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"Anti-Aging für die Stimme" ist ein gesangspädagogisches Konzept, mit dem Ziel, die Stimme lebenslang leistungsfähig zu erhalten. Da wir heute genaue Kenntnisse über den Alterungsprozess des menschlichen Körpers haben, können wir genau beschreiben, wie die Stimme davon betroffen ist. Mit gezieltem Training lässt sich der Alterungsprozess hinauszögern. Ich habe dieses Buch in erster Linie für all die Chorleiter, Chorsänger und andere stimminteressierte Laien geschrieben, die bei mir einen Kurs besucht haben und sich gerne einen schönen Stimmklang erhalten wollen. Nun hat ein Chorleiter meistens nicht das nötige Wissen, wie man den Alterserscheinungen entgegenwirken kann, z. B. einem übergroßen Vibrato, Kurzatmigkeit oder dem Absinken der Tonhöhe und vielen anderen unerwünschten Missbildungen des Klanges. Wichtig ist an dieser Stelle zu sagen, dass das Altern bereits mit 25 Jahren beginnt, daher richten sich dieses Buch und sein Konzept an eine sehr große Zielgruppe. Das Anti-Aging-Programm basiert auf medizinischen Erkenntnissen, meinem eigenen methodisch-didaktischen Wissen und jahrelangen pädagogischen Erfahrungen in der stimmlichen Arbeit mit Senioren. Nach neun Jahren Anti-Aging-Kursen gibt es eine Reihe positiver Beispiele von Menschen in oben genannter Altersgruppe, deren Stimmqualität sich durch die "Anti-Aging für die Stimme"-Arbeit wesentlich verbessert hat. In dem Anti-Aging-Programm werden gezielt die Teilfunktionen des Stimmapparates aufs Genauste durchgearbeitet. Ich verzichte bewusst auf viele anatomische Abbildungen des menschlichen Körpers, da es gute medizinische Literatur mit genauer Darstellung aller Körperorgane in Hülle und Fülle gibt (siehe Literaturliste; für Sänger ist das Buch "Die Sängerstimme" von Wolfram Seidner und Jürgen Wendler besonders empfehlenswert). Ich empfehle jedem Leser, sich einen anatomischen Atlas anzuschauen, damit die körperlichen Zusammenhänge klar sind. Da wir beim Singen den Körper in sehr feiner Weise einsetzen, sollte man wissen, wie gewisse Vorgänge funktionieren. "Anti-Aging für die Stimme" ist kein Zaubermittel, sondern ein Weg. Es gibt älteren Menschen die Möglichkeit, ihre Stimmqualität zu verbessern. Voraussetzung sind ihr eigenes tägliches Üben und ihre Bereitschaft, lebenslange, festgefahrene Muskelbewegungen zu ändern. Für jüngere Menschen ist dies eine Hilfe, ihre Stimme fit, klangvoll und leistungsfähig zu erhalten. Für den Pädagogen gilt: Genaues Konzept, wissen, wann man was macht und wie, genaue Kontrolle, genaue Korrektur und: wiederholen, wiederholen, wiederholen! Wer sich tiefer für "Anti-Aging für die Stimme" interessiert, sollte einen Kurs besuchen, da dieses Handbuch nicht zum reinen Selbststudium geschrieben ist.
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Seitenzahl: 146
Veröffentlichungsjahr: 2023
Gestaltung, Notensatz und Herstellung: Timo Schlichenmaier
Umschlag: Timo Schlichenmaier unter Verwendung einer Zeichnung von Volker Kriegel
© Grafiken S. 41, 42, 48, 105: Holger Vanselow, Stuttgart
© Grafik S. 35: Kelly Johnson, bigstockphoto.com
© Zeichnungen S. 51, 110: F. W. Bernstein
© Zeichnungen S. 120–122: Volker Kriegel
© Photographien: S. 5 Jan Lange, alle weiteren Timon Schlichenmaier
© Singübungen S. 98, 114, 115, 128: Hartmut Hein, Coburg
© Gedichte S. 107, 109, 117, 118: Gulle Brun, Norwegen
© Lied S. 127: Leni Timmermann
© Vertonte Gedichte S. 125: Robert Gernhardt und Elisabeth Bengtson-Opitz
Gedichte aus: Besternte Ernte, Frankfurt am Main: Zweitausendeins, 1976
© Robert Gernhardt, durch Agentur Schlück. Alle Rechte vorbehalten.
