49,99 €
Nach vielen Kämpfen konnten Atlan und sein Begleiter Razamon die Herrscher Pthors besiegen. Kurz vor ihrer Niederlage gelang es diesen aber, das Weltenfragment auf eine Reise durch die Dimensionen zu schicken - mit unbekanntem Ziel. Unvermittelt findet sich der Arkonide am Rand einer fremdem Sterneninsel wieder. Er versucht, die Zusammenhänge zwischen Pthor und der geheimnisvollen Schwarzen Galaxis zu ergründen sowie einen Weg zur Rückkehr in die heimatliche Milchstraße zu finden. Für Atlan beginnt eine beispiellose kosmische Odyssee, die ihn schließlich mit einem scheinbar übermächtigen Gegner konfrontiert: dem Dunklen Oheim ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2012
Nach vielen Kämpfen konnten Atlan und sein Begleiter Razamon die Herrscher Pthors besiegen. Kurz vor ihrer Niederlage gelang es diesen aber, das Weltenfragment auf eine Reise durch die Dimensionen zu schicken – mit unbekanntem Ziel.
Nr. 400
Die Schwarze Galaxis
Atlans Flucht nach vorn
von H. G. Francis
Nach dem Aufbruch aus dem Korsallophur-Stau kommt Atlantis-Pthor, der »Dimensionsfahrstuhl«, auf seiner vorprogrammierten Reise der Schwarzen Galaxis unaufhaltsam näher. Und es gibt nichts, was die Pthorer und Atlan, ihr König, tun könnten, um den fliegenden Weltenbrocken abzustoppen und daran zu hindern, jenen Ort zu erreichen, von dem alles Unheil ausging, das Pthor im Lauf der Zeit über ungezählte Sternenvölker brachte.
Wohl aber existiert die Möglichkeit, noch vor Erreichen des Zieles die gegenwärtige Situation in der Schwarzen Galaxis, die allen Pthorern unbekanntes Terrain ist, zu erkunden – und Atlan zögert nicht, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Ihm geht es darum, Informationen über den Gegner zu erhalten, mit dem sich die Pthorer bald werden messen müssen.
Als Pthor jedoch die Peripherie der Schwarzen Galaxis erreicht, geschieht etwas Unerwartetes. Der fliegende Kontinent kommt abrupt zum Stillstand.
Atlan – Der Arkonide ergreift die Flucht nach vorn.
Thalia – Atlans Begleiterin.
Fälser – Anführer einer Gruppe von Dellos.
Fleuvv – Ein Schleierwesen.
Solka
Atlan blickte Kennon-Axton an. Der Terraner hatte ihn noch einmal wegen der Kämpfe angesprochen, die zwischen ihm und Grizzard stattgefunden hatten.
»Pthor bewegt sich auf die Schwarze Galaxis zu«, sagte der König von Atlantis. »Es scheint, als könnten wir nichts daran ändern. Unter diesen Umständen kannst du nicht erwarten, dass wir dein Problem vorrangig ...«
Eine unsichtbare Gewalt riss ihm und Kennon den Boden unter den Füßen weg. Pthor bremste ab. Atlan flog aus dem Zugor, in dem er gesessen hatte. Er wirbelte etwa zwanzig Meter weit durch die Luft und stürzte in das Dickicht einiger Büsche.
Kennon, der neben der Maschine gestanden hatte, rutschte einige Meter weit über den Kies. Er prallte mit der Schulter gegen einen Baum und fiel über das flache Ufer hinweg in einen See.
Atlan hatte das Gefühl, dass Pthor barst. Der Boden erzitterte unter ihm. An einigen Stellen bildeten sich breite Risse. Die FESTUNG schwankte. Zugors kippten um. Einige Bäume stürzten zu Boden. Atlan sah, dass einige von ihnen Arkoniden unter sich begruben.
Die GRIET, die in der Nähe der FESTUNG stand, neigte sich bedenklich weit zur Seite, während Pthor stärker und stärker verzögerte. Die Katastrophe schien unausweichlich, als der Kontinent plötzlich zur Ruhe kam.
Atlan löste sich aus dem Gewirr der Zweige. Einige Meter von ihm entfernt kroch Kennon aus dem Wasser. Er hielt sich die verletzte Schulter. Die Augen des Arkoniden tränten so stark, dass er kaum etwas sehen konnte.
Zahllose Dellos flohen schreiend aus der FESTUNG ins Freie.
»Was ist passiert?«, fragte Kennon mit gepresster Stimme.
Atlan legte den Arm um ihn und führte ihn zum Zugor, wo er seine Schulter behandeln wollte.
»Irgend etwas hat Pthor angehalten«, sagte er und blickte zum Wölbmantel hoch, ohne erkennen zu können, was Pthor in die Flugbahn geraten war.
»Aber es sieht nicht so aus, als seien wir schon wieder mit einem Hindernis zusammengestoßen.«
»Offensichtlich nicht. Es muss etwas anderes sein.«
Pthor kam zur Ruhe. Die Dellos merkten, dass die größte Gefahr vorbei war. Sie kauerten sich unter Bäumen und Büschen zusammen und warteten darauf, dass ihnen jemand sagte, was sie tun sollten.
Atlan versuchte, das Fach mit dem Verbandsmaterial zu öffnen. Es gelang ihm nicht.
»Geh in die FESTUNG«, sagte er. »Ich kann nichts für dich tun.«
»Und du?«
»Ich fliege nach draußen und sehe mir an, was los ist.«
Sigurd kam aus der FESTUNG. Er blutete aus einer Stirnwunde, schien jedoch nicht ernsthaft verletzt zu sein.
»Wir müssen nach draußen«, rief er Atlan zu, nachdem er gesehen hatte, welche Verwüstungen durch das erzwungene Bremsmanöver eingetreten waren. »Schnell. Wir starten mit der GOL'DHOR.«
»Genau das hatte ich vor«, erwiderte der Arkonide. »Komm.«
Während Kennon in die FESTUNG ging und dabei einige Dellos zurücktrieb, die aus ihr flüchten wollten, eilten Atlan und Sigurd zum Raumschiff. Als sie die Zentrale erreicht hatten, streifte der Arkonide sich das Goldene Vlies über, das er hier abgelegt hatte. Er startete das Raumschiff und lenkte es durch den Wölbmantel nach draußen.
Als sie den Wölbmantel durchstoßen hatten, sahen sie die Schwarze Galaxis.
Atlan hielt den Atem an. Schlagartig wurde ihm klar, warum diese Galaxis die Schwarze genannt wurde.
Die Sterne der geheimnisvollen Galaxis, die Pthor bis vor wenigen Minuten angeflogen hatte, waren leuchtschwach.
»Seltsam«, sagte Sigurd mit belegter Stimme. »Es sieht aus, als ob die Sonnen in ihrem Zentrum schwarz wären.«
»Kein Wunder, dass wir diese Galaxis erst jetzt sehen«, bemerkte der Arkonide. Auch seine Stimme verriet, dass er die Ausstrahlung der Schwarzen Galaxis verspürte.
Nicht allein der optische Eindruck war entscheidend, so düster dieser auch war. Den beiden Männern kam es vor, als dränge sich ihnen ein Bild der Dunkelheit in ihre Seelen.
Die riesige Sterneninsel, die weit vor Pthor lag, wirkte bedrohlich und unheimlich, als hätte sie eine schwarze Aura. Von ihr aus schienen unsichtbare Hände nach den Herzen der beiden Männer zu greifen.
Atlan wehrte sich gegen die erdrückende Ausstrahlung der Schwarzen Galaxis und gegen die in ihm aufkommende Furcht. Er fühlte, dass sie ihm die innere Freiheit zu nehmen drohte.
Er sah sich um.
Überrascht stellte er fest, dass sich nichts in der Nähe von Pthor befand, was die Insel hätte aufhalten können. Nirgendwo war ein Hindernis zu sehen, auf das sie gestoßen sein konnte. Der Weltraum in der Umgebung von Atlantis war absolut leer.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Sigurd, der sich allmählich aus dem Bann der Schwarzen Galaxis löste. »Irgend etwas muss Pthor doch angehalten haben. Hier muss doch etwas sein.«
»Da ist aber nichts«, erwiderte der Arkonide, der die Instrumente des goldenen Raumschiffs überprüfte. »Kein Hindernis, kein Raumschiff, keine Raumstation, keine Sonde – und auch kein Energiefeld. Nichts.«
»Aber das ist unmöglich«, erklärte Sigurd erregt. Er erhob sich und blickte durch die transparenten Schichten der GOL'DHOR hinaus. »Da muss etwas sein.«
Er konnte auf diese Weise noch weniger erkennen als mit Hilfe der Beobachtungsgeräte.
»Es gibt nur eine Erklärung«, entgegnete Atlan. »Ich vermute, dass für den zurückkehrenden Dimensionskomplex Pthor ein unsichtbares Anmesssystem vorhanden ist. Kommt Pthor von einer Reise zurück, und ist alles in Ordnung, dann kann der Kontinent seinen Flug bis an das eigentliche Ziel fortsetzen, wo auch immer in der Schwarzen Galaxis das liegen mag.«
»Wenn alles in Ordnung ist!« Sigurd lächelte flüchtig. »Davon kann dieses Mal wohl keine Rede sein.«
»Eben. Die Verhältnisse auf Atlantis sind ganz und gar nicht so, wie sie von den Mächten der Schwarzen Galaxis erwartet werden. Daher glaube ich, dass es auf Pthor ein Warnsystem gibt, das dafür sorgt, dass wir an einer noch unbekannten Barriere oder an einem für uns nicht anmessbaren Energievorhang scheitern.«
»Lass uns zurückfliegen«, bat Sigurd. »Hier draußen erreichen wir nichts, und die anderen warten darauf, dass wir sie informieren.«
»Einverstanden«, sagte Atlan und lenkte das goldene Raumschiff nach Pthor.
