Auf den Zahn gefühlt - Prof. Dr. med. dent. Stefan Fickl - E-Book
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Auf den Zahn gefühlt E-Book

Prof. Dr. med. dent. Stefan Fickl

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Beschreibung

Stefan Fickl klärt über Risiken und Nebenwirkungen der wichtigsten Zahnbehandlungen auf, gibt konkrete Tipps, wie wir uns im Notfall selbst helfen können, und gibt exklusive Einblicke in das Leben als Zahnarzt. Unsere Zähne sind im Dauereinsatz – wir brauchen sie nicht nur zum Essen, auch beim Sprechen, beim Lächeln und beim nächtlichen Knirschen spielen sie die zentrale Rolle. Da ist es kein Wunder, dass sie uns ab und zu auch Sorgen bereiten. Wie wir Schmerzen und im besten Fall auch den deswegen drohenden Zahnarztbesuch vermeiden, zeigt uns dieses Buch. Die Zähne sind ein Spiegel des Körpers – sie reagieren hochsensibel auf Ernährung und Lebenswandel, doch sie können auch einiges ab. Mit ein bisschen Wissen und den richtigen Angewohnheiten können wir viel dafür tun, dass sie uns ein Leben lang sorgenfrei begleiten. In »Auf den Zahn gefühlt« erfahren wir alles über den jungen, den erwachsenen und den älteren Zahn und ihre jeweiligen Anforderungen. Ein für alle Mal wird die Frage nach der besten Zahnpasta beantwortet, der richtigen Zahnseide (Spoiler: Vermutlich brauchen Sie gar keine!) oder der professionellen Zahnreinigung. Mit viel Humor, aber auch mit der nötigen Strenge, bringt Stefan Fickl uns unsere Zähne näher und zeigt, was wir tatsächlich selbst für unsere Gesundheit tun können, damit niemand mehr Angst vor dem Arztbesuch haben muss.

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Seitenzahl: 446

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Prof. Dr. med. dent. Stefan Fickl

Auf den Zahn gefühlt

Wie unsere Zähne stark und gesund bleiben

Kurzübersicht

Buch lesen

Titelseite

Inhaltsverzeichnis

Über Prof. Dr. med. dent. Stefan Fickl

Über dieses Buch

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Widmung

Wer liest denn schon ein Buch über Zähne? Ein Beipackzettel

Teil 1 Von Zähnen und Zahnärzten

1. Die eigenen Zähne mitten im Gesicht, aber oft wenig beachtet

2. Herr Zahnarzt, Dr. med. dent. oder Herr Dr. Dr. – Sind zwei Doktortitel besser als keiner?

3. Nach welchen Kriterien soll ich jetzt meinen Zahnarzt aussuchen?

4. Ja, ich bin Zahnarzt und »Arzt« steckt eben auch in diesem Wort

Teil 2 Der junge Zahn – es tut sich etwas im Kiefer

1. Milchzähne egal, weil sowieso bald weg?

2. Willst Du Dich bei mir und meiner Zahnspange einhaken – ja, nein, vielleicht?

3. Ich habe die Schlägerei gewonnen aber jetzt fehlt mein Frontzahn!

Teil 3 Der erfahrene Zahn – von Löchern, Rissen und ersten Nachbesserungen

1. Zahnbürste, Zahnseide, Zwischenraumbürsten – wer ist hier der Meister Proper?

2. An apple a day keeps the dentist away?

3. Better safe than sorry gibt es denn auch angenehme Zahnarzttermine?

4. Mein Zahnarzt bohrt wird er auf Öl stoßen?

5. Eine Wurzelbehandlung? Da kriege ich lieber nochmal zwei Kinder!

6. Spieglein, Spieglein an der Wand … wer hat die schönsten Zähne im ganzen Land?

7. Sport ist Mord auch für die Zähne?

Teil  4 Der alternde Zahn – von kleinen Kratzern bis zum Totalschaden

1. Puh, wie das riecht – ich habe Parodontose!

2. Hast ’ne Lücke, kriegst ’ne Brücke – ich brauche Zahnersatz!

3. Hilfe, mein Zahnarzt will mir ein Loch in den Knochen bohren! Alles zum Thema Zahnimplantate

4. Schleimhäute oben Eingang, unten Ausgang?

Teil 5 Auf dem Zahnfleisch – ein Blick hinter die Kulissen

1. Astronaut, Feuerwehrmann und Herzchirurg, aber wer will denn schon Zahnarzt werden?

2. Privat oder gesetzlich versichert?

3. Der Ikea-Stuhl – Forschen in der Zahnmedizin

Risiken und Nebenwirkungen dieses Buches – Was bleibt?

Anhang: Amüsantes und Skurriles aus dem zahnärztlichen Alltag

Die Zahnkrone und der Abfluss

Wer hat denn hier betäubt?

Nicht mehr zum Schmunzeln – das war knapp.

Ein kleiner Lebensretter – und das als Zahnarzt

Ein kleiner Moment kann alles verändern

Der junge italienische Zahnarzt

Eine etwas unübliche Nachfrage

Halb Zahnarzt, halb Landwirt

Ein kleines Geruchsproblem

Ein übereifriger Metzger

Andere Länder, andere Sitten

Ach, Sie sind der Referent?

Es ist Prof. Larsson – was soll ich machen?

Danksagung

Literaturverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Für Vicky, Helena und Justus

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Wer liest denn schon ein Buch über Zähne? Ein Beipackzettel

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

stellen Sie sich vor, Sie springen morgens gut gelaunt aus dem Bett, die Sonne strahlt und es verheißt, ein wunderschöner Tag zu werden. Dann werfen Sie einen Blick in Ihren Kalender – und erstarren. Dort steht das schreckliche Wort »Zahnarzttermin«.

Ich könnte Ihnen jetzt viele Geschichten von Patienten erzählen, die diese Termine mit den kühnsten Ausreden vermeiden. Autopanne, Adresse vergessen, Hund krank – wenn es um Zahnärzte geht, werden die Ausreden kreativ. Ich habe eine Reihe von Patienten, die nur kommen, »wenn es kracht«. Wenn sie dann wirklich einen Fuß in meine Praxis setzen, muss es nicht mehr auszuhalten gewesen sein.

Wozu also ein Buch über Zähne, wenn wir am liebsten gar nichts mit dem Thema zu tun haben wollen? Schließlich können wir – abgesehen von zweimal täglich Putzen und einmal im Jahr zur Kontrolle – sowieso nichts für unsere Zähne tun. Oder?

Warum schreibe ich also nicht lieber ein zahnmedizinisches Fachbuch über eine neue Operationstechnik und lasse sie nach ihrem ach so genialen Erfinder benennen? Das habe ich auch schon überlegt, aber leider fällt das bei meinem Nachnamen aus – der »Fickl-Schnitt« würde sich als Operationstechnik wohl kaum durchsetzen …

Das ist aber nicht der Grund, weshalb Sie heute dieses Buch vor sich liegen haben. Vielen Menschen ist es vermutlich nicht bewusst, dass es mit Ausnahme der Zähne fast alles, was sie gerade an und in ihrem Körper haben, in rund einem Jahr nicht mehr geben wird. Während sich der Rest des Körpers laufend erneuert, Zellen ersetzt werden und Haare nachwachsen, ist jeder Zahn, den Sie im Mund haben, immer noch derselbe, der ab dem Alter von sechs Jahren durch Ihren Kiefer gebrochen ist. Ich selbst habe als Zahnarzt Zähne gesehen, die fast 100 Jahre auf dem Buckel haben! Wahnsinn, denn heute gilt ja ein zwei Jahre altes Handy schon als veraltet. Trotzdem wissen die meisten erstaunlich wenig über ihre Zähne und wie man sie stark und gesund erhalten kann. Mein Ziel ist es, Ihnen auf unterhaltsame Weise ein Grundwissen über Ihre Zähne zu vermitteln und Ihnen dabei auch den ein oder anderen Zahn zu ziehen – nur im übertragenen Sinne, versteht sich.

Keine Angst, Zähne ziehen wir nicht mehr so schnell wie früher, denn Prophylaxe und Prävention sind heute die großen Themen in der Zahnmedizin – aber das werden Sie alles in diesem Buch lesen.

Sie können sich gar nicht vorstellen, wie oft ich auch im privaten Umfeld auf meinen Beruf angesprochen werde! Jeder hat eine Zahnarzt-Geschichte zu erzählen oder, noch viel häufiger, gerade ein akutes Problem. Merke: Auch wenn wir Zahnärzte nicht besonders beliebt sind, werden wir doch von allen gebraucht!

Ich erinnere mich noch gut an eine Familienfeier, auf der ein älterer Herr während des Hauptgangs sein Gebiss aus dem Mund kramte und mich fragte, ob ich ihm schnell eine Druckstelle an seiner Zahnprothese wegschleifen könne. Ich war damals noch Student und völlig überfordert. Heute würde ich die Druckstelle selbstverständlich in MacGyver-Manier mit dem Steakmesser entfernen.

