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Die durch Contergan ausgelösten Schäden sind vielfältig, ein einheitliches Schädigungsbild gibt es folglich nicht. Hinzu kommt, dass die beobachteten Fehlbildungen auch bei vorgeburtlichen Schädigungen anderer Genese auftreten können. Diese Aspekte erschweren es selbst erfahrenen Fachleuten, durch Contergan hervorgerufene Schädigungen als solche zu erkennen und adäquat zu behandeln. Die Schwerpunkte dieses Buches liegen daher auf der Entstehung vorgeburtlicher Fehlbildungen in verschiedenen Organsystemen, auf der Entwicklung von Folge- und Spätschäden sowie deren Auswirkungen für die Betroffenen, auf Schmerzen und psychischen Erkrankungen sowie auf Gehörlosigkeit. Erfahrene Mediziner und Therapeuten berichten aus der ärztlichen Praxis, der Pflege und Rehabilitation. Fallbeispiele veranschaulichen die jeweils individuellen Folgen und Lebenswege. Ärzte, Pflegepersonen und Therapeuten, die contergangeschädigte Menschen behandeln, erhalten fundierte Informationen darüber, wie sich Schäden bei den Betroffenen äußern können, mit welchen Beeinträchtigungen und Problemen bei den Patienten zu rechnen ist und welche Therapiemöglichkeiten bestehen.
