Antares - Veit Beck - E-Book

Antares E-Book

Veit Beck

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Beschreibung

Mehr als zehn Jahre irrten sie schon durch die Meere. Aber jetzt mussten sie dahin zurück, wohin sie sich so lange nicht getraut hatten. Weil sie etwas benötigten, das es nur dort gab. Jedoch das, was sie suchten, konnten sie nicht finden. Und das, was sie fanden, wollten sie nicht glauben. Ihre Heimat war nicht mehr die, die sie in ihrer Erinnerung hatten. Das Land war verwüstet, die Städte lagen in Schutt und Asche. Anarchie und Barbarei hatten die alte Ordnung ab­gelöst. Sie hatten zu lange gezögert, aber noch gab es Menschen, die ihre Hilfe brauchten. Doch ihre Gegner waren in der Überzahl und so mussten sie viele Hoffnungen enttäuschen. Denn nur wenn sie ihre Mission erfüllten, wenn sie ihr eigenes Leben retteten, würden sie den Menschen helfen können. Aber dann entdeckten sie auf ihrem Weg durch das zerstörte Land den wahren Feind. Eine Bedrohung, gegen die ihre Waffen nichts ausrichten konnten, einen Feind, den sie nicht besiegen konnten, der alles Leben vernichtete, das sich ihm in den Weg stellte. Millionen Menschen blieb nur die Flucht. Doch die Bedrohung folgte ihnen unaufhaltsam. Noch gab es Hoffnung, ein Ziel weit im Süden, wo sie in Sicherheit wären. Um es zu erreichen, müssten sie Tausende von Meilen zurücklegen. Und sie müssten schneller sein als ihre Verfolger.

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AntaresRoman

Veit Beck

Veit BeckAntaresDer verlorene PlanetRoman

Cover: Veit Beck • www.veitbeck.deDieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte vorbehalten!© 2021

Impressum

ratio-books • 53797 Lohmar • Danziger Str. 30

[email protected] (bevorzugt)

Tel.:  (0 22 46) 94 92 61Fax:  (0 22 46) 94 92 24www.ratio-books.de

E-Book 978-3-96136-131-1

Print-ISBN 978-3-96136-130-4

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Inhalt

Prolog

1. Indischer Ozean, Oktober 2027

2. USA, Ostküste, August 2027

3. Atlantik, August 2027

4. Indischer Ozean, August 2027

5. Indischer Ozean, August 2027

6. Atlantik vor der Ost küste Brasilien, Mai 2037

7. Indischer Ozean Ostküste Afrikas vor Somalia, August 2027

8. Atlantik vor der Ostküste Brasilien, Mai 2037

9. Indischer Ozean Ostküste Afrikas vor Somalia, August 2027

10. Atlantik vor der Ostküste Brasiliens, Mai 2037

11. Indischer Ozean Ostküste Afrikas vor Somalia, August 2027

12. Atlantik vor der Ostküste von Florida, Juni 2037

13. Atlantik vor der Ostküste von Florida, Juni 2037

14. Atlantik vor der Ostküste von Florida, Juni 2037

15. Atlantik vor der Ostküste von Virginia, Juni 2037

16. Norfolk Virginia, Juni 2037

17. Atlantik vor der Küste Norfolk Virginia, Juni 2037

18. Atlantik vor der Küste Norfolk Virginia, Juni 2037

19. Atlantik vor der Küste Norfolk Virginia, Juni 2037

20. Golf von Mexiko, Juli 2037

21. Galveston Texas, Juli 2037

22. Galveston Texas, Juli 2037

23. Galveston Texas, Juli 2037

24. Galveston Texas, Juli 2037

25. Galveston Texas, Juli 2037

26. Highway 10 westlich von Houston, Juli 2037

27. Highway 10 westlich von Houston, Juli 2037

28. Highway 10 westlich von Houston, Juli 2037

29. Westlich von Lake McQueeny Texas, Juli 2037

30. Westlich von Lake McQueeny Texas, Juli 2037

31. New Braunfels Texas, Juli 2037

32. Südlich von New Braunfels Texas, Juli 2037

33. Bei San Antonio Texas, August 2037

34. Bei San Antonio Texas, August 2037

35. Bei San Antonio Texas, August 2037

36. Bei San Antonio Texas, August 2037

37. Südlich von New Braunfels Texas, August 2037

38. Bei San Antonio Texas, August 2037

39. Bei San Antonio Texas, August 2037

40. Südwestlich von San Antonio Texas, August 2037

41. Golf von Mexiko, August 2037

42. Südwestlich von San Antonio Texas, August 2037

43. Golf von Mexiko, August 2037

44. Tampico Mexiko, August 2037

45. Mexiko City, August 2037

46. Mexiko City, August 2037

47. Mexiko City, August 2037

48. Südatlantik, August 2037

49. Mexiko City, August 2037

50. Südatlantik, USS Oklahoma, August 2037

51. Laredo, Mexiko, August 2037

52. Südatlantik, August 2037

53. Tivoli Texas, August 2037

54. Südatlantik, August 2037

55. Texas, August 2037

56. Südatlantik, August 2037

57. San Antonio Texas, August 2037

58. Südatlantik, August 2037

59. Südlich San Antonio, Texas, August 2037

60. Südatlantik, August 2037

61. Mexiko City, August 2037

62. Laredo, Mexiko, August 2037

63. Südatlantik, August 2037

64. Südlich Mexiko City, August 2037

65. Laredo, Mexiko, September 2037

66. Südlicher Atlantik, September 2037

67. Südlich Mexiko City, September 2037

68. Südlich von Laredo, Mexiko, September 2037

69. Südlicher Atlantik, September 2037

70. Golf von Mexiko, September 2037

71. Atlantik, September 2037

72. Golf von Mexiko, September 2037

73. Atlantik, September 2037

74. Golf von Mexiko, September 2037

75. Atlantik, September 2037

76. Laredo, September 2037

77. Mexico City, September 2037

78. Mexico City, September 2037

79. Mexico City, September 2037

80. Mexico, September 2037

81. Mexico City, September 2037

82. Tijuana Mexico, September 2037

83. Mexico City, September 2037

84. San Diego Vereinigte Staaten, September 2037

85. Mexico City, September 2037

86. San Diego, Vereinigte Staaten, September 2037

87. Brasilia, Brasilien, September 2037

88. Panama City, Panama, Dezember 2037

89. USS Gerald Ford, Atlantik vor Panama, Dezember 2037

90. Panama City, Panama, Mai 2038

Epilog

Literaturhinweise

Prolog

Gleich mussten sie wieder raus, aus der Dunkelheit in das gleißende Licht, aus der wohligen Wärme in die gnadenlose Hitze. An die Arbeit. Fokussiert, jeder konzentriert auf seine Aufgabe, ohne Pause, viele bis zur Erschöpfung, manche bis zum Tod. Alle mussten ran, es gab weder Nachsicht noch Gnade. Denn die Zeiten waren hart, es fehlte an allem, nur an Arbeit nicht. Feinde und Lasten warteten. Tag für Tag zogen sie hinaus, suchten nach neuen Nahrungsquellen, eroberten sie, falls nötig, erschlossen sie und beuteten sie aus. Spezialisiert, gut organisiert, hoch motiviert. Die Beute schleppten sie in ihr Lager. Über breite Straßen oder verschlungene Pfade. Das Volk hatte Hunger, es brauchte Nahrung, um zu wachsen, es brauchte Wachstum, um immer größer und stärker zu werden, um neue Gebiete zu erobern, sie zu erschließen, sie auszubeuten. Eine teuflische Spirale, unaufhörlich, unendlich, unvernünftig. Aber sie konnten nicht anders, sie mussten so handeln. Schließlich lag es in ihren Genen. Es war ihre DNA.

1.

Indischer Ozean, Oktober 2027

Commander Foster lehnte ruhig an einer Außenwand der Insel und ließ seinen Blick über das menschenleere Flugdeck schweifen. Niemals zuvor hatte das Deck eine solche Leere und Trostlosigkeit ausgestrahlt. Ausgerechnet dieser Ort, normalerweise der Inbegriff von Lärm, Dynamik, Intensität und Präzision war auf seinen Befehl zur Ruhe und Starre verdammt. Auch er sollte nicht hier im Freien sein, aber nach Tagen unter Deck oder im Kommandoturm hatte er das dringende Bedürfnis nach frischer Luft gehabt und sich heimlich, seinen eigenen Befehl ignorierend, vor die Tür gestohlen. Er hoffte, dass er nicht bemerkt werden würde, hoffte, dass seine schlanke Gestalt sich nicht vom grauen Hintergrund des Turmes abheben würde.

Vom Deck schweifte sein Blick über das Meer und die Flotte, die sich im Umfeld des mächtigen Flugzeugträgers nach Süden bewegte. Die See war ruhig und ihr Tempo war gemächlich. Sieben Tage waren sie nun schon auf diesem Kurs unterwegs. Ohne Ziel, nur nach Süden.

Die Flotte war mittlerweile auf weit mehr als das Doppelte ihrer ursprünglichen Stärke angewachsen. Containerschiffe, Tanker, Fischtrawler und sogar ein Passagierdampfer hatten sich dem Flottenverband angeschlossen und begleiteten ihn auf seiner Reise. Am Anfang war die Flotte rasant gewachsen, beinahe jede Stunde kamen Schiffe hinzu, gesellten sich zu dem Verband. Ohne Fragen, sprachlos, auch mangels funktionierender Funkverbindungen, manchmal noch fähig sich über Flaggenzeichen über das unbedingt Notwendige zu verständigen. Es gab keine Gelegenheit, die Fragen zu stellen, die sie alle hatten. Keine Chance für Erklärungen, nur dem Instinkt folgend rotteten sie sich zusammen, wissend, dass in der Gemeinschaft die Gefahr oder zumindest die Furcht geringer ist.

