Asiens Energiehunger - Karl Pilny - E-Book

Asiens Energiehunger E-Book

Karl Pilny

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Beschreibung

Wir stehen an einem dramatischen Wendepunkt - vor allem aufgrund des historisch einmaligen Wirtschaftswachstums in China und Indien. Die Folge daraus ist ein sich rasant zuspitzender Wettbewerb um die begrenzten fossilen Energiequellen wie beispielsweise Öl und Gas. Um Energieressourcen zu sichern, werden jetzige und künftige Weltmächte zunehmend auf politische Machtspiele, aber auch auf Waffengewalt zurückgreifen. Deshalb sind tiefgreifende Änderungen notwendig, nicht nur in der Art der Energiegewinnung, sondern auch in der Verteilung und Nutzung der gewonnenen Energie. Dieses Buch soll dem Leser ein umfassendes Verständnis über unsere Energieversorgung vermitteln: Was sie ist, welche Bedeutung sie hat, und warum sie so wichtig ist.

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Seitenzahl: 347

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

[email protected]

1. Auflage 2011

© 2011 FinanzBuch Verlag, ein Imprint

der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Moritz Malsch, BUCH CONCEPT

Lektorat: Nicole Luzar

Satz: HJR, Jürgen Echter, Landsberg am Lech

Korrektorat: Silke Grauenhorst

Epub: Grafikstudio Foerster, Belgern

ISBN 978-3-86248-252-8

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1: Der Zusammenbruch des amerikanischen Traums

Was passiert, wenn China dem amerikanischen Traum folgt?

Das chinesische Wirtschaftswunder

Überbevölkerung?

Die Brillanz der Menschheit

Energie für die Menschheit

Die deutsche Solarbranche: Ein Vorgeschmack auf die Zukunft?

Asien nimmt Platz am Tisch der Mächtigen

Kapitel 2: Die Kräfte Asiens

Das Land der aufgehenden oder der untergehenden Sonne

Der Aufstieg Chinas

Der indische Weg

Kapitel 3: Genug ist genug

Die Energie der USA

Unstillbare Nachfrage

Energieversorgung

Öl

Woher soll mehr Öl kommen?

Die Auswirkungen des knapper werdenden Ölangebots

Auswirkungen auf die Umwelt

Der Klimawandel

Der Umgang mit dem Klimawandel

Kapitel 4: Die Energierevolutionen – Zwang der Notwendigkeit

Was ist Energie?

Die erste Energierevolution – Landwirtschaft

Das Mittelalter

Die Anfänge der Revolution fossiler Brennstoffe

Die nächste Energierevolution: Elektrizität

Die Geburtsstunde des Öls

Der erste Krieg um die fossilen Brennstoffe

Der zweite Krieg um die fossilen Brennstoffe

Der nukleare Traum

Die Renaissance von Erdgas

Die zweite Ölkrise

Das europäische Energieproblem

Abhängig vom Öl

Kapitel 5: Die Alternativen

Die Kraft des Wassers

Die Kraft der Ozeane

Wenn der Wind weht

Erdwärme

Geothermische Wärmepumpen

Die nukleare Realität

Asiens nuklearer Traum – nach Fukushima

Zwischen Umdenken …

… und wirtschaftlichen Interessen

Kernfusion

Energie aus Biomasse

Die Sonne scheint immer

Keine Alternative zu den alternativen Energien?

Kapitel 6: Die digitale Energie-Revolution

Automation

Der Tiefschlaf der Autobauer

Innovators Dilemma?

Die Prius-Revolution

Der springende Drache

Erfahrung mit Elektrofahrzeugen

Aufbruch ins Elektrozeitalter

Das Elektroauto betanken

Wo soll der Strom herkommen?

Die Verbreitung der Brennstoffzellen

Das Ende des Traums vom Brennstoffzellenauto?

Die Internetisierung der Energie

Kapitel 7: Der Kalte Energie-Krieg

Vergangene Verbrechen ‒ gegenwärtige Spannungen

Das große Energie-Spiel wird unangenehm

Die Frontlinie des Kalten Energie-Krieges

Das Ende von Chimerika?

Kapitel 8: Die Mauer niederreißen

Einige Fragen bezüglich erneuerbarer Energien

Eine bessere Nutzung der vorhandenen Energie

Der Wechsel zu Erdgas – einige fossile Brennstoffe sind besser als andere

Die Zukunft liegt in sauberer Energie

Weiter so?

