Arbeitsrecht für Arbeitgeber - Gerd Ley - E-Book

Arbeitsrecht für Arbeitgeber E-Book

Gerd Ley

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Beschreibung

Das Arbeitsrecht ist traditionell das Recht der Arbeitnehmer. Auch die Arbeitsgerichte halten sich ganz wesentlich an diese Erkenntnisse. Es ist daher von ganz wesentlicher Bedeutung, dass Arbeitgeber das Arbeitsrecht genau kennen, damit die Fußangeln und Fallen des Arbeitsrechts nicht zum Bumerang werden. Falsche Beratung und nicht bekannte Spielregeln können den Arbeitgeber nicht nur viel Geld kosten. Auch die Reputation nach innen und nach außen kann dadurch erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Das kann unter Umständen einen größeren Schaden hervorbringen, als die Kosten für einen verlorenen Prozess.

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Seitenzahl: 229

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Gerd Ley

Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Fußangeln und Fallen des Arbeitsrechts erkennen und vermeiden

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© 2014 Gerd Ley

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-8800-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Einführung

1.1

Das Arbeitsrecht als Recht der Arbeitnehmer

1.2

Einteilung des Arbeitsrechts – Individualarbeitsrecht und Kollektivarbeitsrecht

1.3

Die Rechtsquellen des Arbeitsrechts

1.3.1

Grundsatz: Rangfolgenprinzip

1.3.2

Ausnahme: Günstigkeitsprinzip

1.3.3

Erläuterung der einzelnen Rechtsquellen

1.4

Träger von Rechten und Pflichten im Arbeitsrecht

1.4.1

Arbeitnehmer

1.4.2

Arbeitgeber

1.4.3

Betriebsrat bzw. Personalrat

1.4.4

Tarifvertragsparteien

1.5

Der Begriff des Arbeitnehmers

1.5.1

Definition Arbeitnehmer

1.5.2

Arbeitnehmerähnliche Person

1.5.3

Abgrenzung Arbeiter – Angestellte

1.5.4

Leitende Angestellte

1.6

Der Arbeitgeberbegriff

2

Die Entstehung des Arbeitsverhältnisses – Die Einstellung

2.1

Die Stellenausschreibung

2.1.1

Pflicht zur diskriminierungsfreien Stellenausschreibung

2.1.2

Eignung des Arbeitsplatzes für Schwerbehinderte

2.1.3

Ausschreibung von Teilzeitarbeitsplätzen

2.1.4

Erstattung von Vorstellungskosten

2.1.5

Beteiligung des Betriebsrats

2.2

Begründung des Arbeitsverhältnisses

2.2.1

Zustandekommen des Arbeitsvertrages

2.2.2

Wirksamkeit des Arbeitsvertrages

2.3

Befristete Arbeitsverträge

2.4

Teilzeitarbeitsverträge

2.5

Probezeit

2.6

Probearbeitsverhältnis

3

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

3.1

Ziel des Gesetzes (§ 1 AGG)

3.2

Geltungsbereich des Gesetzes

3.2.1

Persönlicher Geltungsbereich (§ 6 AGG)

3.2.2

Sachlicher Geltungsbereich (§ 2 AGG)

3.3

Verbot der Benachteiligung

3.3.1

Benachteiligungsverbot (§ 7 AGG)

3.3.2

Begriff der Benachteiligung (§ 3 AGG)

3.3.3

Positive Maßnahmen (§ 5 AGG)

3.3.4

Zulässige unterschiedliche Behandlungen

3.4

Pflichten des Arbeitgebers nach dem AGG

3.4.1

Verbot der diskriminierenden Stellenausschreibung

3.4.2

Organisationspflichten des Arbeitgebers (§ 12 AGG)

3.4.3

Rechtsfolgen rechtswidriger Benachteiligungen

3.4.4

Schadensersatzanspruch (§ 15 AGG)

3.4.5

Beweislastregel des AGG (§ 22 AGG)

3.4.6

Einstellungsanspruch nach rechtswidriger Benachteiligung?

