Astronomie und Astrophysik - Alfred Weigert - E-Book

Astronomie und Astrophysik E-Book

Alfred Weigert

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Beschreibung

Dieses Lehrbuch ist ein Grundkurs im besten Sinne: Beginnend mit den physikalischen und technischen Grundlagen, die für das Verständnis der weiteren astrophysikalischen Ausführungen benötigt werden, vermittelt es solides Wissen für die moderne Astrophysik, ist klar geschrieben, reich bebildert und auch in den mathematischen Teilen jederzeit verständlich. Nun liegt das Buch in der 5. Auflage vor - vollständig aktualisiert und um das Kapitel Extrasolare Planetensysteme erweitert von Lutz Wisotzki, der bereits die letzte Auflage mit verantwortete. Studenten der Physik und Astronomie im Grundstudium wie auch Fachleute und Amateure schätzen dieses Buch für Schule, Studium und Freizeit. Zusatzmaterial und Farbtafeln erhältlich unter http://www.aip.de/~lutz/WeWeWi/index.html

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Half Title page

Title page

Copyright page

Vorwort zur Fünften Auflage

Aus dem Vorwort zur Ersten Auflage

Kapitel 1: Bewegung von Himmelskörpern

1.1 Gravitation

1.2 Das Zweikörperproblem

1.3 Mehr- und Vielteilchensysteme

1.4 Zur allgemeinen Relativitätstheorie

1.5 Koordinatensysteme

1.6 Astronomie und Zeit

1.7 Sternörter

1.8 Die Parallaxe

1.9 Übungsaufgaben zu Kapitel 1

Kapitel 2: Strahlung

2.1 Das elektromagnetische Spektrum

2.2 Astrophysikalische Messgrößen

2.3 Elementare Strahlungsprozesse

2.4 Kosmische Teilchen und Gravitationswellen

2.5 Ausbreitung von Strahlung

2.6 Auswirkungen der Erdatmosphäre

2.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 2

Kapitel 3: Astronomische Instrumente

3.1 Teleskope

3.2 Detektoren

3.3 Beobachtungstechniken

3.4 Observatorien

3.5 Übungsaufgaben zu Kapitel 3

Kapitel 4: Das Sonnensystem

4.1 Mitglieder und Dimensionen des Systems

4.2 Bahnbewegungen

4.3 Das System Erde-Mond

4.4 Physik der Planeten

4.5 Monde

4.6 Kleine Körper im Sonnensystem

4.7 Zur Entstehung des Sonnensystems

4.8 Übungsaufgaben zu Kapitel 4

Kapitel 5: Charakteristische Beobachtungsgrößen von Sternen

5.1 Strahlungsleistung

5.2 Radius, Masse und hieraus abgeleitete Größen

5.3 Sternspektren und Spektralklassifikation

5.4 Rotation der Sterne

5.5 Beziehungen zwischen verschiedenen Messgrößen

5.6 Veränderliche Sterne

5.7 Doppelsterne und Mehrfachsysteme

5.8 Übungsaufgaben zu Kapitel 5

Kapitel 6: Die Außenschichten von Sonne und Sternen

6.1 Die Außenschichten der Sonne

6.2 Die Aktivität der Sonne

6.3 Sternaktivität

6.4 Physik der Sternatmosphären

6.5 Analyse von Sternspektren

6.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 6

Kapitel 7: Innerer Aufbau der Sterne

7.1 Grundgleichungen des Sternaufbaus

7.2 Materialfunktionen

7.3 Nukleare Energieerzeugung

7.4 Einfache Sternmodelle

7.5 Beobachtungen des Inneren von Sternen

7.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 7

Kapitel 8: Sternentstehung und Sternentwicklung

8.1 Sternentstehung

8.2 Hauptreihensterne

8.3 Von der Hauptreihe zum Riesenast

8.4 Spätstadien der Sternentwicklung

8.5 Endprodukte der Sternentwicklung

8.6 Enge Doppelsternsysteme

8.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 8

Kapitel 9: Extrasolare Planetensysteme

9.1 Die Suche nach extrasolaren Planeten

9.2 Nachweis von Exoplaneten: Radialgeschwindigkeiten

9.3 Weitere Methoden zum Nachweis von Exoplaneten

9.4 Eigenschaften von Exoplaneten

9.5 Entstehung von Planetensystemen

9.6 Leben im Weltall?

9.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 9

Kapitel 10: Interstellare Materie

10.1 Physikalische Besonderheiten des ISM

10.2 Das kühle interstellare Gas

10.3 Das warme ISM

10.4 Das heiße interstellare Medium

10.5 Interstellarer Staub

10.6 Interstellare Kühlprozesse

10.7 Der Materiekreislauf

10.8 Übungsaufgaben zu Kapitel 10

Kapitel 11: Das Milchstraßensystem

11.1 Struktur der Milchstraße

11.2 Entfernungsbestimmung

11.3 Stellarstatistik

11.4 Rotation der Milchstraße

11.5 Komponenten des Milchstraßensystems

11.6 Sternhaufen

11.7 Sternpopulationen

11.8 Zur Entstehung und Entwicklung der Milchstraße

11.9 Übungsaufgaben zu Kapitel 11

Kapitel 12: Galaxien

12.1 Extragalaktische Entfernungsbestimmung

12.2 Klassifikation von Galaxien

12.3 Hubble-Schema

12.4 Globale Eigenschaften

12.5 Dynamischer Aufbau von Galaxien

12.6 Zeitliche Entwicklung von Galaxien

12.7 Aktive Galaxienkerne und Quasare

12.8 Übungsaufgaben zu Kapitel 12

Kapitel 13: Die Verteilung der Materie im Universum

13.1 Die Lokale Gruppe

13.2 Die räumliche Verteilung von Galaxien

13.3 Galaxienstatistik

13.4 Galaxienhaufen

13.5 Dunkle Materie

13.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 13

Kapitel 14: Kosmologie

14.1 Das empirische Fundament der Kosmologie

14.2 Weltmodelle

14.3 Kosmologische Parameter

14.4 Der Urknall und das frühe Universum

14.5 Die Entstehung von Galaxien

14.6 Die Zukunft des Weltalls

14.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 14

Anhang A

A.1 Physikalische Konstanten und Einheiten

A.2 Astronomische Daten

A.3 Lösungen der Übungsaufgaben

Anhang B: Weiterführende Literatur

Anhang C: Astronomische Seiten im Internet

Anhang D: Abbildungs- und Quellennachweis

Register

Alfred Weigert, Heinrich J. Wendker und Lutz Wisotzki

Astronomie und Astrophysik

Beachten Sie bitte auch weitere interessante Titel zu diesem Thema

D. L. Moché

AstronomyA Self-Teaching Guide2004ISBN: 978-0-471-26518-4

A. Liddle

An Introduction to Modern Cosmology2003ISBN: 978-0-470-84834-0 (Hardcover)ISBN: 978-0-470-84835-7 (Softcover)

K. Holliday

Introductory Astronomy1998HardcoverISBN: 978-0-471-98331-6 (Hardover)ISBN: 978-0-471-98332-3 (Softcover)

Autoren

Prof. Dr. Alfred Weigert †

Prof. Dr. Heinrich J. Wendker †

Prof. Dr. Lutz WisotzkiAstrophysikalisches Institut PotsdamAn der Sternwarte 1614482 [email protected]

UmschlagbildEmissionsnebel NGC 3603 mit zentralemSternhaufen. European Southern Observatory, Garching, Deutschland

1. Auflage 19822. Auflage 19893. Auflage 19964. Auflage 20055. Auflage 2009

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2010 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

ISBN 978-3-527-40793-4

Vorwort zur Fünften Auflage

Die Initiative zu diesem einführenden Lehrbuch kam vor über dreißig Jahren von Alfred Weigert. Gemeinsam mit Heinrich J. Wendker konzipierte er ein Werk, das breites astrophysikalisches Grundwissen auf Universitätsniveau vermitteln und dabei vor allem Wert auf ausführliche und anschauliche Erklärungen legen sollte. Nach dem Tod A. Weigerts übernahm H. J. Wendker für die dritte Auflage allein die Autorenschaft. Als dann angesichts der Fortschritte der astrophysikalischen Forschung eine gründliche Überarbeitung geboten erschien, kam ich als weiterer Autor für die vierte Auflage hinzu. Bei ihrem Erscheinen war H. J. Wendker bereits schwer erkrankt. An einer weiteren Überarbeitung konnte er nicht mehr aktiv teilnehmen, und den Abschluss der hier vorliegenden fünften Auflage hat er nicht mehr erlebt. Ich hoffe, dieses Werk in seinem Sinne weiterentwickelt zu haben. Das Buch ist seinem Andenken gewidmet.

