Gefährtin der Ewigkeit - Alexandra Ivy - E-Book
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Gefährtin der Ewigkeit E-Book

Alexandra Ivy

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Beschreibung

Im Kampf gegen eine finstere Macht, besessen von einer gefährlichen Leidenschaft

Seit Jahrhunderten lebt die mächtige Vampirin Nefri in einer Welt, in der es keine Leidenschaften gibt. Nun hat sie nicht nur einen gefährlichen Auftrag, sondern auch einen betörenden Begleiter. Der schöne Santiago strahlt eine Anziehungskraft aus, der sie sich kaum entziehen kann. Nefri stürzt sich in den Kampf: gegen die uralte finstere Kraft, die unter den Menschen und Dämonen wütet, und gegen das überwältigende Verlangen, das Santiago in ihr entfacht …

»Ein düsteres, romantisches Abenteuer - unwiderstehlich!« Romantic Times

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Seitenzahl: 601

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Das Buch

Die mächtige Vampirin Nefri hat einen gefährlichen Auftrag: Der Vampir Gaius hat seinen Clan verraten und wütet nun unter den Menschen. Nefri soll herausfinden, was ihn in seinem Wahnsinn antreibt. Auch der gut aussehende Santiago ist auf der Suche nach Gaius. Schon einmal ist Nefri ihm begegnet, und erneut entfacht er eine verstörende Leidenschaft in ihr, die sie längst überwunden glaubte. Gemeinsam begeben sie sich auf ihre gefährliche Mission, und schon bald bestätigt sich ihr Verdacht: Eine uralte finstere Kraft hat von Gaius Besitz ergriffen und entfaltet durch ihn ihre zerstörerische Macht. Nefri und Santiago bleibt nicht viel Zeit, um die Dämonenwelt von ihrem mächtigen Gegner zu befreien – und ihre Liebe zu retten …

Die Autorin

Unter dem Pseudonym Alexandra Ivy veröffentlicht die bekannte ­Regency-Liebesroman-Autorin Deborah Raleigh ihre Vampirro­mane. Gefährtin der Ewigkeit ist der zehnte Band ihrer international erfolgreichen Reihe Guardians of Eternity, mit der die Autorin regel­mäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste vertreten ist.Alexandra Ivy lebt mit ihrer Familie in Missouri.

 

 

Alexandra Ivy

GEFÄHRTIN DER EWIGKEIT

Roman

Aus dem Amerikanischen von Kim Kerry

 

 

Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel Darkness Avenged

(Guardians of Eternity, Book X) bei ZEBRA Books,

Kensington Publishing Corp., New York

Deutsche Erstausgabe 12/2013

Copyright © 2013 der Originalausgabe by Debbie Raleigh

Published by arrangement with Kensington Publishing Corp.,

New York, NY, USA

Copyright © 2013 der deutschsprachigen Ausgabe by Diana Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion | Vera Serafin

Umschlaggestaltung | t.mutzenbach design, München,

unter Verwendung von Motiven von © shutterstock

Satz | Christine RoithnerVerlagsservice, Breitenaich

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-641-11301-8

www.diana-verlag.de

 

PROLOG

Die Legende des Schleiers

Kythen, die sich um die Erschaffung des Schleiers rankten, existierten wie Sand am Meer, vielleicht war ihre Zahl sogar noch größer.

Manche behaupteten, er sei das Werk von Engeln, die sich in den Nebeln der Zeit verloren hatten.

Andere wiederum meinten, es handele sich um einen Riss im Weltraum, ein Überbleibsel des Urknalls.

Der augenblicklich beliebteste Mythos handelte davon, dass Nefri, eine uralte Vampirin mit einem mystischen Medaillon, den Schleier erschaffen habe, um ihrem Clan, den Unsterblichen, ein kleines Stück des Paradieses zu schenken. Diesem wunderbaren Gerücht zufolge gab es auf der anderen Seite keinen Hunger, keinen Blutdurst und keine Leidenschaft. Nur endlosen Frieden.

Diesen Mythos nährten sowohl Nefri als auch die Orakel, die der Kommission, den Herrschenden über die Dämonenwelt, ­angehörten, nur zu gerne.

Die Wahrheit, die sich hinter dem Schleier verbarg, trug jedoch weitaus weniger romantische Züge.

Es war nicht mehr und nicht weniger als ein Gefängnis.

Eine Schöpfung der Orakel, um einen Fehler aus alter Zeit zu begrenzen, der imstande war, sie alle zu vernichten …

 

 

KAPITEL 1

Vipers Vampirclub

Am Ufer des Mississippi, südlich von Chicago

Die Musik dröhnte, unterlegt mit einem wummernden ­Death-Metal-Bass, der die Gebäude in der Nähe zum Einsturz gebracht hätte, wenn der Dämonenclub nicht in Schutzzauber gehüllt gewesen wäre. Die Koboldmagie ließ das große Gebäude nicht nur für die Bewohner der kleinen Stadt im Mittelwesten wie ein verlassenes Lagerhaus erscheinen, sondern schluckte auch jedes Geräusch.

Und das war auch verdammt gut so, denn die dröhnende Musik war nicht der einzige Lärm, der die sterbliche Anwohnerschaft aus der Fassung gebracht hätte.

Zugegeben, das Erdgeschoss sah keineswegs ungewöhnlich aus. Die riesige Eingangshalle war in klassizistischem Stil eingerichtet, mit Böden aus glänzendem Holz und hellgrünen Wänden mit silbernen Holzschnitten. An der Decke prangte ein überaus extravagantes Bild von Apoll, auf seinem Streitwagen durch die Wolken rasend.

