüren, dass ich nicht nur Verantwortung für mein Leben trage, sondern auch für die Menschen um mich herum. Alles, was ich in diesem Moment dachte, war: »Ich möchte einfach nur singen und die beste Leistung bringen.« Plötzlich war ich auf so viele Dinge konzentriert, und vor allem hatte ich einen Satz in mir, der mich auch noch Jahre danach geprägt hat: »Ich will niemanden enttäuschen.« Nicht den Boss der Sendung, kein Label, nicht meine Familie – und nicht mich selbst.

Wenn ich also im Supermarkt stehe und eine Person mir diesen Moment erzählt, freue ich mich immer sehr und bin einfach nur dankbar. Ich habe immer das Gefühl, etwas zurückgeben zu wollen. Etwas, das in irgendeiner Weise hilft, das Leben eines Menschen ein klein wenig besser zu machen. Inzwischen bin ich zwar eine junge Frau, aber im Grunde immer noch dasselbe Mädchen, noch immer die Mandy aus Bürstadt. Und das war und wird immer eine meiner Prioritäten sein. Diesen Deal habe ich in der Nacht meines Sieges mit mir selbst geschlossen: »Mach das Beste draus Mandy, das ist ein Geschenk! Du wirst dich ändern müssen, um in dieser Welt zu überleben, doch versprich dir, dich nicht zu sehr zu verändern. Vergiss nicht, wer du bist. Vergiss nicht deine Werte und vor allem, welche Familie dich erzogen hat. Egal, wohin du je kommen wirst, vergiss nie die Menschen, die dir geholfen haben.«

Deswegen kann ich mir oftmals den Satz im Supermarkt nicht verkneifen: »Hey, die Salami geht heute auf mich, okay?« Diese Momente erinnern mich immer wieder daran, wie viel Dankbarkeit ich bis heute spüre, dass ich meinen Traumberuf leben kann, egal wie hart es manchmal sein mag. Und dass ich immer das Bedürfnis verspüre, etwas zurückgeben zu wollen. Etwas Wertvolleres als eine Packung Salami oder Käse. Ich hoffe, der Dank findet sich zwischen den Zeilen dieses Buches.

Meine Stimme – mein inneres Glück

Singen war immer schon meine Leidenschaft und etwas so Natürliches für mich wie die Luft zum Atmen. Egal, wie diszipliniert ich als Kind war, ich habe es nie mit Druck verbunden. Mich sah man nie in der ersten Reihe, ich sang am liebsten für mich allein. Als junges Mädchen musste ich mich sogar immer umdrehen, als meine Freunde oder die Freunde meines Bruders mich baten, für sie zu singen. Ich wollte keinem in die Augen schauen, da mir alles auffiel. Und das ist heute noch so. Wenn ich eine Performance gebe, kann ich dir genau sagen, wer wann was anhatte und wer mit wem gesprochen oder wie wer geschaut hat.

Damals war das Singen das, was die meisten Glücksgefühle in mir auslöste, mich ganz bei mir selbst sein ließ. Heute schaue ich mit liebevollen Augen auf die Kleine, die schon morgens nach dem Aufwachen als Erstes sang, und bin stolz, dass sie intuitiv das Richtige für sich tat, sich selbst Halt gab, sich selbst einen Raum voller Harmonie erschuf, als um sie herum Disharmonie herrschte. Meine Stimme und ich waren ein Team.

Früher wusste ich nicht, was Glück wirklich bedeutet. Ich dachte, das sei das Gefühl, das entsteht, wenn man etwa im Lotto gewinnt oder wenn man verliebt ist. Glück, so wird es uns in Filmen oder Zeitschriften suggeriert, ist damit verbunden, dass im Außen etwas passiert. Dass da etwas kommen muss, was einen erfüllt. Erst dann ist man vollständig. Damals war mir nicht klar, dass das ein Irrweg ist. Dass wahres Glück ein ganz anderes Gefühl ist und woanders entsteht. Glück bedeutet nicht dieses eine Gefühl von absoluter Happiness, das durch Ereignisse im Außen entsteht, sondern ist vielmehr ein pures Gefühl von konstanter und authentischer Zufriedenheit.

Auf meiner Suche nach dem Glück haben mir folgende Fragen sehr geholfen:

Was bedeutet Glück für dich?