Warum, wovor waren sie auf der Flucht? Nicht einmal das wussten sie. Nur weg war die Devise. Bis das Rasen der Geigerzähler und ihrer Herzen nachließ. Nur nach Süden.

Was geschehen war, wussten sie nicht. Nur, dass sich die Welt in den letzten Tagen verändert haben musste. Denn im Norden herrschte Stille. Keine Signale, weder Funksprüche noch Radio oder Fernsehsendungen. Kein Internet. Alles hatte so plötzlich aufgehört, war durch das Tackern der Geigerzähler übertönt oder ersetzt worden.

Was auch immer er erwartet hatte, als er vor nicht allzu langer Zeit das Portal der Kommandantur am Headquarter der 2. Flotte in Norfolk, Virginia betrat, um den Auftrag zu empfangen, der ihn und seine Mannschaften an den Ort gespült hatte, rs war anders gekommen.

2.

USA, Ostküste, August 2027

Die Sonne blendete Commander Foster, als der Wagen rechts abbog und die beschattete Allee verließ. Blinzelnd blickte er auf die kurze Auffahrt und das schwer bewachte Tor des Flottenhauptquartiers. Während sein Fahrer den Wagen verlangsamte, kam bereits ein bewaffneter Posten auf den Wagen zu, salutierte und blickte aufmerksam auf das Fenster an der Fahrerseite. Während der Fahrer mit der linken Hand die Scheibe per Automatik herunterließ, fingerte er mit der rechten ein Dokument von der Ablage über dem Lenkrad und reichte es dem Posten. Mit einem Blick prüfte der Posten sowohl das Dokument als auch das Wageninnere und salutierte. Daraufhin ließ ein zweiter Posten das Tor geräuschlos zur Seite gleiten, das Fahrzeug setzte sich in Bewegung und rollte mit gemächlichem Tempo an einigen niedrigen, einfallslos und langweilig aussehenden Verwaltungsgebäuden vorbei, bis es am Ende der Auffahrt vor den Treppen des Hauptquartiers zum Stehen kam.

Von all dem bekam Commander Foster so gut wie nichts mit. Er grübelte stattdessen über den Grund nach, weshalb ihn der Flottenadmiral heute nochmals einbestellt hatte. Morgen würde die USS Gerald Ford auslaufen. Ein Flugzeugträger, sein Flugzeugträger, das erste Nachfolgemodell der Nimitz-Klasse. Das bisher teuerste Schiff der Geschichte. Was ihn ein bisschen stolz machte, wider die Vernunft. Das Einsatzziel und die Einsatzgebiete hatte er bereits in der letzten Woche erhalten und mit dem Flottenkommando besprochen.

Wie oft war er schon hier gewesen? Seine Laufbahn hatte ihn immer wieder hier hin zurückgeführt. Dieser Stützpunkt war im Laufe der Jahre seine wahre Heimat geworden. Ein Zustand, den sein Haus, seine Familie nie erreicht hatten. Vielleicht war seine Ehe auch daran gescheitert, dass er sich zu Hause nie richtig zu Hause gefühlt hatte. Er war irgendwie immer nur auf Besuch gewesen, für eine begrenzte Zeit, bis zum nächsten Einsatz. Manchmal war er sich wie ein Störenfried vorgekommen, der sich überraschend in ein funktionierendes Familienleben zu drängen schien, der sich zum Mittelpunkt aufspielte, der beachtet, bewundert werden sollte. Was meistens auch zu funktionieren schien. Alle waren oder taten zumindest glücklich. Eigentlich war er auch nicht wirklich überrascht, als ihm seine Frau bei einem dieser Besuche eröffnete, dass sie sich scheiden lassen wolle. Ihre gemeinsame Tochter hatte das Haus mittlerweile verlassen, seine Frau offenbar ihre Aufgabe erfüllt. Sie habe sich neu verliebt, hatte sie gesagt. Überrascht war er nur darüber, dass es ihm fast nichts ausgemacht hatte, dass seine Frau recht gehabt hatte, dass er in Wahrheit immer nur die See geliebt hätte. Und dass er froh sein solle, denn jetzt müsste er die See nicht mehr mit ihr betrügen.

Gedankenverloren, nahezu mechanisch stieg er aus dem Wagen, nachdem zuvor ein Posten die Wagentür geöffnet hatte. Foster eilte knapp salutierend durch die Eingangstür, durchquerte die Halle und steuerte auf den Empfangstresen zu. Vorzustellen brauchte er sich nicht, die junge Dame hinter dem Tresen grüßte ihn freundlich, deutete mit einem leichten Lächeln auf die Sitzgruppe und tippte eine Nummer in das Telefon ein.

Noch bevor der Commander sich hinsetzen konnte, öffnete sich die Tür, die in den östlichen Trakt führte und ein junger Lieutenant kam auf Foster zu. Ein kurzer Gruß und Foster folgte dem Lieutenant durch die Tür. Sie durchquerten den Flur und betraten das Vorzimmer des Büros von Admiral Booth. Emily, seine Sekretärin nickte dem Commander kurz zu, erhob sich von ihrem Stuhl, klopfte an die Tür des Büros des Admirals, öffnete die Tür einen Spalt, streckte ihren Kopf herein und meldete Commander Foster an. Sie schwang die Tür auf und bedeutete dem Besucher, mit einer einladenden Geste, einzutreten.

Der Admiral kam schon auf ihn zu, während der Commander durch die Tür schritt. Noch bevor der leichte, durch den berüchtigten und äußerst kräftigen Händedruck des Admirals verursachte Schmerz aufhörte, saßen sich die beiden Offiziere in der Ledersitzgruppe im hinteren Teil des Büros gegenüber. Admiral Booth war ein eher kauzig aussehender, kleiner Mann. Umso überraschter waren seine Gesprächspartner über den Händedruck, der mehr zu einem Schwerathleten gepasst hätte als zu dieser Person mit schütterem Haar aber äußerst wachen Augen.

„Sie fragen sich sicher, weshalb ich Sie so kurz vor dem Auslaufen nochmals hergebeten habe“, kam der Admiral ohne Umschweife zur Sache und unterbrach Fosters Grübeln darüber, ob der kräftige Händedruck des Admirals nicht sp etwas, wie eine Warnung war, die Menschen, die ihn noch nicht kannten, auf seine äußerst direkte Art vorbereiten sollte. „… Aber zu Ihrer anstehenden Mission habe ich noch einige zusätzliche Instruktionen für Sie.“

Am nächsten Morgen würde der Flottenverband unter Führung der USS Gerald Ford auslaufen, den Atlantik in südöstlicher Richtung durchqueren, um das Kap der Guten Hoffnung fahren und an der Küste Ostafrikas in den freien Gewässern vor Somalia kreuzen, um die dort operierenden Flottenverbände der NATO bei der Bekämpfung von somalischen Piraten zu unterstützen. Commander Foster hatte sich bereits in der letzten Woche überrascht gezeigt, als ihm die Umstände und Ziele der Mission erläutert wurden. „Trotz der umfangreichen Präsenz von NATO-Schiffen vor der afrikanischen Küste gelingt es der NATO bisher nicht, das Seegebiet vor Afrika zu sichern und die Kaperung von Handels- und Passagierschiffen durch die Piraten zu verhindern“, hatte der Admiral damals seinem Besucher eröffnet. „Der Beobachtungs- und Aktionsradius der Schiffe ist einfach zu gering, um das große Seegebiet zu überwachen. Rufen die überfallenen Schiffe um Hilfe, sind die Kriegsschiffe meist zu weit entfernt bzw. zu langsam, um noch rechtzeitig eingreifen und helfen zu können. Diese Defizite wollen wir durch den Einsatz der USS G. Ford beheben. Mit ihren Luftaufklärern erweitert sich der Beobachtungsraum erheblich und bei Angriffen von Piraten sind die Kampfflugzeuge schnell vor Ort. Es ist allen Beteiligten klar, dass dies eine deutliche Verschärfung der Gangart in dem Konflikt ist, da bei einem Waffeneinsatz durch die Kampfflugzeuge zwangsläufig Piraten zu Schaden oder zu Tode kommen. Insgeheim erhoffen wir uns, dass wenige Einsätze genügen werden, um die Piraten zu überzeugen, dass sie bei jedem Raubzug ein hohes Risiko eingehen und der Einsatz des Navy-Flottenverbandes eine deutlich abschreckende Wirkung haben wird.“ Aus diesem Grund war der Einsatz auch auf einen Zeitraum von ca. sechs Monaten beschränkt, sodass Foster und seine Crew bereits in höchstens neun Monaten zurück in Norfolk sein würden.