Einleitung

»Es war die beste und die schönste Zeit, ein Jahrhundert der Weisheit und des Unsinns, eine Epoche des Glaubens und des Unglaubens, eine Periode des Lichts und der Finsternis. Es war der Frühling der Hoffnung und der Winter des Verzweifelns. Wir hatten alles, wir hatten nichts vor uns; wir steuerten alle unmittelbar dem Himmel zu und auch alle unmittelbar in die entgegengesetzte Richtung.«

Die Anfangszeilen von Charles Dickens’ Geschichte aus zwei Städten vermitteln all die Hoffnungen und Ängste, die mit einer nie zuvor erlebten Zeit der Neubewertung einhergehen. Vor dem Hintergrund der Französischen Revolution sowie der Umwälzungen, die die industrielle Revolution in der Gesellschaft bewirkte, wirft Dickens’ Buch Fragen über die Rechte des Individuums und deren Bedeutung für Gesellschaft und Politik auf. Obgleich vor über 150 Jahren geschrieben, scheinen diese Zeilen auch dem Gegensatz von Hoffnung und Verzweiflung unserer eigenen Zeit lebhaften Ausdruck zu verleihen.

Einerseits leben wir in der besten aller Zeiten. Niemals zuvor hat unser Planet so viele Menschen ernährt. Heute sind es annähernd sieben Milliarden, im Vergleich zu lediglich 1,5 Milliarden in den 1850er Jahren, als Dickens seinen Roman schrieb. Nie zuvor haben so viele Menschen so lange gelebt. In den 1850ern betrug die Lebenserwartung in Frankreich gerade einmal 43 Jahre; heute sind es 83 Jahre. In weiten Teilen Europas, in Japan und Amerika sieht die Situation ähnlich aus. Nie zuvor erreichten so viele einen so hohen Lebensstandard. Über eine Milliarde Menschen rund um die Welt genießen einen Lebensstandard, der mit dem eines durchschnittlichen Amerikaners oder Europäers vergleichbar ist, und beinahe genauso viele Leute verfügen über Mobiltelefone und Internetzugang.

Andererseits herrschen für viele Menschen auf dem Planeten auch die schlechtesten aller Zeiten. Noch immer wüten Kriege und Konflikte rund um den Globus. In den Vereinigten Staaten, Japan und einem Großteil Europas hat die jüngste Finanzkrise die Staatskassen ebenso verwüstet wie die persönlichen Rücklagen und so grassierende Angst und Frustration ausgelöst. Umweltprobleme bedrohen unser Ökosystem, und die natürlichen Rohstoffe sind fast erschöpft. Das Ausmaß der weltweiten Armut ist noch immer enorm – die Weltbank schätzt, dass 1,4 Milliarden Menschen in absoluter Armut leben. Verschlimmert wird dies noch dadurch, dass während der kommenden 30 Jahre ein Wachstum der Weltbevölkerung um weitere zwei Milliarden Menschen erwartet wird, was bedeutet, dass noch mehr Münder ernährt, noch mehr Körper gekleidet und noch mehr Energie bereitgestellt werden müssen.

Als Dickens’ Geschichte aus zwei Städten entstand, wurde Großbritanniens Vorherrschaft in der Welt herausgefordert. Eine Reihe Revolutionen quer durch Europa in den Jahren 1848/1849 führte zu neuen Regimes, neuen Ideen und neuen politischen Führern wie Otto von Bismarck in Preußen, der Deutschland vereinte, um Großbritannien die Rolle als »Werkbank der Welt« streitig zu machen. Der erbitterte Wettbewerb zwischen Großbritannien und Deutschland drängte daraufhin die Unternehmen zum schnellsten Innovationstempo aller Zeiten. Zu diesen Innovationen zählte die rasche Verbreitung der Dampfmaschine, des Eisenbahnverkehrs, des Verbrennungsmotors und des Automobils. Das Resultat dieser ersten fossilen Brennstoffrevolution war, dass Europa zum Ende des 19. Jahrhunderts vor Kraft strotzte wie nie zuvor: vor wirtschaftlicher Stärke, intellektueller und wissenschaftlicher Kraft, politischer Macht, kultureller Kraft und ganz besonders der Kraft der Kohle.