Etwa eine Stunde später versammelten sich die Freunde Atlans um ihn, um die Lage mit ihm zu besprechen. Sie trafen sich in dem Saal, in dem ehedem die Herren der FESTUNG in ihren transparenten Behältern gelebt und geherrscht hatten.
Der König von Atlantis schilderte die Situation, in der sich Pthor befand.
Sein Bericht löste Bestürzung aus.
»Und was ist jetzt?«, fragte Thalia.
»Wir sind verloren«, erklärte der düstere Heimdall.
»Wenn wir von der Voraussetzung ausgehen, dass es eine Warnanlage gibt, die registriert hat, dass auf Pthor etwas nicht in Ordnung ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Kontrolleure hier auftauchen«, stellte Atlan fest. »Sie werden untersuchen, warum Pthor gestoppt worden ist.«
»Wer werden die Kontrolleure sein?«, fragte Thalia. »Wie sehen sie aus? Was werden sie tun?«
»Auf diese Fragen kann ich keine Antwort geben«, entgegnete Atlan. »Niemand kann sagen, ob die Kontrollen von einzelnen Raumschiffen oder einer ganzen Flotte, von fremdartigen Lebewesen oder von Robotern durchgeführt werden. Vielleicht kennt man hier ganz andere Formen der Nachforschungen.«
»Wir müssen uns vorbereiten«, sagte Sigurd.
»Das ist richtig«, bestätigte Atlan.
»Die Zeit, in der sich der König von Atlantis einigermaßen sicher fühlen konnte, ist vorbei«, bemerkte Heimdall. »Es sieht so aus, als ob mit dem plötzlichen Stopp der Kampf gegen die Mächte der Schwarzen Galaxis bereits begonnen hat. Ich habe vor einer derartigen Entwicklung und vor allzu großer Leichtfertigkeit gewarnt.«
Thalia schüttelte den Kopf. »Niemand ist leichtfertig gewesen«, widersprach sie. »Und Atlan einen Vorwurf zu machen, für das, was er getan hat, ist Unsinn. Er hat sich um Pthor bemüht und musste etwas riskieren. Niemand sollte ihm die alleinige Schuld zuschieben. Die anderen, die aus Feigheit nichts getan haben, sind in weit größerem Maße schuldig.«
Heimdall richtete sich zornig auf. Er blickte Thalia an, als wolle er sich auf sie stürzen, um sie für diese Worte zu strafen, doch dann lehnte er sich wieder in seinem Sessel zurück und schwieg.
»Es wird ein erbarmungsloser Kampf werden«, erklärte Sigurd. »Die Kontrolleure kennen keine Gnade.«
»Woher weißt du das?«, fragte Thalia. »Vielleicht kann man mit ihnen verhandeln. Vielleicht kann man darlegen, dass wir eingreifen mussten, weil die ehemaligen Herren der FESTUNG erkrankt sind und Pthor in der bisherigen Form nicht mehr führen konnten.«
Heimdall lachte zornig auf. »Verhandeln! Das ist grotesk. Wie sollten wir mit Männern verhandeln, die nicht davor zurückschrecken, intelligente Geschöpfe als Galionsfiguren für ihre Raumschiffe zu verwenden? Nein – wir alle sollten wissen, dass es keine Verhandlungen, sondern Kampf auf Leben und Tod geben wird.«
Während die anderen sich zurückhielten, bemerkte Sigurd mit einem ironischen Unterton: »Fraglos wird dem König von Atlantis einfallen, wie er sein Königreich gegen die schwarzen Mächte verteidigen kann. Auf seinem Weg über Pthor hat er viel zerstört. Vielleicht bringt er es fertig, nun ganz Pthor in den Untergang zu führen?«
Diese Worte erregten den Unmut der anderen, doch Atlan hob die Hand und gab damit zu verstehen, dass es nicht nötig war, auf diese ungerechtfertigten Vorwürfe einzugehen. Sigurd merkte, dass er übers Ziel hinausgeschossen war, fügte seinen Worten jedoch nichts mehr hinzu.
Auch Atlan schwieg. Er stand vor einer außerordentlich schweren Entscheidung.
Er war überzeugt davon, dass Pthor nicht zu verteidigen war.
Wenn die Kontrolleure kamen, dann führten sie Machtinstrumente mit sich, denen er nichts entgegenzusetzen hatte. Daher war Pthor die Niederlage sicher. Das bedeutete, dass alles zusammenbrechen würde, was in den letzten Wochen und Monaten mühsam aufgebaut worden war.
»Warum sagst du nichts?«, fragte Heimdall. »Wie soll es weitergehen? Welche Vorbereitungen sollen wir für den Angriff der Kontrolleure treffen?«
»Gar keine«, antwortete der Arkonide zögernd.
Überrascht blickten ihn die Freunde an. Sie verstanden ihn nicht, da diese Haltung, wie sie meinten, nicht zu ihm passte.
»Es wäre falsch, sich auf einen Kampf einzulassen, den wir nicht gewinnen können«, erklärte Atlan.
»Du willst nicht kämpfen?«, fragte Thalia. Sie blickte den Arkoniden zweifelnd an. »Ich muss mich verhört haben.«
»Du hast dich nicht verhört«, erwiderte Atlan. »Hier geht es nicht um den Sieg in einer Schlacht, sondern um den Sieg in der gesamten Auseinandersetzung mit den Mächten der Schwarzen Galaxis. Was hätten wir schon davon, wenn wir die Kontrolleure mühsam und unter großen Verlusten besiegten und dann den nachrückenden Kräften um so deutlicher unterlägen? Wir müssen in größeren Zeiträumen denken. Nur die nächsten Tage im Auge zu behalten, genügt nicht. Wir müssen uns überlegen, was in einem Jahr oder in zehn Jahren sein wird.«
»Willst du Pthor aufgeben?«, fragte Heimdall.
»Nein, das will ich nicht. Das werde ich niemals tun«, erklärte Atlan. »Ich weiß jedoch, dass ich nichts für Pthor tun kann, wenn ich hier bleibe und in die Hände jener falle, die hier zwangsläufig auftauchen müssen.«
Heimdall sprang auf. Anklagend streckte er den Arm aus und zeigte auf Atlan.
»Habe ich recht verstanden?«, rief er. »Hast du gesagt, dass du Pthor verlassen willst?«
»Ich habe es noch nicht gesagt«, erwiderte Atlan ruhig, »aber ich werde es tun.«
»Verräter!«
Sinclair Marout Kennon erhob sich.
»Warum bemühst du dich nicht, Atlan zu verstehen?«, fragte er. »Es steht dir nicht zu, ihn zu beschimpfen. Und wenn du es tun willst, so solltest du zumindest vorher nachdenken.«
»Sollte ich das?«, entgegnete Heimdall. »Angesichts eines solchen Verrats ist das wohl nicht mehr notwendig.«
»Du kennst Atlan nicht«, sagte Kennon, »aber ich kenne ihn. Ich weiß, dass er kein Verräter und kein Feigling ist, sondern ein Mann, der stets die Flucht nach vorn ergreift, wenn er schon fliehen muss.«
»Du solltest schweigen«, empfahl ihm Heimdall verächtlich. »Ein Mann, der ein Verbrechen begangen hat wie du, sollte seine Stimme nicht erheben.«
»Den Kontrolleuren wird es recht sein, wenn wir uns gegenseitig beschimpfen und dabei so zerstreiten, dass wir ihnen die Arbeit schließlich abnehmen«, bemerkte Atlan.
Heimdall fuhr herum. Zornig blickte er den Arkoniden an.
»König von Atlantis«, sagte er mit hallender Stimme, »muss ich dich erst darauf aufmerksam machen, dass du nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten hast?«
»Ich fühle mich für alle verantwortlich«, antwortete Atlan. »Für meine Freunde, für die Robotbürger von Wolterhaven, für die Bewohner von Moondrag, die Geschöpfe in der Senke der Verlorenen Seelen, für meine Feinde – eben für alle, die auf Pthor leben. Ich kann nicht verhindern, dass sie in die Hände der Mächtigen der Schwarzen Galaxis fallen. Das heißt jedoch nicht, dass ich sie verloren gebe. Hier auf Pthor kann ich nicht für sie kämpfen. Deshalb werde ich Pthor verlassen und erst dann zurückkehren, wenn ich weiß, dass ich der Sieger im Kampf um Pthor bin.«
»Wie sollte das möglich sein?«, fragte Heimdall. »Jetzt hast du alles, was du brauchst. Du hast Freunde, Waffen und eine ganze Armee. Du könntest hier an Ort und Stelle kämpfen.«
Atlan schüttelte den Kopf.
»Ich warne davor, den offenen Kampf gegen die Kontrolleure aufzunehmen«, erwiderte er. »Sie könnten mit einer einzigen Salve aus ihren Bordkanonen Pthor zu Staub verwandeln. Ergebt euch und schiebt alle Schuld auf mich, den König von Atlantis. Stellt mich als den großen Verräter hin und spielt selbst die Unschuldigen. Nur so könnt ihr eine Strafaktion verhindern. Es kommt darauf an, die ersten Stunden gut zu überstehen und die Boten der Mächte aus der Schwarzen Galaxis zu besänftigen. Haben sie sich erst beruhigt, dann könnt ihr mit eurem heimlichen Kampf beginnen.«
»Und du?«, fragte Sigurd.
»Ich werde in der Schwarzen Galaxis untertauchen und lernen. Ich will so viel wie möglich über die Fähigkeiten und die Waffen meiner Gegner herausfinden, so dass ich eines Tages zurückkehren und Pthor befreien kann.«
»Ein kühner Plan«, sagte Thalia.
