Arthrose bei Pferden - Birgit Dr. Janßen - E-Book

Arthrose bei Pferden E-Book

Birgit Dr. Janßen

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Beschreibung

Wenn ein Pferd lahmt, ist die Sorge des Besitzers vor der Diagnose "Arthrose" besonders groß. Denn diese Gelenkerkrankung, die vor allem die empfindlichen Beine des Pferdes betrifft, ist nicht mit zwei Wochen Trainingspause auskuriert. Oft sind viele aufwendige Behandlungen notwendig, um das entzündete und veränderte Gelenk schmerzfrei zu bekommen, und oft ist die sportliche Nutzung des Pferdes dauerhaft eingeschränkt. Bei frühzeitiger Behandlung und optimaler Betreuung durch den Pferdebesitzer kann der Krankheitsverlauf jedoch zumindest gestoppt und das Pferd noch viele Jahre lahmfrei geritten werden. Dieses Buch hilft dem Pferdebesitzer, die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen, die der Tierarzt vornimmt, nachvollziehen zu können, und gibt viele wertvolle Hinweise, wie man selbst zur schnellen Genesung des Pferdes beitragen kann. Und da Vorbeugen auch bei Arthrose immer noch besser als Heilen ist, hat die Autorin – Pferdetierärztin mit langjähriger Erfahrung in eigener Praxis –diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet.

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Seitenzahl: 89

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Bewegungsfreude trotz Arthrose?!

Neben der Vorstellung verschiedener Diagnose- und Therapiemöglichkeiten verrät die Autorin in diesem Buch, wie Besitzer selbst die Lebensqualität ihres arthrosekranken Pferdes verbessern können. Hier einige wichtige Punkte im Überblick:

Ernährung: Raufutterreich und so abgestimmt, dass das Pferd seine Gelenke nicht durch zu viel Gewicht überlastet. Spezielle Ergänzungsfuttermittel können sich zusätzlich positiv auswirken.

Haltung: Wer rastet, der rostet! Das gilt ganz besonders für arthrosekranke Pferde. Ideal ist die Möglichkeit zu ganztägig gleichmäßiger Bewegung auf griffigem Untergrund, wie sie die Weidehaltung bietet. Training: Dehnungsübungen gefolgt von einer längeren Schrittphase sind das richtige Aufwärmprogramm für Arthrosepatienten. Weiche, federnde Böden sind ideal, enge Wendungen eher kontraproduktiv.

Meinen lieben ElternHilde und Werner gewidmet.

Impressum

Copyright © 2008 by Cadmos Verlag GmbH, Schwarzenbek2. Auflage 2013

Gestaltung: Ravenstein + Partner, Verden

Satz: Grafikdesign Weber, Bremen

Lektorat der Originalausgabe: Anneke Fröhlich

Coverfoto: Dr. Jochen Becker

Fotos im Innenteil: Dr. Jochen Becker, Anneke Fröhlich, Dr. Birgit Janßen, Cornelia RanzHeike Höpner, Christiane Slawik

Zeichnungen: Julia Denmann, Maria Mähler

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN 978-3-8404-6406-5

Inhalt

(Foto: Höpner)

Einleitung

Form und Funktion von Gelenken

    Wie sieht ein gesundes Gelenk aus?

    Was heißt „Arthrose“ überhaupt?

    Welche Gelenke erkranken am häufigsten?

    Welche Pferde sind besonders betroffen?

    Gibt es eine erbliche Veranlagung?

Vielfältige Symptome

    Es beginnt mit einer Arthritis

    Wie entwickelt sich eine Arthrose?

    Typische Krankheitszeichen

Diagnostische Möglichkeiten des Tierarztes

    Allgemeine Lahmheitsuntersuchung

    Spezielle Untersuchungen

        Diagnostische Anästhesie

        Röntgen

        Ultraschall (Sonografie)

        Wärmebilddiagnostik

        Szintigrafie

        Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT)

        Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

        Auswertung

Medizinische Behandlungsansätze

    Erstbehandlung

    Einsatz von Arzneimitteln

        Entzündungshemmer

        Hyaluronsäure

    Physikalische Therapien

        Wärme- und Kältebehandlungen

        Magnetfeldtherapie, Laserlichtbehandlung

        Behandlung mit Röntgenstrahlen

        Stoßwellentherapie

    Biotechnologische Verfahren

    Chirurgische Therapien

        Gelenkspiegelung (Arthroskopie)

