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Es kam aus dem Nichts! Esteban Luis Grieb war keine 20 Jahre alt, als er immer mehr die Kontrolle über seinen Körper verlor. Bis zur Diagnose »Friedreich-Ataxie« war es ein langer Weg. Die Krankheit äußerte sich in Störungen des Nerven- und Bewegungssystems, sie zwang ihn schließlich in den Rollstuhl. Der Autor beschreibt sehr persönlich, authentisch und lebensbejahend seinen Alltag, die Höhen und Tiefen der vergangenen zwanzig Jahre. Er schildert den oft schwierigen Kampf mit der Krankheit, verzagt jedoch nie. Kraft geben ihm seine geliebten Reisen und der Sport. Er erzielte Erfolge im Behindertensport und organisiert seit 1999 das 3x3-Basketballturnier in Steyr. Seine Botschaft lautet: Bewegung ist Leben! Nie aufgeben! Esteban Luis Grieb kennt »beide Seiten« und macht sich für mehr Verständnis und einen unverkrampften Umgang mit beeinträchtigten Menschen stark. Eine Lebensgeschichte, die beeindruckt und Mut macht!
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Seitenzahl: 258
Veröffentlichungsjahr: 2017
Esteban Luis Grieb
AUFGEBEN, WAS IST DAS?
Mein Leben mit der unheilbaren Friedreich-Ataxie
ENNSTHALER VERLAG STEYR
www.ennsthaler.at
ISBN 978-3-7095-0074-3
Esteban Luis Grieb · Aufgeben, was ist das?
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2017 Ennsthaler Verlag, Steyr
Ennsthaler Gesellschaft m.b.H. & Co KG, 4400 Steyr, Österreich
Umschlaggestaltung und Satz: Thomas Traxl, Ennsthaler Verlag, Steyr
Titelfoto: © chones / Fotolia.com, © Sergey Nivens / Fotolia.com
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
DANKE für die Kraft und Ausdauer!
DANKE Ma, das habe ich sicher von Dir …
Cover
Titel
Impressum
Danksagung
Vorwort
Meine Kindheit und Jugend
1995 – Die Fragezeichen werden größer
1996 – Ich bin total verliebt
1997 – Nie mehr Schule
1998 – Bald hatte ich Gewissheit
1999 – Nun weiß ich, was los ist
2000 – Ich teste mich in New York City
2001 – Ein ereignisreiches Jahr
2002 – Der Rollstuhl kommt ins Spiel
2003 – Noch so ein Schicksalsschlag
2004 – Neue Sichtweisen
2005 – Auf zu meinen Wurzeln
2006 – Energie, Kraft, Ausdauer
2007 – Sport ist auf keinen Fall Mord
2008 – Ständig auf Achse
2009 – London, meine Hauptstadt
2010 – Studie in Innsbruck
2011 – Buenos Aires mal anders
2012 – Mein Leben wird lebenswerter
2013 – Anpassung ist das halbe Leben
2014 – Unsere Basketballparty
2015 – Ich erfülle mir einen Lebenstraum
Unverzichtbare Begleiter in meinem Leben: Musik und Freizeit
Unser Basketballplatz am Resthof
Beeinträchtigung – Behinderung
Finale
Dank
Das will ich Dir noch mitgeben!
Über den Autor
Weiters erschienen
»Hey, Stüfi (mein Spitzname, Anm.), was ist los? Was hat es?« – Wow, das wäre toll gewesen, wenn mich irgendjemand mal so angeredet hätte. Das war mein Wunschdenken und es wäre so einfach gewesen, aber niemand traut sich – auch heute noch – zu fragen, was los ist. Die Hemmungen bei vielen Mitmenschen sind groß und treiben einen Keil in diese Beziehung. Ist unsere höfliche Umgangsform der Grund? – Wieso bist du im Rollstuhl? Was ist passiert? Hattest du einen Unfall?
Ich rede über meine Krankheit und habe kein Problem, mich meiner neuen Lebenssituation zu stellen, im Gegensatz zu manch anderen in unserer Gesellschaft, die nichts von derartigen Problemen wissen wollen. Die meisten Leute, die fragen, was es habe, erkundigen sich mit sehr viel Respekt und Angst, oder auch, wenn sie das eine oder andere Glas zu viel haben: »Entschuldige, darf ich wissen, was mit dir passiert ist?«
Ich antworte natürlich darauf und beginne dann mit der Geschichte meiner Beeinträchtigung. Natürlich kann ich mich auch in die Situation des Nichtbehinderten versetzen, ich war ja jahrelang selbst ein nicht eingeschränkter Mensch. Nur: Ich verstehe die Zurückhaltung vieler Menschen nicht, die mir zum Teil sogar sehr nahestehen, sich zu erkundigen, was mit mir los ist! Ich war nie so.
Das Leben ist nicht nur schön und makellos, man kann nicht ewig durch die rosarote Brille starren, nein, Schicksale, Krankheiten, negative Umstände gehören auch dazu. Viele Menschen verdrängen derart Negatives und reden nicht darüber, auch wenn sie im Endeffekt unter diesen Angelegenheiten leiden.