»Zu verwegen«, wandte Sigurd ein. »Er kann nicht gelingen.«
»Er wird gelingen«, entgegnete Atlan. »Es ist der einzig gangbare Weg für mich. Ich werde ihn gehen.«
»Mit welchem Schiff wirst du starten? Doch nicht mit der GOL'DHOR?«, fragte Thalia.
»Natürlich nicht. Ich nehme die GRIET«, antwortete der Aktivatorträger. »Wir haben die GRIET untersucht und weitgehend repariert. Sie ist einsatzbereit. Ganzelpohn wird mir helfen.«
»Eine gute Idee«, sagte Sigurd lobend. »Dieser Schiffstyp ist in der Schwarzen Galaxis bekannt.«
»Ich bin bereit, euch mitzunehmen«, erklärte der Arkonide. »Niemand soll glauben, dass er hier bleiben muss.«
»Verräter«, sagte Heimdall zornig. »Genügt es nicht, wenn du allein fliehst? Musst du Pthor auch noch die besten Kämpfer nehmen?«
Der Vorwurf schmerzte Atlan. Doch er ließ sich nichts anmerken. Er hatte damit gerechnet, dass nicht alle Freunde ihn verstehen würden. Für einige von ihnen mochte es tatsächlich richtig erscheinen, auf Pthor zu bleiben und gegen die Mächtigen der Schwarzen Galaxis zu kämpfen. Für einen Mann wie Atlan, der zahllose Schlachten durch überlegene Taktik gewonnen hatte, jedoch nicht.
»Niemand soll sagen, dass ich ihm nicht die Gelegenheit gegeben habe, sich mir anzuschließen und mit mir zusammen auf meine Art zu kämpfen«, sagte er und blickte von einem zum anderen. Bis auf Thalia wichen alle seinen Blicken aus. Sie erhob sich und kam zu ihm.
»Ich bin dabei«, erklärte sie und sah ihre Brüder herausfordernd an. »Ich begleite Atlan.«
»Ich werde euch beweisen, dass ich kein Verräter bin«, sagte der Arkonide. »Aber nicht jetzt, sondern später, wenn ich zurückkehre.«
Atlans Finger glitten über die Tastaturen in der Kommandozentrale der GRIET. Das Raumschiff gehorchte seinen Befehlen.
»Wir können zufrieden sein«, sagte Thalia, die neben ihm saß.
Atlan steuerte das Raumschiff selbst, wobei er von Ganzelpohn unterstützt wurde. Der Bite war sofort einverstanden gewesen, dem Arkoniden zu helfen, als dieser ihm seinen Plan eröffnet hatte. Dabei hatte Atlan ihm allerdings nicht alles gesagt.
Alle Hunods hatten das Schiff verlassen. Atlan hatte seine eigene Besatzung mitgebracht. Sie bestand aus dreißig männlichen Dellos. Als Kommandanten der Androiden-Gruppe hatte er Fälser eingesetzt, als seine drei Stellvertreter Wurdihl, Branor und Gärgo.
Pthor fiel rasch hinter der GRIET zurück.
Atlan legte einen Kurs an, der das Organschiff an den Rand der Schwarzen Galaxis führte. Er wollte zunächst nicht ins Zentrum der Galaxis vorstoßen, sondern sich erst an die Außenwelten herantasten.
Als er sich davon überzeugt hatte, dass alles nach Plan verlief, erhob er sich und gab Fälser zu verstehen, dass er nun das Kommando übernehmen sollte.
In diesem Moment ging ein Ruck durch das Schiff. Er war nicht so stark, dass Atlan stürzte, aber doch so heftig, dass der Arkonide Halt suchend nach der Sessellehne griff. Erschreckt blickte er auf die Instrumente. Sie zeigten an, dass die GRIET ihren Kurs änderte.
Thalia versuchte, das Schiff auf Kurs zu halten. Es gelang ihr nicht. Die GRIET gehorchte ihren Befehlen nicht.
Atlan setzte sich wieder in den Sessel.
»Was ist mit Ganzelpohn los?«, fragte sie erregt. »Warum macht er das?«
Der Arkonide bemühte sich jetzt ebenfalls, das Raumschiff wieder auf den alten Kurs zu bringen, aber auch er hatte keinen Erfolg dabei.
»Vielleicht hat er etwas entdeckt, was ihn dazu zwingt«, bemerkte er, doch er glaubte selbst nicht daran, dass es so war. Er nahm Funkverbindung mit dem Biten auf.
»Ganzelpohn«, sagte er. »Was ist passiert? Warum änderst du den Kurs?«
Der Bite antwortete nicht, obwohl Atlan ihn wieder und wieder ansprach.
»Ob er uns nicht hört?«, fragte Thalia. Sie blickte Atlan unsicher an. Sie hatte ihre Körpermaske abgelegt, da sie ihr lästig geworden war. Jetzt trug sie einen Raumanzug.
»Er hört uns«, antwortete der Arkonide, wobei er sich erneut bemühte, das Schiff unter Kontrolle zu bringen. »Das ist sicher.«
»Warum reagiert er dann nicht? Glaubst du, dass er uns verraten will? Das wäre doch widersinnig. Ganzelpohn ist alles andere als ein Freund jener, die ihn mit dem Organschiff verbunden und zu einer Galionsfigur gemacht haben.«
»Vielleicht kann er nicht anders«, entgegnete Atlan. Er ließ die Hände sinken, da er einsah, dass er von der Hauptleitzentrale aus nichts tun konnte. »Ich glaube, dass einige Galionsfiguren außerhalb der Schwarzen Galaxis so etwas wie Gedankenfreiheit erlangen. Zu ihnen gehört Ganzelpohn. Innerhalb der Schwarzen Galaxis aber müssen alle Galionsfiguren tun, was die Mächtigen dieser Galaxis wollen.«
»Wenn es so ist, sind wir verloren.«
Atlan beugte sich vor. Er sprach über Funk auf den Biten ein. Er drohte ihm. Er machte ihm Versprechungen und erreichte doch nichts.
Ganzelpohn schwieg.
»Wir hätten auch auf Pthor bleiben können«, sagte Thalia resignierend.
»Noch gebe ich nicht auf«, erwiderte Atlan.
»Was hast du vor?«, fragte sie.
»Ich werde versuchen, das Lebenserhaltungssystem Ganzelpohns zu verstellen«, erklärte er und erhob sich. »Mal sehen, ob er dann reagiert.«
»Willst du ihn umbringen?«
»Natürlich nicht. Das würde ich keinesfalls tun, obwohl es unter den gegebenen Umständen vielleicht die einzige Alternative für uns wäre.«
Atlan ging auf das Ausgangsschott zu, als es vernehmlich klickte. Das Schott öffnete sich nicht. Er konnte die Zentrale nicht verlassen.
»Na schön«, sagte er, »dann wird eben einer der Dellos für mich tun, was getan werden muss.«
Er kehrte zum Schaltpult zurück und drückte eine Taste für den Interkom.
Ein flackerndes Licht zeigte ihm an, dass der Interkom nicht funktionierte.
Erneut wandte er sich an den Biten. »Du kannst uns nicht völlig einschließen«, sagte er beschwörend. »Wir werden Mittel und Wege finden, uns aus der Zentrale zu befreien.«
Ein seltsamer Laut ertönte. Atlan verstummte.
»Es hört sich an, als ob Ganzelpohn etwas sagen will«, bemerkte Thalia. »Als ob er um Hilfe rufen will.«
Abermals ging ein Ruck durch das Raumschiff.
Aus den Lautsprechern kam eine Reihe von Geräuschen, die Atlan und Thalia nicht identifizieren konnten, und die vom Translator der Zentrale nicht als Sprachinformationen aufgenommen wurden.
»Er hat das Schiff nicht mehr unter Kontrolle«, sagte Atlan. Erneut wandte er sich an den Biten. Er rief: »Ganzelpohn – lass dir helfen. Du brauchst unsere Hilfe. Allein schaffst du es nicht.«
Deutlich hörte der Arkonide die Atemgeräusche des Biten, die nur hin und wieder von unbestimmbaren Lauten unterbrochen wurden. Er sprach weiter und redete auf den Biten ein. Er beschwor ihn, vernünftig zu sein und das Hilfsangebot anzunehmen. Doch Ganzelpohn antwortete nicht.
»Es geht mit ihm zu Ende«, sagte Thalia bedrückt.
Der Arkonide flehte den Biten an, die Schotte zu öffnen.
»Du bist verloren, wenn wir nicht eingreifen«, rief er ihm zu. »Antworte endlich.«
Ganzelpohn ging nicht auf die Worte des Arkoniden ein. In den Lautsprechern knackte es, und dann waren auch die Atemgeräusche nicht mehr zu hören.
»Da«, rief Thalia und zeigte auf eines der Instrumente, an dem eine violette Lichtkette aufleuchtete. »Was hat das zu bedeuten?«
»Er setzt einen Funkspruch ab«, antwortete Atlan. »Er ruft um Hilfe.«
Das Instrument zeigte eindeutig an, dass der Bite das Überlichtfunkgerät benutzte, verriet aber nichts über den Inhalt des Funkspruchs. Atlan zweifelte jedoch nicht daran, dass Ganzelpohn tat, was ihm seine Herren befohlen hatten. Er rief sie zu Hilfe, anstatt sich an jene zu wenden, die sich in seiner unmittelbaren Nähe befanden.
Bis zu diesem Augenblick hatte Atlan gehofft, die GRIET doch noch auf den gewünschten Kurs bringen zu können. Jetzt wusste er, dass das Organschiff ihn direkt in die Fänge seiner Feinde fliegen würde.
