ARES Security - Kill without Shame - Alexandra Ivy - E-Book

ARES Security - Kill without Shame E-Book

Alexandra Ivy

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Beschreibung

Ein Mann wird in der Nähe der Büros von ARES Security ermordet. In seiner Tasche: Name und Adresse von Lucas St. Clair - Diplomatensohn und Verhandlungsexperte bei ARES. Als die Polizei bei dem Exsoldaten aufschlägt, bringt sie schockierende Nachrichten: Der Tote trug ein Foto von Mia Ramon bei sich; die Frau, die Lucas seit fünfzehn Jahren nicht vergessen kann. Nun scheint es an der Zeit für ein Wiedersehen, denn Lucas und seine Kollegen werden nicht zulassen, dass Mia etwas zustößt...

"Kill without Shame" ist der zweite Band der spektakulären neuen Serie der Spiegel-Bestseller-Autorin Alexandra Ivy um die fünf Jungs von ARES Security. Alle Teile sind unabhängig von einander lesbar. EBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



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Seitenzahl: 474

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Inhalt

Cover

Über die Serie

Über den Roman

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Kapitel zweiundzwanzig

Kapitel dreiundzwanzig

Kapitel vierundzwanzig

Kapitel fünfundzwanzig

Kapitel sechsundzwanzig

Über die Serie

Nach Monaten in Gefangenschaft werden fünf Spezialeinsatzkräfte der Armee vom Dienst suspendiert und nach Hause geschickt. Um sich abzulenken gründen sie eine Sicherheitsfirma für unmögliche Fälle. Jeder von ihnen ist einschüchternd. Aber gemeinsam sind sie unschlagbar: Die fünf Männer von ARES Security.

Über den Roman

Ein Mann wird in der Nähe der Büros von ARES Security ermordet. In seiner Tasche: Name und Adresse von Lucas St. Clair – Diplomatensohn und Verhandlungsexperte bei ARES. Als die Polizei bei dem Exsoldaten aufschlägt, bringt sie schockierende Nachrichten: Der Tote trug ein Foto von Mia Ramon bei sich; die Frau, die Lucas seit fünfzehn Jahren nicht vergessen kann. Nun scheint es an der Zeit für ein Wiedersehen, denn Lucas und seine Kollegen werden nicht zulassen, dass Mia etwas zustößt …

Dies ist der zweite Band von Spiegel-Bestseller-AutorinAlexandra Ivy um die fünf Männer von ARES Security.

Über die Autorin

Alexandra Ivy ist das Pseudonym der bekannten Regency-Liebesroman-Autorin Deborah Raleigh. Mit ihrer international erfolgreichen Guardians-of-Eternity-Reihe stürmte sie die SPIEGEL-Bestsellerliste und baute sich eine große Fangemeinde auf. Mit »ARES-Security« startet die Autorin eine neue Erfolgsserie über fünf Bände. Alexandra Ivy lebt mit ihrer Familie in Missouri.

ALEXANDRA IVY

Kill without Shame

Aus dem Amerikanischenvon Beate Darius

beHEARTBEAT

Deutsche Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2017 by Debbie Raleigh

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP. 119 West 40th Street, NEW YORK, NY 10018 USA

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Kill without Shame«

Originalverlag: Zebra books

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven von © Thinkstock: ramzihachicho; © Shutterstock: Michal Ludwiczak

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-4608-4

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

Das Schlimmste waren die Albträume. Jedenfalls für Lucas St. Clair.

Lange nach seiner Flucht aus dem Taliban-Gefängnis quälten ihn nachts immer noch Erinnerungen an das stickige, dunkle Rattenloch von einer Zelle. Er roch wieder den Gestank ungewaschener Körper und purer Angst. Er hörte das erstickte Stöhnen von Gefangenen, die um Erlösung durch den Tod beteten.

Seine Eltern hielten es mit Sicherheit für sein größtes persönliches Desaster, dass er mit seinen politischen Plänen gescheitert war. Schließlich sollte seine Militärkarriere der erste Schritt sein, um später in den Rang eines Diplomaten aufzusteigen. Und danach … nun, seine Familie war hoch ambitioniert. Die St. Clairs hatten ihren Sohn zukünftig schon im Weißen Haus gesehen.

Fünf Wochen brutaler Folter hatten Lucas jedoch die Augen geöffnet. Nach seiner Flucht aus Afghanistan war ihm klar gewesen, dass er es satthatte, nach den Wünschen und Vorstellungen des millionenschweren St.-Clair-Clans zu leben. Stattdessen hatte er sich mit seinen Freunden zusammengetan Rafe Vargas, einem Spezialisten für verdeckte Operationen; Max Grayson, ausgebildet auf dem Gebiet der Forensik; dem Scharfschützen Hauk Laurensen und Teagan Moore, einem Computergenie , um ARES Security zu gründen.

Lucas hatte genug Lebenszeit verschwendet. Er war entschlossen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich auf seine Zukunft zu konzentrieren.

Allerdings gab es da eine alte Redensart: Der beste Plan, ob Maus, ob Mann …

Kapitel eins

The Saloon gehörte zu der Sorte Bar, wie sie die Bewohner des ruhigen Vororts von Houston mochten. Das Lokal war klein, mit viel Holz und poliertem Messing. Eine abgehängte Holzdecke und die schummrige Beleuchtung sorgten für eine gemütliche Atmosphäre. An den Wochenenden spielte eine Jazzband auf der kleinen Bühne dezente Hintergrundmusik.

Lucas war oft dort; im hinteren Teil der Bar war freitagabends inoffiziell ein Tisch für die fünf Mitarbeiter von ARES Security reserviert. Er und seine Freunde schätzten das entspannte Ambiente, die allgemeine Auffassung, dass sich jeder um seinen eigenen Kram kümmern sollte, und die Tatsache, dass der Tisch in eine Ecke gerückt war und sich so niemand von hinten anschleichen konnte.

Ausgebildete Soldaten mochten keine Überraschungen.

An diesem grau verregneten Mittwochabend war die Bar fast leer. Das lag nicht nur am Wetter, es war auch die erste Dezemberwoche – und der vorweihnachtliche Kaufrausch hatte alle gepackt. Vollkommen normale Menschen drehten nun durch, rannten von Geschäft zu Geschäft, um sich gegenseitig mit der spektakulärsten, megamäßigsten Geschenkidee zu übertrumpfen. Es war wie Thunderdome ohne Tina Turner.

Lucas und Teagan teilten sich aktuell die Bar mit einem jungen Paar, das in der Nähe des Erkerfensters im vorderen Teil saß und nur Augen füreinander hatte. Außerdem war neben der leeren Bühne ein Tisch mit Studentinnen. Schon leicht angeschickert vom Alkohol warfen sie Lucas verstohlene Blicke zu. Wenn sie nicht gerade Teagan anschmachteten.

Das war nichts Besonderes.

Die beiden Männer waren weibliche Bewunderung gewöhnt.

Teagan war groß und muskelbepackt, mit toffeebrauner Haut und goldgesprenkelten Augen, die er von seiner polynesischen Mutter geerbt hatte. Sein Haar war kurz rasiert, und er trug wie üblich Tarnhose und lederne Armeestiefel. Ein körperbetontes Muskelshirt, das zahllose Tattoos auf seinen nackten Armen enthüllte, unterstrich sein provozierendes Äußeres.

Lucas wiederum steckte in einem maßgeschneiderten Tausend-Dollar-Anzug, der seinen schlanken Körper perfekt zur Geltung brachte. Sein glänzendes schwarzes Haar war streng aus dem markant geschnittenen Gesicht gekämmt. Mit diesem Aussehen das bekam er häufiger zu hören könnte er es spielend leicht auf die Titelseiten von Modemagazinen schaffen. Als wenn er darauf irgendetwas gegeben hätte.

Seine Augen waren dunkel, fast schwarz. Doch wenn Sonnenlicht auf seine Iris fiel, schimmerte sie in einem tiefen Indigoblau.

Die meisten hielten ihn für weniger gefährlich als Teagan. Doch das war ein gewaltiger Irrtum.

Obwohl die Flirtversuche zunehmend mutiger wurden, hatten die beiden Männer keinen Blick für die Mädchen. Teagan hatte sowieso schon einen ganzen Harem, darunter Supermodels und zwei berühmte Schauspielerinnen. Und Lucas … Er verzog das Gesicht. Er hatte offen gestanden keine Ahnung, warum er sich nicht auf einen kleinen Flirt einließ. Sein Interesse diesbezüglich hatte schwer nachgelassen, seit er der Hölle in Afghanistan entkommen war. Zumal er in Gefangenschaft ständig an eine ganz bestimmte Frau hatte denken müssen.

Die Eine, die er verlassen hatte.

Lucas schüttelte den Kopf und griff nach seinem Glas. Der Tequila lief wie flüssiges Feuer durch seine Kehle und brannte die Vergangenheit weg. Ein zwölf Jahre alter Tequila war eben immer noch das beste Mittel gegen Kummer und Schmerz.