Damit ihr gleich über mein Schicksal, die Friedreich-Ataxie (später dann im Buch mit FA abgekürzt), Bescheid wisst, möchte ich euch in das allgemeine Krankheitsbild einführen und erzählen, wie der Verlauf bei mir aussah.
Die FA ist eine vererbte, langsam schlechter werdende, fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems, die von Kleinhirn und Rückenmark ausgeht. Die FA kann etliche Generationen überspringen. Die Merkmale und Symptome können über Jahre hinweg gleichbleibend stabil sein. Sie betreffen viele neurologische Funktionen (alles was mit den Nerven zu tun hat), aber auch orthopädische (Stütz- und Bewegungsapparat, Knochen, Gelenke, Muskeln, Sehnen) und kardiologische (das Herz betreffend).
Die FA stellt sich bei jedem Erkrankten anders dar, egal ob Frau oder Mann. Das heißt, die Symptome sind prinzipiell dieselben, doch bei dem einen tritt ein Gebrechen stärker in Erscheinung, beim anderen ein weiteres. Bei manchen bricht die FA früher aus, das heißt im Kindesalter, beim anderen später, hauptsächlich im spätpubertären Alter oder vor dem 25. Lebensjahr.
Im Durchschnitt befällt die Krankheit eines von 50.000 Neugeborenen. Es gibt also an die 2000 Erkrankte im deutschsprachigen Raum. Die genetischen Ursachen sind relativ schwer zu erklären, ich will nicht näher darauf eingehen. Kurz und bündig gesagt, sieht der Verlauf etwa so aus: Zuerst kann man sich noch auf den Beinen fortbewegen. Dann ist man auf den Rollstuhl angewiesen. Anfangs hat man noch die Möglichkeit, sich als aktiver Rolli-Fahrer durchzuschlagen. Mit der Zeit wird man allerdings zum passiven, bis man als Pflegefall endet. Daraus folgt, dass sich die Lebenserwartung verkürzt.
Bei mir war es so, dass die ersten Anzeichen bereits im Kindes- und frühen Jugendalter auftraten. Die Symptome waren neurologischer bzw. orthopädischer Natur, und zwar hatte ich so etwa ab zwölf Jahren leichte Probleme mit dem Gleichgewicht. Das heißt, auf einem Bein stehen war schwierig und es bildete sich ein Hohlfuß.
Die ersten wirklichen Auffälligkeiten, die auch von Außenstehenden erkannt wurden, beobachteten meine Eltern, wobei ihnen mein unsicherer, watschelnder Gang und meine ab und zu unkoordinierten Ausführungen gewisser Handlungen auffielen. Ich machte gelegentlich oder wenn ich schon etwas erschöpft war, einen Ausfallschritt beim Gehen, um meinen Gang zu korrigieren. Dieser Schritt war für sie ungewöhnlich, nicht aber für mich, denn ich bemerkte es gar nicht.
Was ihnen weiter auffiel war, dass ich mir zum Beispiel beim Anziehen einer Jacke oder beim Binden der Schuhbänder schwerer tat als früher. Ich selbst erkannte mit 18, 19, dass irgendetwas nicht stimmte, denn beim Sport, den ich oft betrieb, insbesondere beim Basketball, meiner großen Liebe, wurde ich immer schneller müde. Mich verließ vermehrt die Kraft und ich wurde zunehmend unkoordiniert, das heißt, ich tat mir schwer, den Ball zu fangen und zeitgleich mit dem Körper das Richtige zu tun. Meine körperlichen Leistungen nahmen ab und das Zusammenspiel von Körper und Geist funktionierte immer schlechter. Weitere Einschränkungen stellte ich bei allem Feinmotorischen fest. War es schreiben, tippen oder beispielsweise mit dem Schraubenzieher arbeiten. Diese Dinge wurden für mich immer schwieriger. Mein Körper tat nicht mehr das, was ich wollte. Langsam verließ mich auch das Gefühl in den Armen und Beinen, zuerst in den unteren Extremitäten, denn man ist ja ständig auf den Beinen unterwegs.
Kurz vor der Diagnose, als ich mittlerweile keinen anstrengenden Sport mehr betrieb, dachte ein Internist, ich hätte einen Herzinfarkt gehabt. Doch dies war ein Fehlalarm und nur ein weiteres Merkmal der nicht erkannten FA.
Nach der Feststellung meiner Krankheit kamen mit der Zeit weitere Symptome dazu und die vorhandenen verschlechterten sich. Wobei einige Beschwerden in meinem Fall über ein, zwei Jahre stagnierten.
Als ich schon den Rolli benutzte, weil die Muskeln in meinen Beinen immer schwächer wurden, das Gefühl und das Zusammenspiel schwanden, kamen zusätzlich noch folgende Beschwerden dazu: Entleerungsstörungen der Harnblase, Eigenspannungen, das heißt Spasmen der Muskeln – dadurch wurden meine Bewegungen unsicherer und zittriger, Schluckbeschwerden, Sprechstörungen (meine Stimme wurde leiser und undeutlicher) und weitere Verformungen des Bewegungsapparats, vor allem in den Sprunggelenken und Händen. Auch die langsame Verkrümmung der Wirbelsäule und damit verbunden eine Rumpfinstabilität folgten. Überdies ließen mein Hör- und Sehvermögen nach. Und all das wird sich noch weiter verschlimmern.
