Aus vergangenen Tagen - Dominik Ruder - E-Book

Aus vergangenen Tagen E-Book

Dominik Ruder

4,9

Beschreibung

Vor etwa 50 Jahren ließ Paul ein ganz besonderes Schmuckstück anfertigen. Er wollte seiner Marianne endlich einen Heiratsantrag machen. Es sollte allerdings kein gewöhnlicher Ring sein, sondern eine symbolische Kette. Zu seinem Pech sah er diese das letzte Mal, als sie durch den Abfluss eines Cafés in die Kanalisation verschwand. Jahre später entdeckt Paul eine Frau und glaubt, seine Kette an ihrem Hals zu erkennen. Kaum will er mit ihr reden, ist die Unbekannte jedoch verschwunden. Es beginnt die Suche und seine verrückte Freundin Tina unterstützt ihn tatkräftig dabei. Werden es die beiden junggebliebenen Altersheimbewohner schaffen, die mysteriöse Frau und Pauls verlorener Kette zu finden? Und wieso bekommt das Duo sogar Schwierigkeiten mit der Polizei?

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Ich widme diese wunderschöne Geschichte den Bewohnern des Hauses am Hesterberg, im Wohnbereich im Holze, in Dörverden, weil sie so begeistert von meinem ersten Buch waren und ich mich dafür bedanken möchte.

1. Vor 50 Jahren

2. Heute - 50 Jahre später

3. Die Begegnung

4. Wer suchet, der findet

5. Was wären wir ohne das Internet?

6. Autodiebstahl

7. Die Geschichte des Fundstücks

8. Ein letztes Mal

Danke

Aus vergangenen Tagen

Ein Roman von
Dominik Ruder
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Aus vergangenen Tagen Dominik Ruder
Neuausgabe April 2017
© 2017 DerFuchs-Verlag D-69231 Rauenberg (Kraichgau) [email protected] DerFuchs-Verlag.de Korrektorat/Lektorat: Sabrina Georgia, [email protected]
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk, einschließlich aller Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, Verbreitung, Übersetzung und Verfilmung liegen beim Verlag. Eine Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ohne Genehmigung des Verlags ist strafbar.
ISBN 978-3-945858-36-3 (Taschenbuch)
ISBN 978-3-945858-37-0 (E-Book)

Ich widme diese wunderschöne Geschichte den Bewohnern des Hauses am Hesterberg, im Wohnbereich im Holze, in Dörverden, weil sie so begeistert von meinem ersten Buch waren und ich mich dafür bedanken möchte.

1. Vor 50 Jahren

Es war ein großer Schritt für mich, aber ich wollte es einfach wagen. Ich wollte es tun. Solange hatte ich auf dieses Ziel hingearbeitet und jetzt sollte es endlich soweit sein.

Ich stand vor einem Juwelier unserer Stadt. Schneider stand in großen schwarzen Lettern auf einem weißen Schild. In der Nacht wurde es von Glühbirnen beleuchtet, um besser lesbar zu sein. Jetzt, am Tag, war dies nicht nötig. Es war ein schöner und sonniger Frühlingsmorgen und viele Tauben flogen bereits durch die Straßen, auf der Suche nach Essbarem, welches Menschen achtlos weggeworfen hatten. Auch der Trubel der Stadt war schon in vollem Gange. Überall sah man genervte und gestresste Autofahrer auf der Straße und auch der Postbote machte seine übliche Runde durch die Innenstadt.

In der Stadt gab es drei Juweliere, doch Schneiders war eindeutig der imposanteste. Er befand sich an der Straßenecke eines Wohnhauses. Der Eingang war mit zwei riesengroßen Glastüren versehen, welche mit ihren Messinggriffen das Sonnenlicht reflektierten. Die Schaufenster waren sehr breit, eingebettet in weiße Rahmen, die sich wunderbar von den braunen Backsteinen der Fassade abhoben.