„Es mag Ihnen vielleicht etwas seltsam vorkommen, wenn ich Ihnen heute noch keine detaillierten Informationen geben kann, weshalb ich Sie nochmals hergebeten habe. Es gibt in Bezug auf ihre Mission noch einen weiteren Aspekt, über den wir aus Sicherheitsgründen derzeit noch nicht sprechen wollen. Ich möchte ausdrücklich unterstreichen, dass diese Ihnen vielleicht übertrieben, aber sicher ungewöhnlich vorkommende Verfahrensweise, nichts mit mangelndem Vertrauen in Ihre Person zu tun hat“, versuchte der Admiral, Commander Foster zu vermitteln. „Ich selbst“, fuhr der Admiral fort, „bin nicht im Detail informiert, man hat mich lediglich gebeten, Ihnen diesen Laptop auszuhändigen.“ Bei diesen Worten deutete der Admiral auf einen kleinen schwarzen Computer, der neben ihnen auf dem Tischen lag, „Er ist heute am Morgen mit einem Boten aus Washington gekommen. Durch einen weiteren, separat angereisten Boten wurde mir ein versiegelter Umschlag überbracht, der direkt neben dem Laptop liegt.“

Commander Foster musterte den daliegenden roten DIN-A-5-Umschlag neben dem Laptop. „Die Dokumente kommen direkt aus dem Weißen Haus, der Bote war der Sicherheitsberater des Präsidenten O´Neal höchstpersönlich. Er kam heute Vormittag in mein Büro. Er hatte seinen Besuch am letzten Freitag telefonisch angekündigt, aber ich hatte eigentlich erwartet, dass sie mir nur kurz im Vorfeld der morgen hier stattfindenden Konferenz zu strategischen Fragen eine Art Höflichkeitsbesuch abstatten. Sie können sich sicher meine Überraschung vorstellen, als er mir den Umschlag und die dazugehörigen Informationen gab. Vorgestern erhielt ich dann einen Anruf von Admiral Bersinski, dem Oberbefehlshaber des Flottenkommandos. Er kündigte ebenfalls seinen Besuch für heute an und bat mich zudem, diese Verabredung mit Ihnen am heutigen Nachmittag zu treffen. Er ist vor einer halben Stunde eingetroffen“, sagte der Admiral, während er sich erhob und zu der zweiten, der Sekretariatstür gegenüberliegenden Tür ging und diese öffnete. Bevor Commander Foster anfangen konnte sich zu wundern, betrat Admiral Bersinski das Büro und steuerte direkt auf die Sitzgruppe und den Commander zu. Foster erhob sich, grüßte und nahm den von dem Admiral angebotenen Händedruck an.

„Guten Tag, Commander“, begann Admiral Bersinski das Gespräch und bedeutete Foster, wieder Platz zu nehmen. Er selbst setzte sich in einen Sessel gegenüber, direkt neben Admiral Booth. „Ich bitte um Entschuldigung für diesen Überfall“, fuhr der Oberbefehlshaber fort, „aber die Umstände zwingen uns zu dieser, ungewöhnlichen Verfahrensweise“, während er die Aktentasche öffnete, die er neben seinem Sessel platziert hatte. Die braune Ledertasche war Commander Foster gar nicht so recht aufgefallen, als Bersinski den Raum betreten hatte. Zu sehr hatte er auf die Gestalt des groß gewachsenen Admirals geachtet, als er in seiner strahlend weißen Uniform den Raum betreten hatte. Die Tasche, die der Admiral in seiner Linken trug, war ihm gar nicht aufgefallen.

„Und ich bin mir sicher, dass dieses hier nicht gerade dazu beitragen wird, Ihre Verwunderung zu verringern“, fuhr Bersinski fort, als er einen grünen Umschlag neben den roten Umschlag auf den Tisch legte.

„Ich hoffe, Admiral Booth hat Ihnen schon versichert, dass unsere Vorgehensweise keinerlei Misstrauen an ihrer Person bedeutet. Aber wir haben unter Umständen einige ergänzende Aufgaben für Sie und Ihren Flottenverband, die von einer immensen strategischen Bedeutung sind. Wenn ich unter Umständen sage, dann trifft dies genau so zu. Diese Umstände sind auch der Grund, weshalb wir so ein, sagen wir Brimborium um die Informationsübergabe machen. Aber wenn wir diese zusätzliche Option nicht benötigen, ist es nach unserer Einschätzung am besten, wenn niemand anderes von den Planungen Kenntnis hat als diejenigen, die im Moment bereits damit befasst sind. Und wie Sie sich sicher vorstellen können, sind dies derzeit nicht sehr viele Personen. James, könnten Sie Ihre Sekretärin bitten, uns einen Aschenbecher zu bringen?“, wendete sich Admiral Bersinski an Booth. Dieser stand auf und verschwand durch die Tür zu seinem Sekretariat.

„Bitte öffnen Sie die Umschläge und prägen Sie sich die darin beschriebenen Codeworte gut ein“, bat der Admiral Commander Foster. Der Commander runzelte die Stirn, beugte sich vor, nahm mit seiner rechten Hand die beiden Umschläge vom Tisch und legte beide auf seinem Schoß ab. Er nahm den roten Umschlag wieder in die Hände und brach das Siegel auf. In dem Umschlag lag nur ein einzelnes Blatt, auf dem in roter Tinte nur ein Wort stand.

„Bitte halten Sie die Dokumente so, dass niemand anderes den Inhalt lesen kann“, bat Admiral Bersinski den Commander. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zum Sekretariat und Admiral Booth kam, mit einem großen Kristallaschenbecher, den er in beiden Händen haltend vor seinem Bauch trug, in das Zimmer und stellte den Aschenbecher auf dem Tisch neben dem Laptop ab. Reflexhaft zog der Commander das Blatt an die Brust, bevor er es begleitet von einem Lächeln und leichten Kopfschütteln wegen seiner übertrieben scheinenden Vorsicht, mit der beschrifteten Seite nach unten wieder auf seinem Schoss ablegte. Er nahm den zweiten, Umschlag in die Hand und öffnete diesen ebenfalls. Admiral Booth hatte mittlerweile wieder Platz genommen und beobachtete das Geschehen aufmerksam. Auch der zweite Umschlag enthielt lediglich ein Blatt, auf dem in grüner Tinte ebenfalls nur ein Wort aufgedruckt war.

„Prägen Sie sich die Informationen gut ein, Commander“, sagte Admiral Bersinski. „Sie werden keine Gelegenheit haben, dies später nochmals nachzuholen.“ Anschließend griff er, während er die Beine ausstreckte und sein Gesäß umständlich anhob in seine rechte Hosentasche und fingerte ein Feuerzeug heraus. Wortlos übergab er es dem Commander und deutete mit seinem linken Zeigefinger auf den Aschenbecher. Ein kurzer Blick in die Augen des Admirals genügte, dem Commander zu versichern, dass der Admiral dies ernst meinte. Er nahm beide Dokumente nochmals in die Hände, warf einen kurzen Blick auf die Papiere, fasste beide Dokumente schließlich mit seiner linken Hand, fuhr mit dem Daumen der rechten Hand über das Rad am Feuerzeug und führte die auflodernde Flamme an die Dokumente. Erschrocken riss Admiral Booth den Laptop vom Tisch, während Foster die brennenden Dokumente im Aschenbecher ablegte. „Wir wollen das Gerät doch nicht beschädigen“, versuchte Admiral Booth, seine Erschrockenheit zu überspielen, während er aufstand und zu seinem Schreibtisch ging. Er schob seinen Bürostuhl ein wenig zur Seite, bückte sich und griff unter den Tisch. Einen Koffer in der Linken, den Laptop noch unter dem rechten Arm tragend kam er zum Tisch, legte den Koffer auf den Tisch neben den Aschenbecher, in dem gerade die letzten Fetzen der Dokumente verglühten. Booth setzte sich wieder in seinen Sessel, legte den Koffer auf seine Knie, ließ die beiden Schlösser aufschnappen und öffnete den Deckel. Auf seinem Sessel leicht nach vorne rutschend, beugte er sich vor, griff sich den Laptop und ließ diesen blitzschnell im Koffer verschwinden. Er schloss den Deckel und stellte den Koffer neben sich auf den Boden.

„Das Passwort aus dem grünen Umschlag ist das Passwort für den Laptop“, sagte Admiral Bersinski sich an den Commander wendend. „Auf dem Laptop finden Sie unter anderem ein Verzeichnis, das den Namen ihrer Tochter trägt. Das Verzeichnis ist ebenfalls durch ein Passwort geschützt. Die Eingabe des richtigen Passworts führt dazu, dass Sie auf die Datei im Verzeichnis zugreifen können. Diese enthält alle für Ihre zusätzliche Mission nötigen Informationen. Das Passwort ist identisch mit dem, mit welchem Sie die atomaren Waffensysteme auf Ihrem Träger freischalten können. Das kennen Sie ja schon. Vertippen Sie sich bitte nicht, Sie haben nur maximal zwei Versuche und maximal zwei Minuten, ansonsten wird das Verzeichnis nicht freigeschaltet. Für den Fall, dass Sie den Laptop nutzen sollen, werden Sie eine Nachricht erhalten, die nur aus einem Wort besteht. Dem Wort, welches im roten Umschlag war. Bitte befolgen Sie die Befehle, die Sie auf dem Laptop vorfinden, unbedingt. Aber nur, nachdem Sie von uns den entsprechenden Befehl erhalten haben. Sollten wir die Notwendigkeit sehen, Ihnen Befehle zu übermitteln, die von den auf dem Laptop beschriebenen Operationen und Zielen abweichen, wird sich der Überbringer durch ein weiteres Codewort identifizieren.“ Bei diesen Worten holte der Admiral einen weiteren, weißen Umschlag aus der Aktentasche und reichte ihn dem Commander. Der Umschlag war nicht verschlossen, sodass der Commander das einzige darin befindliche Blatt direkt entnehmen konnte. Admiral Bersinski lächelte, als Foster mit irritiertem Blick das Blatt zu dritten Mal wendete. „Dieses Mal müssen Sie den Code festlegen“, sagte der Admiral, während er dem Commander einen silbernen Stift reichte. „Aber machen Sie es nicht zu kompliziert. Anschließend legen Sie bitte das Blatt in den Umschlag und verschließen Sie diesen. Mit diesem Wort wird sich der Überbringer Ihnen gegenüber autorisieren, sofern wir die Notwendigkeit sehen, unsere auf dem Laptop gespeicherten Pläne zu ändern.“

„Erinnert mich ein bisschen an Mission: Impossible“, sagte der Commander, als er den Umschlag mit einem Lächeln auf dem Tisch ablegte. „Der Laptop wird nicht verdampfen, nachdem Sie die Datei geöffnet haben“, entgegnete der Admiral mit einem Grinsen, während er den Umschlag vom Tisch nahm und in seiner Aktentasche verschwinden ließ. „Das können wir uns bei der aktuellen Budgetsituation gar nicht leisten.“

Mit einem „Commander“ auf den Lippen erhob sich Admiral Bersinski, worauf auch die anderen beiden Offiziere aufstanden. Admiral Booth hatte zuvor nach dem Koffer mit dem Laptop gegriffen und wartete mit dem Koffer am rechten Arm, bis sich Admiral Bersinski und Commander Foster verabschiedet haben. „Viel Glück und Erfolg, Commander“, sagte Bersinski, während er Foster die Hand schüttelte. Mit einem kurzen „Danke, Sir“ folgte Foster dem bereits mit einer ausladenden Geste zur Tür gehenden Booth. Nach einem kurzen Wortwechsel, begleitet von einem festen Händedruck vor der Tür, übergab Admiral Booth Commander Foster den Koffer. Foster hatte bereits die linke Hand auf der Türklinke, als er sich nochmals umwandte und den Koffer in die Höhe hielt. „Ganz schön leichtsinnig“, wandte er sich nochmals an die beiden Admiräle. „Der Koffer hat noch nicht einmal ein simples Zahlenschloss“, sagte er, öffnete die Tür und verließ mit einem breiten Grinsen das Büro.

