Atlan 189: Irrfahrt ins Nichts - Conrad Shepherd - E-Book

Atlan 189: Irrfahrt ins Nichts E-Book

Conrad Shepherd

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Beschreibung

Atlan auf Entdeckungsreise - in unbekannte Bereiche des Mikrokosmos Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Herrschaft antreten zu können. Gegen den Usurpator kämpft Gonozals Sohn Atlan, Kristallprinz und rechtmäßiger Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen, die Orbanaschols Helfershelfern schon manche Schlappe beibringen konnten. Doch mit dem Tag, da der Kristallprinz erstmals Ischtar begegnet, der schönen Varganin, die man die Goldene Göttin nennt, scheint das Kriegsglück Atlan im Stich gelassen und eine Serie von empfindlichen Rückschlägen begonnen zu haben. Jedenfalls wird Atlan - bislang der Jäger - zum Gejagten, der alle Mühe hat, den Fallen, die man ihm stellt, unbeschadet zu entkommen. Jetzt aber, da Atlan unter dem Einfluss des Molekularverdichters, der neuen Maahkwaffe im Krieg gegen Arkon, einem unaufhaltsamen Schrumpfungsprozess unterlag, der ihn schließlich zu einem winzigen Etwas machte, das aus dem normalen Raum-Zeit-Kontinuum ausgestoßen wurde, scheint alles verloren zu sein. Der Kristallprinz gibt sich jedoch nicht geschlagen. Im Mikrokosmos gelandet, geht er auf Entdeckungsreise und beginnt die IRRFAHRT INS NICHTS ...

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Nr. 189

– ATLAN exklusiv Band 50 –

Irrfahrt ins Nichts

Atlan auf Entdeckungsreise – in unbekannte Bereiche des Mikrokosmos

von Conrad Shepherd

Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Herrschaft antreten zu können.

Gegen den Usurpator kämpft Gonozals Sohn Atlan, Kristallprinz und rechtmäßiger Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen, die Orbanaschols Helfershelfern schon manche Schlappe beibringen konnten.

Doch mit dem Tag, da der Kristallprinz erstmals Ischtar begegnet, der schönen Varganin, die man die Goldene Göttin nennt, scheint das Kriegsglück Atlan im Stich gelassen und eine Serie von empfindlichen Rückschlägen begonnen zu haben.

Jedenfalls wird Atlan – bislang der Jäger – zum Gejagten, der alle Mühe hat, den Fallen, die man ihm stellt, unbeschadet zu entkommen.

Jetzt aber, da Atlan unter dem Einfluss des Molekularverdichters, der neuen Maahkwaffe im Krieg gegen Arkon, einem unaufhaltsamen Schrumpfungsprozess unterlag, der ihn schließlich zu einem winzigen Etwas machte, das aus dem normalen Raum-Zeit-Kontinuum ausgestoßen wurde, scheint alles verloren zu sein.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Kristallprinz auf Entdeckungsfahrt im Mikrokosmos.

Brägatz Ovrosi – Herrscher von Su-Ra.

Oira – Anführer von Ovrosis Leibgarde.

Quandd, Danju und Occy

1.

Ich befand mich in einer denkbar schlechten Laune. Ich hing in der Gravoströmung und betrachtete die Dnofftries, als wären sie meine persönlichen Gegner. In gewisser Weise war dies auch der Fall. Mehrere ihrer Wurfseile – mit denen sie äußerst geschickt umzugehen verstanden – lagen eng um meinen Körper und schnürten mir die Arme an die Brust.

Die Umgebung hatte sich nicht verändert.

Noch immer die gleiche Szene. Noch immer der Mikrokosmos. Hier gab es weder einen schönen klaren Morgen noch ging irgendeine Sonne auf oder unter. Der Himmel über mir, falls sich der Begriff »Himmel« überhaupt anwenden ließ, glich einer dichten Wolkendecke und glühte in demselben Rot, wie fast alles hier. Ich schwebte in dem rotleuchtenden Medium, das hier die Atmosphäre verkörperte. Eine Atmosphäre mit heißen Winden, leuchtenden Nebelbänken und ständig wechselnden Gravitationsströmungen und Schwerefeldern. Unter mir lag das Tiefe Land. So wurde die Ebene mit ihren Wüsten und den schwarzen Röhren von den Dnofftries genannt. Nur mit Unbehagen dachte ich an die Abenteuer, die ich dort unten zu bestehen gehabt hatte. Ich erinnerte mich aber dankbar an Lajj, meinen Lebensretter.