»Machen wir uns nichts vor«, sagte er. »Wir haben verloren.«
»Du gibst auf?«, fragte sie.
»Ich gebe auf. Meinen ursprünglichen Plan kann ich unter diesen Umständen nicht mehr verfolgen. Ich muss mir etwas Neues einfallen lassen.«
»Ich glaube nicht, dass es noch etwas gibt, was du dir einfallen lassen kannst. Lass uns lieber überlegen, wie wir unsere Anwesenheit an Bord und das Verschwinden der ursprünglichen Mannschaft erklären. Das wird schwer genug sein.«
Atlan blickte auf die Bild- und Ortungsschirme. Ein Objekt zeichnete sich darauf ab, das sich ihnen schnell näherte. Die GRIET verzögerte.
Abermals schaltete er das Funkgerät ein, um Verbindung mit Ganzelpohn aufzunehmen.
»Dies ist deine und unsere letzte Chance«, sagte er eindringlich. »Ganzelpohn, du weißt, was aus dir wird, wenn du in die Hände jener fällst, die dich bisher versklavt haben. Lehne dich gegen sie auf. Gib nicht nach. Du bist nicht nur der Lotse. Du bist mehr. Du bist das Schiff. Die GRIET ist eine Einheit, und du bist ihr Herr. Lass dir die Befehlsgewalt über dich selbst nicht nehmen.«
Ein Schrei hallte aus den Lautsprechern. Nach einer kurzen Pause folgte eine Reihe von unartikulierten Lauten, in denen sich die ganze Verzweiflung des Biten spiegelte. Erschüttert senkte Atlan den Kopf. Ganzelpohn war fest davon überzeugt gewesen, dass er selbst einen Flug ins Zentrum der Schwarzen Galaxis wagen konnte, ohne erneut versklavt zu werden. Offenbar war die Macht, die hier herrschte, jedoch weitaus stärker, als er sich vorgestellt hatte, oder ein technischer Schaden im Schiff war nun für die erneute Niederlage des Biten verantwortlich.
Der Raumer begann zu torkeln und zu beben. Immer deutlicher wurde, dass die Bordsysteme nicht einwandfrei arbeiteten. Es gelang Ganzelpohn nicht mehr, sie richtig zu koordinieren. Seine negativen Emotionen griffen auf das gesamte Schiff über.
Das Triebwerk lief unregelmäßig. Die Bild- und Ortungssysteme versagten in immer kürzeren Abständen. Immerhin erkannte Atlan, dass sich ihnen ein Bergungsschiff näherte. Es war eine metallene Plattform, die etwa vier Kilometer lang, und zwei Kilometer breit war. An Bug und Heck befanden sich je ein Organschiff. Diese beiden Einheiten waren mit der Plattform verkoppelt und lieferten die Triebwerke. Auf der Plattform standen drei Raumschiffe. Es waren Organraumer wie die GRIET. Sie waren jedoch nicht birnenförmig. Eines glich einer Sichel, eines war oval, und das dritte war so bizarr geformt wie ein Posbi-Raumer. Eine klare Form war bei ihm nicht zu erkennen.
Alle drei Raumschiffe wiesen äußerliche Beschädigungen auf. Sie waren havariert. Bei dem sichelförmigen Schiff waren die beiden transparenten Kuppeln geplatzt, in denen sich die lebenden Galionsfiguren befunden hatten. Die beiden anderen Raumschiffe hatten nur eine Kuppel. In ihnen lagen fremdartige Gestalten. Einzelheiten konnte Atlan wegen der immer wieder ausfallenden Bildgeräte und wegen der Entfernung nicht erkennen.
Er wartete darauf, dass Ganzelpohn sich in letzter Sekunde doch noch gegen die Herrscher der Schwarzen Galaxis behaupten würde, das war jedoch nicht der Fall. Obwohl der Bite schließlich völlig darauf verzichtete, die GRIET zu lenken, so wie es seine Pflicht war, wurde er nicht frei.
»Wir kommen nicht weg«, sagte der Arkonide.
»Was tun wir, wenn wir auf der Plattform sind?«, fragte Thalia.
»Öffne das Schott, Ganzelpohn«, rief Atlan. »Öffne. Wir wollen die Zentrale verlassen, sobald wir gelandet sind.«
Er hörte, wie es klickte. Das Schott glitt zur Seite.
»Danke«, sagte er. »Das werde ich dir nie vergessen.«
»Was hast du vor?«, fragte Thalia.
»Wir werden aussteigen und sofort verschwinden«, erwiderte der Arkonide. »Ich rechne mit einem Angriff der Plattformbesatzung. Vielleicht haben sie Kampfroboter, die sie uns auf den Hals schicken, oder sonst irgendeine Teufelei, mit der sie uns ausschalten, wenn wir abwarten.«
Kleine Lotsenraumschiffe kamen unter der Plattform hervor und kreisten die GRIET ein. Atlan hörte, wie eine Sonde gegen das Organschiff schlug. Das Triebwerk verstummte.
Krächzende Laute kamen aus dem Lautsprecher. Ganzelpohn konzentrierte sich nun ganz darauf, Atlan etwas mitzuteilen. Der Arkonide legte den Finger an die Lippen, als Thalia etwas sagen wollte.
»Ich ... kann ... nichts ... tun. Helft ... mir!«, rief der Bite ihnen zu, wobei er die größte Mühe hatte, die Worte zu formulieren.
»Wir werden tun, was in unserer Macht steht«, versprach Atlan. »Du kannst dich auf uns verlassen. Auch wenn wir gleich von Bord gehen, bist du nicht vergessen, und unser Kampf für dich geht weiter. Ich werde versuchen, die Plattform in meine Gewalt zu bringen. Wenn mir das gelingt, kann ich dir helfen.«
Thalia blickte ihn an, als habe er den Verstand verloren. Sie schwieg jedoch, weil sie nicht wollte, dass der Bite ihre Ansicht zu diesem Plan hörte. Sie hätte ihn nur entmutigen können.
Zusammen mit Atlan und einigen Dellos verließ sie die Hauptleitzentrale. Der Arkonide blieb am Schott stehen und sah zu den Bildgeräten hinüber. Deutlich war zu erkennen, wie sich die GRIET auf die Plattform senkte.
»Beeilt euch«, rief er den Androiden zu. »Alle sollen zur Hauptschleuse kommen. Wir bleiben zusammen.«
Einige Dellos liefen davon, um die anderen zu holen. Atlan verzichtete bewusst darauf, sie über Funk zu rufen, weil er befürchtete, dass die Besatzung der Lotsenschiffe mithörte.
Wenige Minuten später war es soweit. Das Schiff kam zur Ruhe. Alle Dellos befanden sich in der Nähe der Schleuse. Alle trugen Raumanzüge.
»Helme schließen«, befahl der Arkonide.
Sie gehorchten und stülpten die Falthelme nach vorn. Atlan überprüfte die Schutzanzüge einiger Dellos, um sich davon zu überzeugen, dass sie keinen Fehler gemacht hatten. Dann öffnete er das Innenschott der Schleuse. Diese war groß genug, Thalia, alle Dellos und ihn aufzunehmen.
Atlan stand auf der Außenseite der Schleuse, Thalia kam zu ihm. Sie öffnete das Außenschott, nachdem sie mit einem Faustschlag die Schleusenbeleuchtung zerstört hatte.
Die Plattform des Bergungsschiffs war leer. Der befürchtete Angriff blieb aus.
Atlan lief los. Er stürmte auf einen Aufbau zu, der etwa fünfzig Meter von ihm entfernt war. Die künstliche Schwerkraft auf der Plattform war nur etwas höher als die auf Pthor, so dass er und seine Begleiter sich mühelos bewegen konnten.
Als er den turmförmigen Aufbau erreicht hatte, drehte der Arkonide sich um und wartete, bis Thalia und alle Dellos bei ihm waren. Er deutete auf eine Tür. Niemand sprach.
Atlan zögerte.
Er fragte sich, wie der Hilferuf des Biten gelautet hatte. War darin auch die Rede von der Besatzung des Schiffs? Oder hatte Ganzelpohn nur technische Schwierigkeiten gemeldet? Verzichtete die Besatzung des Bergungsschiffs auf einen Angriff, weil der Bite mittlerweile angezeigt hatte, dass die Besatzung die GRIET verlassen hatte?
Atlan war sich dessen bewusst, dass er ins offene Feuer laufen konnte, als er die Tür öffnete. Licht flutete ihm entgegen. Er blickte in einen leeren Vorraum, der als Schleuse diente.
Die Dellos drängten sich an ihm vorbei. Er betrat die Schleuse. Thalia schloss das Außenschott, Sie blickte den Arkoniden an. Beide wussten, dass sie in einer Falle saßen, aus der es kein Entkommen mehr gab, falls die Besatzung des Bergungsschiffs sie beobachtet hatte.
Atlan öffnete das Innenschott und atmete auf.
Vor ihm lag ein langer Gang, von dem zahlreiche Türen abzweigten. Jetzt endlich war klar, dass der Ausbruch aus der GRIET unbemerkt erfolgt war.
Atlan blickte auf ein Analysegerät, das er aus der GRIET mitgenommen hatte. Es zeigte ihm an, dass im Schiff eine atembare Sauerstoffatmosphäre ohne giftige Beimengungen herrschte. Er öffnete den Raumhelm und atmete vorsichtig durch die Nase ein. Dann gab er den anderen das Zeichen, dass sie ihren Helm ebenfalls öffnen konnten.
