Atlan 188: Im Bann des Mikrokosmos - Conrad Shepherd - E-Book

Atlan 188: Im Bann des Mikrokosmos E-Book

Conrad Shepherd

0,0

Beschreibung

Der Kristallprinz unter Ausgestoßenen - im Kontinuum der Mikrowesen Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Nachfolge antreten zu können. Gegen den Usurpator kämpft Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen und besteht ein gefahrvolles Abenteuer nach dem anderen. Doch mit dem Tag, da der junge Atlan erstmals Ischtar begegnet, der schönen Varganin, die man die Goldene Göttin nennt, hat er noch anderes zu tun, als sich mit Orbanaschols Schergen herumzuschlagen oder nach dem "Stein der Weisen" zu suchen, dem Kleinod kosmischer Macht. Nach dem Zwangsaufenthalt bei den Maahks und den Arkoniden hat der Kristallprinz es wieder einmal geschafft, seine Freiheit zu gewinnen und mit Hilfe des SKORGON, des persönlichen Raumschiffs von Kommandant Amarkavor Heng, dem Chaos zu entkommen, das durch den maahkschen Blitzangriff über den Flottenstützpunkt Trantagossa hereingebrochen war. Aber Atlans Sicherheit und Freiheit an Bord des Fluchtfahrzeugs sind nicht von langer Dauer. Da er in den Einflussbereich des Molekularverdichters oder "Zwergenmachers" gerät, der neuen, noch unerprobten Maahkwaffe, unterliegt er bald einem unaufhaltsamen Schrumpfungsprozess. Der Kristallprinz wird schließlich zu einem winzigen Etwas, das das normale Raum-Zeitkontinuum ausstößt. Er wird zu einem Lebewesen IM BANN DES MIKROKOSMOS ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 137

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 188

– ATLAN exklusiv Band 49 –

Im Bann des Mikrokosmos

Der Kristallprinz unter Ausgestoßenen – im Kontinuum der Mikrowesen

von Conrad Shepherd

Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Nachfolge antreten zu können.

Gegen den Usurpator kämpft Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen und besteht ein gefahrvolles Abenteuer nach dem anderen.

Doch mit dem Tag, da der junge Atlan erstmals Ischtar begegnet, der schönen Varganin, die man die Goldene Göttin nennt, hat er noch anderes zu tun, als sich mit Orbanaschols Schergen herumzuschlagen oder nach dem »Stein der Weisen« zu suchen, dem Kleinod kosmischer Macht.

Nach dem Zwangsaufenthalt bei den Maahks und den Arkoniden hat der Kristallprinz es wieder einmal geschafft, seine Freiheit zu gewinnen und mit Hilfe des SKORGON, des persönlichen Raumschiffs von Kommandant Amarkavor Heng, dem Chaos zu entkommen, das durch den maahkschen Blitzangriff über den Flottenstützpunkt Trantagossa hereingebrochen war.

Aber Atlans Sicherheit und Freiheit an Bord des Fluchtfahrzeugs sind nicht von langer Dauer. Da er in den Einflussbereich des Molekularverdichters oder »Zwergenmachers« gerät, der neuen, noch unerprobten Maahkwaffe, unterliegt er bald einem unaufhaltsamen Schrumpfungsprozess.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Kristallprinz im Bann des Mikrokosmos.

Ssuma – Oberhaupt der Dnofftrie-Piraten.

Ffem, Savroi und Thonta – Drei von Ssumas Kriegern.

Lajj

1.

Unzählige Schreckgespenster bekämpften mich auf meinem langen Weg zurück aus der chaotischen Tiefe der Besinnungslosigkeit; Albträume, gezeugt von ungenannten Ängsten; amorphe Gebilde mit feurigen Augen und schwarzen Polypenarmen; Schuppenwesen, die auf mich eindrangen, an mir zerrten, mich umtanzten und mir ihren Geifer ins Gesicht schleuderten.