Lucas nickte zu dem leeren Glas seines Freundes. »Willst du noch einen?«

»Klar.« Teagan wartete, dass Lucas dem Barkeeper, der Gläser spülte und gleichzeitig die wenigen Gäste aufmerksam im Auge behielt, ein Zeichen gab. »Ich geh mal davon aus, dass die Runde auf dich geht?«

Lucas zog eine Augenbraue hoch. »Wieso muss eigentlich immer ich zahlen?«

»Du bist der mit dem Treuhandvermögen, Amigo, nicht ich«, meinte Teagan schulterzuckend. »Ich habe nicht mehr von meinem Alten mitgekriegt als eine Gehirnerschütterung und fundierte Kenntnisse des texanischen Rechtssystems.«

Lucas schnaubte abfällig. Seine Freunde wussten, dass er eher auf der Straße betteln würde, als auch nur einen Cent des St. Clair Vermögens anzurühren. Sie wussten auch, dass Teagan die traumatischen Erfahrungen von häuslicher Gewalt und Jugendknast hinter sich gelassen hatte und ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden war. Der jüngere Mann war an ARES beteiligt, und ihm gehörte eine Autowerkstatt für Nobelkunden mit mehr Geld als Verstand, wenn es um ihre kostbaren Sportwagen ging.

»Mir kommen gleich die Tränen. Als wenn ich nicht wüsste, dass du die ganz große Kohle mit deinem Laden machst«, stichelte Lucas, gerade als der Barkeeper die frisch gefüllten Schnapsgläser vor sie stellte.

»Von wegen ganz große Kohle.« Teagan stürzte seinen Tequila in einem Schluck herunter, dann griff er nach seinem Bier und seufzte wenig überzeugend. »Ich hab einen Haufen Kosten, ganz zu schweigen davon, dass ich meinen Cousins das Doppelte von dem an Gehalt zahle, was sie wert sind. Ich kann dich nur warnen, Amigo. Lass dich nie auf Geschäfte mit deiner Familie ein.«

»Zu spät«, murmelte Lucas. Für ihn waren die Männer, mit denen er aus dem Taliban-Gefängnis geflohen war, seine Brüder. Und die einzige Familie, die wichtig war.

»Das ist wahr.« Teagan nickte nachdenklich und hielt sein beschlagenes Glas hoch. »Auf ARES.«

Lucas ließ sein Glas an Teagans klirren, dankbar für die Bande, die sie geknüpft hatten. »Auf ARES.« Er trank seinen Tequila in einem Schluck und stellte das leere Glas beiseite. Schweigen folgte, bevor Teagan aussprach, was ihm wahrscheinlich auf der Zunge brannte, seit er in die Bar gekommen war. »Kannst du mir mal verraten, warum du mich hier treffen wolltest?«

Lucas lehnte sich im Stuhl zurück und zog die Augenbrauen hoch. »Vielleicht einfach deswegen, weil ich deine schillernde Persönlichkeit mag?«

Teagan schnaubte. »Wenn ich gewusst hätte, dass das hier ein Date ist, hätte ich mein Glückshemd angezogen.«

»Du brauchst ein Glückshemd, um flachgelegt zu werden?«

»Eigentlich nicht.« Teagan warf seinem Freund ein spöttisches Grinsen zu. »Allerdings hab ich gehört, dass du gern so tust, als wärst du schwer zu kriegen.«

Lucas verzog das Gesicht. Volltreffer. Na gut. Schwer zu kriegen. So konnte man es auch umschreiben.

»Ich wollte mit dir über Hauk reden«, lenkte er ab, denn sein nicht vorhandenes Sexleben ging niemanden etwas an.

Teagan beugte sich vor und verschränkte die Arme auf dem Tisch. »Hast du inzwischen neue Infos von deinen Übersee-Kontakten?«

Lucas verkniff sich die Frage, woher sein Begleiter wusste, dass er heimlich seine Informanten im diplomatischen Dienst anzapfte, um den Typen zu finden, der Hauk stalkte. Sie alle nutzten ihre spezifischen Kenntnisse, um den Verfasser dieser Nachrichten aufzuspüren, die zunehmend härtere Drohungen enthielten.

»Ja, hab ich.« Er hatte am Vormittag einen aktualisierten Bericht bekommen. »Ich hab nichts gefunden, das Hauk oder unsere Flucht aus Afghanistan thematisiert hätte.«

Teagan nickte. Jeder von ihnen hatte sich während der Militärzeit im Mittleren Osten Feinde gemacht. So läuft das im Krieg. Aber Hauk war Scharfschütze und hatte in einem publikumswirksamen Festakt die Ehrenmedaille verliehen bekommen, weil er bei seinen Einsätzen drei mächtige Terroristenführer ausgeschaltet hatte. So was kam nicht bei jedem gut an.

»Also steckt keine organisierte Zelle dahinter?«

»Nein.« Lucas schüttelte heftig den Kopf. Er hatte jeden kontaktiert, den er kannte, auch seine Leute im Ministerium für Nationale Sicherheit. Wäre der Name Hauk als potenzielle Zielscheibe im Gespräch gewesen, hätte er davon erfahren. »Wahrscheinlicher ist ein durchgeknallter Einzeltäter.«

Teagans Kieferpartie spannte sich an. »Ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein soll. Wenn es eine Zelle wäre, könnten wir sie im Auge behalten, aber wie zum Teufel sollen wir irgendeinen durchgeknallten Spinner finden?«

»Ich habe überall deutlich gemacht, dass ich über jeden informiert werden will, der ein Interesse an Hauk bekundet hat.« Lucas musterte das grimmige Gesicht seines Begleiters. »Was ist mit dir?«

»Ich habe eine Computersuche gestartet, die jeden erfasst, der mit Hauk im Mittleren Osten gedient hat und der in den letzten sechs Monaten aus der Armee ausgeschieden ist.«

Lucas nickte langsam. Teagan war genial. Mit Sicherheit einer der besten Hacker überhaupt. Trotzdem konnte er keine Wunder vollbringen. »Das ist eine verdammt lange Liste.«

»Es wird eine Weile dauern, bis die Suche fertig ist«, räumte Teagan ein. Er trank einen großen Schluck Bier.

»Shit. Ich hasse dieses Warten«, knurrte Lucas. Der Gedanke, dass irgendein Phantom Hauk nachstellte, machte sie alle nervös. »Was ist mit Max?«

»Er ist …« Teagan ließ langsam sein Bierglas sinken, seine Augen wurden schmal. »Hast du vergessen, deine Steuern zu bezahlen?«

Lucas runzelte die Stirn. »Verdammt, was laberst du da?«

Teagan wies mit dem Kinn zur anderen Seite des Raumes. »Der da drüben ist ein Mitarbeiter der Regierung. Er hat gerade seine Dienstmarke vor dem Barmann aufblitzen lassen, und jetzt kommt er in unsere Richtung.«

Lucas spähte über seine Schulter und taxierte einen Mann mittleren Alters, der in ihre Richtung schlenderte. Dessen schütteres blondes Haar sah aus, als wäre es von seiner Frau geschnitten worden. Sein Outfit hätte dringend mal gebügelt werden müssen. Er trug billige Schuhe, und sein Gesichtsausdruck erinnerte irgendwie an eine Bulldogge.

Oh ja. Definitiv ein Behördenfuzzi.

Lucas drehte sich wieder zu seinem Freund. »Woher weißt du, dass er nicht dich sucht?«

»Ich bin zu clever, um mich erwischen zu lassen.«

Lucas verdrehte die Augen. »Autsch.«

»Sind Sie Lucas St. Clair?«

Der Mann blieb neben dem Tisch stehen und richtete sein Augenmerk direkt auf Lucas. Was wiederum bedeutete, dass er genau wusste, wie Lucas aussah. Hatte er Lucas wegen seiner Verbindungen zum St.-Clair-Clan erkannt? Oder weil er eine Personenüberprüfung gemacht hatte, bevor er in die Bar gekommen war? Lucas tippte auf die Personenüberprüfung. Der Unbekannte wirkte nicht so, als wäre er übermäßig an Politik interessiert.

»Ja.«

Der Mann zeigte seine Dienstmarke, die ihn als Sergeant Sam Cooper vom Morddezernat Houston auswies. »Ich habe ein paar Fragen an Sie.«

Lucas blieb ganz entspannt auf seinem Stuhl. Es gab keinen Grund, sich unnötig aufzuregen. Wenn es einen Todesfall in seiner Familie gegeben hätte, wäre er bestimmt nicht von einem mittleren Beamten behelligt worden.

Und er hatte niemanden getötet. Jedenfalls nicht in letzter Zeit.

»Um was geht es?«, erkundigte er sich.

Der Beamte sah sich in der fast leeren Bar um. »Wollen Sie das hier erledigen?«

Lucas zuckte mit den Schultern. »Es sei denn, wir müssen meinen Anwalt hinzuziehen.«

»Das wird noch nicht nötig sein.«

Das »Noch nicht« hing in der Luft zwischen ihnen, und plötzlich war Lucas dieses Zusammentreffen weit weniger gleichgültig.

Er kniff die Augen zusammen und deutete mit einem Kopfnicken auf den Stuhl ihm gegenüber. »Setzen Sie sich doch, Detective.« Er wartete, bis der Polizist seinen kräftigen Körper auf den Stuhl gehievt hatte, dann zeigte er auf seinen Freund, der den Gesetzeshüter mit ärgerlichem Blick musterte. »Das ist Teagan Moore.«

»Detective Cooper«, knurrte Teagan. Er verschränkte die Arme vor der Brust, um deutlich zu machen, dass er nicht vorhatte zu gehen.

