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Ist es Zufall, dass nach dem Ersten Weltkrieg die Zwölftontechnik und nach dem Zweiten die serielle Musik entstand? War der Begriff des Fortschritts einmal mit philosophischen Ideen verbunden, bevor er nur noch auf das Material bezogen wurde? Welches Menschenbild ist in der Musik des 20. Jahrhunderts verschlüsselt? Solchen - und vielen anderen - Fragen gehen die in diesem Buch gesammelten Texte von Wolfgang-Andreas Schultz nach und skizzieren eine neue Musikästhetik in dem Versuch, Musikgeschichte nicht mehr linear zu erzählen, sondern wieder nach Bedeutungen und Inhalten zu fragen und auch die spirituelle Dimension einzubeziehen. Auf der Suche nach einem evolutionären, auf Integration zielenden Musikdenken werden Positionen von György Ligeti, Bernd Alois Zimmermann, John Cage und Karlheinz Stockhausen kritisch befragt in der Absicht, über die Postmoderne hinaus zu denken.
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Seitenzahl: 237
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Schultz: Trauma | Avantgarde | Spiritualität
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Bestellnummer SDP 110
ISBN 978-3-7957-8658-8
© 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz
Alle Rechte vorbehalten
Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer NZ 5036
© 2014 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz
www.schott-music.com
www.schott-buch.de
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Wolfgang-Andreas Schultz
Trauma | Avantgarde | Spiritualität
Vorstudien zu einer neuen Musikästhetik
Herausgegeben von Tim Steinke
Vorwort
Gerne hätte ich statt einer Sammlung von Aufsätzen ein durchgeschriebenes Buch vorgelegt. Ob und wann es ein solches Buch geben könnte, ist allerdings völlig ungewiss – dafür sind die Überlegungen noch zu sehr im Fluss. Andererseits ist jetzt schon eine Aufbruchstimmung spürbar, eine Situation, in der vieles, was im 20. Jahrhundert als gesichert galt, neu in Frage gestellt wird. So habe ich mich denn entschieden, eine Art Zwischenergebnis bzw. eine Momentaufnahme meines musikphilosophischen Denkens vorzulegen, Vorstudien sozusagen für eine neue Musikästhetik. Eine solche müsste in ihren entscheidenden Konturen durch diese Texte allerdings schon deutlich erkennbar werden.
Die zwölf Texte wurden fast alle bereits veröffentlicht und für dieses Buch geringfügig überarbeitet. Der Nachteil einer solchen Sammlung besteht naturgemäß darin, dass bestimmte Grundgedanken in mehreren Texten vorgetragen werden und dass dadurch gewisse Wiederholungen unvermeidlich sind, will man die einzelnen Texte als in sich sinnvolle Einheiten erhalten. Diesbezüglich bitte ich die Leserinnen und Leser um Nachsicht und Geduld.
Ich habe darauf verzichtet, auf Veröffentlichungen einzugehen, die nach Fertigstellung der jeweiligen Texte erschienen sind oder mir erst danach zur Kenntnis gelangten. Für den Bereich Spiritualität gibt es inzwischen eine glänzende, knappe Darstellung, auf die ich trotzdem verweisen möchte: Katharina Ceming: Spiritualität im 21. Jahrhundert, Hamburg 2012.
Mein herzlicher Dank gilt meinem jungen Kollegen Tim Steinke, der die Aufgaben des Herausgebers übernommen hat.
Wolfgang-Andreas Schultz
Inhalt
Vorwort
War das der Fortschritt?
Ein Rückblick auf die Musik des 20. Jahrhunderts
Avantgarde und Trauma
Die Musik des 20. Jahrhunderts und die Erfahrungen der Weltkriege
«Denn wo die Lieb erwachet … »
Todessehnsucht in der Musik des 19. Jahrhunderts
Claude Debussy – Musicien Postmoderne?
Eine Huldigung zum 150. Geburtstag
Ligeti und das unvollendete Projekt der Postmoderne
Handwerk und Ästhetik
György Ligeti als Lehrer
Abschied vom linearen Erzählen?
Klangkomposition
Zwischen Naturlaut und Vision
Die Kugelgestalt des Hörens
Kommt es zu einer Relativierung des Zeitabstandes?
Musik und Spiritualität
Ein Versuch über abendländische Musik
Weltzugewandte Mystik
Der Weg der abendländischen Musik
In banger Erwartung eines Paradigmenwechsels
Die Endzeit der Neuen Musik
War das der Fortschritt?
Ein Rückblick auf die Musik des 20. Jahrhunderts
I.
Auch wenn die Begriffe «fortschrittlich» oder «progressiv» immer noch eifrig benutzt werden, in einer etwas verdächtigen Sicherheit, als sei klar, was mit ihnen gemeint ist, nagen doch vielerorts Zweifel an ihrem Sinn. Soll man auf den Begriff des «Fortschritts» deshalb verzichten? Man könnte dann nur diffuse Veränderungen wahrnehmen und müsste auf jeglichen Entwurf einer Zukunft und auf jegliche Wertsetzungen verzichten, auch auf Urteile darüber, welche Veränderungen denn wünschenswert seien. Tatsächlich setzt nämlich der Fortschrittsbegriff zweierlei voraus, und beides sind subjektive Konstruktionen, die als solche bewusst sein sollten:
Erstens wird ein «roter Faden» durch die Ereignisse gelegt, um Musikgeschichte überhaupt sinnvoll erzählen zu können. Der «rote Faden» wählt aus den Fakten aus, legt fest, über welche Musik gesprochen wird, und versucht die Daten zu einem verstehbaren Vorher-Nachher zu verbinden – nur so lässt sich Geschichte erzählen. Zweitens kann man die so gewonnene Erzählung bewerten, als Fortschritt oder als Verfall.
Die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts liefert dafür gutes Anschauungsmaterial. Meist wird der «rote Faden» von Wagner zum frühen Schönberg, also von der Tristan-Chromatik zur freien Atonalität gelegt, von dort zur Zwölftontechnik, über Webern zum Serialismus der frühen Werke von Stockhausen und Boulez bis – vielleicht zu Nono und Lachenmann. Man kann die so beschriebene Entwicklung jetzt unterschiedlich bewerten, interessant ist nur, dass beide, der «Progressive», der sie als Fortschritt liest, und der «Konservative», der in ihr einen Verfall sieht, gleichermaßen den so gelegten «roten Faden» und die so gewonnene Erzählung akzeptieren.
Es ergäben sich nun interessante weitere Positionen, wenn man versuchen wollte, den «roten Faden» einmal anders zu legen, nicht mit dem Schwerpunkt auf der schrittweisen Abschaffung traditioneller Kategorien wie Tonalität, Taktmetrik, Syntax und Formensprache, sondern auf deren Weiterentwicklung und polyzentrische Vervielfältigung, über Mahler, Bartók, Schostakowitsch zu Schnittkes «Polystilistik» – das wäre genauso einseitig, aber als Gedankenspiel einmal ganz aufschlussreich. Auch diese Linie kann man als Fortschritt oder als Niedergang bewerten, und so bleibt die Erkenntnis, dass wir heute offenbar mit einer Pluralität von historischen Erzählungen und Fortschrittsbegriffen leben müssen, über die man natürlich diskutieren kann – und vor allem philosophisch diskutieren muss.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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