Ebenso geschätzt werden mein Rat und meine tatkräftige Unterstützung von überängstlichen jungen Müttern und Vätern, die, seit meine Frau und ich selber Kinder haben, oft bei uns zu Gast sind. Regelmäßig werde ich hier etwas verdruckst gefragt, ob ich mir den schiefen oder dunklen Zahn eines Kindes ansehen könnte. Nicht zu vergessen meine geliebte Schwiegermutter, die mich einmal wie einen fahrenden Landarzt zu einem Galadinner rief, um auf der Damentoilette eine Zahnfleischtasche zu spülen.

Inzwischen bin ich an solche »Sonderschichten« gewöhnt und schaue mir ganz unkompliziert zwischen Bratwurst und Grillhendl den schmerzenden Zahn an. Und manchmal quittiere ich es mit dem Spruch: »Seien Sie froh, dass ich kein Frauenarzt bin!«

Das bin ich tatsächlich auch – und nicht nur, weil ich auf Grillfesten direkt zur Tat schreiten kann. Das Tolle an Zähnen ist: Im Unterschied zu Leber, Gehirn oder Knochen sind es sichtbare Organe. Die Probleme an Ihren Zähnen können Sie oft schon selbst sehen, etwa als Schwellung oder dunkles Loch. In den allermeisten Fällen kommen die Patienten zu mir in die Praxis und deuten schon auf die Stelle, die ihnen wehtut. Was für ein Luxus im Vergleich etwa zu einem Internisten, der vom Patienten nur »Bauchschmerzen« hört und sich durch alle Organe des Bauchraums kämpfen muss, um die richtige Diagnose zu stellen. Vieles, was unsere Zähne betrifft, lässt sich also leicht nachvollziehen – und Sie können manche Probleme sogar selbst lösen! Würde dagegen ein Neurochirurg einen Ratgeber wie diesen hier schreiben, wären da wohl nicht viele Tipps zur Eigenanwendung zu finden.

Was ich außerdem zu schätzen weiß: Beim Zahnarzt geht es meistens nicht um Leben und Tod. Ist das nicht schön? Ein Beruf, bei dem man Menschen helfen, aber in der Regel keinen großen Schaden anrichten kann. Kurz gesagt: Ich liebe meine Arbeit, und ich hoffe, Sie merken das zwischen den Zeilen dieses Buches.

Auf der anderen Seite haben Zahnärzte keinen besonders guten Ruf. Vielleicht hallen hier, neben den Schmerzen, die manchmal leider nicht zu vermeiden sind, auch noch die 1980er-Jahre nach, in denen Zahnärzte die Spitzenverdiener unter den Freiberuflern waren und viele meiner Kollegen einen extravaganten Lebensstil, inklusive Weinsammlung, Sportwagen und Ferienhaus, führten. Zahnärzte haben heute immer noch einen guten Verdienst (Näheres in Kapitel »Astronaut, Feuerwehrmann und Herzchirurg«) und ich muss schon zugeben, dass man einen Zahnärztekongress, der oft an solchen »schlimmen« Orten wie Sylt, Zürs oder Mallorca stattfindet, an dem Fuhrpark in der Tiefgarage erkennen kann. Auf der anderen Seite sind viele meiner Kollegen, die ich heute kennenlerne, absolute Überzeugungstäter und verbringen mehr als 50 Stunden pro Woche in ihrer Zahnarztpraxis. Auch dazu soll dieses Buch dienen, nämlich einmal einen Blick hinter die Kulissen eines Zahnarztes zu wagen – wie es sich anfühlt, in einen Zahn zu bohren, wie es dem Rücken eines seit 30 Jahren praktizierenden Zahnarztes geht, und ja, auch wie sich das Getriebe des neuen Porsche Carrera anfühlt.

Wie sollen Sie das Buch denn nun lesen? Zunächst einmal: Es ist ein Ratgeber und kein Roman. Wenn Sie also gerne etwas über Mundschleimhäute wissen wollen, dann fangen Sie gerne hinten im Kapitel »Schleimhäute – oben Eingang, unten Ausgang?« an. Oder vielleicht brauchen Sie ein Zahnimplantat? Dann blättern Sie bitte zum Kapitel »Hilfe, mein Zahnarzt will mir ein Loch in den Knochen bohren!«. Vielleicht machen Sie sich aber Sorgen um die Zähne Ihrer Kinder oder Enkelkinder? Dann lesen Sie das Kapitel »Milchzähne – egal, weil sowieso bald weg?« oder »Willst Du Dich bei mir und meiner Zahnspange einhaken?«. Oder wollen Sie lieber wissen, wie viel ein Zahnarzt verdient oder wie Forschung in der Zahnmedizin abläuft, dann springen Sie gleich zu Teil 5 (»Auf dem Zahnfleisch – ein Blick hinter die Kulissen«).

Vielleicht haben Sie aber auch grundsätzlich Lust, mehr über die moderne Zahnheilkunde und die Bedeutung der oralen Prophylaxe zu erfahren? Dann lesen Sie einfach weiter bis zur letzten Seite – hoffentlich um einiges klüger. Für den Fall, dass Sie es einmal eilig haben, sind am Ende jedes Zwischenkapitels die wichtigsten Tipps zusammengefasst. Falls es Ihnen vor lauter Zahnfüllungen, Zahnimplantaten und Zahnzwischenraumbürstchen dann doch einmal zu viel »heavy dental stuff« wird, gibt es im Anhang einige lustige, spannende oder manchmal dramatische Anekdoten aus meiner zahnärztlichen Karriere – alles wirklich passiert!

Vieles von dem, was Sie in diesem Buch finden, basiert auf meinen Erfahrungen als Zahnarzt. Vieles, aber nicht alles davon ist rundum wissenschaftlich bewiesen, aber das muss es auch nicht sein. Ich habe lange genug in der Forschung gearbeitet, um wissenschaftliche Studien und deren praktische Bedeutung im zahnärztlichen Alltag einschätzen zu können. Vor zehn Jahren hieß es noch, ein Arzt oder Zahnarzt solle nur auf bewiesene Erkenntnisse bauen (man nannte das »evidence-based medicine«). Heute ist man da weiter und die jahrzehntelange Erfahrung eines Mediziners hat wesentlich mehr Gewicht als früher. Eine Mischung aus wissenschaftlichen Leitlinien und der eigenen Intuition als Arzt ist im individuellen Fall meiner Meinung nach am besten. Gerade wenn es um kleinere Probleme geht, kann Ihnen aber sicherlich auch schon dieser Ratgeber weiterhelfen.

Ich wünsche Ihnen eine entspannte und interessante Lektüre. Ich möchte es nicht hoffen, aber vielleicht ergeht es Ihnen ja so wie einem Teilnehmer einer meiner Vorträge in den USA, der nach dem Vortrag zu mir auf die Bühne kam und sagte: »Now I am confused on a higher level!«

 

Ihr Stefan Fickl

Inhaltsverzeichnis

Teil 1Von Zähnen und Zahnärzten

1.Die eigenen Zähne mitten im Gesicht, aber oft wenig beachtet

Die eigenen Zähne – ein Thema, mit dem fast jeder von uns schon einmal zu tun hatte. Denn die Chance, dass bei 32 Zähnen im Laufe des Lebens irgendwann einmal etwas schiefläuft, ist stochastisch ziemlich hoch. 32 Zähne? Sind es denn wirklich so viele? Im Idealfall schon, denn 28 Zähne plus vier Weisheitszähne stellen beim Menschen die normale Zahnanzahl dar. Manchmal wird gemunkelt, dass der Zahnarzt betriebswirtschaftlich klüger gedacht hat als z.B. der Hals-Nasen-Ohren-Arzt, der sich mit nur einer Nase, einem Hals und zwei Ohren beschäftigen darf. Andererseits kann sich natürlich auch ein Orthopäde nicht beschweren: Bei so vielen Knochen und Gelenken im Körper ist die Chance, dass eine Behandlung notwendig wird, nicht viel geringer als bei uns Zahnärzten.

Lassen Sie uns am Anfang das Grundwissen über die Zähne kurz zusammenfassen, damit Sie für den Rest des Buches gut gerüstet sind und auch ein wenig »Angeberwissen« für den Kaffeetisch haben. Wir Menschen besitzen im Ober- und Unterkiefer jeweils vier Schneidezähne, jeweils zwei Eckzähne, zwei kleine Backenzähne und zwei große Backenzähne. Die Zähne sind hintereinander angeordnet und berühren sich an einer Stelle ganz leicht – der sogenannte Kontaktpunkt. Hier sollte es so schön knacken oder klicken, wenn Sie mit der Zahnseide durchgehen. Zahnseide – Sie hassen diesen klebrigen Faden? Dann habe ich gute Nachrichten für Sie, denn kaum eine Sache in der dentalen Welt wurde von Zahnärzten und dem Prophylaxepersonal so vehement empfohlen und scheint laut aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen so wenig Wirkung zu haben. Wenn Sie endlich mit gutem Gewissen die Zahnseide vergessen wollen, dann schauen Sie einmal im Kapitel »Zahnbürste, Zahnseide, Zahnzwischenraumbürsten« nach.

