Auria - Nastassia Cherny - E-Book

Auria E-Book

Nastassia Cherny

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Beschreibung

Kate ist eine junge Frau, die in Auria geboren wurde und dort als Journalistin arbeitet. In ihrer Heimat ist der Alltag sehr vorhersehbar, bis sie Walter, den Sohn des Direktors näher kennenlernt und sie gemeinsam beginnen hinter die Kulisse zu blicken.

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Seitenzahl: 255

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Vorwort

Ich widme diese Geschichte meiner Oma.

Mein Leben lang hat sie mich dazu ermutigt, mir selbst treu zu sein. Ohne mich in irgendeine Richtung zu drängen, hat sie mir vorgelebt eine mutige, selbstbestimmte, neugierige und offene Frau zu sein. Ich hoffe, eines Tages auf mein Leben zurückblicken zu können, und einen Teil von ihr in mir wiederzuerkennen. Sie liebt es zu lesen, und meine größte Hoffnung ist es, sie mit dieser Geschichte ein paar Stunden gut zu unterhalten. Viel Freude damit!

Inhaltsverzeichnis

Das erste Interview

Die Ankündigung

Der Winterball

Das zweite Interview

Dinner for 2

Anschuldigungen

Hill End

Die Weihnachtsfeier

Wiedersehen

Weihnachten

Die rote Zone

Die schwarze Zone

Das Geständnis

Trautes Heim

Der Schwiegervater

Die Liebe seines Lebens

Das erste Interview

Kate war so aufgeregt, dass sich ihre Hände feucht anfühlten und ihr schwindelig war. Sie bemühte sich, ein paar Mal hintereinander tief einzuatmen. Erst, als ihr Herz fest gegen ihren Brustkorb hämmerte, gab sie dem Drang nach und atmete wieder aus. Leo, ihr Redakteur bei der WhiteTimes, hatte ihr einen Leitfaden ausgedruckt und sie in das oberste Stockwerk des Wilsonbuildings geschickt, in dem sich die Büros der Zeitschrift befanden. Ihr Interviewpartner war niemand Geringeres als Edgar Wilson persönlich. Er war der Direktor der weißen Zone, Inhaber der WhiteTimes und der Wilson-Auria-Bank. Nie zuvor durfte Kate ein so wichtiges Interview führen, und genaugenommen, sollte das ihr erster richtiger Job werden. Die vorangegangenen Gespräche mit Angestellten für die Steckbrief-Seite waren keine angemessene Trainingsgrundlage für diesen Auftrag. Mr. Wilsonkannte sie schon ihr ganzes Leben lang. Ihr Vater, George Basinsky, arbeitete seit der Gründung von Auria für ihn. Er war der leitende Haustechniker im Gebäude. Durch seine Position hatte er regelmäßigen Kontakt mit Mr. Wilson und es entstand eine freundschaftliche Beziehung. Zu den größeren Feiern konnten alle Mitarbeiter ihre Familien mitbringen, und dadurch hatte sie bereits früh Bekanntschaft mit der ganzen Familie Wilson gemacht. Trotzdem war Kate wie erstarrt, als sie aus dem Lift ausstieg und mit ihrem Laptop in der Hand zum Empfang stapfte.

Eine schlechtgelaunte Dame saß hinter dem Pult. Bevor sie gefragt werden konnte, was sie hier zu suchen hatte, ergriff sie selbst das Wort.

»Ich habe einen Termin mit Mr. Wilson, für das Interview«.

Die Sekretärin drückte auf einen Knopf, der direkt vor ihr angebracht war und kündigte die Besucherin an. Kate kniff kurz und fest ihre Augen zusammen, riss sie wieder auf und lief mit zurückgezogenen Schultern auf die Bürotür von Mr. Wilson zu. Kurzbevor sie den Türgriff zu fassen bekam, öffnete sich die Tür und Edgar Wilson stand direkt vor ihr. Er hatte ein Lächeln im Gesicht und mit seiner Handbewegung lud er sie wortlos in sein Büro ein. Er reichte ihr seine Hand und drückte bei der Begrüßung fest zu. Mr. Wilson hatte eine dicke und stinkende Zigarre zwischen seinen Zähnen und begrüßte sie mit einem undeutlichen:

»Hallo Kate, es freut mich, sie zu sehen.«

Nie zuvor hatte sie das Direktorenbüro gesehen, aber wenn sie sich in ihren Gedanken Edgar Wilson bei der Arbeit hätte vorstellen müssen, dann hätte sie ihn, in genau diesen Raum dafür gesetzt. Alles war aus dunklem, schwerem Holz, sogar die Decke und der großzügige Schreibtisch. Die grünen Ledersessel glichen eher einem Sofa als einer Sitzmöglichkeit für eine einzelne Person. Das beeindruckendste war aber mit Abstand die Buchauswahl und die dazugehörigen Regale, die bis in den Himmel zu ragen schienen. Buchrücken in jeder Farbe zauberten Kate einen geöffneten Mund ins Gesicht. Nie zuvor hatte sie eine solche Auswahl gesehen. Gerade alssie versuchte den Geruch der Bücher tief in ihre Lungen zu ziehen, rüttelte das laute Geräusch der mahlenden Kaffeemaschine sie aus ihrer kindlichen Begeisterung.