Mit einem kurzen „Good bye“ an Emily, der Sekretärin von Admiral Booth, eilte er durch das Vorzimmer und trat auf den Gang hinaus, wo der Offizier, der ihn hineinbegleitet hatte, bereits bereitstand, um ihn auch nach draußen zu begleiten. Vor dem Gebäude wartete sein Wagen vor der Treppe. Der Adjutant eilte die Treppen hinunter, öffnete die Tür und Foster schlüpfte behände auf die Rückbank und legte den Koffer neben sich ab. „Zum Schiff, Private“, befahl er seinem Fahrer, der sogleich losfuhr, nachdem der Offizier die Tür geschlossen hatte.

„Glauben Sie, dass die Öffentlichkeit und die Geheimdienste uns die Geschichte abnehmen werden?“, fragte Admiral Booth den Flottenchef. „Nun wir haben alles getan, um dies nach einer ganz gewöhnlichen Mission aussehen zu lassen. Auch um den Preis, mehr Menschen als unbedingt notwendig in die Gefahrenzone zu bringen. Transparenz schafft Glaubwürdigkeit und dass beides nur scheinbar ist, wird man hoffentlich erst spät erkennen“, antwortete Admiral Bersinski.

3.

Atlantik, August 2027

„Herzlichen willkommen an Bord“, begrüßte Lieutenant McBride die Gruppe. In dem großen, von offenbar zu vielen Neonröhren grell beleuchteten Raum, saßen drei Personen verloren auf einfachen Stühlen in der Mitte der ersten Sitzreihe. Der Lieutenant steuerte direkt auf ein kleines Pult zu, das an der Stirnseite ein wenig versetzt vor einer riesigen Projektionswand stand.

Als er das Pult erreicht hatte, knipste er ein Lächeln an und drehte sich in Richtung seines Publikums. „Mein Name ist Lieutenant McBride“, wandte sich der junge Offizier an die aus zwei Männern und einer Frau bestehende Gruppe. „Ich werde Sie während Ihres Aufenthaltes an Bord betreuen. Ich bin jederzeit für Sie da, sollten Sie also im Verlaufe unserer Reise irgendeine Frage oder ein Problem haben, so wenden Sie sich jederzeit vertrauensvoll an mich.“

„Wenn ich mir einen für die Kommunikation zuständigen Offizier hätte malen können“, dachte sich Susan Carter, die einzige Frau in der Gruppe der Zuhörer, „dann käme der Lieutenant dem sehr nahe.“ Der Lieutenant, Mitte zwanzig, ca. 1.80 groß, schlank, dichtes schwarzes, kurz geschnittenes Haar sah in seiner strahlend weißen Uniform aus wie das Fleisch gewordene Klischee eines Marineoffiziers.

„Wir werden in den nächsten Wochen viel Zeit miteinander verbringen. Meine erste Aufgabe besteht darin, Ihnen zu erklären, wie ein Flugzeugträger funktioniert“, wandte sich der Lieutenant wieder an seine Zuhörer. „Bei der Gelegenheit möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie zwar Gäste auf diesem Schiff sind, jedoch jederzeit beachten müssen, dass Sie sich auf einem Kriegsschiff und somit ständig in einem militärischen Sicherheitsbereich befinden. Deshalb bitte ich Sie, sich ausschließlich in den für Sie auch zugänglichen Zonen zu bewegen, die ich Ihnen nachher zeigen werde. Dies geschieht nicht, weil wir Ihnen Informationen vorenthalten wollen, sondern es dient Ihrer Sicherheit, der Sicherheit der Mannschaft und nicht zuletzt auch der Sicherheit des Schiffes und seiner Umgebung. Es ist üblich, dass wir mitreisende Journalisten an Bord haben, jedoch befinden wir uns dieses Mal nicht auf einer Routinepatrouille, sondern wir haben eine Mission, in deren Verlauf es mit großer Wahrscheinlichkeit auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommen wird. Deshalb bitte ich Sie auch gleich um Verständnis, dass es durchaus vorkommen kann, dass wir bei Gefahrensituationen Ihre Bewegungsfreiheit temporär sogar noch einschränken müssen. Doch erst einmal Schluss mit den unvermeidbaren Sicherheitsinformationen. Bevor ich Ihnen gleich einen Überblick über das Schiff gebe, schlage ich vor, dass wir uns kurz einander vorstellen. Mrs. Carter, ich hoffe, Sie finden es nicht uncharmant, wenn ich mit mir anfange.“

Susan Carter schreckte leicht auf, als sie ihren Namen hörte. Sie hatte den Ausführungen des Lieutenants nur sehr oberflächlich zugehört und eher darüber sinniert, wie oft sie sich jetzt schon Erläuterungen über den Sinn von Sicherheitsvorschriften auf militärischen Anlagen und bei militärischen Operationen hatte anhören müssen. Unmittelbar nachdem ihre Zeitung sie als Kandidatin als eingebettete Journalistin für die Teilnahme auf einer Fahrt auf einem Flugzeugträger gemeldet hatte, hatte die Navy sie zu einem vorbereitenden Seminar geladen und ihr und zahlreichen anderen Journalisten wieder und wieder Sicherheitsvorschriften eingeimpft. Sie wurden informiert, instruiert, interviewt und getestet. Sie mussten ärztliche Atteste vorlegen, Erklärungen unterschreiben und sogar noch einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren. Selbstverständlich hatte die Navy bzw. der militärische Geheimdienst sie auch gescreened und dies sicher intensiver, als man ihr dies transparent gemacht hatte. Mit einem Schmunzeln dachte sie an das schwergewichtige Paket an Dokumenten, das man ihr am letzten Tag mit auf den Weg gegeben hatte. Dies alles war mittlerweile mehr als sechs Monate her und sie hatte schon nicht mehr daran geglaubt, dass alles dies mehr als verlorene Zeit gewesen wäre, als vor ungefähr zwei Wochen ihre Redaktion über die Möglichkeit informiert wurde, dass sie an dieser Mission teilnehmen könne. Natürlich war dies verbunden mit einer Einladung zu einem Auffrischungskurs und dem Hinweis, dass für die Teilnahme an der Fahrt alle Impfungen nachzuweisen sind, über deren Notwendigkeit sie bereits im Vorbereitungsseminar informiert worden war. Gott sei Dank hatte sie die notwendigen Impfungen durchführen lassen, bevor sie anfing, Zweifel zu hegen, ob den Mühen der Seminarteilnahme auch eine Gelegenheit zur Mitfahrt folgen würde. Und obwohl sie einige Pläne über den Haufen werfen musste, war sie hocherfreut, dass es nun doch noch klappen würde.

Erwartungsgemäß behielt Lieutenant McBride privates und seine bisherige Laufbahn für sich und begnügte sich damit, nochmals seine Aufgaben an Bord zu erläutern. Trotzdem war Susan schon vorbereitet, als er sie kurz danach dann aufforderte, sich als erste vorzustellen.

„Mein Name ist Susan Carter“, begann sie, „und ich arbeite für die New York Times. Nach einem Studium der Journalistik und politischen Wissenschaften in Harvard und einem kurzen Gastspiel beim Boston Globe arbeite ich nun seit über drei Jahren für die Times im Auslandsressort. Ich bin spezialisiert auf den Nahen Osten und habe an diversen Reisen amerikanischer Politiker nach Israel, in den Iran, Irak, nach Pakistan und die Golfstaaten teilgenommen. Damit will ich es erst einmal bewenden lassen“, gab sie das Wort an den Lieutenant zurück. Sie war seinem Beispiel gefolgt. Auch sie hatte das Private weggelassen. Hatte nicht erzählt, dass sie allein lebte, keine Kinder, keinen Partner, noch nicht einmal Haustiere hatte. Sie hatte alles versucht, war mit allem gescheitert. Ob es an ihr lag oder an ihrem Beruf? Darüber hatte sie nie richtig nachgedacht. Womit der Beruf wohl aus dem Schneider war.

Der Blick von Lieutenant McBride wanderte von der attraktiven jungen Frau, ebenfalls Mitte zwanzig, mittelgroß, schlank, brünett und mit auffallend grünen Augen, zu ihrem Sitznachbarn.

