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Eine sach- und fachgerechte Unternehmensbewertung erfordert Expertise aufgrund der Komplexität des zu bewertenden Unternehmens und individuellen Betrachtung des Einzelfalls. Bei kleinen Unternehmenstransaktionen fehlen oft spezialisierte Fachabteilungen in regionalen Kreditinstituten, die sich mit Unternehmensbewertungen befassen. Die Finanzierung des Unternehmenskaufs wird parallel zum Verhandeln des Kaufpreises geklärt. Bei größeren Transaktionen sind professionelle Unternehmensbewerter und Leveraged Finance-Experten beteiligt, während kleinere Unternehmen oft regionale Kreditinstitute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken aufsuchen. Die Bewertung des Unternehmenswerts erfolgt in solchen Fällen häufig anhand subjektiver Erfahrungswerte der Kreditanalysten oder durch grobe Vergleiche mit Branchendaten und Multiplikatormethoden. Es gibt keine einheitlichen Standards für die Bewertungsparameter bei Unternehmenskäufen in kleineren Kreditinstituten. Diese Arbeit präsentiert einen Ansatz zur Plausibilisierung von Unternehmenskaufpreisen für die Kreditfinanzierung und zielt darauf ab, die Qualität der Transaktionsbeurteilung bei regionalen Kreditinstituten zu verbessern. Das entwickelte Modell richtet sich an Praktiker in der Firmenkundenbetreuung und ermöglicht eine sachgerechte und einheitliche Bewertung von Unternehmen, insbesondere bei Übernahmen kleiner und mittlerer Unternehmen durch Existenzgründer.
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Seitenzahl: 155
Veröffentlichungsjahr: 2022
© 2022 School of Graduate and Professional Studies | Hochschule Bremen
Herausgegeben von: Vera de Hesselle und Marc Neuenkirchen
Umschlaggestaltung: Sebastian Büsching Illustration und Grafik-Design
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
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Prof. Dr. Vera de Hesselle
Hochschule Bremen
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Anpassung eines Bewertungssystems zur Prüfung von Unternehmenskaufpreisen im Rahmen einer Kreditfinanzierung
am Beispiel eines regionalen Kreditinstituts
Alina Meyer-Warnecke
Herausgegeben von Vera de Hesselle & Marc Neuenkirchen
Cover
Urheberrechte
Titelblatt
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung
1.3. Aufbau der Arbeit und methodisches Vorgehen
2. Grundlegende Begriffe
3. Unternehmensbewertungsmethoden
3.1. Theoretische Unternehmensbewertungsmethoden
3.1.1. Multiplikatorverfahren
3.1.2. Discounted- Cashflow-Verfahren
3.1.3. Ertragswertverfahren
3.1.4. Substanzwertverfahren
3.1.5. Mittelwertverfahren
3.1.6. Kritische Betrachtung theoretischer Bewertungsmethoden
3.2. Besonderheiten bei der Bewertung von KMU
3.3. Unternehmensbewertungsmethoden aus der Praxis
3.3.1. Ertragswertverfahren nach IDW S1
3.3.2. Ertragswertverfahren im Handwerk nach den AWH Standards
3.3.3. Kritische Betrachtung der Praxis relevanten Bewertungsmethoden
4. Eigene Würdigung der Bewertungsmethoden in Bezug auf diese Arbeit
5. Anwendung der Unternehmensbewertungsmethoden im Sparkassen- und Genossenschaftssektor sowie ausgewählte Netzwerkpartner
5.1. Bewertungsmethoden deutscher Sparkassen und Genossenschaftsbanken
5.2. Bewertungsmethoden der Netzwerkpartner
5.3. Relevante Erkenntnisse des Kapitels
6. Praxisbeispiel: Ablauf Finanzierungsprüfung und Befragung
6.1. Ablauf der Finanzierungsprüfung und Problemstellung
6.2. Befragung zur Ermittlung der Voraussetzungen an eine Bewertungsmethode
6.2.1. Struktur des Fragebogens
6.2.2. Ergebnisdarstellung
6.2.3. Eigene Würdigung der Ergebnisse der Befragung
7. Entwicklung der Bewertungsmethode für das Beispielkreditinstitut
7.1. Festlegung der Grundvoraussetzungen
7.2. Abgleich der Bewertungsmethoden mit den Anforderungen
7.3. Entwicklung der Bewertungsmethode
7.3.1. Grundlegende Aspekte der Bewertungsmethode