»Wie trinken Sie ihren Kaffee?«

Kate dachte kurz nach, fast so als ob die Erinnerung daran ganz weit hinten in ihrem Gedächtnis gespeichert wäre.

»Mit Milch, aber ohne Zucker bitte.«

Mr. Wilson bemerkte, dass Kate aufgeregt war, und versuchte sie durch ein kurzes Gespräch zu entspannen.

»Für mich gibt es nichts Kostbareres als das geschriebene Wort. Nichts löst in mir stärkere Gefühle aus als ein Text, und am besten ist dieser Text in einen wunderschönen Buchumschlag gehüllt. Wie eine bezaubernde Frau in einem hinreißenden Kleid.«

Ohne es zu merken, lies sie ihre Schulter etwas sinken und fühlte sich sofort wohler inmitten dieser kostbaren Bücher und neben diesem erfolgreichen Mann.

»Ja, da haben Sie vollkommen recht.«

Etwas unbeholfen klappte sie ihren Laptop auf und entsperrte den Bildschirm.

»Mein Redakteur, Leo Welling schickt mich, um sie kurz vor ihrer bevorstehenden Übergabe an ihren Sohn zu interviewen. Die Fragen wurden Ihnen vorab übermittelt. Das Interview wird im Nachgang von Mr. Welling und mir gemeinsam verfasst und Ihnen vor Veröffentlichung zur Freigabe gesendet.« Mr. Wilson setzte sich auf die andere Seite des Schreibtischs und legte seine qualmende Zigarre in den Aschenbecher vor ihm.

»Na gut Kate, dann lassen Sie uns beginnen.«

»In wenigen Wochen werden Sie all Ihre Ämter an Ihren Sohn Vincent übergeben und sich aus den Geschäften, so wie der Führung der weißen Zone zurückziehen, gibt es einen Grund wieso gerade jetzt?«

Edgar Wilson hatte diese Frage bestimmt bereits hunderte Male beantworten müssen, und trotzdem kam es ihr so vor, als würde er versuchen, für sie eine besondere Antwort zu finden.

»Ich werde meine Antworten so kurz wie möglich halten. Mein Sohn Vincent ist genau der Mann den diese Zone, die Zeitschrift und unsere Bank benötigen, um am Ball zu bleiben. Er hat neue Ansätze, eine positive Einstellung und die Stärke, um seine Entscheidungen auch mit allen Konsequenzen zu treffen, und dahinter zu stehen. Als ich meine Rolle einnahm, glaubte ich noch, dass ein Leben wie in einem heroischen Roman möglich und erstrebenswert wäre. Mein Sohn ist mir also um einige Lektionen voraus und wird seine Arbeit bereits vom ersten Tag an gut meistern, da bin ich mir sicher. Und ich werde versuchen Ihn zu unterstützen, wenn er mich braucht.«

Die Antwort überraschte sie nicht sonderlich, da sie bereits ähnliche Aussagen von ihm gelesen hatte. Einzig neuer Punkt war der traurige Teil über die kindliche Vorstellung, dass ein Leben wie aus einem Roman möglich wäre. Als Mr. Wilson davon sprach, war ihm eine Traurigkeit in seinem Gesicht anzusehen, wie Kate sie nur selten zuvor an einem anderen Menschen gesehen hatte. Fast, als wäre kurznach Antritt seiner Stelle als Direktor, ein Teil von Edgar Wilson ausgelöscht worden.

Sein Sohn wurde sieben Jahre vor der Gründung von Auria geboren und hatte somit fast sein ganzes Leben in der neuen Ordnung verbracht. Er wurde vom ersten Tag an, auf seine künftige Rolle vorbereitet. Edgar Wilson dagegen hatte einen Großteil seiner Zeit im Davor verbracht, und wurde nicht auf dieses Leben vorbereitet. Ob er seinen Sohn darum beneidete oder ihn um seine kindlich-romanhaften Vorstellungen betrogen sah, konnte Kate nicht mit Sicherheit sagen. Schnell versuchte Sie die nächste Frage fehlerfrei von ihrem Laptop abzulesen.

»Gibt es etwas, dass sie der Bevölkerung der weißen Zone mitteilen möchten? Vielleicht einen Ratschlag für uns?«

Diese Frage schien ihn zu überraschen. Er kannte den Ablauf des Interviews, weil ihm die Notizen dazu vor Wochen zugesendet wurden, und trotzdem weiteten sich seine Pupillen für einen Moment. Ergriff zu seiner noch immer glühenden Zigarre und nahm einen kräftigen Zug.