Lucas unterdrückte ein Grinsen. In seinem Job als Unterhändler hatte er die Kunst der Subtilität erlernt. Es war einfacher, die Leute mit sanftem Druck zu überzeugen, um das gewünschte Resultat zu erzielen, als direkten Zwang auszuüben. Teagan wiederum versuchte es immer mit der Holzhammermethode.

Die Konzentration wieder auf den Ermittler gerichtet, tippte Lucas mit seinem Finger ungeduldig auf die Tischplatte. Es gab noch einen Haufen Dinge, die zu erledigen waren, bevor er in sein elegantes Stadthaus im Zentrum von Houston zurückkehren konnte. ARES Security mochte ein relativ junges Unternehmen sein, trotzdem wurden sie bereits überschwemmt mit Auftragsanfragen. Erschwerend kam hinzu, dass Rafe mit seiner Braut nach Hawaii in die wohlverdienten Flitterwochen geflogen war.

Lucas beschloss, das Gespräch mit diesem Cop schnell hinter sich zu bringen, um sich wieder mit wichtigeren Dingen beschäftigen zu können. »Sie haben vorhin gesagt, dass Sie ein paar Fragen hätten«, drängte er.

Der Angesprochene reagierte mit einem entschuldigenden Lächeln, gleichwohl entging Lucas die scharfe Intelligenz in dessen blauen Augen nicht. Sam Cooper gefiel es, wenn man ihn unterschätzte. Er ließ sich Zeit, um ein kleines Notizbuch und einen Stift aus einer Innentasche seiner Jacke zu ziehen, und legte beides ordentlich nebeneinander auf den Tisch.

Präzise. Akribisch. Detailorientiert.

»Wie ist Ihr Verhältnis zu Anthony Hughes?«, fragte er schließlich.

Lucas zog die Stirn hoch. »Anthony Hughes? Den Namen habe ich noch nie ge…« Er stockte, da sich plötzlich eine frühe Erinnerung in sein Bewusstsein schob. »Warten Sie. Ich bin mit einem Tony Hughes auf die weiterführende Schule gegangen. Keine Ahnung, ob das derselbe Typ ist.«

»Welche Schule ist das gewesen?«

»Die Hale Academy in Shreveport.«

Das Gesicht des Polizisten blieb ohne erkennbare Regung, doch irgendetwas flackerte durch seine Augen und sagte Lucas, dass sie von derselben Person sprachen. »Sind Sie an der Highschool befreundet gewesen?«

Lucas zögerte. Genau genommen waren sie dafür viel zu unterschiedlich gewesen. Er war der Sohn von Senator St. Clair, hatte mit einer Nanny in einer luxuriösen Villa am Stadtrand gelebt, während seine Eltern die meiste Zeit in Washington verbracht hatten. Tony hingegen war als Jüngster von fünf Brüdern in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Wäre Tony nicht über zwei Meter groß gewesen und ein Ass in Football, wäre er niemals an der exklusiven Privatschule angenommen worden.

Doch auch das hätte aus ihnen nicht mehr als Klassenkameraden gemacht. Erst durch ihre gemeinsame Freundschaft mit Mia Ramon hatten sie sich irgendwann besser kennengelernt.

»Eigentlich nicht«, sagte er. »Ich habe ihn seit fünfzehn Jahren nicht gesehen.«

Sam machte sich eine Notiz, dann sah er Lucas durchdringend an. »Sind Sie sicher? Er hat Sie nicht angerufen oder versucht, sich mit Ihnen zu treffen?«

»Nein, da bin ich mir ganz sicher.« Lucas spürte ein plötzliches Unbehagen. »Ist irgendwas mit ihm? Steckt er in Schwierigkeiten?«

Der Polizist sprang sofort darauf an. »Wie kommen Sie jetzt darauf?«

»Mal abgesehen von der Tatsache, dass Sie Mordermittler sind und mir Fragen zu seiner Person stellen?«

»Ja, davon unabhängig.«

»Es ist kein Geheimnis gewesen, dass Tony an der Hale mit Drogen gedealt hat«, räumte Lucas ein und sparte sich den Zusatz, dass Tony vor allem gedealt hatte, um genügend Geld heranzuschaffen, damit er seinen Versager von Vater unterstützen konnte. Auf den alten Müll würde ein Detective schon selbst kommen. »In unserem Abschlussjahr ist er aus dem Footballteam geflogen, nachdem er positiv auf Marihuana getestet wurde. Hätte nicht irgendein unbekannter Gönner das Schulgeld für ihn übernommen, wäre er von der Schule geflogen.«

Wieder wurde etwas in das Notizbuch geschrieben. »Haben Sie sich schon als Kinder gekannt?«

»Nein, ich habe ihn erst kennengelernt, als er auf die Academy wechselte.«

»Aber Sie sind befreundet gewesen?«

»Wir haben beide Football gespielt und gelegentlich zusammen rumgehangen. Wollen Sie mir nicht endlich sagen, warum Sie sich für Tony interessieren?«

»Er ist tot.«

»Tot?« Lucas blinzelte, verblüfft über die direkte Antwort. Fälschlich hatte er vermutet, dass Tony wegen Mordes festgenommen worden war und dass er jetzt verzweifelt versuchte, seine einflussreichen Bekanntschaften aus der Jugend zu mobilisieren. Es dauerte einen Moment, bis er seine vorschnelle Einschätzung revidiert hatte. »Ist er an einer Überdosis gestorben?«

»Nein, er wurde drei Blocks von Ihrem Bürogebäude entfernt erschossen.«

Ein Hauch von Bestürzung huschte über Lucas’ Gesicht. »Tony ist in Houston gewesen?« Der Ermittler bestätigte das mit einem kurzen Nicken. »Hat er hier gelebt?«

Sam Cooper zuckte mit den Schultern. »Der Führerschein, den er bei sich hatte, war auf eine Adresse in Louisiana ausgestellt. Wir überprüfen das gerade.«

Mit einer geschmeidigen Bewegung beugte sich Teagan vor, seine Miene hart vor Ärger. Obwohl er in der Armee gedient hatte, hatte er ein tief sitzendes Misstrauen gegen Autoritätspersonen. »Warum sind Sie hier?«

Der Ermittler drehte den Kopf und streifte Teagans wütenden Blick. »Entschuldigung?«

»Wenn Sie einen Toten haben, sollten Sie dann nicht nach dem Typen suchen, der ihn auf dem Gewissen hat?«

»Nach meinen Erfahrungen finde ich den Mörder schneller, wenn ich das Opfer kenne.«

Lucas richtete den Blick auf Sam Cooper. Die Polizei behandelte den Fall eindeutig als gezielten Mord und nicht wie irgendeine wahllose Schießerei.

Interessant.

»Dann sind Sie bei mir falsch«, informierte Lucas den Ermittler. Es fühlte sich zwar verdammt schlecht an, dass Tony tot war, aber er hatte damit nichts zu tun. Der Beamte verschwendete lediglich seine kostbare Zeit. »Wie schon gesagt, habe ich Tony seit der Highschool nicht gesehen, und er hat sich auch nie mehr bei mir gemeldet.«

Sam Cooper ignorierte den unmissverständlichen Hinweis, die Befragung zu einem Ende zu bringen. »Ist doch merkwürdig, dass er in direkter Nähe von Ihrem Büro erschossen wurde. Finden Sie nicht, Mr St. Clair?«

»Was meinen Sie mit ›merkwürdig‹?«

Der Beamte zuckte mit den Schultern. »Sie haben Tony Hughes angeblich seit Jahren nicht gesehen, trotzdem wird er nur ein paar Blocks von Ihrer Firma entfernt erschossen.«

»Jetzt reicht es mir.« Lucas sprang abrupt auf und registrierte vage, dass Teagan gleichfalls aufstand. »Ich habe versucht, höflich zu sein, aber so langsam geht mir Ihre Fragerei auf den Geist.« Er bohrte seinen Blick in den des Ermittlungsbeamten. »Wollen Sie damit andeuten, dass zwischen mir und diesem Verbrechen irgendein Zusammenhang besteht?«

Sam Cooper blieb sitzen, bewundernswert lässig in Anbetracht der Tatsache, dass Lucas und Teagan beide auf ihn hinunterstarrten. Natürlich wäre es idiotisch von ihnen gewesen, in einer Bar einen Polizisten anzugreifen. Zudem war er bewaffnet. Das war kaum zu übersehen unter dem ausgebeulten Sportsakko, das schon in den Siebzigerjahren in die Altkleidersammlung gehört hätte.

»Ich denke, dass Tony Hughes zu Ihnen wollte«, gab Sam mit ruhiger Stimme zurück.

Lucas runzelte die Stirn. »Weshalb?«

»Deshalb.« Der Ermittler griff in seine Jackentasche, nahm einen durchsichtigen kleinen Plastikbeutel heraus und legte ihn auf den Tisch.

Lucas beugte sich darüber und betrachtete das zerknitterte Stück Papier, auf dem sein Name und seine Adresse notiert waren. »Woher haben Sie das?«

»Das hatte Tony in der Brusttasche seiner Jacke.«

»Scheiße«, brachte Lucas geschockt heraus.

»Immer noch keine Vorstellung, warum er sich in Ihrer Gegend herumgetrieben haben könnte?«

»Nein.« Lucas lief es eiskalt den Rücken herunter. Warum zum Henker hatte Tony ihn nach fünfzehn Jahren sehen wollen? Und wer würde ihn auf offener Straße erschießen? Das waren Fragen, die Antworten verlangten, aber erst musste er den hartnäckigen Schnüffler loswerden. Es war bestimmt keine gute Idee, mit einem Ermittlungsbeamten zu plaudern, wenn man selbst mit dem Mordopfer in Verbindung gebracht wurde. »Ich werde die Sache meinem Anwalt übergeben.«

»Das wird verdammt höchste Zeit«, knurrte Teagan.