»Ich habe unterhalb der Plattform wabenförmige Ausbuchtungen gesehen«, sagte Thalia und zeigte nach unten. »Ich vermute, dass dort unten die Quartiere für die Besatzung und die Mannschaften der geborgenen Schiffe sind. Hier oben sind wahrscheinlich die Reparatureinrichtungen. Oder?«
Sie blickte Atlan fragend an, da sie wusste, dass er von diesen Dingen erheblich mehr verstand als sie. Er nickte.
»Wenn wir so etwas wie einen Lift finden, fahren wir nach unten«, antwortete er. »Zunächst aber achten wir darauf, dass wir nicht getrennt werden.«
Er betrat den Gang und bemerkte nach etwa zwanzig Metern, dass er einer optischen Täuschung erlegen war. Der Gang war viel kürzer, als er geglaubt hatte. Er weitete sich zu einem kreisförmigen Raum aus. Da Atlan keine Tür sah, wollte er sich umdrehen und in den Gang zurückkehren. Doch plötzlich spürte er, wie der Boden unter seinen Füßen erzitterte.
»Schnell«, sagte er. »Ich glaube, dies ist ein Lift.«
Thalia und die Dellos kamen zu ihm, und plötzlich senkte sich der Boden ab.
Atlan schätzte, dass die Plattform etwa zweihundert Meter hoch war. Wenn die Vermutung Thalias richtig war, musste der Schacht entsprechend tief sein.
Die Dellos wurden unruhig, als die Bodenplatte etwa fünf Meter weit nach unten geglitten war. Sie blickten nach oben. Der Schacht schien sich über ihnen zu verengen.
»Es geht noch weiter«, sagte Atlan.
Thalia hielt erschrocken den Atem an, als sich plötzlich über ihnen eine Platte in den Schacht schob und ihn verschloss. Sie klammerte sich an den Arkonide.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte sie.
»Keine Sorge«, erwiderte er. »Das ist eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass die Plattform oben irgendwo aufgerissen wird. Damit verhindert man, dass Luft entweicht. Außerdem verbessert man die statischen Bedingungen dadurch, dass man den Schacht verriegelt. Das wird noch einige Male geschehen.«
Er behielt Recht.
Die Platte sank etwa zweihundert Meter in die Tiefe, und der Schacht wurde noch zweimal durch eine Platte verschlossen. Dann endlich endete die Fahrt. Eine Tür öffnete sich. Atlan blickte in einen wabenförmigen Raum. Etwa fünfzig Meter von ihm entfernt kauerte ein spinnenförmiges Wesen auf einer Art Diwan. Gurte, die sich um einige der Beine spannten, und ein helmähnliches Gebilde über den zwölf Facettenaugen zeigten an, dass man es nicht mit einem Tier, sondern mit einem intelligenten Wesen zu tun hatte. Es richtete sich ein wenig auf, als Atlan eintrat, sank aber sogleich wieder auf die Liege, als habe es jegliches Interesse an den Ankömmlingen verloren.
Atlan ging zu dem Spinnenwesen. Grüßend hob er eine Hand.
Er wollte etwas sagen, doch sein Gegenüber erhob sich, gab einige Zischlaute von sich, drehte sich um und eilte davon.
»Das war deutlich«, sagte Thalia. »Man legt keinen Wert auf Unterhaltung.«
Atlan wandte sich um. Etwas fiel auf ihn herab. Er spürte, dass sich ihm etwas in den Hinterkopf bohrte. Dann wurde es dunkel um ihn. Er stürzte zu Boden. Im Fallen sah er, dass auch Thalia und die Dellos zusammenbrachen, und er glaubte, ein schrilles Gelächter zu hören.
Er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als er wieder zu sich kam. Im Raum schien sich nichts verändert zu haben. Seine Hand glitt zur Hüfte. Sie stieß ins Leere. Die Waffe war nicht mehr da. Beunruhigt richtete er sich auf.
Jemand hüstelte hinter ihm. Er fuhr herum.
Thalia hockte auf dem Boden. Sie hatte die Arme um die angezogenen Beine gelegt. Ihre Augen waren klar. Offensichtlich war sie bereits seit längerer Zeit bei vollem Bewusstsein. Die Dellos begannen erst jetzt, sich zu regen.
»Man hat uns alles abgenommen, was als Waffe eingesetzt werden kann. Zum Glück nicht auch die Raumanzüge und dir nicht das Goldene Vlies.«
Atlan strich sich mit dem Handrücken über die Lippen.
»Und wir haben uns eingebildet, dass wir unbeobachtet sind«, sagte er.
»Wir wurden die ganze Zeit überwacht. Man hat uns dorthin geführt, wo man uns haben wollte, und dann ging der Vorhang runter. Was machen wir jetzt? Warten wir ab, was geschieht?« Sie lächelte. »Oder willst du das Schiff nach wie vor erobern?«
Auch Atlan lächelte. Er war nicht so skeptisch wie sie.
»Ich gebe nicht auf«, erklärte er.
»Warum wartest du nicht einfach ab, bis wir am Ziel sind?«
»Weil es dann zu spät sein könnte.« Er blickte ihr forschend in die Augen. »Oder willst du so lange warten, bis man dich zu einer Galionsfigur macht? Möchtest du so werden wie Ganzelpohn?«
Sie wurde blass.
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, entgegnete sie. »Glaubst du wirklich, dass man so etwas mit uns machen könnte?«
»Warum nicht? Uns unterscheidet nichts von anderen Intelligenzen. Bis jetzt kann niemand sagen, wie die Herrscher der Schwarzen Galaxis aussehen. Du meinst, wir könnten ihnen nicht exotisch genug sein? Und was ist, wenn sie so fremdartig sind, dass wir sie kaum als Lebewesen erkennen? Dann müssen wir ihnen fraglos noch fremdartiger erscheinen.«
Sie senkte den Kopf. Atlan sah, dass ihre Unterlippe zitterte. Er erkannte, dass sie sich bis zu diesem Moment tatsächlich nicht hatte vorstellen können, dass man sie zu einer Galionsfigur missbrauchen könnte.
»Du hast Recht«, sagte sie, nachdem sie einige Zeit nachgedacht hatte. »Wir müssen kämpfen.«
»Die Schiffsbesatzung hat uns entwaffnet«, stellte der Arkonide fest. »Daher können wir davon ausgehen, dass man uns jetzt als ungefährlich einstuft. Wahrscheinlich beobachtet man uns gar nicht mehr. Darin liegt unsere Chance.«
»Ich glaube nicht, dass wir die einzigen Schiffbrüchigen sind«, bemerkte die Tochter Odins. »Irgendwo müssen die Besatzungen der anderen Schiffe sein. Vielleicht können wir mit ihnen Verbindung aufnehmen und gemeinsam gegen die Besatzung des Tenders vorgehen.«
»Die anderen Besatzungen haben keinen Grund, sich aufzulehnen. Man hilft ihnen, so wie sie es verlangt haben. Sie werden nichts für uns tun, sondern uns vermutlich in den Rücken fallen.«
Er erhob sich und sah sich im Raum um.
Sie befanden sich in einem Teil des Schiffes, der offenbar der Unterhaltung und der Verpflegung der Besatzungen diente. Die Tische, Sitzgelegenheiten, Schränke und Bildschirme ließen darauf schließen. Der Raum war in mehrere Wohninseln aufgeteilt, die auf die körperlichen Besonderheiten fremdartiger Lebewesen ausgerichtet waren. Sie waren allein.
Atlan deutete auf die Tür, durch die das Spinnenwesen verschwunden war.
»Wir gehen dort entlang«, entschied er.
Als er die Tür öffnete, blickte er in einen Raum, von dessen Boden sich zahlreiche Kuppeln erhoben. Sie waren transparent und gerade so groß, dass ein Spinnenwesen darin Platz hatte. Atlan schätzte, dass etwa vierzig Kuppeln vorhanden waren. Bis auf einige wenige waren alle besetzt.
»Sie schlafen«, sagte Thalia.
»Aber nicht alle.«
Im Hintergrund des Raumes hielten sich fünf Spinnenwesen auf. Sie standen dicht beieinander. Ihre Fühler bewegten sich heftig.
»Sie reden miteinander«, vermutete Thalia.
Plötzlich fuhren die Spinnenwesen herum. Sie rannten einige Meter weit auf Atlan zu, verharrten dann aber auf der Stelle. Dabei gaben sie ein drohendes Zischen von sich.
Der Arkonide hob beschwichtigend eine Hand.
»Wir lassen euch sofort in Ruhe«, sagte er. »Sobald wir ein paar Auskünfte haben, verschwinden wir.«
Die Spinnen verstanden ihn nicht. Sie griffen an.
Erschrocken wich Atlan zurück. Die Dellos hinter ihm schrien entsetzt auf. Keiner von ihnen war darauf vorbereitet, mit derart monströsen Wesen zu kämpfen. Atlan sah, dass sich unter dem dichten Haarkleid der Spinnen Greifzangen hervorschoben. Sie machten einen gefährlichen Eindruck.
Thalia griff nach einem Stuhl, der in der Nähe stand, wirbelte ihn um den Kopf und schleuderte ihn auf ein Spinnenwesen. Dieses versuchte vergeblich, ihm auszuweichen. Ein Stuhlbein zerschmetterte den dünnen Chitinpanzer und drang tief in den Körper ein.
Das Spinnenwesen brach zusammen. Zuckend streckte es die sechs Beine von sich. Die anderen ließen sich nicht abschrecken. Ihre Wut steigerte sich noch.