„Roger Taylor“, begann dieser sich vorzustellen. „Die stark nuschelnde Stimme passt zu der etwas verwahrlost aussehenden Erscheinung“, dachte Susan. Roger Taylor war deutlich älter, von untersetzter Statur, aber ein wenig größer als sie selbst. Schon als er vor 15 Minuten den Raum betreten hatte, hatte Susan die Gelegenheit gehabt, ihn genauer zu mustern. Gekleidet mit einem abgetragenen, braunen, an den Ärmeln und Beinen etwas zu langen, in der Taille eher zu engen Cordanzug, das schüttere, strähnige Haar nach hinten gekämmt, war er mit einem kaum verständlichen Gruß in den Raum geschlurft und hatte sich auf den Stuhl neben sie plumpsen lassen. Leider hatte, bevor Susan, durch die für einen Teilnehmer an der Mission eher unerwartete Erscheinung, neugierig geworden, das Wort an ihn richten konnte, die Ankunft eines weiteren Gastes beider Aufmerksamkeit auf sich gezogen. „… vom Military and Weapon Information Magazin“, stellte Mr. Taylor sich weiter vor. „Unser Magazin ist seit über dreißig Jahren darauf spezialisiert, über Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände zu berichten. Ich bin seit nunmehr achtzehn Jahren in der Redaktion des Magazins und dies ist meine achte Teilnahme an einer Marinemission, zwei davon bereits früher an Bord eines Trägers. Wenn Sie also etwas genauer erklärt haben wollen“, wandte er sich direkt an Susan, „fragen Sie am besten gleich mich. Dann brauchen wir den Lieutenant nicht unnötig behelligen“, fuhr er mit einem breiten Grinsen fort.

„Dann fehlt uns ja nur noch Mr. Jack Ryan“, ging der Lieutenant reaktionsschnell dazwischen, bevor Susan Carter etwas erwidern oder Mr. Taylor seine Ausführungen fortführen konnte. „Aber nicht der Jack Ryan, oder?“, gab der Lieutenant das Wort an den dritten und letzten im Bunde.

„Danke, Lieutenant McBride“, begann Mr. Ryan seine Vorstellung. „Aber Sie können ganz beruhigt sein. Mit der Romanfigur habe ich nur den Namen gemein“, fuhr er fort. Nun das stimmt nicht ganz, dachte Susan, als sie Jack Ryan betrachtete und automatisch mit Harrison Ford verglich, der die Rolle des Jack Ryan in mehreren Verfilmungen der Romane von Tom Clancy gespielt hatte. Etwas größer, einige Jahre jünger, aber durchaus jemand, dem man die Rolle auch abgenommen hätte. „… bin Auslandskorrespondent der Washington Post“, wurde Susan aus ihren Gedanken gerissen. Ja, der perfekt geschnittene Anzug, die gesamte eloquente Erscheinung passte nach Washington, sinnierte Susan weiter. „… habe ich Politik und Wirtschaft studiert. Im Gegensatz zum Original oder nein zur Fiktion, habe ich weder Ahnung von Technologie noch tauge ich zum CIA-Agenten“, beendete Ryan routiniert seine Vorstellung.

„Okay! Danke!“, riss der Lieutenant das Ruder wieder an sich. „Nachdem wir uns gegenseitig ein wenig kennengelernt haben, wollen wir jetzt die USS Gerald Ford kennenlernen. Dazu werden wir uns zuerst einen kleinen Film ansehen, um uns einen Überblick zu verschaffen. Anschließend machen wir dann einen Rundgang durch das Schiff. Dabei führe ich Sie durch die wesentlichen Stationen, erläutere Ihnen die Abläufe und zeige Ihnen die Bereiche, in denen Sie sich ohne Begleitung aufhalten können“, sagte er augenzwinkernd, nahm eine Fernbedienung vom Pult, worauf das Licht ausging und ein Projektor einen Lichtkegel auf die Leinwand warf.

„Willkommen an Bord der USS Gerald Ford“, tönte eine Stimme aus dem Off, während auf der Leinwand ein Blick aus einer Pilotenkanzel zu sehen war, die sich mit atemberaubender Geschwindigkeit und unter laut donnerndem Getöse in ein blaues Nichts schob. Diese Sequenz hielt einige Sekunden an, das Donnern wurde, obwohl es auf hohem Niveau blieb, doch leiser, das Blau nur hin und wieder von weißen Fetzen unterbrochen. Als dann auf der Leinwand der gigantische Träger von oben zu sehen war, wie er durch das Meer pflügte, war den Zuschauern klar, dass sie soeben, wenn auch nur im Film, einen Jetpiloten bei einem Start von der USS Gerald Ford begleitet hatten. Ein beeindruckender Start, des Films und ihrer Reise.

Die Informationen prasselten nur so auf die Journalisten nieder: die USS Gerald Ford das erste Exemplar einer neuen Generation von Flugzeugträgern. Der Träger, der dieser Generation seinen Stempel, seinen Namen aufdrücken wird. Mit neuen Technologien zum Starten und Landen der Flugzeuge wird er zur Blaupause für alle neuen Träger der Marine. Seine wesentlichen Daten: Länge 333 Meter, Rumpfbreite über 40 Meter, Flugdeckbreite über 75 Meter, fast 93.000 Tonnen Wasserverdrängung, Kapazität für bis zu neunzig Flugzeuge und eine Besatzung von 6.300 Männern und Frauen. Vier Hauptmaschinen treiben vier fünfblättrige Propeller an und ermöglichen eine Geschwindigkeit von bis zu 35 Knoten respektive 56 km/h. Zusätzlich zu den zwei Atomreaktoren, die als ständiges Antriebsaggregat funktionieren und dem Träger eine theoretische Reichweite von annähernd zwei Millionen Kilometern geben bzw. eine autonome Energieversorgung von annähernd 20 Jahren garantieren, sind vier leistungsstarke Dieselmotoren als Notaggregate vorhanden.

Das alles war interessant, sicher hilfreich und im Film von eindrucksvollen Bildern unterlegt, konnte jedoch die Zuschauer nicht so richtig fesseln, warteten diese doch gespannt darauf, den Träger mit allen eigenen Sinnen im Original zu erkunden. Gleichgültig, ob man von einer Kriegsmaschinerie begeistert ist oder ihr eher ablehnend gegenübersteht, wenn man ein derart imposantes Schiff leibhaftig sieht, macht dies nahezu jeden Menschen neugierig. Insofern waren alle eher erleichtert, als der Film mit der Darstellung eines gelungenen Landeanfluges aus der Pilotensicht zu Ende ging. Der Film stoppte und der Projektor warf lediglich noch das Wappen der USS Gerald Ford an die Wand.

„Ich hoffe, Sie sind hinreichend beeindruckt. Unser Film steht Hollywood in nichts nach“, sagte Lieutenant McBride, als das Licht anging und das projizierte Wappen dadurch etwas verblasste. „Aber das ist alles nicht halb so beeindruckend wie die Realität. Wir werden zusammen einen Rundgang machen und ich werde versuchen, Ihnen an den jeweiligen Stationen zu veranschaulichen, wie die entscheidenden Aufgaben gelöst sind, damit ein solcher Träger als verlässliches Waffensystem funktioniert. Und die Aufgaben sind Flugzeuge in die Luft zu bringen, obwohl die Startbahn viel zu kurz ist, und Flugzeuge landen zu können, obwohl die Landebahn viel zu kurz ist. Dies alles auch noch bei schlechtem Wetter oder sogar in der Nacht, also ohne Sicht, zuverlässig hinzubekommen und das Ganze auch noch auf sehr beschränkten Raum.

Letzteres kommt Ihnen vielleicht etwas seltsam vor, nachdem wir versucht haben, Sie soeben mit eindrucksvollen Fakten zu beeindrucken, aber bedenken Sie: Auf der Fläche von 330x80 m erledigen wir die Aufgabe eines Flughafens und die sind an Land gewöhnlich um ein Vielfaches größer.

Folgen Sie mir bitte“, beendete er seine Ansprache, während er sich vom Pult löste und Richtung Tür strebte. „Wir gehen zuerst in die Ausrüstungsstelle, dort bekommen Sie einen passenden Helm, Ohrschützer, eine schicke Weste, die Sie bitte immer tragen, wenn Sie sich außerhalb Ihrer Kabine oder den Gemeinschaftsräumen aufhalten.“

Es hätte seines lässigen Winkens mit der Hand gar nicht bedurft, um sie zum Aufspringen zu bewegen. Eiligen Schrittes bewegte sich die Gruppe durch die Gänge, alle bemüht den Kontakt zu dem Lieutenant nicht zu verlieren, wissend, dass sie sich ansonsten orientierungslos zu ihrer Kabine oder der Messe hätten durchfragen müssen. Urplötzlich, ungefähr auf der Mitte eines längeren Ganges, blieb der Lieutenant stehen, wandte sich nach rechts, öffnete eine Tür und bat sie, den Gang mit seiner Gestalt versperrend, die linke Hand am Türgriff und mit der rechten lässig auf den Durchgang zeigend, nach rechts durch die Tür abzubiegen. Sie standen vor einer Art Tresen, vergleichbar mit einer Garderobe in einem Theater, nur natürlich im kühlen, metallenen Ambiente des stählernen Kolosses. Vor ihnen lagen schon drei Pakete nebeneinander auf dem Tresen, deren Spitze jeweils ein graublauer Helm bildete. Mit einer routinierten Begrüßung und einem geübten Blick lotste der hinter dem Tresen stehende Sergeant sie jeweils vor eines der Pakete. „Ich denke, sie passen einigermaßen“, sagte der Sergeant. „Nicht gerade Haute Couture, aber wie Sie schnell feststellen werden, ziemlich funktional. Sie werden die Sachen an Bord schnell schätzen lernen. Das gilt weder für den Helm, noch für die Schwimmweste. Beides und auch die Ohrenschützer müssen Sie bedauerlicherweise aus Sicherheitsgründen tragen, sobald Sie sich an Deck oder im Bereich des Hangars aufhalten. Sicherheitsvorschriften“, schloss er seine kurze Ansprache, schob dem Lieutenant ein Klemmbrett und einen Stift über den Tresen und bat ihn mit einem kurzen Nicken das Formular abzuzeichnen.