Ich kam nur langsam zu mir.

Erste Empfindung: Schmerz. Glühende Nadeln schienen in jeder Pore meiner Haut zu stecken, sämtliche Gliedmaßen waren von einer ziehenden Schwäche erfüllt.

Zweite Empfindung: Ich lebte und atmete. Und diese Erkenntnis war etwas, was ich gar nicht genug würdigen konnte.

Nur zögernd klärte sich mein Verstand. Um mich war nichts als Schweigen. Das Denken fiel mir schwer in dieser Stille. Ich öffnete die Augen, sah, dass sich über mir ein rotglühender Himmel spannte, der mehr einer dichten Wolkendecke glich. Ein heißer Wind strich über meine Haut, zerrte an meinem Haar. Vergeblich suchte ich die Sonne, die diese mörderische Hitze ausstrahlte und mich in Schweiß badete. Dann merkte ich, dass ich völlig nackt war.

Was war geschehen?

Wo war ich?

Ich schob die Beantwortung dieser Fragen zunächst auf. Zu einem späteren Zeitpunkt würde ich auf sie zurückkommen.

Nacheinander spannte ich alle Muskeln – meine Glieder gehorchten mir. Ich streckte eine Hand aus, tastete umher und presste sie auf etwas Nachgiebiges und doch Festes. Merkwürdiges Lager! Ich rollte meinen Körper herum – und ein keuchender, erschreckter Laut löste sich aus meiner Kehle. Ich hing bewegungslos in rotglühenden Nebelbänken, die mit dem heißen Wind um mich dahintrieben und von Zeit zu Zeit den Blick auf etwas freigaben, das unter mir lag und mir im Moment als Konglomerat aller Nuancen der Farbe Rot erschien.

Ich erschrak zum zweiten Mal.

Ein Zittern durchlief mich, während ich die Vision hatte, aus großer Höhe in die Tiefe zu stürzen, wo ich unweigerlich zerschmettern musste.

Diese Angst war es, die mich aufrüttelte. Ich war jetzt hellwach, die Gedanken klar. Und damit gewann kühle Überlegung die Oberhand über meine Empfindungen. Ich erkannte die Symptome. Ich war schwerelos. Das bedeutete zunächst einmal für mich, dass ich nicht abstürzen würde.

Und damit verlor sich auch die Angst für eine Weile.

Ich drehte mich mit einer gleitenden Bewegung wieder herum und richtete mich auf. Kein Problem, mich mit der Schwerelosigkeit abzufinden.

Doch was bewirkte diese Schwerelosigkeit? Was hielt mich in der Luft?

Natürlich ein Gravitationsfeld!, meldete sich mein Extrasinn mit der gewohnten Nüchternheit.

Die Erklärung war so einleuchtend, dass ich unwillkürlich nickte. Erneut richtete ich meine Blicke nach unten.

Noch war nichts eindeutig zu erkennen. Es schien, als hätte mein Sehzentrum die Fähigkeit verloren, die Impulse zu koordinieren, die es über die Augen empfing.

Verwirrt konzentrierte ich mich, zwang meine Wahrnehmung dazu, sich den hier herrschenden Verhältnissen anzugleichen.

Schließlich gelang die Adaption. Ich fühlte Erleichterung, als die einzelnen Teile in die richtige Dimension rückten und sich zu einem auswertbaren Bild zusammenschoben.

Unter mir erstreckte sich eine offenbar endlose Ebene, ebenso rötlich leuchtend, wie alles hier. Ich sah, dass der Boden aus rötlichen Sanddünen bestand, die sich um erratische Felsblöcke gebildet hatten. Von einer Flora war nichts zu erkennen, jedenfalls nicht von jenem Punkt aus, von dem ich die Szenerie betrachtete. Ich befand mich etwa dreißig bis vierzig Meter über dem Boden, war aber nicht völlig sicher. Aber etwas anderes fesselte meine Aufmerksamkeit weit mehr – in unregelmäßigen Abständen erhoben sich schwarze, röhrenähnliche Gebilde aus der Ebene und verschwanden in dem leuchtenden Dom über mir. Leider war keines nahe genug, um mich erkennen zu lassen, was sie darstellten.