4

Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses – Rechte und Pflichten

4.1

Pflichten des Arbeitgebers

4.1.1

Hauptpflicht des Arbeitgebers: Entgeltzahlung

4.1.2

Nebenpflichten

4.1.3

Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen

4.2

Pflichten des Arbeitnehmers

4.2.1

Hauptpflicht: Arbeitsleistung

4.2.2

Nebenpflichten

5

Exkurs: Arbeitnehmerdatenschutz

5.1

Compliance als Pflicht des Managements

5.1.1

Rechtliche Mindestanforderungen

5.1.2

Sorgfaltspflichten

5.1.3

Compliance-Strategien und interne Kontrollen

5.2

Das neue Arbeitnehmerdatenschutzrecht

5.2.1

Erforderlichkeit

5.2.2

Aufdeckung von Straftaten und Rechtsverstößen

5.2.3

Ausblick

5.2.4

Informationspflicht bei Datenpannen

6

Haftung im Arbeitsrecht

6.1

Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber

6.2

Haftungsbeschränkung

6.3

Haftung des Arbeitnehmer gegenüber Dritten

6.4

Haftung für Arbeitsunfälle

7

Der Umgang mit dem Betriebsrat

7.1

Errichten eines Betriebsrats

7.2

Aufgaben, Rechte und Pflichten des Betriebsrats

7.2.1

Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

7.2.2

Die Mitbestimmungstatbestände

7.2.3

Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats bei Mobbing

8

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

8.1

Beendigungsgründe eines Arbeitsverhältnisses

8.1.1

Aufhebungsvertrag

8.1.2

Anfechtung des Arbeitsverhältnisses

8.1.3

Einseitiges Lossagen von einem faktischen Arbeitsverhältnis

8.1.4

Tod des Arbeitnehmers

8.1.5

Ordentliche Kündigung

8.1.6

Außerordentliche Kündigung

8.1.7

Außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist

8.1.8

Änderungskündigung

8.1.9

Verdachtskündigung

8.1.10

Druckkündigung

8.1.11

Auflösung des AV durch das Arbeitsgericht

8.1.12

Ablauf einer Befristung

8.1.13

Erreichen des Rentenalters

8.2

Die ordentliche Kündigung

8.2.1

Kündigung durch den Arbeitnehmer

8.2.2

Kündigung durch den Arbeitgeber

8.2.3

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)

8.3

Die Abmahnung

9

Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht

9.1

Die Klage

9.1.1

Die Güteverhandlung

9.1.2

Der Kammertermin

9.2

Aussetzen des Verfahrens für die Durchführung einer Mediation

9.3

Kosten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens 1. Instanz

Stichwortverzeichnis

Der Autor

Vorwort

Braucht ein Arbeitgeber oder seine für ihn tätigen HR-Mitarbeiter oder kurz: Personaler, sicheres Wissen des Arbeitsrechts?

Diese Frage steht immer dann im Raum, wenn ich meine Seminare oder Inhouse-Schulungen anbiete. Spätestens dann, wenn sichtbar wird, welche Fußangeln und Fallstricke das Arbeitsrecht bereithält, stellt sich bei den Teilnehmern bzw. Auftraggebern der „Aha-Effekt“ ein und das Interesse an diesem Thema ist schlagartig vorhanden.

Arbeitsgerichtsprozesse kosten nicht nur Geld. Sie können auch der Reputation des Arbeitgebers in nicht unerheblichem Maße Schaden zufügen. Auf jeden Fall kosten sie Kraft und Ressourcen, die Sie an anderer Stelle sinnvoller und gewinnbringender investieren könnten.

Je besser und kompetenter Sie sich im Arbeitsrecht auskennen, desto weniger laufen Sie Gefahr, in diesem Bereich etwas gravierend falsch zu machen, was zu unangenehmen Folgen in jeder Beziehung führen kann.

Der professionelle Umgang des Arbeitgebers mit seinen Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis hat nicht zuletzt auch eine konfliktmindernde Funktion. Konflikte können indessen nicht immer verhindert werden. Auch aus diesem Grund ist es von einiger Bedeutung, dass Sie als Arbeitgeber wissen, wie Sie sich in Konfliktsituationen richtig und angemessen verhalten sollten.

Insoweit gibt Ihnen das vorliegende Buch die notwendige Sicherheit, in arbeitsrechtlichen Fragen professionell an den Fallstricken und Fußangeln des Arbeitsrechts vorbei zu navigieren.

Die Literatur zum Arbeitsrecht ist umfangreich und nachgerade unübersichtlich. In der Regel stehen einem Arbeitgeber, insbesondere in KMU, Kommentare, Lehrbücher und Fachzeitschriften zum Arbeitsrecht nicht oder kaum zur Verfügung. Aus diesem Grund habe ich bewusst darauf verzichtet, den für Juristen typischen „Fußnotenapparat“ für dieses Buch anzulegen. Das würde nur dann Sinn machen, wenn die insoweit nachgewiesenen Quellen auch dem Leser zur Verfügung stünden.

Ich empfehle Ihnen, sich eine Vorschriftensammlung zum Arbeitsrecht zuzulegen, um die hier jeweils bezeichneten Gesetzesangaben nachlesen zu können. Das kann z.B. die Sammlung „Arbeitsgesetze“ Beck-Texte im dtv-Verlag sein. Hier haben sie gleichzeitig noch eine kurze Einführung zum Arbeitsrecht.

Dieses Buch ist auch eine sinnvolle Ergänzung zu meinem Online-Kurs bei Lecturio GmbH1 „Arbeitsrecht für Personaler“.

Gender-Hinweis:

Aus Gründen der Lesbarkeit und zur Vereinfachung der Schreibweise habe ich mich entschieden, die generellen Bezeichnungen des grammatikalischen Geschlechts (genus) zu verwenden. Es ist daher z.B. nur von Bewerbern die Rede. Dies soll keine Ignoranz der gebotenen Beachtung des biologischen Geschlechts (sexus) darstellen. Das eine hat insoweit mit dem anderen nichts zu tun.

Thiendorf, im Juli 2014

Gerd Ley, LL.M.

1www.lecturio.de

1 Einführung

Das Arbeitsrecht erfreut sich in der Juristenausbildung nicht gerade der größten Beliebtheit. Es ist nicht nur umfangreich und komplex. Das Arbeitsrecht führt nachgerade ein hektisches Eigenleben. Was heute noch gut und richtig ist, kann morgen schon schlicht rechtswidrig sein. Politische Einflüsse spielen eine nicht geringe Rolle. Wir brauchen uns z.B. nur die EU-Richtlinien anzuschauen, die dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zugrunde liegen.