Um mich herum trieb die Flotte des »Mannes-mit-den-zwei-Namen« in dem Schwerefeld. Die großen, rechteckigen Segel waren herabgelassen; die Wanten und Bordwände waren voll mit neugierigen Dnofftries. Von der fliegenden Festung Ssumas sah ich nichts mehr. Der gewaltige Torso der Piratenfestung eilte in seiner schnellen Gravoströmung einem unbekannten Ziel entgegen, während er mehr und mehr auseinanderbrach. Irgendwann würden die Reste hinabstürzen.

Wie lange wohl meine Ohnmacht gedauert hatte?

Nur Sekunden, meldete sich mein Extrasinn.

Ich konzentrierte mich und versuchte, die Wurfseile abzustreifen. Ich schaffte es nicht. Wenn ich auch eine für die hier herrschenden Verhältnisse ungewöhnliche Kraft besaß, so konnte ich im Augenblick kaum etwas damit anfangen. Zu eng war ich umschnürt. Ich war lediglich in der Lage, die Schultermuskeln etwas zu dehnen. Zu wenig, um mich von den Fesseln zu befreien. Jedes Mal, wenn sie sich lockerten, sorgten die aufmerksamen Bewacher dafür, dass sich die Seile wieder strafften.

Im Augenblick schien ich gefangen. Deshalb ließ ich meine fruchtlosen Befreiungsversuche sein. Eine unmittelbare Gefahr für mein Leben bestand nicht, sonst hätte mich mein Extrasinn gewarnt; man schien mich mehr einschüchtern zu wollen. So jedenfalls interpretierte ich die erregten Diskussionen, die die blauen Kegelwesen untereinander führten.

Es dauerte nicht lange, und aus dem dichten Ring der mich umgebenden Dnofftries löste sich ein einzelner. Er verharrte dicht neben mir. Der breite Plattengurt mit dem widerhakenbewehrten Schwert daran kennzeichnete ihn als Steuermann. Er war demnach Anführer einer Crew. Sein Balgmuskel bewegte sich rhythmisch; hinter dem kristallischen Augenband fixierte mich eines der drei Sehorgane. Die Hautfalte zwischen den Armen öffnete sich, und einer der drei Münder sagte mit reich modulierten Tönen:

»Du bist der Schwere-Fremde-Atlan, nicht wahr?«

Er sagte wirklich Atlan.

Ich nickte, verblüfft darüber, dass er meinen Namen kannte. Dann fiel mir ein, dass die Dnofftries diese Form der Bejahung nicht kannten. Ich sang die zweioktavige Zustimmung. Wieder einmal bedauerte ich es, kein solches Organ wie den dnofftriesischen Balgmuskel zu besitzen. Jedes Mal, wenn ein Dnofftrie »redete«, glaubte man, ein ganzes Orchester spielen zu hören. Vor allem dann, wenn alle drei Münder auf einmal sprachen. Welch kümmerlicher Ersatz waren da der arkonidische Kehlkopf und die Stimmbänder.

»Du hast von mir gehört?«, fragte ich.

»Wir wurden von Logatzoi darüber unterrichtet, dass es ein derart fremdes Wesen wie dich gibt.«

»Logatzoi?«

Der Steuermann stimmte ein Zwanzigsekundenkonzert an, nach dessen Ende ich wusste, dass besagter Logatzoi Leiter jener Expedition gewesen war, die mich damals zuerst entdeckt und dann nur wenig später an die Ausgestoßenen Ssumas verloren hatte.

In mir wuchs ein gewisser Verdacht.

»Aber woher weißt du meinen Namen?«, beharrte ich. »Logatzoi konnte ihn unmöglich kennen!«

Der Balgmuskel des Steuermanns vibrierte.

»Wir haben viele Ohren – und es gibt viele Münder, die reden«, erwiderte er.

Womit er ausdrücken will, dass sieSpione unter den Piraten hatten, erklärte mein Logiksektor.

Ich schwieg, während Misstrauen und Argwohn wuchsen.

Ich war mir bewusst, dass mich nur das zu Beginn meines Aufenthalts hier in diesem Kontinuum entwickelte Konzept helfen konnte, einen Weg zurück in den Makrokosmos, zurück in das normale Raum-Zeit-Kontinuum zu finden. Diese Einstellung musste ich gegenüber allem, was ich sah und erlebte, bewahren: beobachten und lernen. Jede Einzelheit, jede noch so unwichtig erscheinende Information, jeder noch so geringer Hinweis konnte lebenswichtig sein. Und vor allem musste ich mich kooperativ verhalten.