Wir danken allen Rechteinhabern für die freundliche Genehmigung,
ihre Werke für dieses Buch zu verwenden.
„Anti-Aging für die Stimme“ ist eine eingetragene Wortmarke
von Prof. Elisabeth Bengtson-Opitz und vom Amt der Europäischen Union
für geistiges Eigentum (EUIPO) geschützt.
© 2023 Prof. Elisabeth Bengtson-Opitz, Sophie Opitz
Verlagslabel: Timon Verlag
ISBN Softcover: 978-3-347-90248-0
ISBN Hardcover: 978-3-347-90251-0
ISBN E-Book: 978-3-347-90252-7
ISBN Großschrift: 978-3-347-90254-1
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Prof. Elisabeth Bengtson-Opitz wurde in Göteborg, Schweden geboren. Ein Sprachenstudium an der Universität ihrer Heimatstadt schloss sie mit dem Phil. Staatsexamen in den Fächern Englisch, Deutsch und Spanisch ab. Da die Liebe zu Musik und Gesang doch sehr stark war studierte sie anschließend Gesang und Gesangsmethodik an der Hochschule für Musik in Freiburg. Sie schloss
die Studien ab mit Diplomen in Gesangspädagogik und Oper-und Konzertgesang. Danach folgten Engagements an verschiedenen Bühnen in Süddeutschland und Italien.
Liedgesang wurde ihr zweites Standbein und sie erarbeitete ein Repertoire von 500 Liedern in 10 Sprachen, die sie mit dem amerikanischen Pianisten James Adams in vielen Ländern aufführte. Tournees führte sie nach Schweden, Deutschland, Österreich, Italien, Mittel-und Südamerika.
1988 wurde sie zu Professorin für Gesang und Gesangsmethodik an der Berliner Hochschule der Künste (nunmehr Universität der Künste) ernannt. 1993 wurde sie an die Hamburger Hochschule für Musik und Theater in dieselbe Position berufen.
Es war im Rahmen des Methodikseminars an der Hamburger Musikhochschule, dass sie das gesangspädagogische Programm „Anti-Aging für die Stimme“ entwickelte. Es kamen immer mehr ältere Menschen als Probanden in das Seminar, und sie merkte, dass die Studierenden völlig hilflos waren im Umgang mit älteren Stimmen. Viele ältere Chorsänger bekommen Stimmprobleme und sind sehr unglücklich darüber. Wenn man lebenslang im Chor gesungen hat will man das gern auch im Alter tun. Das „Anti-Aging“-Programm ist leicht zu lernen und der Erfolg ist schon nach 6 Wochen spürbar, hörbar UND MESSBAR! Es gab einige Jahre eine enge Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Eppendorf in Hamburg. Hier wurden die Stimmen der älteren Sänger untersucht und analysiert vor dem A-A-Kurs und danach. Die Verbesserung war verblüffend! Alte Sopranistinnen hatten wieder ihre hohen Cs, brüchige Tenöre sangen wieder stabile Töne, mulmige, unsaubere Bässe sangen wieder präzise usw.
Da ihre Tochter Sophie Opitz promovierte Sportwissenschaftlerin ist entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter. Die Tochter stellte die Bewegungsübungen zusammen und die Mutter die stimmlichen Übungen! Die körperliche Kondition ist außerordentlich wichtig für eine gesunde, wohlklingende Stimme.
Der Name „Anti-Aging“ für die Stimme ist geschützt vom Markenschutz der EU. Er darf nur verwendet werden von Pädagogen und Chorleitern die zertifizierte „Anti-Aging-Trainer*innen sind.