Die Kohle trieb die gewaltigen Dampfmaschinen an, die Europa zum Bau einer ungekannten Infrastruktur aus Eisenbahnen, Schiffen und Fabriken bewegten. Auf dem gesamten Kontinent explodierte der Lebensstandard und die Kohle wurde so wichtig, dass Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts während eines einzigen Jahres so viel Kohle förderte wie in den vorangegangenen 50 Jahren insgesamt. Doch das fossile Brennstofffieber forderte auch Opfer. Zu Dickens’ Zeit griffen in ganz Europa der Klassenkampf sowie die Auflehnung gegen die Monarchien um sich. Veränderungen – Plattenverschiebungen – gehen selten einfach vonstatten, und Revolutionen bringen immer Verwerfungen – Wellengekräusel – mit sich. Für viele war es eine Epoche der Verzweiflung.

Heute befinden wir uns inmitten der digitalen Revolution, einer Revolution, die nicht weniger dramatisch verläuft als ihre industrielle Vorgängerin. Ohne die digitale Revolution hätten wir keine Computer, kein Internet, keine Mobiltelefone und keines der zahllosen elektrischen Geräte, die heute in unserem Alltag eine so wichtige Rolle spielen. Die Entwicklung schritt so schnell voran, dass ein moderner Konsumartikel wie die Spielkonsole Wii von Nintendo für 300 US-Dollar mehr Rechenleistung aufweist als alle Computer zusammen, mit denen die NASA Neil Armstrong vor 40 Jahren zum Mond schickte. Zwar haben wahrscheinlich die meisten von uns das Gefühl, dass sich ihr Leben verbessert und ihre Chancen vergrößert haben, aber die vollständige Umwälzung und das Tempo der Veränderungen hat auch viele Menschen desillusioniert und in die Verzweiflung getrieben. Für viele, die in der Musik- oder der Zeitungsbranche arbeiten, ist die Epoche der Verzweiflung Realität.

Wenn man bedenkt, dass jedes digitale Produkt und seine Komponenten aus 10 bis 20 Ländern stammen können, wird deutlich, dass die digitale Revolution den weltweiten Wettbewerb sowohl erst ermöglicht als auch verstärkt hat. Mit den Worten des amerikanischen Autors Thomas Friedman ausgedrückt: »Die Welt ist flach«, was bedeutet, dass Länder, Unternehmen und Individuen heute mehr denn je weltweit und auf Augenhöhe gegeneinander antreten können. Einer der Hauptprofiteure dieses Abflachungsprozesses ist China; und China ist es auch, das – wie einst Deutschland gegenüber Großbritannien – den USA und Europa die Führungsrolle in der Welt streitig macht.

Das chinesische Wirtschaftswunder hat das Pro-Kopf-Einkommen dort seit 30 Jahren ohne Unterbrechung um 10 Prozent jährlich steigen lassen. Dies wurde durch eine weitgehende Exportfixierung erreicht – 2009 gelang es China, Deutschland als Exportweltmeister abzulösen. Dies ist jedoch erst der Anfang. Chinas Lebensstandard liegt noch weit unter dem der größten asiatischen Volkswirtschaft, Japan, obwohl China gerade Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt überholt hat. Die chinesische Regierung hat diese Zielmarke fest im Blick. Dank der massenweisen Verbreitung von Internet und Mobiltelefonie hat die Regierung auch keine Wahl, als einen höheren Lebensstandard für das Volk anzustreben. Die Alternative sind ziviler Ungehorsam und Unruhen oder gar Revolutionen.

China steht vor einer ganz ähnlichen Aufgabe wie die USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals erlebten die USA innerhalb von 30 Jahren den phänomenalen Aufstieg von einer frisch gebackenen Nation zur weltweit führenden Ökonomie. Der entscheidende Unterschied ist, dass die USA um 1900 eine Bevölkerung von 76 Millionen Menschen hatten. Heute wollen sich 1,3 Milliarden Chinesen den amerikanischen Traum erfüllen, von den Indern, Bangladeschis, Pakistanis, die den Chinesen dicht auf den Fersen folgen, ganz zu schweigen. Zusammen machen sie 40 Prozent der Weltbevölkerung aus, und alle Regierungen stehen unter Druck, die Armut zu lindern und ihren Völkern einen höheren Lebensstandard zu verschaffen. Die massiven Auswirkungen des asiatischen Auftstiegs werden bereits sichtbar, indem sich das Zentrum des Welthandels und der Produktion nach Asien verschiebt. Die Herausforderung für die Menschheit besteht darin, diesen Ländern einen höheren Lebensstandard zu ermöglichen, ohne die Ressourcen der Erde über die Grenze der Belastbarkeit auszubeuten und ohne dass größere Konflikte entstehen. Es handelt sich – gelinde gesagt – um die größte Herausforderung unserer Zeit.