Sam Cooper hob eine Hand und tat ganz unverfänglich. »Ich habe nur noch eine Frage an Sie.«

»Und die wäre?«

Der Polizist griff erneut in seine Tasche und nahm einen zweiten kleinen Plastikbeutel heraus. Darin war das Foto einer schwarzhaarigen Frau. Quer über ihr Gesicht hatte jemand »Töte sie, sonst passiert was« geschrieben.

»Kennen Sie diese Frau?«

Lucas schnappte sich das Beutelchen vom Tisch und hielt es in das gedimmte Licht. Er überhörte Teagans leises Fluchen sowie Coopers Protest über seine unsachgemäße Behandlung von Beweismaterial. Selbst aus der Entfernung hatte er die attraktive junge Frau auf dem Bild erkannt.

Die weichen, mädchenhaften Züge in ihrem hübschen Gesicht waren eleganter geworden, und sie sah noch anziehender aus. Ihr Körper hatte Rundungen bekommen, sodass ihm ganz heiß wurde. Trotzdem hätte er die dicht bewimperten, dunklen Augen und ihren weichen Kussmund überall wiedererkannt.

Sein Magen ballte sich unter der Wucht tiefen Entsetzens zusammen, sodass es ihm die Luft aus den Lungen presste. »Das ist Mia«, krächzte er.

»Mia?« Sofort schoss der Polizist vom Stuhl hoch und riss ihm den Beutel aus den Fingern. »Und ihr Nachname?«

»Ramon. Sie heißt Mia Ramon«, gab Lucas zurück und wandte sich vom Tisch ab.

Auf einer tieferen Bewusstseinsebene erkannte er, dass er zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war. Das war vermutlich der Schock. Doch sein Bauchgefühl kümmerte das einen Scheiß. Das signalisierte ihm, dass Mia in Gefahr war. Nichts anderes zählte.

»Warten Sie«, sagte Detective Cooper scharf, als Lucas mit langen Schritten zur Tür ging. »Wo wollen Sie hin?«

Lucas war nicht aufzuhalten. Auch nicht, als er merkte, dass Teagan zu ihm aufschloss.

»Was kann ich tun?«, fragte sein Freund.

So einfach war das. Keine nervigen Forderungen nach einer Erklärung. Nur ein echtes Interesse zu helfen.

»Sag den anderen, dass ich nach Shreveport fahre.« Mental machte Lucas sich bereits eine Liste, was noch zu erledigen war, bevor er Houston verlassen konnte. »Ich weiß noch nicht, wann ich zurück bin.«

Kapitel zwei

Trotz der kühlen Temperaturen war die Luftfeuchtigkeit ein Albtraum. Nur in Louisiana konnte jemand vor Kälte bibbern und gleichzeitig schwitzen wie ein Tier.

Als Mia in den Neubau am Nordrand von Bossier City kam, hätte sie sich am liebsten den schmal geschnittenen schwarzen Blazer vom Leib gerissen, den sie zum passenden Rock in A-Linie trug. Das lag zum einen daran, dass das teure Material an ihrer Haut klebte. Zum anderen fühlte sie sich in Designermode immer wie eine Aufschneiderin.

Im Herzen war sie eben ein Jeans-und-T-Shirt-Mädchen.

Dummerweise erwarteten ihre Kunden, dass die Inhaberin von Ramon Landschaftsgestaltung und Gartenbau professionell auftrat. Besonders wenn sie zu Vertragsverhandlungen einen Mann mittleren Alters mit weißer Hautfarbe erwarteten und keine zweiunddreißigjährige Frau mit Kurven, die so manchen Männerblick auf sich zog, wohin sie auch lief. Mia hatte bereits beschlossen, in der Mittagspause die kurze Strecke nach Hause zurückzufahren und sich umzuziehen. Aber jetzt brauchte sie erst einmal dringend eine starke Dosis Koffein und eine kurze Auszeit.

Zu behaupten, dass sie einen stressigen Vormittag gehabt hatte, war, als würde man einen Tsunami als Mini-Welle bezeichnen.

Sobald Mia den Empfangsbereich betrat, erhob sich Taylor Price hinter der Rezeption und betrachtete sie mit echter Sorge. Sie waren seit der Schulzeit eng befreundet, und als Mias Firma endlich genug abgeworfen hatte, sodass sie eine Ganztagssekretärin einstellen konnte, hatte sie Taylor gebeten, den Job als Kellnerin zu kündigen und bei ihr anzufangen. Mia mochte das Talent haben, ein florierendes Unternehmen auf die Beine zu stellen, mit zufriedenen Kunden und fünf Vollzeitgärtnern sowie fünf Aushilfskräften während der Sommermonate, aber sie brauchte dringend jemanden, der ihr den ganzen organisatorischen Kram abnahm.

Taylor hatte der Himmel geschickt. Die alleinerziehende Mutter eines sechzehnjährigen Sohnes hatte die Büroorganisation übernommen. Zudem koordinierte sie die Mitarbeiter und die diversen Projekte mit ihrer lebhaften Effizienz. Jetzt sah sie, wie sich Mia mit einer Hand die Klämmerchen aus dem Dutt zog, den sie im Nacken festgesteckt hatte, und ihre offenen schwarzen Haare wie ein seidig schimmernder Vorhang über ihren Rücken fielen.

»Mist«, murmelte Taylor, als sie Mias angespanntes Gesicht sah. »Du hast den Auftrag nicht bekommen.«

Mia gelang ein verkrampftes Lächeln. Sie hatte wochenlang daran gearbeitet, die Fox Construction von ihrem Angebot zu überzeugen. Eine Vertragsunterzeichnung bedeutete, dass ihre Mannschaft die Landschaftsgestaltung des neuen Wohngebiets übernehmen würde, das in der Nähe vom Wallace Lake gebaut wurde.

»Sie haben alles akzeptiert, und ein unterschriebenes Vertragsexemplar wird bis spätestens Montag hier sein.«

»Großartig!« Taylor neigte fragend den Kopf zur Seite. Obwohl sie einen Sohn im Teenageralter hatte, sah sie so jung aus, als hätte sie gerade die Highschool hinter sich. Sie war gertenschlank, hatte honigblonde Haare, die sie modisch kurz geschnitten trug, und grüne Augen, die belustigt funkeln, aber auch wütend aufblitzen konnten. Sie war von irgendeinem jungen Typen aus der Gegend schwanger geworden, und der Mistkerl war gleich nach Justins Geburt abgehauen. Doch davon hatte sie sich nie aufhalten lassen. Sie arbeitete, coachte das Baseballteam ihres Sohnes und kümmerte sich um ihre pflegebedürftige Mutter. Vor allem holte sie Mia immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. »Warum siehst du dann so aus, als wäre dir dein Welpe entlaufen?«

Mia rollte ihre Schultern, um die verkrampfte Nackenmuskulatur zu lockern. »Ich schwitze, mir tun die Füße weh, der Inhaber von Fox Construction hat nur Augen für meine Brüste gehabt, trotz der Tatsache, dass sie gut verpackt unter diversen Lagen Stoff stecken. Und irgendein Idiot hätte mich fast von der Straße abgedrängt.« Sie schüttelte den Kopf und hatte erneut Pulsrasen bei dem Gedanken, wie der riesige SUV in die Anliegerstraße geschossen war und ihren Wagen geschnitten hatte. Es grenzte an ein Wunder, dass sie nicht im Graben gelandet war. »Ich könnte wetten, trainierte Affen fahren besser als die meisten Menschen.«

»Was möchtest du als Erstes? Einen Kaffee? Oder einen Ahorncreme-Donut?«, wechselte Taylor geschickt das Thema.

Mia spähte zu der Empfangstheke in dem schlichten, aber ansprechend gestalteten Raum. Weiße Fliesen bedeckten den Boden, die Wände waren in einem weichen Aprikosenton gestrichen. Aktuell stand in einer Ecke ein großer, festlich geschmückter Weihnachtsbaum, Gestecke aus Stechpalmenzweigen waren an der abgehängten Decke befestigt. Hinter dem Gebäude schlossen sich mehrere große Hallen an, in denen Maschinen und Geräte untergebracht waren, und auf dem Grundstück nebenan standen Reihen von Gewächshäusern. Doch hier in den Büroräumen hatte Mia auf einen Hauch von femininem Charme bestanden. Es war ihr Sinn für Gestaltung, durch den aus der kleinen, unspektakulären Gärtnerei ein erfolgreiches Fullservice-Unternehmen für Landschaftsgartenbau geworden war.

Jetzt richteten sich ihre Augen hypnotisch auf den frisch aufgebrühten Kaffee in der Maschine und die hübsche knallrosa Schachtel aus ihrer Lieblingskonditorei. »Du bist ein Schatz«, murmelte Mia.

»Da hast du recht.« Taylor streckte eine Hand nach ihr aus und gab ihr einen freundschaftlichen Schubs. »Geh in dein Büro und leg die Füße hoch.«

Das ließ sich Mia nicht zweimal sagen.

