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FELIX AESTHETICUS bedeutet "Feinsinniger Mensch mit glücklichem Händchen" und steht für den ästhetisch Führenden, dessen Handeln auf einer alle Sinne umfassenden Wahrnehmungskompetenz aufbaut, um ein im Sinne robuster Vitalitätskraft "lebendiges" Unternehmen zu gestalten. Dabei gelingt es ihm, die Unschärfen des menschlichen - und häufig allzu menschlichen - Miteinanders mit ruhiger Klarheit und wohlmeinender Konfrontationskraft zum Nährboden lebenswerter Arbeitswelten zu wandeln. Dem vorliegenden Artikel liegt die Hypothese zugrunde, dass "Ästhetik" im Sinne einer feinen Wahrnehmungs- und Orientierungskunst ein zutiefst menschliches Werkzeug zur erlernbaren Bearbeitung alltäglicher Komplexität ist. Vertiefen Sie Ihren Einblick in den wissenschaftlichen Führungsdiskurs. Entfalten Sie Ihren einzigartigen Zugang zur Kunst des Führens als aufmerksame und sorgsame und dadurch gelingende Weltgestaltung.
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Seitenzahl: 38
Veröffentlichungsjahr: 2019
www.felixschoolofleadership.de
Der Felix Aestheticus als Leitbild für Führende in Dynamischer Zeit
Ästhetische Führung im Spiegel des Felix Aestheticus
FELIX AESTHETICUS bedeutet „Feinsinniger Mensch mit glücklichem Händchen“ und steht für den emotional kompetent Führenden, dem es gelingt, mit den Bedürfnissen, Befindlichkeiten und Potenzialen seiner Mitarbeiter – aber ebenso seinen eigenen und denen seines Organisationssystems – sicher, klar und hilfreich umzugehen. Ein Abteilungsleiter, der die Verstimmung seines Mitarbeiters spürt und das schnelle Gespräch darüber findet noch bevor das Gefühl im Mitarbeiter störenden Raum gewinnt. Eine Teamleiterin, die einen lange schwelenden Konflikt zweier Kollegen dadurch überwindet, dass sie ihre grundsätzliche Verschiedenheit besprechbar und einander verständlich macht. Der Vorstand, der sein „ungutes Bauchgefühl“ bei der neuen Strategie seinem Team offenlegt, um in differenzierter Weise zu erkunden, worauf genau es deutet. Der Gründer, der sein körperliches Engegefühl zu deuten weiß als Hinweis auf die Notwendigkeit personellen und organisatorischen Wachstums.
Ein solches Führungshandeln, das auf einer alle Sinne umfassenden Wahrnehmung aufbaut, um ein im Sinne robuster Vitalitätskraft „lebendiges“ Unternehmen zu gestalten, wird als „ästhetisch“ bezeichnet – „ästhetisch“ im Sinne von „empfindsam“. Die Betonung liegt dabei auf der Einführung der körperlich-sinnlichen Dimension in unser wahrnehmendes, urteilendes und interagierendes Handeln. Der Unterschied zwischen guten und herausragenden Führungskräften besteht darin, dass Letztere feiner wahrnehmen, was anliegt, bewusster entscheiden, was dran ist, und Mensch und Organisation mit mehr Fingerspitzengefühl in Richtung einer erstrebenswerten Zukunft beeinflussen.
Dieser ästhetische Ansatz zur Entwicklung von Führungskompetenz entspricht der noch jungen Erkenntnis, dass Kommunikation nicht in Informationsübermittlung, sondern in „Resonanz“ von Körpern in Begegnung besteht. Die ästhetische Dimension ist für den Führungsdiskurs deshalb so interessant, weil mit Chester Barnard schon 1938 einer der ersten Managementtheoretiker davon gesprochen hat, dass Management „eher ästhetisch als logisch“ sei und mit Begriffen wie Gefühl, Urteil und Sinn angemessener zu beschreiben wäre als mit Begriffen von Rationalität und Effektivität. Heute könnten wir auch sagen: Je digitaler die Arbeit, desto wichtiger die analoge Begegnung zwischen Menschen und desto wichtiger die analoge Führungskompetenz. Und genau hierzu bietet die Ästhetik im Sinne einer Empfindsamkeit für das eigene und fremde Gespür einen ganz einzigartigen und zudem gut theoretisierten Zugang.