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Seitenzahl: 823
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Titelei
Übersicht über das elektronische Zusatzmaterial
Vorwort und Danksagung
Entwicklung von Contergan, Vermarktung und die Folgen
1 Grünenthal, der Staat und Contergan
1.1 Die Entwicklung von Thalidomid (K17)
1.2 Die Vermarktung von Contergan und das Auftreten schwerer Nebenwirkungen (1957 – 1961)
1.3 Der Prozess 1968 – 1970 und der Vergleich
1.4 Die Grünenthal-Stiftung zur Unterstützung von Thalidomidbetroffenen
1.5 Literatur
2 Entwicklung der Conterganstiftung für behinderte Menschen
2.1 Gesetz über die Errichtung einer Stiftung »Hilfswerk für behinderte Kinder« (1972)
2.2 Ausschlussfrist (1982)
2.3 Das Conterganstiftungsgesetz (ContStifG) (2005)
2.4 Das Erste und Zweite Gesetz zur Änderung des ContStifG (2008 und 2009)
2.5 Das Dritte Gesetz zur Änderung des ContStifG (2013)
2.6 Das Vierte Gesetz zur Änderung des ContStifG (2017)
2.7 Das Fünfte Gesetz zur Änderung des ContStifG (2020)
2.8 Das Sechste Gesetz zur Änderung des ContStifG (2021)
2.9 Weitere Problembereiche
2.10 Literatur
3 Zulassung von Thalidomid im Ausland
3.1 Vereinigtes Königreich: Thalidomid und die Folgen im Vereinigten Königreich
3.1.1 Vertrieb, Marketing und Auswirkungen von Thalidomid
3.1.2 Reaktion der Gesundheits- und Sozialdienste
3.1.3 Die rechtliche Regelung im Vereinigten Königreich
3.1.4 Gründung des Thalidomid Trust
3.1.5 UK Health Grant
3.1.6 Die Gesundheit britischer Thalidomid-Überlebender im Alter
3.1.7 Literatur
3.2 USA: Die Akten wurden geschlossen
3.2.1 Literatur
3.3 Schweden: Die Geschichte von Thalidomid in Schweden
3.4 Japan: Thalidomid-Embryopathie in Japan
3.4.1 Vorwort
3.4.2 Geschichte und Fakten zu TE in Japan
3.4.3 Diagnose von TE in Japan und neue Antragsteller
3.4.4 Internationaler Austausch von japanischen Forschern und TE-Experten mit ausländischen Kollegen
3.4.5 Wichtige Erfolge der japanischen Forschungsgruppe
3.4.6 Schlussbemerkungen
3.4.7 Literatur
3.5 Spanien: Die Geschichte von Thalidomid in Spanien – von wann bis wann?
3.5.1 Herstellung und Verkauf von Thalidomid-Präparaten
3.5.2 Registrierung und Patentierung von Thalidomid-Präparaten
3.5.3 Rücknahme von Thalidomid-haltigen Arzneimitteln
3.5.4 Der Handel mit Thalidomid vor 1957 und nach 1961
3.5.5 Folgerungen
3.5.6 Die Conterganopfer fordern Entschädigung (2011 – 2015)
3.6 Brasilien: Thalidomid-Embryopathie in Brasilien: Geschichte und Perspektiven
3.6.1 Thalidomid-Embryopathie und Regulierung in Brasilien
3.6.2 Überwachung der Thalidomid-Embryopathie und Verschärfung der Vorschriften
3.6.3 Herausforderungen und Perspektiven von Thalidomid in Brasilien
3.6.4 Literatur
4 Contergan: Wirkung und Nebenwirkungen – Entstehung von vorgeburtlichen Schäden
4.1 Wirkungen von Thalidomid
4.2 Unerwünschte Nebenwirkungen von Thalidomid
4.2.1 Neurotoxizität
4.2.2 Teratogenese
4.3 Die Entstehung von vorgeburtlichen Schädigungen durch Thalidomid
4.3.1 Die Unterbrechung der genetisch vorprogrammierten Organentwicklung
4.3.2 Partsch und Maurer: »Verstellung der Fahrplanregelung der Organentwicklung« durch Thalidomid
4.3.3 Miller und Strömland: Verfehlte neurologische Innervation und frühe Schäden an Organanlagen
4.3.4 McCredie; Pliess: Neural Crest Theory und frühe Schäden an Organanlagen
4.4 Literatur
5 Die Wiedereinführung von Contergan
5.1 Anwendungsgebiete und Nebenwirkungen
5.2 Maßnahmen zur Prävention von Nebenwirkungen
5.3 Literatur
6 Thalidomid-Embryopathie
6.1 Diagnose und Differenzialdiagnose
6.2 Literatur
7 Vorgeburtliche Entwicklung und Schäden durch Contergan
7.1 Variabilität der vorgeburtlichen Entwicklung
7.2 Thalidomid in der Samenflüssigkeit und vorgeburtliche Schäden
7.3 Die sensible Phase
7.4 Schäden in der Embryonalphase
7.4.1 Ernst Marquardt
7.4.2 Verteilung der Schäden nach Häufigkeit
7.5 Postnatale Wirkung von Contergan in der Wachstumsphase
7.6 Symmetrie und Asymmetrie der Schäden
7.6.1 Schädigung des Gehörs in unterschiedlichem Ausmaß auf beiden Seiten
7.6.2 Schädigung von Schulter und Oberarm
7.7 Fehlbildungen der Extremitäten und neuronale Plastizität
7.8 Die Medizinische Punktetabelle als Grundlage für finanzielle Zuwendungen
7.9 Literatur
Conterganbedingte Schäden und deren Folgen im Lebenslauf
8 Datenerhebungen 2012 – 2021
8.1 Die Heidelberger Studie HD 2012
8.2 Ergänzung zur Heidelberger Studie HD 2013
8.3 Expertise HD 2016
8.4 Expertise HD 2019
8.5 Expertise 2021
8.6 Literatur
9 Contergangeschädigte Menschen: Soziodemografische Daten
9.1 Geburtsjahrgänge und Geschlecht
9.2 Familienstand
9.3 Kinder
9.4 Haushaltsgröße und soziales Netzwerk
9.5 Schulbildung
9.6 Berufliche Ausbildung und Beruf
9.7 Erwerbstätigkeit und Ruhestand
9.8 Alternsprozesse bei contergangeschädigten Menschen
9.9 Sterbefälle, Todesursachen und vorzeitiges Altern
9.10 Literatur
10 Entwicklung der Schäden im Lebenslauf
10.1 Vorgeburtliche Schäden
10.1.1 Vorgeburtliche Schäden und Schadenspunkte
10.1.2 Ermittlung der Schwere der Schädigung
10.2 Die Entwicklung von Folgeschäden
10.3 Fallbeispiele nach Schadenspunkten
10.3.1 Fallbeispiel 1: 1 bis 9,99 Schadenspunkte
10.3.2 Fallbeispiel 2: 10 bis 19,99 Schadenspunkte
10.3.3 Fallbeispiel 3: 20 bis 29,99 Schadenspunkte