Es ist die einzige stimmbildnerische Methode, die sowohl auf den physiologischen als auch den akustischen Gesetzen der Stimmgebung basiert.
Inzwischen ist Anti-Aging für die Stimme in dreizehn Ländern vorgestellt. Die beiden Bücher gibt es auf Deutsch und Schwedisch. Eine englische Ausgabe ist in Arbeit.
Sophie Opitz
Promovierte Sportwissenschaftlerin, Fachrichtung Sport- und BewegungstherapieSophie studierte Sportwissenschaft/ Sporttherapie an der Universität Leipzig und war seit 2006 als Sporttherapeutin u.a. im Bereich Körper-und Haltungsarbeit für Sänger und Gesangspädagogen tätig. Gemeinsam mit ihrer Mutter, Prof.
Elisabeth Bengtson-Opitz entwickelte sie das Konzept „Anti-Aging für die Stimme“, das Stimm-und Körperarbeit vereint. Sie promovierte an der Universität Rostock. In Rostock arbeitete sie teils an der Uni-Klinik teils freiberuflich in verschiedenen Bereichen der Bewegungsorientierten Prävention, Rehabilitation und Therapie. Sie war regelmäßig für den Deutschen Chorverband, den Bund deutscher Gesangspädagogen sowie regionale Chorverbände als Referentin tätig.
2019 zog Sophie mit ihrer Familie nach Schweden.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
ANTI-AGING FÜR DIE STIMME BAND I
I EINLEITUNG
I.1 VORWORT
I.2 EINFÜHRUNG
I.3 ANFANG DER KURSE „ANTI-AGING FÜR DIE STIMME“ IN HAMBURG
I.4 WIE FUNKTIONIERT „ANTI-AGING FÜR DIE STIMME“?
II THEORIE
II.1 GRUNDLAGEN
II.2 DER ARBEITSWEG
II.2.1 KÖRPERARBEIT UND HALTUNGSSCHULUNG
Ausgangspunkt
Ein kleiner Ausflug in den Körper
II.2.2 BAUSTEIN 1: ATMUNG
II.2.3 BAUSTEIN 2: VOKALE
II.2.4 BAUSTEIN 3: KONSONANTEN
II.2.5 WEITERE INHALTE
II.2.6 ABSCHLUSSBEMERKUNG
II.3 EINIGE OFT FALSCH VERSTANDENE GESANGSPÄDAGOGISCHE BEGRIFFE UNTER DIE LUPE GENOMMEN
II.3.1 STÜTZE
II.3.2 REGISTER
II.3.3 SITZ
II.3.4 RESONANZ
III ÜBUNGEN
III.1 PRAKTISCHE ÜBUNGEN FÜR DIE KÖRPERARBEIT IM ANTI-AGING FÜR DIE STIMME
III.2 ÜBUNGEN ZU DEN BAUSTEINEN
III.2.1 ÜBUNGEN ZU BAUSTEIN 1: ATMUNG
III.2.2 ÜBUNGEN ZU BAUSTEIN 2: VOKALE
III.2.3 ÜBUNGEN ZU BAUSTEIN 3: KONSONANTEN
SÄNGERHALTUNGEN
WEITERE ÜBUNGEN ZU DEN BAUSTEINEN
ANTI-AGING FÜR DIE STIMME BAND II
I EINLEITUNG
I.1 VORWORT
I.2 EINFÜHRUNG
II BAUSTEIN 1: ATMUNG
II.1 EINIGE WORTE VORWEG
II.2 KÖRPERARBEIT FÜR DIE ATMUNG
II.3 STIMMLICHE ARBEIT FÜR DIE ATMUNG
III BAUSTEIN 2: VOKALE
III.1 EINIGE WORTE VORWEG
III.2 KÖRPERARBEIT FÜR DIE VOKALE
III.3 STIMMLICHE ARBEIT FÜR DIE VOKALE
III.3.1 DER VOKAL „I“
III.3.2 DER VOKAL „E“
III.3.3 DIE UNGERUNDETE VOKALKETTE
III.3.4 DER VOKAL „0“
III.3.5 GERUNDETE VOKALKETTE
III.3.6 ABSCHLIESSENDE BEMERKUNG ZU DEN VOKALEN
IV. BAUSTEIN 3: KONSONANTEN
IV.1 EINIGE WORTE VORWEG
IV.1.1 DIE ZUNGE
IV.2 KÖRPERARBEIT FÜR DIE KONSONANTEN
IV.3 STIMMLICHE ARBEIT FÜR DIE KONSONANTEN
IV.3.1 ÜBUNGEN ZUR ZUNGENSPITZE
IV.3.1.1 Übungen zum „Zungenspitz-R“
ZUSAMMENFASSUNG
NACHWORT
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ANTI-AGING FÜR DIE STIMMEBAND I
I EINLEITUNG
I.1 VORWORT
„Anti-Aging für die Stimme“ ist ein gesangspädagogisches Konzept, mit dem Ziel, die Stimme lebenslang leistungsfähig zu erhalten.