Nun ja, damit habe ich zu leben. Hört sich extrem und schrecklich an, aber mein Leben ist für mich die Herausforderung Nummer eins. Und ich nehme sie an, kämpfe und mache, so wie man sollte, denke ich, das Beste daraus!
Es begann alles am 15. Februar 1976 um 15.40 Uhr in einem bescheidenen Krankenhaus in der Millionenstadt und Hauptstadt Argentiniens, Buenos Aires. An meinem Geburtstag hatte es weit über 35 Grad Celsius im Schatten, was selbst dort für den Spätsommer ungewöhnlich hoch war. Ich war das erste Kind meiner Eltern, der erste Neffe väterlicherseits und die Eltern meines Vaters wurden durch meine Geburt zum ersten Mal Großeltern.
Meine Eltern sind beide gebürtige Argentinier, mein Vater hat allerdings seine Wurzeln in Österreich, da seine Eltern gebürtige Österreicher waren. Die Familie meiner Mutter, also meine Großeltern, Tante, Onkel, Cousinen und Cousins waren und sind allesamt Argentinier.
Wir lebten zuerst bei meiner Oma mütterlicherseits, die ein Haus neben einer der längsten Hauptstraßen der Welt, der Avenida Rivadavia, mitten in Buenos Aires besaß. Meine Mutter bekam bald einen Job und wir übersiedelten in den Wohnort meiner Großeltern väterlicherseits nach Carapachay – Vicente Lopez, einen Vorort nördlich von Buenos Aires, da diese Oma im Gegensatz zur anderen Zeit hatte, um auf mich aufzupassen.
Als meine Mutter einige Monate später zu meinem Bruder Sebastian schwanger war und in Karenz ging, zogen wir zurück ins Zentrum der Millionenstadt. Meine Großeltern väterlicherseits zogen wieder nach Österreich, da die wirtschaftliche und politische Situation in Argentinien damals sehr angespannt war.
Im April 1978 folgten wir den Eltern meines Vaters, denn im Süden war das Leben nicht mehr sicher und wir Kinder würden in Österreich eine weitaus gefahrlosere Zukunft haben. Ich war zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre alt, mein Bruder um ein Jahr jünger.
Neues Zuhause in Österreich
Wir bezogen eine ältere Wohnung am Wieserfeldplatz in Steyr, die wir dank meiner Großeltern gleich erhalten hatten, und warteten, bis das Mehrfamilienhaus am Resthof, in dem wir dann endgültig unser Zuhause fanden, fertig gebaut war. Nach einigen Monaten zogen wir dort ein.
Der Resthof war der nördlichste und damals neueste Stadtteil von Steyr. Er entstand 1971 auf einem ehemaligen landwirtschaftlich genutzten Areal mit einem markanten Vierkanthof im Zentrum, dem namensgebenden Resthof. Steyr, als große Industriestadt, war schon zwei Mal davor Schauplatz von Großsiedlungsprojekten gewesen: die Arbeiterwohnungen im Wehrgraben, erbaut vom Industriellen Josef Werndl, und der Stadtteil Münichholz, errichtet durch die Nationalsozialisten vor und während des Zweiten Weltkriegs.
Der Resthof war eines der größten Wohnbauprojekte in Oberösterreich zu dieser Zeit. Tausende Wohnungen entstanden in den folgenden zwei Jahrzehnten und das Areal wurde – trotz Plattenbau und mit all den Schwierigkeiten, die eine so dichte Bebauung mit sich bringt – ein wirklich schönes und grünes Stück Steyr.
Mein Vater begann schon vor dem Umzug innerhalb Steyrs mit einer Arbeit in der Nähe unserer neuen Wohnsiedlung. Das Problem war, dass er zwar auf Deutsch alles verstand, da er die Sprache auch von seinen Eltern in Argentinien gehört hatte, doch musste er erst lernen, selbst Deutsch zu sprechen. Für meine Mutter war alles komplettes Neuland. Sie blieb mit meinem Bruder und mir zu Hause, sorgte für uns, spielte mit uns und redete mit uns Spanisch. Zu dieser Zeit war sie die einzige ausschließlich Spanisch sprechende Frau am Resthof, im Gegensatz zu heute. Für uns kleine Kids war es relativ einfach, etwas Deutsch zu lernen, da wir oft Zeichentrickfilme sahen, damals noch auf einem Schwarz-Weiß-Fernseher, oder auf dem gleich neben unserer Wohnung gelegenen Spielplatz mit anderen Kindern spielten und so Deutsch hörten und es rasch lernten. Besser lernte ich es dann etwas später im Kindergarten, den ich auch am Resthof besuchte. Dort war ich fünf Tage in der Woche mit der für mich neuen Sprache konfrontiert. So eigneten sich mein Bruder Basti und ich eine Zweisprachigkeit an, denn zu Hause wurde ausnahmslos Spanisch gesprochen.