Kaffee. Donuts. Ein paar Minuten himmlischer Ruhe …

Das war unbezahlbar.

Sie glitt in ihr Büro, das ebenfalls in Apricot und Weiß gehalten war, nur ohne Weihnachtsdekoration, warf ihre Aktenmappe auf einen Stuhl und ließ sich in ihren Schreibtischstuhl sinken. Sie atmete ein paar Mal tief ein und langsam wieder aus und spürte, dass sich der Knoten in ihrem Magen löste. Minuten später rauschte Taylor ins Zimmer und stellte einen großen Becher schwarzen Kaffee und einen riesigen Donut auf den Schreibtisch.

»Ah. Das ist lieb von dir.« Mia griff nach dem Kaffee. »Gab es Probleme, während ich weg war?«

Taylor zuckte mit den Schultern. »Wann gibt es denn keine Probleme?«

Was ihre Assistentin sagte, stimmte. Bei so einer komplexen Maschinerie wie ihrem Unternehmen war ständig mit irgendwelchen Pannen zu rechnen.

»Raus damit.«

»Erst wenn du deinen Donut aufgegessen hast.«

»Okay, Mama.« Mia verdrehte die Augen, gleichwohl nahm sie die Leckerei und biss hinein. Wenn Taylor ihre Chef-Hosen anzog, gehorchte man besser. Mia ließ es sich schmecken, dann wischte sie sich den klebrigen Ahornsirup von den Fingern und trank einen Schluck Kaffee. »Fertig.« Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück.

Taylor nahm die zerknüllte Serviette und warf sie in den Papierkorb, ehe sie mit ihrer täglichen Katastrophen-Liste loslegte. »Also vorab: Die Werkstatt hat angerufen und mitgeteilt, dass sie ein Ersatzteil für den Anhänger bestellen müssen.«

Mia nickte. Das kam nicht ganz unerwartet. Der Tieflader war fast zwölf Jahre alt. Dummerweise brauchten sie ihn für den Transport größerer Maschinen, und ein neuer war frühestens nach den Feiertagen im Budget vorgesehen.

»Wie lange dauert das?«, erkundigte sie sich.

»Bis nächste Woche.«

»Ruf die Autovermietung an und sag denen, dass wir ihren LKW noch bis nächsten Freitag brauchen. Was gibt’s sonst noch?«

»Sonny ist kurz hier gewesen und hat behauptet, dass die Richardsons ihn gestern nicht ausgezahlt hätten. Die Richardsons meinten aber, sie hätten ihm letzte Woche einen Scheck geschickt.«

Sonny hatte schon mit ihrem Vater zusammengearbeitet und für die Reichen Rasen gemäht und Hecken geschnitten. Jetzt war er einer ihrer verlässlichsten Mitarbeiter und hatte Mias vollstes Vertrauen. »Wie weit sind sie im Rückstand?«

»Drei Monate.«

Mia machte sich mental eine Notiz. Den Richardsons gehörten zwei kleine Einkaufspassagen, die aufgrund der schlechten Wirtschaftslage ums Überleben kämpften. Sie hatte rücksichtsvoll gewartet. Immerhin waren die Richardsons früher eine große Nummer in der Stadt gewesen, und vielleicht schafften sie es ja doch noch, wieder schwarze Zahlen zu schreiben und einen Konkurs abzuwenden. Aber irgendwann reichte es auch. Sie würden ihr schon mit einem definitiven Zahlungsplan kommen müssen, andernfalls würde Mia den Vertrag mit den Richardsons auflösen.

»Sag ihm, dass ich mich darum kümmern werde«, versprach sie. »Was haben wir noch?«

»Wir haben drei neue Aufträge für Weihnachtsdekorationen an Land gezogen.«

»Das ist nun wirklich kein Problem. Das sind fantastische Neuigkeiten.«

Taylor stemmte die Hände in die Hüften. »Die Geschäftsidee ist genial, Süße, aber nächstes Jahr müssen wir dringend noch ein paar Aushilfskräfte einstellen.«

Mia lächelte. Der neue Service war ihr Baby gewesen und umfasste das Anbringen von Weihnachtsbeleuchtung und festlicher Deko, natürlich gegen entsprechende Bezahlung auch für Privathäuser. Es war ein Riesenerfolg geworden. Das perfekte Weihnachten stand hoch im Kurs in den »sozial aufsteigenden« Vorortvierteln. Dankenswerterweise hatten die Hausbesitzer dort mehr Geld als Zeit. Das bedeutete eine lukrative Einnahmequelle für Mia.

»Hör dich mal um, wer bereit ist, Überstunden zu machen, und plane meine Termine so, dass ich das Projekt leiten kann«, gab sie zurück.

Taylor runzelte die Stirn. »Mia »

»Halt mir bitte keine Vorträge«, fiel ihr Mia ins Wort. Sie wusste auch so, dass sie zu viel und zu hart arbeitete.

Ihre Sekretärin verdrehte die Augen. »Du bist und bleibst ein stures Biest.«

»Sonst noch was?«

»Alles andere kann –« Das Glockenspiel an der Eingangstür unterbrach Taylor. »Wart mal kurz.« Sie beugte sich zurück, spähte durch die offene Tür und stieß einen leisen Pfiff aus. »Aber hallo, groß und dunkel und wieso-liegst-du-nicht-in-meinem-Bett«, murmelte sie.

Mia kicherte. »Du solltest wirklich aufhören, die Kunden anzuschmachten.«

»Hey, ich habe vielleicht vergessen, wofür meine Mumu gut ist, aber ich bin nicht tot.«

»Du lieber Gott«, murmelte Mia. Ihre Freundin war leider nicht die Einzige, deren Mumu schon seit Ewigkeiten nicht mehr in Benutzung war. »Vielleicht siehst du einfach mal nach, was er will.«

Taylor wackelte schelmisch mit den Augenbrauen. »Das mach ich glatt.« Sie tat einen Schritt in Richtung Tür und stoppte mitten in der Bewegung. Ihr Lächeln verschwand. »Du Mia, der Typ kommt mir bekannt vor.«

»Wundert dich das? Diese Stadt ist zu klein um »

»Mist.«

Mia blinzelte verblüfft. Normalerweise war ihre Freundin durch nichts zu erschüttern. Also wer zum Teufel schaffte es, dass sie die Hände zu Fäusten ballte und ihr Gesicht rot vor Zorn wurde?

»Taylor?« Sie drückte sich aus ihrem Sessel hoch. »Was hast du?«

»Ich glaub es einfach nicht, dass sich dieser Mistkerl hier noch mal blicken lässt.«

»Welcher Mistkerl?«, bohrte Mia nach. Bislang hatte sie geglaubt, dass Taylor nur bei ihrem Exmann Mordfantasien hatte. Kein Wunder. Ihr Ex kreuzte von Zeit zu Zeit in der Stadt auf, weil er hoffte, wieder einfach so Geld von Taylor schnorren zu können. Mia hatte mit Engelszungen auf ihre Freundin eingeredet, dass sie ihm die Tür in sein blödes Gesicht schlagen solle. Doch Taylor beteuerte jedes Mal, ihr Sohn dürfe auf gar keinen Fall mitbekommen, dass sein Vater ein Totalversager sei. Also nahm sie die Besuche Justin zuliebe hin, obwohl sie ihren Reinfall von Ex am liebsten kastriert hätte.

Während Mia krampfhaft überlegte, wer schlimmer als Danny Price sein könnte, kam der Unbekannte in ihr Büro geschlendert.

Nein. Er war kein Unbekannter.

Das war Lucas St. Clair.

Mia spürte, dass sie weiche Knie bekam, und umklammerte mit beiden Händen die Schreibtischplatte, während sie den großen, dunkelhaarigen Mann anstarrte.

Es war fünfzehn Jahre her, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte, aber er hatte sich kaum verändert. Er war unverschämt attraktiv. Vielleicht sogar noch attraktiver als früher. Er hatte sein glänzendes schwarzes Haar streng aus dem Gesicht gekämmt, und seine Züge schienen noch markanter geworden zu sein, was seine maskuline Ausstrahlung zusätzlich unterstrich. Zu den edlen schwarzen Chinohosen trug er ein weißes Oberhemd mit aufgekrempelten Ärmeln, das sich über seine gut definierten Brustmuskeln spannte.

Er erinnerte Mia an eine Raubkatze.

Geschmeidig. Tödlich. Gnadenlos.

Am schlimmsten war, dass sein bloßer Anblick genügte, damit sich Mia gleich wieder zu ihm hingezogen fühlte. Das hatte noch kein anderer Mann geschafft. Sie rang um Fassung.

Verflixt und zugenäht. Sie wünschte ihm einmal Hölle und zurück.

»Hallo, Taylor«, murmelte er. Das mörderische Glitzern in ihren Augen schien er zu ignorieren und lief weiter durch das Büro. Dabei nahm er den Blick nicht von Mias Gesicht. »Hallo, Mia.«

Der Schmerz schnitt ihr mitten ins Herz.

Diesen Mann hatte sie einst unendlich geliebt. Sie war jung und leidenschaftlich gewesen und hatte sich keine Gedanken gemacht, dass ihre Gefühle verletzt werden könnten. Warum sollte sie? Lucas hatte sie glauben lassen, dass sie das perfekte Paar seien und immer zusammenbleiben würden.

Mistkerl.