Im Folgenden skizziere ich den FELIX AESTHETICUS als Leitbild für alle, die sich in der Verantwortung für die Schnittstelle zwischen Mensch und Organisation engagieren und in diesem Sinne danach trachten, glückliche und gelingende Gestalter sozialer Welten zu sein – insbesondere in Zeiten hoher Dynamik.
Ich nehme dabei Bezug auf den wissenschaftlichen Diskurs im Feld der Organisationsästhetik, setze diesen in Beziehung zu seinem ideengeschichtlichen Ursprung und leite daraus praktische Anwendungen für die heutige Führungspraxis ab.
Gerne komme ich über die Bedeutung dieses im deutschsprachigen Führungsdiskurs bisher weitgehend vernachlässigten Aspektes von Führung ins Gespräch.
Erreichbar bin ich unter [email protected].
Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Andreas Wolf
Seit der Jahrhundertwende kennt das Feld der Organisations- und Führungswissenschaft den Begriff der „ästhetischen Führung“ im Sinne einer managerialen Feinsinnigkeit im Wahrnehmen, Bewerten und Einbringen organisationaler Tendenzen und Richtungsimpulse. In diesem Beitrag möchte ich die Essenz des gegenwärtigen Forschungsstandes der ästhetischen Führung zu dem Begriff des „felix aestheticus“ von Alexander Gottlieb Baumgarten als Begründer der neuzeitlichen Ästhetik im 18. Jahrhundert in Beziehung setzen. Aus der Spiegelung des heutigen Verständnisses von ästhetisch fundiertem Führungshandeln auf seine philosophischen Ursprünge verspreche ich mir Einblicke und Impulse für bewusst und sorgsam Führende in heutigen organisationalen Kontexten. Dieser Abgleich scheint auch insofern überfällig, als Baumgartens historisch ohnehin nur eingeschränkt rezipierte1 Ästhetikkonzeption im heutigen anglophon geprägten Diskurs ästhetischer Führung quasi nicht vorkommt.2
I. ZUM BEGRIFF DER „ÄSTHETISCHEN FÜHRUNG“
„Ästhetisch Führen“ meint ein Führungshandeln, das auf einer alle Sinne umfassenden Wahrnehmung aufbaut, um auf eine diesen äußeren und inneren Sinnen wohlgefällig scheinende Zukunft hin zu orientieren. Die Betonung liegt dabei auf der Einführung der körperlich-sinnlichen Dimension in wahrnehmendes und interagierendes Handeln. Dabei gehen sinnliche Empfindungen immer unmittelbar mit Bewertungsempfindungen und Bewertungen mit Körperreaktionen einher. Dieser Ausgangspunkt entspricht der noch jungen psychologischen Einsicht, dass Kommunikation nicht in Informationsübermittlung, sondern in der Resonanz von Körpern in Begegnung besteht (Melina et al. 2013; Storch & Tschacher 2014) sowie der soziologischen Perspektive, dass menschliche Begegnung eine gemeinsam konstituierte Resonanzerfahrung ist (Rosa 2016). Die ästhetische Dimension ist – trotz ihrer späten Entdeckung – für Führungsstudien deshalb so interessant, weil mit Chester Barnard schon 1938 einer der ersten Managementtheoretiker davon gesprochen hat, dass Management „eher ästhetisch als logisch“ sei und mit Begriffen wie „Gefühl, Urteil und Sinn“ angemessener zu theoretisieren wäre als mit Begriffen von Rationalität und Effektivität (Hansen et al. 2007: 546, Übersetzung AW).3