Bei der Zahnanzahl hat die Natur einen großen Spielraum, denn nicht immer sind alle Zähne vorhanden und manchmal sind im Kiefer sogar ein paar Zähne zu viel angelegt. Ich hatte einmal zwei Patienten, die zufällig am gleichen Tag in meine Praxis kamen und die im Wartezimmer auch noch über ihre Zahnsituation ins Gespräch kamen: Der eine hatte zusätzlich zu den Weisheitszähnen noch zwei weitere Zähne angelegt, die hinter den Frontzähnen im Kiefer verlagert waren, und meinem nächsten Patienten fehlten von Geburt an zwei kleine seitliche Schneidezähne. Bei beiden Patienten mussten durch umfangreiche – auch operative – Behandlungen die Zähne entweder entfernt oder ersetzt werden. Kurz konnte ich das Gespräch der beiden im Wartezimmer mithören: »Schade, dass wir nicht einfach tauschen können – dann wären wir hier schon fertig!«

Fehlende oder nicht angelegte Zähne sind tatsächlich nicht wirklich selten. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass bei bis zu 11,3 % aller Menschen ein Zahn nicht angelegt ist. Am häufigsten sind davon die Weisheitszähne betroffen. Wen das betrifft, der hat meistens ein wenig Glück, denn ein nicht angelegter Weisheitszahn muss auch nicht entfernt werden. Wir kommen im Kapitel »Willst Du Dich bei mir und meiner Zahnspange einhaken?« nochmal genauer darauf zu sprechen, wann und ob man Weisheitszähne entfernen muss. Anders sieht es bei den Frontzähnen aus, die neben den unteren kleinen Backenzähnen am nächsthäufigsten nicht angelegt sind. Wenn einer dieser Frontzähne nicht angelegt ist, wird es komplizierter: Denn ein Zahn sorgt beim Durchbruch und bei der Entwicklung auch dafür, dass sich Knochen und Zahnfleisch mitentwickeln – und Knochen und Zahnfleisch benötigt man dringend, nicht nur im täglichen Leben, sondern z.B. auch bei einem Zahnimplantat.

Zähne sind nicht fest mit dem Kiefer verwachsen, sondern an feinen Fasern – wie eine Hängematte – mit dem Kieferknochen verbunden. Wenn Sie wollen, können Sie das einmal ausprobieren. Nehmen Sie Ihren unteren Frontzahn einmal zwischen zwei Finger und wackeln etwas daran – Sie werden merken, dass er leicht hin und her wippt und Sie Druck weit unten im Kiefer spüren. Wenn Ihre Zähne evtl. schon stärker wackeln (wir kommen im Kapitel »Puh, wie das riecht!« darauf), machen Sie das Experiment lieber bei jemand anderem, z.B. bei Ihrer Schwiegermutter.

Jetzt fragt man sich, warum der Körper den Zahnhalteapparat so kompliziert aufgebaut hat – wäre es nicht einfacher, wenn die Zähne fest mit dem Kiefer verwachsen wären? Nun, das Problem wäre dann, dass wir zu wenig »Gefühl« in den Zähnen hätten, denn die Aufhängefasern sind wahre Tastmeister. Hier kommt der berühmte »Kirschkerneffekt« zum Tragen: Wenn Sie z.B. gerade Schwarzwälder Kirschtorte genießen und plötzlich mit voller Wucht auf einen Kirschkern beißen, dann merken das die Fasern, die die Zähne mit dem Kieferknochen verbinden, schon weit vor Ihnen und öffnen reflektorisch den Kiefer, um die Zähne zu schützen. Schaut beim Kaffeeklatsch komisch aus, hat Ihnen aber gerade einen Zahn gerettet.

Übrigens gibt es einen großen anatomischen Unterschied zwischen dem Ober- und dem Unterkiefer. Der Unterkiefer ist nämlich nur über ein Gelenk mit dem Schädel verbunden – dem Kiefergelenk – und stellt ansonsten einfach nur eine Knochenspange dar. Auch wenn es sich manchmal anders anfühlt: Das Einzige, was Sie am Kopf bewegen können, ist der Unterkiefer. Manchmal verwende ich diese Tatsache beim Patienten als Trick: nach langen Sitzungen im Behandlungsstuhl wissen Patienten oft nicht mehr genau, was ich meine, wenn ich sage: »Bewegen Sie doch einmal den Unterkiefer nach rechts.« Stattdessen sage ich dann: »Schieben Sie einmal die oberen Zähne nach links.« Völliger Blödsinn, aber meistens bringt es das gewünschte Ergebnis!

Eine große Besonderheit der Zähne im menschlichen Körper ist, dass unsere bleibenden Zähne, wie schon erwähnt, für den Rest des Lebens halten müssen. Das unterscheidet uns vom Haifisch, der einen kleinen Revolver im Kiefer hat und sich bei einem ausgebissenen Zahn einfach einen neuen aus der Reserve holt. Zähne zu züchten ist deshalb eines der heißen Forschungsthemen in der zahnmedizinischen Wissenschaft. Wäre das nicht eine tolle Vorstellung? Ein Zahn ist kaputt, und nun wird im Labor aus ein paar Zellen ein neuer Zahn gezüchtet, der dann wieder aus dem Kiefer herauswächst wie im Kindesalter. Forschern der TU Berlin ist es mittlerweile sogar schon gelungen, im Labor (man nennt das »in vitro«) Zähne nachwachsen zu lassen. Allerdings gehen die meisten Forscher in diesem Themengebiet davon aus, dass es noch ziemlich lange dauern wird, bis diese Technik in der täglichen Praxis zur Anwendung kommen wird. Auch wenn Sie noch etwas jünger sind – das ist leider kein Thema mehr für Sie!

Kommen wir also zu einer eher grundsätzlichen Frage. Warum haben wir überhaupt Zähne? Jetzt werden Sie mir antworten: Ist doch logisch: zum Kauen. Klar, das ist einer der Hauptgründe (siehe Kapitel: »An apple a day keeps the dentist away?«), aber Zähne haben noch viele andere Aufgaben. Das fängt bei der Sprache an. Zähne sind entscheidend bei der Lautbildung. So werden z.B. F-, W- und V-Laute durch die oberen Frontzähne und die Unterlippe gebildet. Oder versuchen Sie einmal, »Feuerwehr« zu sagen und dabei die Lippen von den Zähnen wegzuhalten. Wenn Sie bei dieser Übung jetzt Ihr Nachbar im Zug oder in einem Wartezimmer komisch anschaut, dann sagen Sie einfach, Sie seien ein berühmter Schauspieler und probten für einen Film – einen Feuerwehrfilm.

Aber natürlich haben Zähne noch eine – für die meisten Menschen – sehr wichtige Aufgabe. Ohne Zähne oder mit ungepflegten oder abgenutzten Zähnen ist ein ästhetisches Erscheinungsbild praktisch nicht denkbar. Wenn Sie sich in erster Linie für die Verbesserung Ihrer Zahnästhetik interessieren, dann springen Sie doch gleich zum Kapitel »Spieglein, Spieglein an der Wand«, denn dort besprechen wir alle Optionen der modernen Zahnheilkunde, die Optik der Zähne und des Zahnfleisches zu verbessern. Uns Zahnärzten geht die Begutachtung der Zahnästhetik bei anderen Menschen irgendwann in Fleisch und Blut über. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie mein Vater – auch er Zahnarzt – nach dem Treffen mit einem Bekannten verkündete: »Die Schneidekanten der oberen Frontzähne sind bei Herrn M. im Verhältnis zur Gesichtsmimik 1,5 Millimeter zu kurz, aber ansonsten ist er ein sehr netter Mann!« Verschiedene Untersuchungen belegen, dass gepflegte Zähne einen großen Wert für das eigene Selbstvertrauen und die Wahrnehmung durch andere haben. Menschen mit gleichmäßigen und weißen Zähnen werden nicht nur attraktiver eingeschätzt als solche mit unregelmäßigen oder dunklen Zähnen, sondern ihnen wird auch mehr Zuverlässigkeit, Intelligenz und Ausgeglichenheit zugeschrieben. Natürlich sind das Vorurteile, aber wir können uns diesen schnellen Wertungen häufig nicht entziehen. Auf der anderen Seite müssen die Zähne aber auch zu ihrem Besitzer und dessen Alter passen. Gerade stehende schneeweiße Zähne ohne Abrieb sind im jungen Alter wunderschön, einem 80-Jährigen aber nimmt man sie kaum noch ab. Sie sehen, die Zahnästhetik ist eine Gratwanderung. Auf der einen Seite sollte es schön und ästhetisch sein, aber es muss auch passend sein. In diese Richtung geht auch die schlimmste Kritik, die Sie gegenüber einem Zahnarzt äußern können: »Meine neuen Zähne gleichen farblich und von der Form ziemlich genau einer WC-Schüssel!«

Kommen wir zu den unangenehmen Seiten der Zähne: Zahnschmerzen. Schmerzen im Kopfbereich lassen einen sofort an etwas »Vitales« denken oder das Schlimmste befürchten. Denken Sie an die Szene in dem bekannten Hollywoodfilm mit Tom Hanks, als er auf einer einsamen Insel plötzlich Zahnschmerzen bekommt und einen Zahn als Übeltäter ausgemacht hat. Verziehen Sie gerade schon Ihr Gesicht, wenn Sie daran denken, wie er mit einer Schlittschuhkufe den Zahn aus seinem Kiefer entfernt? Zahnschmerzen können paralysieren, denn Schmerzen mitten im Gesicht sind nicht zu ignorieren. Die gute Nachricht bei Zahnschmerzen: So schnell, wie die Schmerzen kommen, so schnell sind sie mit einer zahnärztlichen Behandlung auch wieder in Griff zu bekommen. Die schlechte Nachricht: Hausmittelchen helfen dabei nicht wirklich, sondern lindern meist nur kurz die Symptome.