Dann hatte er Shreveport verlassen, um die Militärakademie zu besuchen, und sie so schnell vergessen, als wäre sie etwas, was er sich auf dem Weg aus der Stadt von der Schuhsohle gekratzt hatte.

»Was willst du hier?«, brachte sie zwischen zusammengepressten Zähnen heraus.

Seine Mundwinkel zuckten. »Mir geht es super, danke, dass du fragst. Es tut gut, dich wiederzusehen.«

»›Gut‹ und ›dich wiedersehen‹ sollten nicht im selben Satz stehen«, gab sie zurück.

»Soll ich meinen Elektroschocker holen?«, schlug Taylor vor.

Das Angebot war zwar verlockend, aber nicht besonders klug. »Erst mal nicht.« Nebenan klingelte das Telefon. »Gehst du mal ran, Taylor?«

Für einen kurzen Augenblick zögerte die Sekretärin, die Lucas offenbar gern zusammengefaltet hätte. Doch als Mia ihr einen ungeduldigen Blick zuwarf, hob sie beschwichtigend die Hände. »Bin schon unterwegs«, murmelte sie und lief aus dem Büro.

Kurz darauf hörte das Klingeln auf, und Mia konzentrierte sich wieder auf den Mann, der sie mit erschreckender Intensität ansah. Sie spürte, wie die Wut in ihr brodelte. Verdammt. Was bildete er sich ein, sie so anzusehen? Dazu hatte er kein Recht.

Nicht mehr.

»Ich habe dich was gefragt«, blaffte sie.

»Du siehst gut aus, Mia.« Er schloss die Distanz zwischen ihnen, seine indigoblauen Augen glitten langsam über die angespannte Linie ihres Körpers. »Um nicht zu sagen, du siehst fantastisch aus.«

Sie hatte mit einem Mal Schmetterlinge im Bauch, Erregung prickelte durch ihre Venen, doch das machte sie nur noch wütender. Was war nur los mit ihr? Sie sollte ihm in die Weichteile treten, statt zu überlegen, wie schnell sie ihm die Kleider vom Leib reißen könnte.

»Für so was hab ich keine Zeit. Wenn du einen Gärtner brauchst, geh zur Konkurrenz. Wir haben ausschließlich Firmenkunden.«

Er verschränkte die Arme über der Brust – eine stumme Warnung, dass er sich nicht einfach so abservieren ließ.

»Ramon Landschaftsgestaltung und Gartenbau«, meinte er anerkennend. »Ich bin beeindruckt, Mia. Mir war immer schon klar, dass du Erfolg haben würdest, aber du hast aus der kleinen Gärtnerei deines Vaters echt viel gemacht.«

Ihr Herz glühte vor Stolz, was jedoch der Tatsache keinen Abbruch tat, dass sie mit einem Finger hartnäckig auf die Tür zeigte.

»Morgan’s Mowing Service ist ein kleines Stück die Straße runter. Dort hilft man dir sicher gern weiter.«

»Ich bin nicht hier, weil ich einen Gärtner brauche.«

»Ich wüsste nicht, worüber wir sonst noch zu reden hätten.« Sie drehte sich wieder zum Schreibtisch. Er sollte endlich gehen, flehte sie im Stillen. Sie war eine starke, selbstständige Frau, aber Lucas stand so dicht neben ihr, und das machte sie … verletzlich.

»Wir müssen über Tony Hughes reden«, sagte er leise.

Sie erstarrte, bevor sie sich langsam umdrehte und seinen grimmigen Blick auffing. »Über Tony?«

»Der Name sagt dir etwas, oder?«

Benommen knöpfte sie ihren Blazer auf und streifte ihn ab. Sie hatte mit einem Mal das Gefühl zu ersticken. Seit wann war es in ihrem Büro so verdammt heiß? Hatte Taylor die Heizung aufgedreht? »Natürlich erinnere ich mich an Tony, aber den habe ich seit Monaten nicht gesehen.« Sie warf ihre Jacke auf den Stuhl zu der Aktentasche. »Wenn du ihn suchst »

»Er ist tot.«

»Was sagst du da?« Mia blinzelte, ihr wurde plötzlich schwindlig, und sie taumelte nach vorn.

Direkt in Lucas’ wartende Arme.

Lucas drückte Mia fest an sich. Für einen verschwindend kurzen Moment genoss er das Gefühl ihres weichen Körpers an seinem und den süßen Duft von wildem Honig.

Danach hatte er sich gesehnt, seit er in ihr Büro gekommen war. Ihr Anblick war wie ein Schlag in seine Magengrube gewesen. Die Schuldgefühle und der Verlustschmerz waren plötzlich wieder aufgeflammt, so brutal wie an dem Tag, als er von Shreveport weggefahren war. Damals hatte er sich eingeredet, dass es das Beste für Mia sei. Das Beste für sie beide. Inzwischen war ihm klar, dass er totalen Mist gebaut hatte. Er war ein Feigling gewesen. Mit den schmerzhaften Konsequenzen hatte er leben müssen, seit er diese fantastische, leidenschaftliche Frau verlassen hatte.

Obwohl er verdammt glücklich war, sie wieder in seinen Armen zu halten, machte er sich Vorwürfe. Es war hirnrissig von ihm gewesen, dass er mit Tonys Tod einfach so herausgeplatzt war. Er hätte Mia die traurige Nachricht schonender beibringen müssen.

»Shit, es tut mir leid«, murmelte er. Dabei strich er mit einer Hand besänftigend über Mias Rücken. »Das wollte ich nicht. Ich hätte es dir nicht so direkt sagen dürfen.«

»Mia?« Taylor war in das Büro zurückgekommen. Sie registrierte Mias kreideweißes Gesicht und funkelte Lucas an. »Verflucht, was hast du mit ihr gemacht?«

»Es ist alles gut, Taylor«, versicherte Mia ihrer Freundin. Sie presste die Hände gegen Lucas’ Brustkorb, bis er sie widerwillig losließ und sie ein, zwei Schritte zurückweichen konnte. »Lass uns einen Moment allein, ja?«

Taylors Miene verdunkelte sich. »Bist du sicher?«

»Ja.«

»Ruf einfach, wenn du mich brauchst. Ich bin an meinem Schreibtisch.« Sie warf Lucas einen tödlichen Blick zu. »Wo mein Elektroschocker liegt.«

Nachdem sie ihre Warnung losgeworden war, drehte sich Taylor um und verließ das Büro. Lucas grinste. »Ich hab sie immer gemocht«, sagte er mit unantastbarem Ernst. Taylor verhielt sich ausgesprochen loyal gegenüber Mia. Er bewunderte solche Freunde.

Mia strich sich mit einer zittrigen Hand durch die Haare, ihr Gesicht war immer noch blass vor Bestürzung. »Was ist mit Tony passiert?«, wollte sie wissen. »Hatte er einen Unfall?«

»Nein.« Lucas’ Mundwinkel verzogen sich grimmig nach unten. Es war nicht einfach, ihr das zu sagen. »Er wurde erschossen.«

Sie biss sich auf die Unterlippe. »Bei einem Drogendeal?«

Aha. Demnach war seine erste Einschätzung richtig gewesen Tony hatte sich in all den Jahren nicht geändert.

»Die Ermittlungen laufen noch«, meinte er. »Allerdings geht die Polizei nicht von einem Zufallsverbrechen aus.«

»Gott, das ist ja furchtbar.« Sie erschauderte. »Ist doch komisch, dass sie das nicht in den Nachrichten gebracht haben, oder?«

»Es ist in Houston passiert.«

»Echt?« Ihre Augenbrauen zogen sich in Verwirrung zusammen. »Was hat er denn da gemacht?«

»Die Ermittler denken, dass er zu mir wollte.«

»Zu dir?« Ihre Verwirrung nahm zu. »Wie kommen sie denn darauf?«

»Er hatte Name und Adresse von mir auf ein Stück Papier gekritzelt. Das haben sie bei ihm gefunden.«

»Du wohnst in Houston?«

Er verzog seine Lippen. Was hatte er erwartet? Dass sie sich über seine Karriere auf dem Laufenden hielt? Nur weil er immer noch verrückt nach ihr war, musste das nicht heißen, dass sie ihm lange nachgeweint hatte. Verdammt, sie hatte wahrscheinlich schon vor Jahren sämtliche Gedanken an ihn aus ihrem Leben gestrichen. »Ich verkrieche mich nachts nicht unter irgendeinem Felsen«, meinte er trocken.

Nach kurzem Zögern räusperte sie sich. »Ich habe gehört, dass du in Afghanistan« – sie suchte sichtlich nach Worten – »gefangen genommen wurdest. Das tut mir leid.«

Er versteifte sich. Natürlich war es ausgerechnet dieser Teil seiner Vergangenheit, von dem sie gehört hatte. Der Teil, über den er nie sprach. Mit niemandem, außer mit seinen ARES-Brüdern.

»Ich hab’s überlebt«, knurrte er.

Sie schien sein Unbehagen zu spüren und ließ das Thema auf sich beruhen.

Lucas bedauerte seine Reaktion, aber ihm war höfliches Mitgefühl für das, was er in Afghanistan durchgemacht hatte, zuwider. Er schluckte ein Seufzen herunter. Niemand konnte das verstehen, deshalb ergaben Erklärungsversuche auch gar keinen Sinn.