Merkwürdige Welt, durchfuhr es mich.

Welt! Wer sagt dir, dass dies ein Planet ist?, machte mich der Logiksektor meines Extrahirns aufmerksam.

Der Einwand hatte durchaus seine Berechtigung. Ich befand mich in einer derart fremden Umgebung, dass es einfach nur eine einzige Erklärung dafür gab ...

Richtig!, kommentierte der Logiksektor. Du befindest dich in einem fremden Kontinuum.

Mit einer fahrigen Bewegung wischte ich mir den Schweiß von der Stirn.

Wie kam ich hierher?

Ich zermarterte mein Gehirn; die Ohnmacht hatte wie ein Albtraum über meinem Bewusstsein gelegen. Aus dem Wust von Erinnerungsfetzen tauchten immer häufiger verschiedene Namen und Begriffe auf, die merkwürdigerweise etwas mit der Produktion von Gnomen zu tun zu haben schienen.

Irgend jemand hatte Gnome gemacht ...

Der Begriff »Gnome« löste eine unmittelbare Erkenntnis in mir aus. Mir wurde klar, dass das richtige Wort »Zwergenmacher« heißen musste. Das einer neugebildeten Assoziation entsprechende Engramm regte die Reorganisation eines ausgedehnten Systems von Millionen Ganglienzellen an. Blitzartig kam das Verstehen. Ich wusste nun, was mit mir geschehen war.

Vor Erregung sickerte salziges Sekret aus meinen Augenwinkeln. Ich konnte mich jetzt deutlich an alles erinnern.

Der Begriff »Zwergenmacher« bezog sich auf eine uns bislang unbekannt gebliebene Waffe der Maahks, eines Molekularverdichters, den die Methanatmer während des Angriffs auf den arkonidischen Flottenstützpunkt Trantagossa eingesetzt hatten. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt mehr oder minder freiwillig dort aufgehalten. Während der teilweisen Zerstörung Trantagossas war dem varganischen Henker Magantilliken, mir, und dem Kommandanten des Flottenstützpunkts, Amarkavor Heng, die Flucht an Bord des SKORGONS gelungen. Und erst da hatten Heng und ich gemerkt, dass wir in das Wirkungsfeld dieser geheimnisvollen Waffe geraten sein mussten – wir waren zusehends kleiner und kleiner geworden.

Noch einmal durchlebte ich in Gedanken jenen schrecklichen Kampf zwischen Heng und mir an Bord des SKORGONS. Amarkavor Heng war einer der fünf Verschwörer gewesen, die den Mord an meinen Vater geplant und durchgeführt hatten. Nachdem ich ihn im Zweikampf getötet hatte, hatte er seine ursprüngliche Größe wieder angenommen, während der Schrumpfungsprozess bei mir weiter und weiter gegangen war, ohne dass ich meine Masse verlor. Ich erahnte, was das für mich bedeuten würde. Kein normales Raum-Zeit-Kontinuum konnte einen zu einem Mikrolebewesen geschrumpften Organismus mit einer derartigen Masse halten. Der Übergang vom Makro- zum Mikrokosmos war zwangsläufig.

Und so war ich hierher gelangt.

In einem Winkel meines Gehirns fühlte ich noch den Schrecken, der mich im Augenblick des Eintauchens in den energetischen Mahlstrom zwischen beiden Kontinua überkommen hatte, wie einen körperlichen Schmerz.

Ich stöhnte unterdrückt bei dieser Erinnerung auf.

Wie lange war das nun schon her?

Ich wusste es nicht. Es fehlte jeder Bezug.