10.3.4 Fallbeispiel 4: 30 bis 39,99 Schadenspunkte
10.3.5 Fallbeispiel 5: 40 bis 49,99 Schadenspunkte
10.3.6 Fallbeispiel 6: 50 bis 59,99 Schadenspunkte
10.3.7 Fallbeispiel 7: 60 bis 69,99 Schadenspunkte
10.3.8 Fallbeispiel 8: 70 bis 79,99 Schadenspunkte
10.3.9 Fallbeispiel 9: 80 bis 89,99 Schadenspunkte
10.3.10 Fallbeispiel 10: 90 bis 100 Schadenspunkte
10.4 Spätschäden an Gefäßen, Nerven und Muskeln
10.4.1 Schädigung der Gefäße
10.4.2 Schädigung des Nervensystems
10.4.3 Schädigung der Muskulatur oder Störung der Innervation
10.5 Literatur
11 Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und Funktionalität im Lebenslauf
11.1 Messung der funktionalen Kompetenz und Schwerpunktgruppen
11.2 Funktionalitätsprofile
11.3 Die Entwicklung von körperlichen Einschränkungen
11.4 Verminderung der körperlichen Belastbarkeit
11.5 Spezifische Bedarfe
11.6 Schadenspunkte und Funktionalität
11.7 Die Bedeutung von Entspannung und Bewegung
11.8 Literatur
Art und Ausmaß von Schäden in verschiedenen Organsystemen – Klinische Aspekte
12 Conterganbedingte vorgeburtliche Schäden am Bewegungssystem
12.1 Vorgeburtliche Entwicklung des Bewegungsapparats: Grundlagen
12.2 Vorgeburtliche Entwicklung der Wirbelsäule
12.3 Dokumentation vorgeburtlicher Wirbelsäulenschäden durch die Medizinische Kommission
12.4 Vorgeburtliche Entwicklung der Extremitäten
12.5 Dokumentation vorgeburtlicher Schäden an den Extremitäten durch die Medizinische Kommission
12.6 Systematik conterganbedingter Schäden am Skelettsystem
12.7 Literatur
13 Medizinische Versorgung bei Einschränkungen der Mobilität
13.1 Einführung
13.2 Einschränkungen der Mobilität
13.3 Auswirkungen conterganbedingter Fehlbildungen auf die Mobilität
13.4 Mobilitätseinschränkungen bei Fehlbildungen der oberen Extremität
13.5 Mobilitätseinschränkungen bei Fehlbildungen der unteren Extremität
13.6 Mobilitätseinschränkungen bei Schäden der Wirbelsäule
13.7 Mobilitätseinschränkungen bei Nervenbedrängung
13.8 Fehlbildungen der Sinnesorgane mit Auswirkungen auf die Mobilität
13.9 Altern
13.10 Künftige Entwicklung der Mobilität
13.11 Fallbeschreibungen
13.11.1 Fallbeschreibung 1: Hüftdysplasie I
13.11.2 Fallbeschreibung 2: Amelie
13.11.3 Fallbeschreibung 3: Hüftdysplasie II
13.11.4 Fallbeschreibung 4: Hände, Hüfte, Wirbelsäule
13.11.5 Fallbeschreibung 5: Schulterdysplasie
13.11.6 Fallbeschreibung 6: Wirbelsäule
13.12 Literatur
14 Conterganbedingte Schäden am Gesichtsschädel, Kiefer und Gebiss
15 Die zahnärztliche Behandlung von Contergangeschädigten
15.1 Einleitung
15.2 Conterganschäden mit zahnmedizinischer Relevanz
15.3 Zahnärztliche Behandlung von Behinderten
15.4 Zahnärztliche Behandlung Contergangeschädigter
15.5 Prophylaxe
15.6 Patientenfälle
15.6.1 Patientin 1
15.6.2 Patientin 2
15.7 Ausblick in die Zukunft
15.8 Literatur
16 Conterganbedingte Schäden an inneren Organen
16.1 Die sensible Phase
16.2 Vorgeburtliche Schäden an inneren Organen
16.3 Dokumentation vorgeburtlicher Schäden an inneren Organen durch die Medizinische Kommission
16.4 Literatur
17 Gesundheitliche Risiken
17.1 Gesundheitsverhalten
17.1.1 Rauchen
17.1.2 Alkohol
17.1.3 Ernährung
17.1.4 Bewegung
17.2 Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
17.2.1 Diabetes mellitus
17.2.2 Bluthochdruck
17.2.3 Erhöhte Blutfette
17.2.4 Übergewicht
17.3 Herz-Kreislauf-Erkrankungen
17.3.1 Koronare Herzkrankheit
17.3.2 Herzinfarkt
17.3.3 Schlaganfall
17.3.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Zweifach- und Vierfachschädigung
17.4 Weitere Erkrankungen oder Fehlbildungen
17.5 Literatur
18 Kardiovaskuläre Manifestationen bei Thalidomid-Embryopathie
18.1 Extremitäten und Organschäden durch Thalidomid und seine Metaboliten
18.2 Ursachen des teratogenen und kardiovaskulären Schadenspotenzials von Thalidomid und seinen Metaboliten
18.3 Klinische Aspekte und das Ausmaß des Problems
18.3.1 Thalidomid-induzierte angeborene Herzdefekte
18.3.2 Anomalien der Herzkranzgefäße und großen Gefäße
18.3.3 Anomalien der die Extremitäten versorgenden Gefäße
18.3.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Thalidomid-Embryopathie
18.4 Literatur
19 Thalidomid bedingte Fehlbildungen der inneren Organe und des Urogenitalsystems
19.1 Das Fehlbildungsspektrum der Thalidomid-Embryopathie
19.2 Vorkommen einzelner Fehlbildungen der inneren Organe
19.3 Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems
19.3.1 Angeborene Herzfehler
19.3.2 Klinische Aspekte angeborener Herzfehler
19.3.3 Fehlbildungen der Gefäße
19.3.4 Klinische Aspekte von Gefäßfehlbildungen
19.4 Bluthochdruck
19.4.1 Empfehlung für die Blutdruckdiagnostik und -behandlung
19.4.2 Hochdrucktherapie
19.4.3 Praktische Empfehlungen
19.5 Fehlbildungen des Respirationstraktes
19.5.1 Klinische Aspekte angeborener Fehlbildungen des Respirationstraktes
19.6 Urogenitalsystem
19.6.1 Niere und ableitende Harnwege
19.6.2 Klinische Aspekte angeborener Fehlbildungen der Niere und ableitender Harnwege
19.7 Geschlechtsorgane
19.7.1 Klinische Aspekte von Fehlbildungen der Geschlechtsorgane
19.8 Verdauungstrakt
19.8.1 Magen-Darm-Trakt
19.8.2 Klinische Aspekte von Fehlbildungen des Verdauungstraktes
19.8.3 Gallenblasenagenesie
19.8.4 Meckel-Divertikel
19.8.5 Situs inversus abdominis
19.9 Literatur
20 Conterganbedingte Schäden am Auge