7.3.2. Berücksichtigung und Anpassung der Planzahlen
7.3.3. Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes
7.3.3.1. Risikoloser Zinssatz
7.3.3.2. Risikozuschlag
7.3.4. Ewige Rente
7.3.5. Ermittlung des Ertragswertes
7.3.6. Abschließende Würdigung und Hinweise
7.4. Kritische Betrachtung, Grenzen der Methode sowie weiteres Vorgehen
8. Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Cover
Urheberrechte
Titelblatt
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Introduction
Literaturverzeichnis
Cover
I
II
III
IV
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XIV
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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Übersicht ausgewählter Methoden der Unternehmensbewertung
Abbildung 2: Varianten der DCF-Methode in Anlehnung an Matschke und Brösel
Abbildung 3: AWH- Die 10 Schritte zur Ermittlung des Unternehmenswertes
Abbildung 4: Modifiziertes Verfahren Excel-Tool 1. Übersicht
Abbildung 5: Modifiziertes Verfahren Excel-Tool 2. Übersicht
Abbildung 6: Modifiziertes Verfahren Excel-Tool 3. Übersicht
Abbildung 7: Wertarten im Rahmen der funktionalen Unternehmensbewertung nach Matschke und Brösel
Abbildung 8: Berechnung des CAPM
Abbildung 9: Schematische Darstellung des Ertragswertverfahrens
Abbildung 10: Praxisbeispiel Ausgangsdaten
Abbildung 11: Praxisbeispiel Cashflow Ermittlung
Abbildung 12: Praxisbeispiel Bilanz
Abbildung 13: Praxisbeispiel weitere Infos
Abbildung 14: Ratingskala der Sparkassen und Aufbau des Ratings
Abbildung 15: Ratingskala der Creditreform in der Unternehmensbewertung
Abbildung 16: Praxisbeispiel neue Methode-Überschussgröße
Abbildung 17: Praxisbeispiel neue Methode-qualitative Faktoren 1
Abbildung 18: Praxisbeispiel neue Methode-qualitative Faktoren 2
Abbildung 19: Praxisbeispiel neue Methode-Ermittlung des Unternehmenswertes
Tabelle 1: Beurteilung der "Praktikermethoden" der Bewertung von KMU
Tabelle 2: Ergänzung des IDWs zur Bewertung von KMU
Tabelle 3: Kapitalisierungszinssatz- Zinsaufschlag anhand des Ratings
Tabelle 4: Risikozuschlag 2. Kategorie- Planungskorrektur
Tabelle 5: Risikozuschlag 3. Kategorie- weitere qualitative Faktoren
Tabelle 6: Übersicht der Zinszuschläge aus den weiteren qualitativen Faktoren
Tabelle 7: Abgleich der Grundvoraussetzungen mit dem Bewertungstool
Tabelle 8: Gründungsformen nach Szyperski/Nathusius
Tabelle 9: Anlässe der Unternehmensbewertung nach IDW S1 i.d.F. 2008
Tabelle 10: Risikokategorien in Anlehnung an Behringer
Tabelle 11: Praxisbeispiel- Unternehmenswertberechnungen im Vergleich
Abkürzungsverzeichnis
APV
Adjusted Present Value
AWH
Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Hand- werk
CAPM
Capital Assets Pricing Model
Crefo
Verband der Vereine Creditreform e.V.
DCF
Discounted-Cashflow
DSGV
Deutscher Sparkassen- und Giroverband
Ebd.
Ebenda
EBT
Earnings Before Taxes
EBIT
Earnings Before Interest and Taxes
EBITDA
Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation
EU
Europäische Union
FCF
Free Cashflow
FTE
Flow to Equity
i.d.F.
in der Fassung
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.
KMU
Kleines- und mittleres Unternehmen
Mio.
Million(en)
Mrd.
Milliarde(n)
OLG
Oberlandesgericht
SWOT
Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats
T€
Tausend Euro
TCF
Total Cashflow
u.A.
und Andere
u.a.
unter anderem
vgl.
vergleiche
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WKR
Wohnungsbaukreditrichtlinie
z.B.
zum Beispiel
Vorwort
Eine sach- und fachgerechte Unternehmensbewertung wird oftmals als ein Thema für ausgewiesene Fachexpert: innen verstanden, nicht zuletzt, weil mitunter die einhergehende Komplexität des zu bewertenden Unternehmens eine fundierte Expertise erfordert, insbesondere auch hinsichtlich des Unternehmensgegenstands, der zu einer individuellen Betrachtung des Einzelfalls führt, bei der auch oftmals Erfahrungswerte der begutachtenden Person eine Rolle spielen.