Atlan, der nicht weiter zurückweichen konnte, weil die Dellos ihm den Weg versperrten, riss einen Tisch hoch und hielt die Tischplatte schützend vor sich. Krachend prallte ein Spinnenwesen dagegen. Die Greifzangen packten den Tisch und pressten ihn zusammen. Das Kunststoffmaterial verbog sich und zersplitterte. Der Mittelfuß des Tisches fiel auf den Boden. Atlan nahm ihn gedankenschnell auf und hieb mit ihm auf das Spinnenwesen ein. Dabei versuchte er, den Schlag so zu dosieren, dass er es betäubte, nicht aber verletzte. Doch er verschätzte sich. Sein Gegner war zu empfindlich. Er brach sterbend zusammen.
Thalia und die Dellos hatten mittlerweile die anderen drei Angreifer zurückgeschlagen, indem sie mit Stühlen gegen die Beine der Spinnen schlugen. Diese reagierten darauf mit panikartiger Flucht.
Doch jetzt hoben sich die Kuppeln über den schlafenden anderen. Ein schriller Pfiff ertönte. Überall krochen Spinnenwesen aus den Schlafkabinen.
»Zurück«, rief Atlan. »Hier kommen wir nicht weiter.«
Er drängte Thalia und die Dellos in den Unterhaltungsraum zurück und schloss die Tür hinter sich. Er bemerkte ein elektronisches Schaltelement neben der Tür, zerschlug es mit einem Stuhlbein und blockierte die Tür damit.
Er eilte zu einem anderen Schott und öffnete es.
Vor ihm schwebte ein weißes, durchscheinendes Wesen. Es war etwa zwei Meter hoch und schien aus einem unendlich feinen Stoff zu bestehen, der so leicht war, dass er vom leisesten Luftzug bewegt wurde. Das Wesen glich einem aufrecht schwebenden Schlauch, der einen Durchmesser von etwa fünfzig Zentimetern hatte. Gliedmaßen schien es nicht zu haben, doch bildeten sich hier und da Schleier an der Außenseite, mit denen es träge wedelte. Atlan vermutete, dass es auf diese Weise den schwebenden Körper stabilisierte.
Das schlauchartige Wesen endete oben in einem gewölbten Kopf, in dem der Arkonide ein kompliziertes Gespinst zu erkennen glaubte. Zwei schwarze Gebilde schienen die Wahrnehmungsorgane in sich zu bergen.
Atlan war wie elektrisiert. Auf eine derartige Begegnung hatte er gewartet. Er brauchte die Hilfe eines Wesens, das sich an Bord auskannte, und mit dem er sich verständigen konnte. Er war keineswegs überrascht, dass das Schleierwesen Pthora sprach. Pthor war aus der Schwarzen Galaxis gekommen. Pthora war also eine Sprache, die ihren Ursprung in dieser Galaxis hatte. Daher hatte er damit gerechnet, früher oder später jemanden zu treffen, der diese Sprache beherrschte.
Da Atlan nicht wusste, wie er den Fremden einstufen sollte, wartete er ab.
»Ich habe lange darauf, gewartet, dass jemand kommen würde, der den Kampf aufnimmt«, fuhr das seltsame Wesen fort. Es schwebte leise zischend näher. Atlan sah, dass sich in dem feinen Körpergespinst zahlreiche Öffnungen befanden. Durch diese sog der Fremde Luft an, die er an der Unterseite wieder ausströmen ließ. Auf diese Weise schwebte er.
»Ich bin Fleuvv«, stellte sich das Gespinst vor. »Werdet ihr mir helfen?«
Atlan blickte zur Tür, hinter der er die Spinnenwesen wusste. Er befürchtete, von dort aus angegriffen zu werden. Doch die Tür öffnete sich nicht. Der Arkonide fühlte sich dadurch keineswegs beruhigt. Er schloss nicht aus, dass die Spinnen, die sich an Bord besser auskannten als er, aus einer anderen Richtung über sie herfallen würden.
Er nannte seinen Namen und den seiner Begleiterin.
»Gehörst du zur Schiffsbesatzung?«, fragte er dann. »Oder bist du ein Schiffbrüchiger?«
»Weder noch«, antwortete Fleuvv. Die dunklen Gebilde in seinem oberen Körperteil drängten sich nach vorn. Es schien, als wolle das Wesen Atlan genau betrachten. »Bis jetzt weiß niemand außer euch, dass ich an Bord bin. Ich bin auf der Suche nach dem Zweierwesen, das man zu den Verlorenen zählt, weil ich nicht bereit bin, es aufzugeben.«
Thalia und Atlan blickten sich flüchtig an. Sie wussten mit diesen Worten nichts anzufangen. Immerhin begriffen sie, dass sie es mit einem Verbündeten zu tun hatten.
»Was ist das Zweierwesen?«, fragte der Arkonide.
Fleuvv verfärbte sich. Das Gespinst nahm einen grünlichen Ton an, der sich jedoch rasch wieder verflüchtigte.
»Es ziemt sich nicht, darüber zu sprechen«, erwiderte er.
»Verzeih«, bat Atlan. »Ich wollte nicht unhöflich sein. Wir helfen dir. Kennst du dich an Bord aus? Kannst du uns zur Zentrale führen?«
»Das hatte ich vor. Ich selbst wäre längst dorthin geflogen, wenn das sinnvoll gewesen wäre. Erst durch euch habe ich Aussicht auf Erfolg.«
»Was wird durch uns anders?«, fragte Thalia. »Bist du in Gefahr? Man weiß nicht, dass du an Bord bist. Du kannst dich lautlos bewegen und dadurch viel erreichen, was uns unmöglich ist.«
»Ich bin schwach«, antwortete Fleuvv mit schwankender Stimme. »Dies ist ein Raumschiff der Barbaren. Alles ist auf sie ausgerichtet. Ich schaffe es gerade noch, eine Tür zu öffnen, weil es dafür genügt, den Sensor zu berühren. In der Zentrale kann ich jedoch nichts tun. Ich wäre nicht in der Lage, auch nur einen Hebel zu bewegen oder eine Taste zu drücken. Die dafür notwendige Kraft fehlt mir. Ihr habt sie.«
»Dann willst du den Kurs des Schiffes verändern«, stellte Atlan fest. »Das setzt voraus, dass du weißt, wohin wir fliegen. Willst du es uns nicht sagen?«
»Das Ziel ist der Planet der verlorenen Hoffnung«, erwiderte Fleuvv zögernd. »Ich kann nicht verhindern, dass das Bergungsschiff dorthin fliegt, aber ich kann vielleicht erreichen, dass es dort landet, wo das Zweierwesen ist.«
»Planet der verlorenen Hoffnung«, sagte Atlan nachdenklich. »Du kennst diese Welt?«
»Ich habe von ihr gehört. Auf ihr schließt sich der Kreis. Er ist das Ende. Er ist der Anfang.«
»Das verstehe ich nicht«, entgegnete der Arkonide verwirrt. »Kannst du dich nicht ein wenig deutlicher ausdrücken? Was ist los mit diesem Planeten? Wieso ist er zugleich das Ende und der Anfang?«
»Es ziemt sich nicht, darüber zu sprechen. Ich habe schon viel zu viel gesagt.« Wiederum verfärbte sich Fleuvv, und die beiden Wahrnehmungsorgane zogen sich tief in das Körpergespinst zurück.
»Entschuldige«, sagte Atlan. »Immerhin bist du es gewesen, der zuerst über die Welt gesprochen hat. Bei uns gilt es als unhöflich, seinem Gesprächspartner einige unverständliche Informationen zu geben und ihn dann damit allein zu lassen.«
Fleuvv schwebte einige Meter weit von Atlan weg.
»Das unterscheidet uns eben voneinander«, flüsterte er, so dass der Arkonide ihn kaum noch verstehen konnte.
»Ich vermute, wir werden rechtzeitig erkennen, um was es geht«, versetzte Atlan, der befürchtete, dass Fleuvv sich ganz zurückziehen würde. »Sprechen wir also nicht mehr vom Planeten der verlorenen Hoffnung. Warten wir ab, bis wir dort sind. Du meinst also, dass wir den Kurs dieses Schiffes nicht grundlegend ändern können?«
»Das ist unmöglich«, erwiderte das Gespinst. »Dieses Schiff hat noch niemals ein anderes Ziel gehabt. Seine Aufgabe ist es, Raumschiffe aufzunehmen, die in Not geraten sind, und zum Planeten der verlorenen Hoffnung zu bringen.«
»Dann ist das Zweierwesen also in Raumnot gewesen«, stellte Thalia fest.
Fleuvv verfärbte sich.
»Es ziemt sich nicht, über Offensichtliches zu sprechen«, erwiderte er verstört.
»Wir sollten nicht noch mehr Zeit verlieren«, bemerkte Atlan. Er fühlte, dass Thalia sich über Fleuvv ärgerte, und er wollte einer schroffen Antwort zuvorkommen. »Ich schlage vor, dass du uns zeigst, wie wir zur Zentrale kommen. Wo finden wir Waffen? Wie groß ist die Besatzung dieses Schiffes? Wo sind die Besatzungen der geborgenen Schiffe? Müssen wir damit rechnen, dass sie eingreifen?«
»Sie befinden sich in den Wohnwaben. Von ihnen geht keine Gefahr aus, wenn ihr nicht direkt mit ihnen zusammenprallt, so wie eben mit den Spinnenwesen, braucht ihr sie nicht zu fürchten.«
Fleuvv bildete Schleier, die er seitlich abspreizte. Es sah aus, als ob er die Arme ausbreitete. Er schwebte davon, ohne sich umzudrehen. Er schien nach allen Seiten gleichmäßig gut sehen zu können. Atlan, Thalia und die Dellos folgten ihm.