        Auskratzen von Zysten (Kürettage)

        Chirurgische Therapien an Sehnen und Bändern

        Versteifung von Gelenken (Arthrodese)

        Nervenschnitt (Neurektomie)

    Orthopädischer Hufbeschlag

    Ergänzungsfuttermittel

        Glykosaminoglykane

        Ungesättigte Fettsäuren

        Radikalenfänger

        Schwefel

        Pflanzliche Mittel

        Mineralstoffe und Vitamine

Ganzheitliche und alternative Heilverfahren

    Homöopathie

    Akupunktur, Akupressur

    Physiotherapie

        Chiropraktik, Osteopathie

        Kinesiotherapie (Bewegungstherapie)

        Shiatsu

Der Umgang mit dem arthrosekranken Pferd

    Ernährung

    Haltungsbedingungen

    Training

    Physiotherapie

Möglichkeiten der Vorbeugung

    Zuchtauswahl

    Haltung, Fütterung und Aufzucht

    Korrektur von Fehlstellungen

    Ausrüstung

    Trainingsaufbau

Anhang

    Literaturtipps

Einleitung

Was bewegt einen Menschen dazu, dieses Buch in die Hand zu nehmen? Ist es die tief empfundene Liebe zu einem ganz besonderen, einzigartigen Pferd oder Pony, für das man die Verantwortung trägt? Vielleicht ist es schon älter oder wirklich alt und man hofft, seine körperliche und seelische Verfassung zu erhalten oder sogar wieder zu verbessern. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der Vierbeiner des Lesers dieses Buches bereits von Störungen in seiner Gelenkgesundheit betroffen sein und der Besitzer sucht nach Informationen, Rat und Hilfe.

Das Thema Arthrose bei Pferden ist erstaunlich vielseitig und umfasst viele Aspekte aus dem gesamten Leben eines Pferdes. Die Vorbeugung beginnt eigentlich schon mit der Zuchtauswahl, der Er nährung der Stute vor der Geburt und während der Säugeperiode. Auch die Lebensbedingungen und die Ernährung des Jungpferdes haben einen wichtigen Einfluss darauf, wie die Gelenke sich entwickeln und wie belastungsfähig sie ein Pferdeleben lang bleiben. Entscheidende Faktoren sind der Zeitpunkt des Anreitens sowie die Art und Weise der (meist reiterlichen) Nutzung durch den Menschen. Mit zunehmendem Alter, abhängig von der Gelenks- und Allgemeingesundheit des Pferdes, treten Umstände ein, die eine tierärztliche Hilfe erforderlich machen können.

Zum Verständnis der Krankheitszustände an diesen besonderen Strukturen des Körpers, den Gelenken, ist es sinnvoll, sich zunächst mit dem gesunden Gelenk vertraut zu machen. Deshalb ist diesen Grundlagen der erste Themenbereich des Buches gewidmet. Was im Krankheitsfall geschieht, ist daran anschließend geschildert, bevor die Möglichkeiten der tierärztlichen Diagnostik und Therapie aufgeführt und erläutert werden. Viele Fachbegriffe und lateinische Namen finden leicht verständliche Erklärungen, die dabei helfen, die Vorgehensweise des Tierarztes besser nachvollziehen zu können. Auch die ganzheitlichen und alternativen Therapieverfahren werden angesprochen.

Weil sie gerade bei der Arthrose so wichtig sind, wurde den praktischen Hilfestellungen des Pferdehalters viel Platz gewidmet: Der richtige Umgang mit dem arthrosekranken Pferd kann den Verlauf der Erkrankung ganz wesentlich beeinflussen und dem Pferd trotz der vorhandenen Veränderungen in den Gelenken noch ein schönes Leben ermöglichen.

Abschließend geht es um die Möglichkeiten der Vorbeugung. Beherzigt man ein paar grundlegende Punkte bei Haltung, Umgang und Training, lässt sich in allen Lebensstadien des Pferdes viel dazu beitragen, dass eine Arthrose gar nicht erst entsteht.

Ich hoffe, allen Lesern viele Informationen, praktische Anregungen und Tipps zu bieten und vor allem im ganz alltäglichen Umgang mit dem Pferd zum Nachdenken und bewussten Handeln anzuregen.