Trotzdem möchte ich Ihnen gleich am Anfang des Buches ein paar Tipps für den Fall der Fälle geben. Sie müssen ja nicht gleich in Tom-Hanks-Manier zum Schlittschuh greifen, denn das würde auch auf Ihr Umfeld befremdlich wirken. Zahnschmerzen haben häufig eine der folgenden zwei Ursachen. Entweder ist es Zahnkaries, die den Zahnnerv angreift und damit eine Entzündung auslöst, oder es ist Parodontose, bei der das Zahnfleisch schmerzhaft angeschwollen ist. Beide Probleme werden durch Bakterien ausgelöst und damit ist auch schon klar, was hier helfen könnte – nämlich, diese Bakterien zu bekämpfen.

Fangen wir mit dem für Sie einfacher zu behandelnden Krankheitsbild an: Parodontose. Ich weiß, es heißt eigentlich Parodontitis (Entzündungen enden in der Medizin mit -itis), aber »Parodontose« hat sich beim Laien nun einmal durchgesetzt. Schauen Sie sich einmal die schmerzhafte Stelle an. Wenn Sie rotes und geschwollenes Zahnfleisch sehen (vergleichen Sie es einfach mit der anderen Mundseite), dann kommt das Problem wahrscheinlich von einer akuten Parodontose. Jetzt hilft nur Putzen, putzen, putzen und desinfizieren – idealerweise mit einer antibakteriellen Mundspülung aus der Apotheke.

Meine Empfehlung zur Akutbehandlung wäre daher als Erstes, Ihre alte Zahnbürste wegzuwerfen, denn Sie wollen ja nicht die alten Bakterien wieder zurückbringen. Nehmen Sie eine brandneue Zahnbürste, geben Sie die antibakterielle Mundspüllösung darauf und widmen Sie sich der entzündeten Stelle. Wenn Sie keine Mundspüllösung zur Hand haben, können Sie auch abgekühlten Kamillentee oder Salzwasser verwenden – auch diese Lösungen wirken antibakteriell. Das kann am Anfang bluten und etwas wehtun, sollte aber nach einiger Zeit besser werden. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, die Behandlung ist hier noch nicht abgeschlossen! Denn die Ursache ist damit nicht behandelt. Was Sie bisher getan haben, ist eher, wie eine schimmlige Wand mit neuer Farbe zu überstreichen – das hält, aber nicht lange! Sie sollten sich rasch einen Termin beim Zahnarzt geben lassen.

Die leider deutlich häufigeren Zahnschmerzen entstehen durch Zahnkaries und sind schwieriger selbst zu behandeln, denn hier steckt die schmerzhafte Entzündung meistens an der Spitze der Zahnwurzel. Vielleicht kennen Sie noch den alten, aber treffenden Spruch: »Der Zahn sitzt auf Eiter!« Fürs Erste helfen hier meist nur Kühlen und die Einnahme von Schmerzmitteln. Aber wie oben erwähnt, kann eine zahnärztliche Behandlung die Schmerzen oft komplett und schnell wieder ausschalten.

Sie merken, zwei Aspekte sind in Bezug auf Ihre Zähne am wichtigsten. Erstens die Vermeidung von Problemen durch Prophylaxe und zweitens das Finden des richtigen Zahnarztes. Und damit geht es nun weiter: Welchen Zahnarzt soll ich denn nun auswählen? Brauche ich einen Spezialisten? Und sind zwei Doktortitel besser als keiner? Das erfahren Sie im nächsten Kapitel.

2.Herr Zahnarzt, Dr. med. dent. oder Herr Dr. Dr. – Sind zwei Doktortitel besser als keiner?

In Österreich ist in Bezug auf Titel vieles noch wie früher. Vom Geheimrat über den Magister bis hin zum Professor – jeder hat praktisch seinen eigenen Titel. Und die Titel werden täglich verwendet, sie stehen sogar auf der privaten Haustürklingel. Und das Schöne für den Ehepartner ist – diese Titel werden in der Regel am Standesamt weitergegeben. »Frau Professor, grüßen Sie mir doch bitte Ihren Mann, den Herrn Professor!«

In Amerika schaut die Sache etwas anders aus. Ich durfte zwei Jahre in New York an der Zahnklinik der New York University verbringen, um dort in Lehre und Forschung zu arbeiten. Für mich war das eine riesige Umstellung: Angefangen von American Football bis hin zu nicht vorhandener Krankenversicherung und unterirdischer Mülltrennung ist jenseits des großen Teichs so einiges anders.

Alles wirkt imposant und beeindruckend und natürlich ist auch die New Yorker Zahnklinik in einem kleinen Hochhaus beheimatet. Am allermeisten habe ich mich am Anfang gewundert, warum mein Chef, einer der bekanntesten Kliniker und Wissenschaftler im Bereich der Zahnmedizin, nur »Dr.« auf seinem Namensschild hatte, wobei alle Mitarbeiter, die die Zahnreinigungen durchführten, »Prof.« auf ihrem Namensschild trugen.

Als ehrfürchtiger Europäer war ich natürlich sofort begeistert von der Kompetenz des Assistenzpersonals an der Universität in New York. Das hielt jedoch nur, bis ich erfahren habe, dass »Professor« in Amerika einfach »Lehrer/Lehrerin« bedeutet und jeder »Dr.« leicht säuerlich ist, wenn man ihn mit »Professor« anredet. Ein Professor ist in Amerika also nichts anderes als ein Lehrer, richtig hohe akademische Weihen kriegt man als »Dr.«.

Sie sehen also, andere Länder, andere Sitten. In den deutschsprachigen Ländern ist der »Professor« der Titel mit dem höchsten gesellschaftlichen Ansehen und – das kann ich mit Fug und Recht behaupten – mit ein paar Schweißperlen und Rückenschmerzen verbunden. Die Schweißperlen von der wissenschaftlichen Arbeit und die Rückenschmerzen vom Nicken und Dankesagen zu Chefs oder Laborleitern.

Sie werden sich vielleicht fragen, was dieses Kapitel in einem Zahnratgeber soll. Will er jetzt von seinem tollen Lebensweg erzählen? – Nein, das erspare ich Ihnen. Falls es Sie dennoch interessiert, können Sie es gerne in der hinteren Buchklappe nachlesen.

Es geht mir um ein wenig Übersicht für Sie als Patienten. Es gibt heute eine Flut von Titeln, Spezialisten und Fachzahnärzten, es ist ein wenig, wie Andy Warhol vor ein paar Jahrzehnten gesagt hat: »In the future everyone will be famous for fifteen minutes.« Man hat mittlerweile das Gefühl, dass ein Zahnarzt ohne Zusatzqualifikation oder Zusatztitel eigentlich nicht mehr viel auf der Pfanne hat. Doch das ist weit gefehlt! Warum das so ist, dazu kommen wir nun.

Mein Zahnarzt hat gar keinen Doktortitel … stimmt da etwas nicht?

Ein Doktortitel und die Approbation (also die Zulassung) als Zahnarzt haben erst mal nichts miteinander zu tun. Der Doktortitel wird für eine wissenschaftliche Leistung in einem akademischen Studienfach vergeben – wie z.B. Medizin, Zahnmedizin, Chemie etc. Durch die Skandale der letzten Jahre hat ja nun jeder mitbekommen, dass die Doktorarbeit eine selbstständig durchgeführte Arbeit mit einem klar erkennbaren Eigenanteil sein muss. Ist dies der Fall, darf man sich, nach einer erfolgreichen mündlichen Prüfung, die zwei Buchstaben ans Türschild schreiben.

Wenn Sie sich nun aber Sorgen machen, weil Ihr Zahnarzt keinen Doktortitel führt, dann ist das völlig unberechtigt. Man könnte sagen: Der Doktortitel ist eine Fleißarbeit nach oder auch schon während des Studiums. Keinen Doktortitel zu haben bedeutet aber nicht, dass man faul war, sondern, dass man vielleicht in den Semesterferien arbeiten musste, um sich das Studium zu finanzieren, während die ein oder anderen Kinder aus gutem Hause schon entspannt ihre Doktorarbeit vorbereiten konnten …

Ich habe in meiner Zeit als Professor an der Universität auch einige Doktoranden betreut und sie auf dem Weg zum Doktortitel begleiten können: Ich kann Ihnen sagen, dass an so einer Promotionsarbeit ganz schön viel Zeit, Mühe und Ärger hängen. Und man sieht heute längst eine gesellschaftliche Tendenz, akademische Titel nicht mehr ganz so wichtig zu nehmen, wie dies frühere Generationen taten. Zahnärzte ohne Doktortitel werden in nächster Zeit also wohl immer häufiger anzutreffen sein – in fachlicher Hinsicht ihren promovierten Kollegen aber keineswegs nachstehen.