»Hach ...« Ich seufzte, griff in die Innentasche meiner Jacke, um das schwarze Lederportmonee hervorzuholen, und zählte meine Geldscheine. Es waren genau fünftausend Mark. Seit einem halben Jahr sparte ich diese Summe bereits zusammen. Von Beruf her war ich Tischler und so fertigte ich auch nach Feierabend noch Möbel an, um mir das zusätzliche Einkommen zu sichern. Noch gut erinnerte ich mich daran, wie mein Vater damals in meine Tischlerei kam und bei mir einen neuen Esstisch bestellte. Ich fragte ihn, wofür er diesen bräuchte. Schließlich hatten sich meine Eltern erst vor kurzem einen Neuen gekauft. Er meinte nur, ich sollte ihm den schönsten und teuersten Tisch zusammenbauen, den ich bieten konnte. Er wollte einen tollen Preis zahlen und ich könnte Marianne schneller das kaufen, was sie begehrte. Letztlich war ich ihm sehr dankbar dafür. Ohne ihn hätte der heutige Tag ein ganzes Jahr länger auf sich warten lassen. Dies alles tat ich nur um meiner geliebten Marianne diesen Wunsch erfüllen zu können.

Ich nahm all meinen Mut zusammen, entfernte den Hut vom kurzen braunen Haarschopf und steuerte in Richtung des Haupteingangs. Meine Hand berührte den Messinggriff und ich drückte die Tür nach innen. Direkt kam mir ein edler Duft entgegen. Es roch, als beträte ich eine Parfümerie. Ich erkannte, dass es ein Mix aus Lavendel und Zimt sein musste, der in der Luft lag.

Als ich meinen Blick durch den Laden schweifen ließ, blieb mir beinahe der Atem weg. Überall standen große Vitrinen, in denen die schönsten und edelsten Schmuckstücke ausgestellt waren. Von silbernen Ketten, über goldene Ohrringe war einfach alles vertreten. Jede dieser Vitrinen wurde von einer eigenen Glühbirne beleuchtet und Spiegel an der Decke ließen den Verkaufsraum nicht nur heller, sondern auch wesentlich größer erscheinen als er eigentlich war.

Ich blickte geradeaus und entdeckte am Tresen eine weitere Vitrine. In ihr verwahrte man die schönsten Edelsteine. Rote Rubine, blaue Saphire, weiße Diamanten und noch viele weitere funkelten dort um die Wette. Hinter dieser Vitrine stand eine ältere Dame, etwa um die fünfzig. Sie lächelte mich freundlich an und bat mich, näher zu kommen. Noch benommen von der besonderen Atmosphäre ging ich auf sie zu.

»Guten Tag, der Herr. Ich sehe, Sie sind ganz begeistert von unserer Ausstellung?«, fragte sie freundlich und lächelte mir mit dem faltigen Gesicht entgegen.

»Ja, das stimmt wohl ...«, gab ich gedankenverloren zurück.

»Nun«, sagte sie und öffnete bereits einige Schmuckkästchen, die dort standen. »Wie kann ich Ihnen denn behilflich sein?«

»Ich bin hier um ein bereits reserviertes Schmuckstück abzuholen. Auf den Namen Paul Winkler.«

»Oh, aber natürlich. Einen Augenblick bitte«, flötete sie und verschwand hinter einer hervorstehenden Wand.

Mein Blick zog weiter seine Kreise und als ich zufällig auf meine Hand sah, bemerkte ich, dass sie zitterte. So sehr ich mich auch konzentrierte es zu stoppen, sie wollte einfach nicht aufhören. Ich ließ sie in der Jackentasche verschwinden. Es dürfte nicht gerade vorteilhaft für mich sein, wenn die Verkäuferin merkte, wie nervös ich war. Schließlich hoffte ich, den Preis noch herunterhandeln zu können. Wenige Sekunden später kam sie mit einem kleinen Stoffsäckchen in der Hand zurück.

»So, bitte sehr, Herr Winkler. Ihre bestellte Kette«, sagte sie und öffnete den Beutel vor meinen Augen.