»Hoffentlich kennt er sich wirklich gut aus«, raunte Thalia dem Arkoniden zu. »Wir sind schon einmal überrumpelt worden.«
Ihre Befürchtungen erwiesen sich als nicht berechtigt. Fleuvv führte sie durch das Schiff, ohne dass es zu einem Zwischenfall kam. Es schien, als sei der Raumer unbesetzt. Atlan und seine Begleiter eilten durch endlos erscheinende Gänge, durchquerten einen Hangar, in dem bizarr geformte Roboter an einem kleinen Organschiff arbeiteten, dessen Bugkanzel ohne Galionsfigur war, und schwebten in einem Schacht nach oben, durch den Reparaturteile in den Raumer gebracht wurden, sobald er auf dem Werftgelände gelandet war. Fleuvv gefiel sich darin, Atlan hin und wieder einige Schiffseinrichtungen zu erklären. Der Arkonide ließ ihn gewähren. Er verzichtete auf Fragen zur Technik des Schiffes, nachdem das Gespinst ihm eröffnet hatte, so etwas sei »unziemlich«.
Schließlich verharrte Fleuvv an einem roten Schott.
»Wir müssen nach oben«, erläuterte er. »Es ist nicht weit. Danach müssen wir nach draußen. Nur so ist die Zentrale zu erreichen.«
Atlan öffnete das Schott. Dahinter lag eine runde Liftkabine, die groß genug für sie alle war. In ihr glitten sie etwa zwanzig Meter weit nach oben. Der Fahrstuhl verharrte vor einem Schott, das mit einem Hebel versehen war.
»Das ist das Problem«, erklärte Fleuvv. »Ich kann den Hebel nicht bewegen.«
Er bildete einen Schleier und drückte ihn gegen den Hebel, um seine Machtlosigkeit zu demonstrieren. Atlan legte seine Hand an den Hebel.
»Raumhelme schließen«, befahl er. »Unser Freund hat gesagt, dass wir nach draußen müssen.«
»Das ist richtig«, bestätigte Fleuvv.
Thalia und die Dellos stülpten die Helme über den Kopf. Atlan öffnete das Schott. Lautlos glitt es zur Seite und gab den Weg in eine Schleuse frei.
»Ich kann nicht mehr sprechen«, erläuterte Fleuvv, »wenn wir draußen sind. Folgt mir. Ihr werdet dann wissen, was ihr zu tun habt.«
Damit gab er zu verstehen, dass er sich ohne Schutzanzug im freien Raum aufhalten konnte. Atlan schloss die Schleuse und entriegelte das Außenschott. Fleuvv drängte sich an ihn, um von der entweichenden Luft nicht fortgerissen zu werden.
Als die Weltraumkälte ihn erreichte, verwandelte er sich. Er stürzte in sich zusammen. Sein Körper kristallisierte, und er sah aus wie ein faustgroßer Schneeball. Er schimmerte und glitzerte, als berge er zahllose Diamanten in sich. Lautlos rollte er aus der Schleuse.
Atlan folgte ihm.
Vor ihm lag eine freie Fläche, die einen Durchmesser von etwa neunzig Metern hatte. Sie endete an der Schiffseinheit, die am vorderen Ende der Bergungsplattform saß, und von der aus das Raumschiff gelenkt wurde. Einige Leuchtplatten auf dem Boden der Platte und an den aufsteigenden Wänden der Einheit bildeten ausreichende Orientierungspunkte.
Sterne waren nicht zu sehen. Atlan hatte das Gefühl, durch einen absolut dunklen Raum zu fliegen. Dabei verriet ihm lediglich ein leichtes Vibrieren des Schiffes, dass dieses sich überhaupt bewegte. Er trat auf die Plattform hinaus, auf der eine Gravitation von etwas mehr als 1 g herrschte. Jetzt entdeckte er einige schwach leuchtende Sterne. Die Schwarze Galaxis konnte er nicht sehen. Er vermutete, dass sie direkt vor dem Bergungsschiff lag und durch die Führungseinheit verdeckt wurde.
Als er einige Schritte weit gegangen war, sah er einen rot leuchtenden Planeten, der in überraschend geringer Entfernung vorbeizog. Er erkannte, dass sich das Bergungsschiff mit außerordentlich hoher Geschwindigkeit bewegte. Das ungewöhnliche Manöver des Raumschiffs überzeugte ihn davon, dass sie sich bereits im Zielsystem befanden.
Er beschleunigte seine Schritte. Als er die Führungseinheit erreichte, hatte er Fleuvv eingeholt. Dieser verharrte an einem Schleusenschott, und wiederum wurde deutlich, warum er allein nichts hatte tun können. Der Öffnungskontakt lag in einer Höhe von etwa anderthalb Metern. Fleuvv konnte ihn unmöglich erreichen.
Atlan wartete, bis Thalia und alle Dellos bei ihm waren: Mit einem Handzeichen gab er ihnen zu verstehen, dass sie weiterhin schweigen sollten. Dann öffnete er die Schleuse.
Sie war so klein, dass sie nur etwa die Hälfte der Gruppe aufnehmen konnte. Atlan entschied sich dafür, sich mit fünfzehn Dellos und Fleuvv einzuschleusen, und Thalia die zweite Gruppe zu überlassen. So gut ihm der Dello Fälser bisher gefallen hatte, wagte er es doch nicht, ihm die Verantwortung zu überlassen.
Thalia gab ihm zu verstehen, dass sie einverstanden war.
Atlan betrat die Schleuse zusammen mit den Dellos und dem Schleierwesen und schloss sie hinter sich. Fleuvv schien sich in Dampf aufzulösen, als sich die Schleusenkammer erwärmte und frische Luft einströmte. Aus dem schneeballähnlichen Gebilde stieg ein Nebelschleier auf, aus dem sich das Gespinst formte, aus dem Fleuvv vorher bestanden hatte.
»Es ist alles in Ordnung«, verkündete das Schleierwesen. »Wir werden gewinnen. So weit bin ich noch nie gekommen. Jetzt werde ich mein Ziel erreichen. Bald landen wir auf Enderleins Tiegel.«
Er schwebte aus der Schleusenkammer. Atlan folgte ihm.
»Moment mal«, sagte er verblüfft. »Ich denke, wir fliegen zum Planeten der verlorenen Hoffnung. Wieso sprichst du jetzt von Enderleins Tiegel?«
»Verzeih«, bat Fleuvv, während Atlan das innere Schleusenschott schloss, so dass Thalia mit der zweiten Gruppe folgen konnte. »Ich habe versäumt, dich darauf aufmerksam zu machen, dass die Bezeichnung Planet der verlorenen Hoffnung eine Wortschöpfung meines Volkes ist, während man sonst nur von Enderleins Tiegel spricht. Diese Bezeichnung ist uns zu unmoralisch.«
»Das musst du schon etwas näher erklären.«
»Tut mir leid. Das ziemt sich nicht.«
Atlan presste die Lippen zusammen. Seine Augen begannen vor Erregung zu tränen. Wieder einmal weckte Fleuvv mit Andeutungen sein Interesse, weigerte sich dann jedoch, weitere Informationen zu geben.
Der Arkonide beherrschte sich nur mühsam. Angesichts der Situation, in der er sich fand, konnte er sich keine Auseinandersetzung mit Fleuvv leisten.
Sie standen in einem Beiboothangar, in dem ein eiförmiges Raumschiff parkte. Es war etwa zwanzig Meter lang und acht Meter hoch. An seiner Seite klaffte ein fast fünf Meter langes Loch.
»Ich habe gehört, dass eines der Spinnenwesen erwähnte, Waffen seien eingesammelt und an Bord dieses Schiffes gebracht worden«, erklärte Fleuvv. »Du solltest dich darin umsehen.«
»Das werde ich tun«, erwiderte Atlan.
Er ging zu dem Beiboot. Mühelos öffnete er die Mannschleuse. Dazu brauchte er nur einen Hebel zu entsichern und umzulegen. Das Innenschott war offen.
Das Raumschiff war für Wesen gebaut, die kleiner waren als er. Daher musste er sich bücken, um sich im Schiff bewegen zu können. Er fand sich leicht zurecht. Ein kurzer Gang führte in die Zentrale. Hinter dieser befand sich ein Lagerraum, in dem mehrere Kisten standen. Als Atlan sie öffnete, sah er stabförmige Waffen. Eine davon nahm er auf und umspannte den Griff. Er war etwas zu klein für seine Hand, jedoch groß genug, so dass er die Waffe halten konnte. Er zog eine Kiste hinter sich her bis zur Schleuse.
»Bedient euch«, sagte er zu den Dellos. »Damit können wir vermutlich etwas anfangen.«
Er richtete die Waffe auf den Hintergrund des Hangars, feuerte sie jedoch nicht ab.
»Wo ist Thalia?«, fragte er.
»Sie ist noch nicht gekommen«, antwortete Fleuvv.
Atlan erschrak. Thalia hätte längst im Hangar sein müssen. Er war mehrere Minuten lang im Beiboot gewesen.
Er eilte zur Schleuse und öffnete sie. Ungeduldig wartete er darauf, dass sich das Innenschott schloss, damit er das Außenschott zurückfahren konnte. Als es endlich zur Seite glitt, hob er die Waffe.
Doch vor der Schleuse befand sich niemand, der ihn bedrohte. Auch Thalia und die fünfzehn Dellos waren nicht da. Die Plattform lag leer und dunkel vor ihm, als habe sich nie jemand auf ihr aufgehalten.
Er verließ die Schleuse in der Hoffnung, dann etwas von Thalia zu sehen, doch er wurde enttäuscht.
Er überlegte kurz und kehrte in die Schleuse zurück.
*
Die Dellos schwiegen bestürzt, als er berichtet hatte, was geschehen war.
»Was wirst du tun?«, fragte Fleuvv.
»Nichts«, erwiderte der Arkonide.
