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Dieses Buch beschreibt Erlebnisse eines Arztes im Wochenenddienst, die sich aus dem einen oder anderen Grund eingeprägt haben. Neben vielen positiven Erfahrungen gibt es auch immer wieder Situationen, die einen langjährigen Mediziner erstaunen oder ärgern, die zum Nachdenken anregen oder ratlos machen.
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Seitenzahl: 59
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Diese Geschichten sind in vielen Diensten am Tage, in der Nacht und am Wochenende aufgeschrieben worden. Viele liebe Menschen haben mir dabei geholfen, die richtigen Worte zu finden. Es gab allerdings auch Kollegen, Freunde und Familienmitglieder, die mir nicht helfen konnten oder wollten.
Ohne meine Ehefrau Sabine wäre dieses Buch nicht entstanden.
Nochmals ein herzliches Dankeschön an alle.
Geschafft
Abgeschleppt
Ein Patient
Antibiotika
Meine Frau ist krank
Der kleine Finger
Der sehr spezielle Patient
Die Hausentbindung
Die Pille danach
Dienst in der Stadt
Dunkles Blut
Entscheidungen
Es geht um meinen Vater
Merkwürdig
Nachtdienst
Rücken
Überraschung
Ein Dienst-Tag
Ein schweres Stück Arbeit
Eine schlechte Nachricht
Ohrschmerzen
Ist es das Herz?
Im Krankenhaus (von Gerd V.)
Arztbesuche (von Sabine Debusmann)
Ich bin gut angekommen in der Stadt, in der ich ärztlichen Dienst/Bereitschaftsdienst absolviere. Ich bin 71 Jahre alt und vertrete einen dortigen Arzt, der auch ein wenig Freizeit für seine Familie haben will.
Aber: so einfach hinsetzen und die Telefonate entgegennehmen ist das nicht. Ein Dienst von 24 Stunden, Anfahrt 1,5 Stunden, Rückfahrt 1,5 Stunden, vielleicht unterwegs Stau (es wird viel um diese größere Stadt herum gebaut, die Straßen sind voll, die Autofahrer sind genervt und teilweise viel zu schnell unterwegs und es ist, was im Norden eher selten ist, schwül-warm). Also: Essen, Trinken, Belohnung bei Stress (Schokolade, Schokopudding), Lesen und dieses hier: Schreiben. Eigentlich müsste ich das Handy abstellen, wenn es klingelt, muss ich los. Unterwegs sein innerhalb der mir fremden Stadt, anfangs mit Karte, später mit Navigationsgerät. Schon ist der Faden zum Schreiben natürlich gerissen und wer weiß, wann und wie es wieder weitergeht Dann hat man eine Schreibhemmung.
Auch das Ankommen in dieser Stadt ist nicht so einfach. Reinfahren, Tür aufmachen, hinsetzen, los geht's: ist nicht. Ich brauche einen Parkplatz, auf den ich mich mit meinem Auto stellen kann. Im Zentrum ist zwar massenhaft Platz, aber nicht zum Parken. Öfter schon habe ich ein sogenanntes „Knöllchen“ kassiert. Einmal wurde ich sogar abgeschleppt. Jetzt suche ich Parkplätze, an denen ich stehen darf. Ohne Angst vor Knöllchen, ohne Angst, abgeschleppt zu werden. Bis zum nächsten Ereignis.
Im Winter muss ich Decken mitschleppen. Ein Klappbett steht vor Ort. Lesestoff und Verpflegung sowie alle notwendigen Papiere für den Dienst muss ich in meinem Aktenkoffer transportieren. Der Parkplatz soll nicht zu weit von der Praxis entfernt sein. Das Schleppen der Decken, Kissen, Tücher in der linken Hand. In der rechten Hand den Aktenkoffer. Dieses Schleppen fällt mir immer schwerer. Es geht zwei Etagen höher, zum Glück mit einem Aufzug. Wehe, wenn der mal stecken bleibt. Dann bin ich eingesperrt und die Telefonnummer zur „Freiheit“ ist draußen vor der Türe angebracht. Ob ich mal den roten Knopf teste, den Alarmknopf? Ich habe es noch nicht gewagt. Nun bin ich angekommen. Den Schlüssel habe ich dabei. Einmal, bei einer anderen Vertretung, hat der Schlüssel plötzlich nicht mehr gepasst. Es war eingebrochen worden, das Schloss wurde ausgetauscht und ich hatte keine Kenntnis davon. Einmal war ich sogar wegen solch einer „Konstellation“ wieder nach Hause gefahren. Ärgerlich für mich und den Kollegen, den ich vertrete. Ich musste über eine Stunde zurückfahren und der Kollege, in dem Fall eine Kollegin, war zum Dienstantritt nicht erreichbar.