Auf Seiten der Käuferin ist parallel zur Verhandlung des Kaufpreises mit der Verkäuferin stets auch die Frage nach der Finanzierung des Unternehmenskaufes zu klären. Während bei größeren Unternehmenstransaktionen meist sowohl professionelle Unternehmensbewerter als auch Expert: innen für Leveraged Finance involviert sind, verhält es sich bei Transaktionen kleinerer Unternehmen aus Kostengründen im Regelfall grundlegend anders. Hier sind oft regional ausgerichtete Kreditinstitute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken die ersten Anlaufpunkte für die Kaufinteressent: innen. Wenn und soweit aber das örtliche Kreditinstitut den ausgehandelten Kaufpreis finanziert, bedarf auch die Rechtfertigung der Finanzierungsbedingungen einer besonderen Bewertung des Unternehmenswerts. Üblicherweise unterhalten jedoch kleinere, regionale Kreditinstitute aus Kostengründen keine speziellen Fachabteilungen, die sich ausschließlich mit fundierten Unternehmensbewertungen auseinandersetzen.
Darüber hinaus unterscheidet sich die zeitliche Abfolge bei großen und kleineren Transaktionen. Während bei großen Transaktionen im Regelfall das finanzierende Kreditinstitut sehr frühzeitig in das Transaktionsprojekt eingebunden wird, ist dies bei kleineren Transaktionsprojekten nicht immer der Fall. Oft zeigt sich, dass sich die Vertragsparteien bei Transaktionen mit Unternehmen von geringerer Größe bereits über einen Kaufpreis abschließend verständigt haben, bevor die Unternehmenskäuferin das Gespräch mit ihrer Hausbank wegen einer Kreditanfrage sucht.
Hier ist die örtliche Hausbank vor die Herausforderung gestellt, das Grundgeschäft des von ihrer Kundin gewünschten Unternehmenskredits so zu bewerten, dass sie für sich das Ausfallrisiko angemessen beurteilen kann. Dies entscheidet im Ergebnis über die Modalitäten der Kreditgewährung. Festzustellen ist, dass es insbesondere bei kleineren Kreditinstituten zumeist keine einheitlichen Standards der Bewertungsparameter beim Unternehmenskauf gibt.
Die Prüfung des Unternehmenswertes ist dann oft abhängig von den subjektiven Erfahrungswerten der Kreditanalysten: innen bzw. erfolgt in einer eher überschlägigen Form mittels Vergleich von Branchendaten und mit Multiplikatormethoden, die z.B. innerhalb der jeweiligen Bankengruppe zentral zur Verfügung stehen. Ein Bedarf gerade bei kleineren Kreditunternehmen besteht in der Berücksichtigung ihrer internen Systeme zusätzlich zu den o.g. zentral zur Verfügung gestellten Daten.
Die vorliegende Arbeit zeigt am Beispiel eines überwiegend regional arbeitenden Kreditinstituts, wie ein praktikabler Ansatz für die Plausibilisierung von Unternehmenskaufpreisen im Rahmen der Kreditfinanzierung vorgenommen werden könnte. Ziel ist die Entwicklung eines Näherungsmodells als Grundlage zur sachgerechten und einheitlichen Bewertung von Unternehmen. Im Fokus stehen dabei Unternehmensübernahmen kleiner und mittlerer Unternehmen durch Existenzgründer: innen. Das durch die Untersuchung entstandene Modell ist an Praktiker: innen in der Firmenkundenbetreuung gerichtet. Es hat zum Ziel, die intern genutzten Systeme und ergänzen zu können, um regionalen Kreditinstituten die Option an die Hand zu geben, mit einem überschaubaren Aufwand die Qualität der Transaktionsbeurteilung für den Kreditentscheidungsprozess bei Unternehmenskäufen zu optimieren.