Eine noch größere Rolle spielt aber das Richterrecht. Pro Jahr werden bei den Arbeitsgerichten ca. 600.000 (!) Klagen eingereicht. Davon werden ca. 90% durch einen Vergleich erledigt. 10%, also ca. 60.000 Fälle werden ausgeurteilt oder enden durch Beschluss. Die Hälfte davon etwa geht schließlich noch in Berufung vor das Landesarbeitsgericht (LAG). Das LAG kann die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zulassen. Immerhin wird in noch mehr als 2.000 Fällen jährlich Revision zum BAG eingelegt.

Bemerkenswert ist, dass ca. 80% aller Klagen vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklagen sind. Ein Umstand also, der besondere Beachtung verdient. Als Arbeitgeber können Sie hier eine Menge falsch machen. Und – mit Verlaub. Es wird durch Arbeitgeber bei und im Vorfeld von Kündigungen eine Menge falsch gemacht. Das kann Sie letztlich im besten Sinne des Wortes teuer zu stehen kommen. In jeder Beziehung.

In vielen Fällen, in denen die deutschen Arbeitsgerichte, Landesarbeitsgerichte oder das Bundesarbeitsgericht unsicher sind, ob eine bestehende Rechtslage mit Europarecht konform geht, wird der Sachverhalt als Rechtsfrage bzw. Beschlussvorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Selbstverständlich bringt nicht jedes Urteil eine neue Rechtslage hervor. Dennoch ist die Anzahl der für den Rechtsanwender relevanten arbeitsrechtlichen Urteile bedeutend. Die Gerichte sind auch nicht an die Rechtsprechung anderer Gerichte gebunden. Das Arbeitsgericht Bonn kann also in gleicher Sache anders entscheiden, als das Arbeitsgericht Leipzig. Selbst die Rechtsprechung des BAG, die nicht in gleicher Sache entstanden ist, bindet die Arbeitsgerichte nicht. Dennoch orientiert sich die Rechtsprechung zu über 90 % an der Rechtsprechung der Rechtsmittelgerichte. Dies allein schon aus Gründen der Rechtssicherheit und vor allem deshalb, weil so gut wie jedes Urteil auch beim BAG landen kann. Daraus folgt, dass es nicht nur ausreicht, ein profundes Wissen des materiellen Arbeitsrechts zu besitzen. Auch der rasante Wandel und Fortschritt (bisweilen aber auch Rückschritt) in der Rechtsprechung muss in seinen wesentlichen Grundzügen bekannt sein.

Das Richterrecht, insbesondere jenes des EuGH aber auch des BAG, ist teilweise so dominierend, dass es die Gesetzgebung beeinflusst oder aber gesetzliche Vorschriften kurzerhand für rechtswidrig erklärt. Hierzu ein Beispiel zur Berechnung der Kündigungsfrist: § 622 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt, dass bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt werden. Nach Auffassung des EuGH verstößt diese Vorschrift gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des (jüngeren) Alters. Nach der dieser Entscheidung des EuGH folgenden Rechtsprechung des BAG ist diese Vorschrift deshalb unanwendbar geworden. Das war im Jahr 2010. Bis heute ist es dem Gesetzgeber indessen nicht gelungen, diesen Passus aus dem BGB zu entfernen.

Wie Sie sehen, dürfen Sie nicht einmal mehr einem gültigen Gesetzestext blind vertrauen. Das macht die Handhabung des Arbeitsrechts nicht wirklich einfacher.

Dieses Buch vermittelt daher das relevante materielle Individualarbeitsrecht, mit den für diese Darstellung wesentlichen Bezügen zum Kollektivarbeitsrecht, auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung aller arbeitsrechtlichen Instanzen. Dabei folgt diese Darstellung zielgruppenorientiert der Sichtweise des Arbeitgebers.

1.1 Das Arbeitsrecht als Recht der Arbeitnehmer

Das Arbeitsrecht geht von der Vorstellung aus, dass es einem Arbeitnehmer nicht möglich ist, seine Interessen durch ein freies und selbstbestimmtes Aushandeln der Arbeitsbedingungen gegenüber dem wirtschaftlich meist stärkeren Arbeitgeber durchzusetzen. Ob das immer der Fall ist, kann hier offen bleiben. Fest steht aber, dass Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt und auch einen gewissen Lebensstandard garantieren zu können. Der Arbeitnehmer hat also nur die Möglichkeit, seine Arbeitskraft einzusetzen, um seine Existenz zu sichern. Der Verlust des Arbeitsplatzes gefährdet die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers, weil die sozialrechtliche Absicherung regelmäßig nicht ausreicht, um diese wirtschaftliche Existenz nachhaltig zu gewährleisten. Daher wird der Arbeitnehmer insgesamt als schutzwürdig gegenüber dem Arbeitgeber angesehen.