Wir leben derzeit in einem „goldenen Zeitalter“ der Astrophysik. Die Fortschritte in der Beobachtungs- und Computertechnologie haben zu einer Vielzahl von Entdeckungen geführt. Die Überarbeitung eines grundlegenden wissenschaftlichen Lehrbuchs angesichts dieser schnellen Entwicklung stellt den Autor vor schwierige Entscheidungen. In welchem Maße dürfen oder müssen die neuesten wissenschaftlichen Resultate berücksichtigt werden; wo sollte man sich auf gesichertes Grundwissen beschränken? Die von A. Weigert und H. J. Wendker vorgegebene Leitlinie besagt, dass im Zweifelsfall eher Zurückhaltung angebracht ist. Naturwissenschaftliche Erkenntnis ist ihrer Natur nach vorläufig, und immer wieder haben sich scheinbar gesicherte Auffassungen dann doch als unhaltbar erwiesen. Gerade deshalb ist der Lehrbuchautor aber natürlich auch stets in der Gefahr, veraltete Weisheiten und überholte Erklärungen weiter zu verbreiten, anstatt den Stand der Forschung wiederzugeben. Kritische Leser(innen)kommentare zu solchen Fragen sind deshalb besonders willkommen.

Gegenüber der vierten Auflage sind – neben dem neu gestalteten Layout – etliche inhaltliche Änderungen zu vermerken. Viele Passagen habe ich überarbeitet, auch aus didaktischen Überlegungen heraus. An manchen Stellen wurde das sehr phänomenologische Vorgehen der früheren Auflagen in eine mehr an den wesentlichen astrophysikalischen Prozessen orientierte Darstellung überführt. Vor allem die Kapitel 8 (Sternentstehung und Sternentwicklung) und 10 (Interstellare Materie) habe ich in diesem Sinne zu größeren Teilen neu geschrieben. Die „Interstellare Materie“ habe ich auch wieder vor die Behandlung des Milchstraßen-systems gesetzt; diese Reihenfolge erschien mir trotz der vielen Vorwärtsverweise doch logischer.

Neu hinzugekommen ist das Kapitel „Extrasolare Planetensysteme“. Für dieses Thema existiert nicht nur in der aktuellen astronomischen Forschung eine besondere Aufmerksamkeit, sondern auch in der wissenschaftlich interessierten Öffentlichkeit. Allerdings besteht in diesem Kapitel noch mehr als an anderen Stellen ein gewisser Konflikt zwischen Aktualität einerseits und Grundlagenorientierung andererseits. Das kurze Abschlusskapitel der vierten Auflage („Leben im Weltall“) ist in überarbeiteter Form in dieses neue Kapitel integriert worden.

Die ersten drei Kapitel des Buchs enthalten überwiegend physikalische und technische Grundlagen, die für das Verständnis der weiteren astrophysikalische Ausführungen benötigt werden. Dies sollte aber nicht als Empfehlung verstanden werden, eine einführende Vorlesung mit einer systematischen Behandlung dieser allgemeinen Grundlagen zu beginnen; ein solches Vorgehen wäre doch ziemlich trocken. Vielmehr erscheint es mir didaktisch ratsam, mit einem konkreten astronomischen Thema (z. B. Planeten oder Sterne) anzufangen und die Grundlagen nach und nach sachbezogen einzubauen.

Auch bei den Abbildungen sind viele Änderungen zu vermerken. Die alten Tuschezeichnungen wurden fast ausnahmslos durch neue Vektorgraphiken ersetzt. Bei der Gelegenheit konnte ich auch viele funktionale Zusammenhänge und empirische Korrelationen aktualisieren. Auf das Einzeichnen von Fehlerbalken in die Graphiken habe ich wie bisher aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. Bereits in der vierten Auflage kam ein Farbtafelteil hinzu, der beibehalten wurde; allerdings habe ich einige Bilder ausgetauscht. Man beachte, dass alle Abbildungen dieses Buches über eine eigene Webseite frei zugänglich sind.

Eine weitere Neuerung besteht in der Anordnung der Übungsaufgaben, die nun den einzelnen Kapiteln angegliedert sind, was eine thematische Zuordnung erheblich erleichtert. Im Zuge dieser Umstellung wurden auch etliche neue Übungsaufgaben hinzugefügt. Die Lösungen der Aufgaben finden sich wie bisher im Anhang.

Ich danke allen, die mir ihre Bemerkungen und/oder Fehlerhinweise zur vierten Auflage zukommen ließen, namentlich C. Wiebusch, A. Leonhardt und K. S. de Boer. Mein Dank gilt auch denen, die ihre Erlaubnis zum Abdruck von Bildmaterial gaben oder Daten zur Verfügung stellten. Sie sind im Anhang einzeln aufgeführt. Ferner bedanke ich mich bei C. Denker, A. Schwope und H. Zinnecker für das aufmerksame Gegenlesen von Teilen des Manuskripts; bei R. Kewitsch für die Hilfe bei der Erstellung der Abbildungen; bei B. Husemann, S. Kamann und A. Schulze für das Durchsehen der Übungsaufgaben; bei A. Schulze auch für das Erstellen der Webseiten; bei N. Kemming für das Korrekturlesen; und bei Almuth Jörns für ihre Geduld mit mir.

Potsdam, im September 2009

Lutz Wisotzki

Aus dem Vorwort zur Ersten Auflage

Die Astronomie ist eine physikalische Wissenschaft, die sich speziell mit Raum, Materie und Vorgängen außerhalb der Erde beschäftigt. Unsere Erde spielt hierbei höchstens die Rolle einer Beobachtungsplattform oder tritt als eines von vielen Mitgliedern des Sonnensystems auf.

Die Astronomie ist eine zwar sehr alte, aber derzeit auch sehr florierende Wissenschaft, bei der ganze Arbeitsgebiete erst kürzlich hinzugekommen sind. Dabei ist jede Gliederung in Teilgebiete sowieso immer recht willkürlich. Will man zum Beispiel die klassischen Aspekte von den erst später dazugekommenen rein physikalischen abheben, so spricht man gern von Astronomie (im engeren Sinne) einerseits und Astrophysik andererseits. Man kann auch nach den speziell untersuchten Objekten unterscheiden, und dann wird man etwa von „Sonnenphysik“ reden, von „Stellarastronomie“ oder von der „Kosmologie“. Wieder andere Darstellungen bevorzugen Klassifizierungen wie „Radioastronomie“, „Röntgenastronomie“ oder „Theoretische Astrophysik“; sie stellen also die verschiedenen Arbeitsmethoden in den Vordergrund.

Diese Arbeitsmethoden, so vielfältig sie heute geworden sind, haben doch bemerkenswerte gemeinsame Züge. Tatsächlich grenzen sie oft am deutlichsten unsere Wissenschaft gegen andere Gebiete ab, etwa gegen die Geowissenschaften, die ansonsten bereits einige klassische Himmelskörper okkupiert haben. Astronomische Arbeitsmethoden sind zwar grundsätzlich physikalischer Art, jedoch mit ganz spezifischen Besonderheiten etwa gegenüber denen der Laborphysik. Einmal kommen im Weltall so extreme Bedingungen vor, wie sie im Labor nicht realisierbar sind; die Anwendung physikalischer Methoden hierauf stellt ja einen der besonderen Reize der Astronomie dar. Zum anderen ist es charakteristisch, dass der Astronom (glücklicherweise!) in sehr großen, wahrhaft astronomischen Distanzen zu seinen Untersuchungsobjekten lebt. Er kann bei den untersuchten Vorgängen die Versuchsbedingungen nicht planen und steuern, obwohl sicher auch zum Beispiel die Wiederholung des Urknalls unter veränderten Randbedingungen sehr instruktiv wäre; vielmehr ist er auf die Beobachtung und Interpretation der gerade angebotenen „kosmischen Experimente“ (beziehungsweise ihrer Endprodukte) angewiesen. Auch hiermit hängt es zusammen, dass kosmogonischen Fragen, also der Entstehungsgeschichte heute vorhandener Objekte, ein so hoher Stellenwert in der Astronomie beigemessen wird.

Dieses Buch, das eine sehr einfache Einführung in viele Teile der Astronomie gibt, ist aus Vorlesungen hervorgegangen, die seit mehreren Jahren in Hamburg speziell für Physik- und Mathematikstudenten vor dem Vordiplom gehalten werden. Diese Vorlesungen finden über zwei Semester, je zweistündig mit zusätzlichen intensiven Übungen, statt und sind die Grundlage für die Wahl von Astronomie als Nebenfach im Vordiplom. Entsprechend kommt es uns mehr darauf an, diesem großen Hörerkreis die einfache Anwendung von physikalischen Gedanken auf astronomische Probleme zu demonstrieren, als darauf, den wenigen späteren Fachastronomen eine allgemeine Grundlage zu verschaffen.

Dem Hörer- und Leserkreis entsprechend wird die benutzte Physik möglichst einfach gehalten. Ein Vorgriff auf kompliziertere, im Studiengang erst später behandelte Gebiete ist aber an manchen Stellen unvermeidbar – es schadet ja schließlich nichts, wenn der Student anhand von interessanten Beispielen schon vorher erfährt, warum er nachher so mühsam gewisse Detailkenntnisse erwerben soll! Wo es nach unseren Erfahrungen besonders notwendig erschien, haben wir auch kurz einige physikalische Grundbegriffe erläutert. Damit wird es übrigens noch leichter, gewisse Teile des Buches auch als Grundlage für Leistungskurse in der Oberstufe von Gymnasien zu nehmen. Dies ist bereits anhand eines frühen Entwurfes des Manuskripts von einigen Physiklehrern erfolgreich probiert worden.