Patiententipp

Die Qualifikation Ihres Zahnarztes hat mit dem Doktortitel nichts zu tun – Punkt. Es sollte für Sie keine Rolle spielen.

Ich brauche einen Spezialisten – was tun?

Bei einigen Behandlungen ist es wichtig, einen Arzt auszusuchen, der sich im jeweiligen Spezialgebiet sehr gut auskennt und diese Art von Behandlung schon viele Male durchgeführt hat. Beispiele in der Zahnmedizin sind schwierige ästhetische Behandlungen wie z.B. Zahnveneers, denn hier braucht man viel Erfahrung, ein Gespür für Ästhetik und einen guten Zahntechniker, mit dem man schon lange zusammenarbeitet. Auch schwierige chirurgische Eingriffe, z.B. ein Zahnimplantat bei wenig Knochenstruktur. Hier geht es mir nicht darum, dass ein Spezialist das Zahnimplantat vielleicht gerader in den Knochen setzt – einen erfahrenen Chirurgen bringt vielmehr ein Zwischenfall während der OP nicht aus der Ruhe.

Jeder erfahrene Kieferchirurg kann Ihnen Geschichten von Patienten erzählen, die mit dem Taxi und einem blutenden Mundwinkel in seine Praxis geschickt wurden, weil der behandelnde Zahnarzt den vermaledeiten Weisheitszahn einfach nicht aus dem Kiefer herausbekommen hat.

Das ist sicherlich der Worst Case, mitten in einer OP zu einem anderen Zahnarzt gekarrt zu werden. Ich persönlich sehe es mittlerweile als den größten Vorteil eines Spezialisten an, eine gangbare Lösung zu finden, falls es während des Eingriffes nicht so läuft wie geplant.

Nun, der beste Fall ist immer, wenn Sie Ihr Zahnarzt von sich aus für eine Behandlung zu einem Spezialisten überweist. Meistens ist diese Empfehlung ein guter Rat. So eine Zusammenarbeit besteht häufig schon sehr lange und würde nicht mehr bestehen, wenn sie nicht von vielen Erfolgen gekrönt wäre. Das kennen Sie doch von sich selber. Wenn Sie etwas weiterempfehlen und es wird dann doch nicht so toll wie angekündigt, dann fällt das immer auch ein wenig auf Sie selber zurück.

Wenn Sie sich selber auf die Suche nach einem Spezialisten für Ihr Zahnproblem machen wollen, dann sind die zahnmedizinischen Fachgesellschaften gute Ratgeber. Für Ästhetik die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde e.V. (www.dgaez.de), für Zahnimplantate die Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund- und Kieferbereich e.V. (www.dginet.de), für parodontologische Fragestellungen die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) e.V. (www.dgparo.de) und für Fragestellungen im Bereich von Wurzelkanalbehandlungen und Zahnunfällen die Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie e.V. (www.dget.de). Bei den meisten Fachgesellschaften gibt es zertifizierte Spezialisten, also Zahnärzte, die bestimmte Behandlungen häufiger und routinierter durchführen. Es macht sicher Sinn, den Zahnarzt, zu dem Sie von Ihrem Hauszahnarzt überwiesen wurden, auf diesen Websites zu suchen. Im Zweifel holen Sie bei einer komplizierten Sache doch eine Zweitmeinung ein – das kann nie schaden, insbesondere bei einer größeren und schwierigeren Behandlung.

Ein Sonderfall als Titel auf dem Praxisschild ist der sogenannte Master of Science (MSc). Diesen akademischen Titel führen mittlerweile relativ viele Zahnärzte. Er bedeutet, dass eine berufsbegleitende, strukturierte Fortbildung zu einem zahnmedizinischen Fachbereich erfolgreich durchgeführt wurde. Die Besonderheit an dieser Fortbildung ist der akademische Abschluss. Bei anderen Fortbildungen ist die reine Anwesenheit ausreichend. Beim Master of Science nicht. Hier wird neben einer Prüfung auch eine Masterarbeit verlangt, die wissenschaftlichen Kriterien genügen muss. Der Master of Science ist daher ein gutes Kriterium für Patienten, dass sich der Zahnarzt eingehend mit einem spezifischen Thema beschäftigt hat. Dennoch ist er fachlich sicherlich hinter dem Spezialisten oder Fachzahnarzt (z.B. Fachzahnarzt für Oralchirurgie) einzuordnen.

In Deutschland ist für Ärzte und Zahnärzte die Aufnahme in die FOCUS-Liste der Mediziner ein kleiner Ritterschlag. Die Nennung in dieser Liste ist ziemlich begehrt und meistens wird man hier nur geführt, wenn man irgendetwas »Besonderes« nachgewiesen hat. Also z.B. wissenschaftliche Tätigkeit oder viele Vorträge auf großen wissenschaftlichen Kongressen. Die Nennung in der FOCUS-Liste basiert unter anderem auf Empfehlungen von anderen Zahnärzten und ist damit ziemlich unabhängig. Also, es ist sicherlich kein schlechtes Zeichen, wenn Ihr Zahnarzt oder der Arzt, zu dem Sie überwiesen wurden, in dieser Liste zu finden ist.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Nicht für alles brauchen Sie einen Spezialisten oder sollten Sie die Internetseiten der Fachgesellschaften durchforsten. Viele Zahnärzte arbeiten auf sehr hohem Niveau, weil sie sich ständig fortbilden. Mein Vater war z.B. so einer. Jedes Wochenende auf Kursen, am Abend noch die Fachzeitschriften gelesen und eigentlich nur eines im Kopf: Zahnmedizin. Wenn Sie so einen Zahnarzt gefunden haben, dann brauchen Sie keinen Spezialisten.

Patiententipp

Sie benötigen eine schwierige Behandlung? Wenn Sie Ihr Zahnarzt zu einem Kollegen überweist, mit dem er schon länger vertrauensvoll zusammenarbeitet, dann würde ich der Empfehlung folgen. Die Homepages der großen Fachgesellschaften bieten eine Spezialistensuche an, die sich z.B. für eine zweite Meinung anbietet. Und in die FOCUS-Liste kommt man auch nicht nur durch Nasebohren …

Mein Zahnarzt ist ein Herr Professor – wird es dann teurer?

Das höre ich oft: »Ist ja klar, dass es bei Ihnen etwas teurer ist, denn ein Professor kann ja mehr abrechnen.«

Das stimmt nicht, denn der Titel hat mit der Art der Abrechnung nichts zu tun. Es hat höchstens etwas damit zu tun, dass die Fälle, die an den hoch spezialisierten Professor überwiesen werden, in der Regel entsprechend schwieriger zu behandeln sind.

Die Verleihung des Professorentitels war für mich schon ein besonderer Tag, denn eigentlich war jetzt der höchstmögliche akademische Titel erreicht – also kann es jetzt nur noch bergab gehen, oder? Nun, ein Herr Professor in der eigenen Zahnarztpraxis ist eher die Ausnahme. Denn die Habilitation und der in der Folge verliehene Titel »Professor« sind ja eigentlich die Voraussetzung für die Bewerbung auf eine Hochschullehrerstelle und damit sollten Professoren eigentlich an den Hochschulen bleiben.

Doch in der Realität gibt es beides. Die Professoren an einer Hochschule (Universitätsklinik), bei denen man sich auch behandeln lassen kann, und niedergelassene Zahnärzte, die diesen Titel führen.

Das kommt daher, dass manche Zahnärzte – und so war das auch bei mir – irgendwann die Entscheidung getroffen haben, die Hochschulkarriere nicht mehr weiterzuführen und in die freie Praxis zu gehen. Andere haben den Weg weitergeführt und sind dann irgendwann zu einem sogenannten Ordinarius ernannt worden – also auf einen Lehrstuhl einer Universitätsklinik berufen worden.

Doch zurück zur Praxis, was bringt Ihnen jetzt ein Herr Professor als Zahnarzt? Nun, Sie können sich sicher sein, dass so jemand viel wissenschaftliche Erfahrung hat und auch lange an einer Universitätsklinik gearbeitet hat. Aber so ein wenig ist es schon wie mit der Doktorarbeit. Wegen eines Professorentitels ist niemand ein besserer oder schlechterer Zahnarzt.

Das Einzige, womit Sie wirklich rechnen können, ist, dass ein Professor eine gewisse Zeit pro Semester an seiner Uni verbringt, um Vorlesungen für Studenten zu halten und meistens auch noch Doktoranden betreut. Das bedeutet natürlich, dass er schon alleine dadurch immer noch sehr nahe am aktuellen Forschungsstand ist.

Bei mir persönlich hat es sich so ergeben, dass ich zwei- bis dreimal im Monat an der Universität bin, mit jüngeren Zahnärzten arbeite und wissenschaftliche Projekte betreue – für mich eine tolle Verbindung zwischen Praxis und Wissenschaft.