Im Obergeschoss galt das Gleiche. Die Privatwohnungen waren äußerst edel und komfortabel eingerichtet – für jene Gäste, die bereitwillig die exorbitanten Gebühren für einige wenige ungestörte Stunden zu zahlen bereit waren.

Doch hinter der schweren Doppeltür, die zu den unteren Stockwerken führte, endete jede Vorspiegelung von Zivilisation.

Dort unten in der Finsternis frönten die Dämonen ihren wilden und ausgelassenen Spielen.

Und niemand, absolut niemand, war imstande, so roh und wild und ausgesprochen gemein zu spielen wie Dämonen.

In den Schatten stand Santiago, ein großer, außerordentlich attraktiver Vampir mit langem, rabenschwarzem Haar, dunklen Augen und entschieden spanisch wirkenden Gesichtszügen. Er ließ den Blick über sein Reich schweifen.

Der kreisrunde Raum aus schwarzem Marmor besaß die Größe einer mächtigen Festhalle und verfügte über mehrere terrassenförmig angelegte Sitzreihen. In jeder Reihe standen einige Tische und Hocker aus Stahl, die an dem Marmor festgeschraubt waren. Schmale Treppen führten zu einer Grube, die in die Mitte der untersten Etage eingelassen und mit Sand gefüllt war.

Die Kronleuchter, die von der Decke herabhingen, spendeten genug Licht für die an den Tischen sitzenden Personen, während sie gleichzeitig auch denjenigen unter den Gästen, die es vorzogen, im Verborgenen zu bleiben, ausreichend Dunkelheit boten.

Allerdings bestand in dem Club keinerlei Notwendigkeit für Heimlichtuerei.

Die Menge setzte sich aus Vampiren, Werwölfen und Elfen zusammen. Außerdem gab es mehrere Trolle, einen Ork und die seltenen Sylvermyst, das dunkle Feenvolk, das kürzlich der Welt seine Präsenz offenbart hatte. Sie kamen hierher, um in der Grube zu kämpfen und vergänglichen Ruhm zu erwerben. Oder um in den Vergnügungen zu schwelgen, die Santiagos diverse Animierdamen und -herren anboten, gleichgültig, ob es sich dabei nun um Kulinarisches oder Sex handelte.

Niemand hier war für seine Zurückhaltung bekannt, insbesondere wenn es einen Anlass zu feiern gab.

Santiago verzog das Gesicht zu einer Grimasse, und seine eiskalte Macht peitschte durch die Luft und sorgte dafür, dass mehrere junge Werwölfe durch den überfüllten Raum hasteten, um zu flüchten.

Er verstand den Jubel seiner Gäste.

Es kam nicht jeden Tag vor, dass eine böse Gottheit vernichtet, die Horden der Hölle fortgejagt und eine ungeheure Katastrophe abgewendet wurden.

Aber während des einen Monats, in dem er unablässig grenzenloses Glück und Freude ertragen hatte, kippte seine eigene Stimmung immer mehr in Richtung Mordlust. Nun ja, vielleicht war es auch mehr als nur eine Tendenz, dachte er grimmig, als an einem Tisch voller Trolle eine brutale Schlägerei ausbrach, bei der sie sich gegenseitig über das Geländer stießen, sodass sie auf die Werwölfe prallten, die unter ihnen saßen.

Der Dominoeffekt ließ keinen Moment auf sich warten. Mit einem wütenden Knurren sprangen die Werwölfe auf und gingen auf die Trolle los. Gleichzeitig stürzten sich die Sylvermyst in der Nähe in den ausbrechenden Kampf, und schnell erfüllte der Kräuterduft ihres Blutes die Luft.

Santiagos riesige Fangzähne schmerzten vor Verlangen, sich dem Handgemenge anzuschließen. Vielleicht würde eine gute, altmodische Prügelei seine überwältigende Frustration lindern.

Leider hatte sein Clanchef Viper ihm den beliebten Club anvertraut und ihn zum Manager ernannt. Und das bedeutete: keine außerplanmäßigen Blutbäder. Gleichgültig, wie groß die Versuchung auch sein mochte.

Indem er zusah, wie seine gut ausgebildeten Rausschmeißer sich anschickten, dem Kampf ein Ende zu bereiten, wandte er den Kopf, als der Blutgeruch von einem kräftigen Pflaumenduft verdrängt wurde.

Seine Lippen kräuselten sich, als die Gewalt, die erstickend in der Luft lag, abrupt von heißer Lust abgelöst wurde.

Das war ganz und gar nicht verwunderlich.

Tonya konnte einen Mann aus hundert Schritten Entfernung um den Verstand bringen.

Die erstaunlich schöne Koboldin mit ihrer blassen Haut und ihren schräg gestellten Smaragdaugen nannte darüber hinaus perfekte Kurven und eine umwerfende Mähne aus rotem Haar ihr Eigen. Aber Santiago hatte sie nicht wegen ihres unerhörten Sex-Appeals zu seiner getreuesten Assistentin gemacht.

Wie alle Kobolde verfügte sie über eine außerordentliche Begabung für Geschäfte sowie die Fähigkeit, mächtige Illusionen zu erzeugen. Außerdem war sie imstande, Gegenstände zu verzaubern, obwohl Santiago dafür sorgte, dass dieses besondere Talent nur bei den Menschen angewandt wurde, die die Teestube nebenan besuchten. Die meisten Dämonen waren immun gegen Feenvolkmagie, doch Tonya war von königlichem Blut, und ihre Kräfte machten weitaus süchtiger als die der meisten anderen Kobolde.