Der Gesamtumfang richtet sich – jedenfalls in der Anlage – nach dem in solchen Vorlesungen abzuhandelnden Pensum. An einigen Stellen wurde aber über den reinen Vorlesungsstoff hinausgegangen, so dass der Leser auch noch ein Angebot für Eigeninitiative und Weiterarbeiten findet. Die genaue Stoffauswahl und das Setzen von Schwerpunkten unterliegt natürlich – wie immer – dem persönlichen Geschmack und höchst subjektiven Urteil der Verfasser. Häufig wurde den didaktisch wichtigen Gesichtspunkten der Vorrang gegeben gegenüber einer Darstellung mit größtmöglicher Vollständigkeit, Detailtreue und letzten Ergebnissen. Die eingehende Beschäftigung mit Detailproblemen wird in vielen Fällen sowieso besser auf die Übungen verschoben.

Dieses Buch ist aus einem langjährigen Gärungsprozess hervorgegangen, zu dem viele Kollegen hier und an anderen Universitäten beitrugen; aber auch unsere Studenten haben durch ihre lebhafte Mitarbeit nicht unwesentlich Einfluss auf Gestaltung und Auswahl des Textes genommen. Ihnen allen möchten wir herzlich danken. Ferner sei erwähnt, dass wir auch viele gute Anregungen anderen Lehrbüchern verdanken – wir können nicht einsehen, dass die ausgezeichnete Idee eines anderen Autors um einer bedingungslosen Originalität willen verschlechtert werden soll. Schließlich danken wir allen, die uns geduldig bei der Herstellung von Manuskript und Zeichnungen halfen, wobei der Löwenanteil auf die Damen H. Heinrichs, U. Meyer und U. Kiehn fiel.

Hamburg, im Juli 1981

Alfred Weigert, Heinrich J. Wendker

Kapitel 1

Bewegung von Himmelskörpern

Bereits vor mehreren tausend Jahren erkannten Beobachter, dass sich die Himmelskörper in zwei Gruppen einteilen lassen, solche, die sich relativ zueinander nicht bewegen, die so genannten Fixsterne, und solche, die ihre relativen Positionen am Himmel verändern und die heute als Mitglieder des Sonnensystems zusammengefasst werden können. Ein wirkliches Verständnis jenseits abstrakter Beschreibungen wurde erst eröffnet, als I. Newton die Gravitationskraft als eine Grundkraft der Natur erkannte. In diesem ersten Kapitel befassen wir uns mit den Werkzeugen, mit denen Astronomen die Bewegungen von Himmelskörpern beschreiben. Zunächst besprechen wir die Grundlagen der Bewegung unter der Einwirkung der Gravitation.

1.1 Gravitation

Die Anziehungskraft FG, die zwei im Abstand r voneinander befindliche Massen m1 und m2 aufeinander ausüben, wird durch das Newtonsche Gravitationsgesetz gegeben

(1.1)

mit G als einer universellen Konstante, der so genannten Gravitationskonstante. Gravitation ist also eine Wechselwirkung von Massen. In der Astronomie können die Himmelskörper meistens als punktförmig angenommen werden, die Massenverteilung im Innern der Himmelskörper kann also vernachlässigt werden (in Abschn. 1.2.5 gehen wir darauf ein, wann diese Approximation nicht mehr gemacht werden kann). Die Gravitationskraft ist ein Vektor, der immer in Richtung des Massenpunkts zeigt, der die Kraft ausübt, d. h. sie ist eine anziehende Kraft. Sie fällt mit zunehmender Entfernung nur langsam ab, ∝r−2, reicht also „bis ins Unendliche“.

Diese Eigenschaften der Gravitation haben bedeutende Konsequenzen. Zum einen kann es kein absolut in Ruhe befindliches Bezugssystem geben, denn sobald man zwei Massen hat, werden sie zueinander beschleunigt. Ein Gebilde kann nur stabil sein, wenn es durch eine entgegengerichtete Kraft vor dem Kollaps behütet wird. Zum anderen addieren sich Gravitationskräfte immer (vektoriell). Damit ist die Gravitation über die für die Astronomie typischen großen Entfernungen die alles beherrschende Größe. Das liegt an der äußerst begrenzten Reichweite der anderen Kräfte sowie an der Tatsache, dass elektromagnetische Kräfte nur zwischen geladenen Körpern wirken. Auf astronomischen Dimensionen ist jedoch alle Materie elektrisch neutral und unterliegt damit nur der Gravitation.

Seit Einsteins Relativitätstheorie wissen wir, dass die Newtonsche Formulierung des Gravitationsgesetzes, die eine Beschreibung in einem dreidimensionalen kartesischen (euklidischen) Raum beinhaltet, nur im Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten und schwacher Gravitationsfelder gültig ist. Allerdings sind die Abweichungen in den meisten Fällen so geringfügig, dass das Newtonsche Kraftgesetz weiterhin als sehr gute Näherung und als Grundlage der Mechanik von Himmelskörpern dienen kann.

1.2 Das Zweikörperproblem

Im einfachsten Fall lässt sich das Problem der Bewegung von Himmelskörpern im Gravitationsfeld reduzieren auf eine Wechselwirkung zwischen zwei Körpern, z. B. der Sonne und einem Planeten. Durch die Kraft, mit der die Sonne (Masse m1) einen anderen Körper des Sonnensystems (Masse m2) anzieht, wird dieser dauernd aus seiner momentanen Bewegungsrichtung abgelenkt, ein wenig in Richtung zur Sonne hin beschleunigt, und so auf eine Bahn um die Sonne gezwungen. Die oben geforderte Gegenkraft wird allein durch die Fliehkraft bewirkt. Diese Bahnbewegung ist besonders einfach; die Beschreibung wird Zweikörperproblem genannt. In dieser Näherung wird also die Anziehungskraft zusätzlicher Körper, z. B. eines anderen Planeten, vernachlässigt. Wir gehen später in Abschn. 1.3 noch kurz darauf ein, wie kleine Abweichungen vom reinen Zweikörperproblem als „Störungen“ angenähert berücksichtigt werden können.

1.2.1 Keplersche Gesetze

In der klassischen Mechanik wird gezeigt, wie mit Gl. (1.1) eine Bewegungsgleichung aufgestellt und integriert werden kann, woraus sich die drei Keplerschen Gesetze ergeben, die die Bahnform und die Bewegung in der Bahn beschreiben. Sie wurden ursprünglich von Kepler in etwas vereinfachter Form allein aus der beobachteten Bewegung der Planeten, ohne Kenntnis des zugrunde liegenden Kraftgesetzes, abgeleitet.

Das 1. Keplersche Gesetz beschreibt die Bahnform: Die Körper bewegen sich auf Ellipsen um die Sonne, die in einem der Brennpunkte steht.

Eigentlich sind in einem solchen Gravitationsfeld alle Kegelschnitte als Bahnformen zugelassen. Für den wichtigsten Fall der gravitativen Bindung an ein Zentralobjekt, z. B. an die Sonne oder einen anderen Stern, können wir uns aber auf Ellipsenbahnen beschränken, da Parabel- und Hyperbelbahnen ins Unendliche führen. Form und Größe einer Ellipse können wahlweise durch zwei der folgenden Parameter beschrieben werden (s. Abb. 1.1): Große Halbachse a, kleine Halbachse , Abstand Brennpunkt – Mittelpunkt f und Exzentrizität ef/a. Für e=0 entartet die Ellipse zu einem Kreis; wachsendes e (< 1) führt zu immer stärker abgeflachten Ellipsen. Die beiden Scheitelpunkte der Ellipse, also die Punkte mit der kleinsten bzw. größten Entfernung zum Zentralobjekt, haben spezielle Namen, die allerdings mit der Natur des Zentralobjekts variieren. Für Objekte im Sonnensystem heißt der sonnennächste Punkt der Bahn Perihel, der sonnenfernste Aphel. Im Falle einer Umlaufbahn um die Erde sind die entsprechenden Ausdrücke Perigäum und Apogäum, und für andere Sterne Periastron und Apastron. Die Verbindungslinie zwischen den beiden Scheitelpunkten heißt Apsidenlinie.

Abb. 1.1 Bestimmungsgrößen einer Ellipse mit Brennpunkt F. Die schraffierten, gleich großen Flächen erläutern das 2. Keplersche Gesetz. a und b bezeichnen die große und kleine Halbachse, f den Abstand eines Brennpunktes vom Mittelpunkt und A und P das Aphel bzw. das Perihel.

Für die absolute räumliche Bewegung (statt der hier beschriebenen Relativbewegung) erhält man ein ganz entsprechendes Ergebnis, nämlich dass beide Körper sich auf ähnlichen Ellipsen (gleiches e) um den gemeinsamen Schwerpunkt bewegen. Dieser Schwerpunkt liegt auf der Verbindungslinie beider Massen, um die Strecke r⋅m2/(m1+m2) von m1 entfernt.

Das 2. Keplersche Gesetz beschreibt die Geschwindigkeit, mit der verschiedene Teile der Bahn durchlaufen werden. Es wird auch Flächensatz genannt und lautet: Der von der Sonne zum umlaufenden Himmelskörper gezogene Radiusvektor überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Diese Aussage ist der Ausdruck der Erhaltung des Bahndrehimpulses. Aus dem Flächensatz folgt, dass in jeweils gleichen Zeiträumen nahe beim Perihel (kleinster Radiusvektor) ein relativ großes Bahnstück zurückgelegt wird, nahe beim Aphel (größter Radiusvektor) dagegen ein relativ kurzes Bahnstück (s. Abb. 1.1). Demzufolge ist die Bahngeschwindigkeit im Perihel am größten, im Aphel am kleinsten.