Bei einigen Ärzten und Zahnärzten liest man manchmal Priv.-Doz., PD oder Privatdozent vor dem Doktor. Was ist denn das? Ein Privatgelehrter? Nun, der Titel kommt wirklich aus der Zeit, als Universitäten Gelehrte ernannten, die dann in ihren Häusern Vorlesungen und Seminare hielten. Heute erhält man diesen Titel nach dem Abschluss der Habilitation – also der großen wissenschaftlichen Leistung als Voraussetzung für eine Professur. Man könnte also sagen, der Privatdozent ist der letzte Meilenstein vor der Professur.

Ob man dann irgendwann wirklich Professor wird, hängt von vielen anderen Faktoren ab – manche haben nach der Habilitation das Interesse an zeitintensiver Forschung verloren und bleiben bei dem Titel Privatdozent.

Also keine Angst, wenn Sie einen Termin bei einem Privatdozenten haben. Das bedeutet nicht, dass die Behandlung in seinen Privatgemächern stattfindet oder dass er nur privat abrechnet. Es ist einfach ein Zeichen dafür, dass jemand mit viel Engagement und Zeit wissenschaftlich gearbeitet hat – ein besserer Arzt ist er damit aber nicht unbedingt.

Patiententipp

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es manchen Patienten schon wichtig ist, von einem Professor behandelt zu werden. Prinzipiell sagt das aber nicht viel über die Qualifikation als praktischer Arzt aus. Das Einzige, was man daraus schließen kann, ist, dass dem Professor der aktuelle Wissensstand bekannt sein sollte, denn er ist ja mehrmals im Semester an seiner Universität.

Ist Kieferchirurg das Gleiche wie Kieferorthopäde?

Ich würde Ihnen auf keinen Fall empfehlen, die Termine bei diesen beiden Zahnärzten zu verwechseln. Denn das Handwerkszeug des Kieferchirurgen ist das Skalpell und das des Kieferorthopäden die Zahnspange. Eine Verwechslung könnte daher unschön enden. Trotzdem höre ich oft von Patienten, dass ihnen ein Kieferorthopäde die Weisheitszähne entfernt hat und ein Kieferchirurg die Zähne begradigt hat. Na ja, lassen wir sie in dem Glauben.

Daher nur mal ganz kurz: Ein Kieferorthopäde ist ein Fachzahnarzt für die Korrektur von schiefen Zähnen in der Regel im Kindesalter. Ein Kieferchirurg hat das Medizin- und Zahnmedizinstudium abgeschlossen und ist ein Fachzahnarzt für alle chirurgischen Eingriffe in Kiefer und Gesicht. Wenn Sie also im Wartezimmer Ernie & Bert oder Mickey Mouse anlächeln, dann sind Sie eher beim Kieferorthopäden gelandet.

Wir werden im Kapitel »Willst Du Dich bei mir und meiner Zahnspange einhaken?« noch mehr über den Besuch beim Kieferorthopäden sprechen, denn meistens passiert das im Kindesalter. Interessanterweise gibt es auch einen Eingriff beim Kieferchirurgen, der oft im Kindes- und Jugendalter durchgeführt wird: das Entfernen der Weisheitszähne.

Es gibt noch eine Gemeinsamkeit. Beide Fachzahnärzte sind Überweisungsärzte. Das heißt, Sie werden, meist von Ihrem Zahnarzt, aufgrund eines bestimmten Problems – wie schiefe Zähne oder verlagerte Weisheitszähne – dorthin geschickt. Wenn der »Job« erledigt ist, gehen Sie zurück zu Ihrem Zahnarzt, der Sie manchmal ein ganzes Leben lang betreut.

Ein kleiner Tipp von meiner Seite wäre, dass Sie Ihren Zahnarzt einmal beiläufig fragen, wie lange er denn schon mit dem Arzt/Zahnarzt zusammenarbeitet, zu dem Sie geschickt werden. Wenn Ihr Zahnarzt jetzt ausholt und Geschichten von früher auspackt, dann ist alles gut. Gehen Sie dorthin und es wird sicherlich klappen.

Es gibt noch eine kleine Besonderheit bei Überweisungen zu anderen Ärzten, die manche Patienten verwirrt: Viele Zahnärzte schicken Patienten für das Einsetzen eines Zahnimplantates zu einem Kieferchirurgen oder zu einem Oralchirurgen, das Einsetzen der Zahnkrone nach dem Einwachsen des Implantates übernimmt dann aber wieder der Zahnarzt. Das klingt manchmal ein wenig so, als ob die Autowerkstatt die Winterreifen zwar abschraubt, aber zwei Tage später erst ein Spezialtrupp kommt, der die Sommerreifen wieder draufschrauben kann.

Diese Besonderheit hat etwas mit der Spezialdisziplin »Implantologie« zu tun, auf die wir im Kapitel »Hilfe, mein Zahnarzt will mir ein Loch in den Knochen bohren!« näher eingehen werden. Für den Moment also nur Folgendes: Kieferchirurgen sind chirurgisch sehr versiert und machen häufig sehr viel umfangreichere chirurgische Eingriffe als das Einsetzen von Zahnimplantaten. Sie haben aber kaum Erfahrung mit Zahnprothetik – also dem Setzen von Zahnkronen etc. Genau andersherum geht es häufig Ihrem eigenen Zahnarzt. Mit allen prothetischen Wassern gewaschen, aber chirurgisch nicht ganz so wetterfest. Also ist das doch eine perfekte Symbiose …

Patiententipp

Kieferorthopäden, Kieferchirurgen und Oralchirurgen sind reine Überweisungsärzte in ziemlich unterschiedlichen Zahndisziplinen – daher bitte nicht verwechseln! Die Empfehlung Ihres Zahnarztes ist meist gut, insbesondere, wenn die beiden schon lange zusammenarbeiten. Fragen Sie also mal kurz nach …

Mein Zahnarzt ist spitze im Internet bewertet …

Es gibt mittlerweile keinen Hotel- oder Handwerkerbetrieb und kein Umzugsunternehmen mehr, zu dem man sich nicht im Internet die Kritiken anschauen kann. Und natürlich ist das verführerisch, denn es ist doch ein bisschen wie den besten Freund nach Rat zu fragen, der schon Erfahrungen sammeln konnte: »Und wie hat’s dir dort gefallen? Wie haben sie gearbeitet?«

Aber irgendwie auch nur ein bisschen, denn die Menschen, die diese Rezension im Internet schreiben, kennen Sie ja gar nicht – ob sie wirklich genau Ihren Geschmack und Ihre Präferenzen treffen? Überlegen Sie doch mal, von wie vielen Leuten aus Ihrem weiteren Bekanntenkreis Sie sich beispielsweise ein Hotel empfehlen lassen würden.

Natürlich gebe ich Ihnen recht, wenn das Hotel neben einem Braunkohlebergwerk liegt, dann würden 100 % aller Menschen gleich ticken. Aber es geht ja meistens um Essen, Einrichtung, Sympathie etc. – und da sind wir Menschen ja häufig grundverschieden. Umso differenzierter ist das bei Ärzten. Sie werden mir zustimmen, dass die wenigsten Patienten genau beurteilen können, was ihr Arzt oder Zahnarzt da gerade macht und noch viel weniger, wie gut er es macht. Für die Zahnmedizin gilt das sogar noch mehr, denn die Qualität einer Behandlung schlägt sich meist erst nach drei bis fünf Jahren nieder und keiner wartet heute so lange, bevor er eine Bewertung schreibt. Die meisten Bewertungen kreisen daher eher um die Themen Praxiseinrichtung, Perligkeit des Mineralwassers im Wartezimmer, Nettigkeit des Praxispersonals oder Schmerzhaftigkeit der Behandlung.

Und keine Frage, das ist natürlich auch wichtig, denn keiner will von einem Zahnarzt mit Knoblauchfahne in einer heruntergekommenen Baracke behandelt werden. Auf der anderen Seite –, wenn dieser Zahnarzt eine weltberühmte Koryphäe ist, dann würde ich ihn trotzdem dem Kollegen mit dem weißen Flügel im Entree und bequemen Wartezimmerlederstühlen vorziehen.

Meiner Meinung nach kommt bei den Bewertungsportalen ein weiterer Punkt zum Tragen: Im Internet herrscht oft eine Negativeinstellung und auch Nörgelstimmung, denn es ist ja sehr leicht, anonym zu kritisieren. Und in der Medizin gibt es nun einmal Komplikationen, entscheidend ist, wie man damit umgeht. Der Patient sieht jedoch oft nur, dass etwas schiefgegangen ist, und das lässt sich dann sehr gut im Internet breittreten.

Sie erkennen also schon meine Tendenz: Ich möchte die Bewertungsportale nicht schlechtreden, und ich glaube, dass ein Zahnarzt, der dort stets mit der Schulnote 1,0 bewertet wird, sicherlich zu den guten Vertretern seines Fachs gehört.

Patiententipp

Ihr Zahnarzt ist laut den Bewertungsportalen der beste in der ganzen Stadt? Super, er kann sicherlich kein Schlechter sein. Aber bedenken Sie bitte, dass die Bewertung häufig das Praxisinterieur oder die Schmerzen bei der Spritze betreffen. Eine aufwendige ästhetische oder implantologische Behandlung würde ich nicht nur von diesen Einträgen abhängig machen.