»Ich denke nicht, dass ich in der Position bin, um den Einwohnern der Zone Ratschläge zu erteilen. Es ist wichtig aus der Geschichte zu lernen und nicht immer wieder dieselben Fehler zu machen und andere Auswirkungen zu erwarten. Bedanken möchte ich mich ganz herzlich bei all meinen Mitarbeitern. Es war mir eine Ehre und ich bin jeden Morgen voller Freude zur Arbeit gegangen, danke!«

So viel Bescheidenheit hatte sie sich von einem Mann in seiner Position nicht erwartet. Schlagartig wurde ihr wieder bewusst, wo sie war und vor allem bei wem. Sie bemühte sich, dieses Interview jetzt so rasch wie möglich abzuschließen, und stellte daher ihre letzte Frage etwas schneller und emotionsloser als sie es beabsichtigte.

»Wenn Sie etwas ändern könnten, dass Sie als Direktor Ihrer Zone oder Vorstand ihrer beiden Unternehmen getan haben, würden Sie es tun?« Seine Augen verengten sich und er sah aus, als hätte Kate ihm eine Ohrfeige verpasst. Er ließ seinenBlick nicht mehr hinauf schweifen, um nach einer Antwort zu suchen, sondern antwortete wie aus der Pistole geschossen.

»Nein, die Vergangenheit zu ändern versuchen nur Narren. Es ist wie es ist.«

Sie sah, wie sein Blick hinter einem Vorhang verschwand und sein gesamter Gesichtsausdruck zu einer einstudierten Höflichkeit überging.

»Ich hoffe, ihre Fragen damit beantwortet zu haben und erwarte Ihren Textvorschlag bis morgen Mittag. Liebe Grüße an Ihren Vater und sagen sie meiner Sekretärin bitte, dass ich für den nächsten Termin bereit bin. Auf Wiedersehen Kate.«

Er stand auf, nahm seine Zigarre in den Mund und streckte seine Hand aus. Über das plötzliche Ende ihres Treffens war sie zwar überrascht, aber auch froh. Kate sprang von ihrem kleinen Sofa, getarnt als Sessel auf, und streckte ihre Hand ebenfalls aus.

»Vielen Dank für Ihre Zeit.«

Erst nachdem die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, bemerkte sie, dass sie vor lauter Aufregung keinen einzigen Schluck von ihrem Kaffee getrunken hatte. Die Dame vom Empfang sah sie wieder missbilligend an und gab ihr telepathisch zu verstehen, sich von der Tür wegzubewegen. Wie aus einem Tagtraum erwachte sie und starrte Richtung Lift. Sie legte eine kurze Pause vor dem Pult ein und meldete, wie gewünscht, dass Mr. Wilson bereit war für seinen nächsten Termin. Ohne aufzublicken nahm ihr Gegenüber die Information auf und tippte weiter auf ihrer Tastatur.

Leo wartete bereits auf sie, als sich die Lifttür wieder öffnete.

»Wie lief es?«

Kate war erst seit wenigen Monaten Journalistin und kannte Leo vorher nur von ihren Arbeiten aus der Rechercheabteilung. Alles in ihr schrie danach, ihm ins Gesicht zu schlagen und ihn zu fragen wie er nur auf die Idee kommen konnte, ihr so etwas anzutun. Aber es war ihr wichtig, keine Schwäche zu zeigen.

»Danke, es war eine großartige Erfahrung und ich glaube, daraus wird ein guter Beitrag entstehen.«

Ihr Redakteur schien überrascht, aber deutete ihr sofort den Weg in sein Büro, um mit der Arbeit zu beginnen.

Es war bereits dunkel, als sie das Wilsonbuidling verließ. Ihr gesamter Körper freute sich darüber, ausgestreckt und in voller Größe endlich wieder an der frischen Luft zu sein. Den ganzen Nachmittag verbrachte sie in Leos Büro, um den Text fertig zu bekommen und ihn heute noch an Edgar Wilsons Sekretärin schicken zu können. Sie streckte sich so weit sie konnte Richtung Himmel und atmete die kalte Luft ein. Nichts konnte Sie jetzt noch aufhalten. Christian wartete bereits darauf alles über ihren Tag zu erfahren und auch Kate konnte es nicht erwarten, ihm davon zu berichten.

Voller Energie riss sie die Eingangstür auf und war sofort mitten in der Küche. Alle hörten auf zu reden. Christian stand vom Esstisch auf und kam ihr entgegen.

»Wie war es?«

Nickend begrüßte sie schnell ihre Eltern und schenkte Christian ein breites Lächeln.