Zum Glück leben wir in einem Zeitalter des Wissens. Nie zuvor waren so viele Menschen so gut ausgebildet – rund um den Globus befinden sich die Alphabetisierungsraten auf einem Allzeithoch. Noch nie hatten die Universitäten so viel Zulauf. Das bedeutet: Mehr Geisteskraft arbeitet an mehr Lösungen für die Herausforderungen der Menschheit. Das Innovationstempo ist atemberaubend. Die digitale Revolution steht exemplarisch dafür.

Der erste Mikrochip von Intel aus dem Jahr 1971umfasste 2.300 Transistoren und war halb so dick wie ein menschliches Haar. Der heutige Intel® Core™2 Duo Prozessor verfügt über 291 Millionen Transistoren, dem 100.000-Fachen von Intels erstem Chip. Zugleich ist er nur noch ein Hundertstel so groß. Schon werden Chips dreidimensional gestapelt. Und die digitale Revolution beschränkt sich nicht auf ein Land oder eine Region – ihre Zukunft verteilt sich auf eine ganze Reihe von Ländern. Während China die meisten der digitalen Produkte vom iPod bis zum Laptop produziert, die wir rund um den Globus kaufen, stammt die Software, die auf diesen läuft, von einer ganzen Reihe Unternehmen wie Microsoft und SAP, die um die ganze Welt verteilt sind.

Alle Parteien und Marktakteure sind durch das Internet miteinander verbunden, das Informationen und Wissen in Echtzeit um den Erdball fließen lässt. Der mit 200 Millionen Nutzern größte und am schnellsten wachsende Internet-Markt ist China. Bei den Mobiltelefonen sieht es ähnlich aus. China und Indien sind mit insgesamt einer Milliarde Nutzern die größten Märkte der Welt, aber die technologische Entwicklung findet – noch – in Finnland, Japan und Taiwan statt. Genau solches Wissen sowie die Fähigkeit, andere daran teilhaben zu lassen, wird uns in die Lage versetzen, die größten Herausforderungen, denen sich die Welt heute gegenübersieht, zu meistern: das Wachstum von Asien, speziell Indien und China, und die Suche nach Energieformen, die eine Verbesserung des Lebensstandards möglich machen.

Energie ist der Schlüssel zum Fortschritt. Auf der grundlegendsten Ebene kommt unsere lebensnotwendige Energie aus der Nahrung. Unser heutiger Lebensstandard hängt untrennbar von unserem Zugang zu und Gebrauch von externen Energiequellen ab. Ohne Energie können wir nichts tun. Alles um uns herum, vom Auto bis zum Internet, benötigt irgendeine Energiequelle. Heute sind es Öl oder Elektrizität. In der Vergangenheit war es ein Pferd und wiederum davor körperliche Arbeit des Menschen selbst.

In der Wirtschaftslehre greifen die Produktionsfaktoren – Land, Kapital und Arbeit – ineinander und bringen Wohlstand hervor. Im 20. Jahrhundert war Kapital der Schlüsselfaktor. Wir erfanden immer neue Möglichkeiten, um aus einer Einheit Arbeit immer mehr Wohlstand zu erzeugen. Das Wachstumsmodell insbesondere in den Vereinigten Staaten und Europa basierte auf der Voraussetzung, dass Energie frei zugänglich und im Überfluss vorhanden war. Daher begannen wir zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in riesigem Umfang Öl aus dem Boden zu holen. 1900 waren es 150.000 Barrel1 pro Tag. Heute werden jeden Tag 84 Millionen Barrel gefördert. Das offensichtliche Resultat dieses gierigen Verbrauchs einer begrenzten Ressource ist die fortgesetzte Ausbeutung, bis nichts mehr übrig ist. Und genau dieses beunruhigende Szenario wird gerade zur Realität. Der Höhepunkt der Ölförderung in den Vereinigten Staaten wurde bereits vor 40 Jahren überschritten, sodass das Land Jahr für Jahr größere Mengen importieren muss. Doch was wird geschehen, wenn die weltweite Ölproduktion zum Erliegen kommt?