20.1 Entstehung und Vorkommen vorgeburtlicher Schäden
20.2 Strabismus und Augenmuskellähmung: Schäden vom Typ Duane
20.3 Inkompletter Lidschluss
20.4 Gustolakrimaler Reflex oder »Krokodilstränen«
20.5 Refraktionsanomalien
20.6 Astigmatismus
20.7 Dokumentation vorgeburtlicher Augenschäden durch die Medizinische Kommission
20.8 Literatur
21 Conterganbedingte Schäden im HNO-Bereich
21.1 Fehlbildungen des äußeren Ohres
21.2 Schäden im Mittel- und Innenohr
21.3 Facialisparese
21.4 Dokumentation vorgeburtlicher HNO-Schäden durch die Medizinische Kommission
21.5 Gehörlose, schwerhörige und contergangeschädigte Menschen ohne Gehörschädigung im Vergleich
21.5.1 Vorgeburtliche Schäden
21.5.2 Schmerzen
21.5.3 Funktionalität und spezifische Bedarfe
21.5.4 Schule, Beruf und Ruhestand
21.6 Kommunikation und Integration von gehörlosen contergangeschädigten Menschen
21.7 Literatur
22 CODA – die etwas andere Kindheit
23 Conterganbedingte Schäden am zentralen und peripheren Nervensystem
23.1 Embryonale Entwicklung von ZNS und PNS
23.2 Neurovaskularisation und Organogenese
23.3 Tierversuche
23.4 Hirnstammschäden
23.5 Dokumentation vorgeburtlicher Hirnnervenschäden durch die Medizinische Kommission
23.6 Schäden des peripheren Nervensystems
23.7 Kasuistik Nr. 1
23.7.1 Bericht über ihre neurologischen Beschwerden (verfasst von der Betroffenen)
23.7.2 Verlauf und Befunde
23.8 Schäden des Zentralnervensystems
23.9 Kasuisik Nr. 2
23.9.1 Verlauf und Befunde
23.10 Leukoaraiose und Contergan
23.11 Kasuistik Nr. 3
23.11.1 Verlauf und Befunde
23.12 Literatur
Schmerzen und psychische Störungen
24 Schmerzen bei contergangeschädigten Menschen
24.1 Auftreten erster Schmerzen
24.2 Zusammenhang von Schmerzen mit Funktionsverlusten
24.3 Schmerzen und Folgeschäden
24.4 Mögliche Ursachen für die Entwicklung von Schmerzen
24.5 Entwicklung von Schmerzen über die Zeit
24.6 Lokalisation von Schmerzen
24.7 Pain Disability Index
24.8 Literatur
25 Mobilitätserhalt und Schmerzkontrolle
25.1 Schmerzentstehung im Bewegungsapparat
25.2 Rolle der Faszien bei der Schmerzentstehung
25.3 Schmerz und Bewegung
25.4 Psyche und Schmerz
25.5 Vorkommen von Schmerzen bei Contergangeschädigten
25.6 Praktische Empfehlungen für Mobilitätserhalt und Schmerzkontrolle
25.6.1 Hände
25.6.2 Schultergelenke
25.6.3 Wirbelsäule
25.6.4 Analgetika
25.7 Literatur
26 Lebensqualität und Conterganschädigung
26.1 Subjektive Gesundheit
26.2 Allgemeine Lebenssituation
26.3 Problembereiche
26.4 Lebensqualität
26.5 Literatur
27 Depressive Erkrankungen und ihre Auswirkungen sowie Autismus-Spektrum-Syndrom bei Conterganschädigung
27.1 Geschlechtsbezogene Aspekte
27.2 Bedeutung der bestehenden Schädigungen und deren Auswirkungen
27.3 Bedeutung sozialer Netzwerke
27.4 Bedeutung von Schmerzen
27.5 Bedeutung von Erwerbstätigkeit
27.6 Autismus-Spektrum-Syndrom bei Conterganschädigung
27.7 Zugang zu psychotherapeutischer Behandlung
27.8 Ablehnung der Anerkennung von psychischen Erkrankungen als Folge einer Thalidomid-Embryopathie
27.9 Literatur
28 Psychische Störungen und Psychotherapie bei Menschen mit Conterganschädigungen
28.1 Grundlagen
28.1.1 Psychische Gesundheit
28.1.2 Vulnerabilitäts-Stress-Bewältigungs-Modell
28.1.3 Behinderungsmodelle
28.2 Psychische Störungen – diagnostische Aspekte
28.2.1 Epidemiologie
28.2.2 Klinisches Bild
28.2.3 Psychometrie
28.3 Psychotherapeutische Aspekte
28.3.1 Barrieren
28.3.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen für TherapeutInnen
28.3.3 Behinderungssensible Psychotherapie
28.3.4 Behandlungsfoki (Auswahl)
28.4 Literatur
Pflege, Assistenz und Rehabilitation
29 Pflege und Assistenz bei contergangeschädigten Menschen
29.1 Begriffsbestimmung: Pflegebedürftigkeit, Pflege und Assistenz
29.1.1 Pflegebedürftigkeit
29.1.2 Pflege
29.1.3 Assistenz
29.2 Risiken für Unterstützungsbedarf: vorgeburtliche Schäden, Schmerzen, Multimorbidität
29.2.1 Vorgeburtliche Schäden
29.2.2 Schmerzen
29.2.3 Multimorbidität
29.3 Entwicklung des Unterstützungsbedarfs über den Lebenslauf
29.3.1 Geschätzter zukünftiger Unterstützungsbedarf
29.4 Pflegebedarf
29.5 Die Pflegepersonen
29.6 Formen der Assistenz
29.7 Assistenzbedarf im Lebenslauf
29.8 Die Assistenten
29.9 Gedeckte und ungedeckte Bedarfe in der Assistenz und ihre Auswirkungen
29.9.1 Assistenzbedarf und Lebensqualität
29.9.2 Assistenzbedarf und depressive Störungen
29.10 Literatur
30 Gesundheitliche Versorgung von contergangeschädigten Menschen
30.1 Pilates bei Contergan-Schädigung
30.2 Typisch Contergan? Zwei unterschiedliche Fallbeispiele
30.2.1 Fallbeispiel 1
30.2.2 Fallbeispiel 2
30.2.3 Fazit
30.3 Pflegebericht bei einer Contergan-Patientin
30.4 Das Konzept eines gesetzlichen Betreuers
30.5 Multidisziplinäre medizinische Kompetenzzentren
30.6 Literatur
Zum Abschluss
Epilog
Verzeichnisse
Zusatzmaterial zum Download
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
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Inhaltsverzeichnis
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Impressum
Inhaltsbeginn
Die Autorin
Dr. med. Dipl.-Geront. Christina Ding-Greiner ist Ärztin und erwarb im Jahr 2001 das Diplom in Gerontologie am Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. Bis 2021 war sie dort im Rahmen von Studien und in der Lehre tätig.