Bremen im April 2022
Vera de Hesselle & Marc Neuenkirchen
1. Einleitung
Den Nachfolgeregelungen durch Unternehmensübernahmen im deutschen Mittelstand kamen bereits in den letzten Jahren eine große Bedeutung zu. In der Zukunft wird, bedingt durch den demographischen Wandel, da die Generation der Unternehmer: innen der geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er sukzessive in den Ruhestand treten, die Bedeutung noch zunehmen. Daraus resultiert eine steigende Zahl an Unternehmer: innen, die eine geeignete nachfolgende Person suchen und damit verbunden eine Zunahme an Übernahmen.1 Es zeigt sich jedoch, dass die Anzahl an zu übernehmenden Unternehmungen höher ist als die Anzahl an potenziellen Übernehmer: innen.2 Ein Grund, weswegen in diesem Zusammenhang viele Übernahmen scheitern, liegt in der Uneinigkeit über den zu zahlenden Kaufpreis und dem damit verbundenen Wert der Unternehmung.3 Daher ist es sinnvoll eine Bewertung durchzuführen, aus welchem dann ein für beide Kontraktpartner: innen akzeptabler Kaufpreis für die Unternehmung hergeleitet wird. Eine solche Bewertung wird in der Praxis z.B. von Unternehmens- und Steuerberater: innen oder Kammern durchgeführt. Aber auch im Rahmen der Tätigkeit in der Existenzgründungs- und Nachfolgeberatung in einer Bank beschäftigt man sich mit der Bewertung von Unternehmen im Rahmen der Nachfolge. Dies ist bedingt durch die Tatsache, dass Kaufpreise häufig durch Kreditinstitute finanziert werden müssen, wenn das entsprechende Eigenkapital der übernehmenden Person nicht ausreicht.4
Unter Berücksichtigung der Zunahme an anstehenden Unternehmensübernahmen erwächst ebenso ein hohes Potenzial an Ertragsmöglichkeiten für Banken, aber auch die Notwendigkeit zur Durchführung von Unternehmensbewertungen im Rahmen der Finanzierung von Unternehmenskaufpreisen durch Kreditinstitute wird an Bedeutung zunehmen.5
1.1. Problemstellung
Durch dieses Wachstum an Unternehmensübernahmen steht auch das im Rahmen dieser Thesis zu betrachtende regionale Beispielkreditinstitut vor der Herausforderung den seitens der Kund: innen vorgegebenen Kaufpreis anhand einer Unternehmenswertermittlung zu überprüfen. Viele Großbanken halten eine eigene „Mergers & Acquisitions“ Abteilung vor, die sich jedoch primär auf die Wertermittlung von Konzernen und deren Übernahmen spezialisieren. Für ein mittelständisches regionales Kreditinstitut ist die Vorhaltung einer solchen Abteilung wirtschaftlich nicht tragbar und unter Berücksichtigung der Hauptkundengruppe von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht zielführend oder sinnvoll. Finanzierungsanfragen zur Übernahme eines mittelständischen Betriebes in der Region werden jedoch vielfach gerade an die regionalen Banken herangetragen. Im Rahmen der Beratung dieser potenziellen Unternehmenskäufer: innen ist die Bewertung von Unternehmen und damit die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vorgegebener Kaufpreise in der Kreditbeurteilung unumgänglich, um sowohl Kund: innen als auch das Kreditinstitut vor erhöhten Kreditrisiken zu schützen.
Es zeigt sich jedoch in der Beratungspraxis, dass nur in wenigen Fällen durch Kund: innen eine Bewertung wirklich vorgelegt werden kann, da diese teuer und aufwendig ist. Daher entstehen die Kaufpreise oft aus dem Bauchgefühl der Kontraktpartner: innen. Aber auch die Bewertung durch Sachbearbeiter: innen des Kreditinstitutes beruhen mangels eines vorgegebenen Bewertungskonzepts auf subjektiven Entscheidungsparametern, was die Objektivität eines Unternehmenswertes beeinträchtigt und zu Schwierigkeiten und Uneinigkeiten im Kreditprüfungsprozess führt.
1.2. Zielsetzung
Das Ziel dieser Thesis ist daher die Erarbeitung eines Näherungsmodells als Grundlage zur einheitlichen Bewertung von Unternehmen für die Hauptkundengruppe des Beispielkreditinstitutes, welches in die bestehenden Systeme des Institutes integriert werden kann und zur Unterstützung in der Kreditbeurteilung dient. Der Fokus wird demnach auf Unternehmensübernahmen kleiner und mittlerer Unternehmen durch Existenzgründer: innen liegen. Es gilt dabei grundlegend zu beachten, dass Kreditinstitute den Wert einer Unternehmung häufig konservativer bewerten als es beispielsweise Unternehmensberater: innen tun. Aus diesem Grunde wird die Sichtweise unter dem Vorsichtsprinzip in dieser Ausarbeitung maßgebend sein.
Das Ergebnis dieser Thesis ist damit primär für das Beispielkreditinstitut relevant. Es könnte jedoch auch für andere, vergleichbar große Kreditinstitute als Lösung einer ähnlichen Problematik dienen.