Ich fühlte, wie etwas in mir riss. Das hier war nicht mehr länger die gewohnte Umgebung, war nicht mehr Arkon, Kraumon oder all jene Welten und Stationen und Orte, die mir bekannt, die Teil meines Lebens waren.

Ich wusste nur eines mit Gewissheit: Mein bisheriger Lebensinhalt, meine Erfahrungen hatten innerhalb einer bestimmten, wenn auch für mich nicht messbaren Zeit aufgehört, maßgebend für mein Verhalten zu sein. Ich hatte mit einem absolut neuen Problem fertig zu werden. Es war das Problem, zu überleben und eine Aufgabe zu erfüllen, die deutlich vor meinen Augen stand: Ich musste zurück!

*

In meiner Kehle brannte die Trockenheit; ich fühlte mich niedergeschlagen von dem Bewusstsein, dass keine meiner bisherigen Fähigkeiten hier genügte, um auch nur einen Schritt zu machen. Ich konnte mich zwar ungehindert bewegen, aber alle Versuche, vom Fleck zu kommen, schlugen fehl.

Ich fluchte unterdrückt.

Unter mir lag die rötliche Ebene. Sie war flach und leer, wenn man von den geheimnisvollen Röhren absah, die sich aus ihr erhoben und im Himmel verschwanden. Falls sich der Begriff »Himmel« hier überhaupt anwenden ließ. Denn inzwischen war mir klargeworden, dass ich mich weder auf einem Planeten noch in einer Art Weltraum befand. Doch ich hätte es schlimmer treffen können – immerhin gab es hier Sauerstoff oder ein damit vergleichbares Gas. Ich konnte atmen.

Nach wie vor schwebte ich in einer Höhe von drei- bis vierhundert Metern. Der Gluthauch eines stetigen Windes strich über meinen Körper und trocknete meine Kehle noch mehr aus.

Wieder versuchte ich, vom Fleck zu kommen.

Nach einer Weile gab ich es auf. Es schien, als wäre ich trotz meiner Schwerelosigkeit in der Luft festgenietet. Es war mir unerklärlich ...

Das ist weder unerklärlich noch unverständlich, meldete sich der Logiksektor meines Extrahirns. Es ist nichts weiter als das Beharrungsvermögen der gewaltigen Masse, die du hier verkörperst.

Natürlich, das war die Lösung! Ich hätte von alleine darauf kommen müssen. Dass ich es nicht tat, lag wohl zum überwiegenden Teil daran, dass mein Bewusstsein einem Chaos ausgesetzt gewesen war, als ich in den energetischen Sog zwischen den beiden Kontinua geriet.

Doch jetzt war kaum die Zeit, über Vergangenes nachzusinnen. Mein vordringlichstes Problem lag darin, herauszufinden, wie ich meine momentane Situation ändern konnte.

Ohne fremde Hilfe wird dir das kaum gelingen, kommentierte der Logiksektor meine Lage treffend. Weißt du auch, dass du unwahrscheinliches Glück gehabt hast? Stell dir vor, du wärst nicht von einem Gravitationsfeld aufgefangen worden, als du in dieses Kontinuum einbrachst!

Ich konnte es mir vorstellen.

Aufgrund meiner ungeheuren Masse hätte ich mich wie ein Meteor in die Ebene unter mir gebohrt.

Kein sehr erfreulicher Gedanke.

»Verdammt«, murmelte ich. »Erst das Abenteuer auf dem SKORGON. Und jetzt ... das hier!«

Der Schweiß brannte in meinen Augen. Ich kniff die Lider zusammen, blinzelte gegen das rote Glühen über mir – und bemerkte, dass sich ein rechteckiger Gegenstand vor einer dieser glühenden Nebelbänke abhob, der vorher noch nicht zu sehen gewesen war.

Was war das? Ein Vogel?