Seine treuen Gäste kämen niemals wieder, wenn sie vermuten würden, dass er sie von der schönen Koboldin in den Bann ziehen ließ.

Die Frau, die ein silbernes Kleid trug, das eher zum Verführen als zum Verhüllen entworfen war, blieb vor ihm stehen. Ein Lächeln legte sich auf ihre sinnlichen Lippen, während sie gleichzeitig mit scharfem Blick die Animierdamen und -herren be­obachtete, die durch den Raum schlenderten und ihre Dienste anboten.

»Eine ganz ordentliche Menge«, murmelte sie.

Santiago schnitt eine Grimasse. Anders als seine Assistentin trug er eine einfache schwarze Jeanshose und ein dunkles T-Shirt, das sich an seinen breiten Brustkorb schmiegte. Und natürlich hatte er die lässige Kleidung mit einem riesigen Schwert dekoriert, das er sich auf den Rücken geschnallt hatte, sowie mit einer Handfeuerwaffe, die in einem Halfter um seine Hüfte steckte.

Niemand sollte je behaupten, er besuche Partys zu einfach gekleidet.

»›Ordentlich‹ ist kein Wort, das ich mit diesem Mob in Ver­bindung bringen würde.«

Tonya warf einen Blick auf den Stamm der Sylvermyst, die widerstrebend an ihren Tisch zurückkehrten. Die Krieger besaßen die umwerfenden Gesichtszüge aller Feenvolkangehörigen und langes Haar in verschiedenen Schattierungen von golden bis hin zu kastanienbraun. Aber ihre Augen glänzten eigenartig metallisch.

»Oh, ich weiß nicht«, schnurrte sie. »Da gibt es einen oder zwei, die ich zum Anbeißen finde.«

»Deine Definition von ›zum Anbeißen‹ ist erschreckend wahllos.«

Sie drehte den Kopf, um ihn mit einem allzu wissenden Blick anzusehen. »Nun ja, wenigstens bin ich nicht kastriert worden.«

Santiago ballte die Hände zu festen Fäusten, als ihn Zorn durchzuckte. O nein, dorthin würde sie sich nicht vorwagen. »Vorsicht, Tonya.«

»Wann bist du denn zuletzt flachgelegt worden?«

Die Lufttemperatur sank um einige Grade.

»Darüber werden wir ganz sicher nicht diskutieren«, fauchte er, wobei seine Stimme so leise war, dass sie nicht weit trug. Hier waren Dämonen anwesend, die trotz der ohrenbetäubenden Musik in der Lage waren, eine verdammte Stecknadel aus einem Kilometer Entfernung fallen zu hören. »Und ganz bestimmt nicht vor Publikum.«

Tonya, die unklugerweise seine Schwingungen ignorierte, die eindeutig »Leg dich nicht mit mir an« ausdrückten, stemmte die Hände in ihre runden Hüften. »Ich habe ja versucht, es privat zu diskutieren, aber du weist mich ständig zurück.«

»Weil es dich verdammt noch einmal nichts angeht.«

»Doch, durchaus, wenn deine furchtbare Laune anfängt, den Club in Mitleidenschaft zu ziehen.«

Seine Fangzähne pochten. »Dränge mich nicht.«

»Wenn ich es nicht tue, wer sollte es sonst tun?« Die Frau weigerte sich nachzugeben, und endlich sprudelten ihr die Worte über die Lippen, die sie ihm schon seit Tagen an den Kopf werfen wollte. »Du schleichst durch die Hallen und schnauzt jeden an, der dumm genug ist, dir über den Weg zu laufen. Letzten Monat haben sechs Kellner und zwei Rausschmeißer gekündigt.«

Santiagos Kiefer spannte sich an, und er weigerte sich hart­näckig zuzugeben, dass sie recht hatte. Denn wenn er das getan hätte …

Nun, dann hätte das bedeutet, dass er zugeben musste, tatsächlich kastriert worden zu sein.

Und zwar nicht nur in sexueller Hinsicht, auch wenn das zugegebenermaßen schrecklich genug gewesen wäre. Schließlich war er ein Vampir. Sein Appetit auf Sex sollte eigentlich keine Grenzen kennen.

Aber auch seine allgemeine Lebenslust …

Plötzlich war sein Vergnügen daran, schönen Frauen den Hof zu machen und Zeit mit seinen Clanbrüdern zu verbringen, einer nagenden Frustration gewichen. Und sein Stolz darauf, einen berüchtigten Club zu leiten, war durch ein Jucken verdrängt worden, das er nicht kratzen konnte.

Er versuchte das zu ignorieren, gemäß der Theorie, dass es sich damit wie mit einem schlimmen Kater verhielt: Es war etwas, das man durchlitt und dann vergaß, sobald die nächste Party winkte.

»Dann stell eben noch mehr ein«, knurrte er.

Sie kniff die Augen zusammen. »Du hast leicht reden.«

»He, du weißt, wo die Tür ist …«

»Ich bin noch nicht fertig«, unterbrach sie ihn.