»Ich habe es geschafft. Zuerst dachte ich zwar, dass ich mit dem Lift lieber hinunter in die Hölle fahren würde als hinauf zu Mr. Wilson, aber ich habe es geschafft. Der Beitrag ist fertig und ich denke, er ist gut geworden.«

Alle freuten sich für Kate und Ellen Basinsky, Kates Mutter, holte das Besteck und deckte den Tisch. Christian war ein Freund von Kate, ein Arbeitskollege ihres Vaters, aber kein Mitglied der Familie Basinsky. Christian kam oft zu Besuch. Sie waren unzertrennlich und seit dem Kindergarten beste Freunde. George, Kates Vater, verschaffte ihm einen Job, als Haustechniker. Den Großteil des Tages verbrachten sie seitdem gemeinsam, und George nahm es sich zur Aufgabe Christian alle wichtigen Details selbst beizubringen. Ihre Eltern hofften insgeheim, dass Christian eines Tages ein echtes Mitglied der Familie werden würde. Leider hatten Kate und Christian zwar Verabredungen, aber nie miteinander. Kate hatte einen starken Willen undgepaart mit ihrem Streben nach Freiheit war es jedes Mal vorprogrammiert, dass niemand sie auf Dauer halten konnte. Die meisten Männer in Auria bemühten sich, schnell eine eingetragene Verbindung einzugehen, um so rasch wie möglich bei der Geburtenlotterie mitmachen zu können.

Bei der Lotterie konnte man sich erst nach zwei Jahren eingetragener Verbindung anmelden und oft ließen die Gewinne jahrelang auf sich warten, wenn man überhaupt gezogen wurde. Mit zunehmendem Alter sanken die Chancen und deshalb war es wichtig, sich jung zu binden. Und genau diese beklemmende, sofortige Aneinanderkettung widerstrebte Kate. Sie war sich darüber im Klaren, dass sich das Leben geändert hatte mit der Gründung von Auria. Die Menschheit war drauf und dran auszusterben. Es gab nur selten gesunde Schwangerschaften. Frauen, denen keine Fehlgeburt widerfuhr, verloren ihre Babys kurz nach der Entbindung, oder bekamen missgebildete Kinder. Eine Schwangerschaft an sich, grenzte schon an ein Wunder und die wenigen gesunden Geburten warenwie ein Sechser im Lotto. Die Menschen waren verzweifelt, und viele sahen keinen Sinn mehr in ihrem Leben, es folgten Chaos und Gewalt.

Die Menschen verloren ihren Anstand und ihre zuvor so hoch gelobten Werte. Es gab keinen Grund mehr, sich an Regeln zu halten. Und aus genau dieser Notsituation heraus wurde die Idee geboren Auria zu gründen. Die bedeutenste Änderung bestand darin, gezielt in die Fortpflanzung einzugreifen. Der gesamten Bevölkerung wurde die Möglichkeit genommen, selbst Kinder zu zeugen, indem ihnen ein Hormonstab implantiert wurde. Frauen wurde der Stab dirkt in die Gebärmutter implantiert und Männer bekamen eine kleinere Variante in die Innenseite ihres Oberarms. Diese Eingriffe wurden bei allen Kindern vor dem 10. Lebensjahr gemacht. Eine Geburtenlotterie wurde gegründet. Der Gewinn war die Durchführung einer künstlichen Befruchtung. Die Eizellen wurden der austragenden Mutter entnommen, und der Samen kam vom werdenden Vater, somit war es genetisch betrachtet immer das eigene Kind. Wissenschaftler und Mediziner führten die Befruchtungen durch undüberwachten jede Schwangerschaft. Man bündelte alle medizinischen Kräfte im schwarzen Tower, um sich den Schwangeren zu widmen und komplikationsfreie Geburten hervorzubringen. Die Gewinner der Lotterie hatten eine 72 prozentige Chance auf ein gesundes Kind. Das war eine beträchtliche Verbesserung. Man hatte nicht die Mittel, um in jeder Zone tausende Mütter medizinisch durch die Schwangerschaft zu begleiten, und so entstand die Lotterie. Man einigte sich auf zwanzig Gewinner pro Monat und Zone. Die Geburtenrate war dadurch zwar immer noch gering, aber zumindest gab es eine. Die Kriminalität wurde weniger, die Selbstmordrate sank, und es kam zu einem Aufschwung.