1.3. Aufbau der Arbeit und methodisches Vorgehen
Methodisch ist diese Thesis in drei Abschnitte unterteilt. Zu Beginn soll nach der Festlegung relevanter Begriffe eine Literaturarbeit zur Erarbeitung und Darstellung von relevanten Unternehmensbewertungsverfahren sowohl in Theorie als auch in der praktischen Anwendung erfolgen und auf Basis von unterschiedlichen Autor: innen kritisch gewürdigt werden. Darauf basierend werden deduktiv erste Schlussfolgerungen für das zu entwickelnde Unternehmensbewertungsverfahren getroffen.
Darauf aufbauend werden spezifische Vorgehensweisen regionaler Kreditinstitute, speziell des Sparkassen- und Genossenschaftssektors sowie Bewertungsvorgehen relevanter Netzwerkpartner: innen des Beispielkreditinstitutes dargestellt. Der Überblick über den Sparkassen- und Genossenschaftssektor erfolgt dabei über eine Kurzzusammenfassung einer empirisch-explorativen Studie zweier Autoren. Zur Erarbeitung der Vorgehensweise der Netzwerkpartner: innen sollen eigens durchgeführte Kurzumfragen dienen, welche ebenfalls zusammenfassend dargestellt werden. Der Überblick der Sparkassen und Genossenschaftsbanken dient dabei der Übersicht, inwiefern andere, in einem ähnlichen regionalen Marktumfeld agierende Kreditinstitute Unternehmensbewertungen durchführen. Die Umfragen bei Netzwerkpartner: innen werden durchgeführt, um nach Möglichkeit eine einheitliche Vorgehensweise bzw. eine Akzeptanz des in dieser Arbeit zu entwickelnden Bewertungssystems zu erreichen und zu eruieren, ob bereits genutzte Vorgehensweisen auch für das Beispielkreditinstitut passend sein können.
Der dritte Teil der Ausarbeitung dient der beispielhaften Ermittlung spezifischer Aspekte eines regionalen Beispielkreditinstitutes. Um Grundvoraussetzungen festlegen zu können, auf deren Basis die Entwicklung einer eigenen simplifizierten und für alle Mitarbeiter: innen nutzbaren Bewertungsmethode erfolgt, werden empirisch über Interviews gewonnene Daten genutzt sowie – soweit möglich – Vorgaben und Empfehlungen des entsprechenden Dachverbandes. Da die Anpassung und Entwicklung der modifizierten Unternehmensbewertungsmethode auch praktische Anwendung in dem Beispielkreditinstitut finden soll, ist es sinnvoll, eben solche Grundvoraussetzungen zu definieren, um das Bewertungssystem in die vorhandenen Systeme, Prinzipien und Abläufe zu integrieren. Als Basis der Ableitung dieser Grundvoraussetzungen dient zum einen die Entwicklung eines Fragenkatalogs, der den Interviews mit Mitarbeiter: innen aus den relevanten Abteilungen des Beispielkreditinstitutes zugrunde liegt, sowie zum anderen eigene Erfahrungen aus der Existenz- und Nachfolgeberatung.
Auf Basis der jeweiligen Ergebnisse der drei Abschnitte dieser Thesis wird das modifizierte Unternehmensbewertungssystem als Näherungsmodell für das regionale Beispielkreditinstitut unter Abwägung seiner Möglichkeiten erarbeitet.
1 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK), S. 3 ; Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) 2019b: Hemmnisse für Senior Unternehmer und Schwartz 2018, S. 1.
2 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) 2019d: Unternehmensnachfolge; Schwartz 2019, S. 2.
3 Vgl. Matschke und Brösel 2013, S. 117 ; Brösel und Hauttmann 2007, 232.
4 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) 2019a: Hemmnisse für potenzielle Übernehmer.
5 Vgl. Matschke und Brösel 2013, S. 68.
2. Grundlegende Begriffe
Die nachfolgenden Erläuterungen dienen dazu, die für diese Arbeit relevanten Begriffe inhaltlich abzugrenzen und festzulegen. Dabei haben in erster Linie solche Begriffe und Vorgehensweisen Relevanz, die im Rahmen der Anforderungen eines Kreditinstitutes maßgeblich sind.