Das 3. Keplersche Gesetz verknüpft Umlaufzeit U und große Halbachse a der Bahn. Das Quadrat der Umlaufzeit wächst proportional zur dritten Potenz der großen Halbachse und umgekehrt proportional zur Massensumme:

(1.2)

Im Sonnensystem kann man in guter Näherung die Massensumme durch die Sonnenmasse m1 ersetzen, da für alle anderen Körper m2m1 gilt. Dann ergibt sich die ursprüngliche, vereinfachte Aussage, dass U2∝a3 ist. Natürlich ist diese Vereinfachung unzulässig, wenn dieses Gesetz auf vergleichbar große Massen, z. B. bei Doppelsternen, angewendet wird.

Abb. 1.2 Links: Bezeichungen der Größen für die Bewegungsgleichung im Zweikörperproblem. Rechts: Vektoren beim Flächensatz.

(1.3)

wobei wir jetzt das Gravitationsgesetz in seiner vektoriellen Formulierung verwenden. Subtraktion beider Gleichungen ergibt für die Relativbewegung die Bewegungsgleichung

(1.4)

Multipliziert man diese Gleichung vektoriell mit r, so ergibt sich .

Hier steht links die zeitliche Ableitung eines Vektorprodukts, das wir nennen. Man kann nämlich schreiben

(1.5)

In Abb. 1.2 ist das Flächenelement dF skizziert, das der Vektor r in der Zeit dt, in der er sich um dr ändert, überstreicht. Dieses Flächenelement ist

(1.6)

Hier ist die Klammer auf der rechten Seite offensichtlich gleich der zeitlichen Ableitung von −r/r, so dass sich diese Gleichung sofort über die Zeit integrieren lässt, da der Vektor N auf der linken Seite konstant ist; mit C als Integrationskonstante wird so

Diese Gleichung wird skalar mit r multipliziert, woraus sich links

also insgesamt

ergibt, wobei ν der Winkel zwischen C und r ist. Diese Gleichung kann nach r aufgelöst werden. Die entstehende Gleichung stellt die Polargleichung eines Kegelschnittes dar, nämlich

(1.7)

(1. Keplersches Gesetz).

Multipliziert man die (konstante) Flächengeschwindigkeit N/2 (Gl. 1.6) mit der Umlaufzeit U, so muss sich offenbar die Fläche der Ellipse ergeben,

Hieraus ergibt sich durch Quadrieren und Ersetzen von e sofort das 3. Keplersche Gesetz (Gl. 1.2), wenn man sich zur Elimination von e die doppelte große Halbachse a aus Gl. (1.7) ausrechnet

Für Kreisbahnen und kreisähnliche Ellipsen mit e 1 folgt hieraus übrigens

(1.8)

was besagt, dass der Drehimpuls J ∝ a1/2 wächst und die Kreisbahngeschwindigkeit vK ∝ a−1/2 abnimmt, da J ∝ N und J ∝ avK.

1.2.2 Bahnbestimmung

Eine Ellipse im Raum wird durch fünf Parameter festgelegt: den beiden Halbachsen, dem Neigungswinkel gegen die Bezugsebene (im Sonnensystem normalerweise die Ekliptik) und der Lage der Durchstoßungspunkte der Ellipse durch diese Ebene, den so genannten Knoten. Zusätzlich wird die zeitabhängige Position des Körpers (Planet, Komet etc.) auf der Ellipse benötigt, die üblicherweise angegeben wird als der Zeitpunkt des Durchgangs durch den dem Zentralobjekt nächsten Punkt (im Sonnensystem: das Perihel). Die Bahn eines Himmelskörpers ist somit durch Angabe dieser sechs Bahnelemente vollständig charakterisiert; kennt man ihre Zahlenwerte, lässt sich die Position des Planeten im Raum zu jedem beliebigen Zeitpunkt berechnen.

Zur Bestimmung der sechs Bahnelemente eines Himmelskörpers auf einer Keplerbahn benötigt man offensichtlich wenigstens sechs unabhängige Einzelmessungen, die die Bahn erfassen, sowie die Zeitpunkte der Messungen. Kann man beispielsweise sowohl den Ort r und die Geschwindigkeit eines Himmelskörpers in jeweils allen drei vektoriellen Komponenten zum Zeitpunkt t messen, so ist die Bahn bereits vollständig festgelegt. Statt der Geschwindigkeiten kann man auch zwei zu verschiedenen Zeiten gemessene Positionen r(t1), r(t2) verwenden.

Die astronomische Beobachtung von der Erde liefert jedoch zunächst nur Richtungen, d. h. Polarkoordinaten, ohne die zur Festlegung der Position im Raum erforderlichen Entfernungen (s. Abschn. 1.5). In diesem Fall benötigt man mindestens drei unabhängige Messungen, was je Messung zwei Richtungswinkel liefert, also wiederum sechs Bestimmungsstücke. Allerdings hängt dann die Bahn im Raum noch von einer linearen Skalierung ab, die z. B. über eine Bestimmung der Größe der Erdbahn erhalten werden kann (die so genannte Astronomische Einheit, s. Abschn. 4.1).

Der mathematische Apparat zur Bahnbestimmung ist recht aufwendig, u. a. wegen der zahlreichen erforderlichen Koordinatentransformationen. Es gibt jedoch inzwischen eine Vielzahl von Computerprogrammen, die diese Aufgabe erledigen.

Das umgekehrte Problem der Vorhersage beobachtbarer Positionen aus bekannten Bahnen heißt Ephemeridenrechnung (aus dem Griechischen „ephemeros – für einen Tag“; eine Ephemeride ist eine Tabelle mit berechneten Positionen eines Himmelskörpers). Dieser Vorgang ist einfacher als die Bahnbestimmung und basiert letztendlich auf der Anwendung der Bahngleichung (1.7) sowie des 2. Keplerschen Gesetzes, gefolgt von einigen Koordinatentransformationen. Auch hierfür gibt es etliche Computerprogramme.

1.2.3 Kreisbahnen

Die Beschreibung einer Bahn als Kreisbewegung hat rechentechnisch ungeheure Vorteile. Insbesondere wird das 2. Keplersche Gesetz zu einer trivialen Aussage, da die Geschwindigkeit auf einer Kreisbahn konstant ist. Diese KreisbahngeschwindigkeitvK erhalten wir aus der Gleichsetzung von Gravitations- und Zentrifugalbeschleunigung im Abstand a von der Zentralmasse M,

(1.9)

was direkt auf

(1.10)

1.2.4 Entweichgeschwindigkeit

Um das Gravitationsfeld verlassen zu können, muss die kinetische Energie eines Körpers 1/2 mv2 mindestens gleich der potentiellen Energie GMm/a im Startpunkt mit dem Abstand a vom Zentrum sein. Durch Gleichsetzen beider Energien erhält man die für das Entweichen erforderliche Grenzgeschwindigkeit

(1.11)

Sie wird auch parabolische Geschwindigkeit genannt, da sie die Geschwindigkeit für eine Bewegung auf einer Parabel beschreibt, die ja als Grenzfall zwischen Ellipsen und Hyperbeln gerade schon ins Unendliche führt. Dieser Sachverhalt kann verallgemeinert und umgekehrt werden. Ein Körper, der ohne nennenswerte kinetische Energie von sehr weit kommend in ein Gravitationspotential hineinfällt, hat in jeder Entfernung r ungefähr die Entweichgeschwindigkeit. Oder: im Zweikörperproblem verlässt ein Testkörper, der aus dem „Unendlichen“ kommt, das System wieder.

1.2.5 Gezeitenkräfte

Sind zwei Körper so eng benachbart, dass ihre Radien nicht mehr vernachlässigbar gegenüber ihrem Abstand sind, so hat die gegenseitige Anziehungskraft auch eine Wirkung auf die Form der Körper und kann im Extremfall zu ihrer Zerstörung führen. Aufgrund der r−2-Abstandsabhängigkeit wirken die Anziehungskräfte auf die nahe und die ferne Seite eines Körper unterschiedlich stark. Zur besseren Abschätzung der Größenordnung des Effekts betrachten wir zwei punktförmige Massenelemente der Masse dm, die sich im Abstand 2R voneinander und im Abstand d zu einer größeren (Punkt-)Masse M befinden (s. Abb. 1.3).

Abb. 1.3 Bezeichungen zur Ableitung der Gezeitenkräfte.

Die zwei Massenelemente könnten z. B. zwei Punkte auf Vorder- und Rückseite eines Planeten oder Mondes darstellen, aber auch zwei Sterne in einer Zwerggalaxie, die sich in der Nähe einer großen Galaxie befindet. Die durch M auf die beiden Massenelemente ausgeübte Anziehungskraft unterscheidet sich um den Betrag

(1.12)

Für R/d 1 können wir diesen Ausdruck durch eine Reihenentwicklung vereinfachen,

(1.13)

Mit dieser Kraft werden die beiden Massenelemente auseinandergezogen. Der Betrag der Kraft hängt in dieser Näherung von der dritten Potenz des Abstands d ab, ΔFG wird also relevant vor allem bei kleinen Abständen d. Sind die beiden Massenpunkte Teile eines größeren Körpers, dann wird dieser in Richtung der Verbindungslinie der beiden Körper verformt. Für das Erde-Mond-System ergibt sich so das Phänomen der Gezeiten auf der Erdoberfäche, insbesondere in Verbindung mit der Erdrotation (s. Abschn. 4.3.1). Man spricht häufig ganz generell von Gezeitenkräften, wenn Gln. (1.12) bzw. (1.13) anwendbar sind.