Noch während ich mir den Kopf zerbrach, tauchten weitere dieser Vierecke aus der Nebelbank auf.

Ich sah genauer hin. Unter den rechteckigen Formen erkannte ich andere, kleinere. Vergessenes Wissen aus Sachgebieten, die mit der Beförderung von Gütern zusammenhingen, kam mir in den Sinn.

»Unsinn!«, knurrte ich. »Es sind sicher Vögel!« Es klang nicht sehr überzeugend.

Die »Vögel« kamen näher. Ich konnte bereits Einzelheiten ausmachen, sah die blauen und orangefarbenen Vierecke – und die Erkenntnis traf mich wie ein Fausthieb.

Das waren ja Segler, die da heranschwebten!

Ich konnte keiner Sinnestäuschung aufgesessen sein. Die Neugier erwachte in mir. Gebannt beobachtete ich weiter. Immer mehr Einzelheiten schälten sich heraus. Über den vom heißen Wind geblähten Segeln schwankten dünne Masten, gekrönt von Beobachtungsplattformen, die zerbrechlichen Vogelnestern glichen. Die Rümpfe hatten rechteckige Formen, waren kiellos und wirkten eher wie radlose Wagenkästen denn Schiffsrümpfe. Es handelte sich um insgesamt sieben dieser seltsamen Luftfahrzeuge. Geräuschlos glitt die kleine Flotte vor dem Wind einher. Ich machte eine überschlägige Schätzung; wenn sie ihren jetzigen Kurs beibehielt, musste sie mich in einer Entfernung von etwas weniger als tausend Metern passieren.

Und erst in diesem Augenblick überkam mich das Paradoxe der Situation. Eine Flotte von Seglern im Mikrokosmos! Ich ertappte mich dabei, wie ich lachte. Ein merkwürdiger Laut in dieser stillen Welt. War dies alles nur ein Streich, den mir mein Verstand spielte? Gab es dies wirklich? Wie lange war es her, seit ich die hochtechnisierte Welt des Flottenstützpunktes Trantagossa verlassen hatte? Wie lange, seit ich mit dem Leben so gut wie abgeschlossen hatte, um in einem fremden Kontinuum neu geboren zu werden? Und nun begegneten mir gar Windsegler! Aber woher wusste ich, dass dies keine Illusion war? Selbstbetrug eines Bewusstseins, das ...

Vorsicht!, warnte mein Extrasinn scharf. Jetzt den Verstand zu verlieren, kannst du dir am allerwenigsten leisten!

Und erst jetzt erkannte ich, wie nahe ich einem geistigen Zusammenbruch war. Ich verstand urplötzlich, dass ich mich geradezu erschreckend verändert hatte. Ich lag wie unter einem Bann. Zuviel war innerhalb kürzester Zeit auf mich eingedrungen. Ein einfacher Sterblicher, selbst wenn er Kristallprinz von Arkon war, musste hier hoffnungslos verloren sein. Dieser Raum entblößte einem die Seele und stülpte das Innerste nach außen. Nichts hier war klar, nichts schien vernünftig oder logisch zu sein.

Nimm dich zusammen!, drängte mein Extrasinn.

Ich zwang mich zur Ordnung, bemühte mich, analytisch zu denken. Die innere Disziplin meiner meditativen Schulung – Produkt der ARK SUMMIA – half entscheidend.

Ich beobachtete weiter die phantastische Flotte der Segler. Mit Sicherheit wurde sie ebenso von einer starken Gravoströmung getragen, wie ich.

Dann sah ich es ...

Einer der plumpen Segler löste sich aus dem Verband, vollführte ein kompliziert aussehendes Manöver, das ihn ins Schwanken brachte. Doch dann stabilisierte er seinen Kurs und glitt mit wachsender Geschwindigkeit in einem Winkel von fünfundvierzig Grad quer zur Hauptrichtung der anderen Segler heran.