Form und Funktion von Gelenken

(Foto: Slawik)

Um das Krankheitsbild Arthrose zu verstehen, ist es zunächst wichtig zu wissen, wie ein gesundes Gelenk aussieht, wie es aufgebaut ist, wie es funktioniert und welche Stoffwechselvorgänge dort ablaufen. Natürlich möchte man möglichst schnell erfahren, was dem betroffenen Pferd konkret hilft – doch ohne Grundlagenwissen kann es kein Verständnis des Krankheitsfalls geben.

Wie sieht ein gesundes Gelenk aus?

Ein Gelenk stellt die bewegliche Verbindung zwischen mindestens zwei Knochen dar. Die Knochen werden durch straffe Bänder aus Bindegewebe seitlich oder auch innerhalb des Gelenks in Position gehalten. Die unmittelbaren Kontaktflächen der Knochen sind von Knorpel überzogen. Die verknorpelten Gelenkflächen werden rundum durch die aus feinem, elastischem Bindegewebe bestehende Gelenkkapsel begrenzt, die also ebenso wie die straffen Bänder vom einen zum anderen Knochen zieht. Die Gelenkkapsel teilt sich in zwei Schichten: eine außen liegende Bindegewebsschicht (Stratum fibrosum) und eine innen liegende, sehr stoffwechselaktive Zellschicht, die aus den sogenannten Synovialzellen besteht (Stratum synoviale).

Das Skelett des Pferdes: Gliedmaßen und Wirbelsäule sind von zahlreichen unterschiedlichen Gelenkstrukturen geprägt. (Zeichnung: Denmann)

Die Gelenkkapsel bildet einen kleinen Hohlraum, der mit Gelenkflüssigkeit gefüllt ist. Diese Flüssigkeit ist ein ganz besonderes Kunstwerk der Natur. Besonders ihr wichtigster Bestandteil, die von den Synovialzellen abgegebene Hyaluronsäure, erfüllt mehrere Aufgaben. Unter Druck verfestigt sie sich unmittelbar und wird deshalb nicht aus dem schmalen Gelenkspalt gepresst, wenn das Gelenk Last aufnimmt. Dadurch unterstützt sie die puffernde Wirkung des Knorpels und wirkt gleichzeitig als Schmiermittel, indem sie sich wieder verflüssigt, sobald der Druck wieder nachlässt. Zudem wirkt sie als Nährlösung für die Knorpelschicht, die nicht durchblutet ist und nur durch die Gelenkflüssigkeit und vom darunter liegenden Knochen aus ernährt werden kann. Ebenso müssen alle Aufgaben der Infektionsabwehr und Reparaturmaßnahmen über die Gelenkflüssigkeit erfolgen. Die Gelenkflüssigkeit selbst wird von Zellen der Innenwand der Gelenkkapsel produziert. Eine unmittelbare Blutversorgung der Innenflächen von Gelenken ist ausgeschlossen, da die dort frei werdenden Kräfte zum sofortigen Platzen der Blutgefäße führen würden.

Schematischer Aufbau eines Gelenks im gesunden Zustand (links) und mit Arthrose (rechts).

(Zeichnung: Mähler)

Sogenannte inkongruente Gelenke, bei denen die Gelenkflächen nicht genau aufeinanderpassen (zum Beispiel das Kniegelenk), besitzen mittig Knorpelscheiben (Menisken), welche die Knochenenden zusätzlich gegeneinander abpolstern.

Die Gelenke sind zumeist von Sehnen, Sehnenansätzen mit polsternden Schleimbeuteln und Muskulatur umgeben, welche für ihre jeweilige Funktion sorgen. Je nach Lage des Gelenks kann es sich um sehr straffe Gelenke handeln, wie zum Beispiel im Bereich der Brustwirbelsäule, oder um beweglichere, wie etwa in der Halswirbelsäule. Die straffen Bänder am Gelenk dienen als seitliche Führung und zur Begrenzung der Beweglichkeit, um Schäden am Gelenk zu verhindern. In zwei Gelenken, dem Vorderfußwurzelgelenk und dem Sprunggelenk, sind mehrere kleine Knochen in Etagen angeordnet und durch Bänder sehr straff miteinander verbunden. In den Gliedmaßen ermöglicht die Gesamtheit der Gelenke den entspannten Stand sowie den geordneten Bewegungsablauf.

Was heißt „Arthrose“ überhaupt?

Arthrose ist der Fachbegriff für eine chronische, schmerzhafte, zunehmend funktionsbehindernde Gelenkveränderung.