Man entschloss sich zu der Gründung von fünf Zonen. Die weiße Zone hatte Direktor Wilson über, und hier war die einzige Bank angesiedelt, sowie die Nachrichten. Dann gab es noch die blaue Zone, die von der Familie Stone geleitet wurde und wegen ihres Hafens für alle Handelsbeziehungen zuständig war. Die grüne Zone war flächenmäßig am größtenund wurde als einzige von einer Frau geführt. Olivia Webber hatte in ihrer Zone den Viehbetrieb, den Anbau von Getreide und Gemüse über. Dann gab es noch die schwarze Zone, unter Direktor Slade Hirsch. Hier, in der kleinsten Zone, gab es die einzige Universität von Auria und alle wichtigen wissenschaftlichen und medizinischen Einrichtungen waren im schwarzen Tower angesiedelt. Daniel Caruso hatte erst vor kurzem die rote Zone von seinem Vater übernommen. Der gutaussehende Direktor leitete die Zone der Handwerker. Hier lernte man mit Holz, Metall und anderen Baustoffen umzugehen. Nirgends gab es so prunkvolle Bauten wie in der roten Zone.

Es war Mitte November und Kate freute sich bereits auf den Jahreswechsel. Neues Jahr, neue Chancen. Nüchtern betrachtet wusste sie, dass eine neue Jahreszahl alleine nichts ändern konnte, trotzdem hatte sie zu Neujahr immer das Gefühl ein neues Buch aufzuschlagen. Gestern wurde es spät und deshalb fiel es ihr umso schwerer, morgens aufzustehen und sich auf den Weg zu machen. DieStrecke zur Arbeit war für sie ein Fußweg von ungefähr zwanzig Minuten. Wie jeden Morgen stellte sie sich direkt vor das Wilsonbuilding, blickte einmal bis ganz nach oben und schritt zielstrebig durch das Eingangstor. Von allen Seiten war ein lautes Durcheinander zu beobachten. Die Mitarbeiter hetzten durch die Eingangshalle und schienen kopflos herumzuirren. Kate war sich sicher, dass etwas passiert sein musste. Ganz hinten in der unruhigen Menge sah sie ihre Kollegin Laura. Sie kämpfe sich an all den lauten und wild gestikulierenden Menschen vorbei, und behielt dabei Laura im Blick. Als sie nur noch wenige Meter entfernt war, versuchte sie Laura auf sich aufmerksam zu machen, doch ihre Kollegin sah nur fassungslos durch den Raum. Erst als Kate sie an der Schulter berührte, schien sie wieder zu sich zu kommen und blickte ihr direkt in die Augen.

»Was ist passiert?«

»Es ist Vincent, er ist heute Nacht verstorben. Ein Herzstillstand, sagen die Ärzte.«

Jetzt verstand Kate das wirre Herumgetrampel und laute Durcheinander im Foyer. Vincent Wilson warder älteste Sohn von Edgar Wilson und sollte mit Jahreswechsel alle offiziellen Ämter seines Vaters übernehmen. Deshalb hatte sie gestern das Interview mit ihm geführt.

In Auria wurden die Zonen einzelnen Familien zugesprochen. Der älteste Sohn übernahm die Aufgaben des Vaters und wurde zum neuen Direktor. Wenn es keinen männlichen Nachfolger gab, dann wurde in Ausnahmefällen die Direktion an eine Tochter übergeben. Jeder Nachfolger wurde schon von Kind an darauf vorbereitet seine Rolle einzunehmen. Die zukünftigen Direktoren mussten eine Frau aus ihrer Zone heiraten, und die Hochzeit fand immer genau am 18. Geburtstag statt. Jedes Jahr im Dezember gab es einen Winterball, dessen Organisation der Frau des Direktors oblag. Zu diesem Ball wurden jedes Jahr Familien eingeladen mit Töchtern, die altersmäßig in Frage für eine Verlobung mit den Söhnen des Direktors kamen. Vincent heiratete vor genau fünfzehn Jahren Cornelia Jones. Sie war eine überwältigend schöne Frau und schenkte ihrem Mann drei gesunde Kinder.Die Mitglieder der Direktorenfamilien wurden nicht künstlich befruchtet und mussten bei keiner Lotterie teilnehmen. Ihre Schwangerschaften wurden von den besten Medizinern des Landes überwacht und verliefen fast immer komplikationslos.

Viele Dinge geschahen in Auria zum ersten Mal, auch das war ein erstes Mal. Der auserwählte Nachfolger eines Direktors verstarb unerwartet und es gab niemand anderen, der jahrelang auf seine Rolle vorbereitet wurde. Edgar Wilson war Vater von vier Kindern, bis gestern. Heute war er Vater von drei Kindern, zwei Töchtern und einem Sohn. Sein jüngstes Kind war Walter Wilson. Er war immer froh, dass Walter nicht dazu bestimmt war die Rolle als Direktor der weißen Zone zu übernehmen. In ihm sah er einen Freigeist, der zum unglücklich sein verurteilt worden wäre, hätte er sich all den Vorschriften und Regeln beugen müssen und hätte er in alle Themen der Direktion Einsicht gehabt. Doch nun schien es so, als müsste Walter Wilson sein Leben neu ausrichten und sich den Aufgaben, denen sich sein älterer Bruder stellen wollte, selbst stellen müssen.