Daraus folgt, dass das Recht der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht nicht einseitig zugunsten der Arbeitgeber ausgestaltet werden kann. Das Arbeitsrecht knüpft insoweit an dieser „Schieflage“ der Vertragsfreiheit an. Es verfolgt zwei untrennbar miteinander verknüpfte Ziele:

■ Die Bedingungen zum Austausch „Arbeitskraft gegen Geld“ dürfen nicht beliebig zu Lasten der Arbeitnehmer verschlechtert werden. Dem Arbeitsrecht kommt insoweit eine Schutzfunktion zu. Diese entfaltet sich dadurch, dass der Staat bestimmte Mindeststandards verbindlich formuliert. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der im Koalitionsvertrag beschlossene Mindestlohn, der als Gesetz spätestens zum 1. Januar 2015 in Kraft treten soll. Dazu gehört auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Mindesturlaub etc.

■ Das Arbeitsrecht hat auch eine Ordnungsfunktion. Diese wird dadurch realisiert, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die bisherigen ökonomischen und politischen Verhältnisse erhalten bleiben. In früheren Zeiten gab es in Deutschland den sog. politischen Streik. Dieser sollte durch Arbeitsniederlegung Druck auf die Politik machen, bestimmte Entscheidungen zu treffen oder zu unterlassen. Das ist heute nicht mehr zulässig. Das Grundgesetz lässt Streiks nach der Rechtsprechung des BAG nur dann zu, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind (Auszug):

■ Es muss sich um ein Ziel handeln, das tariflich regelbar ist. Was nicht Gegenstand eines Tarifvertrags sein kann, darf auch nicht erstreikt werden.

■ Die Arbeitsniederlegung darf nicht gegen die Friedenspflicht verstoßen. Das bedeutet, dass während der Laufzeit des Tarifvertrages jeder Streik unzulässig ist, der sich auf das tariflich Geregelte bezieht.

■ Der Streik muss von der Gewerkschaft getragen oder zumindest nachträglich von ihr übernommen werden. Sog. wilde Streiks sind damit unzulässig.

■ Der Streik darf nicht das Ziel haben, den Staat oder sonstige Träger hoheitlicher Gewalt zu einem hoheitlichem Handeln oder Unterlassen zu zwingen (sog. politischer Streik).

■ Der Streik darf nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.

■ Der Streik hat sich an den Regeln eines fair-trial zu orientieren. Ziel darf nicht die Vernichtung des Gegners sein, sondern die Wiederherstellung des gestörten Arbeitsfriedens.

■ Während des Streiks müssen notwendige Erhaltungs-und Notstandsarbeiten abgesichert sein. Zum einen muss verhindert werden, dass Produktionsanlagen vernichtet werden. Zum anderen dürfen Leib, Leben und Gesundheit Dritter nicht ernsthaft gefährdet werden. Dies gilt z.B. bei Streiks von Ärzten und Pflegepersonal oder von Mitarbeitern von Versorgungsbetrieben.

■ Der Streik darf keine Ziele verfolgen, die auch auf dem Rechtsweg ausgetragen werden können und müssen. Eine Arbeitsniederlegung aus Protest gegen eine unberechtigte Kündigung ist verboten. Der Betroffene Arbeitnehmer ist gehalten, seine Einwände gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht auszutragen.

Die Rechtsordnung hat das Arbeitsrecht als Sonder (-Privat) Recht der Arbeitnehmer bezeichnet und entsprechend ausgestaltet. Wie in der Folge noch zu zeigen sein wird, ist dieses Arbeitnehmerrecht sehr ausdifferenziert und umfangreich vorhanden.

Für Sie als Arbeitgeber oder für einen solchen handelnden Mitarbeiter ist diese Feststellung von erheblicher Bedeutung. Der leichtfertige Umgang mit Rechten der Arbeitnehmer kann für den Arbeitgeber erhebliche Konsequenzen haben. Dazu werde ich im Einzelnen noch ausführlich Stellung nehmen.

1.2 Einteilung des Arbeitsrechts – Individualarbeitsrecht und Kollektivarbeitsrecht

Das Arbeitsrecht besteht aus den beiden großen Gebieten

■ Individualarbeitsrecht und

■ Kollektivarbeitsrecht.

Hinzu kommt noch als besonderes Recht das

■ Arbeitsprozessrecht.

Das Individualarbeitsrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dabei wird grundsätzlich von dem Grundsatz der Privatautonomie ausgegangen.

Was bedeutet Privatautonomie? Die Privatautonomie bezeichnet einen Vorgang, bei dem zwei oder mehrere gleichwertige Partner auf der Ebene der Gleichordnung und Selbstbestimmung einen Vertrag schließen. Man spricht hier auch von Vertragsfreiheit. Diese wiederum setzt sich zusammen aus den Elementen der Abschlussfreiheit und inhaltlichen Gestaltungsfreiheit.

Wie aber zuvor schon festgestellt wurde, sind hier mit guten Gründen Grenzen gesetzt worden. Ob diese Grenzen in ihrer Gesamtheit immer wirklich Sinn machen und insbesondere stets zum Wohle und Vorteil der Arbeitnehmer ausfallen, soll hier nicht beurteilt werden. Immerhin sind aber zunehmend Tendenzen erkennbar, den Beschränkungen der Privatautonomie im Arbeitsrecht zu entschlüpfen. Denken wir z.B. nur an Teilzeitarbeitsverträge oder Leiharbeit.