Gezeitenkräfte sind von großer Bedeutung in der Astrophysik. So legen sie fest, bis zu welchem Abstand ein Mond in der Nähe zu einem Planeten überhaupt existieren kann (s. Abschn. 4.5). Zwei Sterne in einem engen Doppelsternsystem verformen sich gegenseitig durch Gezeitenkräfte in ganz charakteristischer Weise (s. Abschn. 8.6). Auch für die Entwicklung von Galaxien spielen Gezeitenkräfte eine erhebliche Rolle (s. Abschn. 12.6.4).

1.3 Mehr- und Vielteilchensysteme

Die Behandlung der Bewegung im Gravitationsfeld wird schwierig, sobald man das Konzept des reinen Zweikörperproblems aufgibt. Das liegt daran, dass sich mit der Bewegung der Körper auch das Gravitationsfeld verändert. Für ein Zweikörpersystem gilt noch, dass relativ zum Schwerpunkt des Systems das Gravitationsfeld als vorgegeben betrachtet werden kann, aber für mehr als zwei unabhängige Massenpunkte ist dies im Allgemeinen nicht mehr möglich. Bereits beim Dreikörperproblem können Rückkopplungen eintreten, die zu chaotischem, nicht langfristig vorhersagbarem Verhalten führen. Daher gibt es für Systeme mit mehr als zwei Teilchen keine allgemeinen analytischen Lösungen der Bewegungsgleichungen. Für ein n-Teilchensystem gibt es n solcher Gleichungen,

(1.14)

Dieses System gekoppelter Differentialgleichungen lässt sich – nach Spezifikation der Anfangsbedingungen – nur durch numerische Integration näherungsweise lösen. Für einige Spezialfälle gibt es allerdings analytische, stabile Lösungen, von denen wir im Folgenden zwei besonders einfache, für die Astrophysik aber bedeutende Fälle diskutieren.

1.3.1 Reduziertes Dreikörperproblem

Eine besonderes einfache Situation ergibt sich, wenn in einem System mit drei Punktmassen eine davon so klein ist, m3m1, m2, dass das Gravitationsfeld von der Position dieses „Probeteilchens“ unabhängig ist. Wenn r3−r1, r3−r2 die Ortsvektoren des Teilchens bezogen auf die Massen 1 und 2 bezeichnen, dann ist die Schwerkraft auf das Teilchen

(1.15)

In einem stabilen Gleichgewicht werden sich die Körper 1 und 2 auf Keplerbahnen um den gemeinsamen Schwerpunkt befinden. Wir nehmen der Einfachheit halber an, dass es sich dabei um Kreisbahnen handelt, deren Umlaufgeschwindigkeit durch eine Kreisfrequenz ω beschrieben wird. Betrachten wir nun ein mit ω mitrotierendes Koordinatensystem, dessen Ursprung im Schwerpunkt des Systems liegt. In diesem Bezugssystem sind die Ortsvektoren der Massen 1 und 2 invariant, das Gravitationsfeld ist also eine reine Funktion des Orts und hängt nicht mehr von der Zeit ab. Allerdings muss zusätzlich zur Gravitation noch die Zentrifugalbeschleunigung aufgrund der Rotation des Systems berücksichtigt werden.

Zur Suche nach stabilen Bahnen für das Probeteilchen ist es nützlich, den Verlauf des „effektiven Potentials“

(1.16)

zu betrachten, wobei s der Abstand des Probeteilchens von der Rotationsachse (nicht vom Schwerpunkt!) ist. In Abb. 1.4 ist ein Beispiel für den Verlauf dieses Potentials als „Höhenlinienkarte“ gezeigt.

Stabile Bahnen des Testteilchens ergeben sich insbesondere dort, wo das effektive Potential ein lokales Minimum oder Maximum hat, denn dort verschwindet der Gradient und das Teilchen ist (im rotierenden System) kräftefrei. Die Abb. 1.4 zeigt, dass es fünf solcher Punkte gibt, die so genannten Lagrange-Punkte, die üblicherweise mit dem Buchstaben L und einem Zahlenindex bezeichnet werden.

Diese Zusammenhänge sind von großer Bedeutung für viele in der Astrophysik betrachtete Systeme und wir werden diese Überlegungen an mehreren Stellen wieder aufgreifen. Beispielsweise sind die Lagrange-Punkte L1 und L2 des Systems Erde-Sonne besonders attraktive Orte für die Positionierung von Satellitenobservatorien (s. Abschn. 3.4.3 und 4.2.3). Im System Jupiter-Sonne halten sich in den Punkten L4 und L5 ganze Gruppen von Asteroiden auf, die so genannten Trojaner. Und in engen Doppelsternsystemen kann es dazu kommen, dass Materie von einem Stern zum anderen durch den inneren Lagrange-Punkt L1 überfließt (s. Abschn. 8.6).

1.3.2 Störungsrechung

Streng genommen ist das reine Zweikörperproblem natürlich eine völlig unrealistische Idealisierung; bereits das Sonnensystem besteht aus vielen Planeten, die sich alle irgendwie gegenseitig beeinflussen. Allerdings ist z. B. die Auswirkung des Jupiter auf die Bahnen der inneren Planeten gering, wenn auch nicht völlig vernachlässigbar. Für solche Fälle gibt es in der Physik den Ansatz der Störungsrechnung, wobei dann angenommen wird, dass die Lösung durch eine Überlagerung der Lösung des idealisierten Zweikörperproblems mit einem Korrekturterm konstruiert werden kann.

Eine mögliche Vorgehensweise besteht in einer Reihenentwicklung des Potentials; zu dem einfachen Zentralmassenpotential addiert man Terme höherer Ordnung, die die Störungen repräsentieren sollen. In seiner einfachsten Form wäre

(1.17)

mit dem zu ermittelnden „Störterm” B. Für das Sonnensystem bedeutet dieser Ansatz anschaulich, dass die Wirkung der äußeren Planeten ersetzt wird durch die Gravitation eines gedachten äußeren Masserings. Auch für dieses Kraftgesetz gibt es eine analytische Lösung, die wir hier allerdings nicht ausführen können. Die resultierende Bahngleichung lautet

(1.18)

1.3.3 Energieerhaltung und Virialsatz

Systeme mit sehr vielen Teilchen, die gemeinsam für das resultierende Gravitationsfeld verantwortlich sind, lassen sich im Allgemeinen auch nicht mehr näherungsweise durch das Kepler-Modell erfassen. Es können aber oft gewisse statistische Aussagen gemacht werden, die zwar nicht das Verhalten einzelner Teilchen genau beschreiben, wohl aber das mittlere Verhalten des Ensembles von Teilchen.

Betrachten wir ein Ensemble von n Teilchen mit Massen mi. Die kinetische Gesamtenergie des Ensembles ist

(1.19)

wobei die Richtungen der einzelnen Geschwindigkeiten sehr unterschiedlich sein können. Wenn ausschließlich Gravitationskräfte auf die Teilchen wirken, ist die potentielle Energie des ganzen Systems

(1.20)

Jeder Körper, der im Gravitationsfeld eine Kraft erfährt und somit beschleunigt wird, gewinnt an kinetischer Energie in genau dem Maße, indem er an potentieller Energie verliert, da die geleistete Arbeit ∫ F ⋅ dr unabhängig von der tatsächlichen Bahn ist. Andererseits kann Energie auch – etwa durch einen Stoß – von einem Teilchen auf ein anderes übertragen werden, wobei grundsätzlich der Satz von der Erhaltung der Gesamtenergie gilt,

(1.21)

In dieser Formulierung des Energieerhaltungssatzes steckt natürlich noch die Annahme, dass dem System nicht auf andere Weise Energie entzogen werden kann. Viele astrophysikalische Gebilde verlieren aber Energie insbesondere durch Abstrahlung und sind daher keine abgeschlossenen Systeme. Es gilt dann nur noch ein modifizierter Erhaltungssatz, der explizit die Energieverluste mit einbezieht.

Eine fundamentale Aussage über Vielteilchensysteme ist der Virialsatz. Er besagt, dass sich die Gesamtenergie nicht beliebig über kinetische und potentielle Energie verteilt, solange sich das System im Gleichgewicht befindet. Vielmehr strebt das System im zeitlichen Mittel zu einem festen Verhältnis,

(1.22)

(1.23)

Das langzeitliche Mittel des Virials V erhalten wir durch Integration über t,

(1.24)

Wir machen jetzt Gebrauch von der Tatsache, dass sich die Kraft im Gravitationsfeld vektoriell aus den Anziehungskräften Fij der einzelnen Massenpunkte aufeinander zusammensetzen lässt. Der erste Term auf der rechten Seite von Gl. (1.23) lässt sich dann schreiben

(1.25)

Diese Annahme ist allerdings für eine Vielzahl astrophysikalischer Systeme in recht guter Näherung erfüllt. Beispielsweise beschreibt der Virialsatz für Sterne einen Zusammenhang zwischen der potentiellen Energie eines Sterns und seiner mittleren Temperatur (s. Abschn. 7.1.2). In Galaxienhaufen kann man über den Virialsatz aus den gemessenen Geschwindigkeiten der einzelnen Galaxien eine Abschätzung der Gesamtmasse des Haufens erhalten (s. Abschn. 13.4). Im Einzelfall muss jedoch immer wieder überprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Virialsatzes erfüllt sind.