Sie befasste sich mit Altersphysiologie sowie mit Pathophysiologie und Arzneimittellehre unter dem Aspekt des Alterns, ferner mit chronischen Erkrankungen und Einschränkungen im Alter, mit demenziellen Erkrankungen sowie mit Prävention und Rehabilitation bei Schlaganfall. Weitere Studien sind »Gesundheitliche Prävention bei Frauen in der zweiten Lebenshälfte« sowie »Die Erhaltung der beruflichen Leistungskapazität und Motivation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer«. Die Lebensqualität im Alter bei Menschen mit geistiger Behinderung sowie das Altern von Menschen mit geistiger Behinderung und chronisch psychischer Erkrankung waren weitere Themen, die sie über Jahre beschäftigten und ihren Niederschlag in einem Sachbuch fanden.1
Seit 2010 widmet sie sich den Auswirkungen und Langzeitfolgen von Contergan bei betroffenen Menschen. Dabei war sie an mehreren Studien verantwortlich beteiligt, die zu Gesetzesänderungen führten und damit zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenssituation von contergangeschädigten Menschen beigetragen haben.
2022 erschien »Leben mit Contergan«2, in dem autobiografische Texte contergangeschädigter Menschen, ihrer Eltern, Geschwister, Partner, Kinder und Freunde zusammengestellt sind. Im Mittelpunkt stehen die persönliche Bedeutung von Contergan für die Geschädigten und ihre körperlichen, psychischen und familiären Auswirkungen. Sie zeigen, wie Menschen mit einer schweren Behinderung wie auch mit schweren psychischen Belastungen umgehen. Sie helfen uns, die wir nicht betroffen sind, verständnisvoller zu handeln und eine bessere Zukunft für sie und uns alle zu gestalten. Sie zeigen uns, wie Leben gelingen kann.
Mit Beiträgen vonDirk Bamberger, Rafael Basterrechea Estella, Rudolf Beyer, Ana Bulnes de Köver, Natascha Eyber, Shadi-Afarin Ghassemi, Fumihiko Hinoshita, Peter Klein-Weigel, Liz Newbronner, Alexander Niecke, Lavinia Schuler-Faccini, Ulrike Storp, Eva Streletz und Celina von Tiele-Winckler
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Pharmakologische Daten verändern sich ständig. Verlag und Autoren tragen dafür Sorge, dass alle gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Eine Haftung hierfür kann jedoch nicht übernommen werden. Es empfiehlt sich, die Angaben anhand des Beipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
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1. Auflage 2026
Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Heßbrühlstr. 69, 70565 [email protected]
Print:ISBN 978-3-17-045445-3
E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-045446-0epub: ISBN 978-3-17-045447-7
1Christina Ding-Greiner (Hrsg.). (2021). Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter: Beiträge aus der Praxis (2., erweiterte und überarbeitete Auflage). Kohlhammer.
2Christina Ding-Greiner (Hrsg.). (2022). Leben mit Contergan. Geschädigte, Angehörige und Freunde berichten über die Auswirkungen des Arzneimittels. Kohlhammer.
Den Weblink, unter dem die Zusatzmaterialien zum Download verfügbar sind, finden Sie ganz hinten in diesem Buch unter Kap. Zusatzmaterial zum Download.