Er zog die dunklen Augenbrauen zu einem warnenden Stirnrunzeln zusammen. »Koboldin, du raubst mir den allerletzten Nerv.«

»Genau darum geht es.« Sie zeigte mit dem Finger auf die kampflustige Menge. Die Leute musterten einander weiterhin mit drohenden Blicken. »Diese Laune steckt nicht nur die Angestellten an, sondern auch die Gäste. Jede Nacht sind wir nur um Haaresbreite von einem Aufstand entfernt.«

Santiago schnaubte und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. »Ich leite einen Dämonenclub, der Blut, Sex und Gewalt anbietet. Was erwartest du da? Line Dance, Ginfizz und Karaoke?«

»Die Atmosphäre ist immer aggressiv, aber in den letzten Wochen war sie explosiv. Wir hatten in dieser Zeit mehr Kämpfe als in den vergangenen zwei Jahren.«

»Hast du die Neuigkeiten nicht gehört? Wir feiern die Niederlage des Fürsten der Finsternis«, versuchte er zu poltern. »Einen Neuanfang … Blablabla.«

Wie ein Hund, der seinen Knochen nicht hergeben will, weigerte sich Tonya, es dabei bewenden zu lassen. »Sieht das etwa nach Feiern aus?« Erneut deutete sie mit dem Zeigefinger auf die brodelnde Menge. »Deine Frustration steckt alle hier an.«

Da konnte Santiago ihr nicht widersprechen. Der Club war nicht gerade Disneyland, aber normalerweise gab es hier auch keine Blutbäder.

Zumindest, wenn man nicht so dumm war, an den Käfigkämpfen teilzunehmen.

»Was schlägst du also vor?«

»Du hast zwei Möglichkeiten.« Tonya setzte ein angespanntes Lächeln auf. »Zieh los und töte irgendwas, oder fick es. Verdammt, tu beides.«

Er schnaubte. »Erklärst du dich etwa dazu bereit?«

»Das würde ich tun, wenn es irgendetwas nützen würde«, gab sie offen zu. »Aber so …« Ihre Worte verklangen, als sie die Hand hob und in eine entfernte Ecke zeigte.

»Was?«

»Ich habe etwas, das deinem derzeitigen Frauengeschmack besser entspricht.«

Santiago war sich nicht sicher, was er erwarten sollte. Vielleicht Zwillingskoboldinnen. Er hatte immer eine Schwäche für Zwillingspaare gehabt. Mit zweien gleichzeitig …

Vielleicht auch eine brünstige Harpyie.

Nichts konnte einen Mann zuverlässiger ablenken als eine Woche, die angefüllt war mit ununterbrochenem, schonungs­losem Sex, bis seine Hoden schmerzten.

Aber stattdessen trat eine Vampirin aus den Schatten.

»Verdammt«, keuchte er schockiert.

Nicht, weil die Frau hinreißend war. Das war eine gegebene Tatsache. Alle Vampirinnen waren atemberaubend schön.

Aber diese hier kam ihm mit ihrem langen, schwarzen Haar und ihren dunklen Augen, die einen starken Kontrast zu ihrer blassen Haut bildeten, auf unheimliche Weise bekannt vor.

Nefri.

Nein, das war nicht Nefri, flüsterte eine Stimme in seinem Hinterkopf. Ihr Gesicht war kantiger, und der Frau, die sich ihnen näherte, mangelte es an der majestätischen Zurückhaltung, von der die echte Nefri umgeben war.

Ganz zu schweigen von ihrem Mangel an ungeheurer Macht. Der Einfluss von Nefris Anwesenheit hingegen hätte dafür gesorgt, sie alle ins Taumeln geraten zu lassen.

Aber diese Frau ähnelte Nefri so sehr, dass sich in Santiagos Magen schmerzhafte Knoten bildeten.

»Ist sie geeignet?«, fragte Tonya.

»Werde sie los«, befahl er mit belegter Stimme.

Tonya runzelte verwirrt die Stirn. »Wie bitte?«

»Werde sie los. Jetzt sofort!«

Santiago drehte auf dem Absatz um und steuerte auf die Treppe zu, die aus dem Untergeschoss hinausführte.

Er hatte das dringende Bedürfnis, von hier zu verschwinden.

»Santiago!«, rief Tonya hinter ihm her. »Verdammt!«

Die Menge teilte sich unter der Wucht seiner eisigen Macht. Die meisten gingen ihm mit erfreulicher Hast aus dem Weg, als er die Stufen erklomm und die Vorhalle betrat.

Santiago bemerkte dies allerdings überhaupt nicht.

Er war viel zu beschäftigt damit, sich selbst davon zu überzeugen, sein Rückzug sei nicht mehr als Verärgerung über Tonyas Einmischung.

Als ob er es nötig hätte, dass die Feenvolkangehörige sich in sein Sexleben einmischte! Sie sollte doch eigentlich als seine Assistentin fungieren, nicht als seine Zuhälterin. Wenn er eine verdammte Frau wollte, dann konnte er sich selbst darum kümmern. Zum Teufel, er konnte auch ein Dutzend haben!

Und keine von ihnen wäre auch nur ein dürftiger Ersatz für die nervtötende, aufreizende, unerträgliche Frau, die ihn einfach verlassen hatte, um hinter den Schleier zurückzukehren …

»Ärger im Paradies, mi amigo?«

Die Tatsache, dass er den Marmorboden der Vorhalle schon fast vollständig überquert hatte, ohne den Vampir zu bemerken, der vor der Tür zu seinem Büro stand, war ein Beweis dafür, wie abgelenkt er war.

Dios.

Wenn es ihm gelungen war, den momentanen Anasso, den König aller Vampire, zu übersehen, dann war er offensichtlich wirklich blind für seine Umgebung.

Styx war ein in schwarzes Leder gekleideter, zwei Meter großer Aztekenkrieger, der sich ein Schwert auf den Rücken geschnallt hatte, welches groß genug war, einen reinrassigen Troll zu zerlegen. Und dann gab es da natürlich auch noch seine ungeheure Macht, die wie Schallwellen in der Luft pulsierte.

Es wäre einfacher, und ganz sicher weniger gefährlich, einen ausbrechenden Vulkan zu übersehen.

