Arche Noah - Chalid al-Chamissi - E-Book

Arche Noah E-Book

Chalid al-Chamissi

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Beschreibung

In seinem Roman erzählt der Bestsellerautor Chalid al-Chamissi die ineinander verwobenen Schicksale von Menschen, die mangels Perspektiven aus Ägypten emigriert sind oder dies vorhaben. Ein junger diplomierter Jurist findet keine seiner Qualifikation angemessene Stelle und sucht sein Glück in einer Scheinheirat mit einer Amerikanerin. Seine Exverlobte wird unterdessen von ihren Eltern genötigt, einen Ägypter zu heiraten, der in New Jersey ein Restaurant betreibt. Dessen Koch, der nach einer Odyssee durch Südamerika illegal in die USA gelangt ist, tritt in die Dienste eines zwielichtigen ägyptischen Geschäftsmanns, dessen Sohn in London ein ausschweifendes Leben führt. Da sind außerdem der Philosophieprofessor an einer britischen Universität; dessen Cousin, der beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, beinahe ertrinkt; ein junger Nubier aus Assuan; ein gewiefter Menschenschmuggler; eine koptische Ärztin; eine Prostituierte. Ein Platz auf der Arche Noah ist ihre Chance für ein besseres Leben.

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Seitenzahl: 498

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Der Autor

Chalid al-Chamissi, geboren 1962 in Kairo, studierte Politikwissenschaften an der Universität Kairo und der Sorbonne. Er arbeitet als Journalist für ägyptische Zeitungen und hat sich als kritischer Beobachter gesellschaftlicher Verhältnisse einen Namen gemacht. Für verschiedene Spiel- und Dokumentarfilme war er als Produzent, Regisseur und Drehbuchautor tätig. Sein Buch Im Taxi. Unterwegs in Kairo wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und zum internationalen Bestseller. www.khaledalkhamissi.com.

Die Übersetzerin

Leila Chammaa, geboren in Beirut, studierte Islamwissenschaft, Arabistik und Politologie an der FU Berlin. Seit 1990 übersetzt sie arabische Literatur ins Deutsche, zunächst ausschliesslich Prosa, seit einigen Jahren auch Lyrik. Sie ist zudem als Beraterin und Gutachterin für Verlage, Institutionen und Festivals im Bereich arabischer Literatur tätig.

Die Übersetzerin dankt dem Deutschen Übersetzerfonds für die Förderung ihrer Arbeit.

Die Übersetzung aus dem Arabischen wurde aus Mitteln der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia unterstützt durch litprom – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V.

Titel der arabischen Originalausgabe:

Safînât Nûh.

Copyright © 2009 by Chalid al-Chamissi

E-Book-Ausgabe 2013

Copyright © der deutschen Übersetzung

2013 by Lenos Verlag, Basel

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

Coverfoto: Atlantic City Convention & Visitors Authority

www.lenos.ch

ISBN EPUB-E-Book 978 3 85787 517 5

Achmad Iseddîn

Hâgar Mustafa

Abdallatîf Awad

Farîd al-Mungi

Doktor Murtada al-Barûdi

Jassîn al-Barûdi

Nivîn Adli

Talaat Dhihni

Hassûna Sabri

Mabrûk al-Manûfi

Sanâa Mahrân

Zurück zum Anfang

Achmad Iseddîn

Achmad ist ein Traum von einem Mann. Gutaussehend, weiche Gesichtszüge, ein intensiver Blick aus tiefschwarzen Augen, die Haut licht wie der Vollmond. Kurzum, er erinnert an einen Filmstar aus der Zeit vor Adel Imam1, Hunaidi2 und dem verstorbenen Alâa Wali al-Dîn3. In seiner Brust wohnt ein Juwel von Aufrichtigkeit und Warmherzigkeit. Seit 2003 ist er examinierter Jurist, studiert hatte er an der Universität Kairo. Für Rechtswissenschaften hatte er sich eingeschrieben, um den Willen seines verstorbenen Vaters zu erfüllen, bald aber fand er Gefallen an der Materie. Nur mit Wirtschafts- und Finanzrecht konnte er sich beim besten Willen nicht anfreunden. Wie ein Dorn steckten ihm diese Fächer im Rachen, den auch noch so viel Wasser nicht hinunterzuspülen vermochte.

Sein ganzes Studium hindurch hatte er nur eines im Sinn: Er wollte Staatsanwalt werden. In seinen Träumen sah er sich schon als erfolgreichen, für Gerechtigkeit sorgenden Anklagevertreter. Entschlossen verfolgte er dieses Ziel, er steckte den Kopf in die Bücher und erzielte beste Noten, so dass seine Kommilitonen vor Neid erblassten. Missgünstigen Äusserungen gegenüber aber war er taub. Als er eines Abends zum Himmel schaute und der Vollmond lächelte, versprach er dem Vater, dass er bald Staatsanwalt sein werde, wie er es sich gewünscht hatte.