1.4 Zur allgemeinen Relativitätstheorie

Im Rahmen der klassischen Physik sind Raum und Zeit grundverschiedene Kategorien in der Beschreibung der Natur. Insbesondere ist die Zeit etwas Absolutes; die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse ist unabhängig vom Betrachter zu konstatieren. Dagegen stellte die 1905 von A. Einstein erstmals formulierte „spezielle Relativitätstheorie“ ein Konzept zur Verknüpfung von Raum und Zeit dar, das im Wesentlichen auf zwei Postulaten begründet war: Erstens, die Annahme der Gleichwertigkeit aller „Inertialsysteme“, d. h. unbeschleunigt gegeneinander bewegter Koordinatensysteme, und zweitens, die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit unabhängig vom System des Betrachters.

Mit seiner „allgemeinen Relativitätstheorie“ von 1916 verallgemeinerte Einstein seinen Ansatz auf solche Vorgänge, die sich in beschleunigten Bezugssystemen und in Gravitationsfeldern abspielen. Die spezielle Relativitätstheorie ist darin noch als Grenzfall für Inertialsysteme und für verschwindend kleine Gravitationsfelder enthalten. Der wichtigste Zusatz war Einsteins Annahme der Gleichheit von träger und schwerer Masse, die eine völlig gleichartige Behandlung von beschleunigten Systemen und der Schwerkraft unterliegenden Systemen erlaubte. Berühmt geworden ist Einsteins Fahrstuhl-Gedankenexperiment: Zunächst befindet sich der Fahrstuhl im freien Fall, was die Insassen als effektive Schwerelosigkeit erleben. Wird er hingegen weitab der Erde mit einer Beschleunigung g nach oben gezogen, ist dies für die Insassen ununterscheidbar von normaler Gravitationskraftwirkung.

1.4.1 Grundzüge

Wie schon in der speziellen Relativitätstheorie darf man auch in der allgemeinen nicht den Raum einerseits und die Zeit andererseits als für sich selbst definierte und voneinander unabhängige Größen betrachten. Jeder Vorgang ist vielmehr im vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum, kurz Raumzeit genannt, zu beschreiben. In ihr wird ein „Ereignis“, etwa das Vorhandensein eines Körpers an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, durch die Koordinaten x0, x1, x2, x3 beschrieben. Dabei können wir zum Beispiel für x1, x2, x3 die kartesischen Koordinaten des betreffenden Raumpunktes und für x0 die zeitliche Koordinate ct wählen, wobei c die Vakuumlichtgeschwindigkeit bedeutet. Den von einem Körper in der Raumzeit zurückgelegten Weg nennt man seine Weltlinie.

An die Stelle des Newtonschen Bewegungsgesetzes tritt in der allgemeinen Relativitätstheorie eine Aussage über den von einem Körper in der Raumzeit durchlaufenen Weg: Die Weltlinie zwischen A und B ist eine so genannte Geodäte; das ist unter allen Verbindungslinien diejenige mit minimaler Länge (genauer: deren Länge einen Extremalwert annimmt). Das Analogon im gewöhnlichen dreidimensionalen euklidischen Raum ist eine Gerade, die ja die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten darstellt. Ein einfaches Beispiel für eine solche Geodäte stellt ein Großkreis auf einer Kugeloberfläche dar.

Körper, die sich in Gravitationsfeldern bewegen, werden in der Regel nicht einfach gerade Linien zurücklegen. In Anwesenheit von Gravitationsfeldern, also in der Umgebung von gravitierenden Körpern, muss die Raumzeit also „gekrümmt“ sein. Der Zusammenhang zwischen der Verteilung von gravitierender Materie einerseits und den resultierenden Krümmungseigenschaften des Raums andererseits wird durch die Einsteinschen Feldgleichungen beschrieben. Diese stellen damit den Ersatz für das Newtonsche Gravitationsgesetz dar, das sie für den Grenzfall schwacher Felder genau reproduzieren.

Es stellt sich die Frage, wie man denn in beliebig gekrümmten Räumen überhaupt die Länge einer gegebenen Kurve misst. Dieses mathematische Problem wird in der Differentialgeometrie behandelt. Angenommen, man weiß, wie groß die Entfernung ds zwischen infinitesimal dicht benachbarten Punkten ist, dann erhält man die Gesamtlänge sofort als ein Wegintegral über alle Wegelemente ds. Die Schwierigkeit liegt in der Bestimmung von ds. Betrachten wir dazu zunächst einen dreidimensionalen euklidischen Raum mit einem kartesischen Koordinatensystem. Die einzelnen Punkte auf der Kurve mögen sich in ihren Koordinaten um die Beträge dx1, dx2,dx3 unterscheiden. In diesem Fall ist die Antwort einfach: Es gilt der Satz des Pythagoras,

(1.26)

In einem gekrümmten Raum gilt diese Regel aber im Allgemeinen nicht. Die Richtungen der Koordinatenachsen ändern sich von Ort zu Ort, und damit auch die Winkel zwischen den Achsenrichtungen. Immerhin kann man für infinitesimale Wegsegmente die Krümmung selbst vernachlässigen und die Koordinatendifferenzen zwischen Punkten durch lineare Stücke dxi annähern. Dann lässt sich die Länge des Wegelements ds in voller Allgemeinheit durch eine Kombination der Form

(1.27)

Mit dem metrischen Tensor ausgestattet, kann man dann die Längen von verschiedenen Verbindungen zwischen zwei Punkten berechnen. Jede Linie, deren Länge gegenüber benachbarten Kurven ein (lokales) Minimum oder Maximum aufweist, stellt eine mögliche Kurve dar, auf der sich ein Körper in diesem Schwerefeld durch die Raumzeit bewegt. Übrigens gilt dies ebenfalls, so eine weitere wichtige Aussage der allgemeinen Relativitätstheorie, für den Ausbreitungsweg von Licht. Aus diesem Extremalprinzip lassen sich damit auch die Bedingungen für den Gravitationslinseneffekt (s. Abschn. 13.5.2) herleiten. Weitere astrophysikalisch relevante Auswirkungen der allgemeinen Relativitätstheorie sind die bereits erwähnte langsame Drehung der Apsidenlinien von Planetenbahnen, z. B. des Merkur, die Gravitationsrotverschiebung von elektromagnetischer Strahlung, die Existenz Schwarzer Löcher (s. Abschn. 1.4.2 und 8.5.4) sowie die Entstehung von Gravitationswellen (Abschn. 2.4.3). Aber selbst im modernen Alltag sind die Konsequenzen der Relativitätstheorie spürbar: Obwohl die relativistischen Effekte auf der Erdoberfläche winzig klein sind, würden alle GPS-Geräte ohne entsprechende Korrekturen ihre Positionen um typischerweise mehrere 100 m verfälscht anzeigen.

1.4.2 Starke Gravitationsfelder

(1.28)

Für die Masse der Sonne ergibt sich rS ~ 3 km. Allgemein sieht man, dass eine ungeheure Kompression der Masse erforderlich wäre, um den Radius eines Körpers auf R < rS zu bringen. Dann jedoch könnte nicht einmal ein Photon entweichen, denn an der Oberfläche eines solchen hypothetischen Körpers wäre ve > c, was, wie gesagt, unmöglich ist.1) Als Bezeichnung für eine derartige Konfiguration hat sich der Begriff „Schwarzes Loch“ eingebürgert.

Allerdings stellt der Schwarzschild-Radius keine wohldefinierte „Oberfläche“ einer Massenverteilung dar wie etwa die feste Oberfläche der Erde. Man kann lediglich von einem „Ereignishorizont“ sprechen, von jenseits dessen man keine Informationen mehr bekommt. Daher kann auch experimentell keine Aussage über die Verteilung der Masse innerhalb eines Schwarzen Loches gemacht werden.

1.5 Koordinatensysteme

Zur Beschreibung der Position eines Körpers im Raum benötigt man ein Koordinatensystem. In der Astronomie ist die Bestimmung der Entfernung zu einem Körper sehr oft äußerst schwierig oder sogar unmöglich; mit dem Problem der Entfernungsbestimmung werden wir uns später noch mehrfach befassen. Hingegen ist die Richtung, aus der das Licht eines Himmelskörpers kommt, vergleichsweise wohldefiniert und kann ohne größere Schwierigkeiten gemessen werden.

In dieser Situation empfiehlt sich die Verwendung von Polarkoordinaten, wobei die Entfernung zum Objekt einfach offen gelassen wird. Wir denken uns die Sterne gewissermaßen auf eine sehr große Einheitskugel projiziert und beschreiben ihre Positionen an dieser „Himmelskugel“ durch zwei Winkelkoordinaten. Entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen definiert man verschiedene Systeme nach folgendem Prinzip: Man wählt eine Grundebene, die die Himmelskugel in einem Großkreis, dem Grundkreis, schneidet. Auf diesem wird von einem willkürlich festgelegten Nullpunkt aus die eine Koordinate gemessen. Alle senkrecht auf dem Grundkreis stehenden Großkreise schneiden sich in den Polen des Systems. Auf demjenigen dieser Großkreise durch die Pole, der durch den betrachteten Stern geht, wird die zweite Koordinate gemessen, und zwar als Winkelabstand entweder vom Grundkreis oder vom Pol.