»Perfekt«, murmelte Santiago und betrachtete das schmale, bronzefarbene Gesicht seines unerwarteten Gastes, das einen Ausdruck von Arroganz trug. Dies wurde von seinem dunklen Haar noch hervorgehoben, welches zu einem festen Zopf geflochten war, der ihm beinahe bis zu den Kniekehlen reichte. Er wirkte nicht so, als sei er hier, um zu feiern. Und das bedeutete, dass er irgendetwas von Santiago wollte. Das war nie gut. »Könnte diese Nacht noch besser werden?«, murmelte er.

Styx wölbte eine dunkle Braue. »Willst du darüber reden?«

Sollte er seinem Anasso verraten, dass er nicht besser war als ein Eunuch? Lieber ließe er sich ausweiden.

Und da er tatsächlich schon einmal ausgeweidet worden war, wollte das etwas heißen.

»Ganz entschieden nicht«, krächzte er, öffnete die Tür zu seinem Büro und führte seinen Begleiter hinein.

»Den Göttern sei Dank.« Styx überquerte den schiefergrauen Teppich und setzte sich auf eine Ecke von Santiagos schwerem Schreibtisch aus Walnussholz. »Als ich die Position des Anasso übernahm, musste ich zum Vampirflüsterer werden. Ich habe mir nur gewünscht, Dinge mit meinem großen Schwert aufzuspießen.«

Santiago ging an den Holzregalen vorbei, die die Art von Hightech-Überwachungsausstattung enthielten, mit der sich eigentlich nur das Ministerium für Innere Sicherheit auskennen sollte, und schloss die Tür der Bar auf, die sich unter den Gemälden der französischen Impressionisten befand, welche an den getäfelten Wänden hingen.

»Ich hoffe, du bist nicht hergekommen, um irgendetwas mit deinem Schwert aufzuspießen«, meinte er und nahm eine Flasche Comisario Tequila heraus.

»Eigentlich benötige ich deine Hilfe.«

»Schon wieder?« Santiago goss zwei ordentliche Schlucke des teuren Alkohols in Gläser.Als Styx diese Worte zuletzt ausgesprochen hatte, hatte der Fürst der Finsternis gedroht, die Welt zu zerstören, und er selbst war mit Nefri zusammen eingeteilt worden, um die verschollene Prophetin zu suchen. »Ich dachte, wir hätten die Situation überstanden, in der uns der Himmel auf den Kopf fiel, und alle seien in ihre neutralen Ecken zurückgekehrt, sodass wir so tun könnten, als seien wir nicht beinahe Hundefutter für die Höllenhorden geworden.«

Styx war nicht deshalb König geworden, weil er der härteste aller harten Kerle war. Sondern er war darüber hinaus auch erschreckend aufmerksam. Seine Augen verengten sich, und er forschte mit beunruhigender Intensität in Santiagos verbitterter Miene.

»Hat diese Angelegenheit etwas mit Nefri und ihrer Rückkehr zu ihrem Clan zu tun?«

Nein. Er würde auf gar keinen Fall darüber reden.

Mit einer ruckartigen Bewegung trat Santiago zu Styx und drückte ihm ein Glas in die Hand. »Hier.«

Der uralte Vampir ließ sich für einen kurzen Moment ablenken und nahm einen Schluck von dem starken Alkohol. Ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen. »Aus Vipers Weinkeller?«

»Selbstverständlich.«

Styx’ Lächeln wurde breiter. Obgleich beide räuberische Alphatiere waren, waren Styx und Viper, der Chicagoer Clanchef, enge Freunde geworden. Dies war fast so schockierend wie die Tatsache, dass Vampire und Werwölfe zu Verbündeten geworden waren. Zumindest vorübergehend.

Was nur bewies, dass der Weltuntergang wahrhaftig die ungewöhnlichsten Bündnisse möglich machte.

»Weiß er davon, dass du dir seinen Privatvorrat schmecken lässt?«

»Was er nicht weiß …« Santiago hob sein Glas zu einem spöttischen Trinkspruch, bevor er den Tequila mit einem Schluck austrank. »Salud.«

»Weißt du«, sagte Styx und stellte sein Glas beiseite, »vielleicht sollte ich mich als Psychologe versuchen.«

Santiago schenkte sich ein weiteres Glas ein. »Du sagtest, du würdest meine Hilfe benötigen.«

»Das hatte ich eigentlich vor, doch du befindest dich in einer gefährlichen Stimmung, amigo. Es ist die Art von Stimmung, die gute Vampire ins Grab bringt.«

»Es geht mir gut.« Santiago trank den Tequila aus und genoss das erlesene Brennen in der Kehle. »Sage mir, was du von mir willst.«

Es folgte eine lange Pause, bevor der König schließlich an seine Hüfte griff und einen Dolch hervorzog. »Erkennst du dies wieder?«

»Dios.« Santiago ließ sein Glas fallen und starrte schockiert auf die dekorative Silberklinge, die wie ein Blatt geformt war und über einen Lederschwertknauf verfügte, in den winzige Rubine eingelassen waren. »Ein pugio«, stieß er hervor.

»Erkennst du ihn?«

Santiagos Ausbruch humorlosen Gelächters erfüllte für einen kurzen Moment den Raum. Ja, verdammt noch einmal, er erkannte den pugio. Und das sollte er auch. Immerhin gehörte er seinem Erzeuger Gaius, der einst ein römischer General gewesen war.

Vor Jahrhunderten hatte er ehrfürchtig zugesehen, als Gaius ihm demonstriert hatte, welches die beste Methode war, seine Beute mit dem Dolch zu töten. Was für ein Narr er doch gewesen war.