»Du willst den anderen nicht helfen? Du willst sie im Stich lassen?«
»Ich werde ihnen helfen. Auf meine Weise.«
»Du musst nach ihnen suchen.«
»Das werde ich nicht tun. Wir gehen weiter. Wie kommen wir zur Zentrale?«
»Das ist ein unziemliches Verhalten«, protestierte Fleuvv. Er verfärbte sich vor Erregung dunkelgrün.
»Vermutlich wartet man nur darauf, dass wir hinter Thalia und den anderen herlaufen. Wenn wir das tun, sitzen wir in der Falle, bevor wir recht wissen, was geschieht. Wir gehen weiter zur Zentrale. Haben wir sie in der Hand, ist es leicht, die anderen zu befreien.«
»Unziemlich ist es trotzdem, wenngleich es klüger zu sein scheint.«
»Verzeih mir, aber dann bin ich lieber unziemlich.«
»Ich muss es akzeptieren, obgleich es mir nicht gefällt.«
Fleuvv drehte sich einmal um sich selbst und glitt zischend davon. Atlan wandte sich ab und löste die Waffe aus, um sie kennen zu lernen. Ein nadelfeiner, blauer Energiestrahl schoss aus dem Projektor, schlug gegen die Bordwand des Beiboots und riss ein faustgroßes Loch in die Wandung.
»Damit können wir tatsächlich etwas anfangen«, sagte der Arkonide zufrieden und folgte dem Schleierwesen, das mittlerweile eine Tür erreicht hatte. Hier wartete es zusammen mit den Dellos. Diese hatten sich mittlerweile bewaffnet.
»Wir schießen nur, wenn es gar nicht mehr anders geht«, sagte Atlan. Die Tür glitt auf.
Atlan blickte in einen etwa zwei Meter breiten Gang. Einige Meter von ihm entfernt stand ein Vogelwesen. Es war kleiner als er, hatte ein dichtes, blaues Gefieder, gelbe Beine und einen leuchtend roten Hautkamm. Das Wesen ging aufrecht. Es wirkte schlank und zerbrechlich. Aus dem Gefieder ragten dünne, gelbe Arme hervor, die in feingliedrigen Händen mit vielen Fingern ausliefen.
Aus großen Augen musterte das Wesen Atlan, während es vor ihm zurückwich.
Er betrat den Gang.
»Komm, Fleuvv«, befahl er. »Wenn du mit ihm reden kannst, dann tu das.«
»Und was soll ich ihm sagen?«
»Zum Beispiel, dass es uns zur Zentrale führen soll, und dass wir das Schiff übernehmen.«
Das Vogelwesen fuhr kreischend herum und flüchtete.
»Haltet es auf«, rief Atlan den Dellos zu.
Diese eilten hinter dem Fliehenden her, erreichten ihn jedoch nicht, weil plötzlich ein Schott den Gang verschloss.
»Zurück«, rief der Arkonide. Er wartete ungeduldig, bis die Androiden bei ihm waren, dann feuerte er seine Waffe auf das Schott ab. Der blaue Energiestrahl bohrte sich in das Metall, und jetzt sah Atlan, dass er eine Implosion bewirkte. Das Material des Schottes stürzte in sich zusammen, so dass nur noch Staub blieb. Ein faustgroßes Loch bildete sich in der Tür.
Der Arkonide löste die Waffe noch dreimal aus. Dann riss er das Schott zur Seite, bis sich ein genügend großer Spalt bildete. Er schlüpfte hindurch und erreichte nach wenigen Schritten einen quadratischen Raum. Ein mehrere Meter breites Schott öffnete sich, und Atlan sah sich zwölf Vogelwesen gegenüber, die alle Waffen in den Händen hielten. Sie zielten auf ihn, während er auf sie zielte.
Die Dellos, die sich zu ihm gesellten, richteten ihre Waffen ebenfalls auf sie.
Fleuvv schwebte zischend an Atlan vorbei. Er bildete Seitenschleier, mit denen er kräftig wedelte.
»Jetzt könnt ihr euch gegenseitig töten«, verkündete er. »Beide Seiten haben die gleichen Vor- und Nachteile. Keiner kann gewinnen, beide können nur verlieren. Eine unziemliche Situation für Intelligenzwesen.«
Eines der Vogelwesen antwortete ihm in einer Sprache, die Atlan nicht verstand. Der Arkonide ließ die Waffe sinken und ging auf die vogelähnlichen Wesen zu. Er war überzeugt davon, dass sie nicht schießen würden.
Doch dann blitzte es in der Hand eines der Wesen auf. Ein blassblauer Energiestrahl raste auf ihn zu.
*
Thalia zuckte zusammen, als sich ihr eine Hand auf die Schulter legte. Sie fuhr herum und blickte einem Dello in die geweiteten Augen.
Sie sah, was ihn so erschreckt hatte.
Eine unübersehbare Zahl von Spinnenwesen kam aus verborgenen Aufgängen und Türen hervor. Sie drängten aus Schleusen, die so versteckt angelegt waren, dass Thalia sie nicht bemerkt hatte, obwohl sie unmittelbar daran vorbeigegangen war.
Sie presste ihre Hand gegen die Kontaktscheibe der Schleuse und versuchte, das Schott zu öffnen. Es gelang ihr nicht, weil Atlan mit seiner Gruppe die Druckkammer noch nicht verlassen hatte.
»Also gut«, sagte sie. »Dann sollen sie den Kampf haben.«
Sie vergaß, dass keiner der Dellos sie hören konnte, weil sie das Helmfunkgerät nicht eingeschaltet hatte. Sie stürmte auf die Spinnenwesen zu, die unförmige Raumanzüge trugen, in denen sie sich kaum bewegen konnten. Sie war davon überzeugt, dass sie gegen die zahlenmäßig überlegenen Gegner einen Sieg davontragen würde.
Sie warf sich auf das erste Spinnenwesen, wobei sie geschickt einem zustoßenden Bein aus dem Wege ging. Sie sprang auf den Spinnenkörper und versuchte, das Atemgerät zu erreichen. Sie wollte es abschalten oder zerstören.
Es gelang ihr nicht.
Ein zweites Spinnenwesen kam hinzu und griff sie an. Es stieß sie von ihrem Gegner herunter. Sie stürzte zu Boden. Mehrere Spinnenbeine umschlangen sie, bevor sie sich aufrichten konnte.
Zornig schlug sie um sich, und es gelang ihr, sich zu befreien. Dabei sah sie, dass die Dellos ebenfalls kämpften. Die meisten von ihnen unterlagen jedoch schon beim ersten Ansturm. Die Spinnen entwickelten eine verblüffende Kampftechnik. Sie richteten sich auf den Hinterbeinen auf und ließen sich von den Angreifern unterlaufen. Sobald sie sie unter sich hatten, umschlangen sie sie mit allen Beinen und hielten sie fest. Das genügte.
Thalia kämpfte mit wilder Entschlossenheit. Sie erkannte, dass sie unterliegen würde, wollte jedoch nicht freiwillig aufgeben.
Sie schlug auf ihren Gegner ein, schmetterte eines der Beine zur Seite, und sprang dann erneut auf den Rücken des Spinnenwesens. Dieses Mal gelang es ihr, das Atemgerät aus seiner Verankerung zu reißen. Sie schleuderte es zur Seite.
Atlan wollte dem Energiestrahl ausweichen, doch dafür war er viel zu langsam. Nicht einmal ein Teleporter hätte schnell genug fliehen können.
Der Energiestrahl schlug direkt über dem Magen ein. Atlan erwartete den tödlichen Schock. Er hatte das Gefühl, zerrissen zu werden.
Doch er täuschte sich. Die Energie floss nach allen Seiten auseinander und hüllte ihn ein. Sie durchdrang das Goldene Vlies nicht.
Das Vogelwesen fuhr schreiend zurück. Die Waffe fiel ihm aus der Hand. Ihm war anzusehen, dass es noch niemals etwas Derartiges erlebt hatte.
Atlan ging auf die fremdartigen Intelligenzen zu. Sie wichen vor ihm zurück, obwohl er die Waffe nicht gegen sie erhob. Die Tatsache, dass er sich als unverletzbar erwiesen hatte, war beeindruckender für sie, als es ein Schuss aus der Waffe gewesen wäre.
Die Dellos folgten ihm. Fleuvv verharrte auf der Stelle. Ein Teil der Energie war auf ihn übergeschlagen und schwebte in Form eines kleinen Balles über seinem Kopf. Atlan vernahm die erregten Rufe der Dellos, die es bemerkten, drehte sich jedoch nicht um, weil er die Vogelwesen nicht aus seinem Bann entlassen wollte. Sie wichen vor ihm bis in die Hauptleitzentrale zurück.
Mit einem Handzeichen gab er ihnen zu verstehen, dass sie die Waffen ablegen sollten. Sie gehorchten widerspruchslos. Dann erst drehte er sich nach Fleuvv um. Die Energie hatte sich verflüchtigt. Fleuvv tat, als sei nichts geschehen.
»Was war los?«, fragte Atlan den Dello Fälser, der neben ihm stand.
»Eine blaue Energiekugel schwebte über ihm«, erwiderte der Androide. »Erst sah es so aus, als wolle er davor weglaufen, dann hat er sie in sich aufgenommen. Sieh doch. Er ist größer geworden.«
Die Vogelwesen wurden unruhig, so dass Atlan sich ihnen wieder zuwandte. Er wollte den Vorteil, den er errungen hatte, nicht wieder aus der Hand geben. Mit Fleuvv konnte er sich später auch noch befassen. Außerdem erschien ihm die Tatsache, dass das Schleierwesen Energie in sich aufgenommen hatte, nicht so wichtig. Sie beunruhigte ihn nicht.