Noch während ich dieses Manöver verfolgte, entstand eine Gedankenkette klar vor meinem inneren Auge. Auf einem Planeten am Rande des arkonidischen Imperiums gab es das Phänomen dieser Gravitationsfelder ebenfalls; wie ein dichtmaschiges Netz umspannten sie ihre Welt. Das zeitigte merkwürdige Folgen der Anpassung von Fauna und Flora auf die gegebenen Verhältnisse. Während die Planetenoberfläche absolut leer war, spielte sich das Leben in der Atmosphäre ab, mit all seinen vielfältigen Erscheinungen.

Merkwürdiger Zufall.

Mir wurde deutlich, dass über dieser endlosen Ebene unter mir die verschiedensten Gravoströmungen und Schwerefelder wirksam sein mussten.

Und noch etwas anderes wurde mir deutlich – man hatte mich entdeckt.

*

Der Gravosegler hatte mich erreicht. Das Segel sank herunter, und eine Weile geschah überhaupt nichts, während ich das Gefühl hatte, genau beobachtet zu werden. Doch dann sprangen aus dem kastenförmigen, ungefügten Rumpf urplötzlich mehrere Körper und bewegten sich rasch auf mich zu.

Ich konnte einen Laut der Überraschung nicht unterdrücken.

Was hast du erwartet!, machte sich mein Logiksektor spöttisch bemerkbar. Etwa Arkoniden?

Mit Mühe bekam ich meine Gedanken unter Kontrolle. Wieder einmal passierte alles zu schnell und ohne Übergang. Von einem Augenblick zum anderen sah ich mich mit einer völlig neuen und überraschenden Entwicklung der Dinge konfrontiert.

Was sich da geschickt und schnell in der Gravoströmung auf mich zubewegte, war ein halbes Dutzend Kreaturen, wie ich sie noch auf keiner Welt gesehen hatte.

Es handelte sich um pyramidenförmige Wesen, etwa eineinhalb Meter groß. Im oberen Drittel der spitzkegeligen Körper lagen die Extremitäten, drei dünne, biegsame und augenscheinlich gelenklose Arme, die in dreifingrigen Klauen endeten. Unter der Basis der Kegelwesen waren jedoch nur zwei kräftig wirkende Beine zu sehen, die eher Greifpfoten ähnelten. Man konnte die Mannschaftsmitglieder des Gravoseglers nicht als humanoid bezeichnen, trotzdem wirkten sie keineswegs abstoßend. Sie boten sogar einen gewissen ästhetischen Anblick. Ihre Farbe war ein intensives Blau.

Sie hatten mich erreicht, schwebten um mich herum.

Da ich nichts in ihren Klauen erkennen konnte, was als Waffen zu deuten gewesen wären, kam ich zu der Ansicht, dass man mir nicht feindlich gesinnt sein konnte – zumindest vorläufig nicht.

Ich ließ es auf einen Versuch ankommen.

»Willkommen«, sagte ich laut und deutlich, »wer immer ihr auch sein mögt.«

Die Reaktion war bemerkenswert.

Zwischen den Armen öffneten sich Hautfalten, spitze Dreiecke von gelbroter Tönung, und eine wilde Flut langgezogener, wie von einem Blasebalg erzeugter Töne brach über mich herein. Ich verzog das Gesicht. Wie sollten wir zu einer Verständigung gelangen, falls das, was ich hörte, die akustische Verständigung der Kegelwesen untereinander war? Ich fühlte mich mehr als unbehaglich. Was hatte ich angerichtet? Vielleicht irgendwelche Tabus verletzt?

Unsinn!, entschied mein Extrasinn kategorisch. Es ist nur Verwirrung, Erstaunen oder Erregung, dass ein derartig fürchterliches Wesen, wie du es in ihren Augen sicher darstellst, offensichtlich über eine Sprache verfügt. Wenn sie diese auch nicht verstehen können.