Mit den Wölfen heulen, ist der treffendere Ausdruck, sagte mein Logiksektor.

Er hatte recht. Nur diese Maxime konnte mich davor bewahren, mein Leben zu verlieren. Auf keinen Fall durfte ich mich zu sehr für eine Sache engagieren. Trotzdem behagte es mir absolut nicht, Gegenstand einer Aktion zu sein, die vor kurzem vielen Dnofftries das Leben gekostet hatte.

Ich wählte meine nächsten Worte mit Bedacht.

»Trifft es zu, dass euer Überfall auf Ssumas Festung nicht ausschließlich als Strafexpedition anzusehen ist?«, fragte ich, und die nächsten Worte des dnofftriesischen Steuermanns schienen jeden Zweifel auszuräumen.

»Wir sollten vor allem dich befreien. Meine Leute hatten Anweisung, dich nicht zu töten. Du solltest nur zum Verlassen der Festung gezwungen werden.«

»Was habt ihr mit mir vor?«

»Wir bringen dich nach Su-Ra.«

»Was soll ich dort?«, fragte ich und überlegte, was das hier alles bedeuten sollte. Ich war mir nicht sicher, aber ich begann zu ahnen, dass die kommende Zeit an meinen Verstand einige Anforderungen stellen würde.

Nicht nur an deinen Verstand, bemerkte mein Extrasinn.

Der Dnofftrie erwiderte:

»Der Vorschweber will dich sprechen.« Sein Balgmuskel vibrierte vor Ehrfurcht.

»Worüber will er mit mir sprechen?«

Der Steuermann sang eine modulierte Tonfolge, die in der Behauptung gipfelte, Vorschweber Brägatz Ovrosi hätte von meiner ungewöhnlichen Kraft und Geschicklichkeit vernommen und wäre sehr davon angetan gewesen. Deshalb wollte er mich also unbedingt sehen ... Hmm, ich konnte mich diesem Ansinnen kaum verschließen, angesichts der drückenden Übermacht um mich herum. Langsam begann sich die Flotte wieder zu formieren. Es sah nach Aufbruch aus.

Ich hatte keine Alternative. Ich musste gehorchen – oder ich beendete mein Leben hier in diesem Kontinuum, etwas, wozu ich absolut keine Lust verspürte. Ich war allein in dieser merkwürdigen Welt und hatte noch immer nicht den leisesten Schimmer, wie ich je wieder von hier verschwinden konnte.

»Wirst du kommen?«, fragte der Dnofftrie.

»Habe ich eine Wahl?«

»Nein«, orgelte es mir entgegen, und die Erheiterung des Steuermanns war deutlich zu spüren. »Aber wir könnten dir die Reise etwas angenehmer gestalten.«

Es war klar, was er meinte. Er spielte auf die Fesselung an.

»Einverstanden«, erklärte ich.

Auf ein lautes Kommando hin wurden mir die Wurfseile abgenommen, statt dessen schlang man ein dickes Tau um meine Hüften.

Weitere Kommandos erschollen.

Segel wurden gehisst, entfalteten sich knallend im Wind. Taue ächzten und knarrten. Die Flotte bildete eine Formation und nahm Kurs auf ein Ziel, das sich Su-Ra nannte.

Die Odyssee durch den Mikrokosmos ging für mich weiter.

*

In der Kette der Schiffe war das, in dessen »Kielwasser« ich mich befand, das sechste von insgesamt siebzehn. Die Flotte bewegte sich mit einer Geschwindigkeit über dem Tiefen Land dahin, die höher war, als ich ursprünglich geschätzt hatte.

Ich starrte nach vorn. An dem einzigen Mast hing das rechteckige Hauptsegel, das sich stark im heißen Wind blähte. Um den kastenförmigen Rumpf schneller voranzubringen, hatte man je fünf Stangen zu beiden Seiten des Decks über die Bordwand ausgefahren, an denen die kleinen Hilfssegel befestigt waren. Am Heck hielt der Steuermann die Pinne des hochragenden Windruders in den Klauen der drei biegsamen, gelenklosen Arme. Er sah aus wie ein stumpfnasiger Kegel von blauer Farbe. Auf dem Querbrett des Hecks stand in schmucklosen, dreieckigen Lettern der Name des Schiffes: ROBA-SUR.