Aber natürlich trug er nicht allein die ganze Schuld. Wie alle Findlinge war Santiago als Vampir erwacht, ohne sich an seine Vergangenheit zu erinnern, nur mit einem primitiven Überlebensinstinkt ausgestattet. Doch im Gegensatz zu anderen war er nicht zurückgelassen worden und hatte für sich selbst sorgen müssen. O nein. Gaius hatte ihn wie einen Sohn behandelt und ihn gelehrt, sein getreuester Krieger zu werden.

Aber all das hatte in der Nacht ein Ende gefunden, in der ihr Clan angegriffen wurde. Santiago war unterwegs gewesen, aber er wusste, dass Gaius gezwungen worden war zuzusehen, wie seine geliebte Gefährtin Dara auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Gaius hatte sich, versunken in seinen Kummer, hinter den Schleier zurückgezogen, wo er nach dem Frieden suchte, den dieser zu bieten schien.

Natürlich war das alles nichts anderes als ungeheurer Bockmist gewesen.

Gaius hatte sich von dem Versprechen des Fürsten der Finsternis beeinflussen lassen, ihm Dara zurückzubringen, und er war hinter den Schleier gegangen, um sie alle zu verraten.

Was Santiago betraf …

Er war zurückgelassen worden und hatte die Hölle erlebt.

Als ihm bewusst wurde, dass Styx ihn mit einem allzu wissenden Blick betrachtete, schlug Santiago die Tür zu seinen Erinnerungen zu.

»Gaius«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.

»Das hatte ich vermutet.«

»Wo wurde er gefunden?« Santiago runzelte die Stirn, als der Anasso zögerte. »Styx?«

Styx warf den Dolch auf den Schreibtisch. »Eine Hexe namens Sally brachte ihn mir«, enthüllte er ihm schließlich. »Sie behauptete, für Gaius zu arbeiten.«

»Wir wissen, dass es eine Hexe gab, die ihm half, zusammen mit den Wolfstölen.« Santiago deutete mit dem Kopf auf den pugio. »Und das scheint zu bestätigen, dass sie die Wahrheit sagt. Gaius ließe ihn niemals einfach so herumliegen.« Er richtete den Blick wieder auf Styx. »Was wollte sie?«

»Sie sagte, sie habe Gaius’ Versteck in Louisiana genutzt, um sich dort zu verstecken, für den Fall, dass für die Anbetung des Fürsten der Finsternis Jagd auf sie gemacht werden würde.«

»Wahrscheinlicher ist, dass sie von Gaius’ Tod wusste und sich entschloss, sich an seinen Besitztümern zu bedienen.«

Erneut war dieses merkwürdige Zögern zu erkennen, und Santiago spürte, wie eine böse Vorahnung ihm einen Schauder über den Rücken laufen ließ.

Irgendetwas ging hier vor.

Etwas, das ihm nicht gefallen würde.

»Wenn das tatsächlich der Fall war, dann musste sie sich auf eine Enttäuschung gefasst machen«, entgegnete Styx mit vorsichtiger Miene.

»Enttäuschung?«

»Sie behauptet, vor einer Woche zu dem Versteck zurückgekehrt zu sein und entdeckt zu haben, dass Gaius sich dort aufhielt.«

»Nein.« Santiago ballte die Hände zu Fäusten. Diese Ange­legenheit sollte endlich beendet sein, verdammt! Der Fürst der Finsternis war tot, und ebenso auch sein Erzeuger, den er früher einmal als seinen Vater betrachtet hatte. »Das kann ich nicht glauben.«

Etwas, das womöglich Mitgefühl war, blitzte in Styx’ Augen auf. »Ich glaubte es ebenfalls nicht, doch Viper war überzeugt davon, dass sie die Wahrheit sprach. Zumindest die Wahrheit, soweit sie sie kannte. Es ist möglich, dass sie nur eine Schachfigur in einem Spiel ist.«

Santiago fauchte. Sein Clanchef besaß das Talent, in den Seelen von Menschen zu lesen. Wenn er behauptete, dass sie die Wahrheit sagte, dann … Dios.

»Ich habe miterlebt, dass er mit dem Fürsten der Finsternis durch den Riss kam, aber wie zum Teufel hat er die Schlacht überlebt?«

»Eigentlich überlebte er nur teilweise.«

Santiago kämpfte gegen das Gefühl an, auf Treibsand zu stehen. »Was zum Teufel soll das bedeuten?«

»Diese Sally erzählte, dass Gaius sich seltsam verhielte.«

»Er verhält sich bereits seit Jahrhunderten seltsam«, erwiderte Santiago. »Dieser betrügerische Bastard.«

»Sie sagte, er habe schmutzig und verwirrt ausgesehen«, fuhr Styx fort, ohne den wachsamen Blick von Santiagos verbitterter Miene abzuwenden. »Und sie war sich sicher, dass er sie nicht erkannte.«

Santiago runzelte nachdenklich die Stirn, verblüffter über die Behauptung, dass Gaius schmutzig gewesen sei, als über seine angebliche Verwirrung. Sein Erzeuger war stets peinlich genau gewesen, in jeder Hinsicht. Und Santiagos kurzer Blick in Gaius’ Versteck hinter dem Schleier hatte die Zwangserkrankung des älteren Vampirs nur noch sichtbarer werden lassen.