Heute wäre eine Welt ohne Öl noch undenkbar. Stellen Sie sich vor, wir müssten ohne Autos, Flugzeuge, Schiffe und Züge, ohne Kunststoffe oder pharmazeutische Produkte auskommen, die Öl als Rohmaterial benötigen, oder gar ohne Kunstdünger, mit dem unser Land fruchtbar gemacht wird. Stellen Sie sich die Auswirkungen auf ölabhängige Branchen wie die Autoindustrie vor: riesige Arbeitslosenzahlen, soziale Unruhen, Stromausfälle, Chaos. Einen Vorgeschmack auf das Kommende erhielten wir bereits 2008, als der Ölpreis 147 US-Dollar pro Barrel erreichte. Die Folgen für die US-Automobilindustrie waren dramatisch. Die Nachfrage nach Autos fiel in den Keller, und am Ende des Jahres arbeiteten in der Branche 125.000 Menschen weniger. Eine Welt ohne Öl würde in eine wirkliche Epoche der Verzweiflung führen, ein Zeitalter der Dunkelheit.

Glücklicherweise kann dieses Weltuntergangsszenario eine bloße Vorstellung bleiben, eine Mahnung, dass wir unbedingt heute handeln müssen, um unsere Zukunft sicherzustellen. Wir kommen Peak Oil, dem Höhepunkt der weltweiten Ölförderung, immer näher. Anfang 2010 stellte José Sergio Gabrielli, der Vorstandsvorsitzende der staatlichen brasilianischen Ölgesellschaft Petrobras, in einem Interview der Business Week fest: »Laut den Prognosen des Unternehmens wird die Produktion aus den vorhandenen Ölfeldern von gegenwärtig gut 80 Millionen Barrel pro Tag auf etwa die Hälfte fallen, selbst wenn neue Technologien eingesetzt werden, um den Rückgang zu bremsen. Es sind also neue Ölfelder in großer Zahl notwendig, um die Produktion auch nur stabil zu halten; alle drei Jahre müsste ein Saudi-Arabien ersetzt werden.« Gegenwärtig besteht die Herausforderung darin, nicht nur den massiven Nachfrageanstieg aus China und dergleichen zu bewältigen, sondern parallel dazu auch die wachsende Sorge um die Ölversorgung im Allgemeinen sowie die Sicherung der Vorräte instabiler Länder wie Venezuela, Nigeria und Irak im Besonderen.

Trotz der Weisheit, die in beispiellosen Bildungsniveaus und brillantem technologischen Fortschritt zum Ausdruck kommt, leben wir auch in einer Zeit der Dummheit. Die politische Elite der USA hat uns klar vor Augen geführt, dass Milliardenausgaben für militärische Abenteuer in Ländern wie dem Irak den Ölpreis nicht nur nicht stabilisiert geschweige denn gesenkt haben. Ganz im Gegenteil: Der Ölpreis erreichte 2008 sein bisheriges Allzeithoch. Die schmerzhaft naheliegende Frage ist, ob es nicht klüger wäre, die 100 Milliarden Dollar, die die USA jährlich in den Irakkrieg stecken, für die Entwicklung von Neue-Energien-Technologien zu verwenden oder dafür, die Leute dazu zu bringen, die verfügbare Energie effizienter einzusetzen. Warum bestehen so viele Amerikaner darauf, in großen SUVs herumzufahren, die schlechtere Verbrauchszahlen haben als das T-Modell von Ford? George W. Bush hat zwar davon gesprochen, dass die USA »ölsüchtig« seien, aber er hat wenig unternommen, um diese Sucht zu lindern.

Die Verbrennung der fossilen Energieträger wie Öl und Kohle hat zudem desaströse Auswirkungen auf unsere Umwelt. Auf lokaler Ebene verursacht sie Luftverschmutzung wie den Smog in unseren Städten. Auf globaler Ebene hat sie unabsehbare Folgen fürs Klima. Der CO2-Gehalt in der Luft ist seit Beginn der industriellen Revolution von 280 ppm (parts per million, Teilchen pro Million) auf 385 ppm angestiegen. Dieser Anstieg ist für die zunehmende Erwärmung der Erde verantwortlich. Wenn nicht gezielte Maßnahmen ergriffen werden, wird sich dieser Prozess in den nächsten Jahrzehnten höchstwahrscheinlich noch verschlimmern. Wenn nichts getan wird, werden Domino-Effekte, die allerdings schwer genau zu beziffern und vorherzusehen sind, zumindest für große Teile des Planeten ausgesprochen unangenehme Folgen haben.