Kate war sich nicht sicher, wie sie sich verhalten sollte. Die Neuigkeit wühlte sie zwar auf, doch trotz allem konnte sie nichts an den Tatsachen ändern, indem sie hier im Foyer Wurzeln schlug und aufgewühlt herumirrte. Sie entschloss sich dazu, wie jeden Tag die Stiege zu nehmen, und zuerst in die Küche zu gehen, um sich einen Kaffee zu holen. Kaum an ihrem Arbeitsplatz angekommen stürmte Leo auf sie zu.

»Gott sei Dank haben wir gestern noch keine Freigabe bekommen. Wenn wir den Beitrag schon veröffentlicht hätten und all das danach passiert wäre, nicht vorstellbar.«

Sie hatte bis jetzt noch gar nicht an den Artikel gedacht, aber Leo hatte recht. Edgar Wilson lobte seinen Sohn in den höchsten Tönen und erklärte, dass der Wechsel notwendig wäre, um alle Unternehmungen voranzutreiben. Jetzt, nachdem Vincent tot war, schienen all die Hoffnungen die Edgar Wilson an seinen Sohn und seinen neuen Führungsstil hatte, nur ein Aufzeigen von Schwächen des jetzigen Systems. Es war besser, denArtikel nicht mehr zu veröffentlichen. Obwohl Kate stolz auf ihr erstes Interview war, verstand sie die Notwendigkeit, ihn zu vernichten. Niemand würde ihn je lesen.

Mr. Wilson gab bekannt, dass er zu Mittag eine Ansprache halten werde. Wie gewohnt fand das Spektakel direkt vor dem Wilsonbuilding statt. Kate ergatterte sich einen Platz bei den Kollegen im dritten Stock, von wo aus man eine perfekte Aussicht auf die Bühne hatte. Alle zogen ihre Jacken und Mäntel an und bei geöffnetem Fenster lauschte man den Worten von Edgar Wilson.

»Schweren Herzens und in tiefer Trauer geben wir bekannt, dass unser Sohn Vincent Wilson heute früh von uns ging. Er hat uns völlig unerwartet verlassen, und die gesamte Familie versucht den Vorfall zu verarbeiten. Wir bitten um Rücksichtnahme unserer Privatsphäre und werden so rasch als möglich bekanntgeben, wie es mit der Übergabe weitergehen wird. Bis dahin bitte ich sie, Ruhe zu bewahren und meiner Familie den Freiraum zu geben, um die nächsten Schritte zu planen.«

Kurz und knapp, so wie man es von seinen Ansprachen kannte. Seine Frau Sara stand hinter ihm und versuchte, mit ihrem Gewimmer und den Taschentüchern seine Rede nicht zu stören. Ihre Augen waren rot und aufgequollen. Ms. Wilson war keine Schönheit, ihr Körper hatte sich während den vier Schwangerschaften nie merklich verändert. Von Natur aus war sie fülliger als andere Frauen, aber ohne dabei unfit zu wirken. Sie hatte langes rotes Haar und eine wahrhaft herzliche Ausstrahlung. Sie war die Art Frau, die man sich selbst als Mutter wünschte. Kate schmerzte es, Sara Wilson so traurig zu sehen. Die drei Kinder Elisabeth, Claudia und Walter standen während der Ansprache nur einen Schritt hinter ihr und bildeten eine Einheit, indem sie sich die Hände hielten. Cornelia, die Frau von Vincent, oder seit gestern eigentlich die Witwe von Vincent, konnte Kate nicht sehen.

Christian stand in der Menge und als er Kate am Fenster sah, schmunzelte er, weil es typisch für sie war, sich den besten Platz zu sichern, ohne ihmbescheid zu geben. Nachdem das gröbste Gedränge vorbei war, entschloss er sich seine Freundin an ihrem Arbeitsplatz zu besuchen. Kurz bevor er in den Lift steigen konnte, hielt ihn eine Hand zurück. Überrascht drehte er sich um und erkannte Silvia. Mit ihr war Christian seit wenigen Wochen zusammen. Sie war hübsch, aber das Problem war, dass sie genau das, auch wusste.

»Hallo Schatz, bevor ich dich wieder gehen lasse, musst du mir schon einen Kuss geben«, sagte sie keck. Etwas genervt von Silvias spielerisch verpacktem Befehl, bückte er sich hinunter und küsste sie.

»Ich habe für heute eingekauft und werde uns etwas kochen. Meine Eltern sind bei meinem Bruder eingeladen, deshalb sind wir unter uns.«

Christian überlegte, wie er ihr schonend beibringen sollte, dass er heute bereits zum Essen eingeladen wurde, und zwar von den Basinskys. Silvia hasste es, dass Christian so viel Zeit mit dieser Familie verbrachte und vor allem war ihr Kate ein Dorn im Auge.