Nicht ein einziger Mann in der kleinen Familie hatte lange durchgehalten. Der Vater starb, als Achmad gerade einmal dreizehn war. Dann starb der Mann seiner Tante mütterlicherseits, der nach dem Tod des Vaters dessen Rolle übernommen hatte. Die Tante, nun allein, weil sie es während ihrer Ehe nicht geschafft hatte, eigene Kinder zu bekommen, klammerte sich an ihn und ihre Schwester. So kam es, dass Achmad von Mutter und Tante wie der Hahn im Korb gepäppelt und gehätschelt wurde. Onkel hatte er nicht, die Grossväter waren bereits vor seiner Geburt gestorben. »Würden die Frauen regieren«, fand Achmad, »dann wäre die Welt ein viel schönerer Ort zum Leben. Aber nur«, schob er lachend nach, »wenn sie nicht so geartet sind wie Condoleezza Rice!«

Achmad bestand das Examen mit dem besten Prädikat und machte sich beherzt daran, seinen Traum zu verwirklichen. Doch ihm war nicht bewusst, dass er nach seinem Abschluss vom Studentendasein in die Welt der Erwachsenen katapultiert würde. Dass er vom Studenten, der sich hauptsächlich mit Lernen, Träumen und Lieben befasst hatte, zum mündigen Bürger würde und als solcher die Logarithmen des Lebens zu bilden hätte. Dass er sich also mit dem verfilzten Zopf der Gesellschaft aus störrischem ägyptisch-afrikanischem Kraushaar würde auseinandersetzen müssen, was nur mit Tricks, Bestechung und Betrug zu bewältigen war. Doch mit jedem Hieb, den ihm Kairo versetzte, verlor er ein Stück seiner Naivität, die er– ebenso wie seine bezaubernden Augen– zweifellos von seiner Mutter geerbt hatte. Eines Morgens, vom Ruf zum Sonnenaufgangsgebet geweckt, stand er auf und ging in die Moschee direkt nebenan. Plötzlich stellte er fest, dass seine Blauäugigkeit verschwunden war. Einfach von ihm abgefallen, als er schlaftrunken aus der kaputten Haustür trat. Das Hymen der Kindheit nun für immer los, stolperte er in eine unbekannte Welt. Eine Welt, die entdeckt werden wollte und geradezu danach verlangte, dass er den Horizont seiner Sinne erweiterte. Um 5Uhr 57 auf der Matte neben dem rechten Eckpfeiler kniend, begriff er, dass er zur Verwirklichung seines Traums 70000Pfund Bestechungsgeld brauchte. Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen. Plötzlich sah er, was er in all den Jahren als Student trotz der Hinweise sämtlicher Freunde nicht hatte sehen können. Die Wahrheit überkam ihn wie eine Offenbarung. Nachdem sein Gehirn vom Strudel der Wirklichkeit durchgerüttelt worden war, erkannte er klar und deutlich die heilige, das Leben entschlüsselnde Wahrheit: »Das Tor der Staatsanwaltschaft ist dir, kleiner Mann, verschlossen. Du hast weder genug Speck auf den Rippen noch Vitamin B im Rücken. Also lern beizeiten, nur so weit zu träumen, wie deine Decke reicht.«

Nach dem Morgengebet ging er heim. Zum ersten Mal sank er in einen tiefen, ruhigen Schlaf ohne die schönen Träume vom Erfolg, die ihm das Leben bloss schwergemacht hatten.

Nachdem wir alles Mögliche getan, neu überlegt und wieder probiert haben, sehen wir, die junge Generation, nur einen Ausweg: das Land zu verlassen. Hier sind wir verloren. Verloren im Durcheinander. Verloren in Chaos und Korruption. Nicht den kleinsten Schritt geht es voran. Wir sehen kein Licht am Ende des Tunnels. Hier tun wir nur eines: ein Euter aus unverwüstlichem Granit zu melken. Gleichzeitig dürfen wir zusehen, wie die Menschen draussen leben. Tagsüber Arbeit. Abends und am Wochenende geniessen sie ihre Freizeit. Der Alltag ist bestimmt auch hart. Aber wenigstens haben die Leute Freude, Geld und ihren Freiraum. Das Leben hier in Ägypten sieht dagegen so aus: keine Arbeit, kein Geld, keine Ferien, keine Freiräume. Nichts von all dem. Durch Satellitenschüsseln und das Internet werden wir vollgepumpt mit Bildern vom schönen Leben draussen. Wir wollen auch so leben. Wir wollen die Decke durchbrechen, die uns auf den Kopf fällt, die jede Bewegung, jeden Atemzug erstickt. Dort gibt es Luft, Jungen, Mädchen, Liebe, Freiheit. Selbst das spirituelle Leben dort ist echter als bei uns. Bei all dem, was wir tagtäglich erleben, verkommen unsere Sitten und Gebräuche. Ich will ja nichts sagen, aber was ist denn aus uns geworden? Aussen hui und innen pfui. Ich als Ägypter, der sein Land und das Umfeld liebt, in dem er aufgewachsen ist, sehe, dass ich gehen muss, um meinem Land einen Dienst zu erweisen. Ägypten will mich im Grunde doch gar nicht. Es ist nicht imstande, mir einen Platz zu bieten. Ich habe das Gefühl, ihm zur Last zu fallen. Es gibt nicht genug Arbeit für uns. »Ihr seid einfach zu viele geworden. Wir wissen nicht mehr, wohin mit euch«, lässt die Regierung bei jeder Gelegenheit verlauten. Schau dir nur die Plakate überall auf den Strassen an. »Handeln wir bedacht, und wir alle werden satt«, steht da geschrieben. Ist ja klar, dass die Leute den Spruch gleich umgewandelt haben in »Handeln wir bedacht, und hauen wir alle ab«.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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