Von ihren Segeln vorangetrieben, bewegte sich die ROBA-SUR in der Reihe der anderen Schiffe auf das mir nur mit dem Namen bekannte Ziel zu. Hin und wieder änderte sie den Kurs, um den treibenden Nebelbänken auszuweichen, die zu umfangreich waren, um gefahrlos durchquert zu werden. Sie bildeten beliebte Schlupfwinkel der Gravo-Echsen. Kurskorrekturen erforderte auch das Aufsuchen stärkerer Gravoströme, wobei die Flotte immer mehr an Höhe gewann.

Der Himmel veränderte seine Farbe.

Aus dem Hellrot wurde ein Dunkelorange; die Farbe der Nacht.

Mein biologischer Rhythmus hatte sich noch immer nicht diesen kurzen Intervallen zwischen Tag und Nacht angeglichen. Wenn ich mich auch auf meine innere Uhr für gewöhnlich verlassen konnte, so war ich nicht wirklich sicher, dass hier ein Sechzehnstundentag herrschte, nach der Norm Arkons.

In meinem Kopf rasten die Gedanken.

Wie lange war es her, seit ich während des Angriffs auf Trantagossa in das Wirkungsfeld ihrer neuartigen Waffe geraten war?

Mehrere Wochen bestimmt.

Vorsicht, erreichten mich die Impulse meines Extrasinns. Seit du dich in ein Mikrolebewesen verwandelt hast, gelten die herkömmlichen Maßstäbe nicht mehr, wenn es dir auch so scheint. Vergiss dies niemals!

Ich vergaß es nicht, konnte es nicht vergessen, wenngleich es mich in absehbarer Zeit in den Wahnsinn treiben würde.

Mikrolebewesen ..., es war unvorstellbar, traf jedoch zu.

Wie schon so oft, kehrten meine Gedanken zurück in die unmittelbare Vergangenheit.

Die Maahks hatten einen Molekularverdichter entwickelt, der jeden Organismus, der in sein Wirkungsfeld geriet, mikroskopisch verkleinerte. Und sie hatten diese Waffe während des Überfalls auf den arkonidischen Stützpunkt erstmals angewendet. Ohne es zu wissen, waren Amarkavor Heng, Kommandant des Flottenstützpunkts Trantagossa, und ich in den Bereich dieser geheimnisvollen Waffe gelangt.

Heng ... Ich fühlte Genugtuung darüber, dass er nicht mehr am Leben war. Zusammen mit vier anderen Verschwörern, darunter auch der Blinde Sofgart, hatte er den Mord an meinen Vater geplant und ausgeführt gehabt.

Und noch ein anderer hatte sich zum Zeitpunkt des maahkschen Angriffs auf Trantagossa aufgehalten: Der varganische Henker Magantilliken.

Das Schicksal mit seiner Unergründlichkeit hatte es gefügt, dass wir drei, Heng, Magantilliken und ich, mit Hilfe von Hengs Schiff SKORGONS dem ausbrechenden Chaos auf Trantagossa entfliehen konnten. Erst an Bord des SKORGONS hatten Heng und ich gemerkt, dass mit uns Unerklärliches geschah, hatten erkannt, dass wir in das Wirkungsfeld des maahkschen Molekularverdichters gekommen waren. Zusehends waren wir kleiner und kleiner geworden, hatten uns erst zu Zwergen, dann zu winzigen Däumlingen verändert, ohne dass jedoch unser Hass aufeinander dadurch kleiner geworden wäre.

Nachdem ich Heng im Zweikampf tötete, hatte er seine normale Gestalt wiedererlangt. Ein für mich unerklärlicher Vorgang. Selbst jetzt noch fühlte ich in einem Winkel meines Gehirns die Panik, die mich überfallen hatte, nachdem ich erkennen musste, dass bei mir der Vorgang des Schrumpfens weiterging.

Ein weiteres Phänomen war die Feststellung gewesen, dass ich trotz meiner Winzigkeit nichts an Masse verloren hatte. Diese Masse hatte bewirkt, dass ich in den Mikrokosmos einbrach.

Ein Vorgang, den ich nur durch mehrere Wunder überlebt hatte ...

Verliere dich nicht zu sehr in den Erinnerungen, sagte mein Logiksektor mahnend. Du bist nun einmal hier und musst versuchen, das Beste aus deiner Lage zu machen. Dabei darfst du aber niemals die Möglichkeit aus den Augen verlieren, irgendwie in dein eigenes Raum-Zeit-Kontinuum zurückzukehren. Aber Reminiszenzen an das Vergangene halfen dabei nicht viel.

Das wusste ich. Aber was nutzte mir dieses Wissen?