Studien und Beiträge der Herausgeberin
HD 2012: CONTERGAN. Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen Bedarfen und Versorgungsdefiziten von contergangeschädigten Menschen. Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg (2012)
HD 2013: CONTERGAN. Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen Bedarfen und Versorgungsdefiziten von contergangeschädigten Menschen. Endbericht der kostenneutralen Verlängerungen an die Conterganstiftung für behinderte Menschen. Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg (2013)
HD 2016: CONTERGAN. Expertise über die Leistungen an Leistungsberechtigte nach dem Conterganstiftungsgesetz. Bericht an die Conterganstiftung für behinderte Menschen. Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg (2016)
HD 2019: CONTERGAN. Expertise über die Auswirkungen der Pauschalierung der Leistungen für spezifische Bedarfe und des Beratungs- und Behandlungsangebotes für die Leistungsberechtigten nach dem Conterganstiftungsgesetz durch das Vierte Änderungsgesetz des Conterganstiftungsgesetzes. Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg (2019)
Expertise 2021: Expertise über die Möglichkeiten einer Versorgung von Hinterbliebenen/hinterbliebenen nahestehenden Personen contergangeschädigter Menschen unter Berücksichtigung der konkreten Situation der Hinterbliebenen und der geltenden Rechtslage – insbesondere sozialrechtlicher Aspekte – in Deutschland sowie die Entwicklung unterschiedlicher Modelle zur Hinterbliebenenversorgung unter Darstellung der jeweiligen Vor- und Nachteile. Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. RA Karin Buder, RA Jörg Frank, Dr. Christina Ding-Greiner, Tobias Arndt (2021)
Kapitel 1 »Grünenthal, der Staat und Contergan« (ungekürzte Fassung)
Originalbeiträge der Kapitel 3.1 sowie 3.3 – 3.6
Elizabeth Newbronner: Thalidomide in the UK
Shadi-Afarin Ghassemi Jahani: The history of Thalidomide in Sweden
Fumihiko Hinoshita: Thalidomide Embryopathy in Japan
Lavínia Schuler-Faccini: Thalidomide Embryopathy in Brazil: History andPerspectives
Rafael Basterrechea Estella: La Talidomida en España (¿Desde cuando? ¿Hasta cuándo?) (mit Zusatzdokumenten)
Christina Ding-Greiner
In unseren Gesprächen haben contergangeschädigte Menschen mich wiederholt darauf hingewiesen, dass die jüngeren, niedergelassenen Ärzte1 wenig Informationen zu Conterganschäden und zu den Hintergründen des Conterganskandals hätten. Das war für mich der Anlass, mich noch einmal an den Computer zu setzen, die alten Studien aus der Schublade zu holen, Literatur zu recherchieren und erfahrene Ärzte anzuschreiben, um sie davon zu überzeugen, ein Kapitel in dem neuen Buchprojekt zu übernehmen. Das war gar nicht so einfach, doch es hat sich ein gutes Team gefunden, das seine Erfahrungen an die Leser weitergibt.
Es handelt sich um eine kleine Gruppe von besonderen Patienten mit besonderen und ungewöhnlichen, wenn auch meist nicht einmaligen Fehlbildungen, Beschwerden und Symptomen. Die Anzahl der Betroffenen ist klein, daher gibt es keine größeren klinischen Studien und keine Flut von wissenschaftlichen Arbeiten, die gerade hier notwendig wären. Auch die Gefäßstudie, die jetzt an den Unikliniken Köln und Ulm gestartet ist und über mehrere Jahre läuft, hat über ein Jahrzehnt gebraucht, bis sie zustande gekommen ist. Persönliche Erfahrungen im Umgang mit Fehlbildungen und Einschränkungen sowie mit Reaktionen und Verhaltensweisen der persönlichen Umwelt auf Behinderung haben die Betroffenen als Menschen sehr individuell geformt und reifen lassen. Sie sind zu (Über-)Lebenskünstlern geworden, und haben – soweit es die Schädigung und die räumliche und soziale Umwelt zuließen – sich ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben erkämpft. Und das sollte mit allen Mitteln erhalten werden.
Es handelt sich bei diesem Werk nicht um ein Lehrbuch über Contergan im klassischen Sinne, in dem die Krankheitssymptome und deren Ursachen dargestellt werden, um dann Therapiemöglichkeiten vorzuschlagen. Es gibt kein einheitliches Schädigungsbild bei Contergan; die beobachteten Fehlbildungen sind meist bekannt und treten auch bei vorgeburtlichen Schädigungen anderer Genese auf. Charakteristisch ist die Häufung bestimmter – sonst selten auftretender – Fehlbildungen und deren Kombination. Die Schädigungen entstehen durch die Unterbrechung der genetisch genau vorgegebenen Entwicklung des Embryos durch die Einwirkung von Contergan, daher sind sie nur zu verstehen, wenn man sich vertieft mit der Embryologie auseinandersetzt (siehe hierzu ▸ Kap. 4.3). In diesem Buch wurde mehrfach der Versuch unternommen, anhand der embryologischen Entwicklung die entstandenen Schädigungen zu verstehen (siehe hierzu ▸ Kap. 12.1, ▸ Kap. 20.1, ▸ Kap. 21.1 – 3, ▸ Kap. 23.1 – 2), doch auch die humane Embryologie ist noch nicht vollständig erforscht, genauso wenig wie die multiplen Wirkweisen von Contergan bisher gänzlich aufgeklärt werden konnten. Daher ist unser Wissen lückenhaft. Contergan und die Folgen sind noch nicht vollständig enträtselt.