Da wir heute genaue Kenntnisse über den Alterungsprozess des menschlichen Körpers haben, können wir genau beschreiben, wie die Stimme davon betroffen ist. Mit gezieltem Training lässt sich der Alterungsprozess hinauszögern.
Ich habe dieses Buch in erster Linie für all die Chorleiter, Chorsänger und andere stimminteressierte Laien geschrieben, die bei mir einen Kurs besucht haben und sich gerne einen schönen Stimmklang erhalten wollen. Nun hat ein Chorleiter meistens nicht das nötige Wissen, wie man den Alterserscheinungen entgegenwirken kann, z. B. einem übergroßen Vibrato, Kurzatmigkeit oder dem Absinken der Tonhöhe und vielen anderen unerwünschten Missbildungen des Klanges. Wichtig ist an dieser Stelle zu sagen, dass das Altern bereits mit 25 Jahren beginnt, daher richten sich dieses Buch und sein Konzept an eine sehr große Zielgruppe.
Das Anti-Aging-Programm basiert auf medizinischen Erkenntnissen, meinem eigenen methodisch-didaktischen Wissen und jahrelangen pädagogischen Erfahrungen in der stimmlichen Arbeit mit Senioren. Nach neun Jahren Anti-Aging-Kursen gibt es eine Reihe positiver Beispiele von Menschen in oben genannter Altersgruppe, deren Stimmqualität sich durch die „Anti-Aging für die Stimme“-Arbeit wesentlich verbessert hat.
In dem Anti-Aging-Programm werden gezielt die Teilfunktionen des Stimmapparates aufs Genauste durchgearbeitet. Ich verzichte bewusst auf viele anatomische Abbildungen des menschlichen Körpers, da es gute medizinische Literatur mit genauer Darstellung aller Körperorgane in Hülle und Fülle gibt (siehe Literaturliste; für Sänger ist das Buch „Die Sängerstimme“ von Wolfram Seidner und Jürgen Wendler besonders empfehlenswert). Ich empfehle jedem Leser, sich einen anatomischen Atlas anzuschauen, damit die körperlichen Zusammenhänge klar sind. Da wir beim Singen den Körper in sehr feiner Weise einsetzen, sollte man wissen, wie gewisse Vorgänge funktionieren.
„Anti-Aging für die Stimme“ ist kein Zaubermittel, sondern ein Weg. Es gibt älteren Menschen die Möglichkeit, ihre Stimmqualität zu verbessern. Voraussetzung sind ihr eigenes tägliches Üben und ihre Bereitschaft, lebenslange, festgefahrene Muskelbewegungen zu ändern.
Für jüngere Menschen ist dies eine Hilfe, ihre Stimme fit, klangvoll und leistungsfähig zu erhalten.
Für den Pädagogen gilt: Genaues Konzept, wissen, wann man was macht und wie, genaue Kontrolle, genaue Korrektur und: wiederholen, wiederholen, wiederholen!
Wer sich tiefer für „Anti-Aging für die Stimme“ interessiert, sollte einen Kurs besuchen, da dieses Handbuch nicht zum reinen Selbststudium geschrieben ist.