»Weißt du, warum Tony zu dir wollte?«

»Keine Ahnung«, sagte er achselzuckend. »Wir haben fünfzehn Jahre keinen Kontakt gehabt. Gibt es irgendwas, weswegen er in Houston gewesen sein könnte?«

Sie ließ sich Zeit für ihre Antwort. »Nicht dass ich wüsste. Seine Brüder sind hier in der Gegend geblieben, und er hat nie irgendwelche Freunde oder Verwandte in Texas erwähnt.«

Sein Blick glitt über ihr hübsches Gesicht, und für einen Moment verschmolzen Vergangenheit und Gegenwart miteinander. Es war Tony gewesen, der sie zusammengebracht hatte. Zugegeben, Lucas hatte Mia unauffällig beobachtet, wenn sie in den Sommermonaten gelegentlich bei ihrem Vater aushalf. George Ramon war der Gärtner der St. Clairs und einiger anderer Familien in dem exklusiven Vorort von Shreveport gewesen. Doch erst als ihn Tony zu einer Party irgendwo in den Sümpfen eingeladen hatte, hatte Lucas endlich Gelegenheit gehabt, Mia näher kennenzulernen.

Er war von ihrer Schönheit überwältigt gewesen.

Verdammt, er war es noch immer.

Mit Mühe schaffte er es, sich auf den eigentlichen Grund zu konzentrieren, warum er sich die Nacht um die Ohren geschlagen und einen Haufen Dinge geklärt hatte, um Houston in aller Frühe verlassen zu können. Im Moment zählte nichts, außer die Sicherheit dieser Frau zu garantieren.

»Wie gut kanntest du Tony eigentlich? Habt ihr euch in den letzten Jahren noch öfter gesehen?«

»Ich habe ihn als Aushilfe beschäftigt, wenn er wieder mal Geld brauchte.«

»Du hattest schon immer ein Herz für Außenseiter«, murmelte er.

Mit einem Achselzucken wischte sie seine warmen Worte beiseite. »Dummerweise wurde er letzten Sommer in einem meiner Fahrzeuge mit einem Beutel Gras erwischt.« Bedauern verdunkelte ihre samtbraunen Augen. Sie hatte immer eine Schwäche für ihren gemeinsamen Freund gehabt, selbst wenn er sich wie ein Vollidiot benahm. »Da habe ich ihm erklären müssen, dass er nie mehr hier arbeiten kann.«

Lucas streckte seine Hand aus, um ihr eine weiche dunkle Haarsträhne von der Wange zu streichen, und sein Körper prickelte bei der Berührung ihrer warmen Haut. Zum Glück war sie zu abgelenkt, um die zärtliche Geste zu bemerken. »Hast du eine Ahnung, wer es auf ihn abgesehen haben könnte?«

Sie zuckte zusammen. »Nein.«

Lucas unterdrückte sein Verlangen, die Befragung vorzeitig zu beenden. Mia kämpfte offensichtlich mit dem Schock über Tonys Tod und war bestimmt nicht fähig, über die furchtbaren Details zu diskutieren, warum jemand ihren alten Freund ermordet haben könnte. Doch er rief sich in Erinnerung, dass Mia erst dann wirklich in Sicherheit war, wenn sie den Mörder gefasst hatten.

»Keine Exfrau?«, hakte er nach.

Sie schüttelte den Kopf. »Tony war nie verheiratet.«

»Hat er eine Freundin? Oder eine Geliebte?« Er machte eine Pause. »Einen geheimen Lover?«

»Sein Privatleben hat mich nie besonders interessiert.« Sie rümpfte die Nase. Diese Angewohnheit hatte sie schon früher gehabt. Lucas räusperte sich, um den Kloß in seiner Kehle zu lösen. »Offen gestanden habe ich ihn nie mit einer festen Freundin gesehen«, räumte sie ein.

Lucas überlegte kurz und musste ihr zustimmen. Tony war der Mittelpunkt jeder Party gewesen. Er war auch hin und wieder mit einem Mädchen draußen in den Sümpfen verschwunden. Aber er konnte sich nicht erinnern, ihn mit einer festen Freundin gesehen zu haben.

»Merkwürdig«, meinte er leise.

Schweigen folgte, bevor Mia einen tiefen Atemzug nahm, als versuchte sie, die Nebel aus ihrem Gedächtnis zu verscheuchen. Dann sah sie ihn mit offener Verblüffung an.

»Arbeitest du für die Polizei?«

»Nein.«

»Was soll dann die ganze Fragerei zu Tonys Tod?«

»Ich muss wissen, warum er zu mir wollte.«

Ihre Augen wurden schmal. Es gab mehr als einen Grund, warum er von dieser Frau fasziniert gewesen war.

Da war ihre Schönheit, natürlich.

Ihr leidenschaftliches Herz.

Und ihre scharfe Intelligenz, die ihn ständig auf Zack gehalten hatte, wenn sie miteinander diskutierten. Es hatte etwas wahnsinnig Erotisches, mit einer klugen Frau zusammen zu sein. Leider merkte sie deshalb auch sofort, dass er ihr etwas verschwieg.

»Das ist alles?«, bohrte sie nach.

»Und warum er ein Foto von dir bei sich hatte, als er erschossen wurde«, räumte er widerwillig ein.

»Genau das wollte ich Sie auch fragen«, unterbrach eine Männerstimme unerwartet ihr Gespräch.

Lucas drehte den Kopf und warf dem Eindringling einen wütenden Blick zu. »Wer zum Teufel sind Sie?«

»Ich bin Detective Brian Cooper.« Der Mann grinste breit. »Wenn ich mich nicht irre, haben Sie in Houston meinen Onkel kennengelernt.«

Die Ähnlichkeit mit Detective Sam Cooper war nicht zu übersehen, stellte Lucas missmutig fest. Beide waren dunkelblond, allerdings hatte sein Neffe dichteres Haar, das dringend geschnitten werden sollte. Beide hatten einen ähnlich kompakten Körperbau und ein Bulldoggengesicht. Brian hatte wohl auch den gleichen Geschmack wie sein Onkel: unmodernes Nullachtfünfzehn-Sakko, Khakihose und billige Schuhe.

»Verdammt«, seufzte Lucas.

Kapitel drei

Völlig perplex starrte Mia den Unbekannten an. Sie war noch immer fassungslos. Wie sollte sie auch Lucas’ plötzliches Auftauchen verarbeiten, gefolgt von der Nachricht, dass ihr langjähriger Freund tot war? Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Tony ein Foto von ihr mit sich herumgetragen hatte.

Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, während sie den fremden Mann musterte. Sie registrierte dunkelblonde windzerzauste Haare und freundliche braune Augen. Er war sicher kein Märchenprinz, doch er sah zweifellos gut aus, sympathisch und ungefährlich.

Zumindest dachte sie das, bis ihre Augen die Waffe entdeckten, die in einem Holster unter seiner aufgeknöpften Jacke steckte. »Was geht hier eigentlich ab?«, fragte sie.

Der Mann griff in seine Tasche und zog ein schmales Mäppchen heraus. »Ich bin Detective Brian Cooper vom Sheriffsbüro in Caddo Parish.« Zur Legitimation ließ er seinen Dienstausweis aufschnappen.

Taylor drängte an dem Polizisten vorbei, ihre Miene angespannt und wütend. Erst hatte Lucas sich ohne ihre Erlaubnis in Mias Büro geschlichen, und jetzt dieser Fremde. Die junge Frau war offensichtlich bereit, ein paar Köpfe einzuschlagen. »Es tut mir leid, Mia, ich habe alles versucht, um ihn aufzuhalten«, presste sie zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber er ist hartnäckig geblieben.«

»Da ist er nicht der Einzige«, murmelte Mia und bemühte sich, für ihre Freundin ein Lächeln aufzusetzen. »Taylor, bist du so lieb und kochst noch mal frischen Kaffee?« Sie wartete, bis ihre Sekretärin aus dem Büro gegangen war, dann wandte sie sich an Cooper. »Ich nehme an, es geht um Tony.«

»So ist es. Ich habe ein paar Fragen an Sie.« Der Polizist blickte verstohlen zu Lucas hinüber. »Wenn Sie uns kurz allein lassen würden, Mr St. Clair.«

Lucas verschränkte die Arme über der Brust. »Nein.«

Die Kinnpartie des Beamten verhärtete sich. Möglicherweise versteckte sich hinter der Fassade des freundlichen Nachbarn doch ein knallharter Bursche. »Das ist eine Aufforderung und keine Bitte gewesen.«

Lucas blickte auf ihn hinunter, mit einer Arroganz, wie sie Leuten angeboren war, die sich für etwas Besseres hielten. »Sind Sie hier nicht außerhalb Ihrer Zuständigkeit? Tony wurde in Houston getötet.«

»Mein Onkel hat mich gebeten, bei den Ermittlungen unterstützend tätig zu werden. Immerhin hat Tony hier gelebt«, antwortete Cooper aalglatt. »Es ist wichtig, die Bewegungen des Opfers zurückzuverfolgen. Also, wenn es Ihnen nichts ausmacht«

»Es macht mir etwas aus«, fiel Lucas ihm ins Wort. »Ich bleibe hier.«

Detective Cooper blieb stur. Plötzlich hatte Mia viel mehr Respekt für ihn. »Das haben Sie nicht zu entscheiden.«

Lucas drehte sich zu ihr um, seine Miene nicht zu deuten, als er eine Hand nach ihr ausstreckte. »Mia?«

»Ich …« Sie verdrängte den spontanen Wunsch, ihn aus ihrem Büro und zum Teufel zu jagen. Immerhin war er nicht da gewesen, als sie ihn in den letzten fünfzehn Jahren gebraucht hatte, oder? Wenn sie jedoch ehrlich mit sich selbst war, hatte sie noch immer nicht verarbeitet, dass ihr Jugendfreund tot war. Im Moment hätte sie jede Unterstützung angenommen, die sie bekommen konnte. Sie hielt ihm ihre Hand hin und ließ zu, dass er sie mit seinen Fingern umschloss. »Ich möchte, dass Lucas bleibt.«

Irgendetwas flatterte durch das tiefe Blau seiner Iris. »Danke.«

Detective Cooper presste die Lippen aufeinander, doch anscheinend hatte er entschieden, seinen Standpunkt aufzugeben und die Sache auf sich beruhen zu lassen. »Also gut.« Er spähte zu Mias Schreibtisch. »Möchten Sie sich setzen?«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf, sie wollte es bloß hinter sich bringen.