Winkel werden in der Astronomie im allgemeinen in Grad (°) oder Untereinheiten davon ausgedrückt: 60′ (Bogenminuten) sind ein Winkelgrad, 60″ (Bogensekunden) sind eine Bogenminute. Bei der Angabe von Winkeldurchmessern sehr weit entfernter Objekte werden mitunter auch die Einheiten Milli- oder Mikrobogensekunden benötigt. Winkelangaben in Bogenmaß (Radian) sind unüblich; tauchen allerdings Winkelmaße direkt kombiniert mit irgendwelchen Längeneinheiten auf, so müssen die Winkel eigentlich immer in Radian ausgedrückt werden. Hier lauert eine häufige Fehlerquelle für Anfänger.

Das Konzept der Polarkoordinaten entspricht der Festlegung von geographischer Länge und Breite auf der Erdoberfläche. Komplikationen treten in der Astronomie auf, weil Grundkreise und Nullpunkte im Anschluss an irdische Bezugsgrößen definiert werden, die Erde aber komplizierte Bewegungen relativ zu den Sternen ausführt und sich damit die Koordinaten eines Sternes als Funktion der Zeit ändern.

Aus der sphärischen Trigonometrie (Dreiecke auf Kugeloberflächen) ergeben sich Umrechnungsformeln von Koordinaten des einen Systems in Koordinaten eines anderen, wenn die relativen Lagen von Grundkreisen und Nullpunkten bekannt sind. Insbesondere benötigt man dabei die bekannten Sinus- und Kosinussätze eines allgemeinen sphärischen Dreiecks. Man beachte, dass die Seitenlängen üblicherweise auch durch entsprechende Winkel ausgedrückt werden, unter denen man sie vom Mittelpunkt der Einheitskugel aus sieht. Mit den Bezeichnungen aus Abb. 1.5 lauten diese Sätze:

Abb. 1.5 Bezeichnungen in einem allgemeinen sphärischen Dreieck, gebildet aus Ausschnitten dreier Großkreise um den Kugelmittelpunkt Z.

(1.29)

1.5.1 Das Horizontsystem

Grundkreis in diesem System ist der Horizont des Beobachtungsortes, der Schnitt der Horizontalebene mit der Himmelskugel. In der klassischen Astronomie wird dessen Südpunkt als Nullpunkt gewählt. In der Geodäsie wird statt des Südpunktes der Nordpunkt genommen, und diesem Verfahren haben sich aus technischen Gründen auch die Radioastronomen angeschlossen. Der durch den Südpunkt und die Pole (Zenit und Nadir) des Systems gehende Großkreis heißt Meridian des Beobachtungsortes.

Abb. 1.6 Koordinaten im Horizontsystem: Höhe h, Zenitdistanz z, Azimut A; die Himmelsrichtungen Norden N, Osten O, Westen W und Süden S sind auf dem Horizont eingezeichnet.

1.5.2 Äquatorialsysteme

Diese Nachteile des Horizontsystems werden nacheinander für beide Koordinaten in den Äquatorialsystemen beseitigt, deren Grundebene die Äquatorebene der Erde ist. Grundkreis dieser Systeme ist der Schnitt der Äquatorebene mit der Himmelskugel, der Himmelsäquator, kurz Äquator genannt. Durch die zugehörigen Pole, nämlich den Nordpol und den Südpol des Himmels, geht die Verlängerung der Erdachse. Um diese auf der Äquatorebene senkrecht stehende Achse rotiert die Erde, und als Folge bewegen sich die Sterne scheinbar täglich einmal auf Parallelkreisen, also mit konstantem Winkelabstand zum Äquator. Dieser Winkelabstand, die Deklination δ, stellt die eine Koordinate dar. Sie wird längs eines Großkreises, der durch Stern und Himmelspol geht, vom Äquator aus gezählt, und zwar positiv in Richtung auf den Nordpol des Himmels.

Zur Festlegung der zweiten Koordinate gibt es zwei Möglichkeiten:

Das feste Äquatorsystem wird so genannt, weil sein Nullpunkt relativ zum Beobachtungsort fest ist. In ihm wird als Nullpunkt der Schnittpunkt des Meridians mit dem Himmelsäquator gewählt. Von hier aus, und zwar in Richtung W, N, O, wird als zweite Koordinate der Stundenwinkelt gemessen (s. Abb. 1.7). Dieser Stundenwinkel eines Sternes ist offenbar zeitlich variabel, und er hängt über den Meridian vom Ort des Beobachters ab. Pro Tag beschreibt er einen vollen Umlauf. Entsprechend zählt man übrigens den Stundenwinkel nicht im Bogenmaß, sondern im Zeitmaß (h, m, s). Es entspricht dabei

Abb. 1.7 Koordinaten in den Äquatorsystemen: Deklination δ, Stundenwinkel t, Rektaszension α; γ ist der Frühlingspunkt, OK und UK bezeichnen die obere beziehungsweise untere Kulmination.

Das bewegliche Äquatorsystem nimmt daher als Nullpunkt auf dem Himmelsäquator einen ausgezeichneten Punkt, der mit der täglichen Bewegung der Sterne mitläuft. Die von hier aus gemessene Koordinate eines Sternes ändert sich nicht mehr während der täglichen Rotation oder mit dem Beobachtungsort. Die an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessenen Winkelabstände werden sozusagen am rotierenden Himmel eingefroren.

Dieser ausgezeichnete Punkt wurde im Anschluss an die scheinbare jährliche Bewegung der Sonne definiert, die dabei zweimal im Jahr den Himmelsäquator überschreitet (s. Abb. 1.8). Der Punkt, wo sie den Äquator von S nach N im Frühjahr überschreitet, wird Frühlingspunkt oder Widderpunkt (Zeichen: Γ) genannt. Vom Frühlingspunkt aus wird die zweite Koordinate dieses Systems, die Rektaszension α gezählt, und zwar entgegengesetzt zur täglichen Bewegung, also auch entgegengesetzt zum Stundenwinkel t. Die Koordinate α wird wie der Stundenwinkel in Stunden, Minuten und Sekunden gemessen. Zusammen mit der Deklination δ ist α in Sternkatalogen zur Beschreibung eines Sternortes angegeben.

Abb. 1.8 Scheinbare jährliche Bahn (E) der Sonne relativ zum Äquator (A), aufgetragen in den äquatorialen Koordinaten α und δ.

Die Beziehung zwischen t und α ist sehr einfach (s. Abb. 1.7); offenbar unterscheiden sich beide außer in der Zählrichtung nur durch den jeweiligen, als Sternzeit Θ (in h, m, s) bezeichneten Stundenwinkel des Frühlingspunktes, d. h.

(1.30)

Auf allen Sternwarten gibt es Sternzeituhren, die die Sternzeit Θ anzeigen, womit die momentane Lage des Frühlingspunktes relativ zum örtlichen Meridian gegeben ist. Aus Katalogen entnimmt man α für einen zu beobachtenden Stern und errechnet damit sofort den Stundenwinkel, unter dem der Stern zu diesem Zeitpunkt zu finden ist.

1.5.3 Das Ekliptikalsystem

Dieses System ist besonders geeignet zur Beschreibung von Bewegungen im Planetensystem. Grundkreis ist die Ekliptik, d. h. die scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel (bezüglich des Sternenhintergrunds). Sie ist der Schnitt der Bahnebene der Erde, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelskugel. Nullpunkt ist auch hier der Frühlingspunkt Γ. Von ihm aus längs der Ekliptik wird die ekliptikale Länge λ als eine Koordinate, auf Großkreisen senkrecht zur Ekliptik die ekliptikale Breite β als zweite Koordinate gezählt.

Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene um den Winkel

die so genannte Schiefe der Ekliptik, geneigt. Dies entspricht der Neigung 90° − ε der Erdachse gegen die Erdbahnebene.

1.5.4 Das Galaktische System

Dieses System ist zur Beschreibung von Positionen relativ zur Milchstraße (Galaxis) eingeführt worden. Grundkreis ist der galaktische Äquator, d. h. der Schnitt der Milchstraßenebene mit der Himmelskugel; er wird anschaulich durch das leuchtende Band der Milchstraße am Himmel markiert. Der Nullpunkt darauf wird durch die Richtung von uns zum Zentrum des Milchstraßensystems festgelegt. Es liegt im Sternbild Sagittarius.

Längs des galaktischen Äquators zählt man die galaktische Längel und senkrecht dazu die galaktische Breiteb als die beiden galaktischen Koordinaten. Der Nordpol dieses Systems wurde im beweglichen Äquatorsystem (bezogen auf den Beginn des Jahres 1950) auf „glatte“ Werte festgelegt zu:

Dadurch ergibt sich als Nullpunkt der galaktischen Länge

In Tabelle 1.1 sind die Bezeichnungen in den verschiedenen Systemen zusammengefasst.

Tabelle 1.1 Zusammenstellung verschiedener Koordinatensysteme.