»War er verletzt?«

»Laut der Hexe wirkte er, als stehe er unter irgendeinem Zwang.«

»Unmöglich. Gaius ist viel zu mächtig, als dass eine andere Person seinen Geist kontrollieren könnte.«

»Das hängt davon ab, wer ihn kontrolliert«, betonte Styx. »Sally behauptete auch, dass er offenbar versuchte, etwas oder jemanden zu beschützen, das oder den er im Haus versteckt hielt.«

Mit einem leisen Fluch richtete Santiago seinen Blick auf die Tür, um sich zu vergewissern, dass sie geschlossen war. Es war nicht notwendig, Panik zu verbreiten.

»Den Fürsten der Finsternis?«

»Nein.« Styx schüttelte entschieden den Kopf. »Die Orakel sind sich sicher, dass der Fürst der Finsternis wirklich und wahrhaftig tot ist.«

Santiagos Anflug von Erleichterung verflüchtigte sich beim Anblick von Styx’ grimmigem Gesichtsausdruck. Der Fürst der Finsternis mochte vielleicht tot sein, aber Styx befürchtete offensichtlich, dass Gaius von irgendetwas kontrolliert wurde.

»Du hast mit den Orakeln gesprochen?«

Styx grimassierte. »Unglücklicherweise. Da mein erster Gedanke ebenso wie deiner in der Vermutung bestand, dass es ihm gelungen sein mochte, einen kleinen Teil des Fürsten der Finsternis zu retten, suchte ich natürlich die Kommission auf, um ihr von meinen Befürchtungen zu berichten.«

»Und?«

Der Raum füllte sich mit einer Macht, die die Lampen zum Flackern brachte und die Computermonitore ausschaltete.

»Man gab mir höflich zu verstehen, ich solle mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern.«

Er brach in schallendes Gelächter aus. Wie viele Male war Styx wohl gesagt worden, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern? Santiago vermutete, dass das wohl noch nie vorgekommen war.

»Wie viele hast du getötet?«

»Niemanden.« Styx’ vernichtende Macht pulsierte weiterhin durch den Raum. »Mein Temperament ist …«

»Katastrophal hitzig?«, unterbrach ihn Santiago.

»Gesund«, korrigierte ihn Styx. »Aber ich habe keine suizidalen Neigungen.«

Das entsprach absolut der Wahrheit. Der König der Vampire mochte mit Diplomatie wie ein Elefant im Porzellanladen umgehen, aber er war zu klug, um die Kommission direkt anzugreifen.

Nein. Styx würde die Orakel nicht herausfordern, aber andererseits glaubte Santiago auch keinen Moment lang, dass er die Hände in den Schoß legen und unterwürfig ihrem Befehl gehorchen würde.

Die Begriffe gehorchen und Styx konnten nicht in einem Satz verwendet werden.

»Wenn diese Sache dich wirklich nichts angeht, weshalb kommst du dann zu mir?«, wollte Santiago wissen.

»Weil Gaius zu meinem Volk gehört, gleichgültig, was er getan hat«, antwortete Styx mit einem Gesichtsausdruck hart wie Granit. »Und wenn er von irgendetwas oder irgendjemandem kon­trolliert wird, will ich wissen, was zum Teufel hier vor sich geht.«

»Was ist mit den Orakeln?«

»Was sie nicht wissen …«, wiederholte Styx Santiagos frühere Worte.

Santiago kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Es war eine Sache, eine Flasche Tequila aus Vipers Weinkeller herauszuschmuggeln, aber eine ganz andere, die Orakel zu verärgern.

»Und aus welchem Grund hast du mich ausgewählt?«

»Du bist der Einzige, der imstande ist, Gaius aufzuspüren.«

Santiago schüttelte den Kopf. »Dieser Mistkerl hat irgendetwas unternommen, um seinen Geruch zu überdecken mitsamt unserer früheren Verbindung. Ich verfüge über keine bessere Möglichkeit, ihn zu finden, als du.«

Styx’ Lächeln jagte Santiago einen kalten Schauder über den Rücken. »Ich habe vollstes Vertrauen, dass du einen Weg finden wirst, um ihn aufzuspüren. Und natürlich musst du dies tun, ohne unnötige Aufmerksamkeit auf dich zu lenken.«

Na, das war ja wirklich wunderbar.

Er wurde nicht nur auf eine aussichtslose Suche geschickt, sondern lief auch noch Gefahr, den tödlichen Ärger der Orakel auf sich zu ziehen.

Das hatte ihm gerade noch gefehlt.

Die Hände in die Hüften gestemmt, funkelte Santiago sein Gegenüber an. »Also bist du nicht willens, den Zorn der Kommission zu riskieren, aber sehr wohl, mich vor den Bus zu stoßen?«

»Sei kein Esel.« Styx ließ seine Macht auf Santiago einströmen, wodurch dieser vor Schmerz ächzte. »Wenn du es nicht tun willst, dann lass es. Ich dachte, du seiest begierig auf die Möglichkeit, wieder mit deinem Vater vereint zu sein.«

Santiago hob entschuldigend eine Hand. Verdammt. Er musste wohl wahrhaftig am Ende seiner Zurechnungsfähigkeit angelangt sein, wenn er den König der Vampire absichtlich verärgerte.

»Du hast recht, es tut mir leid«, erwiderte er. Und das entsprach der Wahrheit. Styx hatte tatsächlich recht. Er hatte Jahrhunderte auf die Möglichkeit gewartet, seinem Erzeuger entgegenzutreten. Nun war ihm eine zweite Chance geschenkt worden. Weshalb also ergriff er nicht freudig die Gelegenheit dazu? »Es ist …« Mit einem Kopfschütteln brach er ab.