Das kollektive Arbeitsrecht regelt die Beziehungen zwischen den Tarifpartnern, aber auch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Rechtsgrundlagen sind hier z.B. das Tarifvertragsgesetz, das Betriebsverfassungsgesetz, das Sprecherausschussgesetz, Personalvertretungsgesetz etc. Auch das kollektive Arbeitsrecht hat eine Ausgleichsfunktion, um ein Machtungleichgewicht zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu verhindern. Es soll die Arbeitsbeziehungen mit einem Mindestmaß an Rechtssicherheit versehen. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf die noch einzugehen sein wird.

Das Arbeitsprozessrecht schließlich regelt rechtsverbindlich die Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sowie zwischen den Tarifpartnern. Dabei steht die gütliche Einigung stets im Fokus der Gerichte. Dazu wird noch ausgeführt.

Einteilung des Arbeitsrechts

1.3 Die Rechtsquellen des Arbeitsrechts

Anders als z.B. im Strafrecht oder bürgerlichem Recht sucht man im Arbeitsrecht vergeblich nach einem Gesetzbuch, in dem sich das ganze Rechtsgebiet oder zumindest wesentliche Teile davon finden. Im Strafrecht sind die Straftatbestände vornehmlich im Strafgesetzbuch enthalten. Es gibt allerdings auch andere Gesetze, die Straftatbestände enthalten (sog. Nebenstrafrecht). Indessen gelten für alle Strafgesetze die Vorschriften des Allgemeinen Teils des StGB.

Ähnlich ist dies im bürgerlichen Recht. Hier finden wir die Anspruchsgrundlagen vorwiegend im BGB. Natürlich gibt es noch andere Rechtsvorschriften, aus denen sich bürgerlich-rechtliche Ansprüche herleiten lassen. Aber auch hier gilt, dass die Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB gelten.

So ist das auch im Arbeitsrecht. Erfüllt z.B. der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht oder nicht ausreichend, so haben wir es mit einer Störung des Vertragsverhältnisses zu tun. Insoweit ist dies Gegenstand des Rechts der Leistungsstörungen aus dem Allgemeinen Teil des BGB.

Im Arbeitsrecht haben wir es mit einer Vielzahl von relevanten Rechtsvorschriften zu tun. Wie schon mehrfach ausgeführt, wird hier das Recht der Privatautonomie eingeschränkt. Das Arbeitsrecht besteht insoweit nicht nur aus Vorschriften des Privatrechts sondern auch aus solchen des öffentlichen Rechts. Steht das Privatrecht weitgehend zur Disposition der Vertragspartner, mit den erwähnten Einschränkungen, so ist das öffentliche Recht zwingendes Recht. Das bedeutet, dass es nicht durch die Vertragspartner auf der Ebene der Gleichordnung und Selbstbestimmung abbedungen werden kann. Zu den öffentlich-rechtlichen Normen zählt z.B. das Bundesurlaubsgesetz (das BUrlG normiert einen gesetzlichen Mindesturlaub), das Mutterschutzgesetz u.a.

1.3.1 Grundsatz: Rangfolgenprinzip

Wie schon ausgeführt, gibt es eine Vielzahl von arbeitsrechtlichen Rechtsquellen. Insoweit ist es von erheblicher Bedeutung, die Beziehungen dieser Rechtsquellen zueinander zu definieren.

Das Arbeitsrecht folgt zunächst dem Rangfolgenprinzip. Das bedeutet, dass die höherrangige Rechtsquelle stets Vorrang vor der niedrigeren hat. Bei gleichrangigen Rechtsquellen, also solchen, die den gleichen Regelungsgegenstand haben, gilt, dass die neue Rechtsquelle die ältere verdrängt (Ablöseprinzip, Zeitkollisionsregel) sowie das Spezialitätsprinzip. Danach geht die speziellere Rechtsquelle der allgemeineren vor.

Das klingt zunächst ganz einfach, ist es aber nicht! Solange es sich nur um eine Kollision zwischen höherrangigem und nachrangigem Recht handelt, ist es relativ unproblematisch. Aber auch nur relativ! Bereits beim Ablöseprinzip kann es schon erhebliche Probleme geben. Nämlich dann, wenn z.B. eine neue Betriebsvereinbarung eine ältere nicht ablösen sondern ergänzen soll, weil etwa die ältere BV bessere Sozialleistungen nur für ältere Arbeitnehmer vorsieht, die neue BV aber bessere Sozialleistungen für alle Arbeitnehmer einräumt. Beide BV haben also nicht den gleichen Regelungsgegenstand. Insoweit gilt hier dann nicht das Ablöseprinzip, sondern das Spezialitätsprinzip.

Wie Sie sehen, ist das Ganze nicht einfach zu handhaben. Selbst ausgebildete Juristen, die sich nicht schwerpunktmäßig mit dem Arbeitsrecht befassen, kommen hier an ihre Grenzen.

1.3.2 Ausnahme: Günstigkeitsprinzip

Wie überall im Leben gibt es auch vom Rangprinzip Ausnahmen. Nach dem Günstigkeitsprinzip geht die rangniedrigere Rechtsquelle der höherrangigen dann vor, wenn sie für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthält. Gesetzlich geregelt ist das Günstigkeitsprinzip in § 4 Abs. 3 TVG. Danach darf von tariflichen Regelungen dann abgewichen werden, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger sind.