3.Nach welchen Kriterien soll ich jetzt meinen Zahnarzt aussuchen?

Was tun, wenn man neu in eine Stadt gezogen ist? Die FOCUS-Liste durchkramen und den Zahnarzt mit den meisten Titeln nehmen? Oder im Internet nach dem besten Zahnarzt suchen und zu dem mit der Traumnote in den Bewertungsportalen gehen? Nun, ich würde das schon ein wenig von der Art der Behandlung abhängig machen.

Brauchen Sie eine Routinebehandlung und vielleicht ein- bis zweimal im Jahr eine Zahnreinigung, dann spricht sicher nichts dagegen, ein wenig zu googeln und sich dann dort einen Termin geben zu lassen, wo man den besten Eindruck hat. Bei Kontrollterminen und professionellen Zahnreinigungen (PZR) dürften die Unterschiede zwischen den Zahnärzten nicht so groß sein.

Weiß man aber vielleicht schon, dass man ein Problem hat – ob mit dem Zahnfleisch oder mit Karies –, oder braucht man ein Zahnimplantat, dann macht es sicher Sinn, ein wenig im Freundes- und Bekanntenkreis herumzufragen.

Die alte Mund-zu-Mund-Propaganda ist meist viel ehrlicher als das unpersönliche Internet. Sobald Sie einen Zahnarzt gefunden haben und eine schwierige Behandlung ansteht, ist es sinnvoll, sich eine zweite Meinung bei einem Spezialisten anzuhören. Hierzu eignen sich die Homepages der oben genannten Fachgesellschaften und deren Spezialistensuche. Das hat nichts mit Misstrauen zu tun und ist bei einer größeren Behandlung völlig normal – übrigens würde das jeder Arzt so machen, wenn eine größere Behandlung bei ihm selber oder in seiner Familie anstünde.

Welche Kriterien kann man als Patient noch heranziehen, um einen Hinweis auf die Qualität der Behandlung zu bekommen? Für mich fängt das schon auf der Homepage an. Wenn dort Ankündigungen für Termine stehen, die schon ein halbes Jahr in der Vergangenheit sind, dann ist das meist kein so gutes Zeichen – da wurde die Pflege der Homepage vergessen und vielleicht wurde auch die Pflege von anderen Dingen vergessen. Wenn Sie dann in der Praxis sind, sehen Sie sich in Ruhe um. Hygiene ist das Entscheidende in einem medizinischen Betrieb. Wenn im Wartezimmer Staub in den Ecken liegt und die Magazine vom letzten Jahr sind, dann ist das auch ein Grund für Zweifel.

Handschuhe und Mundschutz sollten im Behandlungszimmer absoluter Standard sein. Wenn heute ein Zahnarzt ohne Mundschutz und mit bloßen Händen eine Erstuntersuchung durchführt, dann würde ich skeptisch werden, ob er bei einem größeren Eingriff die Hygienekette so perfekt einhalten wird.

Ganz so weit hergeholt ist die Vorstellung eines Zahnarztes ohne Handschuhe nicht: Zu mir kam vor ein paar Jahren einmal eine Patientin, die es nicht mehr aushielt, dass die rechte Hand ihres früheren Zahnarztes nach Zigaretten und die linke Hand nach Kartoffelchips gerochen hat!

Patiententipp

Für Routinebehandlungen (Kontrolle, professionelle Zahnreinigung) ist es sicherlich okay, sich im Internet nach einem Zahnarzt umzusehen. Wenn jedoch etwas Komplizierteres ansteht, ist die alte Mund-zu-Mund-Propaganda immer noch am ehrlichsten. Auch die zweite Meinung bei einem Spezialisten der jeweiligen Fachgesellschaften ist sinnvoll und nützlich. Und achten Sie in der Praxis besonders auf Hygiene – Anzeichen von mangelnder Sorgfalt sind nie ein gutes Zeichen!

4.Ja, ich bin Zahnarzt und »Arzt« steckt eben auch in diesem Wort

Einiges hat sich in der Zahnmedizin geändert. Früher wurden Zahnärzte als »Zahnklempner« belächelt, und vielleicht war die Bezeichnung auch ein wenig zutreffend. Denn vieles hat sich früher um Plomben, Gebisse und Zähneziehen gedreht. Der Lieblingsspruch vieler Zahnärzte war damals: »Kommen Sie wieder, wenn irgendetwas wehtut!«

Ich möchte Ihnen an zwei Patientenfällen zeigen, warum wir unsere Patienten heute vor den ersten Schmerzen sehen wollen und warum wir das Wörtchen »Arzt« in der Berufsbezeichnung »Zahnarzt« mehr betonen.

Eines Morgens kommt ein Patient beschwingt in meine Zahnarztpraxis und schmettert ein sympathisches »Hallo, allerseits« in die Runde. Er ist 1,80 Meter groß und wiegt geschätzt 85 kg. Er erzählt, dass er gerade aus dem Fitnessstudio kommt und nächste Woche eine Fahrradtour entlang der Loire plant. Beim Blick auf sein Geburtsdatum muss ich zweimal hinsehen: 1941. Dieser Mann ist über 80?

Er sieht aus, als ob er gerade 60 Jahre alt geworden wäre. Natürlich helfen hier auch sein kurzer Haarschnitt und die modernen Jeans, die er trägt. Mich interessiert aber natürlich sein Zahnstatus – schließlich bin ich ja Zahnarzt.

Alle Zähne außer einem einzigen (der erste obere Backenzahn) sind noch vorhanden – kaum Füllungen oder Kronen. Die Messung des Zahnfleischstatus zeigt: straffes Zahnfleisch und keine Anzeichen einer Parodontose. Auch das angefertigte Röntgenbild zeigt keine Anzeichen von Knochenabbau oder irgendwelche anderen Auffälligkeiten.

Im Gespräch zeigt sich, dass er in seinem Leben hinsichtlich seiner Gesundheit wohl ein paar richtige Entscheidungen getroffen hat, wie z.B. frühzeitige zahnärztliche Prophylaxe, gute Ernährung und kaum Risikofaktoren (wie Übergewicht oder Rauchen). Aber natürlich hatte er auch Glück, einen Zahnarzt gefunden zu haben, der vorausschauend arbeitete.

So erzählt er, dass ihm sein Zahnarzt im Jahre 1990 zu einem damals noch sehr neuartigen Zahnimplantat geraten hat, als er den oberen rechten Backenzahn aufgrund eines zu heftigen Bisses auf einen Kern im Zwetschgenkuchen verloren hatte.

Das war für die damalige Zeit zwar etwas wagemutig, aber hat seine Nachbarzähne vor dem Abschleifen gerettet (dazu mehr im Kapitel: »Hilfe, mein Zahnarzt will mir ein Loch in den Knochen bohren!«). Denn wenn eine Zahnbrücke hergestellt wird, müssen die gesunden Nachbarzähne sehr stark abgeschliffen werden. Das kann natürlich dafür sorgen, dass eigentlich gesunde Zähne über die Jahre auch Probleme bekommen – wie z.B. Karies an den Kronenrändern der Zahnbrückenkonstruktion (dazu mehr im Kapitel: »Hast ’ne Lücke, kriegst ’ne Brücke – ich brauche Zahnersatz!«).

Er erzählte auch, dass sein damaliger Zahnarzt schon sehr früh auf Prophylaxe geachtet hat – so wurde ihm fluoridhaltige Zahnpasta und eine halbjährliche professionelle Zahnreinigung empfohlen. Insbesondere bei fluoridhaltiger Zahnpasta sind sich heute fast alle Experten einig, dass das Risiko für Karies extrem gesenkt werden kann (aber dazu mehr im Kapitel »Zahnbürste, Zahnseide, Zwischenraumbürste«).

Auf der anderen Seite hatte er auch einfach etwas Glück. Eine günstige Zusammensetzung seines Speichels und eine Widerstandsfähigkeit gegenüber Parodontose hatte er wohl auf genetischem Wege mitbekommen.

Erfreut fahre ich den Zahnarztstuhl wieder hoch und sage dem Patienten, dass die Chance sehr hoch ist, dass er weiterhin mit gesunden Zähnen sein Schnitzel essen wird.

Zwei Stunden später hat eine andere Patientin einen Termin. Ähnliches Alter wie der Patient von eben, jedoch eine komplett andere Erscheinung. Etwas übergewichtig kommt sie auf Krücken in die Zahnarztpraxis und unser Fragebogen reicht kaum aus, um ihre ganzen Vorerkrankungen aufzunehmen.

Ich begrüße sie freundlich und komme mit ihr ins Gespräch. Ganz anders als beim vorigen Patienten dreht sich bei ihr alles um ihre Krankheiten und darum, wie schlecht es ihr geht. Mir fällt sofort auf: Die Lebenseinstellungen sind komplett unterschiedlich. Der Blick in den Mund zeigt: viele Zahnbeläge, starke Parodontose und einige Zähne, die ich wahrscheinlich nicht retten kann (hierzu mehr im Kapitel: »Puh, wie das riecht!«).