„Bitte nehmen Sie das Päckchen jeweils vor Ihnen auf und folgen Sie mir dann bitte. Ich bringe Sie zu Ihren Quartieren, wo Sie sich kurz umziehen können. Anschließend führe ich Sie dann zum Essen und zeige Ihnen die Aufenthaltsräume.“

Wieder bewegte sich die Gruppe zügig, der Lieutenant an der Spitze, durch die Gänge, passierte Schotts, stieg Treppen rauf und andere runter, bis der Lieutenant wieder in der Mitte eines Ganges stehen blieb und nacheinander auf drei Türen deutete. „Ihre Quartiere“, wandte er sich an die Gruppe. „Mrs. Carter, Mr. Ryan gleich daneben und Mr. Taylor hier gegenüber. Wir haben Ihr Gepäck bereits in Ihre Kabinen gebracht. Bitte warten Sie mit dem Auspacken noch bis heute Abend. Ich bitte Sie jetzt nur kurz in Ihre Kabinen zu gehen und Ihre neue Bordgarderobe anzuziehen. Ich komme Sie in etwa 15 Minuten wieder abholen. Sie können, sofern Sie mögen, auch gerne noch die Toilette nutzen, da wir für den anschließenden Rundgang ungefähr drei Stunden unterwegs sein werden. Ach, bevor Sie anfangen, angesichts ihres Quartiers enttäuscht zu sein, denken Sie daran, dass die Quartiere der Crew eine Belegung von bis zu sechzig Personen pro Raum haben.“

Susan Carter öffnete die Tür und betrat ihre Kabine. Sie war winzig. Rechts hinter der Tür stand ein Bett oder besser eine Pritsche, daneben ein schmaler Durchgang, der am Ende in einen bis zur Raumdecke gehenden Spind mündete, der neben dem Kopfende des Bettes stand. Links an die Wand hochgeklappt befand sich ein Tisch, kein Stuhl war im Raum. Gesessen wurde offenbar auf dem Bett. Links, gleich neben dem Tisch, befand sich eine weitere Tür. Susan öffnete sie einen Spalt und sah in ein winziges Bad. Gleich hinter der Tür das WC, rechts an der Wand eine Dusche und dazwischen ein kleines Waschbecken, über dem ein Spiegel hing. Susan zog den Kopf aus dem Bad und schloss die Tür. Sie legte ihr Kleiderpaket auf das Bett, auf dem man auch ihren Koffer abgelegt hatte, ging am Bett vorbei durch den kleinen Gang und öffnete den Spind. Jetzt war ihr klar, warum man sie bei dem Instruktionslehrgang darauf hingewiesen hatte, möglichst nicht zu viel Gepäck mitzubringen.

Platz war Mangelware. Privatsphäre Luxus. Das galt nicht nur für Gepäck. Auch für Gefühle gab es keinen Raum. Alle mussten einen Teil ihres Lebens zurücklassen, wenn sie an Bord kamen. Frauen, Männer, Kinder, Probleme. Alles ließ man zurück, denn man konnte längere Zeit nichts miteinander, lange nichts füreinander tun. Kein Platz. Keine Zeit. Gelegentliche Telefon- oder Videoverbindungen wurden für für die Dauer der Mission die einzige Verbindung zum anderen Teil des Lebens der Besatzungsmitglieder. Sie kannte diese Situation auch. Hatte zahllose Auslandseinsätze hinter sich. In Afghanistan, Oman und an zahllosen anderen Orten hatte sie gelebt und gearbeitet. Auch sie hatte ihr jeweiliges Leben oftmals aufgegeben, ein Leben, in dem es schon lange keine Konstanten mehr gab. Nachdem ihre Mutter vor über zehn Jahren verstorben war, durch einen Moment der Unachtsamkeit, einen blöden Verkehrsunfall, war da niemand mehr, den es zu vermissen gab. Ein paar kurze Beziehungen zu diversen Männern, ohne feste Absichten, ohne Plan, alle endeten ohne Bedauern. Schnell oder lange vergessen, wie ihr Vater, der sich vor mehr als zwanzig Jahre aufgemacht hatte in sein anderes Leben. Ein Leben ohne sie. Nun war sie an einem Platz, der für sie gemacht schien. Ein Platz für Menschen, die sich allein genug waren. Die es liebten, allein zu sein und für die Arbeit zu leben. Oder die es zumindest ertragen konnten.

Die linke Hälfte des Spinds bestand zu drei Vierteln aus einem durchgehenden Fach, mit einer Querstange etwas über Augenhöhe. Darunter befand sich ein weiteres offenes Fach. Die rechte Seite bestand aus fünf kleineren Fächern, von denen nur das mittlere mit einer Tür versehen war, an deren Verschluss ein Vorhängeschloss mit einem darin steckenden Schlüssel hing. Susan zog Bluse und Jeans aus, warf sie neben das Kleiderpaket auf der Pritsche und legte die Kleidungsstücke des Pakets nebeneinander, zwei T-Shirts, zwei Hemden, ein Pullover, zwei Hosen, eine Art Fliegerjacke, eine leuchtend orange Weste und die Schwimmweste, in knalligem Gelb. Sie zog ein T-Shirt und ein Hemd an und verzichtete auf den Pullover. Ebenso wie die Hose und die Jacke passte alles ganz gut, nicht gerade wie angegossen, aber bequem und nicht hinderlich.

Da sie sich nicht darüber im Klaren war, ob sie die Schwimmweste brauchen würde, legte sie diese nur neben sich, als sie sich auf das Bett setzte, um auf den Lieutenant zu warten. Da fiel ihr die Toilette ein, mit einem hastigen Blick auf die Uhr sprang sie auf und verschwand hinter der Tür in der engen Nasszelle. Als sie kurz darauf wieder durch die Tür kam, hörte sie auch schon Stimmen auf dem Gang. Sie trat neben das Bett, griff nach ihrer Schwimmweste und öffnete die Kabinentür. Die rechte Hand noch auf der Klinke der Tür, hielt sie ihren linken Arm mit der Schwimmweste in der Hand nach oben und wandte sich fragend an den Lieutenant: „Brauchen wir die?“ „Nein, heute bleiben wir in der Messe oder in den Aufenthaltsräumen. Aber, wenn Sie den Schiffsbauch verlassen, und damit meine ich nicht, dass Sie über Bord, sondern nur an Deck gehen, müssen Sie die Weste immer tragen. Das gilt auch für den Helm. Für das Flugdeck sind auch die Ohrenschützer obligatorisch. Das werden Sie spätestens in dem Moment verstehen, wenn wir oben sind. Also ziehen Sie dann bitte die Schwimmweste an und nehmen Sie Helm und Ohrenschützer mit. Alle da? Alle fertig? Dann los“, sagte der Lieutenant, machte auf dem Absatz kehrt und bewegte sich eiligen Schrittes den langen Gang hinunter.

Am Ende des Ganges befand sich ein Treppenhaus, in dem sie zwei Decks nach oben stiegen. Nachdem sie eine Tür in der linken Wand des Treppenhauses durchquert hatten, standen sie in einem großen Saal, der mit langen Tisch- und Stuhlreihen gefüllt war. Lediglich rechts befand sich eine lange Theke, die einen weiteren, direkt angrenzenden kleineren Raum vom Saal abtrennte. Um die dort stehende Kücheneinrichtung turnten ca. ein Dutzend weiß gekleidete Personen. Direkt hinter dem Tresen standen fünf, ebenfalls in weiß gekleidete Frauen, davor einige Soldaten, die sich Tabletts auf der Vorderseite des Tresens vor sich in Richtung Stirnwand schiebend, langsam vorwärts bewegten. Teilweise nahmen sie jeweils in Höhe einer der Frauen Teller entgegen, die diese mit Essen füllten, das sie aus in dem Tresen verbauten Schüsseln entnahmen. Der Lieutenant wandte sich nach rechts, nahm ein Tablett von einem Stapel, der sich zu Beginn des Tresens auftürmte, legte es auf die Ablage und legte sein Besteck, welches er aus einer flachen Kiste nahm, neben die rechte Kante seines Tabletts. Nachdem er einige wenige Meter entlang des Tresens gegangen war, wandte er sich an die Journalisten, die sich, jeder ebenfalls ein Tablett vor dem Tresen vor sich herschiebend, hinter ihm eingereiht hatten. „Die Kantinen haben rund um die Uhr geöffnet“, sagte der Lieutenant. „Es gibt permanent eine Auswahl von Vorspeisen, Suppen, Salaten, drei bis vier verschiedenen Hauptgerichten und einigen Desserts. Sie werden mir, nachdem Sie probiert haben, hoffentlich beipflichten, dass die Qualität für eine Kantine dieser Größenordnung und mit einem 7/24-Betrieb überraschend gut ist. Wir haben im Übrigen drei Kantinen dieser Dimension an Bord. Zudem gibt es noch eine kleinere für die Offiziersränge, wobei dort allerdings das gleiche Essen serviert wird. Die werden Sie auch noch kennenlernen. Hier bekommen sie allerdings einen authentischeren ersten Blick auf das Leben an Bord.