Sobald wir die Haustür hinter uns ließen, redeten wir mit unseren Freunden und der Außenwelt Deutsch. Im Lauf der Zeit, als dann auch meine Mutter etwas von der neuen Sprache verstand und Bruchteile reden konnte, entwickelten wir als Familie untereinander unsere spanisch-deutsche »Mixsprache«. Wir unterhielten uns grundsätzlich auf Spanisch, doch kamen auch deutsche Wörter in unseren Sätzen vor. Das hat sich bis heute nicht geändert und viele Leute und Freunde, die das hören, müssen darüber lachen und verstehen nur die Hälfte. Für unsere Familie ist das normal und unser eigener Weg, uns zu unterhalten.
Mein Vater, ein erfolgreicher Behindertensportler
Mein Vater war damals ein recht engagierter Behindertensportler. Er, genauso wie meine Mutter, hatte in jungen Jahren Kinderlähmung, die damals leider Gottes in Argentinien sehr verbreitet war. Aber beide ließen sich nicht unterkriegen, kämpften und Vater konnte sich sehr für Sport begeistern. Mein Dad war ein Weltklasse-Rollstuhl-Basketballer, wurde er doch mit Argentinien Weltmeister, und so suchte sein Vater bereits bei unserer Ankunft in unserem neuen Heimatland einen Behindertenverein für ihn, der Basketball anbot.
Mein Vater trainierte und spielte in Linz und wir kleinen Kinder und natürlich meine Mutter begleiteten ihn ständig. Es begann für uns eine schöne Zeit, in der wir dank meines sportbegeisterten Vaters in vielen Teilen Österreichs und Europas unterwegs waren.
Unser erster großer Familienausflug war eine Reise nach Tirol, wo wir viele neue Freunde meines Vaters kennenlernten und er an einem Basketballturnier teilnahm. Wenig später fuhr unsere komplette Familie zu den Olympischen Spielen der Behinderten, den Paralympics, nach Holland, wo mein Dad noch für Argentinien startete und neben Basketball auch am Diskus- und Kugelstoßbewerb teilnahm. Wir fuhren überall als seine Fans mit und so sah ich schon in meiner Kindheit viele andere Länder.
Eine dieser Reisen war sehr umfangreich, denn sie führte uns zu zwei Basketballturnieren nach Deutschland, dann ging es weiter nach Belgien und schließlich konnte ich zum ersten Mal in meinem Leben mit der Fähre unterwegs sein, denn es ging nach Schweden. Diese große Rundfahrt durch Teile Europas machten wir mit unserem Privatauto. Bei diesen Fahrten hatte ich immer einen Autoatlas dabei und verfolgte die Route, denn ich wollte von klein auf wissen, wo ich mich gerade befand. In welcher Stadt, Kirche oder über welchen Fluss wir fuhren. Mich interessierte das sehr und ich teilte dann meinen Eltern immer mit, wo wir uns gerade aufhielten. Ich schätze, deswegen kann ich mich auch jetzt relativ gut orientieren und finde mich schnell wo zurecht, egal wo ich bin.
Als mein Dad einmal von einer Sportveranstaltung aus England heimkam, beschenkte er meinen Bruder und mich mit einem besonderen Spielzeug, und zwar »Masters of the Universe«-Action-Figuren, die uns total faszinierten. Wir spielten jeden Tag mit diesen »Puppen«. Wir waren so begeistert, dass wir uns immer mehr Figuren wünschten. Als wir auch einmal nach England kamen, durften wir uns welche aussuchen, weil sie dort günstiger waren. Die Figuren waren Spielzeug Nummer eins von meinem Bruder Basti und mir. Wir waren so vernarrt, dass wir sogar etwas zu diesen Figuren erfanden. Wir erschufen »Masters-Fußball«, wobei wir zwei selbst gebaute Tore mit Netzen aufstellten und mit einer Murmel und jeweils drei Masters von den Guten und von den Bösen spielten. Zwei Masters lagen einfach im Tor und wurden bei Bedarf, wie beim Tischfußball, in die Hand genommen. Wir zwei hatten jeder einen guten und einen bösen Spieler in den Händen. Wir amüsierten uns in unserer Freizeit köstlich mit dem selbst erfundenen Spiel. Wir fertigten für die Figuren Spieldressen aus alten Leintüchern, die uns unsere Mutter spendete, hatten eine Sitzplatztribüne für die anderen Masters-Figuren und bastelten sogar Planen mit Werbung, die unsere Spielfeldbegrenzung waren. Unvergesslich, diese Kinderzeit für uns mit den Action-Figuren!