»Das klingt wirklich verlockend, aber George hat mich heute schon eingeladen und ich kann nicht absagen. Es tut mir leid, vielleicht sehen wir uns morgen?«

Silvia drehte sich am Stand um.

»Du solltest dir über deine Prioritäten klar werden. Ich bin eine begehrte Frau und werde nicht ewig auf dich warten Christian.«

Genervt von dem Gespräch und Silvias Reaktion marschierte er weiter und stieg in den Lift.

Das Licht des Computers erhellte Kates Gesicht, weil sie weit und breit keine der Lampen angemacht hatte und auf ihren Bildschirm starrte. Christian ging durch das menschenleere Großraumbüro auf sie zu.

»Sag mal, starrst du immer auf deinen Bildschirm und hoffst darauf, dass sich die Arbeit von allein erledigt?«

Ohne aufzusehen, wusste sie sofort, dass es Christian war, der sich über sie lustig machte. Sie war froh, ihn zu sehen als sie aufblickte. Es gab keinen Tag, an dem Christian Blake schlechte Laune hatte. Egal wie finster die Zeiten auch schienen, erwar immer ein Sonnenschein. Manchmal fragte sie sich, ob er alleine, in seinem Zimmer nicht doch ab und zu die Mundwinkel hängen ließ oder traurig war. Für Kate war es unvorstellbar alles immer so positiv zu sehen. Generell kam es ihr manchmal so vor, als wäre sie viel emotionaler als ihre Umgebung. In den Höhen wie in den Tiefen.

»Kommst du heute Abend zu uns zum Essen?«

»Natürlich, es gibt Kartoffelauflauf!«

Kates Mutter würde diesen Auflauf niemals kochen, ohne Christian einzuladen.

Die Ankündigung

Eine Woche war es schon her, dass Vincent Wilson begraben wurde. Die Familie hatte eine Zeremonie ohne Presse, im kleinen Kreis abgehalten. Viele Gerüchte kamen auf und jeder schien zu wissen, dass die Übergabe und Edgar Wilsons Ruhestand noch warten müssten. Kate schlug wie jeden Morgen zu ihrem ersten Kaffee die WhiteTimes auf und blätterte sie genüsslich durch. Erstaunt sah sie eine in Rot geschriebene Bekanntgabe.

Heute um 15:00 Uhr vor dem Wilsonbuilding findet eine offizielle Ankündigung von Mr. Edgar Wilson statt. Um Ihre Teilnahme wird gebeten!

Sie war sich sicher, dass nicht einmal Leo diese Anzeige kannte. Mr. Wilson hatte diesen Text erst kurz vor Druck selbst angewiesen und hatte dadurchheute Morgen für eine Überraschung in allen Gesichtern gesorgt, sogar die der Journalisten selbst.

Kurz vor Start lief Kate in den dritten Stock, um sich wieder denselben Platz wie beim letzten Mal zu sichern. Schon von weitem sah das Fenster heute besser besucht aus, als sie es gewohnt war und ein großer Mann versperrte ihr den Blick. Genervt kam sie dem hohen Rücken immer näher und als sie sich flink hin und her schaukelte, um zu versuchen, hinter ihm einen Blick auf die Bühne zu erhaschen, drehte sich der Rücken langsam um. Christian lachte ihr mitten ins Gesicht.

»Na? Du hast wohl gedacht, nur du bekommst die guten Plätze.«

Sie boxte ihm so fest in die Schulter, dass ihr die Faust schmerzte, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Christian machte sofort Platz, damit sie in der ersten Reihe stehen konnte, und er selbst stellte sich direkt hinter sie.

Heute war Sara Wilson in der zweiten Reihe, in der Mitte ihrer beiden Töchter. Sie schien gefasster alsbei ihrem letzten Auftritt. Cornelia Wilson, die Witwe, war mit ihren drei Kindern direkt daneben, und Walter stand vorne bei seinem Vater. Man konnte sich denken, wer nun in die großen Fußstapfen von Edgar und Vincent Wilson treten würde.

»Guten Tag! Ich bin froh, ihnen allen mitteilen zu dürfen, dass mein Sohn Walter Wilson alle Verpflichtungen und Aufgaben mit Anfang nächsten Jahres übernehmen wird. Mein Sohn hatte leider wenig Zeit sich auf seine neue Rolle vorzubereiten und sein aktueller Beziehungsstatus entspricht noch nicht unserem Regelwerk, daher wird er sich noch im Laufe dieses Monats verloben und an seinem 28. Geburtstag, am 17. Februar kommenden Jahres heiraten. Der heurige Winterball wird wie geplant stattfinden und mein Sohn wird diese Veranstaltung nutzen, um zu einer Entscheidung für seine Verlobung zu kommen. Ich werde in der nächsten Zeit an der Seite meines Sohnes sein, um ihn bei seinen neuen Aufgaben zu unterstützen. Vielen Dank für ihre Geduld in den letzten Tagen. Ich freue michdarauf, sie beim Ball nächste Woche zu begrüßen und wünsche Ihnen bis dahin alles Gute.«

Überraschung war ein Gefühl, mit dem sich Kate selten allein fühlte und so war es auch heute. Sie drehte sich zu Christian um und erkannte in seinem Gesicht ebenfalls weit geöffnete Augen.