1.5.5 Präzession und Nutation

Ekliptik- und Äquatorebene sowie einer ihrer Schnittpunkte an der Himmelskugel – der Frühlingspunkt – sind wichtige Bezugsgrößen astronomischer Koordinatensysteme. Beide Ebenen verlagern sich leider langsam mit der Zeit, wobei auch der Frühlingspunkt langsam wandert. Die Änderung ist kompliziert, und nur die wichtigsten Effekte sollen hier erwähnt werden. Sie lassen sich verstehen, wenn man z. B. die Erde als einen Kreisel auffasst, auf den Kräfte wirken, die die Kreiselachse zu kippen versuchen. Dadurch wird ein Drehmoment ausgeübt, dessen Vektor senkrecht auf der Ebene steht, in der Kippkräfte und Drehpunkt liegen. Statt nun einfach umzukippen, weicht solch ein Kreisel dann so aus, dass er seine Rotationsachse in Richtung des Drehmoments verlagert. Diese Bewegung der Rotationsachse nennt man Präzession.

Die rotierende Erde kann als ein Kreisel betrachtet werden, der durch die Zentrifugalkräfte abgeplattet ist. Den resultierenden Erdkörper denke man sich zusammengesetzt aus einer Kugel plus einer Verdickung am Äquator, dem so genannten Äquatorwulst (s. Abb. 1.9).

Abb. 1.9 Links: Die Lunisolar-Präzession resultiert aus einer Kreiselbewegung der Erde aufgrund ihres Äquatorwulstes. Rechts: Die Nutation ergibt sich durch die Auswirkung des Mondes.

Die obige Vereinfachung, die Mondbahnebene in die Ekliptikebene zu legen, muss allerdings korrigiert werden. Tatsächlich beträgt die Neigung der Mondbahn gegen die Ekliptik ca. 5°. Jetzt wird auch der um die Erde umlaufende Mond als Kreisel aufgefasst, dessen Achse in eine Präzession versetzt wird, und zwar durch ein Drehmoment, das durch die Anziehung der Sonne auf den Mond zustande kommt (s. Abb. 1.9 rechts).

Damit dreht sich die Schnittlinie der Mondbahn- mit der Erdbahnebene, die so genannte Knotenlinie. Diese „Drehung der Mondknoten“ erfolgt mit 18.6 a Periode. Hierdurch variiert die Lage der Mondbahn zur Äquatorebene und damit das vom Mond auf den Äquatorwulst der Erde ausgeübte Drehmoment. Das Resultat ist, dass der Lunisolar-Präzession eine kleine zusätzliche Schwankung mit einer Periode von 18.6 a aufgeprägt wird. Physikalisch ist dies eine erzwungene Schwingung, wird aber traditionell die astronomische Nutation genannt.

Zusammengesetzt läuft damit die Erdachse in 18.6 a Periode um einen kleinen Kegel mit einem Öffnungswinkel von etwa 8″, während die Mittellinie dieses kleinen Kegels in 25 700 a auf dem großen Präzessionskegel der Lunisolar-Präzession mit dem Öffnungswinkel von 23.5° umläuft.

Gleichzeitig ändert sich dadurch mit etwa 40 000 a Periode die Schiefe der Ekliptik zwischen 21.9° und 24.3°; gegenwärtig nimmt sie um 0.47″/a ab.

1.5.6 Koordinaten-Änderung durch Präzession

Lunisolar- und Planetenpräzession verschieben laufend den Äquator und die Ekliptik, also auch den Frühlingspunkt relativ zu den Sternen. Es ändern sich demnach für das bewegliche Äquatorsystem sowohl Grundkreis als auch Nullpunkt, und damit die Koordinaten α, δ eines Sternes.

(1.31)

Bei Angabe von Koordinaten α, δ muss man also stets mit angeben, auf welchen Frühlingspunkt sie sich beziehen. Typische Koordinatenangaben in Katalogen beziehen sich auf die Lage des Frühlingspunktes zu Beginn des Jahres 1950 oder 2000, kurz gesagt auf die so genannten Äquinoktien 1950 oder 2000. Ändert sich für ein festgehaltenes Äquinoktium weiterhin die Position eines Sternes, so besitzt er eine Eigenbewegung. Den Zeitpunkt der Messung der Position für ein vorgegebenes Äquinoktium nennt man die Epoche. Streng genommen muss man also für jeden Ort sowohl Äquinoktium als auch Epoche angeben. Da die Eigenbewegung der meisten Sterne allerdings vernachlässigbar klein ist, spielt die Epoche nur bei Spezialuntersuchungen eine Rolle. Die größte bekannte Eigenbewegung eines Sternes beträgt etwa 10″ a−1.

Genau genommen hängen die Zahlenwerte der in der Positionsastronomie benutzten Parameter, z. B. der der Lunisolar-Präzession, nicht nur von den astronomischen Gegebenheiten ab, sondern auch vom System der fundamentalen physikalischen Konstanten, z. B. der Lichtgeschwindigkeit. Hier taucht bereits das Problem eines fundamentalen physikalischen Inertialsystems auf. Nach einer 1986 erfolgten „neuen“ Definition der physikalischen Konstanten wurden daher auch die astronomischen Konstanten von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) unter Beachtung aller bis dahin verfügbaren Beobachtungen neu festgelegt. Da gleichzeitig ja auch die aktuelle Epoche sich vom normalerweise benutzten Äquinoktium 1950 entfernt hatte, wurde empfohlen, beim Gebrauch des Äquinoktiums 2000 auch die „neuen“ Konstanten zu berücksichtigen. Man kennzeichnet das alte System üblicherweise mit B1950 und das neue mit J2000.

1.6 Astronomie und Zeit

Die Definition von Zeiteinheiten schließt sich an Messmethoden für die Zeit an, und diese basieren auf irgendwelchen periodisch ablaufenden Vorgängen.

Bis vor wenigen Jahren waren die astronomischen Zeitmessungen die genauesten. Anschaulich gesprochen wird hierbei die Himmelskugel samt Koordinatensystem als Zifferblatt einer Uhr, irgendein periodisch umlaufender Punkt (z. B. ein Himmelskörper) als Zeiger benutzt. Die entsprechenden Zeitdefinitionen sind in den folgenden Abschnitten aufgeführt.

Neuerdings sind noch genauere Zeitmessungen im Labor möglich, wo z. B. periodisch ablaufende Vorgänge in Atomen verfolgt werden (s. Abschn. 1.6.6). Diese Vorgänge sind so streng periodisch, dass heute damit sogar die „astronomischen Uhren“ kontrolliert werden können.

1.6.1 Die Sternzeit

1.6.2 Die wahre Sonnenzeit

Es ist naheliegend, die Zeitdefinition mit dem Lauf der Sonne zu koppeln, deren Stand ja das tägliche Leben bestimmt. Als wahre Sonnenzeit definiert man den Stundenwinkel des Mittelpunktes der Sonnenscheibe. Damit der Tagesanfang um Mitternacht liegt, addiert man 12 Stunden hinzu.

Abb. 1.10 Zur „wahren Sonnenzeit“: Gezeigt wird ein Ausschnitt der scheinbaren Sonnenbahn (s. Abb. 1.8). Gleich lange Abschnitten auf der Ekliptik (E1,2) ergeben unterschiedlich lange projizierte Abschnitte auf dem Äquator (A1,2).

1.6.3 Die mittlere Sonnenzeit

Die „mittlere Sonne“ ist definiert als ein gedachter Punkt, der mit der gleichen Periode (1 Jahr) wie die Sonne umläuft, sich dabei aber mit konstanter Winkelgeschwindigkeit längs des Äquators bewegt.

Ein mittlerer Sonnentag ist dann die Zeitdifferenz zwischen zwei aufeinander folgenden unteren Kulminationen dieser mittleren Sonne, was 24h oder 86 400s mittlerer Sonnenzeit entspricht. Die Differenz zwischen wahrer und mittlerer Sonnenzeit wird Zeitgleichung genannt,

Skizziert man sie über das ganze Jahr, so ergibt sich ein Verlauf wie in Abb. 1.11 dargestellt.

Abb. 1.11 Verlauf der Zeitgleichung über das Jahr.

Die Skizze spiegelt die Überlagerung der beiden periodischen Schwankungen der wahren Sonnenzeit wider. Man sieht, dass die Zeitgleichung vier Extremwerte hat, nämlich:

Der Nullpunkt der Zeitgleichung ist durch folgende etwas komplizierte Festlegung des Startpunktes für den Lauf der mittleren Sonne definiert: Ein gleichzeitig mit der wahren Sonne im Perihel startender, aber mit gleichförmiger Geschwindigkeit in der Ekliptik umlaufender Punkt soll gleichzeitig mit der mittleren Sonne im Frühlingspunkt sein. Daher ist die – ungleichförmig laufende – wahre Sonne früher im Frühlingspunkt als die mittlere, und die Zeitgleichung bei Frühlingsanfang ist nicht „Null“, sondern etwa sieben Minuten.

Das Verhältnis von Sonnentag zu Sterntag ersieht man aus Abb. 1.12, in denen ein Blick auf den Meridian von irgendeinem Beobachtungsort aus dargestellt ist. Links ist ein Zeitpunkt dargestellt, wo Sonne und Frühlingspunkt genau gleichzeitig durch den Meridian gehen, rechts die Situation 24h