Nachdem sie die unterschiedlichen Stationen passiert hatten, setzten sie sich an einen leeren Tisch in die Mitte des Raumes. Während sich die Männer für fleischhaltige Hauptgerichte wie Steak und Burger entschieden hatten, beließ es die Frau in der Gruppe klischeegemäß bei einem Salat. „Was hat Sie zur Navy gebracht?“, fragte Susan den Lieutenant, nachdem die Gruppe zwei bis drei Minuten schweigend gegessen hatte. „Wahrscheinlich Familientradition“, antwortete Lieutenant McBride, „da sowohl mein Vater als auch mein Großvater bei der Air Force waren. Mein Großvater war Pilot und hat später eine technische Einheit auf einem Luftwaffenstützpunkt an der Westküste geleitet. Mein Vater hat Flugzeugbau studiert und ging dann als Ingenieur in den Planungsstab für technisches Equipment ins Pentagon. Ich habe den klassischen Werdegang: High School, West Point, an gesundheitlichen Gründen gescheiterter Pilotentraum“, sagte er auf seine Brille tippend, „… und dann fast zwei Jahre im Stab des Flottenkommandos und nun im zweiten Jahr als Kommunikationsoffizier hier an Bord des Trägers.“ „Und gefällt es Ihnen?“, hakte die Journalistin nach. „Ja“, entgegnete der Offizier. „Natürlich ist es etwas anderes, Journalisten an Bord zu betreuen, Pressestatements zu verfassen und auf Konferenzen zu kommunizieren, als mit Jets durch die Lüfte zu fliegen. Aber die Aufgabe ist abwechslungsreich und es ist zumindest in Friedenszeiten manchmal wichtiger den Ruf der Navy als das Land zu verteidigen.“ Die letzten Worte machten Susan deutlich, dass der Lieutenant seine Hausaufgaben gemacht und ihre Artikel der letzten Jahre, in denen sie sich recht kritisch mit dem amerikanischen Militär, seinem Selbstverständnis und seiner Kosten-Nutzen-Relation auseinandergesetzt hat, gelesen hatte. „Und Sie, Mrs. Carter, was hat Sie bewogen, Journalistin zu werden?“, leitete der Lieutenant seinen Gegenangriff ein.

„Sie spielen sicher darauf an, dass ich mich in einigen meiner Artikel kritisch mit dem Militär auseinandergesetzt habe. Wenn Sie die von mir betrachteten Beispiele Korea, Vietnam, den Irak oder auch Afghanistan betrachten, sehe ich wirklich nicht, dass der Einsatz von Waffen zu einer besseren und gerechteren Welt geführt hätte. Letztlich haben wir die amerikanischen Interessen nicht durchsetzen können, viele Leben, Infrastruktur und Natur sind zerstört worden und pessimistisch betrachtet, haben wir den jeweiligen Völkern auch noch ein Feindbild angeboten, das es den Usurpatoren wahrscheinlich noch leichter gemacht hat, Anhänger für ihre jeweiligen Bewegungen zu gewinnen. Ich habe gar nicht behauptet, dass Militär an sich überflüssig ist, aber in den genannten Kriegen hat es nicht wirklich geholfen. Vielleicht, und damit komme ich auf Ihre Frage zurück, bin ich ja hier, um einen Einsatz mitzuerleben, von dem ich im Nachhinein mit Überzeugung sagen kann, dass der Einsatz diesmal nützlich und angemessen war. Insofern bin ich gespannt, wie unsere Reise oder Mission, wie man bei Ihnen, glaube ich, sagt, verlaufen wird und was wir bewirken werden.

„Wann wäre denn die Mission aus Ihrer Sicht gelungen?“, fragte der Lieutenant schnippisch zurück.

„Idealerweise zeigen wir Präsenz, imponieren den Piraten mit unserer militärischen Potenz und halten sie von Übergriffen ab, ohne einen Schuss bzw. allenfalls einen Warnschuss abgeben zu müssen. Mit den Aufklärungsmöglichkeiten und der Beweglichkeit der Flugzeuge sollten doch viele potenzielle Angriffe im Vorfeld erkannt und die Piraten zum Abdrehen motiviert werden. Sie sehen, ohne dass Sie mir das Schiff und seine sicher beeindruckenden Möglichkeiten im Detail gezeigt haben, habe ich bereits großes Vertrauen in die Nützlichkeit der Investition von Steuergeldern in diesen Flottenverband“, antwortete die Journalistin.

„Hoffentlich haben Sie den Lieutenant nicht dazu verführt uns wesentliche Möglichkeiten vorzuenthalten“, mischte sich Mr. Ryan ein. „Nicht dass er aus Angst, dass dies Ihre Erwartungshaltung zementieren oder gar steigern könnte, uns das eine oder andere Detail verschweigt. Wann geht es mit der Besichtigung denn los, Lieutenant?“

„Nun, heute ist es bereits zu spät“, sagte er mit einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr. „Wenn Sie einverstanden sind, bringe ich Sie gleich zurück in Ihre Kabinen. Morgen um 7:30 Uhr hole ich Sie dort wieder ab und wir gehen dann gemeinsam frühstücken. Dann holen Sie ihre Sicherheitsausrüstung aus ihren Kabinen und wir beginnen unseren Rundgang. Morgen Abend, werden Sie sich dann auf dem Schiff schon wie zu Hause fühlen.

Ich hoffe, es hat Ihnen gut geschmeckt und Sie sind satt geworden“, sagte der Lieutenant. Nachdem sein Blick nochmals über die Gesichter der Gäste gewandert war, stand er auf und griff nach seinem Tablett. Die Journalisten folgten seinem Beispiel und gemeinsam gingen sie zum Ende der langen Theke, stellten die Tabletts in dort für deren Abtransport bereitgestellte Transportwagen, durchquerten die Kantine und machten sich auf den Weg zurück zu ihren Quartieren.

„Dann gute Nacht“, sagte der Lieutenant, als sie den Gang mit ihren Kabinentüren erreicht hatten und die Passagiere auf ihre Quartiere zustrebten. „Ich hoffe, Sie werden nicht zu sehr zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Navy mit den Steuergeldern sehr sparsam umgeht. Ich jedenfalls habe diesbezüglich in Anbetracht der Größe der Kabinen nie ein schlechtes Gewissen, wenn ich mein Haupt auf das Kissen lege. Bitte bleiben Sie in Ihren Kabinen, bis ich Sie wieder abhole, da können Sie sich bestimmt nicht verlaufen.“ Mit einem energischen „Schlafen Sie gut“, forderte er sie auf, in ihre Kabinen zu verschwinden und nachdem alle Türen von innen geschlossen waren, machte er sich, leise vor sich hin pfeifend auf den Weg.

4.

Indischer Ozean, August 2027

Obwohl er nach dem langen Tag ziemlich müde war, betrat Commander Foster ungeduldig seine Kabine. Heute war der Tag an dem ihn ein Funkspruch aus Norfolk erreichte, der das ominöse Codewort enthielt, welches ihm signalisierte, dass er den Laptop nutzen sollte. „Rotfuchs“. Entweder hatte die Admiralität wenig Vertrauen in sein Erinnerungsvermögen oder mehr Humor, als er gedacht hatte. Er schloss seinen Spind auf, öffnete den Safe, nahm den Laptop heraus und legte ihn auf seinem kleinen Schreibtisch ab. Dann setzte er sich auf seinen Stuhl, klappte den Laptop auf und schaltete ihn ein. Während das Gerät hochfuhr, schenkte er sich aus der auf dem Schreibtisch stehenden Flasche ein Glas Wasser ein. Kaum hatte er das Glas an die Lippen gesetzt, da meldete sich das Gerät betriebsbereit. Wieder musste er schmunzeln als neben einer optischen Fertigmeldung mit der Aufforderung zur Authentifizierung als akustische Begleitung die amerikanische Nationalhymne ertönte. Der Laptop kam aus Washington, trotzdem war das Passwort nicht humorfrei: „!G8way242ne#“. Man hatte scheinbar nur begrenztes Vertrauen in sein Gedächtnis, aber vielleicht war es riskant, ein absolut sicheres Passwort zu verwenden, wenn man dadurch Gefahr lief, dass der Nutzer es sich nicht merken konnte und die Gefahr bestand, dass er es vergaß oder irgendwo notierte. Beim Versuch, das Verzeichnis mit dem Namen „Claire“ zu öffnen, wurde wie angekündigt wieder eine Authentifizierung nötig, aber das Passwort für die Herstellung der nuklearen Gefechtsbereitschaft kannte er natürlich im Schlaf. Dann öffnete er die Datei mit dem Namen „Instruktionen“. Hastig überflogen seine Augen den Text und was er dabei registrierte, ließen seine Lippenbewegungen eindeutig erkennen. „Scheiße“, bemerkte er ganz leise. Wer ihn kannte hätte auch ohne seine Bemerkung gewusst, dass ihm die Nachricht nicht gefallen hatte. Das Heraufziehen der Stirn, die über den kahlen Kopf streichende rechte Hand, das leichte Wiegen des Kopfes hätte gereicht, um seine Besorgnis zu zeigen. Im Laufe der Jahre, mit zunehmender Erfahrung, waren diese Momente rarer, die Gesten seltener geworden. Umso beunruhigender mussten die Befehle sein, die der Commander gerade gelesen hatte.

Selbstverständlich wusste er, dass in der Vergangenheit schon viel unternommen wurde, um das iranische Atomprogramm zu verhindern. Jahrelange Verhandlungen, ein abgeschlossenes und seitens der Vereinigten Staaten aufgekündigtes Abkommen gehörten zu den diplomatischen Bemühungen. Ständig wurde sondiert, verhandelt, Verhandlungen abgebrochen. Perioden des Schweigens und des Redens wechselten sich kontinuierlich ab.