Im Gespräch mit der Patientin finde ich heraus, dass sie nie über Prophylaxe aufgeklärt wurde und nur zum Zahnarzt gegangen ist, wenn etwas wehgetan hat. Auch über die Wichtigkeit richtiger Ernährung und körperlicher Bewegung wurde sie durch ihren Hausarzt und Zahnarzt nie aufgeklärt.

Was unterscheidet also diese beiden gleichaltrigen Patienten und was möchte ich Ihnen mit diesen beiden Geschichten sagen? Natürlich wird hier jeder sagen: Ist doch klar! Positive Lebenseinstellung bei dem einen, eher negative Lebenseinstellung bei der anderen. Aktiver Lebensstil bei dem einen, Bewegungsarmut und Übergewicht bei der anderen.

Aber warum sollte sich das auch an den Zähnen zeigen? Nun, der Mund ist der Anfang vom Darm und ein Spiegel des Körpers. Die isolierte Betrachtung der Mundhöhle, die lange betrieben wurde, entspricht nicht mehr dem heutigen Wissensstand.

Früher waren in der Zahnmedizin der perfekt sitzende Zahnkronenabschluss und der auf den letzten Mikrometer eingestellte Biss am wichtigsten, heute wissen wir, dass der körperliche Lifestyle (und damit meine ich nicht die eng sitzenden Jeans) eines Patienten ganz entscheidend in die Zahngesundheit hineinspielt.

Vielleicht wundern Sie sich jetzt, denn Ihr Zahnarzt hat Ihnen immer gesagt: Wer seine Zähne gut putzt, kriegt keine Probleme. Oder, ein anderer sehr beliebter Spruch: »Ein sauberer Zahn wird nicht krank!« Das ist nicht falsch, aber eben nur ein Stück der Torte.

Sie werden mir natürlich zu Recht entgegnen: Wenn ich ab heute meine Zähne nicht mehr putze, werde ich sicherlich mehr Probleme bekommen als jemand, der zweimal täglich seine Zähne reinigt. Hierzu gibt es ein berühmtes Experiment einer schwedischen Forschergruppe. Sie haben Zahnmedizinstudenten sieben Tage lang nicht mehr ihre Zähne putzen lassen. Was ist passiert? Die meisten Probanden zeigten starke Zahnfleischentzündungen. Sobald sie wieder mit dem Zähneputzen angefangen hatten, waren alle Symptome weg.

Also Kommando zurück? Wer gut putzt, wird niemals Probleme bekommen und kann gerne jeden Tag einen Doppel Whopper verschlingen und eine Packung Zigaretten rauchen?

Nicht ganz. Denn wenn man mit Zahnärzten spricht, fällt Folgendes auf: Die Zahngesundheit hat nicht nur etwas mit wenig Süßigkeiten und zweimal täglich Zähneputzen zu tun. Gerade in den letzten zehn bis 20 Jahren wird uns mehr und mehr klar: Die Erkrankungen der Zähne (wie z.B. Karies und Parodontose) sind multifaktoriell – also von verschiedenen erworbenen (durch die Umwelt bedingt) und angeborenen (z.B. genetische Empfänglichkeiten) Faktoren geprägt. Und das perfekte Wienern der Zähne ist eben nur ein Aspekt davon – zugegebenermaßen ein wichtiger.

Eine der ersten Studien, die dies nachgewiesen hat, wurde auch von schwedischen Forschern durchgeführt. Die Forschergruppe wollte untersuchen, ob Parodontose (also die Erkrankung des Zahnfleisches) unter gleichen Bedingungen auch gleichmäßig in der Bevölkerung verteilt sei. Die Gruppe bereiste also Sri Lanka und untersuchte Plantagenarbeiter, die keinen Zugang zu zahnmedizinischer Behandlung oder Prophylaxe hatten und auch keine eigene Mundhygiene betrieben; zusätzlich kauten sie ständig auf Tabak herum.

Die Ergebnisse des Forscherteams waren durchaus überraschend: Natürlich waren die Zähne aller Teearbeiter mit Zahnbelägen übersät und eine oberflächliche Zahnfleischentzündung konnte bei praktisch allen Probanden festgestellt werden.

Aber nur bei ca. 8 % aller Probanden war eine wirklich schwere Parodontose mit schnellem Verlauf festzustellen. 81 % zeigten ein eher langsames Fortschreiten der Parodontose und – man höre und staune – 11 % der Probanden zeigten keinerlei Anzeichen einer Parodontose. Das klingt nun einerseits nicht unbedingt erfreulich – legt aber andererseits doch ganz klar den Schluss nahe: Zähneputzen ist wichtig, aber eben auch nicht alles, um seine Zähne bis ins hohe Alter zu erhalten!

Es spielen also viele Faktoren eine Rolle, um gesunde und starke Zähne lebenslang zu erhalten. Und die tolle Nachricht ist, vieles können Sie selber beeinflussen. Deswegen habe ich dieses Buch geschrieben!

Inhaltsverzeichnis

Teil 2Der junge Zahn – es tut sich etwas im Kiefer

1.Milchzähne egal, weil sowieso bald weg?

Kinder sind das Schönste auf der Welt – sagte schon meine Oma. Das stimmt, aber auf ein paar Sorgen als Papa hätte ich schon verzichten können. So kam zum Beispiel letzthin eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter zu mir in die Praxis. Nele ist vier Jahre alt, begrüßt mich mit einem strahlenden Lächeln, aber ihre Mutter ist völlig entsetzt. Gestern beim Zähneputzen hat sie entdeckt, dass der Milch-Backenzahn links unten auf der Kaufläche ganz braun ist. Nele sagt sogar, der Zahn sei scharfkantig.

Hat Nele ein großes Kariesloch und muss im schlimmsten Fall vielleicht sogar der Milchzahn gezogen werden? Oder ist es nur eine bräunliche Verfärbung der Grübchen, die manchmal bei Milchzähnen vorkommen kann? Oder hat Nele doch diese neue unaussprechliche Zahnerkrankung, die landläufig als »Kreidezahn« bezeichnet wird? Nele grinst mich trotzdem an und freut sich auf die Behandlung – oder vielleicht auch nur auf das Wühlen in der obligatorischen Geschenkekiste nach dem Termin. Nach einer kurzen Kontrolle wird mir klar: Nele hat wirklich einen Kreidezahn und leidet – wie es wissenschaftlich heißt – an Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH).

Das ist leider nicht die einzige Sorge, die Eltern oder Großeltern mit den Milchzähnen der Kinder und Enkelkinder treffen kann. Was ist z.B. nach einem Sturzflug vom Klettergerüst, wenn der Zahn plötzlich einige Millimeter tiefer im Kiefer sitzt und sich dann nach einigen Wochen dunkel verfärbt? Oder bei ganz alltäglichen Fragestellungen: Ist es okay, wenn Kinder die nach Gummibärchen schmeckende Zahnpasta wie Eis am Stiel vernaschen? Welche Zahnpasta sollte denn ab welchem Alter überhaupt verwendet werden? Und die Frage aller Fragen: Wie kriege ich denn, verdammt nochmal, den Mund bei meinem Kind auf, um die Zahnbürste an Ort und Stelle zu bekommen?

In diesem Kapitel erkläre ich Ihnen als Zahnarzt und Vater, was Sie über die Zähne Ihres Kindes wissen sollten, wann sie durchbrechen, wie lange sie erhalten bleiben und welche Probleme es geben kann.

Eine kurze Anatomiestunde

Anatomie war im Studium nicht gerade mein Lieblingsfach, aber es ist Wissen, mit dem ich bis heute im Freundeskreis bei mancher besorgten Mutter ziemlich punkten kann.

Daher sicherlich nicht schlecht zu wissen: Milchzähne bestehen, wie bleibende Zähne auch, aus einem Zahnnerv, der vom Zahnbein umgeben ist. Der Zahn steckt mit seiner Zahnwurzel im Kieferknochen und aus dem Zahnfleisch schaut die Zahnkrone heraus. Milchzähne, genauso wie bleibende Zähne, bestehen aus drei Teilen. Das Zahnbein ist hierbei das Gerüst und wird im Zahnkronenbereich (also im »sichtbaren« Bereich über dem Zahnfleisch) vom Zahnschmelz und im nicht sichtbaren Bereich unterhalb des Zahnfleisches vom Zahnzement überdeckt. Bei Milchzähnen ist im Unterschied zu bleibenden Zähnen die Zahnschmelz-Schutzschicht viel dünner und die Zähne stehen enger beieinander. Diese Unterschiede machen Milchzähne für Karies anfälliger als bleibende Zähne und auch das Verankern von Zahnfüllungen schwieriger – also beides ein Grund, gut auf die Milchzähnchen aufzupassen!

Wenn Sie sich jetzt denken, dass Milchzähne ja sowieso bald ausfallen, möchte ich Ihnen sagen, dass Milchzähne neben einer wichtigen Platzhalterfunktion für die bleibenden Zähne auch extrem wichtig für die Kiefer- und Sprachentwicklung Ihres Kindes sind. Versuchen Sie mal, ohne vorderen Schneidezahn eine neue Sprache zu lernen.