Der Polizist steckte seinen Dienstausweis weg und holte ein kleines Notizbuch und einen Stift aus der Jackentasche. Dann setzte er ein Lächeln auf, das wohl beruhigend wirken sollte, und stellte die üblichen Fragen.

Mia antwortete ihm so ausführlich, wie es ihr möglich war. Ja, sie kannte Tony seit der Grundschule in Bossier City. Ja, sie waren befreundet geblieben, auch nachdem er auf eine noble Privatschule am anderen Flussufer von Shreveport gewechselt war. Sie räumte ein, dass sie nach der Highschool kurz den Kontakt verloren hätten und dass sie ihn als Aushilfe beschäftigt habe, als er vor fünf Jahren bei ihr aufgetaucht sei. Sie schilderte dem Cop ebenfalls, dass Tony mit Gras erwischt worden sei und dass sie ihn im vorigen Sommer gefeuert habe.

Dann wurden Coopers Fragen spezifischer. Ob sie eine Liebesbeziehung mit Tony gehabt hätte? Ob sie Feinde hätte?

Unbewusst drängte sich Mia näher an Lucas, als suchte sie dessen Mut machende Wärme. Sie hatte mit einem Mal Gänsehaut, und ihr war eisig kalt.

»Ich denke, es ist genug, Detective«, schaltete sich Lucas ein. Er schlang einen Arm um Mias Schultern und zog sie an seine Seite. »Ms Ramon hat einen Schock erlitten. Wenn Sie weitere Fragen haben, sollten Sie ihren Anwalt kontaktieren.«

»Anwalt?« Mia blinzelte entsetzt. Zum ersten Mal begriff sie, dass hinter dem Besuch des Polizeibeamten möglicherweise mehr steckte, als Infos über Tony zu bekommen. »Glaubt er, ich hätte etwas damit zu tun?«

»Mia«

Sie unterbrach Lucas. »Ich will es wissen.«

Detective Cooper griff in die Tasche seines Sakkos und zog eine Fotokopie heraus. »Dieses Bild haben wir zerknüllt in Tony Hughes’ Fingern gefunden.« Er zeigte Mia die Kopie der vergrößerten Schwarz-Weiß-Aufnahme.

Übelkeit schwappte durch ihren Magen, als sie sich auf dem Foto erkannte – sie war auf dem Weg in das Bürogebäude. Quer über ihr Gesicht hatte jemand »Töte sie, sonst passiert was« gekritzelt.

Was zum Teufel?

»Das hat Tony bei sich gehabt?«, hauchte sie.

»Ja.«

Sie hob den Blick und stellte fest, dass Cooper sie eingehend beobachtete. »Warum?«

»Genau das beabsichtigen wir herauszufinden.« Der Polizist nickte zu dem Foto. »Wissen Sie zufällig, wann diese Aufnahme gemacht wurde?«

Sie leckte über ihre trockenen Lippen. »Nein, aber es muss in den letzten paar Wochen gewesen sein.«

»Was macht Sie da so sicher?«

»Das Gebäude ist erst Ende Oktober fertiggestellt worden.«

Cooper steckte die Fotokopie weg und schrieb etwas in sein Notizbuch. »Ist Tony wütend gewesen, dass Sie ihm gekündigt haben?«

»Eigentlich nicht.« Mia begriff nicht sofort, worauf der Cop mit seiner Frage hinauswollte. Dann versteifte sie sich plötzlich. »Moment mal. Sie denken doch nicht etwa, dass Tony mir etwas antun wollte?«

»Es ist eine Möglichkeit.«

»Genug.« Dieses Mal war die Autorität in Lucas’ Stimme unmissverständlich. »Weitere Fragen werden nur noch in Gegenwart eines Anwalts beantwortet.«

Der Ermittler warf Lucas einen ärgerlichen Blick zu, bevor er Stift und Notizbuch in seiner Jackentasche verschwinden ließ und eine Visitenkarte herauszog. Dann entspannten sich seine Züge, und er lächelte Mia freundlich an. »Unter dieser Nummer bin ich für Sie erreichbar.« Er gab ihr die Karte, auf der sein Name und eine Telefonnummer standen. »Rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch etwas einfällt, jedes noch so kleine Detail kann uns weiterhelfen. Sie glauben gar nicht, wie viele Fälle durch einen Hinweis gelöst werden konnten, der vorher als unbedeutend abgetan worden war.«

»Meinen Sie nicht, dass er wegen eines Drogendeals umgebracht wurde?«, fragte sie. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Tony in etwas Ernsteres verwickelt gewesen sein sollte als in einen Streit mit einem durchgeknallten Junkie. Ihr langjähriger Freund mochte ein kleiner Dealer gewesen sein, der sein bisschen Talent als Footballspieler in den Sand gesetzt hatte, aber er war nie an schweren Verbrechen beteiligt gewesen.

»Ich halte mich gern nach allen Seiten hin offen«, sagte Cooper unverbindlich und nickte den beiden zu. »Ms Ramon. St. Clair.«

Sie war sich vage bewusst, dass der Ermittler ihr Büro verließ und dass Lucas sie zunehmend besorgt musterte. Eine tiefe Traurigkeit hatte sie befallen.

Armer Tony. Er kam aus einer beschissenen Familie und war seinen Eltern ziemlich gleichgültig gewesen. Beachtung hatte er nur dann gefunden, wenn er auf dem Footballfeld gestanden hatte. Er hatte es nie geschafft, einen Plan für sein Leben zu machen. Zumindest wusste Mia von keinem.

Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie verschlossen Tony gewesen war. Oh, für eine Party war er immer zu haben gewesen, aber eigentlich hatte er seine Gedanken oder Gefühle nie mit anderen geteilt. Was sie über ihn wusste, war nicht viel mehr als das, was sie schon in ihrem ersten gemeinsamen Grundschuljahr gewusst hatte.

»Mia?« Lucas umschloss ihre Schultern und drehte sie zu sich. »Rede mit mir.« Sie bemerkte seinen besorgten Blick.

Mühsam zog sie sich aus dem dunklen Loch, das sie zu verschlingen drohte. »Ich kann mir das alles nicht erklären.« Sie zwang sich, sich auf die Fragen zu konzentrieren, die am Rand ihres Bewusstseins kreisten. Sie konnte am Tod ihres Freundes nichts ändern, aber vielleicht konnte sie dazu beitragen, dass der Täter gefasst wurde. Und gleichzeitig herausfinden, wer verdammt noch mal diese Horrornotiz auf ihr Foto geschrieben hatte. »Warum war Tony in Houston? Und warum hatte er dieses Foto bei sich?«

»Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausbekommen, das verspreche ich dir.«

Ihren Blick auf sein grimmig entschlossenes Gesicht gerichtet, überlegte sie. »Hast du nicht gesagt, du arbeitest nicht für die Polizei?«

»Das ist auch so.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem selbstgefälligen Lächeln. »Ich bin besser als die Polizei.«

Sie verdrehte die Augen. »Wie ich sehe, hast du nichts von deiner Arroganz verloren.«

»Das ist keine Arroganz, das ist eine Tatsache.«

Er löste den Griff von ihren Schultern. Dann zog er seine Brieftasche hervor und drückte Mia eine goldgeprägte Visitenkarte in die Hand.

Sie las den eleganten Druck und zog die Augenbrauen hoch. »ARES Security?«

»Das ist eine Firma, die ich mit ein paar Freunden gegründet habe. Vertrau mir. Wir haben die Erfahrung und Technologie, um exakt festzustellen, was Tony vorhatte.«

Mias Lippen öffneten sich zu der Frage, was aus seiner Karriere als Diplomat geworden sei, doch dann klappte sie hastig den Mund wieder zu. Sie würde sich eher die Zunge abbeißen, als Lucas zu gestehen, dass es sie brennend interessierte, was er seit seiner Rückkehr aus Afghanistan gemacht hatte.

Er hatte sie aus seinem Leben ausgeschlossen.

Sei’s drum.

»Warum?«, fragte sie stattdessen.

Sein Blick glitt nachdenklich über ihr trotzig vorgeschobenes Kinn. »Was meinst du?«

»Ich meine, warum dich das interessiert?«

»Tony war auf dem Weg zu mir«, sagte er. »Ich will wissen warum.«

»Und das ist der einzige Grund?«

»Nein.« Er nahm ihr Gesicht in seine beiden Hände. »Ich bin deinetwegen hier, Mia.«

***