Aber es gab auch andere Vorkommnisse. Eine fremde Macht, wahrscheinlich die Israelis, hatten einen Virus namens „Stuxnet“ in die zentrale Anlage eingeschleust, der die Zentrifugen, die zur Urananreicherung notwendig waren, dazu brachte, schneller zu rotieren, als ihre Konstruktionsweise dies zuließ. Mit der Folge, dass sich die Maschinen selbst zerstörten. Fast zeitgleich war eine erhebliche Zahl iranischer Atomwissenschaftler ermordet worden oder verschwunden. Auch hier fiel der Verdacht auf Israel und seinen Geheimdienst „Mossad“. Dann gab es eine Explosion in iranischen Kraftwerken und in der Atomfabrik in Natanz, die zu erheblichen Schäden geführt hatten. Auch hier gab es schnell Spekulationen, dass die Israelis eine Bombe eingeschleust hatten. Ob dies so war oder ob die Explosionen eine Folge der maroden, durch jahrelange Boykotte geschwächten iranischen Infrastruktur war, wurde nie aufgeklärt. Aber egal, letztlich hatten alle Maßnahmen das iranische Atomprogramm nur verzögern, jedoch nicht stoppen können. Bisher.

5.

Indischer Ozean, August 2027

Pünktlich klopfte es an ihrer Tür. Wieder eilte die kleine Gruppe durch das Gewirr von Gängen auf dem Träger. „Sie können versuchen, sich den Weg zu merken und sich zu orientieren, aber dazu werde ich Sie in den nächsten Tagen noch zu einigen weiteren Spaziergängen abholen. Die jetzige Tour bringt uns zu einigen Highlights, um ihre Orientierung kümmern wir uns später. Bis dahin bleiben Sie besser unter meiner Obhut.“ Sie stiegen eine weitere Treppe hoch, als der Lieutenant vor einer Tür stehen blieb und sich an sie wandte. „Bitte setzen Sie jetzt die Helme auf und legen Sie sich ihre Kopfhörer um den Nacken. Hinter dieser Tür befindet sich das Haupt-Hangar-Deck.

Die Garage und die Werkstatt für die Flugzeuge. Obwohl der Hangar Sie hoffentlich beeindrucken wird, bietet er doch nur in etwa für die Hälfte unserer Flugzeuge Platz. Das heißt, dass sich die andere Hälfte permanent an Deck oder in der Luft befindet. Bitte bleiben Sie dicht hinter mir, verhalten Sie sich bitte ruhig und sprechen Sie die Soldaten auf keinen Fall an. Wie in jeder Werkstatt oder, wenn wir die Ausmaße bedenken, sollten wir das eher als Fabrik bezeichnen, sind hier viele Menschen beschäftigt und deren Konzentration gilt vornehmlich ihrer Arbeit. Das ist auch gut so, denn die Flugzeuge, an denen sie arbeiten, haben den Steuerzahler eine Menge Dollars gekostet. Und selbst kleine Fehler können bei diesem Job Menschenleben kosten. Und dabei denke ich nicht nur an die Soldaten oder die Piloten.“ Nach dieser abermaligen Ermahnung drehte er sich um und öffnete die Tür. Der in den Gang dringende Geräuschpegel unterstrich seine Worte auf der Stelle.

Der Hangar schien sich über die gesamte Schiffslänge zu erstrecken. Neben der künstlichen Beleuchtung, die die Halle mit einem kalten, künstlichen Licht flutete, drang Tageslicht durch zwei riesige Öffnungen auf der rechten, der Steuerbordseite ein. Als der Lieutenant merkte, dass seine Besucher sich augenblicklich für die Öffnungen interessierten, deutete er mit seinem Arm auf die der Gruppe am nächsten liegenden Öffnung und erklärte angestrengt mit lauter Stimme. „Aufzüge. Jeder von ihnen kann zwei voll beladene und betankte Flugzeuge gleichzeitig transportieren. Wir haben drei auf der rechten, der Steuerbordseite und einen auf der Backbordseite.“ Bei seinen letzten Worten drehte er sich herum und zeigte mit beiden Armen auf die Öffnungen in jeder Seite des Schiffsrumpfes in der Heckgegend.

Er führte die Gruppe von der Tür weg in die Mitte des Hangars, von wo sie einen guten Überblick über das geschäftige Treiben in der riesigen Halle hatten. Links und rechts neben einem breiten freien Pfad in der Hallenmitte standen zahllose Flugzeuge parallel zu den beiden Bordwänden. Viele hatten die Flügel bzw. Teile davon hochgeklappt, um den Platz im Hangar möglichst effektiv nutzen zu können. Es gab nur wenige Flugzeuge, an denen nicht in irgendeiner Art und Weise von mehreren Menschen gearbeitet wurde. „Ich stelle Ihnen die wesentlichen Flugzeugtypen, die wir an Bord haben, später noch vor“, sagte der Lieutenant, „jetzt sehen wir uns erst mal die grundsätzlichen Abläufe an“, als er die Gruppe zum nächstgelegenen Aufzug auf der rechten Seite führte. Nachdem die Gruppe sich vollständig auf dem Aufzug befand, nickte der Lieutenant dem Unteroffizier kurz zu, der neben der Öffnung stand, dieser drückte auf einen neben der Tür befindlichen Knopf und mit überraschender Geschwindigkeit glitt die Plattform nach oben. Je weiter sie nach oben kamen, desto ohrenbetäubender wurde der Lärm. Der Lieutenant setzte seine Ohrschützer auf und die Journalisten folgten seinem Beispiel nur zu bereitwillig. Auf dem Deck herrschte ein derart reges Treiben, dass einem der Betrieb im Hangar dagegen eher die Assoziation einer Mall nach Geschäftsschluss vermittelte. Der Lieutenant gab den Gästen einige Sekunden Gelegenheit sich zu orientieren, bevor er ein paar Schritte von der Plattform ging und die Gäste mit eindringlichen Gesten aufforderte, seinem Beispiel zu folgen. Nachdem alle die Plattform verlassen hatten, führte der Lieutenant sie weiter nach hinten in Richtung Heck. Sie liefen an der rechten, der Steuerbordseite des Decks entlang auf den Turm zu und verschwanden auch gleich durch eine Tür in das Innere des Turms. Nachdem mit Mr. Ryan, der letzte der Gruppe, im Turm war, schloss der Lieutenant die Tür. Augenblicklich brach der Lärm ab und die Gruppenmitglieder nahmen nahezu synchron die Ohrenschützer ab. Nachdem sie über eine Treppe drei Etagen des metallenen Treppenhauses heraufgestiegen waren, kamen sie in einen Raum, von dem aus sie einen guten Überblick über die vorderen zwei Drittel des Decks hatten. „Natürlich ist der Betrieb mit dem Kerosin in der Nase und dem höllischen Lärm noch beeindruckender, aber hier sind Sie in der Lage, meine Stimme zu hören und ich kann Ihnen die einzelnen Stationen und die Abläufe erklären. Anschließend gehen wir dann noch auf die andere Seite der Insel, von wo aus wir einen ebenso guten Überblick über das Schiffsheck haben. Sehen Sie bitte nach vorne zum Bug. Ganz vorne, dort wo es so aussieht, als würden Schienen über das Deck laufen und im Meer verschwinden, befinden sich die Startkatapulte. Obwohl das Deck ziemlich groß scheint und auch ist, reicht die Länge nicht, um unsere Jets in die Luft zu bringen. Dazu brauchen wir die beiden Katapulte. Die Jets werden mit einem Haken in einen Schlitten eingespannt, der unterhalb der Schienen entlangläuft. Der Schlitten wird dann nach vorne katapultiert und beschleunigt das Flugzeug auf die notwendige Startgeschwindigkeit. Früher wurde das Katapult mit Dampf angetrieben, auf diesem Schiff benutzen wir dazu Magnetismus. Zum ersten Mal. Wenn alles und alle funktionieren, hebt die Maschine ab, sobald der Schlitten sich ausklinkt. Wenn nicht, fällt das Flugzeug vor dem Träger ins Wasser und unsere Nation hat einen Jet und, wenn es schlimm kommt, auch noch einen oder zwei Piloten weniger. Gesteuert wird die Anlage vom Katapultoffizier, den wir auch als Shooter bezeichnen. Der Shooter sitzt in einer Art Kanzel zwischen den Katapulten. Er koordiniert nicht nur die Aktivitäten der Bodencrew und der Piloten, sondern konfiguriert auch das Katapult für die jeweilige Maschine. Das ist notwendig, weil jeder Flugzeugtyp ein anderes Gewicht und eine andere Startgeschwindigkeit hat. Er ist der Chef der Grünen. Wie Sie sehen, haben alle Soldaten farbige Westen bzw. Jacken an. Die Träger einer jeden dieser Farben gehören zu speziellen Teams, die für die Erledigung bestimmter Aufgabenbereiche zuständig sind. Die Blauen platzieren bzw. bewegen die Flugzeuge auf dem Deck, solange die Triebwerke ausgeschaltet sind. Das geschieht hauptsächlich mit den Traktoren. Die Gelblinge sind zuständig für Fluggerätbewegungen bei eingeschalteten Triebwerken. Sie dirigieren die Flugzeuge zu den Katapulten, mit denen die Grünen sie dann in die Luft bringen. Die Grünen sind auch für die Landungen und hier speziell für die Fangseile zuständig. Die Violetten, auch Weintrauben genannt, kümmern sich um den Sprit und die Roten um die Munition. Die Braunen sind einzelnen Flugzeugen bzw. Flugzeugtypen zugeteilt. Bleiben noch die Weißen. Ihre Aufgabe ist es, das gesamte Treiben zu beobachten, Risiken und Gefahren zu erkennen und generell die Abläufe optimieren zu helfen. Okay, wenn Sie keine Fragen haben, gehen wir noch kurz zum Heck und werfen einen Blick auf den Landebetrieb. Bitte folgen Sie mir.“