I.2 EINFÜHRUNG
„ANTI-AGING FÜR DIE STIMME“ – EINTRAININGSPROGRAMMFÜR EINE LEISTUNGSFÄHIGE STIMME
In den 60er Jahren begann man in Schweden, sich mit der alternden Stimme zu beschäftigen. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Stimmforschern, Phoniatern, Gesangspädagogen, Sängern, Sprecherziehern, Logopäden und Psychologen, kam zusammen, um genau zu untersuchen, was mit der Stimme im Alter passiert.
Dass es dazu kam, hängt wahrscheinlich mit den Singgewohnheiten in Skandinavien zusammen. Das Singen ist dort viel mehr in das Alltagsleben integriert als es heute in Deutschland der Fall ist. Fast jeder gehört einem Chor oder einer Singgruppe an. Ein Fest, eine Party ohne „allsång“ (allgemeines, gemeinschaftliches Singen) ist nicht denkbar. Bei Hochzeitsfesten, Geburtstagsfeiern, Firmen- und Betriebsfesten, Jubiläen jeglicher Art – überall wird kräftig gesungen! Die im August so beliebten Krebsfeste könnten gar nicht ohne Singen stattfinden! Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass jeder daran interessiert ist, möglichst lange singen zu können. Für einen engagierten Chorsänger, der lebenslang im Chor gesungen hat, im Chor seine Freunde und soziales Umfeld hat, ist es ein rabenschwarzer Tag, wenn er aufhören muss, weil seine Stimme nicht mehr mitmacht.
Die Arbeitsgruppe untersuchte nun systematisch, was mit der Stimme im Alter passiert. Was verändert sich, und ist es möglich, den Alterungsvorgang hinauszuzögern?
Bei allen körperlichen Aktivitäten, sei es gezielte Bewegung/Sport oder Singen, empfiehlt es sich, MIT dem Körper und nicht GEGEN ihn zu arbeiten. Der Gegenstand der Sport- und Bewegungswissenschaft beinhaltet dabei unter anderem die Analyse von Bewegungen und das Herausarbeiten von idealen funktionellen Bewegungsmustern und -abläufen. Dies betrifft jeden Menschen und hilft ihm, schonend mit seinem Körper bei jeglicher Form von Bewegung und Haltung umzugehen und dabei, z. B. im Falle des Leistungssports, Höchstleistungen zu vollbringen. Dasselbe gilt für das Singen. Leider gibt es auf dem stimmlichen Gebiet große Unkenntnisse. Selbst Gesangslehrer und Chorleiter, die sich intensiv mit Stimmen beschäftigen, haben oft unzureichende oder gar falsche Kenntnisse über die Funktionsweise der Stimme.
Ein Problem bei der stimmlichen Arbeit ist, dass man die verschiedenen, für die Klangerzeugung verantwortlichen Körperteile nicht sehen kann – sie sind ja alle IN uns. Sehen können wir nur das „Gehäuse“, den Körper.
Das vielleicht allergrößte Problem ist, dass es kein „Stimmorgan“ gibt, wie z. B. unser Sehorgan, das Auge. Das, womit wir unsere Stimme produzieren, ist die Koordination verschiedenster Körperorgane, die alle eine andere Primärfunktion haben. Wer schön singt, beherrscht die perfekte Koordination der Systeme. Es gibt Menschen, die von Natur aus eine gute Koordination haben – das sind die „geborenen Sänger“.
Bei denen funktioniert einfach alles mühelos! Das ist aber ein kleiner Teil der Menschheit. Die meisten werden mit ungeordneten Funktionen geboren, können aber lernen, geschickt mit ihrer Stimme umzugehen. Jeder kann singen lernen. Natürlich wird nicht jeder ein Caruso oder eine Callas, aber jeder kann lernen, so mit seiner Stimme umzugehen, dass er viel Freude daran hat und auch anderen eine Freude damit machen kann.