Zuwachs in der Familie
Im März 1982 wurde unsere Familie größer. Solange kam auf die Welt und nun hatte ich neben meinem Bruder Basti auch noch eine kleine Schwester. Schön war das! An viel aus ihrer Babyzeit kann ich mich, ehrlich gesagt, nicht mehr erinnern, nur dass sie einen Schnuller hatte, der wie ein Spiegelei aussah, mit einem orangegelben Mittelteil und einem weißen Schild. Sie wollte ihn immer zum Beruhigen oder Einschlafen haben. Keine Ahnung, wie das ging, aber sie brachte es zusammen, dass, wenn ihr Kopf zur Seite gedreht war, der Schnuller auf ihrer Wange liegen blieb. Haha, cool! Es war ein Bild für Götter, das mir gut in Erinnerung geblieben ist.
Ich kann mich auch noch bruchstückhaft daran erinnern, als wir Familienbesuch aus Argentinien bekamen. Damals war es eine halbe Weltreise von dort nach Europa, sehr teuer und aufwendig. Zuerst kam meine Tante, die Schwester meines Vaters, mit ihrer Familie. Ihnen gefiel es sehr bei uns in Österreich, sodass sie einige Jahre später beschlossen, hierherzuziehen. Einige Monate darauf verbrachte die Mutter meiner Mutter drei Monate bei uns. Es war toll für sie, denke ich, denn sie sah, wie wir hier in Österreich lebten, und hatte zum ersten Mal einen Vergleich zu Argentinien.
Kurze Zeit darauf begann ich mit der Volksschule, und zwar im Stadtteil Tabor, ungefähr zehn Minuten mit dem Schulautobus vom Resthof entfernt. Ich war bereits meinem Alter entsprechend der deutschen Sprache mächtig. In der Schule lernte ich viele neue Kinder kennen, und einige bekannte Gesichter waren auch dabei, die so wie ich aus unserem Viertel kamen. Wenn ich zurückblicke, sind bei mir nur kurze Auszüge aus dieser Zeit hängen geblieben, und diese spielten sich meistens beim Turnunterricht, auf Wandertagen oder bei einer Schulwoche ab. Das wiederum sind herrliche Erinnerungen, da auch eine gute Freundin dabei war. Sie wohnte im selben Hof wie wir und ich sah sie täglich in der Schule. Meine erste Liebe. Haha, ich hatte sie sehr gern und wollte sie möglichst oft sehen. Immerhin verbrachte ich mit ihr den Großteil der Schulwoche.
Als mein Bruder ein Jahr später auch in die Volksschule kam und wir beide uns sehr sportbegeistert zeigten, ließ sich mein Großvater etwas einfallen. Mein Bruder und ich übten fast jeden Tag in unserem Hof eine Sportart aus. Sei es mit Freunden zwischen den Betonmistkübeln Fußballspielen oder Tischtennisspielen bis hin zu Federballspielen mit unseren Nachbarn. Wir waren ständig aktiv! Irgendwie kein Wunder bei einer so sportinteressierten Familie und einem super Vorbild wie meinem Vater.
Als Schüler zu SK Vorwärts Steyr
Opa brachte uns, als ich sieben Jahre war, zum damals bekanntesten Fußballverein in Steyr, und so begann meine sportliche Laufbahn beim SK Vorwärts Steyr. Der Fußballklub spielte damals in der zweithöchsten österreichischen Liga und war in unserer Region sehr angesehen. Ich weiß noch genau: Unser erstes Training hatten wir hinter der heutigen Stehplatztribüne – auf einem Bolzplatz aus Sand, wo alle Nachwuchsmannschaften trainierten und es an trockenen Tagen sehr staubte.
An diesem Tag begann für mich eine unvergesslich schöne Zeit mit meinem neuen »Freund«, dem SKV. Danke, Opa! Zur Regelmäßigkeit der Schule kam jetzt auch die Regelmäßigkeit der Trainingseinheiten und von Spielen oder Turnieren an Wochenenden. Echt toll, wir hatten viel Spaß und waren ausgelastet!
Zu Beginn gewannen wir eigentlich alle Spiele und ich konnte mich fast bei jedem Spiel in die Torschützenliste eintragen, da ich als Stürmer aufgestellt war. Doch gegen ein Team war nie etwas zu holen. Wir verloren jedes Match gegen den SV Garsten, und dies nur aus einem Grund. Der Grund trug einen Namen: Ronald Brunmayr. Ronald, für uns Ronny, war mit Abstand das größte Fußballtalent zu meiner Zeit in Steyr und Umgebung. Egal ob wir gegen den SV Garsten zwei oder drei Tore erzielten, die Antwort hatte immer Ronny bereit. Wenn es sein musste, zerbombte er uns im Alleingang und schoss um die fünf Tore. Wir hatten keine Chance, ihn irgendwie in den Griff zu bekommen. Aber nicht nur wir waren seine Opfer, in den folgenden Jahren zerlegte er auch so manche Defensivreihe im Sololauf. Egal ob mit dem SKV oder dem FC Linz in seiner Jugend. Er wurde dann Profi und seine Karriere startete in Linz, gefolgt von Engagements beim FK Austria Wien, dem SV Ried und Grazer AK, wo er seine Karrierehöhepunkte setzte; mit dem GAK wurde er österreichischer Cupsieger. Persönliche Erfolge waren die Torjägerkrone in der österreichischen Fußball-Bundesliga, die Wahl zum Spieler des Jahres und die Einberufung ins Nationalteam. Weiters folgten für ihn Stationen beim SK Sturm Graz, wieder SV Ried, FC Kärnten und FC Pasching. Alles klingende Namen in der heimischen Fußballszene. Wir verloren damals sozusagen nicht zu Unrecht gegen seine Mannschaft, gegen dieses Talent war halt kein Kraut gewachsen.