In diesem Werk werden die zentralen Ergebnisse der vier Studien zu Contergan, die am Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg ausgeführt wurden, zusammengefasst und präsentiert, ebenso werden die wesentlichen Aussagen zu Gesundheit sowie zu Pflege- und Assistenzbedarf contergangeschädigter Menschen aus der Studie zur Hinterbliebenenversorgung dargestellt (siehe hierzu ▸Kap. 8). Die dazugehörige Literatur wird aufgearbeitet und ergänzt durch Fallberichte. Ärzte schildern ihre Erfahrungen mit contergangeschädigten Menschen aus ihrer Praxis (siehe hierzu ▸ Kap. 13, ▸ Kap. 15, ▸ Kap. 18, ▸ Kap. 19, ▸ Kap. 25, ▸ Kap. 28), zwei Physiotherapeutinnen und eine Pflegeperson stellen ihre Arbeit vor (siehe hierzu ▸ Kap. 30) und ein Politiker schreibt über den Alltag mit gehörlosen Menschen (siehe hierzu ▸ Kap. 22). Behandelnde Ärzte, Therapeuten, Pflegepersonen und Interessierte, an die sich das Buch richtet, erfahren auf diese Weise, wie sich ein Conterganschaden äußern kann, mit welchen Fehlbildungen man zu rechnen hat und welche Folgen sich daraus ergeben können. Meist ist nur wenig kausal zu therapieren, ähnlich wie in der Geriatrie, man muss jedoch Wege finden, damit der Betroffene mit seinen Fehlbildungen und Folgeschäden leben kann – und dies möglichst gut. Es darf bei der Behandlung von contergangeschädigten Menschen nicht außer Acht gelassen werden, dass sie es sind, die mit ihren Schädigungen am längsten zu tun hatten, sie wissen, was ihnen guttut und was nicht, welche Therapien erfolgreich waren und welche nicht. Ihre lebenslangen Erfahrungen dürfen nicht unterschätzt werden, die Betroffenen sollten stets ernst genommen werden als Spezialisten ihrer seltenen Schädigungsmuster.
Der Bereich vorgeburtlicher Fehlbildungen der Gefäße ist aus meiner Sicht der wichtigste, da er der Einzige ist, der durch Nichtbeachtung oder einen Mangel an Information die Betroffenen schwer gefährdet, und daher können Kenntnisse in diesem Bereich Leben retten. Jeder, der im Gesundheitsbereich mit contergangeschädigten Menschen zu tun hat, sollte wissen, dass es atypische Verläufe von Gefäßen gibt, eine verminderte Kapillarisierung, Gefäßabbrüche, fehlende Gefäße sowie ungewöhnliche Fehlbildungen am Herzen. Dieses Wissen ist lebenswichtig für die Betroffenen, insbesondere bei Eingriffen jeder Art, bei Operationen, zur Vorbeugung von Schlaganfällen, Herzinfarkten sowie zum Verständnis von ungewöhnlichen Beschwerden. Auch darum ist dieses Buchprojekt aus meiner Sicht so wichtig.
Ein Blick in die Geschichte von Contergan und die damit verbundenen schwerwiegenden Folgen für Tausende von Betroffenen und deren Familien ist notwendig, um den Umgang der Gesellschaft mit den damals behinderten Kindern und ihren Familien in Erinnerung zu rufen, um zu erkennen, wie schwer sich Politiker und Gesetzgeber über Jahrzehnte getan haben Entscheidungen zu treffen, um diese Personengruppe adäquat zu unterstützen, und um auf die tiefen Spuren hinzuweisen, die diese Ereignisse hinterlassen haben. Nur in diesem Kontext kann ein Außenstehender die Entwicklung der vergangenen Jahre und manche Äußerung und persönliche Problematik von Betroffenen verstehen (siehe hierzu ▸ Kap. 1, ▸ Kap. 2, ▸ Kap.3). »Es ist ein Anlaufen gegen das Vergessen« wie Klein-Weigel es formuliert (persönliche Mitteilung).
Die Kapitel sind so gestaltet, dass sie jeweils unabhängig von anderen Kapiteln gelesen werden können. Es dürfte von Vorteil sein, wenn man sich selektiv in einzelnen Kapiteln informieren kann, ohne erst einmal das ganze Buch lesen zu müssen. Querverweise und Literaturangaben ergänzen jedes Kapitel und wollen dazu anregen, das erworbene Wissen zu vertiefen.
Mein Dank gilt den Co-Autoren, die dieses Werk mit ihren Beiträgen ermöglicht und bereichert haben, Frau Brutler vom Kohlhammer-Verlag, die mich in allen Dingen zuverlässig unterstützt hat, sowie dem Conterganverband Berlin-Brandenburg e. V., der Stiftung SchönHelfen, dem Bundesverband Contergangeschädigte e. V., dem Landesverband Contergangeschädigte Hessen e. V. und Frau Jutta Sattler, die gemeinsam den Druckkostenzuschuss übernommen haben – ohne ihr finanzielles Engagement hätte dieses Werk nicht erscheinen können. Ich danke der Conterganstiftung, die mir Daten zur Verfügung gestellt hat, und denke gerne an meine ehemaligen Kollegen vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg, mit denen die hier zitierten Studien gemeinsam erarbeitet wurden. Ich danke den Betroffenen, denen mein Respekt und meine Zuneigung gelten, für ihre Unterstützung.
Neckargemünd, im April 2025Christina Ding-Greiner
1In diesem Werk wird ein generisches Maskulinum verwendet. Die gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche, männliche und diverse Personen. Die Verwendung der maskulinen Form dient ausschließlich der besseren Lesbarkeit und beinhaltet keine Wertung.