Hierzu ein in der Juristenausbildung (un-)beliebtes Beispiel:

Einem Arbeitnehmer stehen nach seinem Arbeitsvertrag 28 Tage Jahresurlaub zu. Der Verbandstarifvertrag sieht einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen vor. Der Werktarifvertrag sieht dem gegenüber nur einen Urlaubsanspruch von 26 Tagen vor. § 3 Abs. 1 BUrlG bestimmt einen Mindesturlaub von 24 Tagen. Welchen Urlaubsanspruch hat der betreffende Arbeitnehmer nun wirklich? Wie ist hier die Prüfungsreihenfolge vorzunehmen?

Wie schon besprochen, und wie wir in der Folge noch sehen werden, gibt es bei den Rechtsquellen des Arbeitsrechts eine Rangfolge. Nach dem Rangfolgeprinzip stünde im vorliegenden Beispiel insoweit zunächst das Bundesurlaubsgesetz zur Prüfung. Wie bereits erwähnt, bestimmt § 3 Abs. 1 BUrlG, dass der Mindesturlaub 24 Tage beträgt. Wie der Wortlaut „Mindesturlaub“ nahelegt, definiert diese Vorschrift eine Untergrenze, die nicht unterschritten werden darf. Es ist aber niemandem verwehrt, über diesen Mindesturlaubsanspruch hinauszugehen. Das ist ja wohl in diesem Beispiel der Fall. Das BUrlG spielt also hier bei der Prüfung keine Rolle.

Nun haben wir vorliegend zwei Tarifverträge. Den Verbandstarifvertrag und den Werktarifvertrag. Der erste sieht einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen und der zweite einen solchen von demgegenüber nur 26 Tagen vor. Nach dem Rangfolgeprinzip stehen beide auf der gleichen Stufe der Rechtsquellen. Daher greift hier das Rangfolgeprinzip nicht durch. Allerdings ist der Werktarifvertrag gegenüber dem Verbandstarifvertrag spezieller, sodass hier der Werktarifvertrag Vorrang vor dem Verbandstarifvertrag hat. Damit stünde dem Arbeitnehmer nur ein Urlaubsanspruch von 26 Tagen zu.

Wie wir aber wissen, sollen dem Arbeitnehmer vertraglich vereinbarte 28 Urlaubstage zustehen. Nach dem Rangfolgeprinzip ist der Arbeitsvertrag rangniedriger als der hier maßgebliche Werktarifvertrag. Aber: Hier greift das Günstigkeitsprinzip ein. Der vertraglich vereinbarte Jahresurlaub ist für den Arbeitnehmer günstiger, als der des Werktarifvertrags. Damit durchbricht das Günstigkeitsprinzip das Rangfolgeprinzip.

Ergebnis: Dem Arbeitnehmer stehen die im Arbeitsvertrag vereinbarten 28 Tage Jahresurlaub zu.

1.3.3 Erläuterung der einzelnen Rechtsquellen

Wie zuvor schon ausgiebig besprochen, stehen die Rechtsquellen in einem bestimmten Verhältnis zueinander. Dabei ist zunächst von Bedeutung, auf welcher Ebene unserer Rechtsordnung sich die anzuwendende Rechtsquelle befindet. Dass die höherrangige Rechtsquelle der niedrigeren Rechtsquelle vorgeht, haben wir bereits besprochen. Das Verfassungsrecht bezeichnet dies als Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes. Seine verfassungsrechtliche Grundlage findet dieser Grundsatz in Art. 20 Abs. 3 GG. Damit hat der Vorrang des Gesetzes Verfassungsrang. Aber auch dieser Grundsatz teilt sich wiederum ein zwei weitere Prinzipien.

■Geltungsvorrang: Das bedeutet, dass die höhere Rechtsquelle stets Vorrang vor der niedrigeren hat. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob diese Rechtsquelle unmittelbar zur Anwendung kommt. Beispiel: Die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien verbieten die Benachteiligung wegen des Geschlechts. Art. 3 Abs. 3 GG verbietet dies ebenfalls. Kommt es nun zu einer solchen Benachteiligung im Arbeitsverhältnis wird der Arbeitnehmer wohl kaum die EU-Richtlinien oder das GG als Anspruchsgrundlage vor dem Arbeitsgericht vortragen, sondern die maßgeblichen Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Dazu sogleich. Geltungsvorrang bedeutet hier, dass es unzulässig wäre, wenn der Verfassungsgesetzgeber eine Änderung des Art. 3 Abs. 3 GG vornehmen wollte, die bestimmt, dass ab sofort eine Benachteiligung wegen des Geschlechts zulässig wäre. Das wäre nach dem Prinzip des Geltungsvorrangs unzulässig, weil supranationales Recht dem entgegenstünde.