Dennoch blicken wir optimistisch in die Zukunft. Wir glauben, dass wir uns im Frühling der Hoffnung befinden und noch alles vor uns haben. Der Aufstieg Chinas und Indiens sollte begrüßt und nicht gefürchtet werden. Er bedeutet für Firmen in den USA, Europa und Japan einen verschärften Wettbewerb, und dieser kann nur das Innovationstempo beschleunigen. Ein großer Teil des vorliegenden Buches handelt von dieser Vision. Es handelt von den dramatischen Veränderungen, die vor uns liegen, während Asien vorandrängt, um sich zum Epizentrum unserer Welt zu entwickeln. Außerdem geht es um Energie und Energie-Technologien und darum, wie diese genutzt werden können und müssen, um den Hunger zu verringern, sauberes Wasser bereitzustellen und zu transportieren und dem gesamten Globus einen höheren Lebensstandard zu verschaffen. Wir werden die riesige Bandbreite an neuen Technologien betrachten, die diese Saubere-Energie-Revolution herbeiführen werden.

Wir werden zeigen, wie wichtig Energie für unser Leben ist, und erklären, warum die meisten von uns Energie für etwas Selbstverständliches halten – und warum dies ein gefährlicher Irrtum ist. Wir werden den Blick in die Vergangenheit richten, um aufzuzeigen, wie die Evolution der Energie-Technologien unsere Welt beeinflusst hat, sei es durch den Einsatz von Menschen, von Kohle, Öl oder Elektrizität. Nur durch die Schaffung billiger Energie schaffen wir alles Übrige. Darin liegt folglich der Schlüssel für eine nachhaltige und prosperierende Zukunft für uns alle.

Wir werden den großen Energie-Poker unter die Lupe nehmen, der derzeit auf der Welt stattfindet. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, an dem sich die größten Volkswirtschaften der Welt, von den USA über Südkorea bis hin zu China, durch massive Investitionen in neue Technologien beteiligen. Doch zugleich sichern sie ihre Einsätze durch politische Manöver ab, mit denen sie sich fossile Energiequellen verschaffen. Ob China oder die USA – alle schließen Vereinbarungen und Kompromisse mit üblen Re­gimes. Während die USA den Iran verdammen, schließen Indien und China dort im Hintergrund Öl- und Gasgeschäfte ab. Und jeder auf der Welt macht Geschäfte mit Saudi-Arabien, einem undemokratischen, von einem Familienclan beherrschten Land.

Wir werden auch nach Asien blicken: auf seine Vergangenheit und Zukunft. Das große Poker des 19. Jahrhunderts, auch »das große Spiel« genannt, fand in Zentralasien statt, wo Russland und Großbritannien sich um die Vorherrschaft in der Region stritten. Wie das damalige »große Spiel« konzentriert sich auch das große Energie-Poker heutiger Tage auf Asien, und die Frage ist, ob Weisheit oder Dummheit obsiegen wird. Zu Dickens’ Zeit entflammten der Aufstieg Deutschlands und seine zunehmenden Spannungen mit der damals größten Macht der Welt Großbritannien schließlich den Ersten Weltkrieg. Heute sind die USA die Großmacht der Welt mit weit reichenden Ressourcen und mächtigem Militär. Auch diese Macht hat ihr Deutschland, das nun China heißt und ökonomisch wie militärisch immer stärker wird, während es um dieselben endlichen Ressourcen kämpft.

Die größte Frage für uns alle lautet: Wird das Licht über die Dunkelheit siegen oder wird, wie zwischen Großbritannien und Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Dunkelheit die Vorherrschaft erlangen und Konfrontation zum Gebot der Stunde werden? Dieses Buch wird zeigen, wie das Licht den richtigen Weg leuchten kann.

Kapitel 1:Der Zusammenbruch des amerikanischen Traums

Dem Streben nach Glück ist der zweite Satz der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung gewidmet, und das daraus abgeleitete Verlangen nach Wohlstand und Erfolg bildet die Essenz des amerikanischen Traums. Es ist ein so verlockendes Ziel, dass es rund um den Globus zu einem neuen Maßstab der eigenen Zufriedenheit wurde. Wer will ein Amerikaner sein? Die Republik China, besser bekannt als Taiwan, will es ganz bestimmt und war damit während der vergangenen 40 Jahre auch ziemlich erfolgreich dem Land gelang es, sich radikal von der wirtschaftlichen Provinz hin zu einer der führenden Technologie-Exportnationen der Welt zu entwickeln.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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