Christina Ding-Greiner
Das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung »Hilfswerk für behinderte Kinder« wurde am 17. Dezember 1971 verkündet (BGBl, 1971), es trat jedoch erst am 31. Oktober 1972 in Kraft. Es beinhaltete eine Beweiserleichterung für die Anerkennung der Leistungsberechtigung, »dass die körperlichen Fehlbildungen mit der Einnahme thalidomidhaltiger Präparate der Firma Chemie Grünenthal GmbH in Stolberg in Verbindung gebracht werden können«. Ebenso wurde für die Anerkennung »auf die Festlegung eines Zeitraums« für die Einnahme von Contergan verzichtet (BT Drs. VI/926, S. 8).
Das Gesetz sah eine leichte Erhöhung der monatlichen Renten auf eine Untergrenze von 100 DM und maximal 450 DM vor; dafür wurde die einmalige Kapitalentschädigung reduziert auf maximal 25.000 DM und mindestens 1.000 DM. Die Zusammensetzung von Stiftungsrat und Stiftungsvorstand wurden festgesetzt. Die Entscheidung darüber, ob ein Schadensfall bestand, fällte eine aus fünf Mitgliedern bestehende Kommission von medizinischen Sachverständigen verschiedener Fachbereiche, deren Vorsitzender als Voraussetzung dazu die Befähigung zum Richteramt nachweisen musste. Etwaige Ansprüche von Geschädigten oder von Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträger gegen Chemie Grünenthal waren nach § 23 gegenstandslos.
Im dritten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung »Hilfswerk für behinderte Kinder« vom 22. Dezember 1982 wurde in Artikel 1 Abs. 2 § 13 der Punkt »Leistungsberechtigte« eingefügt: »Leistungen wegen Fehlbildungen, die mit der Einnahme Thalidomid-haltiger Präparate der Firma Chemie Grünenthal GmbH in Stolberg durch die Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht werden können, werden gewährt [...] wenn die Leistungen bis zum 31. Dezember 1983 bei der Stiftung geltend gemacht worden sind« (BGBl, 1982).
Der Gesetzgeber hatte nicht berücksichtigt, dass nicht alle conterganbedingten Schädigungen als solche erkannt worden waren, dass manche Mütter die Einnahme von Contergan leugneten und dass ihre geschädigten Kinder erst zu einem späteren Zeitpunkt ihre Diagnose erfuhren, dass sich nicht alle Eltern in Verbänden organisiert und dadurch keinen Zugang zu Informationen mit Bezug auf ihre Schädigung hatten, dass sich manche contergangeschädigte Menschen erst später im Lebenslauf, wenn sie Schmerzen und Einschränkungen entwickelten, dazu entschlossen, Leistungen von der Conterganstiftung zu beantragen. Gehörlose und schwer hörgeschädigte contergangeschädigte Menschen hatten sich eher in Gehörlosen-Verbänden integriert, da sie sich dort besser aufgehoben fühlten. Außerdem standen bei ihnen häufig die orthopädischen Schäden weniger im Vordergrund. Von 1984 bis 2009 konnten keine Anträge gestellt werden.
Am 13. Oktober 2005 wurde das Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz – ContStifG) beschlossen (BGBl, 2005). Damit war das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung »Hilfswerk für behinderte Kinder« von 1971 außer Kraft gesetzt. Der Name der Stiftung wurde geändert in »Conterganstiftung für behinderte Menschen«, da es sich bei den Betroffenen nicht mehr um Kinder, sondern um erwachsenen Menschen handelte. Die Amtszeiten des Vorstands und des Stiftungsrats wurden von vier auf fünf Jahre verlängert. Die Medizinische Kommission konnte bei Bedarf auf acht Mitglieder erweitert werden. Bei Klagen war nun das Verwaltungsgericht zuständig, die Vorgaben des Bundesgleichstellungsgesetzes wurden berücksichtigt.
§ 23 (Ausschluss von Ansprüchen) und § 24 (Behandlungen anhängiger Rechtsstreitigkeiten) wurden ersatzlos gestrichen, denn es »besteht kein Regelungsbedürfnis mehr, da bereits mit dem Inkrafttreten des Errichtungsgesetzes die Ansprüche gegen die Firma Grünenthal GmbH erloschen sind« (ContStifG 2005).
Die Kapitalentschädigung wurde auf mindestens 511 Euro und höchstens 12.782 Euro, die monatliche Rente auf mindestens 121 Euro und höchstens 545 Euro leicht angehoben. In leichten Fällen (Anzahl Schadenspunkte unter 10) wurden die Leistungen auf die Kapitalentschädigung beschränkt.
Das Erste Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes trat am 1. Juli 2008 in Kraft (BGBl, 2008). Die monatlichen Renten wurden verdoppelt von mindestens 121 Euro auf 242 Euro und von maximal 545 Euro auf 1.090 Euro.
Mit Behinderung zu leben beinhaltet, die häusliche Umwelt und Mobilität gemäß den individuellen Einschränkungen barrierefrei zu gestalten, um ein Maximum an Selbstständigkeit zu ermöglichen. Das ist mit erheblichen Kosten verbunden, die in keiner Weise von diesem geringen Betrag aufgefangen werden konnten.