■Anwendungsvorrang: Wie im Beispiel zuvor schon angedeutet, benötigt der Arbeitgeber, der wegen der Benachteiligung klagen will, eine Anspruchsgrundlage. Diese ergibt sich aus dem AGG und nicht aus EU- oder Verfassungsrecht. Auch dies hat seinen Sinn darin, dass nur ein auf bestimmte Lebenssachverhalte ausgerichtetes und ausformuliertes Gesetz Rechtssicherheit schaffen kann.

Praxishinweis:

Die Rechtsquellenlehre ordnet die Rechtsquellen nach ihrer Bedeutung hierarchisch ein. Insoweit werden die Rechtsquellen regelmäßig in einer sog. Normenhierarchie dargestellt. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich tatsächlich um ein Gesetz oder nur um eine sonstige Rechtsquelle, wie z.B. den Arbeitsvertrag, handelt.

Sinn und Zweck der Normenhierarchie ist die Rechtssicherheit. Es käme zum Chaos, wenn jede Rechtsquelle imstande wäre jede beliebige andere in ihrer Bedeutung auszuhebeln. Somit ist es nicht möglich, dass in einem Arbeitsvertrag etwas geregelt wird, was durch supranationales Recht ausdrücklich verboten ist. Das höhere Recht hat insoweit immer Vorrang vor dem niedrigerem. Eine Ausnahme bilden dispositive Tatbestände des Bundes- oder Landesrechts. Hierauf wird an späterer Stelle eingegangen.

1.3.3.1 Supranationales Recht

Hierunter verstehen wir überstaatliches Recht, namentlich das Recht der EU. Dabei spielt es hier keine Rolle, dass das EU-Recht nicht demokratisch legitimiert ist, wie beispielsweise die deutschen Gesetze, die durch ein vom Volk gewähltes Parlament beschlossen werden. EU-Recht wird nicht durch das Europäische Parlament gesetzt, sondern vorwiegend durch die Europäische Kommission. Die dort praktizierte Regelungshypertrophie ist oft nicht nachvollziehbar und vor allem nicht demokratisch legitimiert. Dennoch haben sich die Mitgliedsstaaten nach diesem Gemeinschaftsrecht zu richten. Dies geschieht auf zweierlei Weise:

■EU-Verordnungen: Sie haben Gesetzescharakter und binden die Mitgliedsstaaten als unmittelbar geltendes Recht. Das Vorschalten einer nationalen Regelung hierzu ist nicht erforderlich, um einer EU-Verordnung nationale Geltung zu verschaffen.

■EU-Richtlinien: Sie gelten nicht unmittelbar in den Mitgliedsstaaten. Für ihre Anwendbarkeit ist es zunächst erforderlich, dass sie in nationales Recht transformiert werden. Bei dem Erlass von EU-Richtlinien wird zugleich festgelegt, bis zu welchem Zeitpunkt die Mitgliedsstaaten diese umzusetzen haben. Nach der Rechtsprechung des EuGH können sich Schadensersatzansprüche gegen den Mitgliedsstaat ergeben, wenn die Richtlinie nicht zeitgerecht umgesetzt wird. Zwar ist eine EU-Richtlinie erst dann geltendes Recht in den jeweiligen Mitgliedsstaaten, wenn sie in nationales Recht transformiert ist. Dennoch können sich auch bereits vor dem Transformationsakt Ansprüche hieraus ergeben.

EU-Verordnungen stehen insoweit unmittelbar an der Spitze der Normenhierarchie. EU-Richtlinien nur insoweit, als sie die Mitgliedsstaaten zur nationalen Rechtssetzung verpflichten.

1.3.3.2 Grundgesetz

Das GG ist auf nationaler Ebene die oberste Rechtsnorm. In der Rechtswissenschaft wurde und wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Grundrechte des GG auch unmittelbare Rechtswirkung erzeugen etwa in dem Sinne, dass sie nicht nur Geltungssondern auch Anwendungsvorrang entfalten.

Das wird nur für die Koalitionsfreiheit i.S.v. Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG anerkannt. Danach sind Abreden, die das Koalitionsrecht einschränken oder zu behindern versuchen nichtig. Maßnahmen, die sich gegen dieses Recht richten, sind rechtswidrig.

Anders als in vielen anderen Rechtsgebieten spielen die Grundrechte im Arbeitsrecht indessen dennoch eine nicht unerhebliche Rolle. Spätestens vor dem Arbeitsgericht sind sämtliche Entscheidungen an den Wertmaßstäben unserer Verfassung zu messen (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG). Insoweit wird davon ausgegangen, dass das Arbeitsrecht von den Grundrechten durchdrungen ist und diese zumindest insoweit eine erhebliche Rolle spielen.

1.3.3.3 Bundes- und Landesgesetze

Bundes- und Landesgesetze stehen von der Wertigkeit her unterhalb des Grundgesetzes. Dies ergibt sich ebenfalls aus Art. 20 Abs. 3 GG. Danach ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden. Die insoweit erlassenen Gesetze dürfen also nicht im Widerspruch zu den Wertentscheidungen des GG stehen. Dass dies dem Gesetzgeber regelmäßig misslingt, zeigt die Vielzahl der Verfassungsklagen gegen Gesetze.

Bundesgesetze stehen in der Normenhierarchie damit unterhalb des GG aber oberhalb von Landesgesetzen. Das bedeutet, dass Landesgesetze keine Regelungen enthalten dürfen, die mit Bundesgesetzen gleicher Regelungsmaterie kollidieren.