Weiter: Der Schlüssel passt, meine „Fressalien“ werden in den Kühlschrank eingeräumt. Obwohl: wirklich Platz gemacht wurde nicht.
Die Schreibsachen werden ausgebreitet und nun könnte es eigentlich losgehen. Geht es aber nicht. Weil zurzeit niemand krank sein will? Es kann auch passieren, dass die falsche Telefonnummer von der Zentrale eingespeichert wird. Ich habe nach etlichen Stunden angerufen und nachgefragt: „Nein, Ihre Telefonnummer haben wir nicht. Aber wir ändern es.“
Kein Wunder, dass dann niemand einen Arzt benötigt.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben.
Ich hole zum Verständnis der sehr speziellen Situation etwas weiter aus: Ich vertrete Kollegen immer wieder im Wochenend- und Nachtdienst. So auch hier. Es ist Mittwochabend und ich muss bis Donnerstagmorgen hier „die Stellung halten“. Die Diensträume sind zentral am Marktplatz (und es besteht Residenzpflicht, d. h. man muss am Ort des Dienstes präsent sein). Der Parkplatz ist leider etwas weiter weg. Sehr ungute Erfahrungen habe ich gemacht als ich mich aus Unkenntnis auf einen einheimischen Parkplatz gestellt habe, nicht wissend, dass ich in die vom Ordnungsamt gestellte Falle tappen werde.
Der Dienst war anstrengend, die Patienten auch, der letzte Hausbesuch war gegen Mitternacht. Wieso waren plötzlich und unerwartet alle krank geworden? Morgen ist doch ein ganz normaler Arbeitstag und alle Hausärzte stehen zur Verfügung. Natürlich war es bei allen ganz schlimm und es ging gar nicht mehr anders: der Arzt muss her. Sofort! Und das war leider ich. „Nein, ich war heute Vormittag nicht beim Hausarzt.“ (ob er/sie vielleicht länger warten musste?). Da war es angeblich noch nicht so schlimm. Jetzt sind die Schmerzen schlimm. Es ist Mitternacht (Bemerkung am Rande: natürlich war es nicht so schlimm, man hätte ein Schmerzmittel nehmen können und tags drauf zum Hausarzt gehen können, der hätte mit Sicherheit mehr gewusst als ich so völlig ohne Hintergrundinformationen). Ich bin ob dieser Anspruchshaltung immer wieder begeistert.
Nach getaner Arbeit parke ich vor der Dienstpraxis, auf einem ausgewiesenen Parkplatz, nach dem Motto: ich will endlich mal brav auf einem eingezeichneten Parkplatz parken. In der Nacht waren noch etliche Anrufe, ich war geschafft (man ist ja auch nicht mehr der Jüngste).
Morgens komme ich mit Sack und Pack – ich habe in der Praxis übernachtet – vor die Türe und finde ... mein Auto nicht. Es ist Markttag, der ca. 10 Uhr beginnt und schon eine Menge Leute sind unterwegs, um ihre Marktstände aufzubauen. Ich frage einen Herrn mit roter Überjacke, der als Marktleiter gekennzeichnet ist. „Ja, haben Sie nicht gesehen? Hier ist jetzt 2 Stunden lang absolutes Halteverbot. Wir brauchen den Platz für die Verkaufswagen. Ich habe das Auto abschleppen lassen.“ Ich schaue nach, das Halteverbot ist von 6 bis 8 Uhr und der Markt beginnt um 10 Uhr. Jetzt ist es 7 Uhr morgens. „Aber haben Sie nicht gesehen, dass ich als Arzt gekennzeichnet bin. Ich brauche mein Auto für die Patienten. Für die Kranken. Und die Würstchenbude kann doch kurzfristig auf einen Meter Platz verzichten, oder?“ „Das ist mir egal. Wir (er hatte sich mit mehreren Marktbeschickern besprochen) haben gedacht, da foppt uns einer mit einem Arztschild. Nachts und morgens hat er doch hier nichts zu suchen.“
Ich war sprachlos. Der Marktleiter zeigte mir das Schild, dass das Parkverbot aussprach. Es stand ca. 10 m weiter weg, von dieser Position nicht lesbar und war ca. 4 m hoch installiert. „Und das soll ich um Mitternacht erkennen können?“
Das Auto war weg, einfach abtransportiert, und ich kannte mich nicht aus. Der