Mit Ronny, der ein Jahr älter war als ich, konnte ich aber auch einige Zeit als Mannschaftskollege und Stürmerpartner verbringen. Zuerst im Bundesrealgymnasium Steyr, das ich nach der Volksschule besuchte, und später in der Handelsakademie Steyr. Im Gymnasium war unsere Schulmannschaft relativ erfolgreich, im ersten Jahr mit Ronny. Ich kann mich noch gut an ein Achtelfinalspiel gegen Marchtrenk erinnern. Wir stellten die Gastmannschaft und gewannen klar mit 10:0. Vier Tore erzielte mein Stürmerpartner Ronny und drei Mal konnte ich mich in die Torschützenliste eintragen. Dieses Spiel war ein Highlight in meiner fußballerischen Laufbahn. Wenn ich die Augen schließe, kann ich heute noch sehen, wie ich in diesem Spiel ein Tor erziele, und zwar nach einem Zuspiel von Ronny, mit meinem schwächeren linken Fuß.
Vor dieser Zeit in den Schulmannschaften schnupperten mein Bruder und ich für ungefähr ein Jahr in unserem Basketballverein in Steyr. Ich war damals etwa elf und wir hatten wegen meines Vaters ja immer schon einen Bezug zu Basketball. Mir gefiel es sehr, ins Training zu gehen, und zu dieser Zeit entstand meine Liebe zu diesem Sport, die bis heute andauert und von Jahr zu Jahr immer größer wurde.
Wir beide taten uns leicht, mit allen mitzuhalten, wir hatten definitiv das sportliche Talent unseres Vaters geerbt. Schon bald trainierten wir mit den Älteren, da wir sehr lernfähig waren. Die Turniere wurden immer an den Wochenenden ausgetragen. Unser Team bestand aus Mädchen und Burschen, dadurch hatten wir weniger Siege gegen reine Bubenmannschaften aus Linz und Wels zu verzeichnen. Aber egal, was am allerwichtigsten war: Wir hatten Vergnügen dabei und lernten viele neue Freunde kennen.
Eines Tages mussten wir uns für einen Vereinssport entscheiden, denn wir spielten nach wie vor Fußball und für meinen Vater war es verständlicherweise zu viel, uns täglich ins Training zu fahren. Er machte das grundsätzlich gerne und wir erhielten immer die hundertprozentige Unterstützung beider Elternteile für unsere Freizeitaktivitäten, doch wurde es zu anstrengend für ihn. Bei aller Liebe zum Basketball war bei meinem Bruder und mir schließlich die Liebe zum Fußball größer und wir entschieden uns für Vorwärts Steyr.
Ein Tor, das mir oft, wenn ich an meine Fußballkarriere denke, wie ein kurzer Filmstreifen durch den Kopf schwirrt, ist mein Tor gegen Admira Wacker bei einem Testspiel der U12 (unter 12-Jährigen) im Vorwärts-Stadion. Ich erinnere mich noch genau, es war ein Schuss aus circa 25 Metern aus halblinker Position. Mir kam es damals vor, als ob es weit über 40 Meter gewesen wären, so viel Kraft hatte ich in diesen Schuss gesteckt. Der Ball flog in hohem Bogen über dem Tormann, der logischerweise ziemlich klein war und auch relativ weit vor dem Tor stand, da er mit so einem Distanzschuss nicht rechnete, in die Maschen! Die Freude bei mir und meinen Mitspielern war riesengroß. Ich weiß noch, dass mich alle meine Teamkollegen ansprangen und dass ich unter ihnen verschwand. Keine Ahnung, warum ich mir ausgerechnet dieses Tor so gemerkt habe. Es war eigentlich ein unwichtiges Tor und nur eines von vielen. Unwichtig, weil es das 1:0 für uns war und wir dieses Spiel noch 1:5 verloren.
Den größten fußballerischen Erfolg konnten wir mit unserer Schülerligamannschaft des BRG Steyr feiern, und zwar in meinem zweiten und letzten Jahr in dieser Mannschaft, und das immerhin ohne Ronny. Man spielte in ganz Österreich in der Fußball-Schülerliga nur in den ersten beiden Klassen einer Allgemeinbildenden Höheren Schule oder Hauptschule.
Mein Bruder und ich standen in der Startelf unseres Teams im Spiel um Platz 3 der oberösterreichischen Meisterschaft. Wir spielten im großen Linzer Stadion vor vielen Schülern der teilnehmenden Schulen, die für dieses Spiel frei bekommen hatten, und wir gerieten mit 0:1 in Rückstand. Nach der Pause konnten wir das Spiel drehen und ein Klassenkollege von mir erzielte den 2:1 Siegestreffer. Wow, unvergesslich, wir freuten uns total und es war ein großer Moment für uns und die Schule!