»Das hätte ich nicht erwartet«, sagte sie leise. Christian nickte, und wortlos gingen sie gemeinsam zurück zum Treppenhaus. Kate musste hinauf an ihren Arbeitsplatz, weil sie an einem Artikel über den Hafen der blauen Zone arbeitete und sich noch heute unbedingt für die passenden Fotos entscheiden musste.

»Bist du dieses Jahr wieder zum Ball eingeladen worden?«

»Ja, natürlich. Wir sind immer dabei wegen Dad.«

Einen kurzen Augenblick lang meinte sie, gesehen zu haben, wie Christians Mundwinkel ein klein wenig nach unten hingen.

»Schade, dass du nicht dabei bist. Diese blöde Regel, dass nur Familien mit Töchtern eingeladenwerden. Aber du versäumst nicht viel. Es ist jedes Jahr dasselbe und alle Frauen machen sich komplett zum Affen. Diesmal werden sich sogar die älteren Semester peinlich benehmen. Normalerweise sind die Mädchen jünger, aber nachdem Walter schon knapp zehn Jahre älter ist als üblich und auf Brautschau geht, wird sich der Anteil der Augen aufschlagenden Damen wohl stark vergrößern. Ich werde dir berichten, versprochen.«

Christian musste in den Keller hinunter, in das Büro der Haustechniker und wendete sich deshalb von ihr ab, um in die andere Richtung zu gehen.

»Na klar, bis morgen. Heute bin ich mit Silvia verabredet, also sehen wir uns erst in der Arbeit wieder.«

Noch nie hatte sich Kate viele Gedanken über den Ball gemacht. Sie war gerade einmal fünf Jahre alt, als Vincent Wilson heiratete. Einige Mädchen versuchten, beim Winterball weiterhin ihm schöne Augen zu machen, oder die Aufmerksamkeit von Walter auf sich zu ziehen, aber nachdem der zukünftige Direktor vergeben war, hielten sich dieAnstrengungen der Mädchen in Grenzen. Walter Wilson war der wohl begehrteste Junggeselle in der weißen Stadt. Er war auf den ersten Blick nicht so gutaussehend wie sein älterer Bruder, aber er hatte Charme. Walter legte weniger Wert auf sein Aussehen. Er musste nicht oft im Rampenlicht stehen oder Hände schütteln, daher schienen seine schwarzen Locken eher wild in der Gegend herumzuspringen, ganz anders als bei seinem großen Bruder, der kurze Haare trug. Er hatte eine breitere Statur als Vincent. Wenn sie nebeneinanderstanden, sah man ihnen zwar ihre Verwandtschaft im Gesicht an, aber alles Drumherum schien gegen dieselben Eltern zu sprechen. Kate hatte Vincent nie ohne ein Hemd und eine Anzughose gesehen, wohingegen Walter meistens leger angezogen war und T-Shirts trug. Was die Liebe zu Büchern anging, kam er ganz nach seinem Vater. Walter war bekannt dafür viel Zeit in der Familienbibliothek zu verbringen, während sein älterer Bruder Zeit mit Professoren verbrachte, um auf seine Aufgaben vorbereitet zu werden.

Als Kate ungefähr zehn Jahre alt war, nahm sie zu einem Winterball ihr damaliges Lieblingsbuch mit, der kleine Prinz. Walter lachte sie lautstark aus und stellte sie vor allen anderen wegen ihrer kindischen Buchauswahl bloß. Nur selten hatten sie seitdem miteinander zu tun. Bei jedem Ball wurde sie immer höflich begrüßt von der gesamten Familie, aber viel mehr Kontakt mit Walter Wilson hatte sie nicht. Der kleine Prinz war auch heute noch, eines ihrer Lieblingsbücher und sie ärgerte sich noch immer darüber, dass Wilson junior, der kleine Prinz der weißen Zone, sich deshalb über sie lustig machte. Für sie war er von da an ein verwöhnter kleiner Junge mit goldenem Löffel im Mund. Er war damals gerade mal vierzehn Jahre alt, hätte aber trotzdem bedenken müssen, dass seine Worte sie verletzten.

Die Tage bis zum Winterball vergingen viel zu schnell. Christian erkundigte sich bei jeder Gelegenheit nach dem Ball und Kate begann sich schlecht zu fühlen. Zum ersten Mal war sie traurig, weil ihr bester Freund nicht dabei sein konnte. Er musste draußen warten, wie ein streunender Hund.

Der Winterball