Erneut gingen meine Gedanken auf die Reise. Erinnerungen an den Kampf mit Heng in der SKORGONS mischten sich mit den jüngsten Ereignissen in der Piratenfestung Ssumas und seiner Getreuen.

Kaum hatte ich meine Abenteuer im Tiefen Land überstanden und war in die Felsenfestung zurückgekehrt, als diese von den Anhängern des Vorschwebers überfallen und gewaltsam aus ihrer Verankerung gelöst worden war. Ein Überfall, der, wie ich inzwischen fast sicher war, hauptsächlich meiner Person gegolten hatte.

Ich versuchte, während ich im Schlepp der ROBA-SUR hing, verschiedene Theorien zu entwickeln, die mein weiteres Schicksal betrafen und fand, dass ich, verglichen mit meinem Aufenthalt bei den Piraten, im Augenblick in keiner sehr angenehmen Lage war. Die Art, wie Brägatz Ovrosi sein Interesse an meiner Person bekundete, ließ auf Schwierigkeiten im Umgang mit ihm schließen. Das waren zwar nur Vermutungen, nicht mehr. Trotzdem beschlich mich ein ungutes Gefühl, als ich versuchte, mir das Kommende vorzustellen. Im Grunde hatte ich keine Ahnung, wie es weitergehen würde. Ich wusste nur, dass mich in der kommenden Zeit allergrößte Anforderungen erwarteten.

*

Man konnte die Dnofftries nicht als humanoid bezeichnen, trotzdem wirkten sie keineswegs abstoßend oder gar furchteinflößend. Sie waren nur anders – eben fremd. Knapp eineinhalb Meter groß, wirkten sie wie stumpfnasige Kegel oder Pyramiden, aber mit einer ledernen Haut versehen, die von einem intensiven Blau war. Knapp unterhalb der Spitze lag das kristallisch schimmernde Augenband. Im oberen Drittel des kegelförmigen Körpers befanden sich drei dünne, gelenklose und sehr biegsame Arme, die in dreifingrigen Klauen endeten. Unterhalb des Augenbandes lagen weitere, kreisrunde Öffnungen – Gehörorgane, die den unseren weit überlegen waren. Dass die Münder, drei an der Zahl, hinter Hautfalten zwischen den Armen verborgen lagen, hatte ich schon erwähnt. Der Balgmuskel, der etwa die untere Hälfte des Körpers umspannte, diente nicht nur zur Lauterzeugung; während meiner Zeit bei Ssuma hatte ich erkannt, dass mit ihm eine Unmenge von Gefühlen und Stimmungen ausgedrückt werden konnten, zusammen mit der Verfärbung des Augenbandes. Die Zahl Drei spielte eine große Rolle bei den Dnofftries, merkwürdigerweise besaßen sie nur zwei Extremitäten, mittels derer sie laufen konnten, wenn diese Beine auch mehr Greifpfoten glichen. Wenn sie auch keine Kultur in unserem Sinn kannten, so waren die Dnofftries zweifelsohne intelligent. Sie besaßen ihre eigenen Wertmaßstäbe über ihre Welt, ihre »Ebene«, die offensichtlich nur ein abgegrenzter Raum innerhalb unzähliger anderer Räume des Mikrokosmos war.

Dass es sich nicht um einen Planeten handelte, war mir inzwischen klargeworden. Die Ebene unter mir erstreckte sich flach und überwiegend leer in alle vier Horizonte. Leer, wenn man einmal von den wenigen Oasen und den gewaltigen Pylonen, den Säulen, absah. Letztere wirkten wie riesige Aufwindkamine, die aus dem Boden wuchsen und irgendwo im Himmel verschwanden, an dem nie ein Stern zu sehen war. Er war wie eine rotglühende, hitzeverströmende Decke und lag in einer Höhe, in die kein Gravitationsaufwind je reichte. Obwohl ich während meines Aufenthalts in der Piratenfestung öfter Nachforschungen anstellte, schien kein Dnofftrie jemals dort oben gewesen zu sein.

Immerhin konnte ich hier atmen; es gab also ein Gas, das meine Lungen als Sauerstoff akzeptierten.

Zwischen Himmel und Ebene erstreckte sich ein ausgedehntes Netz von ständig wechselnden Gravoströmungen und Schwerefeldern, von Neutralen Zonen und Gravowirbeln, in denen die Dnofftries lebten, als wären diese ihr ureigenstes Element.

Auch ich hatte gelernt, mich in diesem mir fremden Medium zu bewegen.