Erste Krankheitssymptome
Zu dieser Zeit traten bei mir erste Symptome meiner Krankheit auf. Zwar mir noch weitgehend unbewusst, doch sportlich gesehen war ich nicht mehr so agil und schnell, eigentlich auch ungeschickter als zu Beginn meiner Fußballerlaufbahn. Wie erwähnt war ich am Anfang ein recht erfolgreicher Stürmer, doch sowohl in der Schülerligamannschaft als auch dann im Verein war ich Außenverteidiger, eine Position, die etwas »gemütlicher« war als im Sturm. Ich merkte schon, dass ich um einiges langsamer war als noch kurze Zeit zuvor, doch schenkte ich dem keine große Beachtung. Sicherlich dachte ich mir des Öfteren: »Schade, dass ich fast keine Tore mehr erziele!« Aber das war dann auch schon alles …
Neben dem Schulfußball gingen wir damals auch in eine Sporthalle Fußball spielen und eines Tages konnte ich plötzlich nicht vernünftig laufen. Meine beiden Oberschenkel waren verkrampft, brannten und die Muskeln hatten keine Power.
Ich konnte mich fast nicht bewegen und schon gar nicht laufen. Vielleicht waren diese Beschwerden erste Anzeichen der FA. Sie blieben mir in Erinnerung, denn davor und danach kamen sie so extrem nicht nochmals vor, und letztlich tat ich sie als nichtig ab.
Ein Olympiasieger aus Steyr
Im Herbst 1988 erlebte ich einen überwältigenden Moment in meiner Kindheit, es war zugleich der größte Erfolg meines Vaters in seiner Sportlaufbahn. Nach langer Vorbereitungszeit, in der mein Opa, mein Bruder und ich mit ihm trainierten, ging es für meinen Vater ab nach Seoul zu den Olympischen Spielen der Behinderten, den Paralympics. Er trainierte sehr viel und konzentrierte sich in erster Linie auf den Diskusbewerb in der Leichtathletik, nahm aber auch am Kugelstoßbewerb teil. Er war damals beim Diskuswurf einer der Weltbesten in seiner Kategorie, doch war ihm ein Konkurrent aus Australien bei allen großen internationalen Meisterschaften immer einen Schritt voraus. An diesem Wettbewerbstag Ende Oktober konnte ihm aber keiner das Wasser reichen. Er besiegte den Australier, wurde Olympiasieger und übertraf noch dazu den Weltrekord um über zwei Meter, was außergewöhnlich war. 30.000 Besucher jubelten ihm bei der Siegerehrung im Olympiastadion zu. Wir warteten damals sehnsüchtig auf einen Anruf aus Südkorea, da wir zu Hause geblieben waren.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich von der Schule heimkam und mir meine Mutter weinend vor Freude den Riesenerfolg mitteilte. Mein Bruder und ich freuten uns irrsinnig und bereiteten einen tollen Empfang mit selbst gezeichneten Plakaten vor. Wenige Tage darauf kam Vater zurück. Viele Leute gratulierten ihm zu seiner tollen Leistung, und wir hatten einen Olympiasieger im Haus. Mein Vater ist bis heute der einzige Olympiasieger aus Steyr und darauf bin ich als sein Sohn total stolz.
Von dieser erfolgreichen Reise nahm er uns Kids wiederum ein tolles Geschenk mit, das den Beginn des Computerzeitalters für uns bedeutete: eine Spielkonsole der ersten Generation, mit der wir ab diesem Zeitpunkt täglich in unserer Freizeit spielten, und auch heute noch tue ich das gelegentlich. Meine feinmotorische Leistung ist zwar eingeschränkter als früher, doch kann ich noch immer einige Spiele spielen, bei denen man zeitgerecht die Knöpfe der Steuerung drücken muss.
Zurück in die Vergangenheit und zu unseren Fußballaktivitäten. Bei einem Hallenturnier im Winter wurden wir von der U13 des SKV, denke ich, zu einem großen, internationalen Nachwuchsturnier nach Innsbruck eingeladen. Mein Bruder Basti war auch mit dabei und wie ich eine Stütze im Team.
Der Spitzname ist geblieben
Ich habe keinen blassen Schimmer mehr, wie wir bei dieser Veranstaltung abgeschnitten haben, doch an zwei Sachen kann ich mich noch sehr gut erinnern. Bei diesem Aufenthalt erhielt ich von einem Mannschaftskollegen einen Spitznamen, der mir bis heute geblieben ist. Er sagte zu mir: »Hey du, Stüfi!« Ich weiß nicht mehr, wieso er mich so nannte, aber seit damals sagt der Großteil meiner Bekannten »Stüfi« zu mir.
Ein absolutes Highlight war auch die dortige Station der Vier-Schanzen-Tournee, die wir besuchten. Abenteuerlich, wie sich die Athleten die steile Schanze herunterließen und dann flogen. Wir wurden Augenzeugen einer regelrechten Revolution im Skisprung. Ein Schwede gewann mit großem Vorsprung trotz Punkteabzügen, weil er der Einzige war, der mit dem V-Stil sprang. Alle anderen mühten sich mit dem traditionell bekannten Parallelstil ab. Ab dieser Saison übernahm der Skisprungsport diese neue Technik. Der V-Stil war geboren und ich war Zeuge!