In ihrer Hand lag eine silberne Halskette mit einem Anhänger in Sternenform. Lediglich die obere Spitze des Sternes war aus purem Gold. Dies hatte eine ganz besondere Bedeutung. Sie gab mir das gute Stück und ich begutachtete es kritisch. Am Ende sollte alles perfekt sein, andernfalls wäre diese Kette mein Geld nicht wert. Sie war allerdings wunderschön und ich hellauf begeistert. Genauso hatte ich sie mir vorgestellt, als ich sie anfertigen ließ.

»Sie ist wunderschön«, sagte ich der Verkäuferin und sie lächelte erneut freundlich.

»Oh ja, das ist sie in der Tat. Doch ich muss gestehen, dass ich noch nie eine solch ungewöhnliche Kette gesehen habe. Können Sie mir verraten, warum die Sternenspitze golden sein sollte?« Sie blickte nun neugierig und wartete gespannt auf meine Antwort.

»Nun ja«, setzte ich an. »Meine Marianne und ich hatten unseren ersten Kuss während eines Sonnenaufgangs. An einem späten Sommerabend wollten wir noch spazieren gehen und hatten uns dabei mächtig verlaufen. Wir schritten Stunden über Stunden umher. Die ganze Nacht lang. Irgendwann waren wir so erschöpft, dass wir uns auf einer Wiese niederließen. Die Dämmerung setzte ein und die Morgenröte zeigte langsam ihre Schönheit. Es war solch ein aufregender Moment, dass wir uns in den leuchtenden Augen des jeweils anderen verloren und uns schließlich küssten. Ich hatte für Marianne seit diesem Tag einen neuen Spitznamen, nannte sie seit dieser Nacht Sternchen. Während unserer Odyssee sahen wir die vielen Sterne am Himmel und sie erzählte mir, wie begeistert sie von der Welt jenseits des irdischen Himmels war.«

Die Verkäuferin strahlte und ihr Mund stand leicht offen.

»Oh!«, rief sie dazwischen. »Wie romantisch!«

»Ja, das war es wohl«, antwortete ich. »Und deshalb hat die Kette diese Form. Der Stern steht für ihren Spitznamen, den nur ich verwende und die vergoldete Spitze für unseren ersten Kuss während der Morgenröte.«

»Hach, das klingt wirklich traumhaft. Und diese Kette ist ein Geschenk zum Jahrestag?«

»Nein, nein«, antwortete ich grinsend. »Diese Verabredung ist nun bereits zwei Jahre her. Ich möchte ihr mit dieser Kette einen Heiratsantrag machen. Einen Ring kann schließlich jeder kaufen. Ich möchte ihr etwas schenken, das kein anderer auf dieser Welt ihr geben kann.«

Mit dieser Information schien ich die Stimmung der Verkäuferin gedämpft zu haben.

»Hm, wie unkonventionell«, sagte sie. »Naja, es ist zwar kein Ring, aber sicherlich ein Anfang. Kommen wir zum Geschäftlichen«, murmelte sie und kramte aus einer Schublade einen Stapel Zettel hervor und ihren Kugelschreiber.

»So, aufgrund der Extraanfertigung und der Vergoldung des Anhängers wären wir bei einem Ladenpreis von sechstausend Mark«, erklärte sie und hob die Augenbrauen.

Meine Hand zitterte bei diesem Preis noch stärker und ich hoffte inständig, dass der Tresen meine Jackentasche verdecken würde.

»Das ist aber ein stolzer Preis für eine Kette«, sagte ich. »Ich wäre eher bereit, dafür viertausendfünfhundert Mark zu zahlen.«

Der Geschickteste im Verhandeln war ich nicht, aber ich hoffte, dass ich das Beste rausholen konnte.