»Ja?«

»Nichts.« Er zog sein Mobiltelefon heraus und konzentrierte sich auf das, was noch erledigt werden musste, bevor er abreisen konnte. »Ich muss Tonya mitteilen, dass sie sich um den Club kümmern muss.«

»Selbstverständlich.«

»Wo ist die Hexe?«

»Sie befindet sich in meinem Versteck in Chicago. Roke behält sie im Auge, für den Fall, dass sich diese Angelegenheit als raffinierter Trick erweist.«

Santiago warf dem Anasso einen verblüfften Blick zu. Roke, der Clanchef von Nevada, befand sich in einer noch übleren Stimmung als Santiago. Styx hatte sich geweigert, ihn zu seinem Clan zurückkehren zu lassen, nachdem Kassandra ihm verraten hatte, Roke in einer ihrer Visionen gesehen zu haben.

»Die arme Hexe«, murmelte er. »Diese Bestrafung wünsche ich niemandem.«

Styx zuckte mit den Schultern. »Er war der Einzige, der verfügbar war.«

Santiago erstarrte. »Geht hier irgendetwas vor, von dem ich wissen sollte?«

Ein merkwürdiger Ausdruck zeigte sich auf Styx’ schmalen Zügen. War das etwa–Verlegenheit?

»Darcy besteht darauf, dass ich meine Raben auf die Suche nach diesem verdammten Gargylen schicke.«

Ah. Santiago bemühte sich, sein abruptes Lächeln zu verbergen. Die Raben waren Styx’ Privatwachen. Die größten und gemeinsten Vampire, die existierten. Die Tatsache, dass er gezwungen war, sie einzusetzen, um einen neunzig Zentimeter großen Gargylen aufzuspüren, der seit einem Jahr Styx’ persönlicher Quälgeist war, musste ihn wahnsinnig machen.

»Levet wird noch immer vermisst?«, fragte er. Der winzige Gargyle hatte erstaunlicherweise eine entscheidende Rolle bei der Vernichtung des Fürsten der Finsternis gespielt, doch kurz nach der Schlacht hatte er sich in Luft aufgelöst. Und zwar wortwörtlich.

»Du findest das amüsant?«, knurrte Styx.

»Eigentlich empfinde ich es als erfrischende Erinnerung daran, weshalb ich glücklich bin, Junggeselle zu sein.«

Styx’ Verärgerung schmolz dahin, während sich ein beunruhigendes Lächeln in seinen Mundwinkeln bildete. »Wen versuchst du damit zu überzeugen?«

Santiago blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. »Wovon zu überzeugen?«

»Dass du glücklich seiest«, stellte der ältere Vampir klar. »Allen Gerüchten zufolge stürmst du durch die Gegend und machst allen anderen das Leben zur Hölle, seit Nefri zu ihrem Clan hinter den Schleier zurückgekehrt ist. Das klingt nicht nach einem Mann, der mit seiner Junggesellenexistenz zufrieden ist.«

Diese verdammte Tonya und ihr großes Koboldinnenmundwerk. Santiago steckte sein Handy wieder in die Tasche und streckte ungeduldig eine Hand aus. »Hast du eine Wegbeschreibung zu Gaius’Versteck?«

»Hier.« Styx reichte Santiago ein gefaltetes Stück Papier und griff plötzlich nach seinem Handgelenk. In seinen Augen glitzerte eine Warnung. »Vorerst sind Informationen alles, was ich will. Ist das klar?«

»Kristallklar.«

»Die Orakel werden nicht besonders glücklich sein, wenn sie herausfinden, dass du unbefugt in ihren Spielplatz eindringst«, erklärte Styx warnend. »Bleibe unter dem Radar, amigo, und sei vorsichtig.«

Santiago nickte langsam. »Jederzeit.«

 

KAPITEL 2

Das derzeitige Versteck der Orakel

Auf halber Strecke zwischen Chicago und St. Louis

Nefri kehrte auf einer hohen Klippe mit Blick auf den Mississippi in die Welt der Sterblichen zurück.

Sie zitterte und schlang ihren langen Umhang um ihren großen, schlanken Körper. Nicht wegen der Kälte, obgleich der Oktobernacht eine Kälte innewohnte, die es während ihres letzten Besuches auf dieser Seite des Schleiers nicht gegeben hatte. Es waren die Gefühle, die auf sie einstürmten.

Es war alles so – überwältigend.

Der Geruch der feuchten Erde und des dichten Mooses, das die Ufer des nahe gelegenen Flusses säumte. Der Ruf einer Eule und das Rascheln der abgestorbenen Blätter. Ihr langes, schwarzes Haar, das sich in der Brise bewegte.

Und natürlich ihre ganz eigenen Empfindungen.

Furcht. Hunger.

Leidenschaft.

Nefri blieb vollkommen bewegungslos stehen, ihr blasses, ovales Gesicht versteinert zu einer undurchdringlichen Maske. Sie setzte ein ruhiges Lächeln auf, und ihre ebenholzschwarzen Augen verrieten nichts von ihrem inneren Aufruhr.

Mit ihrer beträchtlichen Stärke war sie imstande, den meisten Gefahren dieser Welt zu trotzen, doch die Kommission bestand aus den mächtigsten Dämonen. Sie konnten sie allein kraft ihrer Gedanken auslöschen.

Es fühlte sich stets wie ein Drahtseilakt an, wenn sie gezwungen war, sich mit ihnen zu treffen. Und zwar auf einem Drahtseil, das jederzeit reißen konnte, sodass sie in den Tod stürzte.

Als sie endlich das Gefühl hatte, bereit zu sein, durchschritt Nefri den Eingang zu den Höhlen, der hinter einem Illusionszauber verborgen gewesen war, und trat in die Mitte der großen Kammer. Sogleich erschien ein Zalez-Dämon.

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