Etwa zu dieser Zeit fiel meiner Mutter an mir das erste markante Symptom der FA auf, nämlich dass mein Oberkörper beim Gehen oder anderen Tätigkeiten leicht nach vorn gebogen war. Daraufhin schickte sie mich zu einem Orthopäden, der meine Wirbelsäule röntgen ließ. Dem Arzt fiel im Lendenwirbelbereich eine ganz leichte Skoliose, eine Verkrümmung der Wirbelsäule, auf.
Ich dachte mir nichts dabei und erzählte auch meinen Eltern nichts davon. Es war, im Nachhinein betrachtet, neben einem Hohlfuß eines der ersten körperlichen Anzeichen vor dem Ausbruch der FA. Aber, wie gesagt, zu dieser Zeit hatte ich sonst keine Probleme oder Beschwerden und ich sah mich daher auch nicht veranlasst, dem genauer nachzugehen oder mir irgendwelche Sorgen zu machen.
Im Gymnasium spielte ich Badminton, eine tolle Sportart, bei der Reaktion, Geschwindigkeit und vollste Konzentration gefragt waren. Da ich damals auch oft mit meinem Vater Tennis spielte, weil dies seine neue Lieblingssportart war und mein Bruder und ich seine Sparringspartner waren, hatte ich keine Umstellungsschwierigkeiten. Ich nahm auch an Badminton-Schulmeisterschaften teil und war einer der Besseren an unserer Schule, doch war mein Rückhandschlag dennoch nicht gut genug, um gegen andere geübte Spieler zu bestehen.
Heute denke ich mir, dass dies auch schon ein Zeichen meiner FA war, da das Zusammenspiel meiner Muskeln bei dieser Bewegung nicht passte. Oft verfehlte ich den nicht so schnell gespielten Federball, und noch schlimmer war es, wenn er schnell gespielt wurde. Dann hatte ich nicht den Hauch einer Chance, so schnell reagieren zu können. Mein Körper schaffte es nicht und spielte wortwörtlich nicht mit.
Immer mehr Krankheitssignale
Ich war kein guter Schüler und hatte so meine Probleme in dem einen oder anderen Fach im Gymnasium. Deshalb beschlossen meine Eltern, dass ich die letzte Pflichtschulstufe in der Hauptschule am Tabor machen sollte.
Ich wollte unbedingt einen guten Schulabschluss, bevor ich in eine höhere Schule weitergehen sollte. Erfreulicherweise war ich in der Hauptschule gleich ein guter Schüler und einer der Besten in Mathematik, damals sehr gut in der ersten Leistungsgruppe. Beim Turnunterricht machte ich einige neue »Entdeckungen«, dass körperlich nicht alles so funktionierte, wie ich es wollte.
Ich konnte keinen Handstand mehr machen und verzichtete auf alle Turnübungen, die ich in der Höhe machen sollte. Ich war mir unsicher und fühlte mich nicht wohl dabei. Damals dachte ich mir nichts weiter und sagte zu mir, so ist es halt und es ist nicht meine Sportart, wie zum Beispiel das Geräteturnen. Doch waren dies nur weitere Signale meiner Krankheit, weil ich alles, was Koordination und Zusammenspiel der Muskeln erforderte, nicht mehr zu tun vermochte.
In der Hauptschulzeit hatte ich meine erste ernst zu nehmende längere Beziehung. Ich war schwer verliebt und mit dem Mädchen über ein halbes Jahr lang ein Paar, was damals eine halbe Ewigkeit bedeutete. Die Mädchen wurden, ich denke wie bei fast jedem Burschen in diesem Alter, immer interessanter und deshalb folgte eine Beziehung der nächsten. Zwar nur für kurze Zeit und ohne sexuelle Kontakte, aber intensiv mit Händchenhalten und Küssen. Es war die Zeit der ersten Tuchfühlung mit dem anderen Geschlecht und ein Zungenkuss mit 13, 14 war damals das höchste der Gefühle. Überhaupt war meine einjährige Hauptschulzeit sehr schön, denn ich hatte einen guten Draht zu den Lehrern. Im Speziellen verstand ich mich super mit meinem Klassenvorstand, habe tolle Leute und Freunde kennengelernt und auch heute noch mit einigen, dank Facebook, Kontakt.
Was für mich auch unvergesslich blieb aus der Hauptschulzeit, war der Skiausflug mit einem Schulfreund in den Semesterferien. Ich war in meinen Kindheitstagen oft auf Skiern unterwegs, denn mein Bruder und ich nahmen jährlich in den Winterferien am Skikurs unseres Steyrer Skiklubs auf der Wurzeralm in Spital am Pyhrn teil. Nach vielen Jahren versuchte ich mich also wieder auf den Brettern. Ich dachte mir, dass Skifahren so wie Radfahren sei: Man verlernt es nicht und