»Oh, sie scherzen wohl, junger Mann!«, bemerkte sie mit rauer Stimme. »Nun gut, das einzige Angebot was ich Ihnen machen kann, ohne dass ich ein Verlustgeschäft einstecken muss, wären fünftausend Mark. Ansonsten, fürchte ich, wird dieses Geschäft nicht zustande kommen.«

Ich konnte meine Hand nicht mehr beruhigen und wusste, dass mir nichts anderes übrig blieb, als diesem Angebot zuzustimmen. Erfreut legte sie die Kette zurück in den Stoffbeutel und schrieb mir eine Quittung, während ich das Geld auf den Tresen legte.

»Ah, wunderbar!«, rief die Verkäuferin, als sie die Scheine zählte. Anschließend legte sie das Geld in die Kasse und überreichte mir den Stoffbeutel mitsamt der Quittung.

»Dann hoffe ich für Sie, dass Ihre Liebste dieses Schmuckstück auch zu schätzen weiß ...«

»Das hoffe ich auch!«, antwortete ich und verließ nach einem kurzen Kopfnicken den Juwelier.

Während ich hinaustrat, pochte mein Herz wie verrückt und ich fürchtete, dass mir die Luft knapp werden würde. Ich hatte gerade mein gesamtes Erspartes auf einmal ausgegeben. Es sollte verboten sein, dass schöner Schmuck so unglaublich teuer war!

Noch am selben Tag war ich nachmittags mit Marianne in einem Café verabredet. Wir wollten uns dort gegen siebzehn Uhr treffen. Ich saß bereits eine halbe Stunde früher im Anzug an einem kleinen Tisch und starrte unentwegt zur Eingangstür.

Dieses Café mochten wir beide besonders. Es gab einen kleinen Tresen mit Barhockern und der Barista machte hier den besten Kaffee der ganzen Stadt. Die Sitzbänke waren alle aus rotem Stoff und die Stühle hatten dieselbe Farbe. Allein die Tische waren weiß, dafür hatten sie jedoch ein auffälliges Marmormuster. Auch die Atmosphäre war einzigartig. Es war immer sehr ruhig und gemütlich. Die Welt außerhalb konnte noch so hektisch und aufregend sein, hier drinnen schien die Zeit langsamer zu laufen.

»Darf ich Ihnen schon etwas bringen?«, fragte mich die noch sehr junge blonde Kellnerin.

»Oh, ja bitte. Bringen Sie mir einen Kaffee und für meine Begleitung, die sich etwas verspätet, einen Cappuccino mit Milchschaum und weißen Schokoraspeln. So trinkt sie ihn am liebsten.«

»In Ordnung«, gab die Kellnerin zurück und notierte es auf ihrem Notizbock.

Anschließend verschwand sie in Richtung des Tresens, um die Bestellung weiterzureichen. Es dauerte noch gute fünf Minuten, bis Marianne endlich durch den Haupteingang trat. Ihr Anblick machte mich, wie eigentlich immer, absolut sprachlos. Marianne war ein Kopf kleiner als ich und äußerst schlank. Sie trug ein langes türkisfarbenes Sommerkleid, bei dem der Stoff am Ende Wellen schlug. Ihre kurzen blonden Haare verdeckten beinahe ihre silbernen Ohrringe, würden diese nicht hindurchblitzen. Lächelnd setzte sie sich mir gegenüber und ich verlor mich erneut in ihren klaren blauen Augen.

»Hallo Paul! Entschuldige bitte meine Verspätung, aber meine Mutter musste mir noch helfen ins Kleid zu kommen. Naja, du kennst das ja schon. Ich komme wohl niemals pünktlich«, sagte sie mit sanfter Stimme und schenkte mir ein weiteres Lächeln.

»Ach, das ist kein Problem!«, entgegnete ich und merkte, wie meine Hand erneut nervös zu zittern begann.

»So, ein Cappuccino und ein Kaffee?«, fragte die Kellnerin und reichte uns die Getränke.

»Oh, du hast schon bestellt«, stellte Marianne fest und ich nickte.

Wir beide nippten an unseren Getränken. Der Kaffee war wohlschmeckend wie immer und da Marianne nach ihrem Schluck genüsslich seufzte, galt dasselbe wohl für ihren Cappuccino.

»Wie war dein Arbeitstag?«