Man kann aus einem mittelmäßigen Stimmmaterial eine gute Stimme machen und aus einem schlechten Stimmmaterial eine mittelgute Stimme. Es ist aber ein Lernprozess. Wie jeder Lernprozess braucht es Zeit, Fleiß, Geduld, gute Anleitung und große Liebe zum Singen.
I.3 ANFANG DER KURSE„ANTI-AGING FÜR DIE STIMME“IN HAMBURG
„Anti-Aging für die Stimme“ ist ein Arbeitsweg, der darauf hinzielt, die Einzelfunktionen des ganzen Systems zu verbessern. Ich führte es zum ersten Mal im Rahmen des Methodik-Seminars an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater durch. Da junge Gesangspädagogen sich oft einer Vielfalt von Aufgaben gegenübergestellt sehen, ist es wichtig, dass sie im Studium lernen, mit Kinder- und Jugendstimmen, mit Seniorenstimmen, mit Anfängern, mit Fortgeschrittenen, mit Chören und sowohl mit Pop- und Musicalsängern als auch mit Klassiksängern umzugehen.
So stellte ich eine Gruppe von zehn Senioren zusammen, die alle spürten, dass ihre Stimmen nicht so funktionierten, wie sie es gewohnt waren. Sie waren im Durchschnitt 70 bis 80 Jahre alt. Jedem Studenten wurden zwei Senioren zugeteilt.
Ich leitete den Unterricht, führte die Übungen ein und erklärte sie. Sie wurden dann erst in der Gruppe zusammen ausgeführt. Danach arbeiteten die Studenten jeweils mit „ihren“ zwei Senioren separat die Übungen durch. Sie kontrollierten und korrigierten, bis die Ausführung der Übungen wirklich korrekt war. Dann kam die Gruppe wieder zusammen, die Übungen wurden noch einmal ausgeführt und schließlich durfte jeder Teilnehmer sie einzeln vorführen, damit alle miterleben konnten, wie die unterschiedlichen Stimmklänge sich durch das überwachte Üben und Trainieren in kurzer Zeit verbessert hatten.
Die Senioren waren für sechs Übungseinheiten bestellt, jeweils 90 Minuten. Die Anzahl der Termine ist nicht willkürlich gewählt. Es ist wichtig, dass jeder Teilnehmer jedes Mal anwesend ist, weil die Unterrichtsfolgen aufeinander aufbauen.
Rentner sind sehr reise- und unternehmungslustig, aber sechs Wochen können sie meistens überblicken und sagen: Jawohl, ich mache das, und ich komme jedes Mal.
Sie mussten auch versprechen, zu Hause zu üben: täglich drei mal zehn Minuten. Es wurde ihnen genau mitgeteilt, was und wie sie üben sollten. Über jedes Mal wurde genaues Protokoll geführt.
Nach den sechs Einheiten war bei allen Teilnehmern eine deutlich hörbare und für die Einzelnen deutlich spürbare Verbesserung eingetreten. Sie hatten sich ihre störende Hochatmung abgewöhnt, artikulierten lockerer und präziser, Kiefer und Zungen waren elastischer und lockerer geworden. Der Tonumfang nahm um mindestens eine Terz zu – bei einigen noch mehr – was für die Teilnehmer ein großes Erfolgserlebnis war.
Es kam der Wunsch auf, dass es weitergehen möge. Und so kam es dazu, dass es in Hamburg an der Seniorenakademie der Hauptkirche St. Nikolai inzwischen ein reichhaltiges Angebot an „Anti-Aging für die Stimme“-Kursen gibt. Ein Kurs dauert immer sechs mal 90 Minuten, dann sind einige Wochen Pause, bis der nächste weiterführende Kurs beginnt.
Über den Deutschen Chorverband werden in mehreren Städten Deutschlands ebenfalls „Anti-Aging für die Stimme“-Kurse angeboten. Außerdem gibt es jährlich einige Wochenendkurse am Nordkolleg in Rendsburg (Schleswig-Holstein). Infos hier zu auf www.nordkolleg.de. Die Arbeit wird nie von nur einem Pädagogen ausgeführt, sondern immer von mindestens zwei, manchmal noch mehr.