Diese chronischen Veränderungen können in allen Teilen des Gelenks bestehen: Die Knorpelflächen sind abgeschliffen oder abgesprengt (Chip-Bildung), die Gelenkkapsel ist vergrößert und verdickt, ihre Innenseite ist mit dicken Zotten aus Bindegewebe bewachsen, um die fehlende Polsterwirkung der Gelenkflüssigkeit auszugleichen.

Aufgrund der fortdauernden Reizung durch die fehlende Knorpelpufferung kann es zunächst zur Entzündung, später zu Auflösungserscheinungen in den unter dem Knorpel liegenden Knochen kommen; der Mediziner spricht von Sklerosierung des Knochens („Osteosklerose“). Auch können dort Zystoide (kleine Hohlräume) in der Knochensubstanz entstehen, welche die Tragfähigkeit des Knochens verringern.

Die veränderten Belastungsverhältnisse können dazu führen, dass sich am Rand des Gelenks Knochengewebe entzündet und zu wuchern beginnt. Man bezeichnet das als Exostose.

Fast alle Erscheinungen der Arthrose sind mit Schmerzentwicklung verbunden. Erst nach Abschluss der Entzündungsprozesse kann es zu einem Zustand kommen, der durch die Versteifung des Gelenks zwar mit einer Bewegungseinschränkung verbunden ist, aber mit Schmerzfreiheit einhergeht. Dennoch wird dieser Zustand durch wiederkehrende schmerzhafte Entzündungsschübe unterbrochen werden, welche dann eine angemessene Behandlung notwendig machen.

Bei fortgeschrittener Arthrose kommt es oft zu Wucherungen des Knochengewebes und damit einhergehend zur Verdickung und Versteifung des Gelenks. (Foto: Bosse)

Spat, Schale und Hufrollenentzündung

Es gibt einige Lahmheitsursachen, die keine reinen Arthrosen sind, da nicht nur die Gelenke allein, sondern noch weitere Teile des Bewegungsapparates mit erkrankt sind.

Der SPAT ist eine Periarthritis (örtlich umgrenzte Entzündung gelenknaher Bereiche) des Sprunggelenks, die mit einer Arthrose der straffen kleinen Gelenke innerhalb dieses komplexen Gelenks einhergeht. Nicht immer ist der Spat mit Lahmheit verbunden – die Knochenauftreibungen an der Gelenkinnenseite und die Versteifung der kleinen Gelenke sind dann nur auf dem Röntgenbild zu erkennen. Es wird diskutiert, ob es sich um eine Übergangsform im Zuge der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Pferdes handelt, die hinführt zu einem, aus weniger Knochen bestehenden Sprunggelenk.

Von SCHALE spricht man bei chronischen Knochenwucherungen am Ansatz der Gelenkkapsel rund um das gesamte Gelenk, die sich vor allem am Fessel-, Kron- und Hufgelenk bilden. Ursachen sind Verstauchungen oder Zerrungen, die nicht lange genug ruhig gestellt wurden. Mit der Schale entwickelt sicheine Verschleißarthrose, wenn der Knorpel degeneriert. Monate bis Jahre nach Ausbruch kann es zur Versteifung des betroffenen Gelenks und damit einhergehend zur Schmerzfreiheit kommen.

Die HUFROLLENENTZÜNDUNG (Podotrochlose), die fast ausschließlich an den Vorderbeinen auftritt, ist eine chronische, degenerative Erkrankung. Die Hufrolle setzt sich aus dem Strahlbein, dem Hufrollenschleimbeutel und einem Anteil der tiefen Beugesehne zusammen, wobei Strahlbein und Schleibeutel das Gleitlager für die Sehne bilden. Die Entzündung, deren Ursachen noch nicht endgültig geklärt sind, kannalle drei Bestandteile betreffen. Das beteiligte Hufgelenk kann, muss aber nicht gleichzeitig arthrotisch verändert sein.

Welche Gelenke erkranken am häufigsten?

Grundsätzlich können alle Gelenke entzündlich erkranken. Allerdings ist es naheliegend, dass die straffen Gelenke, wie etwa in der Brustwirbelsäule, weniger häufig betroffen sind als beweglichere Gelenke. Das liegt ganz einfach daran, dass bei Ersteren die Beweglichkeit rein mechanisch so stark eingeschränkt ist, dass es seltener zu Verschleißerscheinungen oder Traumen kommen kann.