Kleines und mittleres Unternehmen (KMU)
In der Literatur existieren verschiedene Definitionen von kleinen und mittleren Unternehmen. Aufgrund des Adressaten dieser Ausarbeitung für ein Kreditinstitut soll sich die geltende Einordnung der Unternehmungen anhand öffentlicher Fördermittelgeber, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) orientieren. Gemäß Empfehlung der EU- Kommission und dem damit verbundenem Amtsblatt der Europäischen Union erfüllt eine Unternehmung die Anforderungen eines kleinen und mittleren Unternehmens (KMU), wenn weniger als 250 Mitarbeiter: innen beschäftigt sind und die Unternehmung einen Jahresumsatz von maximal 50 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro in den letzten beiden vorliegenden Jahresabschlüssen ausgewiesen hat. 6 Innerhalb der KMU- Definition werden diese noch in Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen und mittlere Unternehmungen unterteilt.7 Ergänzend sei erwähnt, dass die Hauptkundengruppe des Beispielkreditinstituts die Kleinst- sowie die kleinen Unternehmen darstellen. Erst danach folgen die mittleren Unternehmen.
Existenzgründung
Eine allgemein gültige Definition des Begriffes Existenzgründung existiert nicht. Grundlegend zeichnet sich die Existenzgründung jedoch durch den beruflichen und wirtschaftlichen Start einer Person in die Selbständigkeit als Unternehmer: in und die künftige Entwicklung aus.8
Häufig wird bei der Einteilung der Existenzgründer: innen nach Typen auf die Darstellung der Autoren Szyperski und Nathusius zurückgegriffen, die auch in dieser Ausarbeitung Anwendung finden soll.9 Anhand dessen werden im Rahmen dieser Arbeit primär Existenzgründungen durch Betriebsübernahmen berücksichtigt, in welcher eine zuvor unselbständige Person neu als selbständiger Gewerbetreibender auftritt.10 Im Gegensatz zur Unternehmensneugründung wird hierbei durch Übernahme einer vorhandenen Unternehmung eine für sich selbst neu geschaffene Existenz errichtet. Damit liegt der Fokus auf der beruflichen Veränderung der Person und nicht der Unternehmung.11 Eine Existenzgründung durch Betriebsübernahme kann für Unternehmensgründer: innen Vorteile mit sich bringen, z.B. eine zeitnahe Konzentration auf die Geschäftstätigkeit und ein bestehender Kundenstamm. Jedoch können auch Nachteile mit einer Betriebsübernahme verbunden sein, z.B. eventuell bestehende Haftungsrisiken.12
Wert
Im betriebswirtschaftlichen Sinne wird dem Begriff Wert die Bezeichnung „Bewertung“ vorgezogen und ist damit immer das Resultat eines Bewertungsvorgangs.13 Der Wert eines Objekts bemisst sich grundlegend anhand der Charakteristika des Objekts und dem sich daraus ergebenen Nutzen, den jemand diesem Objekt zuschreibt.14 Den Nutzen wiederum führt man zurück auf die Fähigkeit, bestimmte Bedürfnisse des Wirtschaftssubjektes oder des Individuums zu erfüllen, z.B. Ausschüttungen eines Unternehmens an Unternehmer: innen.15 Zur Bewertung eines Objektes können folgende Punkte hinzugezogen werden: Der Vergleich mit dem Nutzen anderer Unternehmen (Ertragswert), der Vergleich mit den Kosten zur Erstellung einer vergleichbaren Sache (Substanzwert oder Gebrauchswert) und dem Vergleich mit Preisen, die bereits für ähnliche Objekte bezahlt wurden (Marktwert oder Tauschwert).16
Unternehmensbewertung
Der Unternehmenswert ist das Ergebnis der Unternehmensbewertung. In diesem Zusammenhang stellt das Unternehmen bzw. die Unternehmung das Bewertungssubjekt dar.17
Preis und Kaufpreis
Der Preis ist ein Tauschwert, der in Geld bemessen wird. 18 Dieser Geldbetrag, welcher im Falle des Eigentümerwechsels einer Unternehmung wirklich gezahlt wird, stellt damit häufig das Ergebnis von Verhandlungen dar. Bei wirtschaftlicher Verhaltensweise beider Parteien liegt der Preis jedoch zwischen dem Grenzpreis der kaufenden und dem der verkaufenden Person. Der Kaufpreis bestimmt sich demnach durch die Faktoren Angebot und Nachfrage und spiegelt auch eventuelle Alternativmöglichkeiten wider.19 Es zeigt sich, dass der Wert geschätzt wird und der Preis durch den Markt bestimmt wird.20
Angemessenheit eines Kaufpreises