Allerdings gibt es hier auch Ausnahmen. Es kommt nämlich darauf an, ob der Bund für eine bestimmte Regelungsmaterie überhaupt zuständig ist oder nur die Länder. Ist der Bund zuständig, ist weiter zu fragen, ob er für die Regelungsmaterie ausschließlich zuständig ist. Wenn das der Fall ist, treffen die vorstehenden Ausführungen zum Verhältnis Bundesrecht zu Landesrecht absolut zu.

Es gibt aber noch die Möglichkeit der sog. konkurrierenden Gesetzgebung. Das bedeutet, dass der Bund nur dann zuständig ist, wenn die Länder in diesem Rahmen von ihrer Gesetzgebungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht haben. Früher, vor der Föderalismusreform, hatte der Bund noch das Recht der Rahmengesetzgebung. Das waren Vorgaben, an denen sich die Länder bei ihrer Gesetzgebung zu halten hatten. Vornehmlich handelte es sich hierbei um Vorschriften des Beamtenrechts. Diese Rahmengesetzgebung ist heute abgeschafft und findet sich, insbesondere noch im Beamtenrecht, im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung.

1.3.3.4 Tarifvertrag (TV)

Auch für Tarifverträge gilt das vorstehend Gesagte gleichermaßen. Im Koalitionsvertrag zwischen der SPD und der Union wurde z.B. ein gesetzlicher Mindestlohn vereinbart. Sobald ein derartiges Gesetz in Kraft tritt, kann dieser Mindestlohn nicht mehr durch Vereinbarungen zwischen den Tarifpartnern unterschritten werden. Eine derartige Vereinbarung wäre wegen § 134 BGB nichtig, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen würde.

Der Tarifvertrag besteht aus zwei Elementen. Einerseits ist er ein gewöhnlicher schuldrechtlicher Vertrag, der nach den §§ 145 ff. BGB zustande kommt (schuldrechtlicher Teil). Andererseits ist der Tarifvertrag auch mit normativer Wirkung ausgestattet und besitzt damit Gesetzesqualität. Nach der h.M. handelt es sich bei einem Tarifvertrag (TV) um ein Gesetz im materiellen Sinne.

Der TV erfüllt zahlreiche Funktionen. Hier nur die wichtigsten:

■Schutzfunktion: Der TV regelt unabdingbare Mindestarbeitsbedingungen. Es darf daher nicht zu Lasten der Arbeitnehmer von den Bestimmungen des TV abgewichen werden.

■ Friedensfunktion: Während der Laufzeit eines TV sind Arbeitskämpfe wegen der im TV geregelten Inhalte verboten.

■Ordnungsfunktion: In vielen Fällen fehlen gesetzliche Regelungen, die das Arbeitsleben ordnen. Insoweit regeln die TV die wesentlichen Arbeitsbedingungen.

■Verteilungsfunktion: Hauptbestandteile der TV sind Vereinbarungen über die Entlohnung von Arbeitnehmern. Es wird hier nicht nur die Höhe des Lohnes geregelt, sondern auch das Verhältnis der Löhne untereinander. Insoweit gibt es z.B. unterschiedliche Lohn- oder Vergütungsgruppen. Insbesondere im öffentlichen Dienst werden diese Vergütungsgruppen im Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) geregelt.

Tariffähig, das heißt die Fähigkeit, Partei eines TV zu sein, ist:

■ jeder einzelne Arbeitgeber,

■ jede Vereinigung von Arbeitgebern(Arbeitgeberverbände) sowie

■ Gewerkschaften.

Eine vertiefte Darstellung des Tarifvertragsrechts ist nicht Gegenstand dieses Buches.

Was passiert aber, wenn ein TV nicht existiert?

Wenn Ihr Unternehmen an keinen TV gebunden ist, müssen Sie sich bei der Abfassung von Arbeitsverträgen nur an den bestehenden gesetzlichen Vorschriften orientieren. Wie bereits ausgeführt, formulieren Arbeitsgesetze nur die Mindeststandards. Insoweit ist es Ihnen dann unbenommen, in den Individualarbeitsverträgen von sich aus für die Arbeitnehmer Regelungen zu vereinbaren, die über den gesetzlichen Mindeststandard hinausgehen. Wird z.B. ein Mindestlohn von EUR 8,50 gesetzlich vorgeschrieben, steht es Ihnen selbstverständlich frei, arbeitsvertraglich einen Stundenlohn von EUR 10,00 zu vereinbaren. Nach oben sind Ihnen keine Grenzen gesetzt, jedenfalls keine gesetzlichen. Sie dürfen nur den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten.

Praxishinweis:

Auch wenn Ihr Unternehmen nicht tarifgebunden ist, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gem. § 5 TVG einen bestehenden Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den Mindestlohn-Tarifvertrag für das Friseurhandwerk rückwirkend zum 01.11.2013 für allgemeinverbindlich erklärt. Damit gilt der Mindestlohn auch für solche Friseurbetriebe, in denen Arbeitgeber und Beschäftigte nicht tarifgebunden sind (BMAS PM vom 20.12.2013).

1.3.3.5 Betriebsvereinbarung (BV)